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Fachgebiet Management im Gesundheitswesen
Prof. Dr. med. Reinhard Busse, MPH FFPH
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Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
Miriam BlümelFG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin
(WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management)&
European Observatory on Health Systems and Policies
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
Vertiefungsübung zur VL VIII: Studientypen & Umgang mit
Unsicherheiten
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19. Dezember 2017 2Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
Datum Inhalt der Lehrveranstaltung Dozent/in
17.10.2017
10-12Organisatorisches / Vorstellung
SeminararbeitenBlümel/Berger
12-14VL I: Einführung in die
gesundheitsökonomische EvaluationBusse
24.10.201710-12 Vertiefungsübung zu VL I Berger
12-14 VL II: Kosten 1 Busse
07.11.201710-12 Vertiefungsübung zu VL II Blümel
12-14 VL III: Kosten 2 Busse
14.11.201710-12 Vertiefungsübung zu VL III Blümel
12-14 VL IV: Effekte 1 (klin. Parameter, LQ) Busse
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19. Dezember 2017 3Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
Datum Inhalt der Lehrveranstaltung Dozent/in
21.11.201710-12 Vertiefungsübung zu VL IV Berger
12-14 VL V: Effekte 2 (Nutzwerte) Busse
28.11.201710-12 Vertiefungsübung zu VL V Blümel
12-14 VL VI: Effekte 3 (Nutzen) Busse
05.12.201710-12 Vertiefungsübung zu VL VI
Berger/Blümel
12-14 VL VII: Modellierung Blümel
12.12.2017
10-12 Vertiefungsübung zu VL VII Berger
12-14VL VIII: Studientypen, Umgang mit
Unsicherheiten Busse
19.12.201710-12 Vertiefungsübung zu VL VIII Blümel
12-14 VL IX: Entscheidungsfindung Busse
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 4
09.01. 2018
10-12 VL X: Klausurvorbereitung Busse
12-14 Vertiefung zu VL X Blümel
16.01.2018
10-12 Klausur Blümel/Berger
12-14Praxisübung I: Ideen Seminararbeiten
Blümel/Berger
23.01.2018 Praxisübung II: Zwischenstand Seminararbeiten I Blümel/Berger
30.01.2018 Praxisübung III: Zwischenstand Seminararbeiten II Blümel/Berger
06.02.2018 Praxisübung IV: Zwischenstand Seminararbeiten III Blümel/Berger
13.02.2018 Präsentation der SeminararbeitenBusse/Blümel/Berger
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 5
Optionen des Designs für gesundheitsökonomische Studien
Field Research
Klinische Studie (ökon. Daten aus Modellierung)
Klinische Studie mit ökon. DatenNaturalistische/ quasi-experimentelle
Studiendesigns
Desk Research
Systematischer Review/Meta-AnalyseModellierung
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Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 6
Top down versus Bottom-up
Top down: • aggregierte Daten aus amtlichen Statistiken werden verwendet• Daten werden über einen Schlüssel disaggregiert
Problem:Daten wurden nicht spezifisch für gesundheitsökonomische Fragestellungen erhoben.
Bottom-up:• individuelle medizinische Daten und Ressourcenverbräuche werden erfasst • Daten werden nach oben verdichtet bzw. aggregiert• Bewertung der Ressourcenverbräuche entweder auf individueller oder
aggregierter Ebene
Problem:oft zeit- bzw. kostenintensiv
19. Dezember 2017
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 7
Retrospektiver versus prospektiver Ansatz
Retrospektiver Ansatz: es wird auf vorhandene Primär- oder Sekundär-Daten zurückgegriffen
Vorteile:• realistischeres Abbild des tatsächlichen Versorgungsgeschehens• Daten sind schnell und kostengünstig zu erheben• sehr große Stichproben möglich• Generalisierung eher möglich als bei stark kontrollierten prospektiven Studien
Prospektiver Ansatz: Daten werden genau so erfasst, wie benötigt; klinische Studie wird im voraus geplant
Vorteile:• Studie kann exakt auf Problemstellung ausgerichtet werden• Schätzungen, Annahmen oder Hypothesen weniger notwendig• Erfassung der Lebensqualität (über Fragebögen) möglich• Qualitätsstandard der Studien ist hoch und erhöht Akzeptanz
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 8
Überblick: Studientypen
• Fall-Kontroll-Studie • Randomisierte kontrollierte Studie (randomized controlled trial, RCT)
• nicht-randomisierte kontrollierte Studie (controlled clinical trial)
• Kohortenstudie
InterventionsstudienBeobachtungsstudien
LängsschnittstudieQuerschnittstudie
• nicht-kontrollierte klinische Studie (clinical trial)
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 9
Überblick: Studientypen
• Fall-Kontroll-Studie • Randomisierte kontrollierte Studie (randomized controlled trial, RCT)
• nicht-randomisierte kontrollierte Studie (controlled clinical trial)
• Kohortenstudie
InterventionsstudienBeobachtungsstudien
