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STANDPUNKTE Wirtschaft.Digital.Hamburg – Herausforderungen der Digitalisierung anpacken

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STANDPUNKTE

Wirtschaft.Digital.Hamburg –Herausforderungen der

Digitalisierung anpacken

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Standpunkte WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN

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Vorwort

Die digitale Transformation ist derzeit eine der zentralenHerausforderungen für die Wirtschaft. Hamburg alszweitgrößte Stadt der viertgrößten Volkswirtschaft derWelt und außenwirtschaftsorientierter Standort mit einerbreit diversifizierten Wirtschaftsstruktur ist davon in vielerlei Hinsicht betroffen. Schon heute gibt es kaumnoch Unternehmen, in denen sich dieser tiefgreifende digitale Wandel nicht bemerkbar macht. Er ist in einigenBranchen stärker, da ganze Geschäftsmodelle radikal umgekrempelt werden, in anderen Branchen (noch) weniger intensiv, weil sich durch die Digitalisierung zunächst nur einzelne Geschäftsprozesse ändern oder dieBeziehungen zu Kunden und Lieferanten. Mit dieser Entwicklung sind für die Hamburger Wirtschaft und ihreUnternehmen große Chancen, aber auch Risiken verbun-den. Es ist eine unternehmerische Herausforderung!

Damit die Unternehmen mit den Chancen und Risikenadäquat umgehen können, sind sie auf eine gute Versor-gung mit öffentlichen Gütern angewiesen. Dazu gehöreneine anforderungsgerechte Infrastruktur, ein verlässlicherund angemessener regulatorischer Rahmen und auch eineganze Reihe sogenannter weicher Standortfaktoren.

In dem vorliegenden Standpunktepapier haben wir dieseAnfor derungen an den Standort in drei Bereiche geglie-dert: Rahmenbedingungen, Infrastruktur und Fachkräfte-gewinnung.

Für die Bereitstellung der erforderlichen Rahmenbe -dingungen stehen Politik und Verwaltung in der Ver -antwortung. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag der Handelskammer Hamburg, „durch Vorschläge, Gutachtenund Berichte die Behörden zu unterstützen“, zeigen wir indiesem Standpunkt auf, in welchen Bereichen aus Sichtder Wirtschaft Handlungsbedarf besteht und mit welchenMaßnahmen diesem begegnet werden sollte.

Unsere Forderungen und Vorschläge sind ein Angebotzum Dialog und zur Zusammenarbeit, damit Politik, Ver-waltung und Wirtschaft die Herausforderungen gemein-sam anpacken und bewältigen können.

Wir wünschen eine erkenntnisreiche Lektüre.

Handelskammer Hamburg

André Mücke Armin GramsVizepräses Stellv. Hauptgeschäftsführer

Inhaltsverzeichnis

1 Handelskammer-Forderungen auf einen Blick 4

2 Einschätzungen Hamburger Unternehmen 7

3 Rahmenbedingungen 93.1 Steuerliche Rahmenbedingungen 93.2 Stakeholder-Beteiligung 113.3 Förderpolitik 123.4 Datenschutz-Grundverordnung 14

4 Infrastruktur 154.1 Breitbandinfrastruktur 154.2 5G – Mobilfunk der fünften Generation 174.3 Offene Verwaltungsdaten 174.4 Konferenzen 19

5 Fachkräftegewinnung 21

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WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN Standpunkte

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Rahmenbedingungen

• Staat sollte vorbildlich voranschreiten

• Geltendes Steuerrecht im Interesse fairer Wett -bewerbsbedingungen durchsetzen

• Nationale Alleingänge bei der Besteuerung digitalerGeschäftsmodelle vermeiden – Lösung auf OECD-Ebene suchen

• Finanzverwaltung mit ausreichenden personellen Kapazitäten ausstatten und Möglichkeiten der Digita-lisierung nutzen

• Digitale Lösungen in die Steuergesetzgebung einbe-ziehen

• Beteiligungsplattformen unter Einbeziehung der Wirt-schaft ausbauen

• Austausch zwischen der Stadt und der HamburgerWirtschaft & Wissenschaft fördern und ausbauen

• Förderprogramm „Hamburg DigitalBonus“ schaffen

• Künstliche Intelligenz in den Fokus rücken

• Innovationsförderung harmonisieren

• Innovative Start-ups fördern

• DSGVO: Harmonisierung und Rechtsvereinheitlichungstringenter verfolgen

• Rechtssicherheit und Erleichterungen für kleine undmittlere Unternehmenfür die Umsetzung der DSGVOschaffen

Infrastruktur

• Administrative Hemmnisse beim Glasfaserausbau abbauen

• Mehr Nachfrage für Glasfaseranschlüsse wecken

• Glasfaserausbau staatlich fördern

• 5G-Modellregion für Vorsprung im Standortwettbewerbnutzen

• 5G flächendeckend ausbauen

• Administrative Hemmnisse bei 5G abbauen

• 5G durch Glasfaserausbau fördern

• Mobilfunk auch auf Wasserstraßen gewährleisten

• Potenziale offener Verwaltungsdaten aufzeigen

• Bedarfe von Start-ups und kleinen und mittlerenUnternehmen an offene Verwaltungsdaten abfragen

• Datenbestand der Urban Data Platform kontinuierlicherweitern

• Spannende Locations für neue Events-Formate finden

• Neue Event-Formate in der Startphase finanziell unterstützen

• Städtische Infrastruktur fit machen für digitale Events

Fachkräftegewinnung

• Kräfte bündeln und Reserven des Arbeitsmarkts mobi-lisieren

• Attraktivität der dualen Berufsausbildung und derHochschulbildung steigern

• Hohe Lebensqualität erhalten und als Standortfaktorvermarkten

• Wohnungsbauoffensive fortsetzen und investoren-freundliche Rahmenbedingungen für Wohnungsbauund -instandsetzung setzen

• Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichern

• Attraktivität der allgemeinbildenden Schulen weiterverbessern

1 Handelskammer-Forderungen auf einen Blick

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Standpunkte WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN

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© Handelskammer Hamburg 2019

Alle Bereiche (in Prozent, gerundet)

Quelle: Handelskammer Hamburg, Befragung innerhalb der Handelskammer-Projektgruppe„Herausforderungen der Digitalisierung“, Juni/Juli 2019, n = 23

Fachkräftegewinnung:

Attraktivität der allgemeinbildenden Schulen weiter verbessern

Rahmenbedingungen:

Staat sollte vorbildlich voranschreiten

Infrastruktur:

5G flächendeckend ausbauen

Fachkräftegewinnung:

Attraktivität der dualen Berufsausbildung und der Hochschulbildung steigern

Infrastruktur:

Administrative Hemmnisse beim Glasfaserausbau abbauen

Rahmenbedingungen: Nationale Alleingänge bei der Besteuerung

digitaler Geschäftsmodelle vermeiden – Lösung auf OECD-Ebene suchen

Infrastruktur:

Hamburg soll 5G-Leitregion werden

Rahmenbedingungen:

Innovative Start-ups fördern

Infrastruktur:

Potenziale offener Verwaltungsdaten aufzeigen

Rahmenbedingungen:

Geltendes Steuerrecht im Interesse fairer Wettbewerbsbedingungen durchsetzen

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48

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33

30

Abbildung 1: Digitalisierung – Top-Forderungen aus Sicht der Handelskammer-Projektgruppe „Herausforderungen der Digitalisierung“unter Federführung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und Mittelstand sowie des Ausschusses für Digitale Wirtschaft

© Handelskammer Hamburg 2019

Rahmenbedingungen (in Prozent, gerundet; bis zu vier Nennungen möglich)

Quelle: Handelskammer Hamburg, Befragung innerhalb der Handelskammer-Projektgruppe„Herausforderungen der Digitalisierung“, Juni/Juli 2019, n = 23

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0

Staat sollte vorbildlich voranschreiten!

Nationale Alleingänge bei der Besteuerung digitaler

Geschäftsmodelle vermeiden – Lösung auf OECD-Ebene

suchen!

Innovative Start-ups fördern

Geltendes Steuerrecht im Interesse fairer

Wettbewerbsbedingungen durchsetzen!

Austausch zwischen der Stadt und der Hamburger

Wirtschaft & Wissenschaft fördern und ausbauen

Förderprogramm „Hamburg DigitalBonus“ schaffen

Künstliche Intelligenz in den Fokus rücken

Rechtssicherheit und Erleichterungen für kleine und mittlere

Unternehmen bei der Umsetzung der DSGVO schaffen

Digitale Lösungen in die Steuergesetzgebung einbeziehen

Beteiligungsplattformen unter Einbeziehung

der Wirtschaft ausbauen

Finanzverwaltung mit ausreichenden personellen Kapazitäten

ausstatten und Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen

DSGVO: Harmonisierung und Rechtsvereinheitlichung

stringenter verfolgen

Innovationsförderung harmonisieren

Abbildung 2: Ranking der Forderungen „Rahmenbedingungen“ durch die Handelskammer-Projektgruppe „Herausforderungen derDigitalisierung“

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WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN Standpunkte

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© Handelskammer Hamburg 2019

Infrastruktur (in Prozent, gerundet; bis zu vier Nennungen möglich)

Quelle: Handelskammer Hamburg, Befragung innerhalb der Handelskammer-Projektgruppe„Herausforderungen der Digitalisierung“, Juni/Juli 2019, n = 23

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5G flächendeckend ausbauen

Administrative Hemmnisse beim Glasfaserausbau abbauen

Hamburg soll 5G-Leitregion werden

Potenziale offener Verwaltungsdaten aufzeigen

Glasfaserausbau staatlich fördern

Administrative Hemmnisse bei 5G abbauen

Städtische Infrastruktur fit machen für digitale Events

5G durch Glasfaserausbau fördern

Bedarfe von Start-ups und KMUs an offene Verwaltungsdaten

abfragen

Datenbestand der Urban Data Platform kontinuierlich erweitern

Mobilfunk auch auf Wasserstraßen gewährleisten

Spannende Locations für neue Event-Formate finden

Neue Event-Formate in der Startphase finanziell unterstützen

Abbildung 3: Ranking der Forderungen „Infrastruktur“ durch die Handelskammer-Projektgruppe „Herausforderungen der Digitalisierung“

© Handelskammer Hamburg 2019

Fachkräfte (in Prozent, gerundet; bis zu zwei Nennungen möglich)

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Attraktivität der allgemeinbildenden Schulen weiter verbessern

Attraktivität der dualen Berufsausbildung und der

Hochschulbildung steigern

Wohnungsbauoffensive fortsetzen und investorenfreundliche

Rahmenbed. für Wohnungsbau und -instandsetzung setzen

Hohe Lebensqualität erhalten und als Standortfaktor

vermarkten

Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichern

Kräfte bündeln und Reserven des Arbeitsmarkts mobilisieren

Quelle: Handelskammer Hamburg, Befragung innerhalb der Handelskammer-Projektgruppe„Herausforderungen der Digitalisierung“, Juni/Juli 2019, n = 23

Abbildung 4: Ranking der Forderungen „Fachkräfte“ durch die Handelskammer-Projektgruppe „Herausforderungen der Digitalisierung“

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Standpunkte WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN

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Um die aktuelle Betroffenheit der Hamburger Wirtschaftdurch die Digitalisierung abzubilden, hat unsere Handels-kammer Ende des zweiten Quartals 2019 im Rahmen derregelmäßigen Konjunkturbefragung hiesigen Unter neh menzwei Zusatzfragen gestellt – zum Einfluss der Digitalisie-rung auf betriebliche Prozesse sowie zu möglichen Hemm -nissen, sich auf den Trend der Digita lisierung einzustellen.Die im Folgenden dargestellten Umfrageergebnisse basie-ren auf 692 Antworten von Hamburger Unternehmen ver-schiedener Branchen und Betriebsgrößenklassen.

