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RedaktionW. Mutschler, München
Unfallchirurg 2010 · 113:210–216DOI 10.1007/s00113-009-1708-9Online publiziert: 6. Dezember 2009© Springer-Verlag 2009
M. Hakimi · P. Jungbluth · S. Gehrmann · J. Nowak · J. Windolf · M. WildKlinik für Unfall- und Handchirurgie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Unidirektionale vs. multidirektionale palmare winkelstabile Osteosynthese bei instabilen distalen Radiusfrakturen
Vergleichende Analyse mit der 2,4-mm-LDR- vs. 2,7-mm-Matrix-Smartlock-Platte
Originalien
Das Therapiekonzept der distalen Radiusfraktur als die häufigste Fraktur beim Menschen hat sich durch die Entwicklung der winkelstabilen Implantate verändert [14, 17, 19, 22]. Der Einsatz dorsaler Platten, die gerade bei den häufigen Extensionsfrakturen eine zusätzliche Stabilisierung im Sinne einer Abstützung der Fraktur ermöglichen können, hat sich wegen der häufigen postoperativen Komplikationen wie Irritation und Ruptur der Extensorensehnen durch die Platte bzw. durch die Schrauben bis auf wenige Indikationen (z. B. isolierte dorsale Trümmerzonen mit Gelenkbeteiligung bei intakter palmarer Gelenkfläche) nicht durchgesetzt [8, 18]. Während die Mehrheit der Frakturen laut einer Umfrage von Schupp et al. [20] noch mit geschlossener Reposition und KirschnerDrahtOsteosynthese und Gipsruhigstellung bzw. Fixateur externe behandelt wurden [10], wird die palmare winkelstabile Plattenosteosynthese zunehmend als Therapie der Wahl für diese Verletzungsart propagiert [17, 19, 22]. Als Gründe für diese Entwicklung werden die fehlende Beeinträchtigung der dorsalen Weichteile und die damit verbundenen Komplikationen, die ausreichende Bedeckung der Implantate durch die palmaren Weichteile sowie die Möglichkeit der stabilen subchondralen Verankerung der Schrauben, insbesondere bei osteoporotischem Knochen, angesehen, die eine Übungsstabili
tät sowie eine frühe Mobilisation ermöglichen [17, 19].
Auch wenn die palmaren winkelstabilen Platten bei der Versorgung der komplexen distalen Radiusfrakturen (C3) an ihre Grenzen stoßen können, ermöglichen sie eine sichere übungsstabile und frühfunktionelle Behandlung der C1 und C2Frakturen [3, 24].
Als Optimierung der bereits vorhandenen Implantate stehen seit einiger Zeit polyaxiale, multidirektionale, winkelstabile Plattensysteme zur Verfügung, die eine genauere subchondrale Platzierung der Schrauben im Bereich der distalen Schraubenreihe gelenknah versprechen, aber auch eine bessere Adressierung der Einzelfragmente. In wieweit diese Neuentwicklung zu einer Besserung der klinischradiologischen Ergebnisse im Vergleich zu konventionellen winkelstabilen Plattensystemen führt, war Gegenstand der von uns durchgeführten prospektiven Kohortenstudie, bei der 2 in unserer Klinik etablierte Plattensysteme, zum einen die unidirektionale 2,4mmLDRPlatte (Synthes®) und zum anderen die polyaxiale 2,7mmMatrixSmartlockPlatte (Stryker®) miteinander verglichen wurden. Dabei wurden lediglich instabile distale Radiusfrakturen in die Studie eingeschlossen (C1, C2), für die anhand der Literatur eine sichere Indikation zur Therapie mit einem palmaren winkelstabilen Implantat gegeben war [3, 24].
Patienten und Methoden
Zwischen Februar 2006 und August 2007 wurden im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie 40 Patienten mit einer distalen Radiusextensionsfraktur in die Studie eingeschlossen und mittels unidirektionaler palmarer winkelstabiler Plattenosteosynthese (2,4mmLDR, Fa. Synthes®) bzw. multidirektionaler palmarer winkelstabiler Plattenosteosynthese (2,7mmMatrixSmartlock, Fa. Stryker®) operativ behandelt sowie nach einem Jahr klinisch und radiologisch nachuntersucht.
