Über asymmetrische zahnextraktionen in der kieferorthopädischen behandlung

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168 Fortschritte der Kieferorthop~tdie :Bd. 16 H. 2 (1955) stand. Die Extraktion des seitliehen Schneidezahnes nehmen wir nur dann vor, wenn die Versehaehtelung einseitig und umfangreieh ist, so dab die Lfieke ge- sehlossen werden kann. Bei Engstand, bei dem die seitlichen Sehneidezi~hne riehtig stehen und sieh der Engstand aussehlieglich auf die mittleren Sehneide- ziihne besehr~nkt, ziehen wires vor, den lingual stehenden zu extrahieren, da Abb. 14. Engstand im unteren Schneidezahngebiet, Abb. 15. Zustand nach einhalbj~hriger Behandlung, Extraktion des lingual stehenden, linken mittleren die Liickeist fast vollst~ndiggeschlossen, der Eng- Schneidezahnes stand im rechten eckzahnscitlichen Schneidezahn- gebiet nut geringgradig gebessert auch dann mit einer Verkleinerung des Frontzahnbogens durch Lhlgualhewegung der Eckz~,hne zu rechnen und es schwierig ist, den lingual stehenden in die Zahn- reihe zu bewegen (Abb. 14 und 15). Die Indik~tion zur Extr~ktion eines mittleren Schneidez~hnes im Unterkiefer sehe ich als gegeben, wenn beide seitlichen Schneidezithne mit ihrer distalen Kante nicht hinter dem Eekzahn stehen und sich der Engstand somit auf den mittleren Sehneidezahnbereieh beschriinkt. Anschrift d. Verf. : Freiburg i. Br., Universitiitszahn- und Kiefcrklinik Aus der Universiti~ts-Zahnklinik und Kieferstation Graz (Leiter" Prof. Dr. R. Tr a u n e r) I~ber asymmetrische Zahnextraktionen in der kieferorthopiidischen Behandlung Yon ProL Dr. Richard Trauner, Graz Nit 29 Abbildungen I)a ieh im Gespriich mit einigen fiihrenden Kieferorthopi~den gesehen habe, dab viele yon diesen auf dem Standpunkt stehen, beim Engstand der Z/~hne entweder nicht zu extrahieren oder symmetrisch je einen Zahn in jeder Kiefer- hiilfte, ich selbst aber schon seit langem gute Erfahrungen mit der Extraktion yon ein, zwei oder drei Z~thnen habe, mSchte ich mh" erlauben, fiber mein dies- bezfighches Patientenmaterial zu berichten. Es gibt viele Patienten, bei denen wir ohne Zahnextraktion schwer aus- kommen, bei denen aber das Opfern yon vier Ziihnen einerseits einen unnStig grogen Zahnverlust bedeutet, andererseits aueh zu viel Platz in den ZahnbSgen schagt. Eine Ltickenbildung halte ich jedenfalls fiir schiidlich, vor allem im

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168 Fortschritte der Kieferorthop~tdie :Bd. 16 H. 2 (1955)

stand. Die Extraktion des seitliehen Schneidezahnes nehmen wir nur dann vor, wenn die Versehaehtelung einseitig und umfangreieh ist, so dab die Lfieke ge- sehlossen werden kann. Bei Engstand, bei dem die seitlichen Sehneidezi~hne riehtig stehen und sieh der Engstand aussehlieglich auf die mittleren Sehneide- ziihne besehr~nkt, ziehen wi res vor, den lingual stehenden zu extrahieren, da

Abb. 14. E n g s t a n d im un te ren Schne idezahngeb ie t , Abb. 15. Zus t and nach e inha lb j~hr iger Behand lung , E x t r a k t i o n des l ingua l s t ehenden , l inken mi t t l e r en die L i i c k e i s t f a s t v o l l s t ~ n d i g g e s c h l o s s e n , der Eng-

Schne idezahnes s t and im r ech t en eckzahnsc i t l i chen Schneidezahn- gebie t nu t ge r i ngg rad ig gebesse r t

auch dann mit einer Verkleinerung des Frontzahnbogens durch Lhlgualhewegung der Eckz~,hne zu rechnen und es schwierig ist, den lingual stehenden in die Zahn- reihe zu bewegen (Abb. 14 und 15).

