ueber orthostereoskopie

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(Aus der Universit/~ts-Augentdiuik z~ iJreblau.'L Ueber 0r h0stereoskol ie Von Dr. I,. Heine, Pri~,atdoeeate~ und i[. Xssistenten in Breslau. ~lit 2 Figurelt im Text. In einer friiheren 5[ittheitung: Ueber ,,Orthoskopie:" oder die Abh~ngigkeit relafiver EntfernungssehStzungen yon der Vorstethmg der absoluten Entfernung2)~ ha be ieh naehzuweisen versucht, dass wit die (seitliehen) Verschieder~heiten binoeularer resp. stereoskopiseher Halbbilder, bezw. die diesen Versehiedenheitez~ entspreehenden reti- m~len Querdisparatio~en im Sinne tIering's um so mehr als Tiefen- vorstellungen auswerthen, je weiter entfernt wit uns das Object vor- stellen. Es entsprieht dieses ganz der empirJsehen Thatsache, dass ein kSrperliehes Object uns aus grSsserer Entfemung trotz gleieh- bleibender Plastik doeh geringere DJfferenzen beiderNetzhautbilder bietet. Ein vertieat gestelltes gleiettseitiges Prisma~ welches mir eine Kaate zukehrt~ erseheint mir gleiehseitig nut innerhdb der Breite meines ,,orthoskopisehen Sehens", fiir reich innerhalb 1/3--~/~ m, also etwa in der ,,deutlichen Sehweite':. Aus grSsserer Entfernung be- traehtet erseheint es mir zu flaeh, so zu sagen Yon vorn naeh tfinten etwas zu platt gedriiekt, aus geringerer Entfernung zu spitz d. h. mit zu seharibr Vorderkante. Erseheint mir das PNsma bei Betraehtung aus grSsserer Entfernung zu flaeh, so brau&e ieh die mir Zugekehrte Kante abet nut relativ wenig yon der ihr gege~tibertiegenden Fl.~ehe (Basis) zu entfernen, den Winkel, weiehe die beiden seitliehen Prismen- fl~iehen bilden, also aur wenig spi~zer zu maehen, um wieder dea Eindruek der Gleiehseitigkeit zu erhatten. Die Quer~'ersehiedenheiten, welehe die beiden Yon dem Prisma gelieferten retinalen I:Ialbbilder ~) Der Ausdruek ,,Orthostereoskopie" ist, so weir ich sehe, zuerst yon S tel z e in seinem Bueh iiber ,,die Stereoskot)ie und das Stereoskop"~ Halle ~/S. 1.894, vielleicht in etwas anderem Sinne gebraueht. "~) Dieses Arch. LI. S. 563.

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Page 1: Ueber Orthostereoskopie

(Aus der Universit/~ts-Augentdiuik z~ iJreblau.'L

Ueber 0r h0stereoskol ie Von

Dr. I,. H e i n e , Pri~,atdoeeate~ und i[. Xssistenten in Breslau.

~lit 2 Figurelt im Text.

In einer friiheren 5[ittheitung: Ueber ,,Orthoskopie:" oder die Abh~ngigkeit relafiver EntfernungssehStzungen yon der Vorstethmg der absoluten Entfernung2)~ ha be ieh naehzuweisen versucht, dass wit die (seitliehen) Verschieder~heiten binoeularer resp. stereoskopiseher Halbbilder, bezw. die diesen Versehiedenheitez~ entspreehenden reti- m~len Querdisparatio~en im Sinne t I e r i n g ' s um so mehr als Tiefen- vorstellungen auswerthen, je weiter entfernt wit uns das Object vor- stellen. Es entsprieht dieses ganz der empirJsehen Thatsache, dass ein kSrperliehes Object uns aus grSsserer Entfemung trotz gleieh- bleibender Plastik doeh geringere DJfferenzen beiderNetzhautbilder bietet.