Mit Bezug auf die Frage „Inwiefern beeinflusst die zu -nehmende Digitalisierung die Produktions-, Geschäfts-und Arbeitsprozesse Ihres Unternehmens?“ benennen diemeisten antwortenden Unternehmen verstärkte Weiter-bildungsmaßnahmen (81,4 Prozent), erhöhten Infor -mations- und Investitionsbedarf (77,3 bzw. 76,7 Prozent)sowie stärkere Innovationstätigkeiten (63,4 Prozent). Wasden eigenen Umsatz/Absatz anbelangt, verzeichnen 33,5Prozent der Unternehmen höhere und 7,5 Prozent ge -ringere Zahlen. 58,9 Prozent der Betriebe können zum

Einfluss der Digitalisierung auf den Umsatz/Absatz keineEinschätzung abgeben. Auch beim Einfluss der Digita -lisierung auf den Beschäftigungsstand des eigenen Unternehmens dominiert die Ungewissheit unter den Befragten (54,9 Prozent). Während 19,8 Prozent der Unternehmen beschäftigungserhöhende Einflüsse ver-spüren, sind es bei 25,3 Prozent beschäftigungsreduzie-rende Effekte durch die Digitalisierung.

26,1 Prozent der antwortenden Unternehmen sehen keine Hemmnisse, sich auf den Trend der Digitalisierungeinzustellen. Hingegen benennen vier von zehn Unter-nehmen (39,7 Prozent) „Anforderungen an die IT-Sicher-heit“ als Hemmschuh. Im Ranking der Hemmnisse (Mehr-fachantworten möglich) folgen die Punkte „hohe Inves-titionskosten“ (37,9 Prozent), „rechtliche Unsicherheiten“wie zum Beispiel Datenschutzfragen, Urheberrecht oderVertragsrecht (37,6 Prozent), „unzureichende Kompeten-zen der Mitarbeiter“ (35,5 Prozent), „fehlende technischeStandards und Schnittstellen“ (31,6 Prozent) sowie „nichtausreichender Breitbandanschluss“ (11,6 Prozent).

© Handelskammer Hamburg 2019

Anzahl der Benennungen (in Prozent)

Quelle: Handelskammer Hamburg, Mitgliederbefragung Juni/Juli 2019; n=692

0 20 40 60 80 100

Weiterbildungsmaßnahmen

Informationsbedarf

Investitionsbedarf

Innovationstätigkeit

Umsatz/Absatz

Beschäftigungsstand

Sonstiges

81,4 2,5 16,1

77,3 3,2 19,5

76,7 2,0 21,3

63,4 1,9 34,7

33,5 7,5 58,9

19,8 25,3 54,9

9,3 3,8 87,0

Erhöhung Reduzierung Keine Einschätzung möglich

Abbildung 5: Inwiefern beeinflusst die zunehmende Digitalisierungdie Produktions-, Geschäfts- und Arbeitsprozesse Ihres Unternehmens?

2 Einschätzungen Hamburger Unternehmen

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WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN Standpunkte

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© Handelskammer Hamburg 2019

Anzahl der Benennungen (in Prozent, Mehrfachantworten möglich)

Quelle: Handelskammer Hamburg, Mitgliederbefragung Juni/Juli 2019; n=692

Anforderungen an IT-Sicherheit

Hohe Investitionskosten

Rechtliche Unsicherheiten

Unzureichende Kompetenzen der Mitarbeiter

Fehlende technische Standards und Schnittstellen

Nicht ausreichender Breitbandanschluss

Sonstiges

Keine Hemmnisse

39,7

37,9

37,6

35,5

31,6

11,6

0 10 20 30 40 50

26,1

4,2

Abbildung 6: Wo sehen Sie Hemmnisse für Ihr Unternehmen, sich auf den Trend der Digitalisierung einzustellen?

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Der Grundansatz der Sozialen Marktwirtschaft, das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialenAusgleichs zu verbinden, ist weiterhin aktuell. Gerade weilsich Lebens- und Arbeitswelten sowie Wirtschaftspro -zesse im Zuge der Digitalisierung spürbar wandeln, erge-ben sich viele neue Herausforderungen für die Balancezwischen Markt und Staat. Die Digitalisierung hat positiveund negative Wohlfahrtseffekte für Wirtschaft und Ge-sellschaft. Vor diesem Hintergrund stellt sich immer wie-der die Frage, inwieweit das Prinzip der Freiheit auf demMarkt greifen kann, welche wohlfahrtsfördernden Rah-menbedingungen der Staat setzen soll und wann derStaat in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen muss. Dieslässt sich an der Funktionsweise von Märkten veran-schaulichen, welche durch die Digitalisierung weit -reichend verändert wird. Offenkundig hat das Internet –mit seinen niederschwelligen Zugriffsmöglichkeiten aufvielfältige Informationen – die Transparenz an Märktenfundamental erhöht. Die Kosten für die Nutzung vonMärkten, die zum Beispiel bei der Kontaktaufnahme oderInformationsbeschaffung anfallen, sind teils dramatischgesunken. Kunden profitieren bei ihren Bemühungen, gutinformierte Kaufentscheidungen zu treffen, von leichtdurchführbaren Preisvergleichen oder vom Abruf vonEinschätzungen Dritter im Internet. Die gestiegeneMarkttransparenz erhöht den Druck auf etablierte Unter-nehmen, innovativ zu sein und den Konsumenten qua -litativ und preislich noch bessere Angebote zu unter -bereiten. Auch Existenzgründern und ausländischen Unternehmen bieten sich ungeahnte Möglichkeiten imVergleich zur analogen Welt, potenzielle Kunden auf sichaufmerksam zu machen.

Gesamtwirtschaftlich gesehen sind mit einer verbesser-ten Funktionsweise von Märkten und der Zunahme desWettbewerbs alles in allem positive Wohlfahrtseffekteverbunden. Allerdings nimmt insbesondere auf einigenMärkten für digitale Güter der Wettbewerb ab. Soge-nannte Netzwerk-, Lock-in-1, Skalen- und First-Copy-Cost-Effekte2 in der digitalen Welt begünstigen, dass wenige Unternehmen einen Markt beherrschen oder garnur eines. Die Eindämmung von Marktmacht gehört

traditionell zu den regulierenden Prinzipien der SozialenMarktwirtschaft. Neu ist hingegen, dass in einer globali-sierten Welt die nationale Wettbewerbspolitik teils zukurz greift und vielmehr europäische oder weltweite Regeln zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungenfür alle Unternehmen anzustreben sind. Gleichwohl gibtes auch auf lokaler Ebene zahlreiche Ansatzpunkte fürdie hiesige Politik und Verwaltung, um günstige stand-ortpolitische Rahmenbedingungen zu schaffen, damit dieHamburger Wirtschaft und Gesellschaft von den Chancender Digitalisierung profitieren können und für die Herausforderungen der Digitalisierung gewappnet sind.

Staat sollte vorbildlich voranschreiten

Das Beispiel Estland veranschaulicht, welche Erfolgedurch eine konsequente Digitalisierung möglich sind. Voraussetzung dafür ist, dass der Staat in seinem Verant-wortungsbereich selbst mit Nachdruck Digitalisierungs-strategien umsetzt und eine praxisorientierte digitale Verwaltung realisiert. Denn die Schaffung adäquater digitaler Rahmenbedingungen ist eine wichtige Voraus-setzung dafür, dass Wirtschaft und Gesellschaft ihrerseitsdie Chancen der Digitalisierung umfassend nutzen kön-nen. Das gilt für die staatlich beeinflusste Infrastrukturebenso wie für das Thema E-Government. Durchgängigdigitale Prozesse sollten angestrebt werden, um Effizienz-reserven in der Verwaltung auszuschöpfen und um zugleich Bürokratielasten für Unternehmen zu senken.Dabei sollten insbesondere mit Blick auf kleinere Unter-nehmen standardisierte und offene Schnittstellen ge-schaffen werden.

3.1 Steuerliche Rahmenbedingungen

Ein wesentlicher Standortfaktor, der die Wettbewerbs -fähigkeit der Unternehmen stark beeinflusst, ist der steuerrechtliche Rahmen. Die Besteuerung digitaler Ge-schäftsaktivitäten ist eine der großen Herausforderungender Steuerpolitik. Die Gemengelage bei der aktuellen Dis-kussion ist durchaus komplex. Das liegt zum einen daran,dass eine sachgerechte Abgrenzung zwischen digitalenund herkömmlichen Geschäftsmodellen nur schwermöglich ist – schließlich sind ja mittlerweile fast alle Un-ternehmen auf irgendeine Weise „digital“ unterwegs, undsei es beispielsweise durch den Vertrieb auf Online-Marktplätzen. Zum anderen ist angesichts der sichschnell entwickelnden Technik – und daraus resultierend

3 Rahmenbedingungen

1 Der Lock-in-Effekt beschreibt die Tatsache, dass ein Wechseldes Kunden zu einem anderen Anbieter durch hohe Wechsel-kosten unwirtschaftlich ist.

2 Der First-Copy-Cost-Effekt gründet darauf, dass die Produk -tionskostenstruktur von Medienprodukten durch einen hohenFixkostenanteil gekennzeichnet ist.

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WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN Standpunkte

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sich verändernden Geschäftsmodellen – nur noch schwerfestzumachen, welche Bemessungsgrundlage sachlichrichtig ist und welcher Staat auf identifizierte Unterneh-mensgewinne steuerlich zugreifen darf. Daneben wollendie betroffenen Staaten in erster Linie jeweils ihr natio-nales Steueraufkommen sichern; angefangen von Staa-ten mit großen Kundenmärkten, wie zum Beispiel Indienund China, über Industrienationen, wie etwa Deutsch-land, Frankreich und Großbritannien, bis hin zu Staatenmit marktdominierenden IT-Unternehmen, wie beispiels-weise die USA.

Geltendes Steuerrecht im Interesse fairerWettbewerbsbedingungen durchsetzen

Grundvoraussetzung für ein wettbewerbsneutrales Steuersystem ist, dass die geltenden Steuergesetze auchgegenüber Geschäftsmodellen wirksam durchgesetztwerden müssen, deren Marktzugang durch die Digitali-sierung erst möglich wird. Denn die Digitalisierung hatneue Marktzugangsmöglichkeiten geschaffen, welchemitunter Nischen nutzbar gemacht haben. Marktteilneh-mern wird dadurch ermöglicht, anonym zu agieren, wasein Befolgungsdefizit, gepaart mit einem Vollzugsdefizit,zur Folge haben kann.

Wettbewerbsbedingungen müssen jedoch unabhängigvon der für den Marktzugang verwendeten Technik füralle gleich sein. Die Nutzung digitaler Instrumente kannder Finanzverwaltung helfen, anonym agierende Markt-teilnehmer aufzudecken und so zu fairen Wettbewerbs-bedingungen beizutragen. Insbesondere sind auch dieAktivitäten in neuen Geschäftsmodellen wie zum Beispielder Sharing Economy grundsätzlich steuerpflichtig – diesgilt sowohl für die Marktteilnehmer auf den Plattformenals auch für die Plattformbetreiber selbst. Eine möglicheMaßnahme, diesem Befolgungsdefizit zu begegnen, isteine verstärkte Aufklärung über die steuerlichen undrechtlichen Pflichten der Marktteilnehmer, insbesonderedurch die Plattformbetreiber.