Die Indik~tion zur Extr~ktion eines mittleren Schneidez~hnes im Unterkiefer sehe ich als gegeben, wenn beide seitlichen Schneidezithne mit ihrer distalen Kante nicht hinter dem Eekzahn stehen und sich der Engstand somit auf den mittleren Sehneidezahnbereieh beschriinkt.

A n s c h r i f t d. Verf . : F r e i b u r g i. Br. , Un ive r s i t i i t s zahn- und Kie fc rk l in ik

Aus der Universiti~ts-Zahnklinik und Kieferstation Graz (Leiter" Prof. Dr. R. Tr a u n e r)

I~ber asymmetrische Zahnextraktionen in der kieferorthopiidischen Behandlung

Yon ProL Dr. Richard Trauner, Graz Nit 29 Abbildungen

I)a ieh im Gespriich mit einigen fiihrenden Kieferorthopi~den gesehen habe, dab viele yon diesen auf dem Standpunkt stehen, beim Engstand der Z/~hne entweder nicht zu extrahieren oder symmetrisch je einen Zahn in jeder Kiefer- hiilfte, ich selbst aber schon seit langem gute Erfahrungen mit der Extraktion yon ein, zwei oder drei Z~thnen habe, mSchte ich mh" erlauben, fiber mein dies- bezfighches Patientenmaterial zu berichten.

Es gibt viele Patienten, bei denen wir ohne Zahnextraktion schwer aus- kommen, bei denen aber das Opfern yon vier Ziihnen einerseits einen unnStig grogen Zahnverlust bedeutet, andererseits aueh zu viel Platz in den ZahnbSgen schagt. Eine Ltickenbildung halte ich jedenfalls fiir schiidlich, vor allem im

It. Trauner, L'ber asymmetrisehe Zahnextraktionen in der kieferorthop. Behandhmg 169

Sei tenzahnbere ieh , wo das Fehlen yon K o n t a k t p u n k t e n nook iirgere Fo lgen h a t als in der F ron t . Die symmet r i sehe Z a h n e x t r a k t i o n yon vier Pr~imolaren h a t wohl den Vorteil , daft wir symmet r i sehe Verh~iltnisse a m Anfang der k ieferor tho- p~idisehen Behandlung - - also ein I Jbe re ins t immen der Mit tel l inie des Gesiehtes mi t der der beiden Z a h n r e i h e n - - l e i e h t bei- behal ten k6nnen. Die Seheu vor der Mit te l - l inienversehiebung ist wohl der t I a u p t g r u n d der Ableknung a symmet r i s ehe r Ex t r ak t i onen .

Zun~ichst is t e inmal festzustel len, daft eine Versehiebung der Z a h n m i t t e wohl nur im Oberkiefer s t6rend wirkt , w~hrend sie im Unterkiefer , wo die vier Sehneidezi~hne n ieh t versehieden bre i t und wenig s i eh tba r sind, n ieht aufffillt. Nine geringe Mi t te l l in ienver- sehiebung yon 2 - - 3 m m im Oberkiefer haben

Abb. 1 sehr viele Mensehen, und solange die Z~ihne selbst gerade s tehen, ist sie nielat h~iBlieh und fiill t dem Laien gar n ieht auf. Sind die Z~ihne ganz gerade, so ist meiner Ans ieh t naeh aueh eine Versehiebung his zu 4 - - 5 mm, be- sonders bei M/tnnern mi t langer Ober l ippe noeh n ieh t entstel lend. Al lerdings hi ingt das aueh yon dem Empf inden des P a t i e n t e n ab. Daher seheue ieh mieh im Unte rk ie fe r vor einer asymmetr i sehen E x t r a k t i o n eines Pr~- molaren oder eines Sehneidez~hnes i ibe rh~upt nieht , im Oberkiefer vor der E x t r a k t i o n eines Pr / tmolaren dann nieht , wenn ieh d a m i t keine st~irkere Mit te l l in ienversehiebung hervorrufe .

Die E x t r a k t i o n nur eines Zahnes is t im Abb. 2 l Jn terkiefer aueh bei beidsei t iger E x t r a k t i o n im Oberkiefer des 6f teren indiziert , weil de r P la tzmange l im Unte rk ie fe r moist ein gerin- gerer is t als im Oberkiefer . I eh babe in e inem Viertel der Fi~lle im Unte r lde fe r i i be rhaup t keinen, in der H~lfte der F/tlle einen geringeren P la tzmange l gefunden Ms im Oberkiefer.