In jede Gruppe wurden 20 Patienten eingeschlossen. Jeweils 3 Operateure hatten bereits Erfahrung mit einem der Plattensysteme. Somit wurden die Patienten von insgesamt 6 Operateuren behandelt. Da diese sich in der Anwendung der beiden Plattensysteme auskannten, brauchten wir bei dieser Studie keine Einlernphase des Operateurs mit dem Implantat zu berücksichtigen.
Von den beiden Implantaten verfügten wir nur über je ein System. Daher verzichteten wir auf eine Randomisierung der Patienten im Rahmen der Studie, um ggf. an einem Tag 2 Patienten in die Studie einschließen und versorgen zu können.
In die Studie wurden nach der AOKlassifikation (AO Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen) lediglich 23 C1 und C2Extensionsfrakturen einge
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schlossen. Aus der Studie ausgeschlossen wurden:FPatienten <18 Jahre,FPatienten mit kombinierter Ver
letzung des Handgelenks und der Handwurzelreihe,
FPatienten mit vorbestehender Einschränkung des betroffenen Handgelenks sowie
Fpolytraumatisierte Patienten.
Operation
Die Eingriffe wurden in Vollnarkose bzw. in Plexusanästhesie in pneumatischer Oberarmblutsperre durchgeführt. Als Standardzugang für die palmare Plattenosteosynthese verwendeten wir einen radiopalmaren Zugang. Nach kurzer Längsinzision wurde dabei streng radial der Sehne des M. flexor carpi radialis auf den M. pronator quadratus präpariert und dieser radialseitig längs inzidiert. Eine routinemäßige Darstellung und Spaltung des Lig. carpi transversum führten wir nicht durch.
Nachuntersuchung
Alle 40 Patienten erschienen zur Nachuntersuchung. Dabei handelte es sich um 31 Frauen und 9 Männer, wobei in der unidirektionalen Gruppe 16 Frauen und 4 Männer und in der multidirektionalen Gruppe 15 Frauen und 5 Männer in die Studie eingeschlossen wurden. In der unidirektionalen Gruppe war in 12 Fällen das rechte und in 8 Fällen das linke Handgelenk betroffen. In der multidirektionalen Gruppe dagegen war in 11 Fällen das rechte und in 9 Fällen das linke Handgelenk verletzt. Alle Komplikationen, die innerhalb dieses Zeitraums auftraten, wurden berücksichtigt. Die Operationsberichte und protokolle aller Studienpatienten wurden bzgl. Operationsdauer und Durchleuchtungszeit analysiert.
Frakturklassifikation
Die Frakturklassifikation wurde nach der AOKlassifikation anhand der Unfallaufnahmen durchgeführt und intraoperativ durch den Operateur erneut beurteilt. Im Weiteren wurden Röntgenaufnahmen der verletzten Seite in a.p. und seitlichem
Zusammenfassung · Abstract
Unfallchirurg 2010 · 113:210–216 DOI 10.1007/s00113-009-1708-9© Springer-Verlag 2009
M. Hakimi · P. Jungbluth · S. Gehrmann · J. Nowak · J. Windolf · M. Wild
Unidirektionale vs. multidirektionale palmare winkelstabile Osteosynthese bei instabilen distalen Radiusfrakturen. Vergleichende Analyse mit der 2,4-mm-LDR- vs. 2,7-mm-Matrix-Smartlock-Platte
ZusammenfassungEinleitung. Zur operativen Stabilisierung dis-taler Radiusfrakturen kommen multi-direktio-nale winkelstabile Platten als Weiterentwick-lung der unidirektionalen Plattensysteme im-mer häufiger zum Einsatz. In wieweit sie zu einer Verbesserung der Behandlungsergeb-nisse führen, ist Gegenstand dieser Studie.Patienten und Methoden. In dieser pro-spektiven Kohortenstudie wurden 40 Pati-enten mit C1- und C2-Extensionsfrakturen operativ mit uni- und multidirektionalen Platten behandelt und nach 12,3 (12–15) Monaten nachuntersucht. Die intraopera-tiven, funktionellen (Neutral-Null-Methode), radio-logischen sowie subjektiven Daten (DASH-Score, VAS) wurden ermittelt.Ergebnisse. Die intraoperative Durchleuch-tungszeit war in der unidirektionalen Gruppe um 58 s kürzer als in der multidirektionalen
Gruppe. Alle Frakturen heilten ohne Kompli-kation aus. Die radiologischen, subjektiven (DASH-Score) sowie objektiven Ergebnisse waren in beiden Gruppen gut, ein Unter-schied bestand nicht.Schlussfolgerung. Die unidirektionalen Platten eignen sich genauso gut wie die multidirektionalen zur Therapie von C1- und C2-Frakturen, wobei die Durchleuchtungszeit bei den multidirektionalen Platten länger ist.
