ueber chlorbereitung nach deacon

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1070 weit mehr noch aus der van S c h 6 n be i n constatirten Thatsache, dass gewisse Einfliisse , wie Temperaturerhohung (bis looo) oder Contact rnit minimen Mengen wassriger BlausBure die genannten Eigenschaften sammt und sanders (in letztercm Falle nur fiir die Dauer des Con- tactes) auf hebt oder in auffallendster Weise abschwacht. Wenn wir nicht irren, so diirfte die eingehendere Beriicksichtigung und der weitere Ausbau der erwahnten Untersuchungeu zu richtiger Deutung mancher wichtiger Naturvorgange, so besonders der Kei- mnng der Pflanzen und der thierischen Respiration einschliesslich der analogen bei hoheren und niederen Pflanzen ebenfalls wirksamen SauerstoiTathrnung nicht wenig beitragen und endlich auch in den] anderweitigen vielsagenden Gebiete der Epiderniologie hinsichtlict, des Einflusses van Luft, Koden und Trinkwasser mancherlei will- kommene Fingerzeige bieteti. Aus diesem Grunde sehe ich mich zu bestern Danke an Hrn. E. Griessmayer verpflichtet, da er durch Hinweisung auf die Schanbein’schen Forschungen das Studium der beziiglichen Gegenstande van Neuem angeregt hat. Zurich, 25 Juni 1876. P. 5. Der Verf. dieser Zeilen erklBrt sich gerne bereit, Fachgenossen auf geilusserten Wunsch hin ein chronologisch geordnetes Verzeichniss der in Frage kommenden Abhandlungen S c h 6 n b e in’s, zu leichterer Orientirung zu ubersenden. 281. Robert Hasenclever: Ueber Chlorbereitung nach Deacon’). (Eingegangen am 7. Juli; vorgetr. i. d. Sitzung Tom 14.Febr. vom Verfasser.) Die Mitthejlungen iiber D e a c o n ’ s Verfahren zur Darstellung von Chlorkalk, welche L u n g e im Dingler’schen Journale (zweites Januarheft 1875) publicirte, stimmen mit Privatnachrichten iiber den- selben Gegenstand vollstandig uberein. Daa Weldon’sche Verfahren wird sowohl in England als auf dem Continent immer rnehr eingefiihrt, wahrend meines Wissens mit dem D e aco n ’schen Apparate daoernd zufriedenstellende Resultate bisher nirgendwo zu erzielen waren. Wahrend man in der Regel den Grund fiir den Misserfolg einer neuen Fabrication genau angeben kann, ist dies bei dem Deacon’schen Verfahren fiir die Chlorkalk- fabrication nicht der Fall. Die verschiedenen Retriebsresultate stim- men darin iiberein, dass anfangs in dem Zersetzungsapparatr aus Chlorwasserstoff reichlich Chlor entsteht, dass aber diese Zersetzung l) Im Anschluss an meine fruhere Mittheilung iiber denselben Gegenstand, 1874, 1. Heft.

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Page 1: Ueber Chlorbereitung nach Deacon

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weit mehr noch aus der van S c h 6 n b e i n constatirten Thatsache, dass gewisse Einfliisse , wie Temperaturerhohung (bis looo) oder Contact rnit minimen Mengen wassriger BlausBure die genannten Eigenschaften sammt und sanders ( in letztercm Falle nur fiir die Dauer des Con- tactes) auf hebt oder in auffallendster Weise abschwacht.

Wenn wir nicht irren, so diirfte die eingehendere Beriicksichtigung und der weitere Ausbau der erwahnten Untersuchungeu zu richtiger Deutung mancher wichtiger Naturvorgange, so besonders der Kei- mnng der Pflanzen und der thierischen Respiration einschliesslich der analogen bei hoheren und niederen Pflanzen ebenfalls wirksamen SauerstoiTathrnung nicht wenig beitragen und endlich auch in den] anderweitigen vielsagenden Gebiete der Epiderniologie hinsichtlict, des Einflusses van Luft, Koden und Trinkwasser mancherlei will- kommene Fingerzeige bieteti. Aus diesem Grunde sehe ich mich zu bestern Danke an Hrn. E. G r i e s s m a y e r verpflichtet, da er durch Hinweisung auf die S c h a n b e i n ’ s c h e n Forschungen das Studium der beziiglichen Gegenstande van Neuem angeregt hat.