Ein vertieat gestelltes gleiettseitiges Prisma~ welches mir eine Kaate zukehrt~ erseheint mir gleiehseitig nut innerhdb der Breite meines ,,orthoskopisehen Sehens", fiir reich innerhalb 1/3--~/~ m, also etwa in der ,,deutlichen Sehweite':. Aus grSsserer Entfernung be- traehtet erseheint es mir zu flaeh, so zu sagen Yon vorn naeh tfinten etwas zu platt gedriiekt, aus geringerer Entfernung zu spitz d. h. mit zu seharibr Vorderkante. Erseheint mir das PNsma bei Betraehtung aus grSsserer Entfernung zu flaeh, so brau&e ieh die mir Zugekehrte Kante abet nut relativ wenig yon der ihr gege~tibertiegenden Fl.~ehe (Basis) zu entfernen, den Winkel, weiehe die beiden seitliehen Prismen- fl~iehen bilden, also aur wenig spi~zer zu maehen, um wieder dea Eindruek der Gleiehseitigkeit zu erhatten. Die Quer~'ersehiedenheiten, welehe die beiden Yon dem Prisma gelieferten retinalen I:Ialbbilder

~) Der Ausdruek ,,Orthostereoskopie" ist, so weir ich sehe, zuerst yon S tel z e in seinem Bueh iiber ,,die Stereoskot)ie und das Stereoskop"~ Halle ~/S. 1.894, vielleicht in etwas anderem Sinne gebraueht. "~) Dieses Arch. LI. S. 563.

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besitzen, werden entsprechend der grSsseren Entfernung des Gegen- stander besser ausgenutzt und mehr im Sinne yon Tiefenvorstellungen (Enffernungsdifferenzen) bewerthet.

Je pr~ciser wir die Entfernung des Objectes sch~tzen, um so richtiger werden die Bildverschiedenheiten ausgenutzt~ um so grSsser ist die Breite des orthoskopischen Sehens, um so mehr erscheinen uns die kSrperlichen Objecte in ihren wirklichen Verhgltnissen.

Im Anschluss an diese Untersuehungen habe ich mich nun be- miiht, dem Problem noch auf anderem, so zu sagen objectivem Wege, ngmlich mit gilfe der Photographie nachzugehen. Ich suchte die Bedingungen zu iinden, unter welchen wir einen kSrperlichen Gegen- stand photogr~phisch aufnehmen mfissen, um yon den beiden stereo- skopisch verschmolzenen Halbbildern einen dem Original entsprechen- den Eindruck zu bekommen.

E l s chn ig ~) ist durch Ansprobiren zu dem Result~t gekommen, dass ihm diejenigen stereoskopischen Aufnghmen den dem Original ~m meisten entsprechenden, den ,ngtiirlichsten" Eindruck machten, welche ans einer Entfemung yon 42 cm (doppelte Brennweite des be- nutzten Objeetivs) in natiirlicher GrSsse mit einer Pupillardistanz x'on 47 mm gem~cht waren. Die mit normaler Pupillardistanz (60 bis 65 ram) gemgchten Aufnahmen erschienen ihm erheblich itberplastiseh: eine Kugel, auf diese anscheinend ngtiirlichste Weise ~ufgenommelb erschien ihm, wenn er beide Halbbilder im Stereoskop verschmolz, ein Ei darzustetlen, welches dem Beob~chter den spitzen Pol zu- kehrte. ,Die Ueberplastieit~t der Photogramme bei Nachahmung des binocularen Sehens dutch die Aufnahme (der Pupillardistanz ent- sprechende Lateraldistanz der Objective) ist dgdurch gegeben, dass das Objectiv nur Gegenstgnde, welehe sich in derEbene der doppeltetl Brennweite befinde~l, in gleicher GrSsse, alle n~her gelegenen ver- grSssert, alle entfernteren verkleinert abbildet." Far den Speeialfa, lt, da, ss das Object im Verhgltniss zur Brennweite tier Objective relativ gross ist wie im Falle E l s c h n i g ' s , ist diese Erklttrung mit einer ge- wissen Einsehrgnkung anwendbar, die Mlgemein g[iltige Beobachtung aber, dass solche unter mSglichst ,natiirlichen" Bedingflngen anfge- nommenen ]3ilder im Stereoskop iiberplastisch erscheinen, seheint mir einer anderen Erkl~rung zu bediirfen. Nur der Versuch kann ent- scheiden, in wie welt die physika]isehe Mangelhaftigkeit eines photo- graphischen Objectivs gegeniiber einem kSrperliehen Oegenstgnd die

a) Zur Kenntniss der binoeuIaren Tiefenwahrnehmung. Dieses Arch. LII. S. 294.

