turner syndrom genetischer defekt, frauen vom typ x0. prävalenz: ca. 1:2500 erstbeschreibung: 1938...
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Turner Syndrom• Genetischer Defekt, Frauen vom Typ X0.• Prävalenz: ca. 1:2500• Erstbeschreibung: 1938 durch Henry Turner• Identifikation des Gendefekts 1960.• Phänotyp: Kleinwüchsig (<150cm), unterentwickelte sekundäre Geschlechtsmerkmale, • Unfruchtbarkeit (-> Hormonbehandlung), Schilddrüsenprobleme, Herz und/oder
Niereninsuffizienz.• Kognitiv: Normale verbale Intelligenz, aber häufig Probleme im visuo-spatialen Bereich • sowie beim Rechnen, insgesamt aber im normalen IQ Bereich.
Emotion-Sozialverhalten Turner:
• Emotional/sozial: Im großen und ganzen klinisch unauffällig, allerdings Probleme im
• Knüpfen und erhalten von Freundschaften und bei der Interpretation non-verbaler Kommunikation, eventuell weniger Augenkontakt in der Interaktion.
• Laborexperimentell: Reduktion im Erkennen von emotionalem Gesichtsausdruck, besonders
• Furcht.
• Untersuchung zur Interpretation der Augenpartie bei Turner Syndrom:• Lawrence, K., Campbell, R., Swettenham, J. et al. (2003). Interpreting gaze in Turner
syndrome: Impaired sensitivity to intention and emotion, but preservaration of social cueing.• Neuropsychologia, 41: 894-905.• Hypothese: Turner-Frauen zeigen ähnliche Auffälligkeiten wie Autisten.• Aufgaben: • a) Interpretation des Augenausdrucks (Read the Mind in the Eye, Baron-Cohen Aufgabe). • Zuschreibung von komplexen Eigenschaftsbegriffen zum Augenausdruck.• b) Zuschreibung von Basisemotionen zum Augenausdruck.• c) Verwendung der Blickrichtung als Aufmerksamkeitscue.
Autismus als Folge einer frühen Hyperplasie und mangelhafter
nachgeschalteter Apoptose / Pruning
Symptomspektrum des frühkindlichen Autismus (DSM-IV)
• Beginn der Störung vor dem 3. Lebensjahr
• Beeinträchtigungen der sozialen Interaktion
• Beeinträchtigungen der Kommunikation und Sprache
• eingeschränktes Verhaltensrepertoire und stereotype Handlungen
• 75% der Betroffenen haben komorbide geistige Behinderung, bzw. selektive Einschränkungen der Intelligenz
• 20-35% haben epileptische Anfälle
Ätiologische Theorien (I): Theorie der fehlenden „Theory of Mind“
(Baron-Cohen, 1985)• kann lediglich die zentralen sozialen Defizite erklären
• hypothetischer Defekt einer spezifischen Komponente des „sozialen Gehirns“, die fürs „mentalizing“ zuständig ist
• Folge: Unfähigkeit, sich in die Gefühle und mentalen Zustände anderer Personen hineinzuversetzen dies verhindert eine adäquate Kontaktaufnahme und Interaktion
• zugrundeliegende Hirnstruktur: medialer Präfrontalcortex (PFC)
Ätiologische Theorien (II): Theorie der dysfunktionalen exekutiven
Funktionen (Rogers, 1991)• erklärt insbesondere die Rigidität und den Drang nach
Gleicherhaltung der Umwelt, sowie Perseveration und die repetitiven, stereotypen Verhaltensweisen
• frontale exekutive Funktionen sind dysfunktional
• steht in Zusammenhang mit einer hypothetischen lokalen Dysfunktion des PFC
Stärken und besondere „Begabungen“ von Autisten
• relative Stärken in visuell-räumlichen und perzeptuellen, organisatorischen Fähigkeiten in IQ-Tests trotz massiver Defizite in anderen Bereichen
• Beispiele für Tests, in denen Autisten signifikant bessere Leistungen zeigen als Kontrollprobanden:
– Mosaiktest (Shah, 1993)
– Embedded Figures Test (Jolliffe, 1997)
– Titchener Circles (Happé, 1996)
• 10% der Betroffenen zeigen außerordentliche perzeptuelle „Hochbegabungen“
Mosaiktest
Autists
Controls
Embedded Figures Test Titchener Circles
Autisten / Lernstörungen / Gesunde
Autistische „Hochbegabungen“
• Hochbegabungen treten ausschließlich auf Ebene basaler (low-level) kognitiver und v.a. perzeptueller Prozesse auf
– Kalenderberechnungen (Hermelin, 1986)
– Gedächtnis für Listen
– visuelle Mustererkennung (z.B. Hyperlexie; Whitehouse, 1984)