SchlüsselwörterDistale Radiusfraktur · Unidirektionale palmare winkelstabile Platte · Multidirektionale palmare winkelstabile Platte · Indikation · Durchleuchtungsdauer
Unidirectional versus multidirectional palmar locking osteosynthesis of unstable distal radius fractures. Comparative analysis with LDR 2.4 mm versus 2.7 mm matrix-smartlock
AbstractIntroduction. Due to advances in the development of the unidirectional locking plates there is now an increased use of multi-directional palmar locking plates in the treat-ment of distal radius factures. The purpose of this study was to evaluate a possible improvement of the treatment and results.Patients and methods. This prospective cohort study investigated 40 patients with C1 and C2 Colles’ fractures who had been treated with unidirectional and multidirectional locking plates. The average time for the follow- up examinations was 12.3 months (range 12–15 months) after surgery. The intra-operative functional (neutral-zero method), radiological and subjective (DASH score, VAS) results were evaluated.
Results. The intra-operative fluoroscopy time of the unidirectional group was 58 s shorter compared to the multidirectional group. All fractures healed without any complication. The radiological, subjective (DASH score) and objective results for both groups were good and showed no differences.Conclusion. Unidirectional palmar locking plates are equally suited for the therapy of C1 and C2 fractures as multidirectional palmar locking plates but multidirectional plates require a longer fluoroscopy time.
KeywordsDistal radius fracture · Unidirectional palmar locking plate · Multidirectional palmar locking plate · Indication · Fluoroscopy time
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Strahlengang am Unfalltag, postoperativ und zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nach einem Jahr angefertigt und analysiert. Erfasst wurden der dorsopalmare Winkel und die radiale Inklination sowie eine mögliche Radiusverkürzung. Bei konventionellradiologisch nicht ausschließbarer C3Fraktur erfolgte präoperativ die Durchführung einer CT, wobei dies in der unidirektionalen Gruppe in 3 und in der multidirektionalen Gruppe in 4 Fällen erforderlich war. Im Rahmen der klinischen Nachuntersuchung nach einem Jahr wurde die Handgelenkbeweglichkeit (Extension, Flexion, Supination und Pronation sowie Radial und Ulnaabduktion) nach der NeutralNullMethode als „range of motion“ (ROM) bestimmt. Außerdem wurden subjektive Beurteilungen der Patienten über ihr Schmerzausmaß (0 keine Schmerzen, 10 maximale Schmerzen) und ihre subjektive Zufriedenheit (0 unzufrieden, 10 sehr zufrieden) anhand der visuellen Analogskala (VAS) ermittelt. Zur Bewertung der subjektiven Ergebnisse wurde der DASHScore (DASH „disabilities of the arm, shoulder and hand“, 0 Punkte keine Behinderung, 100 Punkte maximale Behinderung) verwendet.
Statistik
Zur Datenanalyse wurden die Mittelwerte und die Standardabweichungen ermittelt. Die Differenzen einzelner Parameter wurden auf statistische Signifikanz mit dem ungepaarten StudenttTest (SPSS für Windows 12.0, Chicago, Illinois) analysiert. Die Signifikanz wurde für Werte mit p <0,05 angenommen.
Ergebnisse
Patienten
Die Nachuntersuchung aller Patienten (n=40) erfolgte 12,3 (12–15) Monate postoperativ. Das mittlere Alter der Patienten betrug in der unidirektionalen Gruppe 62,0 (25–95) Jahre, in der multidirektionalen Gruppe 59,9 (24–83) Jahre. Bei homogener Gruppenverteilung war insgesamt der banale Sturz auf die Hand mit 66% die häufigste Unfallursache. In beiden Gruppen überwog insgesamt das weibliche Geschlecht mit 78%. Dabei waren 63% der Patienten zum Unfallzeitpunkt über 60 Jahre alt. Entsprechend der AOEinteilung wurden in der unidirektionalen Gruppe 2 C1 und 18 C2Frakturen und in der multidirektionalen Gruppe 3 C1 und 17 C2Frakturen klassifiziert. Die Routinekontrolluntersuchung nach 12 Wochen zeigte eine komplikationslose Ausheilung der Fraktur bei allen Patienten.