Nationale Alleingänge bei der Besteuerungdigitaler Geschäftsmodelle vermeiden – Lösungauf OECD-Ebene suchen

Durch eine Digitalsteuer darf die Entwicklung innovativerGeschäftsmodelle nicht behindert werden. Auf inter -nationaler Ebene gibt es derzeit Diskussionen, wie Unter-nehmen, die gerade keine physische Präsenz in einemStaat haben, trotzdem von diesem besteuert werden können. Diskutiert wird eine Überarbeitung der Gewinn-zuweisungsregeln, wie beispielsweise eine Anknüpfung

an die Zahl von Nutzern in einem Staat, sowie die globaleVermeidung der Verschiebung von Unternehmensgewin-nen. Insbesondere wegen der Probleme bezüglich derReichweite bei der Besteuerung digitaler Geschäfts -prozesse gilt daher: Eine Erweiterung der bestehendenBetriebsstätten-Definition auf „digitale Präsenzen“ setzteine Einigung auf OECD-Ebene voraus.

Eine in einzelnen EU-Staaten diskutierte Digitalsteuerdarf innovative Geschäftsmodelle nicht behindern. DieGefahr, dass eine Digitalsteuer letztlich auch Unterneh-men trifft, die nach der Idee einer Digitalsteuer eigentlichkeine Adressaten einer solchen Steuer sein sollten, ist zudem kaum absehbar. Erhebliche Rechtsunsicherheit fürUnternehmen wäre die Folge. Sollte es eine Digitalsteuergeben, sollten nationale Alleingänge wie aktuell in Frank-reich unbedingt vermieden werden. Eine – auch nur über-gangsweise eingeführte – neue europäische Steuer aufinternetbasierte Geschäftsaktivitäten sollte generell un-terbleiben – auch, wenn sie nur sehr große Unternehmenträfe. Eine solche Steuer darf nichts besteuern, was ananderer Stelle bereits von einer bestehenden Steuer er-fasst ist, wie zum Beispiel von der Mehrwertsteuer.

Eine Digitalsteuer ist daher der falsche Weg, um die inder öffentlichen Diskussion wahrgenommene steuerlicheUngleichbehandlung von digitalen und tradierten Ge-schäftsmodellen zu beseitigen.

Finanzverwaltung mit ausreichenden personellenKapazitäten ausstatten und Möglichkeiten derDigitalisierung nutzen

Digitalisierung darf nicht an fehlendem Personal schei-tern. Zudem ist das Besteuerungsverfahren heute weit-gehend von Digitalisierung geprägt. Diese Entwicklungmuss die Politik in Abstimmung mit der Wirtschaft kon-struktiv gestalten und das Besteuerungsverfahren mo-dernisieren. Die Digitalisierung im Besteuerungsverfahrenbietet die Chance auf schnellere Verfahren. Unternehmenund Finanzverwaltung müssen hier gleichermaßen vonden Vorteilen der Digitalisierung profitieren. Die in denFinanzverwaltungen dafür erforderlichen technischenund personellen Ressourcen müssen gewährleistet sein.Derzeit geht die Finanzverwaltung häufig den Weg, Las-ten auf die Unternehmen zu übertragen, denen immermehr auch digitale Pflichten abverlangt werden.

Wo immer möglich, sollten als Option für UnternehmenBesteuerungsverfahren medienbruchfrei digitalisiert werden, um sie schneller und besser zu machen. Digi -talisierung kann dabei nur dann ein Mehrwert für die

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Unternehmen bieten, wenn die Nutzer früh eingebundenwerden und die Verfahren klar auf die Bedürfnisse derUnternehmen ausgerichtet werden. Ein Wahlrecht zwischen Papier- und elektronischer Form sollte denSteuerpflichtigen belassen werden. Bislang in Papierformabgewickelte Prozesse sollten nicht eins zu eins über -tragen werden, sondern digital zuerst neu durchdachtund dann umgesetzt werden.

Die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens darf dabei nicht rechtstaatliche Grund sätze einschränken. DieFinanzverwaltung muss sicherstellen, dass Einzelfall -gerechtigkeit und Diskriminierungsfreiheit durch auto-matisiert getroffene Entscheidungen nicht gefährdetwerden. Als Eingriffsverwaltung muss gewährleistet sein,dass auch bei automatisierten Entscheidungsfindungeneine Überprüfung stattfindet, etwa durch stichproben -artige Plausibilitätskontrollen. Keinesfalls dürfen durchdie Automatisierung der Entscheidungsfindung interneKontrollmechanismen von der Finanzverwaltung faktischauf die Steuerpflichtigen abgewälzt werden.

Anzuerkennen ist das Bestreben nach bundesweit ein-heitlichen IT-Anwendungen, um die länderübergreifendeZusammenarbeit der Finanzverwaltungen zu verbessern.Hier sind insbesondere Bund und Länder weiterhin gefragt, damit der Föderalismus kein Hemmnis für denAufbau einheitlicher IT-Anwendungen ist. EinheitlicheStrukturen bieten ein erhebliches Potenzial, Besteue-rungsverfahren für Unternehmen einfacher und effizien-ter zu gestalten, nicht zuletzt für Unternehmen mit Niederlassungen in verschiedenen Bundesländern, die sovon einer Verschlankung des Besteuerungsverfahrensprofitieren können.

Bereits seit 2002 hat die Finanzverwaltung die Möglich-keit, Betriebsprüfungen EDV-gestützt vorzunehmen. Die-ses Instrument sollte wirksam dafür genutzt werden, dieBetriebsprüfungszeiten deutlich zu verkürzen. SteuerlicheBetriebsprüfungen sollten spätestens fünf Jahre nachdem Veranlagungsjahr abgeschlossen sein. Damit einher-gehend könnten zudem die Aufbewahrungsfristen deut-lich verkürzt werden. Unternehmen würden so schnellerRechtssicherheit bekommen. Zudem müsste die einge-setzte Technik nicht mehr – wie bisher – für bis zu zehnJahre vorgehalten werden.

Digitale Lösungen in die Steuergesetzgebungeinbeziehen

Steuergesetze sollten von vornherein so konzipiert sein,dass Raum für nutzerfreundliche digitale Anwendungs-

formen gegeben wird. Die Reform der Grundsteuer könn-te hier Vorbild sein. Absehbare Belastungen der Un -ternehmen und der Finanzverwaltung im Rahmen desBesteuerungsverfahrens könnten beispielsweise bei derGrundsteuer durch seitens der Finanzverwaltung voraus-gefüllte Steuererklärungen abgemildert werden. Die kon-sequente Ausrichtung auf die Fläche der Grundstückeund Immobilien würde bei Rückgriff auf bereits vorhan-dene Daten eine solche vorausgefüllte Steuererklärungermöglichen. Voraussetzung ist aber, dass der Steuerge-setzgeber den Mut aufbringt, den Objektcharakter derGrundsteuer konsequent anzuwenden, statt vermeint -liche Gerechtigkeitsgesichtspunkte für eine komplizierterechtliche Ausgestaltung der Grundsteuer ins Feld zuführen. Positives Beispiel ist hier die Einführung des Niederschlagswasserentgelts. Nur wenn es gelingt, anunterschiedlichen Stellen vorhandene Daten zu nutzenund digital aufzubereiten, ist es möglich, Effizienzgewin-ne zu realisieren. Die Digitalisierung kann sowohl denSteuerpflichtigen als auch der Finanzverwaltung helfen,sich dem demografischen Wandel anzupassen und des-sen Folgen – zumindest teilweise – zu kompensieren.

Digitalisierung bietet außerdem die Chance, die im Unternehmensteuerrecht hohen Befolgungskosten derUnternehmen durch zeitgemäße Strukturen zu senken.Mehraufwand der Unternehmen durch die verpflichtendeErweiterung oder Veränderung der unternehmensinter-nen EDV sollte zudem bereits im Gesetzgebungsverfahrenbeziffert werden. So ist es möglich, bereits im Laufe einesGesetzgebungsverfahrens ein qualifiziertes Urteil zu bilden, ob das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzender im Gesetzesentwurf vorgesehenen Maßnahmen fürUnternehmen angemessen und vertretbar ist.

3.2 Stakeholder-Beteiligung

Best Practices aus Städten wie Stockholm oder Wien zeigen, dass eine erfolgreiche Digitalisierungsstrategieauch auf der Beteiligung aller am Prozess mitwirkenden Stakeholder fußt. Dabei sollte die Beteiligung der Bürgersowohl auf analogen (z. B. Bürgerdialog, Gesprächsforen,Interviews) als auch digitalen Wegen (Social Media, städ-tische Homepage, Umfragen etc.) stattfinden, damitmöglichst viele Beteiligte einbezogen werden können.Nicht zuletzt die Einbindung der Wirtschaft ist elementarfür den Erfolg der Digitalisierungsstrategie einer Stadt:Wie erfolgreich die Zusammenarbeit zwischen Staat, Un-ternehmen und Wissenschaft sein kann, zeigt das BeispielStockholm: Hier wurden mit der Urban ICT Arena oderder Innovation Arena – digitale Demo-Zentren für einen

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WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN Standpunkte

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effektiven und effizienten Know-how-Austausch zwischen der Stadt, den ansässigen Unternehmen sowieden Universitäten und weiteren Forschungseinrichtungengeschaffen. In diesen Hubs können neuartige Technolo-gien und Dienstleistungen entwickelt und Projekte vorangebracht werden, die durch die Entwicklung nach-haltiger, innovativer und digitaler Lösungen die Lebens-qualität in einer Stadt verbessern.

Beteiligungsplattformen unter Einbeziehungder Wirtschaft ausbauen

Mit der 2015 vom Hamburger Senat vorgelegten Strategie„Digitale Stadt“ wurden weitere Schritte für eine gezielteund kontinuierliche Umsetzung der Digitalisierung in ein-zelnen Bereichen des Wirtschaftens und Lebens in unsererStadt geebnet. Verschiedene Stakeholder, auch aus Wirt-schaft und Wissenschaft, werden in die Um setzung derStrategie miteinbezogen. Damit für den Wirtschaftsstand-ort Hamburg wichtige Entscheidungen nicht verzögertoder gar blockiert werden, setzt sich die HandelskammerHamburg dafür ein, dass auch die Bürgerinnen und Bürgerder Stadt umfassend und frühzeitig in den Prozess mit-einbezogen werden. So können eventuell bestehendeÄngste in der Bevölkerung vor den Auswirkungen einerzunehmenden Digitalisierung abgebaut und im Gegenzugdie Vorteile klar aufgezeigt werden. Von einer für dieChancen der Digitalisierung sensibilisierten Bevölkerungwürden letztendlich vor allem auch die technik- und in-novationsversierten Unternehmen profitieren.

Ein gutes Beispiel für die Einbeziehung relevanter Stake-holder durch die Stadt ist die aktuelle Umsetzung derZielvorgaben zum Onlinezugangsgesetz (OZG). Diesessieht vor, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsleistungenüber Serviceportale digitalisiert angeboten werden müs-sen. Das Programm „DigitalFirst“ der Freien HansestadtHamburg unterstützt dabei die Behörden, Bezirke undLandesbetriebe bei der Digitalisierung der Verwaltungs-dienstleistungen für Bürgerinnen, Bürger und Unterneh-men. Bei der Umsetzung des OZG sind zurzeit das Amtfür Digitalisierung (ITD), das Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie (BMWi), die Stadt Hamburg sowieweitere Bundesländer beteiligt. Ein Mitspracherecht istauch für Unternehmensvertreter, Kammern sowie the-matisch involvierte Behörden und Ämter eingeplant. Wasbis dato allerdings fehlt, sind geeignete Beteiligungsplatt-formen im Sinne von Best-Practice-Beispielen wie etwain Stockholm. Beteiligungsplattformen sollten sowohl di-gital als auch analog zur Verfügung gestellt werden, umalle Stakeholder bei der Entwicklung und Umsetzung derDigitalisierungsstrategien der Stadt in großer Anzahl mit-

einzubeziehen. Aus Sicht der Handelskammer ist dabeiinsbesondere die Einbeziehung der Wirtschaft notwendig.Die genannten Best-Practice-Beispiele zeigen, wie sehrsinnvolle Digitalisierungsstrategien Innovationen sowohlin etablierten Unternehmen als auch in Start-ups fördernund Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Standortenmit sich bringen können.