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3 08 L. Heine.

Bilder und dadurch unser Urtheil tiber die Tie~ndimensionen f~lschen kann. Innerhalb weiter, unten ngher zu definirender Grenzen sind es ganz andere Nomente, welche die Ueberplasticitiit bedingen: es ist in erster Linie die der Wirkliehkeit nicht entsprechende Ent- fernungsvorstellung, welche wir bei der Benutzung der tibtichen Prismen- s~ereoskope bekommen. Die kSrperliehe \:orstelhmg, welehe wit im Stereoskop erhalten, verlegen wit durchaus nicht in die Enffernung, ill weleher die Aufnahme gemaeht war, sondern in eine meist erheb- lieh grSssere. Dieses erkl~irt sich wohl zum Theit daraus, dass wit bei der Benutzung eines Prismenstereoskopes eine im Verhgltniss zur wirktichen Entfernung der Bilder zu geringe Convergenz, also eine relative Divergenz machen nnd dadureh eine G-rSssenvorstellung im Sinne der Makropsie und so die Vorstellung grSsserer Entfernung des @egenst~ndes bekommen. Vielleieht stellen wit uns abet auch prim~ir den dureh das k0rperliehe BiId wiedergegebenen Gegenstand wenigstens bei verkleinernden z. B. Portraitaufnahmen, in seinen natiir- lichen GrSssenverhgltnissen vor, dabei m~issen wit ihn abet dann nattirlieh in eine grSssere Entfernung verlegen. Da wit nun, wie frtiher gezeigt, die gegensgtzliehen Breitenwerthe beider stereoskopi- seller Halbbilder~), welehe uns die Tiefenvorstellung ermSglichen, um so grtindlicher und besser ausnutzen, je weiter entfernt wir uns den KSrper vorstellen, so leuehteg ein, dass uns Bin Sammelbild dann einen iiber- trieben plastischen Eindruek maehen muss, auch wenn jedes Halb- bild v01tig riehtig gezeichnet ist. Wolten wit yon zwei richtig auf- genommenen Halbbildern verlangen, dass sie uns einen richtigen Ein- druck tibermitteln, so miissen wir sie auch unter richt.igen Bedingungen betraehten, wir miissen sie mit derselben Convergenz der Oesiehts- linien in derselben Entfernung wieder zu einem Sammelbilde ver- einigen. Nehmen wir z. B. ein gleiehseitiges Prisma stereophoto- graphiseh auf, so empfiehlt sieh zungchst fotgender einfache Weg: Eine optisehe Bank yon 75 cm L~tnge machen wit an ihrem einen Ende um eine vertieale Aehse drehbar, iiber dieser Aehse wird das zu photographirende Prisma so aufgestellt, dass sich die dem Objeetiv zugewendete Vorderkante auf tier Mattseheibe zun~ehst mSgliehst in der Mitre zwisehen den beiden ferneren Kanten abbildet, die drei I~anten werden nun m6gliehst gleich seharf eingestellt, die optisehe Bank um 5~/s o naeh rechts und mn ebenso viel naeh links gedreht und in jeder Stellung bei engster Blende die Aufnahme gemaeht. [n diesem Falle befinde sieh das Prisma in der doppeRen Brenn-

~) Die ,,Querdisparationen'; (Hering).

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weite (34era), also in Leseweite, die Lateralversehiebung des Objee- tivs betrggt bei einer Convergenzstellung yon l l o ca. 65 ram, ist also gleieh der mittleren Pupillendistanz. Wollen wir die so gewonnenen Bilder zu einem dem Originat entspreehenden Sammelbilde vereinigen, so betraehten wit sie in einem Spiegelstereoskop mit veriinderheher Converg~enzstellung, am besten im Her ing ' sehen Haploskop, in dem wir die Spiegel naeh Vorgang yon Hess dutch die Hypothennsen- fl:~tehen reehtwinkeliger Prismen ersetzt haben. Die Bilder - - reehtes nnd linkes der Spiegelung wegen vertauseht - - befinden sieh in 34: em Enfernung, bei einer Convergenz yon 11 0 sehen wir jetzt in Leseweite vor uns eine prismatisehe Figur, welehe wit mit dem dort postirten Original zur Deekung bringen, also sehr bequem vergleiehen k6nnen. Es zeigt sieh, dass das Bild dem Original durehaus entsprieht.