Nun spielen bei der "Wahl der zu ex t ra - hierenden Zitkne ~ber nook einige undere Mo- mente eine wesentl iehe l=tolle: , Abb. 3

1 . in welehem Ausmag der P la tz fiir einen .tbb. 1 bis 3. Fall yon Engstand im Ober- bes t immten Zahn ver lorengegangen ist. So kiefer mit dachziegelartiger l~ber lagerung cler

beiden oberen E inse r und Ver sch iebung der ~@d im allgemeinen ein Vierer ex t rahier t , 3s nach l inks. 1)er Fal l w u r d e m i t wenn tier Pl~tz fiir einen Dreier u m mehr als Extraktion des ~ behandelt, da bei 4 3 ein

Distalbil3 um :!4 Zahnb re i t e bes t and . Dabe i die H/ilf te (zwei Dri t tel) fehlt , ftir den anderen wurde auch die M:ittellinie richtiggestellt Dreier abe r vorhanden ist (Abb. 4 bis 6). Xhn- liches gi l t ftir den unteren Ft infer , der , wie der Dreier oben, als le tz te r Se i tenzahn durchbr ich t und deswegen, wenn aueh sel tener als der Dreier , ke inen P la t z finder.

Zwei weitere Momente , die weniger b e k a n n t sind, s ind aber meiner Ans ich t hack noch wicht iger :

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170 Fortschritte tier Kieferorthopadie Bd. 16 H. 2 (1955)

2. Beim Engstand ist die obere Mittellinie sehr h/~ufig bereits zu Beginn der Behandlung nach einer Seite verschoben (Abb. 1 bis 3 und 4 bis 6). Die Ursache ist die, dab oft die Schneidez~hne der einen Seite im Streit um den zu geringen Platz gewinnen, oder dab sich die Einser dachziegelartig (Abb. 1 bis 3) iiber- einander legen. Wenn wit uns zu der Extraktion eines Vierers entschlieBen, ist es daher ratsam, denjenigen auf der siegreichen Seite zu ziehen, obwohl dort anscheinend mehr Platz ist, um nicht eine st~rkere Mittellinienverschiebung zu

erzeugen (Abb. 4 bis 6), sie im Gegentei]. manchmal zu verringern. Es ist daher

Abb. 4. :Photo am Ende der Behand lung Abb. 5. Kieferrnodel l in Okklusion yon tier beite arn Anfang der Behand lung

Abb. 6. :Kieferrnodelle am Anfang und am Ende der ]~ehandlung Abb. 4 tJis 6. Pa t i en t in mi~ Engs t and und Hochs t and des I inkeu Eckzahnes, for den mehr als die Hi i l f le des Pla tzes fehlte, f 2 l ingual . Die Mit te l l in ie vor der B e h a n d l u n g um 2 mm, nach der Behand lung urn 4 - -5 mm nach l inks vers~ loben . Die t ibrigen Z~ihne oben und unten s tehen vol lkornmen in der P, eihe. Mesiodistal- b e z i e h u n g r e c h t s u n d b e l l 4 5 6 n o r m a l . H i ~ t t e m a n d i e V e r s t ~ t r k u n g d e r M i t t e l l i n i e n v e r s c h i e b u n g v e r r n e i d e n wollen, h i i t te man eher den rechten als den l inken Vierer ziehen rnfissen. Die Behand lung ha t t e 0ann wohl

]~inger gedaner t

in dieser Hinsicht sogar nicht inamer ratsam (wie bei Punkt 1 erw/~hnt), den Vierer neben dem Dreier zu ziehen, der weniger Platz hat, wenn die Mittellinie bereits anfangs stark auf diese Seite verschoben ist (Abb. 4 bis 6). Eine Mittel- linienverschiebung zu Anfang der Behandlung gestattet uns allein schon des 6fteren eine einseitige Extraktion im Oberkiefer (Abb. 1). Ich habe die Mittel- linie in der H/~lfte der Engstandfi~lle vor der :Behandlung verschoben gefunden, in einem Drittel der Fiille um etwa 2 mm, in einem Fiinftel auch um mehr.

