so macht schwyzerörgeli spile spass!

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So macht Schwyzerörgeli spile Spass! Angelika Tanner, 6d Kantonsschule Küsnacht 08.01.2018 Abbildung 1: Schwyzerörgeli (Schwyzerörgeli 2017)

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Page 1: So macht Schwyzerörgeli spile Spass!

So macht Schwyzerörgeli spile Spass! Angelika Tanner, 6d Kantonsschule Küsnacht 08.01.2018

Abbildung 1: Schwyzerörgeli (Schwyzerörgeli 2017)

Page 2: So macht Schwyzerörgeli spile Spass!

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1. Inhaltsverzeichnis

2. Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................ 1

3. Einleitung ............................................................................................................................ 2

4. Über das Schwyzerörgeli ..................................................................................................... 2

Was ist ein Schwyzerörgeli? ................................................................................................... 2

Ursprung ................................................................................................................................. 3

5. Über den Selbstlehrgang ..................................................................................................... 5

6. Arbeit mit Vanessa .............................................................................................................. 7

Erste Lektion am 25.5.17 ........................................................................................................ 7

Zweite Lektion am 20.7.17 ..................................................................................................... 8

Dritte Lektion am 9.9.17 ......................................................................................................... 8

7. Arbeit mit Helen .................................................................................................................. 9

8. Die CD ................................................................................................................................ 10

9. Ist eine Instrumentallehrperson ersetzbar? ..................................................................... 10

10. Reflexion ........................................................................................................................ 12

11. Quellenverzeichnis ........................................................................................................ 14

2. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Schwyzerörgeli (Schwyzerörgeli 2017) ................................................................. 0

Abbildung 2: Schwyzerörgeli von Edgar Ott (Flurina 2015) ...................................................... 2

Abbildung 3: Langnauerli (Spezialformen) ................................................................................. 3

Page 3: So macht Schwyzerörgeli spile Spass!

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3. Einleitung

In meiner Arbeit setze ich mich damit auseinander, ob ein Instrument auch mithilfe eines

Selbstlehrganges gelernt werden kann. Was muss ein solcher Lehrgang beinhalten und wel-

che Voraussetzungen braucht es, um ein Instrument zu erlernen? Um diese Fragen zu be-

antworten und herauszufinden, was den optimalen Selbstlehrgang für ein Instrument aus-

macht, habe ich beschlossen, selber einen solchen zu schreiben. Entwickelt hat sich diese

Idee aus meiner bereits elfjährigen Leidenschaft für das Schwyzerörgelispiel und dem

Wunsch, dieses Instrument später zu unterrichten.

Ein Lehrgang unterscheidet sich von einer Lehrperson dadurch, dass er nicht individuell auf

seine Schüler eingehen kann, weder auf die Wünsche der Schüler noch emotional. Das He-

rausfinden, wie ich mit den gleichen Worten auf möglichst alle eingehen kann, war eine der

grössten Herausforderungen. Als Unterstützung testete ich diesen Lehrgang an zwei Perso-

nen, mit deren Rückmeldung ich den Lehrgang optimieren konnte. Ausserdem erhielt ich

einen Einblick in Situation eines Schwyzerörgeli-Anfängers und konnte mich besser in sie

hineinversetzen. Welche Fragen und Schwierigkeiten können bei Schülern auftreten? Was

für Probleme tauchen auf, wenn man nicht einfach beim Lehrer nachfragen kann? Hier ist

auch viel Einfühlungsvermögen gefragt.

4. Über das Schwyzerörgeli

Was ist ein Schwyzerörgeli?