Die Operationsdauer war in der unidirektionalen Gruppe mit 79,4±17,5 (135–55) min kürzer als in der multidirektionalen Gruppe mit 81,9±19,8 (138–51) min, jedoch nicht signifikant (p >0,05). Die intraoperative Durchleuchtungszeit war in der unidirektionalen Gruppe mit 45,8±0,47 (132–8) s im Vergleich zur multidirektionalen Gruppe mit 103,9±0,48 (149–70) s signifikant kürzer (p <0,01; .Abb. 1).
Nachuntersuchung
Dorsopalmarer WinkelIm Rahmen der radiologischen Kontrolluntersuchung nach einem Jahr ergab der dorsopalmare Winkel in der unidirektionalen Gruppe im Mittel 8,1±2,1° (4,3−12,6°) und in der multidirektionalen Gruppe 8,2±2,2° (4,1−11,9°). Die radiale Inklination in der unidirektionalen Gruppe betrug im Mittel 18,6±1,9° (16,1−22,8°) und in der multidirektionalen Gruppe 18,4±4,1° (7,5−23,8°). Die radiologischen Ergebnisse beider Gruppen zeigten keine signifikanten Unterschiede (.Abb. 2).
HandgelenkbeweglichkeitDie Handgelenkbeweglichkeit bzgl. Flexion und Extension betrug in der unidirektionalen Gruppe im Mittel 108,5±14,8° (80−130°) und in der multidirektionalen Gruppe 107,7±16,5° (70−130°). Bezüglich Pronation und Supination wurde für die Handgelenkbeweglichkeit in der unidirektionalen Gruppe ein Mittelwert von 140,4±31,1° (90−180°) und in der multidirektionalen Gruppe von 137,6±34,4° (90−180°) ermittelt. Die Radial und Ulnaabduktion ergab in der unidirektionalen Gruppe im Mittel 62,5±6,5° (50−70°) und in der multidirektionalen Gruppe im Mittel 63,1±8,3° (45−70°). Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Handgelenkbeweglichkeit zwischen den beiden Gruppen (.Abb. 3).
VAS-DatenDie anhand der visuellen Analogskala (VAS) erfassten Daten über Schmerz und subjektiver Zufriedenheit ergaben keine signifikanten Unterschiede zwi
a
0
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Min.
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Sek.
bUnidirektional Multidirektional Unidirektional Multidirektional
Abb. 1 8 Intraoperativ ermittelte Daten. a Operationszeit (min), b Durchleuchtungszeit (s)
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Originalien
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schen den beiden Gruppen. Fünfzehn Patienten in der unidirektionalen und 14 in der multidirektionalen Gruppe waren schmerzfrei. In der multidirektionalen Gruppe klagte nur ein Patient über starke
Schmerzen, 13 Patienten in der unidirektionalen und 14 in der multidirektionalen Gruppe waren mit dem Behandlungsergebnis sehr zufrieden. Lediglich nur je ein Patient in beiden Gruppen war mit dem
Gesamtbehandlungsergebnis nicht zufrieden (.Abb. 4). Als Gründe hierfür wurden jeweils die subjektive Funktionsbeeinträchtigung sowie die Wetterfühligkeit des betroffenen Handgelenks angegeben.