3. Sehr wichtig ist auch die Mesiodistalbeziehung im Bereich der Dreier und Vierer. Es ist beim Engstand sehr h~tufig ein Distalbig zu finden yon einer halben,

R. Trauner, Uber asymmetrische Zahnextraktionen in der kieferorthop. Behandlung 171

manchmal auch einer ganzen Zahnbreite auf einer oder auf beiden Seiten (Abb. 7 und 8). Ich habe bei der Ausz~hlung meiner F~ille in zwei Fiinftel einen Neutral- bil3, in zwei Ffinftel einen Distalbiit yon etwa einer halben Zahnbreite, in einem Fiinftel yon etwa einer ganzen Zahnbreite gefunden. Dabei war die Mesiodistal- beziehung in der H/~lfte der F/~lle auf beiden Seiten ungleich. Der Unterkiefer- kSrper mit dem Kinn liegt dabei nicht zuriick und es ist wohl im allgemeinen anzunehmen, dal3 die oberen Z/ihne dabei zu welt medial, nicht die unteren zu welt distal stehen; die Ursachen sind das mangelnde Kieferwachstum im Ober-

Abb. 7. Von der Seite vo r der Behandlung . Am l inken 5Iodell s ingul i i rer A n t a g o n i s m u s xon l l l bis 6, am rech ten Dis t a lb i6

Abb. 8. 3[o(ielle yon vorn . A m l inken ~fffener BiB und P r o t r u s i o n der F ron tz~hne , am rech ten D r e h u n g e n der oberen Schneidezi~hne. Die un t e re Zahnre ihe bei beiden K i n d e r n ohne E n g s t a n d . Die K i n n l a g e normal .

Bei beiden K inde rn w u r d e n beide obere Vierer gezogen Abb. 7 u n d 8 . 5~gdeI levon 2 Geschwis te rn mi t E n g s t a n d z u J 3 e g i n n der Behandlu l )g

kiefer, die ungentigende Liickenbfldung schon zwischen den Milehschneidez~,hnen und dal~ die oberen Dreior, die spater durchbrechen als die Pr~molaren nicht genug Platz finden. Durch diese Mediallage der oberen Seitenz~hne entsteht ein grSl~erer Platzmangel in der oberen Front, die Dist~nz yon einem zum anderen Eckzahn ist zu klein fiir die vier Schneidez~hne. Dies ist auch durch eine Deh- nung nicht geniigend auszugleichen und ist ein besonderer Grund fiir die Zahn- extraktion im Oberkiefer. In allen F~llen, in denen diese Mediallage der Dreier einseitig ist, kann die einseitige Extraktion indiziert sein.

In der HMfte meiner Engstandf~lle war also die Mittellinie nach einer Seite verschoben oder es lag ein einseitiger Medialstand der oberen Dreier vor. Dieser war in etwa einem Viertel der F~lle beidseitig. Nur in dem letzten Viertel waren Mittellinie und Mesiodistalbeziehung normal. Daraus erg~be sich, dab eine ein- seitige Extraktion in etwa der H~lfte, eine beidseitige in einem Viertel der F~lle yon Engstand indiziert w~re, w~hrend im letzten Viertel jede Extraktion kontra- indiziert ist. Obwohl diese Indikation natiirlich yon verschiedenen anderen

172 Fortschritte der Kieferorthop/idie Bd. 16 H. 2 (1955)

Momenten mit abh~tngig ist und ieh sowohl bei ~Regelbig und zu groBen Z~ihnen wohl extrahiert habe, wie umgekehrt bei Mesiodistalversehiebungen nieht, so ent- sprieht dieses Zahlenverh~ltnis doeh der tatsg, ehliehen Verteilung in meiner Praxis :

Abb. 10. Unte res Modell vor der E x t r a k t i o n yon vorn. P l a t zmange l besonders for den :~ l