Das Schwyzerörgeli ist ein Schwei-

zer Volksmusikinstrument. Es sieht

aus wie ein kleines Knopf-

Akkordeon, doch beim genauen

Hinschauen lassen sich einige Un-

terschiede zwischen den beiden

Instrumenten feststellen. Das Ak-

kordeon hat sowohl mehr Melodie-

als auch mehr Bassknöpfe, wodurch

es grösser und schwerer ist. Im Ge-

gensatz zum Schwyzerörgeli, das

ein diatonisches Instrument ist, ist

das Akkordeon chromatisch. Das

heisst, dass beim Drücken eines Knopfes der gleiche Ton entsteht wenn man den Balg zieht

als auch wenn man ihn stösst. Diatonisch bedeutet, dass mit dem selben Knopf durch Ziehen

oder Stossen des Balges verschiedene Töne erzeugt werden können. Beim Schwyzerörgeli

sind die Melodieknöpfe diatonisch und die Bässe chromatisch. Der von aussen sichtbarste

Abbildung 2: Schwyzerörgeli von Edgar Ott (Flurina 2015)

Page 4: So macht Schwyzerörgeli spile Spass!

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Unterschied zwischen den beiden Instrumenten ist das unterschiedliche Design. Während

das Schwyzerörgeli traditionell meistens bunt und mit Holz-Intarsien verziert ist, ist das Ak-

kordeon einfarbig, meistens rot oder schwarz, und macht allgemein einen edleren Eindruck

als das Schwyzerörgeli. Bei beiden gibt es natürlich Ausnahmen und Abweichungen.

Ursprung

Der Vorläufer des Schwyzerörgelis ist das Langnau-

erli. Es hat eine Melodiereihe auf der rechten Seite

und zwei bis drei Bässe für die linke Hand (siehe

Abbildung 3). Spätere Versionen hatten eine bis

zwei Melodiereihen und ein paar Bässe mehr.

(Reist-Örgeli AG 2012)

Robert Iten (1859-1918) war der Erfinder des

Schwyzerörgelis, wie wir es heute kennen. Er repa-

rierte in seiner Freizeit die Vorläufer des Schwyze-

rörgelis und merkte, dass für anspruchsvollere Me-

lodien eine weitere Reihe an Melodieknöpfen fehl-

te. Dafür war jedoch der Resonanzkasten zu klein.

Schliesslich baute er den Resonanzkasten auf

Grund von Platzmangel in den Balg hinein und verlieh dem Schwyzerörgeli dadurch den spe-

ziellen Klang. Robert Iten lebte in Pfäffikon im Kanton Schwyz und baute 1883 das erste Ör-

geli. Der Kanton Schwyz gab dem Schwyzerörgeli seinen Namen. (Die Entstehung des

Schwyzerörgeli)

Heute können wir an fast jeder schweizer Musikschule Schwyzerörgeliunterricht nehmen,

doch das war nicht immer so. Früher wurde das Schwyzerörgelispiel meistens innerhalb der

Familie weitergegeben. Es gab keine Lehrer, sondern man musste alles selber über das Ge-

hör erlernen oder selber herausfinden. Die Schwyzerörgelimusik wurde von verschiedenen

Spielern geprägt. Die wichtigsten unter ihnen waren Josef Stump, Rees Gwerder, Josias Jen-

ny, Hans Straub und Peter Zinsli. Sie alle hatten einen grossen Einfluss auf die Entwicklung

der Schweizer Ländlermusik.

Josef Stump (1883-1929) wurde in Unterschönenbruch SZ geboren. Er wuchs in einem musi-

kalischen Umfeld auf, denn sein Vater spielte sehr gut Alphorn und Handorgel. Um sich sei-

nen Lebensunterhalt zu verdienen spielte Josef Stump auf seinem Schwyzerörgeli Tanzmusik.

Zwischen 1911 und 1921 spielte er mit verschiedenen anderen Ländlermusikern zusammen,

unter anderem mit Hermann Lott, Balz Schmidig und Kasi Geisser. (Dieter Ringli 2014) Von

Kasi Geisser stammt auch Halb schweizerisch-halb italienisch aus dem Lehrgang "So macht

Schwyzerörgeli spile Spass!". Es kann durchaus sein, dass dieser schöne Walzer auch Ideen

von Josef Stump enthält, denn Urheberrecht spielte zu jener Zeit noch keine grosse Rolle.

Abbildung 3: Langnauerli (Spezialformen)

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Ebenfalls von Josef Stump entstammt Schwinge und Örgele, das auch im Lehrgang vor-

kommt.