Z u r i c h , 25 Juni 1876.

P. 5. Der Verf. dieser Zeilen erklBrt sich gerne bereit, Fachgenossen auf geilusserten Wunsch hin ein chronologisch geordnetes Verzeichniss der in Frage kommenden Abhandlungen S c h 6 n b e in’s, zu leichterer Orientirung zu ubersenden.

281. R o b e r t Hasenc lever : Ueber Chlorbereitung nach Deacon’). (Eingegangen am 7. Juli ; vorgetr. i. d. Sitzung Tom 14.Febr. vom Verfasser.)

Die Mitthejlungen iiber D e a c o n ’ s Verfahren zur Darstellung von Chlorkalk, welche L u n g e im Dingler ’schen Journale (zweites Januarheft 1875) publicirte, stimmen mit Privatnachrichten iiber den- selben Gegenstand vollstandig uberein.

Daa Weldon’sche Verfahren wird sowohl in England als auf dem Continent immer rnehr eingefiihrt, wahrend meines Wissens mit dem D e a c o n ’schen Apparate daoernd zufriedenstellende Resultate bisher nirgendwo zu erzielen waren. Wahrend man in der Regel den Grund fiir den Misserfolg einer neuen Fabrication genau angeben kann, ist dies bei dem Deacon’schen Verfahren fiir die Chlorkalk- fabrication nicht der Fall. Die verschiedenen Retriebsresultate stim- men darin iiberein, dass anfangs in dem Zersetzungsapparatr aus Chlorwasserstoff reichlich Chlor entsteht, dass aber diese Zersetzung

l ) Im Anschluss an meine fruhere Mittheilung iiber denselben Gegenstand, 1874, 1. Heft.

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nach einiger Zeit aafhijrt auch ohne dass ein erheblicher Kupferver- lust in den Thonkugeln nachzuweisen ist. In der chemischen Fabrik Rhenania batten wir wochenlang eine Zersetzung von 60 pCt. des in den Gasen enthaltenen Chlorwilsserstoffs, bis dieselbe im Zeitraum von drei Tagen von 60 auf 50, 25, 14, 7 , 3 und 2 pCt. herabsank. D e r Chlorgehalt betrug dementsprechend zuerst circa 10 und dann 2 Vol. pCt.

Es fehlte uns anfangs jede Erklarung fiir diese eigenthiimliche Erscheinung bis man im Laboratorium constatirte, dass die Salzsaure, welche aus dem unzersetzten Chlorwasserstoff gewonnen wurde schwe- felsaurefrei war als die Chlorentwickelung im Zersetzungsapparate eine lebhafte gewesen; dass die Salzsaure jedoch Schwefelsaure ent- hielt, als nur wenig Chlor ini Ausgange des Zersetzers vorhanden war. In einer Salzsauie aus England die aus einer Periode der guten Zersetzung herriihrte , konnte ebenfalls keine Schwefelsaure nachge- wiesen werden.

Ich liess die unwirksamen Thonkugeln untersuchen und ergab die Analyse einen Gehalt von 1.2 pCt. Eupfer und 8.0 pCt. Schwefelsaure (SO,) wahrend dieselben frisch getrankt n u r 1.2 pCt. Kupfer mit dem, dem Vitriol entsprechenden Gehaite von 1.5 pCt. Schwefelsaure ent- halten hatten.

In Folge dessen nahm ich an, dass die Beimengung von Schwefel- saure in dem Cblorwasserstoffe, der Chlorentwickelung in den D e a c o n ' - schen Apparaten schadlich sei.