Abb. 9. Pho to am Ende der Behand lung nach einsei t iger E x t r a k t i o n yon ~ u n d T [ . Die unteren Z~hne s tehen gerade in der Reihe. Die obere 5 t i t t e l l i n i e i s t um 2 1 ~ m m nach recll ts verschoben. Da die oberen Schneideziihne zu lang s ind und die Schneidekanten e twas schief yon unten ]inks nach oben rechts verIaufen,

i s t ein geringes Abschlei fen derselben angezeigt

Abb. II Ab. 12

Abb. 11 und 12. 2 F t i l l enacb B e e n d i g u n g d e r B e h a n d l u n g m i t E x t r a k t i o n v o n 4[ u n d T ! Der n re ie r s teht dis ta l vom Vierer, ohne dab (lies auff~ll t (Fall von Abb. 20 Ins 22)

h e r o b e r e D r e i e r s t e h t i n s i n g u l ~ r e m A n t a g o n i s m u s z u m unteren. Vor beiden e i n e k l e i n e s c h w a r z e L i i e k e

Ich habe bei 65 Engst~nden, die ich in den letzten 7 Jahren in meiner Privat- ordination behandelt babe, 15real nicht extrahiert, 13mal zwei und 37mal einen oberen Zahn gezogen. Da ieh gmal nach dem Ergebnis besser zwei als einen Zahn entfernt hiitte, komme ich tats~ehlich auf 25% : 25% : 50%.

Die einseitige Extraktion im Oberkiefer wurde in 14 yon 37, die beidseitige in 8 yon 12 Fiillen mit der Extraktion eines Zahnes im Unterkiefer verbunden. Nur in 3 F/~llen wurden unten zwei Z~hne gezogen. Oben babe ich meist den Vierer, seltener den Fiinfer gezogen, unten h/tufiger einen Sehneidezahn (Abb. 9 und 10), seltener einen Priimolaren. Die Extraktion der oberen Zweier wurde 3real wegen ZerstSrung der Krone oder der Alveole des Zatmes vorgenommen. Sie hat a ber in keinem der F~lle ein ~'olI befriedigendes ~sthetisehes Ergebnis ge- braeht, die Extraktion der unteren Sehneidezi~hne dagegen meistens (Abb. 9 und 10). Nur dann, wenn man bei RegelbiB einen oberen Vierer und einen unteren

R. Trauner, Uber asymmetrische Zahnextraktionen in der kieferorthop. Behandlung 173

Schneidezahn zieht und zwischen dem oberen und unteren Dreier eine kleine Liicke sichtbar ist, kann dies auffallen (Abb. l l und 12). ~[ir scheint, dab es in einigen :Fallen doeh besser gewesen ware, einen oder zwei untere Vierer start eines unteren Sctmeidezahnes zu extrahieren. Zweimal wurde nur ein unterer Schneide- zahn wegen starker Drehung und Lingualstand gezogen, kein obcrer Zahn. Beide 5Iale kam es zu einem tiefen Big.

Abb. 13

Abb. 14

Abb. 13. Pho to am Ende der Behandlung . ~[i t te l l inie nicht verschoben

Abb. 14. l~[odell yon v()rn vor der Behand lung

Abb. 15 Abb. 16

Abb. 15. Oberk ie fe r lnode l l in Aufsieht vor der Beha i :dh lpg Abb. 16. G[eiebes Oberkiefermodell wte Abb. 15 nach der E e h a n d l u n g

Abb. 13 his 16. Pa t i en t in , d i e m i t e i n s e i t i g e r Extrakt icm d e s 4 ~ b e h a l l d e l t w u r d e

Die Ergebnisse waren sonst gute (Abb. 13bis 16 und 17 bis 19) bis auf folgende Mi~ngel: 3mal war die Mittellinie etwas zu stark versehoben (urn etwa 5 ram) (Abb. 4 bis 6), einmal fiel das aueh dem Patienten auf, in 10 F/~llen war am Sehlug noeh ein m/~ftiger Platzmangel vorhanden, einmal ein stgrkerer. Dies war bei 6 F~llen der Fall, bei denen nieht extrahiert wurde und in 5 F~tllen mit einseitiger Extraktion. Wenn dieser Platzmangel aueh oft dureh ein ungenfigendes Dehnen der Kiefer und einen friihzeitigen Abbrueh der geguherung dureh den Patienten bedingt war, so bin ieh aus diesen Ergebnissen doeh zu dem SehluB gekommen, dab ieh eher mehr als weniger extrahieren hiitte sollen. Bei den Naehkontrollen der F/~lle hat sieh gezeigt, dab sieh bei den ein- und beidseitigen Extraktionsfiillen im Oberkiefer keine spiitere Versehleehterung der Zahnstellung eingestellt hat.