Machen wir die zwei Aufnahmen bd einer Convergenz yon 9 o, was einer Pnpillardistanz bezw. seitliehen Objeetivversehiebung yon ca. 50 mm entsprieht, so zeigen die Bilder deutlieh zu geringe Plastik.

Photographiren wir mit 13'/~ o Convergenz (entspreehend einer Objeetivversehiebung yon ca. 80 ram), so erseheint uns das Bild des Prismas gegen das Original deutlieh iiberplastisoh.

Sehieben wir jetzt die Haploskoparme zurtick~ vermindern wir dadureh die Convergenz, so erscheint das Prisma in tote etwas ver- gr6ssert, etwas welter enffernt und deutlieh stgrker plastiseh als vor- her. Nehmell wir nun eine stgrkere Convergenz, so wird es in tote kleiner, kommt ngher heran und nimmt an Plastik ab. Ein mit zu geringer Lateratdistanz aufgenommenes Bild kann also doeh den rieh- tigen k~Srperlichen gindruek maehen, wenn wir die in beiden Halb- bildem enthaltenen gegensgtzliehen Breigenwerthe (die ,,Querdispara- tionen") besser ausnutzen. Letzteres erreiehen wir dtu'ch die Vor- stellung einer relativ zu grossen Entfernung, wie sie uns z. B. im Prismenstereoskop gegeben wird. Praktiseh mag es demnaeh riehtig sein, mit verringerter Pupillardistanz (45--50 ram)zu photographiren und die Bilder im Prismenstereoskop zu betraehten, exact kann es nut sein, wenn man die zwei Aufnahmen unter einem Convergenz- winkel yon ca. 11 o maeht und die Bilder in der oben dargelegten Weise vereinigt.

Ueberhaupg sollten wit nicht yon ,,seitlieher Objeetivversehiebung" und Pupillendistanz, sondern mehr yore Convergenzwinkel reden: manehe Unklarheiten in der stereophotographisehen Literatur erledigen sieh dadurch yon selbst: Wenn z. B. gesagt wird, bei Anfnahmen in

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3[0 L~ Hei~e.

nattMicher Gr6sse sei die Lateralverschiebung der Objective abh~,ngig yon tier Brmmweite (je kleiner die Brennweite, um so geringer sei die ,,Lateralverschiebung"), so ist das gewiss richtig, welt einfaeher aber erseheint kS mir zu sagen, des Winkel, unter dem beide Auf- ~M~meI~ gemaeht werden~ sei derselb% hi, milch ca. 11 ° entspreehend der Convergenzstellung der Gesiehtslinien ftir Leseweite als ,deutliehe Sehweite" bei einer mittteren Pupillendistanz.

Dutch eine Reihe versehiedener Anfnahme~l habe ieh diesen !etzteren Punkt noch experimentell erh~krtet m~d fiir Vergr6sserungml zwischen 1 und 8 gefhnden~ dass es einzig auf den Oonvergenzwinkel ankommt. Als Objeete dienten Itolzprismen yon 20, 10, 5 und 2J/.~ mm Flgchenbreite. Von diesen gab das erste ein gleiehgrosses Bild, die iibrigen zwei-~ vier- uT~d aehtfache VergrSsserangen. Es zeigte sich in allen F~illen ,,orthostereoskopiseher Effect" bei AufnM~men unter einem Convergenzwinkel yon ca. l i % vor~msgesetzt, class die Wieder- vereinigung der Bilcter genau in der oben besc, hriebenen Weise im Haploskop vorgenommen wurde.