– basale Diskriminationsaufgaben (z.B. absolutes Gehör; Heaton, 1998)
Hypothese: Mangelhafte Interkonnektivität und exzessive Intrakonnektivität von neuronalen
Funktionsarealen als Grundlage des Autismus (Courchesne & Pierce, 2005)
• die autistischen Symptome und Begabungen resultieren nicht aus der Dysfunktion eines lokal umgrenzten Hirnareals (PFC), sondern aus einem systemischen Defekt
• abnorme Spezialisierung perzeptueller Funktionsareale mit hohem Ausmaß an neuronaler Intrakonnektivität
• verminderte Synchronisation zwischen Hirnarealen, speziell zwischen frontalen und sensorischen Assoziationsarealen aufgrund unzureichender funktionaler Interkonnektivität
• Folge: mangelhafte Informationsintegration und Fokussierung auf basale perzeptuelle Prozesse
Gehirnentwicklung autistischer Kinder im Längsschnitt (Courchesne, 2004)
• normales oder kleineres Gehirnvolumen zum Geburtszeitpunkt
• im Alter von 2-3 Jahren weisen 90% der autistischen Kinder ein signifikant größeres Gehirnvolumen auf
• 37% erfüllen in diesem Alter das Kriterium der Makroencephalie
• v.a. betroffen: frontaler Cortex und höhere Assoziationsareale
• im Alter von 3-16 Jahren stagniert das Gehirnwachstum von Autisten; Kontrollkinder zeigen ein kontinuierliches Wachstum
gesunde Probanden Autisten
weiße Substanz + 60% + 10%
graue Substanz + 12% - 2%
Wachstum des Kopfumfanges bei Kleinkindern mit Autismus (Courchesne, 2003)
Frühe autistische Hyperplasie in verschiedenen Cortices (Carper, 2002)
Volumen des dorsolateralen PFC in Abhängigkeit vom Alter
Autisten
- - - gesunde Kontrollprobanden(Carper, 2004)
Histologische Abnormitäten der
cortikalen Organisation • höhere neuronale Zelldichte
in frontalen Arealen
• abnorme Orientierung der Pyramidenzellen in frontalen Arealen (Bailey, 1998)
• übergroßes Maß an weißer Substanz in frontalen und (höheren) sensorischen Arealen (Herbert)
• die „zusätzliche“ weiße Substanz stellt vornehmlich kurze Verbindungen dar (Casanova, 2004)
Frühkindliche Hyperaktivität von Neurotrophinen und Neuropeptiden bei Autisten
(Nelson, 2001; Tsai, 2005)
• Wachstumsfaktoren (Neurotrophine und Neuropeptide) beeinflussen
– die Genese und das Überleben von Neuronen – die synaptische Elimination – die dendritische Komplexität
• Analyse archivierter neonataler Blutproben zeigt deutlich erhöhte Konzentrationen diverser Wachstumsfaktoren bei Autisten
Autisten (N=69) Kontrollgruppe (N=54)
VIP 62.7 (24.8) 19.4 (6.9)
CGRP 49.6 (19.9) 19.1 (7.0)
BDNF 37.4 (19.9) 13.3 (5.0)
NT4/5 82.7 (35.0) 28.5 (9.1)
Synaptische Dichte in Abhängigkeit vom Alter
visueller Cortex
auditorischer Cortex
X PFC
Chronologie der Synaptogenese in verschiedenen Cortexarealen
(Huttenlocher, 1997)
Der Einfluss von Erfahrungen auf die Ausformung neuronaler Netzwerke
• die meisten frühen synaptischen Verknüpfungen entstehen zufällig aufgrund endogener Zellaktivität
• die Stabilisierung und Erhaltung von zufälligen Synapsen ist abhängig von Aktivierung, die durch sensorische Stimulation in einer mehrjährigen sensiblen Phase der Plastizität induziert wird
• Beispiel: Remodellierung des visuellen Systems durch monokulare Deprivation bei Katzen (Hubel und Wiesel, 1965)
• das übermäßige, beschleunigte Gehirnwachstum und die Störung des Prozesses der Apoptose / Pruning bei Autisten vermindert stark den organisierenden Einfluss („shaping“) von Erfahrungen
• insbesondere die neuronale Interkonnektivität ist beeinträchtigt
Neuronale Interkonnektivität als
Funktion der Gehirngröße (Ringo, 1991)
• die Aufrechterhaltung des Maßes „Prozent Konnektivität“ in großen Gehirnen würde zur Ineffizienz führen (schlechtere Konduktivität)
• außerdem müsste dies mit einem unverhältnismäßigen Anstieg an Verbindungsfasern einhergehen (Volumenproblem)
• Adaptation: nur innerhalb funktionaler Areale wird die volle Konnektivität erhalten; zwischen Arealen wird sie verringert stärkere Spezialisierung
a
c
b
Prozent Konnektivität = 100%