LängsschnittstudieQuerschnittstudie
• nicht-kontrollierte klinische Studie (clinical trial)
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 10
Querschnittstudie (cross-sectional)
Beobachtungszeitpunkt
• simultane Erhebung von Exposition, Outcomes und Kovariablen
• eher zur Bestimmung von prävalenten als inzidenten Fällen
• keine Aussage über zeitliche Abfolge von Exposition und Outcome möglich
• damit keine Rückschlüsse auf Kausalität möglich
• keine Aussagen zu Wirksamkeit irgendwelcher Maßnahmen
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 11
EXKURS: Epidemiologische Kennziffern (I)
• Anteil einer bestimmten Gruppe (z.B. Bevölkerung), der zu einem bestimmten Zeitpunkt (Punktprävalenz) bzw. in einer bestimmten Zeitperiode (Periodenprävalenz) an einer bestimmte Krankheit erkrankt ist.
Bsp: 0,3% der Bevölkerung (300 je 100.000 Einwohner) in den Vereinigten Staaten und Kanada hatten im Dezember 2001 HIV/AIDS.
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 12
EXKURS: Epidemiologische Kennziffern (II)
• Anteil einer bestimmten Gruppe (z.B. Bevölkerung), der in einer bestimmten Zeitperiode an einer bestimmte Krankheit neu erkrankt ist.
Bsp: In den Vereinigten Staaten und Kanada gab es im Jahr 2001 14 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner (0,014% der Bevölkerung) an HIV/AIDS.
Inzidenz =
Anzahl von Menschen, die in innerhalb eines Jahres an einer bestimmten Krankheit erkrankt sind
Durchschnittliche Anzahl von Menschen in der Population/Gruppe im selben Jahr
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 13
Überblick: Studientypen
• Fall-Kontroll-Studie • Randomisierte kontrollierte Studie (randomized controlled trial, RCT)
• nicht-randomisierte kontrollierte Studie (controlled clinical trial)
• Kohortenstudie
InterventionsstudienBeobachtungsstudien
LängsschnittstudieQuerschnittstudie
• nicht-kontrollierte klinische Studie (clinical trial)
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Fall-Kontroll-Studie (I)
t0 = heute
Fälle
Kontrollen
exponiert
nicht exponiert
exponiert
nicht exponiert
retrospektiv
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Fall-Kontroll-Studie (II)
• Vergleich erkrankter Personen (Fälle) und nicht erkrankter Personen (Kontrollen) bezüglich der Exposition
• erst: Erkrankte (Fälle) und nicht Erkrankte (Kontrollen) auswählen
• dann: die frühere Exposition bestimmen Krankheitsstatus bekannt, Exposition nicht bekannt
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Fall-Kontroll-Studie (III)Datenquellen
Auswahl von Fällen:
• Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte, Register
• Beachte: Einschlusskriterien genau definieren und festhalten
Auswahl von Kontrollen:
• aus der Bevölkerung (population based)
• Patienten mit anderer Diagnose (hospital based)
• Beachte: Verhältnis von Fällen zu Kontrollen nicht mehr als 1 : 4;
Einschlusskriterien definieren und festhalten
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Fall-Kontroll-Studie (IV)Bias
• unterschiedliche Erinnerungsfähigkeit von Fällen und Kontrollen(„Grübel-Bias“ der Fälle)
• Folge: Überschätzung der Chance, an einer Exposition zu erkranken
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 18
Kohorten-Studie (I)
t0 = heute
exponiert
nicht exponiert
krank
nicht krank
prospektiv
krank
nicht krank
krank
nicht krank
krank
nicht krank
retrospektiv
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 19
Kohorten-Studie (II)
• erst auswählen: Exponierte und Nicht-Exponierte
• dann: beobachten um zu sehen, ob Erkrankung auftritt
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 20
Kohorten-Studie (III)Bias
• Informationsbias: qualitative und quantitative Unterschiede in den Informationen über Exponierte und Nicht-Exponierte
• Outcome-Bias: Untersucher kennt Hypothese und fällt daher kein objektives Urteil über Outcome
• Loss to recall: einige Probanden können über die Jahre verloren gehen
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 21
Fall-Kontroll-Studie Kohortenstudie
Vorteile
Nachteile
• Untersuchung mehrererExpositionen möglich
• kostengünstiger• weniger zeitintensiv• kleinere Studienpopulation• besonders geeignet:
seltene Krankheit,Exposition häufig bei Kranken
• Recall• Auswahl der Kontrollen• ermöglicht nur Untersuchung
eines einzigen Outcomes• zeitliche Sequenz schwierig
zu erfassen
• Untersuchung mehrerer Outcomes• zeitlicher Zusammenhang von
Exposition und Outcome eindeutig• besonders geeignet:
seltene Exposition,Krankheit häufig bei Exponierten
• zeit- und kostenintensiv• größere Studienpopulation
erforderlich• Loss to Follow-up• anfälliger für Outcome Bias
Beide zur Beurteilung von Wirksamkeit nur eingeschränkt nutzbar!