174 Fortschritte der Kieferorthop/idie ]3d. 16 H. 2 (1955)

Abb. 18. 5iodelle yon vorn am Anfang und am Ende tier Behandlung. Mitte!- linie vor und naeh tier Behand lung um 2 mm naeh reehls versehohen

Abb. 17. Photo am Ende d e r B e h a n d : lung

Abb. 17 bis19. ] ' a t i en t in , ( l i emi t ein- sei t iger E x t r a k t i o n des 4 ' b e h a n d e l t wurde. Engs t and mi t L ingua l s tand yon 2 i 2. Im Unterkiefer keine Extr~k~ion,

n u r geringer E n g s t a n d bei 3 2 I Abb. 19. Obere 5[odelle vnn unten am Anfang und Ende der Behai~dlun~. I I ! i t te man beide oberen \ ' ierer gezogen, h~itte man auch unten ziehen nlflsse~l

Dagegen hat sich im Unterkiefer der Platzmangel der Frontzi~hne in einigen F/illen wieder verstiirkt, wahrscheinlich durch den Nachschub der durchbrechenden Siebener und Achter. Die Distanz von 3 zu 3 wurde geringer, besonders wenn diese Ziihne nach medial gekippt und vorgedreht standen (Abb. 20 bis 22). Es

Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22

Abb. 2 0 b i s 2 2 . Pa t i en t mi t E n g s t a n d d e r Z a h n e o b e n u n d u n t e n . Ex t r ak t ion yon 41 und Y~] ~_rntere Modelle yon der Kauf lache gesehen. L inks am Anfang der Behand lung : 3 [ 3 mesial gedreht , die unteren S c h n e i d e z a h n e s t a r k g e d r a n g t . Rech t s 2 Jahrc nach Beendigung der Behand lung : D ieDre ie rd i s t anz i s t g e r i n g e r g e w o r d e n , die Schne idezahnes t ehen wieder gedrangter . In der 3f i t te knapp naeh Ende der Be- h a n d l u n g : Die Ste l lung der Schneidezahne besser, wenn auch nicht sehr gut . In diesem P a l l e w a r e die Ex-

t r ak t ion aller vier Vierer in Fr~ge gekowmen

w/ire wohl in solchen F/illen die Extraktion von einem oder zwei Vierern besser gewesen als die eines Schneidezahnes.

Nur in einzelnen Fallen wurde bei anderen Anomalien als bei einem Engstand extrahiert, so bei zwei Lutscherdistalbissen mit offenem BiB, den erwiihnten zwei Zahndrehungen und einem sekund/iren Platzmangel bei 2 F/illen yon reti- nierten oberen Einsern. Hier wurden die Vierer gezogen. Hier und da extrahiere

R. Trauner, L'ber asymmetrische Zahnextraktionen in der kieferorthop. Behandlung 175

Abb. 24. 3L)dellansicht von vorn am Anfang und am Ende der Behand lung

Abb. 23. Photo am SchluB der ]~e- handlung. Die obere 3[i t tel l inie um 2 mm nach rechts verschoben. Die Schneideziihne stehen gerade, auch die Abb. 25. Ansicht der oheren Modelle yon unten am Anfang und Ende der

nnteren B e h a n d l u n g (vor n u r c h b r u c h der oheren nre ier )

Abb. 23 bis25. Pa t i en t mi t Ubermiil3iggrol3en Z~ihnen u n d g e l e n k t e r einseit iger E x t r a k t i o n der 4] und l i

ich auch bet einer Progenie oder Pseudoprogenie, bet Gaumenspalten und beim Fehlen der oberen Zweier einen unteren Schneidezakn, bet Vorwanderungen xon Molaren durch frtihzeitige Milchmolarenextraktion einen Prgmolaren. Bet der Rachitis mfissen meist zwei Prgmo]aren oben, oft auch zwei unten gezogen werden. Auch bet einer gelenkten Extraktion, also einer Extrakt ion des Milch- dreiers und Vierers mit etwa 7 Jahren und einer spgteren des bleibenden Vierers kann man, wenn der Platzmangel nieht sehr grol3 ist, nur einseitig extrahieren (kbb. 23 bis 25). Evtl . miissen die oberen Schneidezi~hne dann etwas zur Seite der Extrakt ion bewegt werden. Bet der (iberwiegenden Mehrzahl der behandel~en Fiille handelte es sich aber um Patienten zwischen dem 8. und 12. Lebensjahr, bet denen die Extrakt ion der Ziihne mit einer Regulierung durch aktive Plat ten kombiniert wurde.