Es steht fest, dass die Thonkugeln aus den Gasen Schwefelsaure absorbiren, da dieselben nach dem Durchleiten 8.0 pCt. Schwefelsaure und vorher nur 1.5 pCt. enthieltrn und nehme ich a n , dass diese Absorption nach der Richtung, in welcher die Gase durch den Apparat passiren, allmahlig fortschreitet. So lange die ersten Schichten Thon- kugeln noch Schwefelsiiure zurlckhaltcn, geht i n dem iibrigen Theile des Apparates die Zersetzung des reinen Chlorwasserstoffs in Chlor und Wasser uugestiirt vor sich. 1st jedoch mit dem Gang der Gase eine Sattigung der gesammten Thonkugeln mit Schwefelsaure einge- treten, so bleibt mit dem Chlorwasserstoff Schwefelsaure gemengt und die Chlorentwicklung hiirt nahezu auf.

Die Unwirksamkeit der Kugeln kann ihren Grund darin haben, dass auf der Oberflache derselben durcb die Rildung von schwefel- sauren Salzen die Kupfervitriolschicht mechanisch iiberlagert ist, oder darin, dass die Schwefelsaure chemische Reactionen hervorruft, welche die Chlorentwicklung hindert. Als eine solche fiir die Chlorentwick- lung hinderlicbe Reaction ist die Zersetzung der Schwefelsaure in Sauerstoff und schweflige Siiure anzusehen, durch deren Auftreten aus Cblor und Wasserdampf wieder Salzsanre entstehen wurde. I n den D e a c o n 'schen Apparaten findet sich Gelegenheit fur diese Reactionen. In den Erhitxungsrohren entsteht durch Einwirkung der Scbwefelsaure

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auf metallisches Eisen schwefelsaures Eisenoxyd und schwefelige Saure. Diese Reaction konnte jedoch nur eirie bestimmte Menge Chlor in Chlorwasserstoff verwandeln. Nachtheiliger ist die Zersetzung der Schwefelsaure bei Beriihrung mit schwefelsauren Salzen in schwefelige Saure. ( W a g n e r ’ s Jahresberichl, 1867, S. 214.) Mit Schwefelsaure getrankte Thonkugeln zeigen schon bei 450° Celsius die Fahigkeit Schwefelsaure in schwefelige Saure uberzufuhren wie Laboratoriums- versuche beweisen. Tri t t diese Reaction im Zersetzungsapparate auf, so konuen folgende Reactionen vor sicli geheri :

H2 SO, = S O 2 t o t H 2 0

2 C1+ SO, + 2 H 2 0 = 2 HCl+H, SO, 2 HC1+ O = 2 C 1 + H 2 0

H, SO, = S O , f O t H , O U . 9. W.

Die Dauer der Wirksamkeit des Materials im Zersetzungsapparate variirte in verschiedenen Fabriken von 1& bis zu 10 Monaten und scheint mir von dem Gehalte der salzsauren Gase an Schwefelsaure abzuhangen. Es ist zu bemerken, dass der zur Parstellung von Natrium- sulfat dienende Ofen stets zwei Abtheilungen hat , die Pfanne, in welcher das Chlornatrium niit Schwefelsaure zuerst gemengt und etwa + zersetzt wird und der Calcinirofen, in welchem das breiartige Ge- menge iibergefullt und die Urnwandlung in Sulfat vollendet wird. Die Gase aus der Pfanne enthalten etwa 1.5 Schwefelsaure auf 100 Oewichtstheile Chlorwasserstoff, wahrend die Ofengase circa 7.5 S 0 3