Austausch zwischen der Stadt und derHamburger Wirtschaft & Wissenschaft fördernund ausbauen

Hamburg hat mit dem Digital Hub Logistics und demHammerbrooklyn.DigitalCampus, der sich zurzeit in derUmsetzungsphase befindet, zwei ambitionierte Projekteim Zentrum der Stadt, um die interdisziplinäre Kollabo-ration zwischen öffentlicher Verwaltung, etablierten Un-ternehmen und Start-ups voranzubringen. Die Stadtmuss sich weiterhin für die Förderung solcher Projekteeinsetzen. Sie muss so vielen Partnern aus Wirtschaft undWissenschaft wie möglich den Austausch und die Ver-netzung untereinander ermöglichen.

3.3 Förderpolitik

Eine weitere wichtige Komponente, um die Herausfor -derungen der Digitalisierung in der Stadt wirkungsvollangehen zu können, ist eine zielgerichtete und praxis -orientierte Förderpolitik. Eine bundes- sowie landesweitwirksame Förderpolitik für digitale Anwendungen erscheint elementar, um Hamburg als attraktiven Wirt-schaftsstandort weiterzuentwickeln. Hierfür braucht eseine klar geregelte, transparente und regelmäßig eva -luierte Förderpolitik, die Wettbewerbsverzerrungen mög-lichst verhindert und die vorausschauend geplant wird.Maßnahmen sollten grundsätzlich vor deren Implemen-tierung hinsichtlich Praktikabilität für die Zielgruppe, Ef-fektivität und Effizienz einem Realitätscheck unterzogenwerden.

Förderprogramm „Hamburg DigitalBonus“schaffen

In Hamburg fehlt es im Vergleich zu anderen Bundeslän-dern an einem Förderprogramm, das kleine und mittel-ständische Unternehmen (KMU) gezielt dabei unterstützt,Geschäftsprozesse zu digitalisieren und die IT-Sicherheitzu verbessern.

Diese Lücke sollte ein „Hamburg DigitalBonus“ schließen,der sich mit einer überschaubaren Fördersumme und

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einem einfachen Antragsverfahren an KMU richtet, dieeinen ersten (oder weiteren) Digitalisierungsschritt um-setzen möchten. Die Stadt Hamburg ist aufgefordert, einsolches Förderprogramm in Anlehnung an den Digital-bonus des Freistaats Bayern aufzulegen. Dabei sollte einsolches Förderprogramm auch in ähnlicher Weise vonden umliegenden Bundesländern aufgelegt werden, umdie Effekte, die naturgemäß nicht an Verwaltungsgrenzenhalt machen, im gesamten Wirtschaftsraum zu stärken.

Die Stadt Hamburg, die Hamburgische Investitions- undFörderbank (IFB Hamburg), die Verbände und die Han-delskammer sind aufgefordert, einen Pool von Fachleutenzu benennen, die ein solches Förderprogramm entwickelnbeziehungsweise weiterentwickeln und gemeinsam überdie Vergabe der Fördermittel entscheiden (Vergabeaus-schuss).

Die Innovationsförderung erfolgt hierzulande in der Regel als Projektförderung, das heißt in Form nicht rück-zahlbarer Zuschüsse. Auf Bundesebene sind das „ZentraleInnovationsprogramm Mittelstand“ (ZIM), verwaltet vomBundesministerium für Wirtschaft und Energie, sowie dasProgramm „KMU Innovativ“ in der Verantwortung desBundesministeriums für Bildung und Forschung, hervor-zuheben. In Hamburg selbst ist die IFB Hamburg bei derFörderung von Innovationen in allen Phasen des Innova-tionszyklus verantwortlich. Gefördert wird dabei grund-sätzlich die Entwicklung neuartiger, innovativer Produkte,Verfahren oder technischer Dienstleistungen, was dieFörderung bereits bestehender Innovationen per se ausschließt. Gefördert werden im Rahmen der oben genannten Programme Projekte aus allen Branchen undTechnologiebereichen, was demnach Digitalisierungs -projekte einschließt. Die Programme werden regelmäßigevaluiert und justiert.3 Wer Zuwendungen empfängt, istin Datenbanken transparent einzusehen.4

Grundsätzlich unterliegt die deutsche Förderpolitik denstrengen Vorgaben des Beihilferahmens der EU. Das europäische Beihilferecht soll Mitgliedstaaten daran hindern, ihren Unternehmen selektiv finanzielle Vorteileanzubieten, die zu einer Wettbewerbsverfälschung imBinnenmarkt führen könnten. Staatliche Beihilfen sollennur dann gewährt werden, wenn sie wesentliche Verbes-

serungen bewirken können, die der Markt allein nichtherbeiführen kann. Im Rahmen dieser Beihilferegeln hatdie Europäische Kommission eine Reihe von Forschungs-,Entwicklungs- und Innovationsmaßnahmen ausgewie-sen, deren Förderung unter bestimmten Voraussetzungenals mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werdenkann. Je näher die Maßnahmen am Markt sind, desto geringer die zulässigen Fördersätze. Konkret bedeutet das,dass die im Rahmen der Förderprogramme auf Bundes-oder Landesebene gewährten Zuschüsse und Fördersätzediesen EU-Vorgaben entsprechen müssen.

Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien denEinstieg in die steuerliche Förderung von Forschung undEntwicklung (FuE) beschlossen. Im Mai 2019 hat die Bun-desregierung einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Das damitzusammenhängende Gesetzgebungsverfahren soll imLaufe des Jahres abgeschlossen sein, sodass die Rege -lungen zum 1. Januar 2020 in Kraft treten sollen. Der Entwurf sieht vor, dass Personalaufwendungen für denFuE-Bereich von mittelständischen Unternehmen steu-erlich begünstigt werden. Dass die Förderhöhe 25 Prozentder FuE-Personalaufwendungen beträgt und die Förde-rung jedoch auf 500 000 Euro pro Jahr gedeckelt werdensoll, unterstreicht den mittelständischen Charakter desGesetzentwurfs. Je Unternehmen und FuE-Vorhaben darfeinschließlich der Projektförderung von Vorhaben der Be-trag von 15 Millionen Euro nicht überschritten werden.5

Künstliche Intelligenz in den Fokus rücken

Die Bundesregierung hat erkannt, dass das Thema Künst-liche Intelligenz (KI) für den Standort Deutschland zu-kunftsweisend ist, und hat eine nationale KI-Strategieaufgelegt, um KI made in Germany zu positionieren. DieseStrategie zielt vor allem auf die Förderung von Forschungund Entwicklung ab. Um verstärkt auch die Anwendungzu fördern, könnte ein Schwerpunkt auf KI in den Pro-jektförderprogrammen für den Mittelstand gelegt wer-den. Bestehenden Landes- und Bundesförderprogramme,zum Beispiel, PROFI oder ZIM, könnten dieses Thema ver-stärkt aufgreifen und so Projekte mit Innovationspoten-zial in diesem Feld unterstützen.

Innovationsförderung harmonisieren

Bei der Innovationsförderung darf nicht in Landesgren-zen gedacht werden, sondern es müssen größere Wirt-schaftsräume betrachtet werden. Die Politik sollte ihreFördermaßnahmen abstimmen, um so ein wichtiges The-

3 Siehe zum Beispiel Evaluationen und Studien zum ZIM:https://www.zim.de/ZIM/Navigation/DE/Infothek/Studien-Statistiken/studien-und-statistiken.html

4 Siehe zum Beispiel Förderkatalog des BMBF:https://foerderportal.bund.de/foekat/jsp/SucheAction.do?actionMode=searchmask 5 Stand: 14. Mai 2019

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ma wie KI im gesamten Hamburger Wirtschaftsraum be-ziehungsweise in der Metropolregion voranzutreiben.

Innovative Start-ups fördern

Im Rahmen des im vergangenen Jahr neu aufgelegtenFörderprogramms „InnoFounder“ der IFB Hamburg wer-den Frühphasen-Zuschüsse für innovative und wissens-basierte Start-ups vergeben. Dabei werden insbesondereneuartige digitale Gründungsvorhaben, zum Beispiel ausdem Bereich medien- und contentorientierter Start-ups,gefördert. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung undsollte weitergeführt und verstetigt werden.

3.4 Datenschutz-Grundverordnung

Datenschutz ist angesichts einer rasant fort-schreitendenDigitalisierung des privaten und öffentlichen Lebens einwesentliches und wichtiges Element des europäischenBinnenmarkts und nach Artikel 16 des Vertrags über dieArbeitsweise der Europäischen Union ein Grundrecht. Re-gelungen dazu können wegen der globalen Datenströmenicht mehr von einzelnen Nationalstaaten beschlossenwerden, sondern es bedarf staatenübergreifender Vor-schriften. Insofern ist die Datenschutz-Grundverordnung(DSGVO) zu begrüßen, sie kann aber nur ein Mosaiksteinauf dem Wege zu internationalen Regelungen sein.

DSGVO: Harmonisierung und Rechtsvereinheit-lichung stringenter verfolgen

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK)nahm in diesem Jahr eine Evaluierung der Verordnungdes Europäischen Parlaments und des Rates zur Daten-schutz-Grundverordnung vor und befragte in diesemZuge circa 4 500 Mitgliedsunternehmen. Auch zahlreicheHamburger Unternehmen waren beteiligt. Die hierauseruierten Probleme der Unternehmen und die Forderun-gen des DIHK an die EU sollen im Laufe dieses Jahres veröffentlicht werden.

Die DSGVO trat am 25. Mai 2018 in Kraft und sorgte beiUnternehmen insbesondere vor diesem Datum, aber auchnoch danach, für erheblichen Personal- und Kosten -aufwand. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen haben bis heute Schwierigkeiten, die DSGVO umzusetzen,weil diese Unternehmen nicht über das notwendigeKnow-how verfügen. Qualifizierte externe Berater stelleneinen nicht unerheblichen Kostenfaktor dar und verfügenzudem zu großen Teilen derzeit nicht über freie Kapa -zitäten.

Zudem sollte auch das eigentliche Ziel der Harmoni -sierung und Rechtsvereinheitlichung sowohl auf Bun des-als auch auf europäischer Ebene stringenter verfolgt werden. Damit wäre dann auch auf deutscher Ebenenicht die nach derzeitigem Stand stringentere deutscheRechtsauffassung maßgeblich, sondern eine einheitlicheeuropäische Auslegung der DSGVO-Grundsätze.

Rechtssicherheit und Erleichterungen für kleineund mittlere Unternehmen für die Umsetzung derDSGVO schaffen

Weiterhin sehen vornehmlich kleine und mittlere Unter-nehmen das Problem der Rechtssicherheit, die mit der In-terpretationsfähigkeit der DSGVO verbunden ist. Einerseits ergeben sich daraus Spielräume für die Unter-nehmen, wie sie konkret die Umsetzung gestalten. An -dererseits zeigt sich, dass die Datenschutzbehörden alsAufsichtsbehörden, Gerichte und Berater zu unterschied-lichen rechtlichen Wertungen und Ergebnissen kommen.Dies trägt zur Verwirrung der Unternehmen und ihrerSorge bei, bei Aufsichtsmaßnahmen Sanktionen ausge-liefert zu sein.