Rees Gwerder (1911-1998) wuchs im Bisistal auf. Als er sechs Jahre alt war, begann er auf

dem Schwyzerörgeli seines Vaters zu spielen. Beim Komponieren der Stücke liess er sich

nicht nur von der Musik seines Vaters, sondern auch von anderen Vorbildern inspirieren,

unter anderem von Georg Anton Langenegger und Alois Suter. (Roth 2006) Seine Stücke

Echo vom Geisshimmel, Laubsack-Walzer und Bim Hans i de Gartelaube gehören zum Reper-

toire des Lehrgangs "So macht Schwyzerörgeli spile Spass!"

Josias Jenny (1920-1989) war ein Musik-Naturtalent. Er spielte mit nur fünf Jahren bereits

Gitarre und brachte sich mit sieben Jahren das Schwyzerörgelispiel selber bei. Sein Vater, der

ebenfalls Schwyzerörgeli spielte, half ihm nicht dabei. Er war der Meinung, sein Sohn könne

nur so einen eigenen Stil entwickeln. Tatsächlich brillierte Josias Jenny mit eigenen Motiven

und originellen Ideen sowohl in seinen eigenen Kompositionen als auch während des Beglei-

tens anderer Stücke. Er gilt als einer der einflussreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts.

(Josias Jenny - ein Meister auf dem Schwyzerörgeli 2017)

Hans Straub (geb. 1928) kommt aus Solothurn. Mit 18 Jahren brachte er sich das Spiel auf

dem chromatischen Knopfakkordeon bei. Nach über zehn Jahren, die er mit Alteisenhandel,

in Australien und als Wirt im Berner Jura verbrachte, wandte er sich dem Schwyzerörgelispiel

zu. Bald darauf gründete er die Formation "Straub-Scheurer" zusammen mit Ernst Scheurer.

Mit seinen Stücken wie Es Stückli Heimat und Renggalpfriede hatte er grossen Erfolg. (Roth

2006)

Peter Zinsli (geb. 1934) wuchs in Chur auf. Er spielte Horn und Trompete, bis er mit 23 Jah-

ren das Schwyzerörgeli entdeckte. Er brachte sich das Spiel auf dem Schwyzerörgeli selber

bei. Innert kürzester Zeit spielte er zusammen mit Kollegen, die weitaus geübter waren als

er, und trat mit ihnen auf. Peter Zinsli schrieb insgesamt 400 Stücke, darunter auch Bünd-

nerträumli und S'Schoppelisi. (Roth 2006)

Heute ist das Schwyzerörgeli vor allem im Kanton Schwyz ein sehr beliebtes Instrument, aber

auch in anderen Kantonen findet es durchaus Anklang. An Volksmusikanlässen sind Schwyze-

rörgeli nicht wegzudenken, oft auch an sonstigen kleinen Festen in der Innerschweiz, wie

zum Beispiel der Chilbi. Die typische Schwyzerörgeliformation ist wie folgt aufgebaut: zwei

bis drei Schwyzerörgelis und ein Kontrabass. Ergänzt werden kann die Formation auch durch

ein Akkordeon, ein Klavier oder eine Geige.

Die Schwyzerörgelimusik entwickelt sich fortan weiter. Marcel Oetiker (geb. 1970) aus Alt-

dorf SZ ist der erste studierte Schwyzerörgeler und wagt sich weit über die altbekannten

Ländlerklänge hinaus. Ihm ist nicht die Geschichte des Schwyzerörgelis wichtig, sondern ihn

interessiert nur das Instrument selber und was man alles damit machen kann. Er experimen-

Page 6: So macht Schwyzerörgeli spile Spass!