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 22
Überblick: Studientypen
• Fall-Kontroll-Studie • Randomisierte kontrollierte Studie (randomized controlled trial, RCT)
• nicht-randomisierte kontrollierte Studie (controlled clinical trial)
• Kohortenstudie
InterventionsstudienBeobachtungsstudien
LängsschnittstudieQuerschnittstudie
• nicht-kontrollierte klinische Studie (clinical trial)
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 23
Randomized-Controlled-Trial (RCT) (I)
t
Randomisierung
Interventions-gruppe
Vergleichs-gruppe
Outcome(Zielgröße)
Outcome(Zielgröße)
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19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 24
Vorteile:
• homogene Gruppen
• kein Selektionsbias
Nachteile:
• mit hohem Aufwand und enormen Kosten verbunden
• Randomisierung beruht auf Bereitschaft und Machbarkeit
• je nach Fragestellung ggf. ethische Probleme
Randomized-Controlled-Trial (RCT) (II)
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Aufgabe 1.4
a) Sie werden beauftragt, den Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Eintritt eines Herzinfarkts zu untersuchen. Mit Hilfe welcher Studientypen können Sie diesen Zusammenhang beschreiben? Welche Daten sind jeweils nötig?
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Überblick Studientypen
• Fall-Kontroll-Studie • Randomisierte kontrollierte Studie (randomized controlled trial, RCT)
• nicht-randomisierte kontrollierte Studie (controlled clinical trial)
• Kohortenstudie
InterventionsstudienBeobachtungsstudien
LängsschnittstudieQuerschnittstudie
• nicht-kontrollierte klinische Studie (clinical trial)
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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1. Querschnittsstudie
• Studie, die zeitgleich Exposition und Erkrankung erhebt
• Keine Kausalbeziehung darstellbar
– Fehlende Information über zeitliche und kausale Abfolge
• Befragung schwer durchführbar
– Was ist die Grundgesamtheit?
• Scheint nicht durchführbar zu sein
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2. Längsschnittsstudie: Interventionsstudie
• Würde theoretisch bestmöglich den Zusammenhang darstellen trotz fehlender Möglichkeit der Verblindung
• Aber nicht durchführbar (ethische/moralisch/Möglichkeit Probanden zu organisieren
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3. Längsschnittsstudie: Fall-Kontroll-Studie
• Retrospektive Betrachtung einer bestimmten Patientenkohorte
• „Rückverfolgung“ ob in der Vergangenheit Übergewichtige später höhere Wahrscheinlichkeit hatten, einen Herzinfarkt zu erleiden
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Beispiel
• Denkbar wäre, z.B. Versicherte einer Krankenkasse als Grundpopulation zu betrachten
• Mit Hilfe von Routinedaten (falls vorhanden) oder Fragebogenaktion wird BMI aus der Vergangenheit o.ä. erhoben
• Informationen über Herzinfarkt sind in Routinedaten vorhanden, ebenfalls Informationen über weitere Eingriffe, ggf. auch Fragebogen-Aktion o.ä.
• Informationen über verzerrende Variablen wie andere HI-Risikofaktoren sollten erhoben werden, um Verzerrungen zu vermeiden.
