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Spezielle Kompetenzen Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum am UKS Fachübergreifende Diagnose- und Therapieprogramme für Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen Universitätsklinikum des Saarlandes Seite 1 von 2 Strahlentherapie und Radioonkologie Ansprechpartner Prof. Dr. med. Ch. Rübe, Direktor der Klinik Prof. Dr. med. M. Niewald, ltd. Oberarzt der Klinik (Verfasser des Informationstextes) Ambulanz Telefon 0 68 41 – 16 – 2 46 27 Telefax 0 68 41 – 16 – 2 48 19 Privat-Ambulanz Telefon 0 68 41 – 16 – 2 46 26 Telefax 0 68 41 – 16 – 2 48 72 E-Mail [email protected] [email protected] Strahlentherapie bei Schilddrüsenerkrankungen M. Niewald, Ch. Rübe, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum des Saarlandes Homburg/Saar 1. Strahlentherapie der endokrinen Orbitopathie Indikation Eine Strahlentherapie der endokrinen Orbitopathie ist angezeigt bei mittleren Erkrankungsstadien, insbesondere bei Störungen der Augenbeweglichkeit durch Schwellung der äußeren Augenmuskeln. Eine intensive medikamentöse Therapie mit Corticoiden ist gewöhnlich vorausgegangen. Die Funktion der Schilddrüse sollte normalisiert (euthyreot) sein. In Notfallsituationen mit Gefährdung der Sehfähigkeit durch Kompression des Sehnerven sollten die Patienten der operativen Behandlung durch den HNO-Chirurgen zugeführt werden. Die Indikation wird durch interdisziplinäre Besprechung letztendlich festgelegt. Planung und Durchführung der Strahlentherapie Zur Vermeidung unwillkürlicher Kopfbewegungen wird eine Fixierungsmaske angefertigt. Ein Computertomogramm (CT) dient als Grundlage der Therapieplanung. Das Zielvolumen (Planning target volume, PTV) umfasst den gesamten Orbitatrichter beidseits, d.h. die Region zwischen dem Ursprung der äußeren Augenmuskeln an der Orbitaspitze bis zu deren Ansatz am Augapfel. Die Augenlinse wird durch besondere Gestaltung der seitlichen Gegenfelder oder durch Wahl spezieller Techniken (IMRT-intensitätmodulierte Strahlentherapie, VMAT (volumenmodulierte Strahlentherapie) geschont. Abbildung 1: Fixierungsmaske Die Therapie erfolgt ambulant an einem Linearbeschleuniger mit einer täglichen Einzelfraktion von 2Gy bis zu einer Gesamtdosis von 16 - 20Gy, sie dauert somit 8-10 Arbeitstage oder 1 ½ -2 Wochen. Eine Fraktion nimmt ca. 15 Minuten in Anspruch. Abbildung 2: Seitliches (berechnetes) Röntgenbild einer Bestrahlung bei endokriner Orbitopathie – Erfassung des gesamten Orbitatrichters Therapieergebnisse Das Ansprechen auf die Therapie ist gewöhnlich sehr gut bis gut, eine Besserung in 65-75% (abhängig vom Beschwerdebild) ist zu erwarten. Die Behandlung wird gewöhnlich sehr gut vertragen. Hautveränderungen sind nicht zu erwarten, gelegentlich kommt es zu einer Reizung der Bindehaut. Das gelegentlich diskutierte Risiko einer strahlenbedingten Tumorentstehung ist – insbesondere bei Patienten, die älter als 40 Jahre sind – sehr gering. Zusammenfassung Im interdisziplinären Schilddrüsenzentrum am UKS wird die Strahlentherapie regelhaft nach Versagen der Corticoidtherapie oder bei Kontraindikationen eingesetzt, wenn keine akute Gefährdung der Sehfähigkeit vorliegt und die Schilddrüsenfunktion normal ist.

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  • Spezielle Kompetenzen

    Interdisziplinäres

    Schilddrüsenzentrum am UKS

    Fachübergreifende Diagnose- und Therapieprogramme für Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen Universitätsklinikum des Saarlandes

    Seite 1 von 2

    Strahlentherapie und Radioonkologie Ansprechpartner Prof. Dr. med. Ch. Rübe, Direktor der Klinik Prof. Dr. med. M. Niewald, ltd. Oberarzt der Klinik (Verfasser des Informationstextes)

    Ambulanz Telefon 0 68 41 – 16 – 2 46 27 Telefax 0 68 41 – 16 – 2 48 19 Privat-Ambulanz Telefon 0 68 41 – 16 – 2 46 26 Telefax 0 68 41 – 16 – 2 48 72

    E-Mail [email protected]

    [email protected]

    Strahlentherapie bei Schilddrüsenerkrankungen M. Niewald, Ch. Rübe, Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Universitätsklinikum des Saarlandes Homburg/Saar 1. Strahlentherapie der endokrinen Orbitopathie Indikation Eine Strahlentherapie der endokrinen Orbitopathie ist angezeigt bei mittleren Erkrankungsstadien, insbesondere bei Störungen der Augenbeweglichkeit durch Schwellung der äußeren Augenmuskeln. Eine intensive medikamentöse Therapie mit Corticoiden ist gewöhnlich vorausgegangen. Die Funktion der Schilddrüse sollte normalisiert (euthyreot) sein. In Notfallsituationen mit Gefährdung der Sehfähigkeit durch Kompression des Sehnerven sollten die Patienten der operativen Behandlung durch den HNO-Chirurgen zugeführt werden. Die Indikation wird durch interdisziplinäre Besprechung letztendlich festgelegt. Planung und Durchführung der Strahlentherapie Zur Vermeidung unwillkürlicher Kopfbewegungen wird eine Fixierungsmaske angefertigt. Ein Computertomogramm (CT) dient als Grundlage der Therapieplanung. Das Zielvolumen (Planning target volume, PTV) umfasst den gesamten Orbitatrichter beidseits, d.h. die Region zwischen dem Ursprung der äußeren Augenmuskeln an der Orbitaspitze bis zu deren Ansatz am Augapfel. Die Augenlinse wird durch besondere Gestaltung der seitlichen Gegenfelder oder durch Wahl spezieller Techniken (IMRT-intensitätmodulierte Strahlentherapie, VMAT (volumenmodulierte Strahlentherapie) geschont.