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tiert mit ungewohnten Klängen und neuen Zusammenhängen und schafft damit einen neuen

Weg in der Schwyzerörgelimusik. (Fellmann 2013)

5. Über den Selbstlehrgang

Fast der ganze Lehrgang besteht aus Doppelseiten, die immer ähnlich aufgebaut sind. Dies

erleichtert einem, sich in den 70 Seiten zurechtzufinden. Bereits bei der Einleitung und der

Theorie gehören immer zwei Seiten zusammen. Auch fast jedes Stück besteht aus den Noten

auf einer Seite, während die Anweisungen und Tipps auf der Seite nebenan stehen. Der erste

Abschnitt ist jeweils orange eingefärbt und beginnt mit „Bevor du startest“. Tipps, die mitten

im Lauftext auftauchen, weisen zusätzlich auf etwas hin. Durch die Formatierung, die Farben

und die vereinzelten Bilder wird das Ganze ein wenig aufgelockert und man hat einen besse-

ren Überblick. Wichtig für die Motivation und das Behalten von Informationen sind verschie-

dene Farben, die man mit den entsprechenden Informationen verbinden kann. Zu dieser

Erkenntnis bin ich durch eigene Erfahrung gekommen. Ich habe gemerkt, dass ich mich in As-

Dur auf dem Griffbrett gut orientieren kann, weil ich mich erinnere, welche Knöpfe mir mein

Lehrer pink angemalt hatte. Als aber Ges-Dur dazukam, was ebenfalls pink angestrichen

wurde, konnte ich mir diese Tonart im Kopf weniger gut vorstellen. In meinem Lehrgang ist

jede Tonart auf der Grifftabelle mit einer anderen Farbe eingefärbt. Um sich besser merken

zu können, welche Tonarten zueinander passen, sind die Tonarten in der im Quintenzirkel

auftauchenden Reihenfolge in den Regenbogenfarben angestrichen.

Es bringt nichts, wenn ich eine grosse Anzahl Stücke bringe, zu denen ich selten viel zu sagen

habe. Andererseits macht es auch keinen Sinn, so viel Neues zu zeigen, dass man sich gar

nicht alles merken kann. Deshalb ging ich nach dem Motto "so wenig wie möglich und so viel

wie nötig", um die Informationen nicht zu geballt zu liefern. Nicht immer einfach war, zu

entscheiden, was einfach ist für den Schüler und was eine neue Herausforderung ist. Für

mich sind einige Dinge ganz selbstverständlich, doch nur, weil ich bereits so lange Schwyze-

rörgeli spiele und ein Musik-Hintergrundwissen besitze.

Es braucht viel Fingerspitzengefühl, die richtige Mischung aus lehren, zeigen und musizieren

zu finden. Ich denke, im Unterricht ist dies einfacher, weil man je nach Bedarf auch einmal

Witze reissen oder ein bestimmtes Thema genauer erklären kann. In einem Lehrgang ist es

schwierig, zugleich locker und korrekt zu sein, damit nichts falsch verstanden wird. Am Ende

habe ich mich für eine Mischung aus verschiedenen Auflockerungsmöglichkeiten entschie-

den: Der Titel ist auf Schweizerdeutsch und der Text enthält einzelne Ausdrücke aus dem

Schweizer Wortschatz. Ausserdem sind die Seiten relativ bunt gestaltet, aber nur gerade so

weit, dass sie nicht vom Inhalt ablenken. Weiter habe ich den Lehrgang in einem sehr dialog-

artigen Stil geschrieben und auch vorgeschlagen, hin und wieder zu experimentieren.

Mir ist aufgefallen, dass ich bei mir selber ab und zu "Fehler" entdecke; Dinge, die ich mir

angewöhnt habe, als ich frühere Stücke nach einiger Zeit wieder auffrischte. Ein Beispiel:

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einzelne falsche Töne, die aber gar nicht so schlecht klingen, sodass ich nichts merkte. In

solchen Fällen musste ich mir überlegen, welche Version ich für meinen Lehrgang verwen-

den möchte und mich dann bewusst auf die eine Version beschränken. Ebenfalls stellt sich

die Frage, ob ich jeweils kleine Änderungen, die mein Lehrer an manchen Stücken vorge-

nommen hatte, übernehmen wollte. In zum Beispiel Öl is Füür hatte er für zwei Takte die

vierte Stufe Dur der Bässe durch die zweite Stufe Moll ersetzt. Sollte ich dies übernehmen

oder nicht? In diesem Beispiel entschied ich mich dagegen, denn ich hatte die ursprüngliche

Version zuerst gelernt. Die 24 Stücke zu überarbeiten erwies sich als sehr zeitaufwändig.