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Vor- und Nachteile
• Relativ einfach durchführbar (Daten ggf. vorhanden, Routinedaten)
• Ergebnisse können sofort berechnet werden
• Ggf. Verzerrungen, die mit ökonometrischen und statistischen Methoden minimiert werden müssen
• Kein „Gold-Standard“
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4. Längsschnittsstudie: Kohorten-Studie
• Prospektive Betrachtung einer bestimmten Patientenkohorte
• Einteilung in Fälle und Kontrollen
Beispiel:
– Rekrutierung einer Population, z.B. Versicherte einer Krankenkasse
– Einteilung in Übergewichtige / nicht übergewichtige
– Beobachten über einen Zeitraum, ob Herzinfarkt eintritt; Denkbar: Regelmäßig Fragebögen, Routinedaten
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Vor- und Nachteile
• Weniger Verzerrungen als retrospektive Betrachtung
• Lost-to-follow-up
• Zeit- und ressourcenintensiver
• Ergebnisse können nicht sofort berechnet werden
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
Fachgebiet Management im Gesundheitswesen
Prof. Dr. med. Reinhard Busse, MPH FFPH
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Aufgabe 1.5
a) Welche Rolle spielen klinische Studien in der Durchführung einer ökonomischen Evaluation? Welche Vorteile bieten Sie? Was sind ihre Nachteile?
b) Erklären Sie den Unterschied zwischen efficacy, effectivenessund efficiency im Rahmen der gesundheitsökonomischen Evaluation
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Prof. Dr. med. Reinhard Busse, MPH FFPH
a) Welche Rolle spielen klinische Studien in der Durchführung einer ökonomischen Evaluation? Welche Vorteile bieten Sie? Was sind
ihre Nachteile?
• RCT als Basis für ökonomische Evaluation, um Wirksamkeit zu messen (hohe interne Validität, da bereits im Vorfeld Selektionsbias ausgeschlossen werden kann)
• Nur ökonomische Evidenz, wenn Ressourcen erhoben werden, Vergleichsinterventionen abgebildet werden, individuelle Daten aggregiert werden, Zeithorizont übereinstimmt
• Vorteil: Kosten und Zeitersparnis
• Nachteil: Entspricht häufig nicht der Routineversorgung, intermediäre Effekte greifen nicht weit genug, kleine sample, kurze Zeitspanne
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3619. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
b) Erklären Sie den Unterschied zwischen efficacy, effectiveness und efficiency im Rahmen der gesundheitsökonomischen Evaluation
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3719. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Aufgabe 1.6
Angenommen, zur Behandlung von Bluthochdruck existieren zwei verschiedene Medikamente. Sie möchten herausfinden, welches besser den Blutdruck senken kann. Sie haben Einblick in Arztunterlagen, aus denen Sie obenstehende Charakteristika entnehmen können. Ein Teil der Patienten nimmt Medikament A ein, der andere Medikament B. Anschließend erfasst der Arzt die Blutdruckwerte der Patienten (siehe obige Tabelle).
Beurteilen Sie kritisch die Ergebnisse und mögliche Rückschlüsse. Machen Sie Vorschläge, was verbessert werden könnte.
Gruppe 1 (Medikament A) Gruppe 2 (Medikament B)
Durchschnittswert vorBehandlung (systolisch)
160 mm HG 180 mm HG
Durchschnittsalter 72,1 75,4Anteil Frauen 20% 30%Durchschnittswert nachBehandlung (systolisch)
120 mm HG 150 mm HG
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Prof. Dr. med. Reinhard Busse, MPH FFPH
Auf den ersten Blick: Medikament A senkt Blutdruck um 40 mmHG, Medikament B „nur“ um 30mm HG
Das heißt nicht zwangsläufig, dass Medikament A besser ist als Medikament B Studiendesign: Längsschnittanalyse; retrospektive Betrachtung; keine Aussage über
Randomisierung, vermutlich Fall-Kontroll-Studie, dies kann bei einfachem Mittelwertvergleich zu Verzerrungen führen
Charakteristika der Patienten unterscheiden sich zwischen den beiden Gruppen: keine Definition der Grundgesamtheit; „schwerere Fälle“ - soweit beurteilbar da Angaben über Komorbiditäten wie Übergewicht, Erhöhtes LDL Cholesterin, Rauchverhalten usw. fehlen – erhalten Medikament B
Dies impliziert einen Treatment Selection Bias: Patienten erhalten das Medikament das für sie am besten geeignet ist Ein einfacher Mittelwertvergleich reicht nicht mehr zur Beurteilung aus Lösung: Anwendung spezieller Methoden zur Auswertung von
Observational Data wie Propensity Score Ansatz, Instrumentenvariablenansatz
• Aus diesem Design können keine Rückschlüsse gezogen auf Wirksamkeit gezogen werden
• Weitere fehlende Informationen: Dosis? Einnahmezeitraum? Indikationen? Komorbiditäten?