Strukturelle Anomalien der interregionalen
Verbindungsfasern (Barnea-Goraly, 2004) • Diffusion Tensor Imaging
visualisiert die interregionalen Verbindungsfasern
• niedrigere Diffusions-Anisotropie weist auf abnorme Morphologie hin
• niedrigere Anisotropie zwischen Regionen, die für soziale Kognition zuständig sind (z.B. fusiformer Gyrus, Amygdala, PFC,…) bei Autisten
hellgraue Bereiche: abnorme Verbindungsfasern
Fazit
• Autismus ist gekennzeichnet durch frühe Hyperplasie und anschließende Stagnation des Gehirnwachstums
• dies und die mangelhafte Apoptose verhindern den formenden Einfluss von Erfahrungen auf die neuronale Architektur
• Autisten zeigen mangelhafte interregionale und exzessive intraregionale Verbindungen
• Resultat: Beeinträchtigung der Informationsintegration + perzeptuelle „Hochbegabungen“
Experimentelle Überprüfung der mangel-haften Interkonnektivität (Just,
2004) • Synchronität in der Aktivierung zweier Hirnareale ist ein Maß für die
funktionelle Kooperation
• in einer Satzverständnisaufgabe ist das Wernicke Areal für die lexikalische, das Broca Areal für die integrative syntaktische und semantische Verarbeitung zuständig
• 17 „high-functioning“ Autisten vs 17 gesunde Probanden mit identischem verbalen IQ im fMRI
• Wernicke Aktivierung stärker bei Autisten, Broca Aktivierung stärker bei Kontrollpersonen
• geringeres Ausmaß an funktioneller Konnektivität bei Autisten
A Autism group
8 0
B Control group
A Participant with autism, r = 0.31
B Control Participant, r = 0.79
Ausmaß der funktionellen Konnektivität zwischen verschiedenen Hirnregionen (Just, 2004)
Reduzierte funktionale Konnektivität zwischen V1 und dem inferioren frontalen Cortex (Villalobos,
2005)• die dorsale visuelle Verarbeitungsbahn stellt die Brücke dar zwischen
visuellem Input und motorischem Output
• eine defizitäre Konnektivität visueller und motorischer Areale sollte zu Beeinträchtigungen in Aufgaben der visuo-motorischen Koordination führen
• 8 Autisten mit normalem non-verbalen IQ vs 8 Kontrollprobanden
• fcMRI zeigt geringere Konnektivität zwischen V1 und dem inferioren frontalen Cortex bei Autisten
• Autisten zeigen im Vergleich zu Kontrollprobanden signifikant schlechtere Leistung in der visuo-motorischen Aufgabe (Fehlerrate 20.3 vs 5.7%)
Funktionale Konnektivität der dorsalen visuellen Verarbeitungsbahn während einer visuo-motorischen Aufgabe (Villalobos, 2005)
r = 0.78
r = 0.19
Mögliche Rolle der Androgene
• Androgene beeinflussen die Apoptose, die neurale Konnektivität, die Bildung synaptischer Dornen und die Zellproliferation (Vries, 2002)
• Androgene erhöhen die Ausschüttung von BDNF
• Androgen-Rezeptoren finden sich vermehrt in frontalen und temporalen Arealen
• in Neuronen-Kulturen verhindert Testosteron die durch Serum-Deprivation induzierte Apoptose über direkte Wirkung an Androgen-Rezeptoren (Hammond, 2001)
die Wirkungskaskade beinhaltet vermutlich die Erhöhung von BDNF und NGF (Tirassa, 1997)
die Zugabe von Testosteron zu
ZNS Neuronen-Kulturen verhindert
Deprivations-induzierte Apoptose
obere Reihe: rote Punkte sind
ZNS-Neurone
untere Reihe: gelbe Punkte markieren
abgestorbene Zellen
(LeBlanc, 2002)
Plasma-Androgen-Konzentrationen bei Autisten (Tordjman, 1997)
• Hyperandrogenie bei prä- (und post-) pubertären autistischen Jungen und Mädchen
• Vorverlagerung der Pubertät
• somatische Hypermaskulinisierung
Autistisches KindKontrollgruppe
M, 10 Jahre M, 17 Jahre F, 13 Jahre
„Extreme-male-brain“ Theorie (Baron-Cohen, 1996)
• Männer sind bessere „Systemiker“, Frauen bessere „Empathiker“ – Autisten sind extreme Systemiker
• die Grundlage der kognitiven Unterschiede liegt in einem Übermaß lokaler und einem Mangel an Langstrecken-Verbindungsfasern
• Ursache für Geschlechtsunterschiede in der neuronalen Struktur sind pränatale Androgene
Spiegelneuronen, Imitation, Empathie:
Was und wo sind Spiegelneuronen?