Seit meiner ersten Lektion habe ich noch nie den Lehrer gewechselt, was mir eine verhält-

nismässig einseitige Ansicht des Schwyzerörgelispiels gibt. Trotzdem erkläre ich einige Dinge

bewusst anders als mein Lehrer Iwan Meier und was ich gleich mache, geschieht aus triftigen

Gründen. An meine ersten Jahre Schwyzerörgeliunterricht kann ich mich sowieso fast nicht

mehr erinnern, sodass ich mich in der Entwicklung des Lehrgangs nicht eingeengt fühle. So

kann ich das Schwyzerörgeli basierend auf eigenem Erleben und eigenen Erfahrungen ver-

mitteln. Beispiele für eigene Ideen sind mehr Ermutigungen zu improvisieren, die Reihenfol-

ge der Stücke nach eigens beurteiltem Schwierigkeitsgrad und viel mehr (freiwilligen) Erklä-

rungen in der Musiktheorie, unter anderem die Stufentheorie. Bewusst übernahm bei-

spielsweise die Notation und die meisten Fingersätze. Generell betone ich manche Aspekte

mehr und andere weniger als Iwan Meier, zum Teil weil jedem Lehrer andere Dinge wichtig

sind, aber auch weil in einem Selbstlehrgang zum Beispiel Grundlagen mehr betont werden

müssen. Während meiner Arbeit am Lehrgang habe ich mich immer wieder mit der Improvi-

sation beschäftigt, sowohl gedanklich als auch praktisch. Bisher hatte ich fast nie improvi-

siert, sondern nur nach Noten gespielt oder mit vorher geübten Begleitgriffen aus dem Steg-

reif begleitet. Im Lehrgang rege ich die Schüler auch zur Improvisation an, aber ich muss na-

türlich zuerst selber eine Ahnung davon haben, bevor ich etwas dazu schreiben konnte.

Um besser auf die einzelnen Schüler eingehen zu können, habe ich entschieden, vier Stücke

optional zu lassen. Es hat je zwei Stücke für diejenigen, die sich noch ein bisschen unsicher

fühlen und für die ganz Ehrgeizigen. Ausserdem habe ich darauf geachtet, möglichst ver-

schiedene Stile zu zeigen und zu jedem Stil eine kurze Beschreibung zu geben. So lernen die

Schüler nicht nur möglichst viele verschiedene Seiten des Schwyzerörgelis kennen und was

man alles damit machen kann, sondern es hat auch für jeden etwas dabei. Die Auswahl ist

natürlich nie vollständig, denn es entstehen immer wieder neue Ideen, doch ich habe die

häufigsten und meiner Meinung nach schönsten Stile auf jeden Fall einbezogen. Weiter auf

jeden Einzelnen eingehen kann ich, indem ich mich in den Grundlagen kurz gefasst habe, und

verschiedene Themen in Unterkapiteln erkläre - entweder für jene, welche eine Auffrischung

brauchen oder für andere, welche gerne Näheres darüber erfahren möchten. Als Abwechs-

lung zwischen den verschiedenen Stücken und der dazugehörigen Theorie habe ich neue

Arten gezeigt, wie man das Schwyzerörgeli auch verwenden kann. Dazu gehören Begleitung,

zweite Stimmen, Tonleitern und Anregungen zur Improvisation. Diese Dinge sind aber erst

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sinnvoll, sobald man sich in den Hauptstimmen und den Tonarten wohlfühlt, weshalb sie

auch erst gegen Mitte des Lehrgangs auftauchen.

6. Arbeit mit Vanessa

Vanessa Zwyer, mit der ich seit langer Zeit befreundet bin, war so freundlich, sich als Test-

person für meinen Lehrgang bereit zu erklären. Sie ermöglichte mir, mich in jemanden hin-

einzuversetzen, der zum ersten Mal ein Schwyzerörgeli in der Hand hält. Ich gab ihr Unter-

richt in Person mithilfe der Notizen zum Inhalt des Lehrgangs als Orientierung. Der Lauf der

Unterrichtsstunde gab mir Input und Rückmeldung für die Umsetzung in einen Lehrgang.