Insbesondere im Bereich der KMU sollte es beispielsweisedurch vereinfachte Vorschriften oder Ausnahmeregelun-gen Erleichterungen geben. Zudem besteht der Wunschbei kleinen und mittleren Unternehmen, das Verhängenvon Bußgeldern je nach Geschäftsmodell zu modifizierenund transparenter zu formulieren.

Im Ergebnis lässt sich jedoch auch festhalten, dass dieDSGVO höhere Transparenz für die Verarbeitung per -sonenbezogener Daten schafft. Insbesondere große Unternehmen haben im Zuge der Umsetzung der DSGVORegelungen optimiert, ihr Datenmanagement überarbei-tet und sich damit auch professioneller aufgestellt. Hier-bei wurden auch Daten minimiert, bereinigt und die Mit -arbeiter für den Datenschutz sensibilisiert. Ebenfalls wurden durch die Verknüpfung des Datenschutzes undder Datensicherheit positive Rückschlüsse gezogen. Umnunmehr auch den KMU gerecht zu werden, sollten Leitfäden, Standardvorgaben, Checklisten und Muster -dokumente durch die Datenschutzbehörden weiterhinbereitgestellt und dieser Bereich ausgebaut werden. Indiesem Kontext unterstützt auch die Handelskammer ih-rerseits Unternehmen mit Informationsdokumenten undLeitfäden zur Umsetzung der DSGVO-Regelungen.

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Um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meis-tern, wird auch eine Infrastruktur benötigt, durch die diePotenziale der Digitalisierung nutzbar gemacht werdenkönnen. Einerseits sind die leitungsgebundene und diedrahtlose Übertragung von Daten mit entsprechenderGeschwindigkeit, Stabilität und Sicherheit unabdingbar.Andererseits sollte diese Infrastruktur auch die Nutzungbereitgestellter öffentlicher Daten für neue Anwendungs-fälle umfassen sowie attraktive Eventflächen für die Digitalszene, damit diese in der Hansestadt internationaleKonferenzen durchführen kann.

4.1 Breitbandinfrastruktur

Hamburg hat laut Breitbandatlas des Bundesministeri-ums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Abruf: 28. Juni2019, Stand 29. Mai 2019) eine Breitbandverfügbarkeitvon 87 Prozent bei Geschwindigkeiten von mindestens1 000 Megabit pro Sekunde (Glasfaser- und gigabitfähige

Kabelanschlüsse). Bei mindestens 50 Megabit pro Sekun-de liegt die Verfügbarkeit bei 97 Prozent. Glasfaserkabelliegen in vielen Straßen Hamburgs, sodass theoretisch71 Prozent der Haushalte direkt per Glasfaser versorgtwerden könnten. Aber nur ein deutlich geringerer Teil derGebäude sind per Glasfaser tatsächlich angeschlossen.Die letzte Meile läuft stattdessen häufig über eine Kup-ferleitung. Dies kann in Extremfällen dazu führen, dassnur 5 Megabit pro Sekunde im Download oder noch we-niger beim Anschluss ankommen. Da Produkte über Kup-ferleitungen in der Regel asymmetrisch angeboten wer-den, liegt die Uploadrate noch einmal deutlich niedrigerals die Downloadrate. Insbesondere für kleinere Unter-nehmen sind die angebotenen Konditionen für einen di-rekten Glasfaseranschluss gegenüber bestehenden DSL-Anschlüssen nicht attraktiv. Derzeit begrenzt verfügbareTiefbaukapazitäten verlangsamen das Ausbautempo undverursachen höhere Anschlusskosten, an denen sich Nut-zer teilweise beteiligen müssen.

4 Infrastruktur

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Diese Faktoren führen dazu, dass Deutschland bei demAnteil von Gebäudeanschlüssen mit Glasfaser an allenBreitbandanschlüssen laut OECD-Breitbandportal (Stand:2017) mit 2,3 Prozent international am unteren Endeliegt, wohingegen Spitzenreiter Südkorea 76,8 Prozentder Breitbandanschlüsse per Glasfaser ins Gebäude an-bietet und der OECD-Durchschnitt bei 23,3 Prozent liegt.

Regional sind in Hamburg laut Breitbandatlas insbeson-dere die Gebiete südlich der Elbe und im südlichen Ostenvon niedrigeren Bandbreiten an den Hausanschlüssen be-troffen.

Aus gesamtstädtischer Sicht stellt sich die Frage, wie inGebieten, in denen kein eigenwirtschaftlicher Ausbau aufabsehbare Zeit stattfinden wird, trotzdem die Breitband-verfügbarkeit verbessert werden kann.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hat sich bislang beidem Weg der Glasfaserförderung für ein Vergabemodellentschieden. Hierbei wird der Ausbau per Ausschreibungan ein Privatunternehmen vergeben. Der Besitzer des ge-förderten Netzes muss dieses anderen Betreibern gegenentsprechendes Entgelt zur Mitnutzung zur Verfügungstellen. Einen anderen Weg stellt das Betreibermodell dar.Hier bleibt das Netz im Besitz der Stadt, die es verschie-denen Unternehmen zur Nutzung vermietet.

Das nun anlaufende Förderprogramm der Stadt hat zumZiel, dass Gebiete, die derzeit eine Bandbreite von wenigerals 30 Megabit pro Sekunde im Download erhalten, bisvoraussichtlich Anfang 2021 auf mindestens 50 Megabitpro Sekunde erhöht werden. Somit wird die Glasfaser et-was näher an die Endkunden gebracht, die letzte Meileaber wird wahrscheinlich weiterhin über Kupfer abge-deckt. Damit werden insbesondere Gebiete im südlichenBezirk Mitte, in Bergedorf sowie Harburg versorgt, denenderzeit deutlich niedrigere Downloadgeschwindigkeitenzur Verfügung stehen. Nach diesem geförderten Ausbauwerden ca. 2 000 über das Stadtgebiet verteilte Anschlüs-se übrigbleiben, die weiterhin Geschwindigkeiten von un-ter 30 Megabit pro Sekunde im Download vorweisen.

Eine Umfrage der Handelskammer Hamburg aus demJahr 2017 zeigt jedoch, dass in den nächsten fünf Jahrender Bedarf an Bandbreiten insbesondere im Upload -bereich steigen wird. Auch immer mehr kleinere Firmennutzen zunehmend Cloudanwendungen. Während sichdas Datenvolumen bislang stark auf Downloads konzen-trierte, wachsen nun die Uploadmengen deutlich an. DSL-Produkte, die sich durch asymmetrische Bandbreiten(hohe Downloadraten, geringere Uploadraten) auszeich-

nen, gelangen hier absehbar an ihre Grenzen. Auch spielen für gewerbliche Anwendungen weitere Eigen-schaften von Glasfasernetzen – wie eine geringe Latenz(Verzögerung des Signals) und eine höhere Zuverlässig-keit gegenüber Störungen – eine wichtige Rolle. Entschei-dend ist ein Ausbau der Glasfasernetze auf der letztenMeile bis zum Endkunden, um das volle Potenzial nutzenzu können.

Administrative Hemmnisse beim Glasfaserausbauabbauen

Hamburg braucht für alle Bezirke einheitliche, verläss -liche Vorgaben und Kriterien für den eigenwirtschaft -lichen Glasfaserausbau – bislang fehlt es an einer abge-stimmten, einheitlichen Genehmigungspraxis unter denBezirken. Zudem sind die Genehmigungsprozesse zu -sätzlich durch eine weitestgehende Digitalisierung zu beschleunigen. Es muss sichergestellt werden, dass dieBezirke ausreichend personelle Kapazitäten bereitstellen,um die erforderlichen Tiefbaugenehmigungen für dieNetzbetreiber kurzfristig erteilen zu können und damitden geplanten Ausbau nicht unnötig zu verzögern. Alter-native Verlegeverfahren wie Trenching oder Spülver -fahren sollten beim eigenwirtschaftlichen Ausbau ermöglicht werden.

Mehr Nachfrage für Glasfaseranschlüsse wecken

Gemeinsam mit Kammern und Verbänden sollte die Stadtdas Ziel verfolgen, Unternehmen für das Thema Glasfa-seranschluss zu sensibilisieren. Mit Informationsveran-staltungen, in denen konkrete Anwendungen aufgezeigtwerden sowie Effizienzgewinne durch Glasfaseranschlüs-se gegenüber langsameren Breitbandanschlüssen, kön-nen Unternehmen die Vorteile nähergebracht werden.

Glasfaserausbau staatlich fördern

Lücken, die absehbar nicht eigenwirtschaftlich ausgebautwerden, sollten staatlich gefördert erschlossen werden.Ziel muss es sein, dass möglichst alle Hamburger Gewer-bestandorte bis 2030 mit einem Gigabit pro Sekunde imDown- und Uploadbereich versorgt werden. Neben einerAngebotsförderung bietet sich eine gezielte Nachfrage-förderung an: Gigabit-Voucher wie in Großbritannienoder Gigabitprämien wie im Saarland können die An-schlusskosten für Endverbraucher reduzieren. Wichtigwäre hier ein einfacher, digitaler Antragsprozess für dieNutzer, der eine Übersicht möglicher Glasfaseranbieterumfasst.

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4.2 5G – Mobilfunk der fünften Generation

5G – die neue fünfte Generation des Mobilfunks soll dieDatenraten gegenüber der heutigen Mobilfunktechnikenorm erhöhen. Aber fast noch wichtiger sind Parameterwie geringe Latenzzeiten und eine hohe Ausfallsicherheit,die eine Vernetzung in Echtzeit mit einer hohen Anzahlvon Geräten drahtlos und nahtlos mit den Festnetztech-nologien sicher verbinden können. Damit ist 5G insbe-sondere ein Thema für die Industrie, aber auch autono-mes Fahren soll ermöglicht werden. Die Politik hat bei derVergabe der ersten 5G-Lizenzen zur Auflage gemacht,dass 98 Prozent der Haushalte (nicht der Unternehmen!)in jedem Bundesland mit einer Übertragungsrate vonmindestens 100 Megabit pro Sekunde bis Ende 2022 versorgt werden sollen, ebenso alle Autobahnen undwichtige Zugstrecken. Bis Ende 2024 sollen Bundes- undLandstraßen, die übrigen Zugstrecken sowie Wasserwegemit mindestens 50 Megabit pro Sekunde folgen. Derzeitist der Mobilfunkempfang auf der sehr bedeutendenWasserstraße Elbe noch völlig unzureichend. In Hamburgist ein Projekt zu einem 5G-Testfeld im Hafen im Juni2019 erfolgreich abgeschlossen worden. Hier wurden indrei Anwendungsfällen unterschiedliche Eigenschaftendes neuen Mobilfunkstandards getestet. Damit bauteHamburg sowohl eine erste Infrastruktur, vor allem aberAnwender-Know-how auf.

5G-Modellregion für Vorsprung imStandortwettbewerb nutzen

Hamburg kann als Ausrichtungsstadt des Weltkongresseszum Thema Intelligente Verkehrssysteme und Services(ITS-Weltkongress 2021) und mit Blick auf die Erfahrun-gen aus dem 5G-Testfeld im Hafen die Förderung als 5G-Modellregion nutzen, Projekte im Bereich autonomesFahren, intelligente Verkehrssteuerung und intraindus-trielle Logistik voranzubringen und durch die frühe Erprobung des neuen Mobilfunkstandards einen Wett -bewerbsvorteil gegenüber anderen Standorten erzielen.

5G flächendeckend ausbauen

Eine Abdeckung von 98 Prozent der Haushalte hilft denGewerbestandorten nicht. Diese müssen möglichst zu100 Prozent mit 5G abgedeckt werden, damit sie die Potenziale für ihre Geschäftsmodelle nutzen können. Hiersollten die Telekommunikationsanbieter weiße Fleckenmöglichst in Kooperationen ausbauen, in Gebieten mitnur einem Netz sollten kooperative Roaming-Lösungengefunden werden, damit Nutzer aller Netze 5G möglichstflächendeckend nutzen können.