enthalten. Die Erfahrung in der Praxis lehrt, dass diejenigen Fabri- kanten am langsten ohne Unterbrechung niit wirksamem Zersetzungs- material arbeiteten , welche nur die Pfannengase aus dem Sulfatofen benutzten, dass dagegen die Chlorentwi(~ke1ung in denjenigen Fabriken rasch aufhGrte, welche gleichzeitig die Pfannen- und Herdgase irr diP Deacon’schen Apparate leiteten. So konnte eine Fabrik in England mit denselben Thonkugeln 10 Monatn lang arbeiten, welch? nur die Pfannengase benutzte und dieselben vor ihrem Eintritt in die Apparate noch einen Steintrog passiren liess, wo ein geringer Tbeil der Salz- saure sich mit vie1 Schwefelsaure condensirte. Andere arbeiteten 5 bis 6 Monate ohne Unterbrechung; sie benutzten ebenfalls niir die Pfannengase, fiihrten dieselben aber direct in die Apparate. Anf der Rhenania hatten wir nur wahrend 14 Monat Zersetzung; die Oase waren sehr reich an Schwefelsaure, denn sie wurden sowohl von der Pfanne als vom Calcinirofen direct in die D e a c o n ’schen Apparate gefiihrt.

Die erwahnten Thatsachen scbeinen daher zu dem Srhlusse zu berecbtigen, dass die mit Kupfersulfat getrankten Thonkugeln fiir die Zersetzung des Chlorwnsserstoffs um so liinger fahig bleiben je weni- ger Schwefelsaure den salzsauren Gasen heigemengt ist.

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Es ist unsere Absicht auf der Rhenania die Schwefelsaure vor dem Eintritt in den Zersetzungsapparat zu absorbiren und gereinigten Chlorwasserstoff zur Chlorbereitung zu benutzen. Ueber den Erfolg werde ich spater berichten.

282. L. Barth und C. Senhofer: (Eingegangen am 7. J u l i ; verlesen in der Sitzung

Berichtigung. von Hrn. Oppenheim.)

Zu unserem Bedauern entdecken wir soeben, dass das von uns in der letzten Nurnmer dieser Berichte beschriebene Dibenzamid schon 1859 ron R a u m e r t und L a n d o l t , wenn auch auf anderem Wege, dargestellt und analysirt worden ist (Annalen Bd. 111, S. 5). Auch P. 8 c h B f e r (Annalen Bd. 169, S. 111) hat iiber wasserbaltiges Dibenz- amid berichtet. Die Angaben desselben stimmen allerdings nicht mit unseren Erfahrungen bezuglich der Darstellbarkeit der wasserfreien Verbindung iiberein und unser Dibenzamid reagirte in wasseriger Losung nicht sauer, sondern neutral. Wir kiinnen zur Entschuldigung, diese Arbeiten , welche iibrigens wie wir glauben unsere Publication nicht ganz iiberfliissig machen, iibersehen zu haben, anfiihren, dass der Riirper in keinem der uns zuganglichen Lehrbiicher der organischen Chemie beschriehen ist.

I n n a b r u c k , den 5. Juni 1876.

283. Karl Zulkowsky: Bemerkungen zur Rosanilin- und Rosolsaure-Frage.

(Eingegaugen am 7. Juli; verlesen in der Sitzung von Hrn. Oppenheim.)

Die i n diesen Herichten im 11. Hefte d. J. erschienene Abhand- lung von E m i l und O t t o F i s c h e r : ,Zur Kenntniss des Rosanilins' veranlasst mich zu folgenden Bemerkungen.

Ich habe vor mehr ale 7 Jahren diese Frage auf Grund aller zu jener Zeit auf dieseni Gebiete gemachten Erfahrungen zum Gegen- stande eingehender Studien gemacht. Der Stand dnmaliger Kenntnisse, insbesondere die von C a r 0 und W a n k l y n gemachte Entdeckung, dass Rosolsaure aus Fuchsin durch salpetrige Saure'.erhalten werden kann, ferner meine eigencn Beobachtungen, die ich bei der Bereitling der Rosolsaure aus Phenol und Fuchsin machen konnte, haben in mir den Gedanken wachgerufcn, dass das Rosaniliu, dann die von G i r a r d , d e L a i r e und C h a p o t e a u d erhaltenen Farbbasen, endlich die beiden Rosolsailren, Abkiimmlinge eines und desselben Kohlenwasserstofea seien.