Erste Lektion am 25.5.17

Die Ziele für die erste Lektion mit meiner Testschülerin Vanessa Zwyer waren, herauszufin-

den, wie gross das musische Vorwissen ist, die erste Übung in Angriff zu nehmen und sie

eventuell noch zu verbessern.

Ich fand heraus, dass ich unbedingt eine ausführlichere Zusammenfassung der Musiktheorie-

Grundlagen schreiben musste. Selbst Vanessa, die früher Gitarre gespielt hatte, war sich

nämlich nicht immer sicher betreffend Notenwerte und anderer Grundlagen. Das Problem,

welches sich durch diese Erkenntnis ergab, war, dass die vielen neuen Informationen zu ge-

ballt waren. Durch geschicktes Aufteilen verschiedener Themen und Anregungen, gewisse

Texte nochmals durchzulesen gelang es mir schliesslich, einen ausreichend ausführlichen

Theorieteil an sinnvollen Stellen unterzubringen.

Ich bemerkte, dass ich mit dem Ergebnis der Übung, die ich geschrieben hatte, nicht voll-

ständig zufrieden war. Zwar hatte ich meine eigens erstellten Kriterien dafür erfüllt, doch

war sie trotzdem für einen Anfänger fast nicht spielbar. Ich hatte nämlich darauf geachtet,

nur die drei einfachsten Knöpfe (und damit sechs verschiedene Töne) zu verwenden. Weiter

hatte ich nur lange Noten geschrieben, die immer den gleichen Wert hatten, sodass die

Schüler den Fokus auf die Finger und die Knöpfe legen können. Dazu kommen später noch

die Bässe, die einen durcheinander bringen. Diese hatte ich durch seltene Stufenwechsel

möglichst einfach zu gestalten versucht. Mir war jedoch nicht in den Sinn gekommen, auch

auf den Luftverbrauch zu achten. Am Anfang braucht man noch viel mehr Luft als im Laufe

des Lehrgangs, da man die Stücke sicher langsamer spielt, selten zwischen ziehen und stos-

sen wechselt und noch nicht mit der Luftklappe vertraut ist. Auf diesen Punkt bezogen muss-

te ich die Übung also überarbeiten. Ich beschloss, die Übung von einem 4/4-Takt zu einem

3/4-Takt zu ändern. Die Takte wurden somit kürzer, was den Luftverbrauch verringerte. An

der Melodie an sich änderte sich jedoch nichts, da alle Noten die Länge eines Taktes hatten.

Als Ergänzung zur Übung, der ich den Namen Erste Melodie gab, entschied ich mich für Alli

mini Äntli. Darin kommen sowohl mehr Töne mit unterschiedlichen Notenwerten als auch

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mehrere Basswechsel vor. Diese beiden Stücke gab ich Vanessa mit, um bis zu der nächsten

Lektion daran zu arbeiten.

Zweite Lektion am 20.7.17

Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich einen grösseren Fortschritt erwartet hatte. Ich

erinnerte mich, dass es nun mal nicht so schnell geht, ein neues Instrument zu erlernen. Der

Unterricht mit Vanessa hat mir sehr geholfen, mir wieder bewusst zu werden, wie es ist, das

erste Mal ein Schwyzerörgeli in der Hand zu halten. Als ich mir dies wieder vorstellen konnte,

war ich mit Vanessas Fortschritt sehr zufrieden, denn sie machte es wirklich gut. Die Koordi-

nation beider Hände empfand sie als die grösste Herausforderung. Mit jedem Stück sollte

sich diese Schwierigkeit verringern. Sowohl Erste Melodie als auch Alli mini Äntli waren Va-

nessas Meinung nach brauchbare Stücke für den Lehrgang. Sie hatte sich auf Alli mini Äntli

konzentriert und die Übung im Hintergrund gelassen, was mich zuerst verwirrte. Auf die Fra-

ge, weshalb, wusste sie keine Antwort. Sie fand nämlich trotzdem, dass ich die Übung im

Lehrgang nicht weglassen sollte. Ich kam zum Schluss, dass Alli mini Äntli durch die bekannte

Melodie einfach attraktiver ist und die Übung auf Grund von Luftmangel im Balg noch nicht

gut spielbar war. Ich gab Vanessa darauf die überarbeitete Version. Da das nächste Stück

Alter Ländler Vanessa noch abschreckte, begannen wir mit dem De Tüüfel isch gstorbe. Dies

brachte mich auf die Idee, ein paar freiwillige Stücke als Ergänzung hinzuzufügen.