Sollten nach dem 5G-Ausbau weiße Flecken in Hamburgohne Netz bestehen bleiben, sollte die Stadt diese Fleckenüber ein Förderprogramm schließen.

Administrative Hemmnisse bei 5G abbauen

Um den Aufbau von 5G zu unterstützen, soll die Stadtkostenfrei öffentliche Infrastruktur für Antennenstand-orte (zum Beispiel Laternenmasten) sowie bei Bedarf Unterstützung bei der Stromversorgung bereitstellen.

Baugenehmigungen für Mobilfunkstandorte sind zügigzu erteilen, baurechtliche Rahmenbedingungen an aktu-elle Anforderungen anzupassen.

5G durch Glasfaserausbau fördern

5G funktioniert nicht ohne eine flächendeckende Glas-faserversorgung, da die Antennenstandorte an Glasfa-serkabel angeschlossen werden müssen. Daher zahlen dieMaßnahmen, die den Glasfaserausbau voranbringen,auch mittelbar auf den Aufbau des 5G-Netzes ein.

Mobilfunk auch auf Wasserstraßen gewährleisten

Die Stadt ist aufgefordert, darüber hinaus auf der Elbeeinen ausreichenden Mobilfunkempfang für einenschnellen Kommunikationsprozess der Reedereien mitden Beteiligten der maritimen Lieferkette zu gewährleis-ten. Auch die Deutsche Bucht gehört aus Sicht unsererHandelskammer Hamburg zum Kernnetz der deutschenWasserstraßen und muss entsprechend der Ausbauauf -lagen mit ausreichendem Mobilfunk abgedeckt werden.Insbesondere soll die Stadt Hamburg auf die NachbarnSchleswig-Holstein und Niedersachsen zugehen, um dieZuständigkeit bei der Abdeckung von Unter- und Außen-elbe zu klären.

4.3 Offene Verwaltungsdaten

Die öffentliche Verwaltung erfasst, erstellt und reprodu-ziert eine Vielzahl an Informationen aus den unterschied-lichsten Bereichen. Dazu gehören statistische Daten,Geodaten, Umweltdaten oder auch Forschungsdaten. Dieoffene Bereitstellung öffentlicher Daten hat einen hohenvolkswirtschaftlichen Wert. Sie schafft für Wirtschaft,Wissenschaft und Zivilgesellschaft ein breiteres undtransparenteres Informationsangebot über die Leistun-gen und Aktivitäten der öffentlichen Hand. Start-ups undUnternehmen können auf Basis offener Verwaltungsda-ten Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Auch die

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Verwaltung selbst profitiert durch einen einfacheren undeffizienteren Informationsaustausch zwischen Verwal-tungseinheiten.

Im Sinne des Open-Data-Ansatzes sind Daten offen,wenn sie ohne rechtliche, technische oder sonstige Barrieren frei zugänglich sind und uneingeschränkt genutzt und weiterverbreitet werden können. Um einehohe Nutzung und Weiterverbreitung zu fördern, solltendie Daten kostenfrei, inhaltlich strukturiert, auf Basisnicht proprietärer Formate und unter offenen Lizenzenbereitgestellt werden.6

Die Freie und Hansestadt Hamburg gehört bei der Bereit-stellung öffentlicher Daten zu den führenden Städten inEuropa. Im Transparenzportal Hamburg7 werden bereitsseit September 2014 zahlreiche Verwaltungsdaten offenzugänglich gemacht. In den vergangenen Jahren ver-zeichnete das Transparenzportal pro Monat durchschnitt-lich 800 000 bis 900 000 Zugriffe.8

Die weitere Umsetzung der Open-Data-Strategie des Senats ist auch Bestandteil des Strategiepapiers „Die Di-gitalisierung der großen Stadt – Chancen für Wirt-schaftskraft, Kommunikation und öffentliche Dienstleis-tungen“ vom Februar 2015. Darin wird das explizite Zielerwähnt, Infrastrukturen aufzubauen, die auf Basis offenbereitgestellter öffentlicher Daten eine Wertschöpfungdurch Dritte ermöglichen.9

Mit der Einrichtung des Urban Data Hub im August 2017wurde die dazu notwendige organisatorische Grundlagegeschaffen. Der Urban Data Hub wird durch den Landes-betrieb Geoinformation und Vermessung (LGV) in Koope-ration mit dem CityScienceLab der HafenCity Universitätbetrieben. Er hat primär die Aufgabe, eine zentrale urbaneDatenplattform aufzubauen, in der alle städtischen Datenzusammenfließen und über die eine einfache und struk-turierte Bereitstellung dieser Daten erfolgen kann. Die fürdiesen Zweck entwickelte Urban Data Platform10 fungiertals zentrale Datendrehscheibe, über die Daten aus denunterschiedlichsten städtischen Bereichen zusammenge-

führt und über Standardschnittstellen interoperabel bereitgestellt werden.11 Darüber hinaus bietet die Platt-form durch den LGV entwickelte Anwendungen, die aufBasis städtischer Daten Mehrwerte für Unternehmen undBürger liefern.12 Dazu gehören zum Beispiel eine inter -aktive Bodenrichtwertkarte13 oder eine Karte mit freienund belegten Ladestationen für Elektrofahrzeuge.14

Derzeit werden mehr als 350 Datensätze über die UrbanData Platform zur Verfügung gestellt.15 Das Download-volumen lag 2017 und 2018 jeweils bei über 25 Terabytepro Jahr.16 Bei der Mehrheit der Daten handelt es sich umGeodaten. Die Bereitstellung der Daten erfolgt auf Basisallgemeiner Standards, um deren Verbreitung und Nut-zung zu fördern.17

Die Stadt Hamburg hat das Potenzial offener Daten erkannt und die richtigen Maßnahmen ergriffen. Die Einrichtung des Urban Data Hub als zentrale Kompetenz-stelle für urbanes Datenmanagement und der zugehöri-gen Datenplattform sind ausdrücklich zu begrüßen. Auchdie Pläne zum weiteren Ausbau der Plattform sind richtig.Dazu gehören die Integration weiterer Daten aus der mit-telbaren Staatsverwaltung, zum Beispiel städtischer Verkehrsbetriebe oder öffentlich finanzierter Forschung,sowie die Ausweitung der in Echtzeit zur Verfügung ge-stellten Daten. Rund die Hälfte der Nutzer der Urban DataPlatform kommt aus städtischen Einrichtungen. Dieszahlt darauf ein, durch einen intensiveren und effizien-teren Datenaustausch innerhalb der städtischen Einrich-tungen Mehrwerte für die Stadt zu generieren.

Ausbaufähig ist dagegen die Nutzung der Urban DataPlatform durch Unternehmen, Zivilgesellschaft und Bürger. Eine Steigerung der Nutzungsraten außerhalb deröffentlichen Hand ist notwendig, damit das erklärte Zieleiner Wertschöpfung durch Dritte auf Basis offen

6 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Digitale-Welt/open-data.html

7 http://transparenz.hamburg.de8 Zugriffe über API und Seitenansichten;

Quelle: http://transparenz.hamburg.de/statistiken9 Vgl. „Die Digitalisierung der großen Stadt – Chancen für Wirt-

schaftskraft, Kommunikation und öffentliche Dienstleistun-gen“, S. 3; abrufbar unter:https://www.hamburg.de/digitale-stadt

10 http://www.urbandataplatform.hamburg

11 Vgl. „Hamburg Urban Data Platform (HH_UDP)“,Version 1.0 vom 14. August 2018

12 http://www.urbandataplatform.hamburg/anwendungen13 http://www.geoportal-hamburg.de/boris14 https://www.stromnetz-hamburg.de/ueber-

uns/innovationen/e-mobility15 geoportal-hamburg.de/urbandataplatform/datasets.xlsx;

Hinweis: Die Anzahl der Datensätze kann je nach Zählweisevariieren. Wird jeder Bebauungsplan als Datensatz gezählt,liegen über 3 000 Datensätze vor.

16 25 Terabyte entsprechen 25 000 Gigabyte oder 25 MillionenMegabyte.

17 Vgl. „Formale Leitprinzipien der Urban Data Platform“; abrufbarunter:www.urbandataplatform.hamburg/contentblob/12291948/dfaae0e55811158b0a0ad4b02b74a3f2/data/d-leitlinien.pdf

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zugänglicher Verwaltungsdaten erreicht werden kann.Hierzu müssen Maßnahmen ergriffen werden, um denBekanntheitsgrad der Plattform zu steigern und die Potenziale öffentlicher Daten aufzuzeigen. Perspektivischkönnte die Urban Data Platform auch für offene Datenvon Unternehmen, Zivilgesellschaft und Bürgern geöffnetwerden, um zusätzliche Wertschöpfungspotenziale zu er-schließen. Ein erstes Beispiel ist das vom ClubkombinatHamburg e. V. und dem Landesbetrieb Geoinformationund Vermessung entwickelte Club-Kataster zur Berück-sichtigung von Musikspielstätten in der Bauleitplanung.18

Um das Thema offene Verwaltungsdaten weiter erfolg-reich voranbringen zu können, sind aus Sicht der Han-delskammer Hamburg folgende Maßnahmen notwendig:

Potenziale offener Verwaltungsdaten aufzeigen

Wir fordern die Stadt auf, die Aktivitäten des Urban DataHub und die Urban Data Platform stärker in den Fokusvon Unternehmen zu rücken und die Potenziale aus derNutzung öffentlicher Daten aufzuzeigen. Zu diesemZweck schlagen wir folgende Maßnahmen vor:

Der Urban Data Hub soll geeignete Veranstaltungs -formate entwickeln, um die Aktivitäten des Hubs und aufoffenen Verwaltungsdaten basierende digitale An -wendungen vorzustellen. Die Veranstaltungen können inKooperation mit Kammern, Verbänden und weiteren Akteuren stattfinden. Die Bandbreite reicht vom World-Café bis zum Urban Data Hackathon. Dabei bietet es sichan, die Veranstaltungen des Hubs thematisch mit rele-vanten Kongressen oder Konferenzen zu verbinden. Sokönnte im Rahmen des ITS-Weltkongresses 202119 ein Urban Data Hackathon for Intelligent Transportationstattfinden.

Der Urban Data Hub soll auf der Urban Data Platform undweiteren geeigneten städtischen Internetportalen (zumBeispiel dem Stadtportal für Hamburg20) digitale Anwen-dungen präsentieren, die von Dritten mittels offener Ver-waltungsdaten entwickelt wurden. Das Open Data Portalder Stadt Wien kann als Beispiel herangezogen werden.21

Bedarfe von Start-ups und kleinen und mittlerenUnternehmen an offene Verwaltungsdaten abfragen

Wir fordern die Stadt auf, in Zusammenarbeit mit Kam-mern, Verbänden und weiteren Akteuren die Bedarfe undErwartungen von Start-ups sowie kleinen und mittlerenUnternehmen an die Urban Data Platform abzufragen.Daraus sollen Maßnahmen zur Weiterentwicklung derPlattform abgeleitet werden, die auf einen höheren Nutzungsgrad und eine größere Verbreitung der bereit-gestellten Daten einzahlen.

Datenbestand der Urban Data Platformkontinuierlich erweitern

Wir fordern die Stadt auf, den Datenbestand der UrbanData Platform kontinuierlich zu erweitern. Dabei sollenim ersten Schritt weitere Daten der mittelbaren Staats-verwaltung offen zur Verfügung gestellt werden.