Wie weir sigh diese Formel f[ir st~irker vergv6ssernde Aufnah- men verallgemeinern lassen wird, muss vorl'~ufig dahin gestetlt bleiben, innerhMb der yon mir untersuchten Grenzen scheint mir ihre Richtig- keit Ieicht nadlweisbar zu sein. Die Erkl~rung dnr(~h die Verzeichnung yon Seiten der photographischen Objective ist fiir die beschriebenen F~ille nicht annehmbar, dass sie indess fiir m~dere Fglle, zumal wenn re]ativ grosse KSrper mit relativ starken Objectiven aui~genommen werden, wohl ihre Ber~icksichtigung findm~ muss, soil keines~vegs

• bestritten werden. Etwas eomplidrter Iiegen die Verhgltnisse bei verkleinernden

A ufi~ahmen k@perlieher Objeete, ich habe solche bis */s ausgefiihrt. Photographiren wir wieder wie oben unser gleichseitiges Prisma, und zwar ein solches mit des t~i~iehenbreite 16 cm aus i50 cm Entfernung mit einem Objectiv yon 17 em Brennweite, so ist das Bild 2 cm breit. Wollen wit nun zwei Bilder gewinnen, die hn Haploskop in 34em Entfernung mit einer Convergenz yon 11° z,a einem Einbilde ver- sehmolzen den Eindruck eines gleichseitigen Prismas hervorrufen~ so m~ssten wJr, obigem Postulate folgend, die zwei Aufilahmen unter einem Winkel yon 11 0 machen~ was einer seitliehev Ol~jectivdistanz yon ca, 28,5 em entsprieht. Dies ist in der That. der Fail. Eme Doppelaufnahme unter einem Winkel yon 9 o (seitliehe Objectivdistanz ca. 23,5 era) giebt bereits Unterplasfik, eine solehe unter einem Winkel yon 1.3,5 o (seitliche Objeetivdistanz ca. 35 era) Ueberplastik.

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Auch ein Prisma mit 8 cm Flgchenbreite giebt nnter einem Winkel yon 110 aufgenommen (bei einer Enffernung yon 80cm mit einer seitlichen Objectivdistanz yon ca. 15 era) zwei ttalbbilder yon 2 cm Breite, die in obiger Weise im Hap!oskop vereinigt einem dort postirten gleichseitigen Prisma durchaus entsprechen.

Entsprechende Resultate giebt ein Prisma yon 2 cm Flgchen- breite, das bei der Aufnghme mn die I~lf te verkleinert wisd.

Die oben f~ir vergrSssernde Stereophotographie aufgestellte For- derung, einen Convergenzwinkel des 0bjectivachsen yon 11° inne zu halten, lgsst sich demnach ftir verMeinernde Aufnahmen ftir den Fall erweitern, dass die Wiedervereinigung des Halbbilder unter einer Convergenz yon 11 o in einer Entf~rnung yon 34 cm erfolgt. Fiir die wissenschaftliche Photogr~phie wird dies woM zu beachten sein.

Die Forderung des Convergenzwinkels yon 11° ist indess, wie wir sogleich sehen werden, durchaus nicht sehematisch zu veral"lge- meinern, denn einen ]Berg oder einen Baum und Aehnliehes kSnnen wir uns nicht in 34 cm Entfernung vorstellen. Die Bilder solcher Dinge verlegen wit in eine welt gr5ssere, zum Theil wohl in ihre wirkliche Entferaung. Haben wir eine solche Doppelaufnahme nun v.nter einem ~Vinkel yon 11 o gemacht, so haben wis Bildverschieden- heiten, wie wir sie bei so weir entfernten Objeeten hie zu sehen ge- w~hnt sind. Diese iibergrossen Querdisparationen werden nun, ent- spsechend der Vorstelhmg grosser Enffernung des Objecte% sehr stark bewerthet d. h. ~ls sehr grosse Enffernungsdifferenzen gedeuteG und so resultirt ein bedeutender Uebereffeet, eine Ueberplastik: eine Land- schaft kommt nns vor wie ein kleines Mode]l derselben, wir selbst diinken 1ms dagegen Riesen zu sein.