    Abbildung 1: Fixierungsmaske

    Die Therapie erfolgt ambulant an einem Linearbeschleuniger mit einer täglichen Einzelfraktion von 2Gy bis zu einer Gesamtdosis von 16 - 20Gy, sie dauert somit 8-10 Arbeitstage oder 1 ½ -2 Wochen. Eine Fraktion nimmt ca. 15 Minuten in Anspruch.

    Abbildung 2: Seitliches (berechnetes) Röntgenbild einer Bestrahlung bei endokriner Orbitopathie – Erfassung des gesamten Orbitatrichters

    Therapieergebnisse Das Ansprechen auf die Therapie ist gewöhnlich sehr gut bis gut, eine Besserung in 65-75% (abhängig vom Beschwerdebild) ist zu erwarten. Die Behandlung wird gewöhnlich sehr gut vertragen. Hautveränderungen sind nicht zu erwarten, gelegentlich kommt es zu einer Reizung der Bindehaut. Das gelegentlich diskutierte Risiko einer strahlenbedingten Tumorentstehung ist – insbesondere bei Patienten, die älter als 40 Jahre sind – sehr gering. Zusammenfassung Im interdisziplinären Schilddrüsenzentrum am UKS wird die Strahlentherapie regelhaft nach Versagen der Corticoidtherapie oder bei Kontraindikationen eingesetzt, wenn keine akute Gefährdung der Sehfähigkeit vorliegt und die Schilddrüsenfunktion normal ist.

  • Spezielle Kompetenzen

    Interdisziplinäres

    Schilddrüsenzentrum am UKS

    Fachübergreifende Diagnose- und Therapieprogramme für Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen Universitätsklinikum des Saarlandes

    Seite 2 von 2

    2. Strahlentherapie beim Schilddrüsenkarzinom Indikation Eine Strahlentherapie ist bei Schilddrüsenkarzinomen nur selten notwendig. Gewöhnlich sind operative Maßnahmen und die Radiojodbehandlung vorrangig. Zu den Situationen, in denen eine perkutane Strahlentherapie notwendig ist, zählen: - Adjuvant (d.h. nach Operation): Tumoren mit hohem Rezidivrisiko o Weit fortgeschrittene Tumoren o Lymphknotenmetastasen mit Kapseldurchbruch o Inkomplette Entfernung des Tumors

    - Inoperable Tumoren - Rezidive nach Operation, insbesondere, wenn diese nicht Jod speichern - Metastasen, wenn diese nicht Jod speichern - Medulläre Schilddrüsenkarzinome bei hohem Rezidivrisiko - Anaplastische Schilddrüsenkarzinome Die Indikation wird interdisziplinär diskutiert und in der entsprechenden Tumorkonferenz in Anwesenheit sämtlicher beteiligter Fachdisziplinen definitiv festgelegt. Planung und Durchführung der Strahlentherapie Nach Anfertigung einer Fixierungsmaske und Planungs-Computertomografie wird ein individueller Therapieplan erstellt. Moderne Therapietechniken wie eine intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) am Linearbeschleuniger werden regelhaft angewandt. Die Gesamtdosis liegt gewöhnlich zwischen 54 und 70Gy bei täglichen Einzelfraktionen von 2.0Gy, die Therapiedauer beträgt somit 5 ½-7 Wochen. Die tägliche Bestrahlung dauert ca. 20 Minuten. Röntgenaufnahmen und Computertomographien am Bestrahlungsgerät zur Lagekontrolle werden regelmäßig durchgeführt (bildgeführte Strahlentherapie, IGRT). Fernmetastasen werden entsprechend ihrer Lokalisation, Verteilung und Größe behandelt. Bei Hirnmetastasen steht eine stereotaktische Strahlenbehandlung im Vordergrund. Das Therapieziel ist hier eine Vernichtung der Metastasen. Knochenmetastasen werden mit wenigen Einzeldosen in kurzer Zeit behandelt. Das Therapieziel ist hierbei die Linderung von Schmerzen und die Wiederverkalkung des befallenen Skelettabschnitts (Rekalzifikation).

    Abbildung 3: Planung einer Strahlentherapie bei Schilddrüsenkarzinom-Rezidiv Therapieergebnisse Das örtliche Therapieergebnis ist meistens gut. Es ist in einem hohen Prozentsatz von 70-90% eine langdauernde örtliche Tumorfreiheit zu erwarten. Auch Metastasen in Knochen, Lunge und Gehirn sind sehr oft erfolgreich zu behandeln. In Abhängigkeit von der bestrahlten Region, den dort vorhandenen Risikoorganen und der applizierten Dosis ist die Verträglichkeit gut bis mäßig. Am Hals ist von Hautreaktionen und einer Schleimhautreizung z.B. im Sinne von Schluckbeschwerden mäßigen Ausmaßes auszugehen. Zusammenfassung Im interdisziplinären Schilddrüsenzentrum am UKS wird die Strahlentherapie regelhaft bei den angegebenen Indikationen nach interdisziplinärem Konsens eingesetzt, wenn operative Maßnahmen und eine Radiojodtherapie nicht zielführend sind.