a
b
16
n
141210186420
>10°23
Unidirektional
Multidirektional
145°–10°
13
<5°44
1614121086420
Unidirektional
Multidirektional
>20°59
10°–20°1510
<10°
1
n
Abb. 2 8 Radiologische Ergebnisse. a Dorsopalmarer Winkel, b radiale Inklination
a
b
12
10
8
6
4
2
0
n
>120°97
90°–120° 45°–90°
338
10
Unidirektional
Multidirektional
12
10
8
6
4
2
0
n
Unidirektional
Multidirektional
>150° 120°–150° 90°–119°6 10
6 9
4
5
Abb. 3 8 Handgelenkbeweglichkeit („range of motion“, ROM). a Flexion/Extension, b Pronation/Supination
a
b
1614121086420
VASUnidirektional
Multidirektional
I–III14
15
6
4
IV–VI VII–X
1
nn
1614121086420
VAS
Unidirektional
Multidirektional
I–III IV–VI VI–X
1314
6
5
11Abb. 4 7 Subjektive Ergebnisse (VAS). a Schmerz,
b subjektive Zufriedenheit
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Die Evaluierung der subjektiven Ergebnisse anhand des DASHScores lieferte in beiden Gruppen ein gutes Resultat ohne signifikanten Unterschied. Der ermittelte Mittelwert in der unidirektionalen Gruppe betrug 10,3±3,7 (0–38) Punkte, in der multidirektionalen Gruppe 12,3±8,5 (0–46) Punkte.
KomplikationenAn postoperativen Komplikationen ergaben sich in beiden Gruppen bei je 2 Patienten dorsoradiale Weichteilirritationen bei radial überstehenden Platten. Deswegen musste bei knöcherner Konsolidierung der Frakturen nach im Mittel 6 (5–8) Monaten bei 2 Patienten in jeder Gruppe eine frühzeitige Implantatentfernung vorgenommen werden (.Abb. 5). In einem Fall kam es in der multidirektionalen Gruppe bei einer 83jährigen Patientin zu einem Längenverlust (.Abb. 6). Dieser Befund fiel im Rahmen der Nachuntersuchung nach 12 Monaten auf, nachdem die Patientin 5 Monate nach der knöchernen Konsolidierung der Fraktur erneut auf das rechte Handgelenk gestürzt war.
Diskussion
Die palmare winkelstabile Plattenosteosynthese der distalen Radiusfraktur wird
allgemein als einfach anwendbares und sicheres Therapieverfahren beschrieben [17, 19, 22]. Durch dieses Verfahren werden eine anatomische Reposition der Fraktur mit regelrechten Achsen und Längenverhältnissen sowie eine kongruente Gelenkfläche, eine Retention der erzielten Ergebnisse und damit verbunden auch ein gutes funktionelles Ergebnis angestrebt [13]. Dabei ist eine 4 bis 6wöchige Ruhigstellung des Handgelenks wie etwa bei der konservativen Therapie am distalen Radius nicht erforderlich [5, 15]. Selbst im Vergleich zur Behandlung mit einem Fixateur externe bzw. einer nicht winkelstabilen palmaren Plattenosteosynthese scheint dieses Verfahren überlegen zu sein [21].
Auch die Weiterentwicklungen der winkelstabilen palmaren Plattensysteme mit der Möglichkeit der multidirektionalen Schraubenplatzierung, die eine optimale subchondrale Schraubenpositionierung sowie eine gezielte Adressierung der Fragmente erlauben, zeigen gute radiologische, subjektive und funktionelle Ergebnisse [12]. Die aktuelle Studienlage weist dennoch auf Grenzen für die Anwendung der palmaren winkelstabilen Plattenosteosynthese hin. Als sicher geeignete Indikation für den Einsatz der palmaren winkelstabilen Implantate werden Frakturen der AOKlassifikation Typ 23 A2, A3,
C1 und C2 angegeben, die keine intraartikulären Trümmerzonen oder sehr kleine distale Fragmente beinhalten [3, 24].
Studiendesign
In wieweit die Entwicklung der multidirektionalen palmaren winkelstabilen Implantate zu einer Optimierung der radiologischen, subjektiven und funktionellen Ergebnisse im Vergleich zu den unidirektionalen palmaren winkelstabilen Systeme führt, war Gegenstand der von uns durchgeführten prospektiven Kohortenstudie, bei der 2 in unserer Klinik etablierte Plattensysteme (2,4mmLDR von Synthes® als unidirektionale und 2,7mm MatrixSmartlock von Stryker® als polyaxiale Platte) miteinander verglichen wurden. Zur besseren Vergleichbarkeit der Gruppen wurden klar definierte und sicher zur Plattenosteosynthese geeignete Frakturtypen in diese Studie eingeschlossen (23 C1 und C2Extensionsfrakturen). Beide Gruppen waren bzgl. Gruppengröße und Alter vergleichbar. Um die Durchführung der Studie bzgl. der beiden Gruppen vergleichbar zu gestalten, wurden für jede Gruppe 3 Operateure vorgesehen, die bereits vor Beginn der Studie über ausreichende Erfahrung mit dem jeweiligen von ihnen favorisierten Plattensys
Abb. 5 8 a Radial abstehende Platte, b Metallentfernung nach der knöcher-nen Konsolidierung
Abb. 6 8 Korrekturverlust bei einer 83-jährigen Patientin, die nach der knö-chernen Konsolidierung erneut stürzte. a Postoperativ, b Kontrolle nach er-neutem Sturz
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Originalien
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tem verfügten. Somit konnte auf eine Einlernphase der Operateure mit den jeweiligen Implantaten verzichtet werden. Da uns von den Implantaten nur je ein System zur Verfügung stand und wir uns die Option des Einschlusses und der Versorgung mehr als eines Patienten/Tag offen halten wollten, verzichteten auf ein Randomisierungsverfahren im Rahmen der Studie. Die Auswertung der intraoperativ ermittelten Daten ergab lediglich bzgl. der intraoperativen Durchleuchtungszeit einen Unterschied zwischen den Gruppen. Diese war in der unidirektionalen Gruppe kürzer als in der multidirektionalen Gruppe.
Als Grund dafür kann die größere Anzahl der Schrauben, die in der multidirektionalen Gruppe gelenknah positioniert wird, angesehen werden. In der unidirektionalen Gruppe wurden im Durchschnitt 4 Schrauben und in der multidirektionalen Gruppe im Durchschnitt 6 Schrauben gelenknah platziert.
Schraubenplatzierung
Die Möglichkeit einer zusätzlichen Schraubenbesetzung über eine zweite Reihe am distalen Ende der multidirektionalen Platte führt zur zusätzlichen Unterstützung der zentralen Gelenkfläche, kombiniert mit einer optimalen subchondralen Platzierung der Schrauben, obgleich eine Verlängerung der Operationszeit in Kauf genommen wird. Durch die Möglichkeit der gelenknahen Schraubenbesetzung multidirektional über 2 Reihen können C1 und C2Frakturen mit einem schmalen distalen Fragment sehr gut stabilisiert werden, ohne dass dabei die Platte wegen des vorgegebenen unidirektionalen Schraubenwinkels zu weit nach distal positioniert werden muss und zu einer möglichen Irritation der Beugesehnen führt.
Ebenso lassen sich die ulnaren sowie radialen Fragmente optimal adressieren [12]. Diese Möglichkeit einer optimierten Schraubenplatzierung infolge der Multidirektionalität ist eine weitere Erklärung für die längere Durchleuchtungszeit, da die optimale subchondrale Platzierung der Schrauben in der distalen Reihe unter Durchleuchtung im seitlichen Strahlengang erfolgte. Eine weitere Erklärung ist zudem die größere Anzahl an Schrau
ben, die bei der multidirektionalen Platte unter Durchleuchtung positioniert werden. Unabhängig von den intraoperativen Optionen, die die beiden Implantatsysteme ermöglichen, zeigen die ermittelten Daten bei der radiologischen, subjektiven sowie funktionellen Untersuchung der Patienten nach einem Jahr in beiden Gruppen gute bis sehr gute Ergebnisse ohne Unterschiede. Die in der aktuellen Literatur beschriebenen Komplikationen nach der palmaren winkelstabilen Plattenosteosynthese konnten wir in unserer Studie nicht beobachten [1, 2, 6, 24]. Es zeigten sich lediglich bei je 2 Patienten in beiden Gruppen radial überstehende Platten, die wegen der Weichteilirritation nach knöcherner Konsolidierung der Frakturen entfernt werden mussten.
Osteoporose
Die distale Radiusfraktur zeigt typischerweise 2 altersabhängige Häufigkeitsgipfel. Zum einen während der Kindheit und im Jugendalter beim noch wachsenden Skelett infolge der vermehrten Aktivität in dieser Lebensspanne bei gleichzeitig bestehender höherer Vulnerabilität der distalen Radiusepiphyse gegenüber Stauchungs und Scherkräften sowie im höheren Alter infolge einer Gangunsicherheit und zunehmender Osteoporose unter Bevorzugung des weiblichen Geschlechts nach der Menopause [4, 11, 16]. Typische radiologische Zeichen der begleitenden Osteoporose bei distaler Radiusfraktur sind die dorsale Trümmerzone, die dorsale knöcherne Defektzone nach Reposition der distalen Radiusfraktur sowie ein Überwiegen von intraartikulären Frakturen nach banalen Stürzen. Auch in unserer Serie betrug das Durchschnittsalter in der unidirektionalen Gruppe 62,0 (25–95) Jahre und in der multidirektionalen Gruppe 59,9 (24–83) Jahre. Zudem überwogen Frauen über 60 Jahre mit 63%, und als Unfallursache waren mit 66% banale Stürze am häufigsten. Bis auf 5 Fälle (C1Frakturen) wiesen alle anderen Patienten eine Fraktur mit einer dorsalen Trümmerzone (C2Frakturen) auf.
Auch wenn im Rahmen dieser Studie keine DEXAMessung erfolgte, ist daher von einem großen Anteil osteoporotisch bedingter distaler Radiusfrak
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turen auszugehen. Gerade bei der osteoporotisch bedingten distalen Radiusfraktur mit begleitender dorsaler Trümmerzone versprechen winkelstabile palmare Plattensysteme bessere Ergebnisse, da sie das Repositionsergebnis auch ohne dorsale knöcherne Abstützung halten können und eine höhere Stabilität aufweisen [7, 9]. Ob langfristig oder nach Materialentfernung der winkelstabilen palmaren Platte das ursprüngliche Repositionsergebnis gehalten werden kann, ist genauso unklar wie die Frage, ob es im Rahmen der Frakturheilung zu einer adäquaten knöchernen Auffüllung der Trümmerzone kommt. Zur Klärung dieser Frage sollten weitere Langzeituntersuchungen erfolgen. Auf jeden Fall sollte bei älteren Patienten nach distaler Radiusfraktur aus prophylaktischen Gründen im weiteren Verlauf das Vorliegen einer therapiebedürftigen Osteoporose untersucht und ggf. eine entsprechende Therapie eingeleitet werden.
Vergleichbarkeit der Ergebnisse
Die Einschlusskriterien hinsichtlich der Frakturklassifikation sowie die identische Gruppenstruktur und Gruppengröße ermöglichen eine objektive Vergleichbarkeit der ermittelten Ergebnisse, wobei die statistische Aussagekraft aufgrund der niedrigen Fallzahl als kritisch zu bewerten ist. Trotz der geringen Fallzahl in unserer Studie zeigt der Vergleich mit der aktuellen Literatur, dass Untersuchungen mit größeren Patientenkollektiven entweder mit retrospektivem Studiendesign oder mit dem Einschluss einer Vielzahl von Frakturtypen einhergehen, was die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der dort ermittelten Ergebnisse erschwert [10, 21, 23]. Außerdem werden in keiner der Studien die Ergebnisse der multidirektionalen palmaren winkelstabilen Plattensysteme im Vergleich zu den unidirektionalen palmaren winkelstabilen Plattensystemen untersucht.
Fazit für die Praxis
Sowohl die uni- als auch die multidirekti-onalen palmaren winkelstabilen Platten-osteosynthesen ermöglichen bei distalen Radiusfrakturen vom Typ C1 und C2 gu-te funktionelle und radiologische Ergeb-
nisse nach einem Jahr. Bei solchen Frak-turen trugen die multidirektionalen pal-maren winkelstabilen Plattensysteme als Weiterentwicklung der unidirektionalen Plattensysteme in unserer, allerdings kleinen Serie zu keiner Optimierung der klinischen und radiologischen Ergeb-nisse bei. Lediglich die intraoperative Durchleuchtungszeit beim Einsatz der multidirektionalen palmaren winkelsta-bilen Plattensysteme ist länger.In wieweit die multidirektionale palma-re winkelstabile Plattenosteosynthese bei der Therapie der distalen Radiusfrak-turen vom Typ C3 von Vorteil sein kann, muss im Rahmen weiterer Studien unter Berücksichtigung dieses Frakturtyps belegt werden.
KorrespondenzadresseDr. P. JungbluthKlinik für Unfall- und Handchirurgie, Heinrich-Heine-Universität DüsseldorfMoorenstr. 5, 40225 Dü[email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
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216 | Der Unfallchirurg 3 · 2009
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