Photographiren wir dagegen dieselbe Landsehaft mit einer seit- lichen Objectivdistanz yon 60--70 mm~ so erscheint uns das Sammel- bild zun~ehst fast in eines Ebene zu liegen. Je weites wit es dann aber in unserer Vorstellung hinausrticken, mn so mehr vertieft sich das Bild, nnd verlegen wir es in dis wirkliche Enffernung, so er- scheinen uns aueh die Entfernungsdifferenzen im Bilde etwa ebenso gross wie die in der Wirklichkeit. Den meisten Menschen gelingt die Projeetion eines Bildes in grosse Enffernung Ieiehter~ wenn das ]3ild transparent ist: so esklgrt sich zum Theil wenigstens die gr6ssere Plast~k stereoskopischer Transparent% da mit der Projection in grSssere Ferne eine bessere Ausnutzung des Bildverschiedenheiten Hand in Hand geht.

PhotograpMren wir nun unser gleiehseitiges Prisma mit der

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3 [2 L. Heine.

Fl~ehanbraite 1.6 cm aus 150 cm Entfemu~g (mit ainer saitliahen Objeativdistanz yon 60--70 mm), so erscheint uns dieses in 54 em Entfernung, mit einar Convarganz yon 11 o vareinigt, sahr plattga- dr~iekt, projieiren wi res ~bar in 150 em Enffernung, so nimmt as ganz bedeutand an Plastik zu end bleibt hinter dam kSrperliehan Origi,~al nur wanig zurtiek, wobai wit bedankm~, mtissan, dass uns ain glaiehsaitiges Prisma in einer solehen .Enffernung aben selbst ~fieht mehr glaiehseit.ig, sondem sehon etwas platter arseheint. Blaibt trotz- dem des Sammelbild in seinan plastisehan Varh~ltnissen atwas gagan des kgrperliehe Original zuriiek, so kommt des vielleieht daher, dass wit hierbei rein auf die bessare, tier absolutan El~tfernung entspra- ehenda Ausnutzung der Bildversehiedanheitan angewiesen sind und an Luftperspeetive, Sehattanwirkungen u. dargl, keinerlei Anhalts- punkta haben. Bei Landsahaftsbatraehmngen haben wir an solehen Din°gee ja immer waitere Hilgmittal und si~xd deshalb gewShnt, unser Urtheil tiber die Karpefliehkait, tiber die Entfernungsdifferenzen, nieht nut mit Hilfe der grSssaren Ausnutzung tier Querdisparation zu bildan. Sind wir jetzt bier - - im physiologisehen Experiment - - allele auf letztaras angewiasen, so kann uns nicht wunderu, warm tier Weg nieht vallig zum Ziela ftihrt.

Von ainem mansehliehen Kopfe wissen wit ungef~hr, welehe .Form er hat. ttaben zwei Nalbbflder eines soiehen aueh nut sehr geringa Differenzen, so werden diesa doeh so stark ausgenutzt, dass eine leidlieh riehtige karparliahe Vorstel!ung resultirt, yon dam Stareo- skopbild einas Prisma wissen wit abet gar nieht, welche Gestalt wit ihm zusehreiben so!lee, es wird also in dubio dureh den Wegfall untersUitzendar Paetoran in seinen Tiefendimensionen uutersehg.tzt wer- den, aueh wenn die Vorstellung seiner absoluten Entfernung riehtig ist.

F r a g e n wit uns zum Sehluss , wetcha p rak t i sehan Con- sequanzen ergeban sieh egwa aus obigeu Ans f i ih rungen , so ist Fo lgendes zu s a t an : VergrSssernde S t a r e o p h o t o g r a p h i a n und abenso solehe in na t t i r l i eha r GrSsse sind a u f z u n e h m a n un te r einem C o n v e r g a n z w i n k e l yon l l °, die Wiedervar - e in igung der I-Ialbbildar ha t s t a t t z u f i n d a n in 34 em E n t - t 'ernung yon dar Nasenwurze l ( , ,deutliehe Sahwai te") , am besten in einam Sp iage l s t e r eoskop (Hap loskop t i e r ing ' s ) . Die Convarganz tier Ges i eh t s l i n i en betr~tgt en t e r diesen Um- sti%ndan bei einer m i t t l a r en P u p i l l e n d i s t a n z yon 65 mm 110

V e r k l a i n a r n d a A u f n a h m a n ..... besonders solehe fiir w i s senseha f t t i eha Zwaeka - - sind abenfa t l s e n t e r einer Con-

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vergenz yon 110 zu machen, und der se i t l i che A b s t a n d der Ob jec t ive ftir j e d e E n t f e r n u n g zu b e r e c h n e n (z. B. f[ir 80 cin ca. 15 cm, fiir 150 cm ca. 28,5 era), vo r ausgese t z t , dass die W i e d e r v e r e i n i g u n g der t t a l b b i l d e r im S p i e g e l s t e r e o s k o p in 34~ cm E n t f e r n u n g mit einer Conve rgenz yon 110 e r fo lgen kann. G e s c h i e h t d i e s e W i e d e r v e r e i n i g u n g i n g r S s s e r e r E n t - fe rnung , wie es ftir a u s g e d e h n t e 0 b j e c t e ja n icht anders m5gl ich ist , so is t die se i t l i ehe O b j e e t i v d i s t a n z e r h e b l i c h zu ver r ingern , even t~e l l bis zu 65ram, da d~nn u n t e r tier Vor s t e l l ung g rSsse re r E n t f e r n u n g eine d ieser mehr oder wen ige r gen~u e n t s p r e c h e n d e A u s w e r t h u n g der se i t l i chenVer- s c h i e d e n h e i t e n be ide r s t e r e o s k o p i s c h e r H a l b b i l d e r erfolgt .

A u f n a h m e n in na t [ i r l i eher GrSsse o d e r V e r g r S s s e r u n g e n , de ren W i e d e r v e r e i n i g u n g wir im P r i s m e n s t e r e o s k o p vor- nehmen, s ind zweckm~ss ig mit zu k le ine r se i t l i che r Object . iv- d i s t anz (etw~ 90 Conve rgenz e n t s p r e e h e n d 45ram P u p i t l e n - d i s tanz bei O b j e c t e n t f e r n u n g 3~ era) zu machen, da wir im P r i s m e n s t e r e o s k o p die Vor s t e l Iung r e t a t i v zu g rosse r E n t - f e r aung des Ob jec t s haben und deln e n t s p r e c h e n d die seit- l ichen V e r s c h i e d e n h e i t e n be ide r t t a l b b i l d e r im Sinne yon T i e f e n v o r s t e l l u n g e n s t a rke r ausnu tzen .

Auch fiir verkleinernde Aufnahmen kann sich dies gelegentlich empfehlen, wenn starke Schatten in den Bitdern die Auswerthung der Querdisparationen erleichtern oder wenn die Projection des Sammel- bildes in grosse Entfernung geschieht; dieses ist z. B. der Fall bei Portraits, welche meist gute Schattenverh~tltnisse zeigen und so weit in den Raum hinaus verlegt werden, dass das verkleinerte k5rper- lithe Bild die GrSsse des Originals zu haben seheint.

Exact - - und zwar tiberrasehend exact - - lassen sich die stereo- photographischen Tiefenverh~ltnisse nur im Spiegelstereoskop beur- theilen, wie dies oben genauer ausgefiihrt wurde.

Es liegt nahe, diese expefimentell gefundenen Resultate zu Be- trachtungen iiber die Bedeutung der Erfahrung ftir das Zustande- kommen der Raumvorstellungen benutzen zu wollen. Dieses halte ieh jedoch mindestens fttr verfrtiht und werde es deshalb vorlgufig unteflassen.

Nur auf einen Punkt mSchte ich hinweisen, der mir ein allge- meineres Interesse zu haben scheint, alas ist ein gewisser Paratlelismus zwischen den Wahrnehmungen der Tiefe und denen der I-I5he bezw. Breite. Aus der Theorie der Sehschiir~fenbestimmnng erinnern wir uns, dass das Netzhautbild einer i m enffernten in einer frontalen Ebene

v. Graefe~s Archiv ffir Ophthalmologie. LIIL 2, ~1

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314 L, Heine.

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gelegenen Linie dieselbe Li~nge h~t, wie das einer doppelt so langen abet zwei Mal, einer drei Mal so la,ngen abet drei MM so weir entfernten Linie. Oder umgekehrt: Das Retinal- bild (oder Nachbild) einer (leuch- tenden) Linie, welches in der Netzhaut eine g~nz bestimmte Lgnge hat, seheint uns einer Linie im Ranme zn entspreehen, deren GrSsse im direeten Yer- !fitltniss znr vorgeste]lten Ent- fernung steM, mit dieser w~ehst und ff~llt. I)as bestimmt ge- gebene ist eben nut der Winkel- werth. Aehnlieh, nur etwas eom- plieirter, liegen die Verh~ltnisse far die Tiefemvahrnehmung. Aueh bier sind uns nur Winkel- werthe gegeben, und die diesen entspreehenden Entfernm~gen im Raume sind ganz abh~.ngig yon der absoluten Entfernung, in we!ehe sieverlegtwerden. Nur ist hier alas Abh~tngigkeitsverh~lt- hiss kein direetes, sondern w~iehst wegen der Projection (s. Fig. 1) auf die Medianebene ~hnlich wie die T~ngente des Winkels').

Wenn wir binocular den Pm~kt F

~ c ~ ~) Genaue r ges~gt is t : 7 FM=- MK. tg e ~ MK. eot y A M ~ MK. tg ~ MK. eot s

Diff. --- FA --- ~IK. (tg a - - tg fl) , ~ MK (cot y - - cot e )

tg a- - tgl~ 2~A : 1~ A 1 --- x : x I tg a 1 - - tg fi,

" / / q x k e o t y , Cot6 ~ o = cot 7~ - - cot e; ' a. 11. die dem Querdispa-

M /y ra t ionswinkei 6' bei se inen ve r seh iedenen Fig. 9. Lagen en t sp reehenden Streeken x, x~ auf

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Ueber 0rthostereoskopie. 315

fixiren, so bildet sich A im rechten Ange etwas temporal yore fixirenden Punkt ab~ dem entspricht ein Winkel A KF, diesem Winkel entspricht eine gewisse Streeke A F , die nur dann eine bestimmte GrSsse hat~ wenn F eine bestimmte Lage im Raume hat. Rtickt F ngher, so wird A F kleiner, rtickt F weiter weg, so wgchst A F in rasehem Tempo, und liegt ~ in der Unendlichkeit, so ist A F nnendlieh gross. J e weiter weg wir F verlegen, um so sehneller wgehst die L~nge

tier dem gedaehten Winket entsprechenden Linie. Nun sei M/~ eine absolute Enffernung, A F eine Entfernungsdifferenz. Maehen wir in

der Vorstellung der absoluten Entfermmg also Fehler, so miissen sich diese ftir die Auffassung der Entfernungsdifferenzen um so stSrender geltend maehen~ je grSsser die absolute Entfernung i s t , in der Mr

mit unseren Vorstellungen operiren. Auch diese ]3etraehtung ftihrt uns darauf zurfiek, exaete Stereo-

photogr~mme, wenn irgend mSglich, nnter 11 0 Convergenz aufzu- nehmen und die HalbbiIder wieder unter 110 Convergenz in 34era Entfernung spiegelstereoskopiseh zu vereinigen, da in dieser Entf6rnung

die richtigste Bewerthung der seitlichenVerschiedenheiten richtig ge-

zeichneter Halbbilder effolgt. ~' Her rn Geheimrath U h t h o f f danke ich verbindliehst fiir sein

freundliches Interesse an der vorliegenden Arbeit.

der Blicklinie M• sind direct proportional der Differenz der Tangenten der Basiswinkel der entspreehendell Convergenzdreiecke a und fl, oder direct pro- portional der Differenz der Cotangenten der halbert zugeh6rigen Convergenz- winkel (7 und ~).

1%hmea wir nun z. B. an, Bin PunktA liege in der Medianebene so weit diesseits des binocular fixirten Punktes F, dass sein zugeh6riger Querdisparations- winkel ~ ~ 10 sei, so bereehnen sich die relativen Entferaungen A~' im ¥erh/~lt- hiss zur absoluten Entfernung M/~' folgendermassen:

W~ichst M F im Verh~ltniss yon 1 : 2 : 4 : 8 : 1~5 etc., so wgchst A F i m VerhMtniss yon 1 : 3,6 : 12,4 : 39 : 112 etc.

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