25. Oktober 2016 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 35
Fachgebiet Management im Gesundheitswesen
Prof. Dr. med. Reinhard Busse, MPH FFPH
Verbesserungsvorschläge
• Definition einer Grundgesamtheit, klare Einschlusskriterien nach Erkrankung, Alter, Komorbiditäten etc.
• Definition von relevanten Komorbiditäten, Follow-Up-Zeitraum, etc.
• Randomisierung der Patienten wenn Bereitschaft der Patienten besteht und dies ethisch vertretbar
• Doppelte Verblindung der Studie wäre wünschenswert, um mögliche Verzerrungen zu minimieren
• Wenn dies nicht möglich ist, Anwendung spezieller Auswertungsmethoden wie IV-Ansatz, Propensity Score Ansatz, für die eine Vielzahl an Informationen nötig ist. Diese müssen ex ante erfasst werden
25. Oktober 2016 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 36
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Aufgabe 1.7
Stark vereinfachtes Beispiel, angelehnt an Neuhauser & Lewicki 1975
Bei einer Diagnosemaßnahme beträgt die Sensitivität des Tests 0,8, d.h. 80% der Patienten, die tatsächlich erkrankt sind, werden von dem Test als positiv erkannt. Die Spezifität des Tests ist 1, d.h., alle Patienten die positiv getestet wurden, haben auch die Krankheit. Gehen Sie von einer Population mit 100,000 Individuen aus, wobei die Erkrankungsprävalenz 10% beträgt (d.h., dieser Anteil der Population ist erkrankt). Die Kosten für einen Test liegen bei 10€.
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Aufgabe 1.7
a) Wie viele Erkrankte gibt es in der Population? Wie viele Patienten werden in einer ersten, zweiten und dritten Testrunde erkannt? Welche Kosten entstehen dabei jeweils?
b) Berechnen Sie die durchschnittlichen Kosten pro Krankheitsfall in der ersten, zweiten und dritten Testrunde.
c) Berechnen Sie die jeweiligen inkrementellen Kosten und die inkrementellen Zahlen an identifizierten Patienten in jeder „Testrunde“.
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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Exkurs: Diagnostische MaßnahmenKrankheit
ja nein Summe
Test Positiv a b a+b
Negativ c d c+d
Summe a+c b+d n
Erkrankungsprävalenz: p = (a+c) / (a+b+c+d) = (a+c)/n
Sensitivität: Test positiv, tatsächlich erkrankt
Sens = a/(a+c)
Falsche negative Fehlerrate = 1-Sens = c/(a+c)
Erkrankt, aber Test negativ
Spezifität: Anteil an Patienten ohne Krankheit, bei denen der Test negativ ist
Spez = d/(b+d)
Falsch positive Fehlerrate = 1-Spez = b/(b+d)
Nicht erkrankt, Test positiv
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien
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a) Wie viele Erkrankte gibt es in der Population? Wie viele Patienten werden in einer ersten, zweiten und dritten
Testrunde erkannt?
Test
Population Erkrankt Test positiv Verbleibend
1. Runde 100.000 10.000 8.000 2.000
2. Runde 92.000 2.000 1.600 400
3. Runde 90.400 400 320 80
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Kosten Summe Kosten
Entdeckte Fälle
Summe Entdeckte Fälle
durchsch. Kosten/Fall
1. Runde 1.000.000 1.000.000 8.000 8.000 125
2. Runde 920.000 1.920.000 1.600 9.600 200
3. Runde 904.000 2.824.000 320 9.920 284,68
b) Berechnen Sie die durchschnittlichen Kosten pro Krankheitsfall in der ersten, zweiten, dritten Runde
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Kosten Summe Kosten
Entdeckte Fälle
Summe Entdeckte Fälle
inkremen-telle Kosten
1. Runde 1.000.000 1.000.000 8.000 8.000 125
2. Runde 920.000 1.920.000 1.600 9.600 575
3. Runde 904.000 2.824.000 320 9.920 2825
c) Berechnen Sie die jeweiligen inkrementellen Kosten pro Runde
Inkrementelle Kosten (=zusätzliche Kosten) sind die Kosten, die im Vergleich zu einer
anderen Intervention anfallen. In diesem Beispiel: Alternative ist nur einen/zwei
Testdurchgänge zu haben.
19. Dezember 2017 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien