ueber ein elektrometeor

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335 XV. IJeber ein Elektrometeor; ron J; Schneider in Diisseldorf: A m 18. August v. J., des Abends um 9 Uhr 50 Minuten, beobachtete ich von eiiiem Garten der Stadt Einmericli aus, etwa 80 bis 350 uber dem siidlichen Horizoiite, eine Lichfsiivle am Himmel, die rnich fur den erstcn Augenblick bald an das Zodiacallicht, bald an die Streifen des Nord- lichts erinnerte, wovoii ich mich jedoch bald uberzeugte, dafs sie zu keinem dieser Lichtphanomene zu rechnen sey. Die Breite dieses Lichtgiirtels bctrug durchschnittlich vier Vollmondsbreiten, und in seiner LZngsricbtung zog sich der- selbc: von Osten nach Westen auf mindestens 20° her, wobei eine etwaige Fortsetzung nach dein 6stlicheu Hori- zonte hinah ungewifs bleibt, da hier eine Hluserreihe dic Beobachtung verhinderte. Die Seiten des Lichtstreifens wa- ren ziemlich scharf und fast parallel begriinzt, dns westliche Ende aber zeigte einen ganz unregehnafsig wolkennrtig zer- zausten Saum; es hatte hier das Ansehen eiiies lcnchtenden Wollicheiis, von welchein nusgehend der Lichtstreif, indein er sich nach Osten erstreckte, allmahlich sowohl an Breitc als an Lichtstarke etwas abiiahm. Das ganze Meteor leuch- tete mit gelblichem etwas ins Rsthliche spielendem Lichte, das sich von dem dunkeln, wolkenleeren Nachtliiiiiinel stark abhob; auch ruckte dassclbe fast unmerklich in nordwest- licher Richtung vor, wobei in seiiiem wolkenartig gestalteten westlichen Ende eine sterkere Bewegung, wie eioe Art Gah- ren, vor sich ging, die eiue starke Formanderung desselbcn zur Folge hattc. Zu gleicher Zeit wurde vom westlichen Horizonte her eiii starkes Wetterleuchten mahrgenommen, das von einem in weiterer Entfernung unter dem Horizonte befintllichen Gewitter herriihrte, und ich glaubte zu bemer- ken, dafs die Helligkeit des Lichtstreifens bei dem jedes- inaIigen Aufleuchten des Blitzes ain sterksteo gewesen und in Pausen wiederum abgenommeii hatte; wenigstens koniitc

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Page 1: Ueber ein Elektrometeor

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XV. IJeber ein Elektrometeor; ron J; S c h n e i d e r in Diisseldorf:

A m 18. August v. J., des Abends um 9 Uhr 50 Minuten, beobachtete ich von eiiiem Garten der Stadt Einmericli aus, etwa 80 bis 350 uber dem siidlichen Horizoiite, eine Lichfsiivle am Himmel, die rnich fur den erstcn Augenblick bald an das Zodiacallicht, bald an die Streifen des Nord- lichts erinnerte, wovoii ich mich jedoch bald uberzeugte, dafs sie zu keinem dieser Lichtphanomene zu rechnen sey. Die Breite dieses Lichtgiirtels bctrug durchschnittlich vier Vollmondsbreiten, und in seiner LZngsricbtung zog sich der- selbc: von Osten nach Westen auf mindestens 20° her, wobei eine etwaige Fortsetzung nach dein 6stlicheu Hori- zonte hinah ungewifs bleibt, da hier eine Hluserreihe dic Beobachtung verhinderte. Die Seiten des Lichtstreifens wa- ren ziemlich scharf und fast parallel begriinzt, dns westliche Ende aber zeigte einen ganz unregehnafsig wolkennrtig zer- zausten Saum; es hatte hier das Ansehen eiiies lcnchtenden Wollicheiis, von welchein nusgehend der Lichtstreif, indein er sich nach Osten erstreckte, allmahlich sowohl an Breitc als an Lichtstarke etwas abiiahm. Das ganze Meteor leuch- tete mit gelblichem etwas ins Rsthliche spielendem Lichte, das sich von dem dunkeln, wolkenleeren Nachtliiiiiinel stark abhob; auch ruckte dassclbe fast unmerklich in nordwest- licher Richtung vor, wobei in seiiiem wolkenartig gestalteten westlichen Ende eine sterkere Bewegung, wie eioe Art Gah- ren, vor sich ging, die eiue starke Formanderung desselbcn zur Folge hattc. Zu gleicher Zeit wurde vom westlichen Horizonte her eiii starkes Wetterleuchten mahrgenommen, das von einem in weiterer Entfernung unter dem Horizonte befintllichen Gewitter herriihrte, und ich glaubte zu bemer- ken , dafs die Helligkeit des Lichtstreifens bei dem jedes- inaIigen Aufleuchten des Blitzes ain sterksteo gewesen und in Pausen wiederum abgenommeii hatte; wenigstens koniitc

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ich mit voller Sicherbeit ein wechselndes Ah- und Zuneh- men der Lichtintensitlt deutlich beobachten, und mit dem AufhBren des Wetterleuchtens erlosch auch gleichzeitig das Meteor, ohne eiuen sichtbaren Riickstand zu hinterlassen. Die ganze Dauer der Beobachtung betrug 6 bis 7 Minuten, wobei die wirkliche Dauer des Phanomens iingewifs bleibt, indem derselbe bereits vorhanden war, als ich auf jenen Theil des Himmels aufmerksam w-urde. Als sehr berner- kenswerth ist noch hervonuheben, dafs der gaiize iistliche Hirnmel, der nur hier und da eioen kleinen dunkeln Wol- kenstreifen zeigte, sonst aber viillig klar war, bis zum Ze- nith herauf mit einem hellweifsen Lichte Ieuchtete, das der Milcbstrafse in ihrern hellsten Theile vollig gleich kam. Die- ser weifse Lichtscliimmer nahm mit dem Aufhoren des Wet- terIeuchtens gleichfalls aber nur aIlmahIich ab, dauerte je- doch mit stetig verminderter Intensitat noch einige Zeit au, als bereits die iibrigen Phanomene v6llig verschwunden waren I ) .

I ) Ich enthalte mich vorl3ul;g jeder Erhlhmgsversucher, uod bemerke our, dals die Erscheioung mit den van mir i n dieren Anoalen Bd. 98, von Ga 1 I e n ka m p ebeod. uod in meiner A bhandlung iiber elektrijche Figuren, Emmerich 1856, sowie mit den von A r a g o in der Abhaodlung iiber Donncr und Blitz, und von M u n c k e in G e h l c r ' s physika- lischem Wcirterbuche s. g. Nordlicht beschriebenen, sowie den in K a s t - n e r ' s Meteorologie 11, S. 411, 524, 583 aogezogeneo Phbnomenen in ein uod dieselbe Clnssc gehlirt. Man hat dicsen der Luftelektricitit angch6- rigen Lichtmeteorco nicht die ihnen zukommende Aufmerksamkcit ge- widmet, vielmehr diuelben g u r haulfig mil dern eigentlichcn Nord- .%Ate ucrwechsel;, obgleich nichr zu bezwcifeln ist, dab wir eine ei- gene ClasJe POD Elektrometeorcn vur uns habea, deren geonueres Studium mit einer kiinfiigen Theorie des Gewitters in naher Boziehuog stcht.

-~ Gedruckt be1 A. W. Schade In Berlin, Griinstrafsa 18.