Des Weiteren soll geprüft werden, inwieweit sich die Ur-ban Data Platform auch für Daten von Wirtschaft, Wis-senschaft, Zivilgesellschaft und Bürgern öffnen lässt, umzusätzliche Wertschöpfungspotenziale zu erschließen.Dies setzt selbstverständlich die Bereitschaft zur Freigabeder Daten voraus.

4.4 Konferenzen

In Hamburg finden zahlreiche Events mit digitalen Inhal-ten statt: Von der Solutions Hamburg über die Social Media Week Hamburg, die Codetalks, die Fintech-Weekund die Blockchance Conference bis hin zu den OnlineMarketing Rockstars mit bis zu 50 000 Besuchern undviele mehr. Diese Events sind ein direkter Wirtschafts -faktor für die Stadt. Insbesondere die Hotellerie, Gastro-nomie und das Taxengewerbe profitieren davon. Aber ge-rade bei Großevents der Digitalszene mit internationalerAusrichtung könnte in Hamburg noch mehr passieren.

Durch die Sicherung der bestehenden sowie die Ergän-zung mit weiteren attraktiven Events der digitalen Szenewird Hamburg besser auf der digitalen Landkarte verortet,womit die vorhandenen Stärken der Hansestadt heraus-gestellt werden können. Teilnehmer dieser Events sindpotenzielle Fachkräfte und Unternehmer, die die Attrak-tivität des Standorts Hamburg kennenlernen und fürdiesen gewonnen werden können.

Die Akquise bestehender Konferenzformate ist finanziellsehr aufwendig und die Akzeptanz eines neuen Standorts

18 https://clubkombinat.de/projekte/club-kataster19 https://its2021.hamburg/index.php?id=itshamburg20 https://www.hamburg.de/politisches21 https://digitales.wien.gv.at/site/open-data

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durch die Teilnehmer ist nicht zwangsläufig gegeben. Erfolgversprechender sind daher der Aufbau und die Weiterentwicklung eigener Formate, mit denen sich Per-sonen aus der Hamburger Wirtschaft identifizieren unddie diese voranbringen möchten. Diese benötigen jedoch– gerade in der Aufbauphase – Unterstützung der Stadt.

Spannende Locations für neue Event-Formatefinden

Gemeinsam mit der Hamburg Messe, dem Hamburg Convention Bureau in der Hamburg Tourismus GmbHund in enger Kooperation mit der Hamburger Wirtschaftsollte die Stadt Hamburg daher basierend auf dem bestehendem Angebot Potenziale für große und kleineKonferenzen im digitalen Sektor sowie dafür geeigneteattraktive Event-Locations wie zum Beispiel alte Indus-trieanlagen identifizieren.

Neue Event-Formate in der Startphase finanziellunterstützen

Gerade in der Startphase bedürfen diese Konferenzen einer Unterstützung durch die Stadt. Die Möglichkeit einer finanziellen Anschubfinanzierung – etwa über dieBeantragung von Mitteln aus der Kultur- und Tourismus-taxe – sollte im Kreise der in- und ausländischen Veran-stalter noch stärker bekannt gemacht werden.

Städtische Infrastruktur fit machen für digitaleEvents

Des Weiteren sollte insbesondere die Infrastruktur, die instädtischer Hand liegt, so weiterentwickelt werden, dasssie Ansprüchen der digitalen Szene an Großevents entspricht (z. B. flächendeckendes WLAN in der Event-Location und dem angrenzenden öffentlichen Raum). Dabei muss die Freie und Hansestadt Hamburg nicht beinull anfangen. Es ist aus Sicht der Wirtschaft erforderlich,dass das bereits bestehende Engagement der Wirtschaftfür die Verfügbarkeit von WLAN im öffentlichen Raum(Beispiele sind Teile der Hamburger City und HafenCitysowie einzelne Bezirkszentren) sinnvoll ergänzt wird.

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Bereits heute bezeichnen über 60 Prozent der HamburgerUnternehmen den Fachkräftemangel als eines der größ-ten Geschäftsrisiken. Eine von der Handelskammer Ham-burg beim WifOR-Institut in Auftrag gegebene Studiekommt zu dem Ergebnis, dass im Zuge der Digitalisierungvoraussichtlich keine umfassende Arbeitslosigkeit inHamburg drohen wird. Im Gegenteil: Der Fachkräfteman-gel wird anhalten. Allerdings wird sich die Arbeitswelt desEinzelnen mehr oder minder stark ändern. Zudem wirdes Digitalisierungsgewinner und -verlierer geben, wie diebisherigen berufsgruppen- und branchenspezifischen Arbeitsmarktprognosen nahegelegt haben.

Eine ausreichende Versorgung der Unternehmen mitFachkräften ist ein entscheidender Erfolgsfaktor der Digi -talisierung. Insbesondere den Fachkräften im Wirtschafts-zweig Information und Kommunikation kommt im Pro-zess der Digitalisierung eine Schlüsselrolle zu. Laut HK-Fachkräftemonitor fehlen im Jahr 2019 in Hamburg imWirtschaftszweig Information und Kommunikation 2 400Fachkräfte. Daraus ergibt sich gegenwärtig ein relativer

Engpass – definiert als Differenz aus Fachkräftenachfrageund Fachkräfteangebot (absoluter Engpass) in Relationzu der Fachkräftenachfrage – in Höhe von 3,1 Prozent.Die Prognose des Fachkräftemonitors geht von einerdeutlichen Zuspitzung der Situation bis zum Jahr 2030aus und rechnet mit einem absoluten Engpass von 8 900Personen und einem relativen Engpass von 12,0 Prozent.

Allerdings findet die Digitalisierung nicht nur im Wirtschaftszweig Information und Kommunikation statt,sondern umfasst mehr oder weniger stark alle Wirt-schaftszweige. In der in den meisten Branchen vertre -tenen Berufsgruppe Informatiker und Informatik-, Infor-mations- und Kommunikationstechnologieberufe fehlenaktuell 3 900 Fachkräfte, das entspricht einer relativenLücke von 9,0 Prozent. Hier rechnet der Handelskammer-Fachkräftemonitor allerdings mit einem Rückgang desEngpasses auf 1 600 Fachkräfte im Jahr 2030.

Aber nicht nur die Fachkräfte im Wirtschaftszweig Infor-mation und Kommunikation und die Fachkräfte in den

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5 Fachkräftegewinnung

© Handelskammer Hamburg 2019

Anzahl an Fachkräften

Quelle: WifOR 2019, eigene Berechnungen

50 000

60 000

70 000

80 000

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

Angebot*

Nachfrage**

Nachfrage-Trend

* Angebotspotenzial: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigte,

Arbeitslose sowie Studien- und Ausbildungsabsolventen

** Nachfragepotenzial: gedeckte und ungedeckte Nachfrage

Abbildung 7: Entwicklung des Fachkräfteangebots- und -nachfragepotenzialsim Hamburger Wirtschaftszweig Information und Kommunikation bis zum Jahr 2030

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WIRTSCHAFT.DIGITAL.HAMBURG – HERAUSFORDERUNGEN DER DIGITALISIERUNG ANPACKEN Standpunkte

Informatik-, Informations- und Kommunikationstech -nologieberufen in allen Branchen, sondern ebenso zahl-reiche Fachkräfte in anderen Bereichen wie technischen,administrativen und Managementfunktionen sind vonentscheidender Bedeutung dafür, die Herausforderungender Digitalisierung am Standort Hamburg anzugehen undzu bewältigen.

Insgesamt fehlen in Hamburg heute bereits 58 000 Fach-kräfte und bis 2030 wird damit gerechnet, dass die Fachkräftelücke auf 77 000 anwachsen wird. Unter den20 größten Mangelberufen im Jahr 2030 werden zwölfBerufsbilder sein, die unmittelbar mit der Digitalisierungin Zusammenhang stehen.

Die Zukunft muss aber nicht so wie im Prognosemodelleintreten. Politik und Wirtschaft haben es in der Hand,Maßnahmen zu ergreifen, um die Zukunft zum Besserenhin zu gestalten.

Die Bewältigung des Fachkräftemangels ist ein viel-schichtiges Thema, bei dem die Unternehmen gefordertsind, sich als attraktive Arbeitgeber im Markt zu positio-nieren. Darüber hinaus sind viele Politikbereiche betroffenund eine Vielzahl von Akteuren in Politik, Verwaltung,Kammern, Verbänden, Hochschulen und Gewerkschaftenmüssen nun effektiv zusammenwirken. Im Einzelnenschlagen wir Maßnahmen in folgenden Handlungs -feldern vor:

Kräfte bündeln und Reserven des Arbeitsmarktsmobilisieren

Um insbesondere vor dem Hintergrund des demogra -fischen Wandels den Fachkräftebedarf zu sichern, mussdas am Standort vorhandene Potenzial an Erwerbsper -sonen noch besser ausgeschöpft werden. Hierzu tragenneben der Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit derSchulabgänger vor allem die verstärkte Integration vonMenschen mit Migrationshintergrund und Menschen mitVermittlungshemmnissen in den Ausbildungs- und Ar-beitsmarkt bei. Der Grundsatz des Förderns und Fordernssollte dabei konsequent angewendet werden. Dies giltauch bei der Organisation qualifizierter Zuwanderung.Die Potentiale von Flüchtlingen als Fachkräfte von mor-gen sind systematisch zu erschließen. Zudem müssenweitere Fortschritte bei der Vereinbarkeit von Familie undBeruf erzielt werden.

Vor diesem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass derHamburger Senat gemeinsam mit den Kammern, Verbän-den und Gewerkschaften im „Aktionsbündnis Bildung

und Beschäftigung Hamburg – Hamburger Fachkräfte-netzwerk“ intensiv zusammenarbeitet. Im Rahmen diesergegebenen Arbeitsstrukturen gilt es, wirksame Konzeptezur Fachkräftesicherung auszuarbeiten und umzusetzen.

Attraktivität der dualen Berufsausbildung undder Hochschulbildung steigern

Eine wesentliche Stellschraube zur Verbesserung der Versorgung der Hamburger Wirtschaft mit Fachkräftenist die Steigerung der Attraktivität der dualen Berufsbil-dung in unserer Stadt. Mit diesem Themenkomplex undvor allem mit den Herausforderungen der Digitalisierungder beruflichen Bildung befasst sich ein eigenes Positi-onspapier, das anlässlich des Fachgipfels zur DigitalenBildung der Handelskammer Hamburg am 21. Juni 2019erarbeitet wurde.

Neben der dualen Berufsausbildung ist auch die Hoch-schulbildung von entscheidender Bedeutung für die Ver-sorgung des Hamburger Arbeitsmarkts mit Fachkräften.Erfreulicherweise kann Hamburg als attraktiver Standortseit Jahren eine Nettozuwanderung an Hochschulabsol-venten verzeichnen: Es kommen mehr Hochschulabsol-venten, die in anderen Bundesländern oder im Auslandausgebildet wurden, nach Hamburg, als aus der Hanse-stadt weggehen.

Dennoch sollte auch großes Augenmerk auf die Hambur-ger Hochschulen und ihre Absolventen gelegt werden.

Zum ersten muss weiter daran gearbeitet werden, mög-lichst viele Absolventen der Hamburger Hochschulen amStandort zu halten, indem frühzeitig Kooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen ausgebautwerden, Möglichkeiten für Praktika und Abschluss -arbeiten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gebotenwerden und die Hamburger Unternehmen gezielt das Potenzial der hiesigen Hochschulen für sich nutzen.

Zum zweiten ist die Sicherung der Qualität und die denAnforderungen der Digitalisierung entsprechende Weiterentwicklung der Studiengänge und -angebote eineDaueraufgabe der Hochschulen und der Politik mit Un-terstützung der Wirtschaft. Potenziale zur Verbesserungdes Angebots dürften auch in der stärkeren Kooperationund Zusammenarbeit der Hochschulen in der Metropol-region Hamburg liegen.