Neuronen, die sowohl bei derAusführung, alsauch bei der Beobachtung einerHandlung feuern.
Korrelate im MenschenBuccino, 2004
Iacoboni et al., 2005
Können Spiegel-neuronen Intentionencodieren?(sind sie kontext-sensitiv ...)
Video minus Baseline
Zeitverlauf der Aktivierung im IFG.Stärkste Aktivierung für Trinkintention....
Neural mechanisms of empathy in humans: A relay
from neural systems for imitation to limbic areas
Laurie Carr†, Marco Iacoboni†‡§¶, Marie-Charlotte Dubeau†, John C. Mazziotta†§**††, and Gian Luigi Lenzi‡‡, 2005
Beobachten versus Imitation von emotionalen Gesichtern
Empathie ~ Einfühlung/innere Imitation (Theodor Lipps)
Innere Imitation als Mechanismus für Empathie.
Empathie als Produkt von Handlungsrepräsentation,die den ‚emotionalen Inhalt (?)‘ moduliert.
Neuronales Substrat von Handlungsrepräsentation:superio-temporale Neuronen + fronto-parietales System.
Annahme:
Visuelle Repräsentation (superio-temporal) -> kinästethische
Repräsentation (posterio-parietales Spiegelsystem) ->
Zielrepräsentation (inferio-frontales Spiegelsystem).
Efferenzkopie IFG -> STS -> Imitation.
Verbindung zum limbischen System: Insula.
Test:
fMRI - Das gesamte Spiegelnetzwerk ist aktiver während der Imitation als beim Betrachten.
Spiegelareale: gleichzeitige Beobachtung und Planung.
STS: Efferenzkopien.
Insula: Mehr limbische Verbindungen.
Limbisches System: Mehr Input/mehr Output.
Design:
11 Versuchspersonen (7m, 4w):
Ekman/Friesen Gesichter in 6 Emotionen (Vollansicht, Augen, Mund).
Sechs 24 sec Blöcke mit je 6 Gesichtern für 4 s oder leerer Bildschirm(Baseline), alternierend. Beginnend mit leerer Bildschirm.
Aufgabe:Betrachten oder Einfühlen und Imitieren.
Das Spiegelsystem scheint in irgendeiner Weise auch kontextund intentions-sensitiv zu sein.
Subjektiv – Objektiv
Mimische Reaktionen
aus verschiedenen Beurteilungsperspektiven
M.orbicularis
M. epicranius
neutralesGesicht
emotionalesGesicht
Schreckreflex
M.orbicularis
M. epicranius
Schreckreflex
Reaktionen aus der
subjektiven Perspektive
scheinen Reaktionen beim
Mitfühlen zu entsprechen
1.5 s
6 s
height threshold p = 0.005,Signifikante cluster
Reaktionen auf soziale / nicht-soziale Stimuli
1.5 s
6 s6 s
Verstärken !Hineinversetzen !Amygdala
Putamen
height threshold p = 0.005,Signifikante cluster
Reaktionen auf soziale / nicht-soziale Stimuli
Neuronale Aktivität in
Hirnregionen, die eine Rolle
bei der Verarbeitung
sozialer Stimuli spielen,
wird durch aktive Prozesse
verstärkt
Meilensteine:
• Mimik und Empathie