Was die Zeitdauer der Behandlung anlangt, so bin ich bet allen F/~llen, ob ich extrahiert habe oder nicht (mit Ausnahme der gelenkten Extraktionen, bet denen die Kinder jahrelang aber mit Pausen in Kontrolle standen) auf eine Durch- schnittszeit yon 11/~ Jahren aktive Behandlung und 1/~ Jahr Retention gekommen. DaB ich ohne Extraktionen nicht liinger gebraucht habe, liegt daran, dab ich eben nur in leichteren Fiillen mit mi~13igem Engstand yon der Extrakt ion Abstand ge- nommen habe. So glaube ich, ist auch ein Zuriickgehen des Ergebnisses seltener und die l~etentionszeit kiirzer.

Mir persSnlich scheint es~sehr wichtig, dab wir im allgemeinen und beim Eng- stand im besonderen keine tiberm~l]ig langen Behandlungszeiten haben. Was mehr als 2 Jahre dauert, aul~er bei besonders schweren Fiillen, ist schon zu lang. Es mug betont werden, dal~ wir viete F/~lle auf verschiedene Weise behandeln kSnnen. Oft kSnnen wir ebenso mit einer einseitigen Extrakt ion wie ohne eine

176 Fortschritte der Kieferorthop/idie Bd. 16 H. 2 (1955)

solche oder mit einer beidseitigen wie mit einer einseitigen zum Ziele gelangen. Selbst zwisehen gar keiner Extraktion und dem Opfern yon vier Z/ihnen kann die Wahl sehwierig sein. Es handelt sieh ja hier nieht um versehiedene Prin- zipien, sondern nur um versehiedene Wege, zu demselben Ziel: einer /~sthetiseh und funktionell befi'iedlgenden Zahnstellung zu gelangen - - und alle Wege fiibren nach lRom. Es seheint mir daher aueh nieht notwendig, dogmatiseh zu sein und

Abb. 26 Abb. 27 Abb. 26. Zwischen d i e Z ~ i h n e s i n d f l a c h g e d r i i c k t e D o r n e e i n g e k l e m m t , d i e i h n e n m e d i a ! a n l i e g e n

Abb. 27. E ine o f f e n e D e h n s c h r a u b e ( 4 U m d r e h u n g e n 1 ram) wird z u g e s c h r a u b t (zweimal in der W o c h e ) u n d bewegt die 3 Z i h n e nach distal . Die Schraube m u g genau in der R i c h t u n g der gewt inschten B e w e g u n g l i e g e n

Abb. 26 und 27. Seitschraubpla, t t e z u m Dis t a lbewegen yon 4 .~ 21 n a c h E x t r a k t i o n 51

Abb. 28 Abb. 29 Abb. 28. Fal l mi t s t a r k e m E n g s t a n d , bei dem die Vierer e x t r a h i e r t w u r d e n

Abb. 29. S e i t s c h r a u b p l a t t e z u m ] ) i s t a lbewegen yon 3 21 und ] 3

ein Vorgehen abzulehnen oder allein gelten zu lassen. Es kann auch dem Belieben des Einzelnen iiberlassen bleiben, ob er etwas mehr oder weniger, h/iufiger ein- seitig oder beidseitig extrahiert, er sollte nur auch dem anderen eine gewisse Freiheit der Wahl in seinem Vorgehen zubilligen. Was die einzelnen klinischen Formen des Engstandes anlangt, so scheint mir aus der genauen Betrachtung meiner F/ille folgendes empfehlenswert:

Bei engstehender Promlsion der Zihne in zu grol3em Bogen (grol]e ZS~hne, kleine apikale Basis), Extraktion yon zwei Primolaren oben, einem Sehneidezahn oder zwei Pri~molaren unten. Bei Engstand mit ottenem Big oder beidseitiger I)istalokklusion im Bereich der ])reier, Extraktion beider oberer Vierer, evtl. eines unteren Sehneidezahnes.