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Hohe Lebensqualität erhalten und alsStandortfaktor vermarkten

Neben den beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten ist dieLebensqualität ein entscheidender Faktor, wenn es darumgeht, Fachkräfte anzuziehen und am Standort zu halten.Hamburg gilt als eine lebenswerte Metropole und liegtzum Beispiel in einer Untersuchung der Lebensqualitätvon 231 Großstädten weltweit auf Platz 19. Allerdingsbelegen auch andere deutschsprachige Städte wie Wien,Zürich, München, Düsseldorf, Frankfurt und Berlin Plätzeunter den Top 20. Im 2018 veröffentlichten Atlas der Lebenszufriedenheit belegt Hamburg hinter Schleswig-Holstein den zweiten Platz im Vergleich der Bundesländer.Als Faktoren, die sich besonders günstig auf die Zufrie-denheit der Hamburger auswirken, werden ein vielfältigesFreizeitangebot, überdurchschnittlich hohe verfügbareEinkommen sowie eine hohe Zufriedenheit mit der ge-sundheitlichen Situation genannt. Die hohe AttraktivitätHamburgs schlägt sich in anhaltendem Bevölkerungs-wachstum als Resultat positiver Zuwanderungssaldennieder. Seit der Jahrtausendwende stieg die Zahl der inHamburg gemeldeten Einwohner um rund 185 000, von1 696 065 auf 1 880 997 zum Jahresende 2017. Der Senatgeht davon aus, dass im Jahr 2030 zwei Millionen Men-schen in Hamburg leben werden.

Um sicherzustellen, dass insbesondere die benötigtenFachkräfte und die besten Köpfe nach Hamburg kommen,sollte der Senat gemeinsam mit den Hochschulen undden Kammern und Verbänden eine Marketing-Kampagnefür den Fachkräftestandort Hamburg entwickeln. Ziel-gruppe sollten angehende Studenten, Hochschulabsol-venten und Young Professionals aus dem In- und Aus-land sein, die in Hamburg attraktive Lebens-, Studien-und Arbeitsbedingungen vorfinden können.

Zur stärkeren Akquise von Fachkräften aus dem Auslandkönnte auch die gezielte Ansprache etwa im Rahmen vonDelegationsreisen genutzt werden.

Gleichzeitig sollten Politik, Verwaltung und Wirtschaftgemeinsam daran arbeiten, Hamburg noch attraktiver fürFachkräfte aus dem Ausland zu machen, und sich gezieltauf die Bedürfnisse ausländischer Neubürger einstellen.Dazu gehört zum Beispiel die verstärkte und gezielte För-derung der Zweisprachigkeit (vornehmlich Englisch) inder Öffentlichkeit, der Verwaltung, den Schulen undHochschulen sowie in den Unternehmen.

Auch der gezielte Ausbau oder die öffentliche Förderungoder Bereitstellung von spezifischen Dienstleistungen wie

Relocation Services oder Dual-Career-Angeboten solltegeprüft und unterstützt werden, da so die Markteintritts-kosten für ausländischen Fachkräfte gesenkt und die Attraktivität Hamburgs als Ort zum Arbeiten und Lebenerhöht werden kann.

Wohnungsbauoffensive fortsetzen undinvestorenfreundliche Rahmenbedingungen fürWohnungsbau und -instandsetzung setzen

Mit einer gezielten Anwerbungspolitik, die auf Fachkräftefokussiert, könnte der Einwohnerzuwachs sogar nochweiter gesteigert werden. Entscheidende Stellschraubedabei ist eine bedarfsgerechte Wohnungsbaupolitik. Der„Vertrag für Hamburg – Wohnungsneubau“, den Senatund Bezirke geschlossen haben, und das „Bündnis für dasWohnen“ zwischen der Stadt und der Wohnungswirt-schaft haben dazu beigetragen, die Zahl der neu gebautenWohnungen auf aktuell fast 8 000 Wohnungen pro Jahrzu erhöhen. Auch in der kommenden Legislaturperiodemüssen anforderungs- und preisgerechte Flächen für denBau von mindestens 12 000 Wohnungen pro Jahr – inklu-sive öffentlich geförderter Wohnungen – bereitgestelltwerden. Die Einführung einer Mietpreisbremse hat in derWohnungswirtschaft und bei Investoren zu erheblicherVerunsicherung geführt. Auch die geplanten Einschrän-kungen der Amortisation von Modernisierungen führenbereits zu Investitionsvorbehalten. Die Wohnungswirt-schaft hat die Bedeutung von energetischen Modernisie-rungen längst erkannt. Dennoch besteht hier nach wie vorein hohes Potenzial. Damit Investitionen in Energieeffizienzauch künftig noch attraktiv bleiben, bedarf es entsprechen-der verlässlicher Rahmenbedin gungen und zusätzlicherAnreize. Hamburgs Wohnungsbaupolitik muss am Grund-satz „Investoren willkommen“ ausgerichtet werden, um das„Bündnis für das Wohnen“ nicht zu gefährden und zu einerEntspannung des Hamburger Wohnungsmarkts beizutra-gen. In die richtige Richtung zielen Bemühungen, Stadtteilemit bisher unterdurchschnittlicher Wohnungsnachfragefür zusätzliche Zielgruppen attraktiv zu machen.

Dabei sollten sich auch die Konzepte der Stadtentwick-lung an den Bedürfnissen der umworbenen Fachkräfteorientieren. Viele Young Professionals und auch Familienschätzen das Wohnen in gemischten Quartieren, die gutvom ÖPNV erschlossen sind und auch per Fahrrad gut er-reicht werden können. Darüber hinaus gilt es, auch diePotenziale einer weiteren Verdichtung zu nutzen, dennnoch immer ist Hamburg eine der am dünnsten besiedel-ten Großstädte Europas. Erforderlich ist die Erschließungneuer Flächen in attraktiven Lagen für alle Segmente desWohnungsbaus.

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Die Schwelle für Fachkräfte, den ersten Schritt in Rich-tung Hamburg zu wagen, könnte auch dadurch gesenktwerden, preisgünstigen Wohnraum für zuwanderndeFachkräfte für einen Übergangszeitraum zum Beispiel fürdas erste Jahr zur Verfügung zu stellen. Durch die Nutzung eines solchen temporären Wohnangebots, dasspeziell auf den Bedarf der „digitalen Fachkräfte“ aus -gerichtet ist, können sich die Neubürger in Hamburg orientieren und eine fundierte Entscheidung bezüglichder längerfristigen Wohnsituation treffen.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichern

Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie trägtdazu bei, die Erwerbsbeteiligung qualifizierter Eltern zuerhöhen, und so das Erwerbspersonenpotenzial besserauszuschöpfen. Die Kinderbetreuungssituation in Ham-burg ist unter den alten Bundesländern führend. Den-noch müssen Senat und Bürgerschaft darauf hinwirken,dass sich bei vertretbaren Kosten die Öffnungszeiten derKinderbetreuungseinrichtungen den zeitlichen Anfor -derungen der im Umfeld liegenden Betriebe anpassen.Dies gilt auch für die Öffnungszeiten in den Schulferien.Hinzu kommt, dass die pädagogische Qualität der

Kinderbetreuung weiter verbessert werden muss. Ziel derpolitischen Entscheidungsträger in Hamburg muss essein, unsere Stadt nicht nur als eine familienfreundliche,sondern speziell als eine kinderfreundliche Stadt zu gestalten. Um auch Neubürgern den reibungs- und verzögerungslosen Zugang zur Kinderbetreuung und dieVereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen,muss das System den aktuellen Anforderungen entspre-chend ausgebaut und flexibilisiert werden.

Neben der weiteren Qualitätsverbesserung der staat -lichen Kinderbetreuung zählen zu den kinder- und fami-lienfreundlichen Maßnahmen eine flächendeckende Ver-sorgung mit Erholungsflächen, Kinderspielplätzen undSportflächen. Auch die Diskussion um eine Öffnung vonKindertagesstätten, Gemeindezentren oder Schulen alsOrte der Begegnung muss ergebnisoffen geführt werden.

Attraktivität der allgemeinbildenden Schulenweiter verbessern

Wichtige Kriterien bei der Entscheidung für den Wohn-und Arbeitsort von Fachkräften sind regelmäßig auch dieEntwicklungsmöglichkeiten für die weiteren Familienmit-

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© Handelskammer Hamburg 2019

Anzahl

Quelle: Statistikamt Nord, 2019

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

5.061

8.162

10.012

10.923

8.634

10.736

12 465

3.729 3.793

6.407

6.974

8.521

7.722 7.920

14 000

12 000

10 000

8 000

6 000

4 000

2 000

0

Baugenehmigungen Baufertigstellungen

Abbildung 8: Baugenehmigungen und -fertigstellungen insgesamt von Wohnungen in Hamburg 2011 bis 2017

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glieder. Insbesondere das Angebot im Bereich der all -gemeinbildenden Schulen spielt dabei eine Rolle. DasHamburger Schulsystem hat sich seit einiger Zeit auf denWeg gemacht, nicht nur eines der teuersten, sondernauch der besten Schulsysteme Deutschlands zu werden.Mit den inzwischen erzielten Erfolgen können Schulen,Politik und Verwaltung im föderalen Bildungswettbewerbselbstbewusst auftreten und sollten sich darbietende Gelegenheiten nutzen.

Dennoch besteht weiterhin Entwicklungsbedarf, ins -besondere in den Bereichen Digitalisierung, Qualitäts -management und Lehrerfortbildung.

Die Schulen müssen fit gemacht werden für die Digitali-sierung. Der „Digitalpakt“ zwischen Bund und Ländern istdaher zu begrüßen. Gemeinsam mit der Schulbehördebringt die Handelskammer das Thema in Hamburg voran,unter anderem mit dem Digitalisierungsgipfel, der 2019bereits zum zweiten Mal in der Handelskammer stattge-funden hat.

Die Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements anSchulen ist seit Jahren ein fest implementierter Prozessund sollte weitergeführt werden. Die Schulinspektionleistet hierfür einen wichtigen Beitrag. Diskussionen umdie Schulstruktur sind nicht zielführend und sollten vermieden werden, da sie vom eigentlichen Ziel, der Ver-besserung der Qualität der Schulen und des Unterrichts,ablenken.

Auch die Berufs- und Studienorientierung gilt es, kon -tinuierlich zu verbessern, damit Jugendliche beruflich orientiert sind und eine begründete Berufswahlent -scheidung treffen können. Vor allem bei der Berufsorien-tierung an Gymnasien sowie in der Sekundarstufe II derStadtteilschulen sollte nicht nur der akademische Bil-dungsweg im Vordergrund stehen, sondern die Chancenund Möglichkeiten einer dualen Berufsausbildung mitanschließender Fortbildung zum Fachwirt oder Meistergleichwertig vermittelt werden.

Lehrkräfte müssten noch stärker darin fortgebildet wer-den, ihre Schülerinnen und Schüler auf die Anforderun-gen des Berufslebens vorzubereiten. Hierfür müssten sieselbst erfahren haben, was in der Wirtschaft erwartetwird. Ein verpflichtendes Praktikum in der HamburgerWirtschaft bereits in der Lehrerausbildung sollte verbind-lich verankert werden.

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Herausgeber:

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[email protected] | www.hk24.de

Autoren:

Handelskammer-Projektgruppe „Herausforderungen der Digitalisierung“

unter Federführung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik und Mittelstand (Leitung: Kai Elmendorf)

sowie des Ausschusses für Digitale Wirtschaft (Leitung: Anke Nehrenberg, Christine Stumpf)

Redaktionelle Bearbeitung:

Sebastian Döll, Pascal Hargens, Torsten König

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August 2019