Erich SchSnherr, Gaumennahterweitcrung mit abnehmbaren Behelfen 177

Bei Engstand nut im Oberkiefer und gleichnfiil~igem unteren Zahnbogen habe ieh einen oder zwei obere Pri~molaren gezogen. Das h/ingt yon der Versehiebung der Mittellinie oder der Mesiodistalbeziehung ab. Bei einem Engstand oben und unten mit Zahndrehungen und Sehaehtelung der Z~hne babe ich am h~iufigsten oben und unten je einen Zahn, manchmal aber auch zwei Z~hne geopfert. Bei Eckzahnhochstand oder Linguallage der Zweier wurde ein- oder beidseitig der Vierer gezogen.

Am Schluit mSchte ich mir noch erlauben, auf eine kleine Modifikation der Seitverschiebung der Z~ihne mit einer Sehraube hinzuweisen. Nach einer Ex- traktion ist es h~iufig notwendig, die Zfihne einseitig oder beidseitig auf die Seite zu schieben. Ich habe die Erfatu'ung gemacht, dab die Interdentalfedern an den aktiven Platten leicht verrutschen oder schwer zwischen die Frontz~hne zu legen sind und ihre Aktivierung nicht exakt zu dosieren ist. Deswegen bin ich dazu fibergegangen, die betreffenden Z~hne mit Schrauben nach der Seite zu verschieben. An jeden zu bewegenden Zahn lege ich dabei auf die andere Appro- ximalfl~che einen flachgequetschten Dorn, der zwischen ihm und dem Naehbar liegt und selbst nicht aktiviert wird. Die Schraube nimmt die Z~ihne mit den Dornen mit. Es wird zweimal in der Woche gedreht. Fast alle F/ille, fiber die ich berichtet habe, wurden mit aktiven Platten und solchen Schrauben be- handelt (Abb. 26 bis 29). Ist das Einfiihren der Dorne in den engen Interdental- raum schwer, separiere ich die Z~thne vorher mit Draht. Offene Schrauben sind dabei besser als gesehlossene zu verwenden.

Z u s a m m e n f a s s e n d ergibt sich, dab man hei geringem Platzmangel und bei normaler Mesiodistalbeziehung am besten nicht extrahiert. Dies ist dann auch der schnellste Weg.

Bei mittelm/~Bigem Platzmangel und einer Mittellinienverschiebung oder ein- seitiger Distalokklusion im Gebiet der Dreier ist die einseitige, bei hochgradigem Platzmangel und beidseitiger Distalokklusion die beidseitige Extraktion eines oberen Priimolaren angezeigt.

Im Unterkiefer genfigt es haufiger, nur einen Zahn zu ziehen. Es kann hier auch ein Schneidezahn gezogen werden, da die Versehiebung der Mittellinie nichts ausmacht. :Bei Mesialkippung und Mesialdrehung der Dreier ist jedoch die Extraktion des Priimolaren vorzuziehen. Bei Versehiebung der Mittellinie im Oberkiefer wird der Pr/imolar der anderen Seite, bei Distalokklusion der derselben Seite gezogen. Ob man den Vierer oder Ffinfer zieht, ist gleich, der Zweier ist nur dann zu opfern, wenn er nieht erhaltungswert ist.

Anschrf f t d. Verf.: Zahnkl in ik und Kiefe rs ta t ion des Landesk rankenhauses Graz

Gaumennahterweiterung mit abnehmbaren Behelfen Yon Dr. Erich Sch~nherr, Radeb',ul

Mit 14 Abbildungen

Es ist unbestritten das Verdienst yon D e r i c h s w e i l e r , erneut auf die seit fiber 50 Jahren bekannte Methode der Gaumennahterweiterung hingewiesen zu haben, die bisher nicht Allgemeingut der Kieferorthopiiden geworden war. Vor allen Dingen hat er die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, welche Wirkung die Gaumennahterweiterung auf die Verbreiterung der Na se, die Senkung des Gau- mendaches, die spontane Umstellung der Mundatmung auf Nasenatmung hat