Vanessa erinnerte sich sehr gut an die Theorie der letzten Lektion, aber etwas Wichtiges hat-

te sie vergessen: Sie hatte beim Üben zu Hause die Bässe von der falschen Seite her gezählt

und deshalb den falschen Bass benutzt. Obwohl sie merkte, dass etwas nicht stimmte, konn-

te sie sich nicht selber korrigieren. Mir wurde klar, dass ich noch ein Bild brauchte, auf dem

die richtigen Bässe angeschrieben waren. Für genau solche Unsicherheiten ist auch die CD

da. Dank ihr wissen die Schüler, wie die Stücke tönen sollen und finden allfällige Fehler auch

schneller.

Vanessa willigte ein, als Modell für die Fotos zu dienen, an denen ich die Spielhaltung erklä-

ren wollte. Es brauchte mehrere Anläufe für die Fotos, da es erstaunlich schwierig war, auf

Anhieb alles richtig zu machen in der Haltung. Einmal stimmte der Daumen auf der Luftklap-

pe nicht, ein anderes Mal stand der kleine Finger plötzlich ab, was beides nicht hätte sein

sollen.

Dritte Lektion am 9.9.17

Für die dritte Lektion hatte ich geplant, ein weiteres Stück zu beginnen, den Alten Ländler.

Ausserdem wollte ich mit Vanessa die verbesserte Version von Erste Melodie besprechen

und mit ihr an den angefangenen Stücken arbeiten.

Wir begannen mit Erste Melodie. Vanessa konnte diese Übung aus mehreren Gründen be-

reits viel besser spielen: Die Koordination der rechten und der linken Hand wurde immer

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besser, meine überarbeitete Übung ging nun vom Luftverbrauch her auf und Vanessa hatte

sie allgemein immer besser im Griff. Auch bei Alli mini Äntli und De Tüüfel isch gstorbe hatte

sich Vanessas Koordination verbessert. Dieser Fortschritt brachte mich dazu, in meinem

Lehrgang vor allem zu Beginn immer wieder etwas aufzumuntern, dass es nur genügend

Ausdauer brauche und dass die Koordination sich von Tag zu Tag verbessern wüde.

In Bezug auf die Haltung fiel mir auf, dass Vanessas Kleiner Finger während des Spiels immer

seltsam abgespreizt war. Ich machte sie darauf aufmerksam und als sie versuchte, den Finger

entspannt zu halten, erwies sich dies als praktisch unmöglich. Sie konnte nicht mit einigen

ihrer Finger spielen und den Kleinen Finger gleichzeitig entspannen. Ich nehme an, dass sich

dieses Problem mit der Zeit von selber erübrigt hätte, sobald sich die Fingerfertigkeit verbes-

sert hat und bei erweitertem Tonumfang auch der Kleine Finger benutzt wird. Generelle Hal-

tungsfehler kann ich vorbeugen, indem ich die richtige Haltung von allen Seiten möglichst

aussagekräftig fotografierte und die wichtigsten Aspekte in ein paar Sätzen erläuterte.

7. Arbeit mit Helen

Nachdem ich eine Weile mit Vanessa geübt hatte, wurde mir klar, dass ich noch eine zweite

Testschülerin brauchen würde, um meine durch Vanessa optimierte und angepasste Version

erneut zu testen. Der Lehrgang sollte ja nicht nur auf eine Schülerin zugeschnitten sein, son-

dern möglichst viele ansprechen. In den Herbstferien gab ich Helen Bellerjeau, eine meiner

besten Freundinnen, den Beginn des Lehrganges mit dem Auftrag, ihn eine Woche lang aus-

zuprobieren und sich bei Unklarheiten zu melden.

Während des Testspiels mit anschliessender Besprechung nach der Probewoche im Oktober

stellte sich Folgendes heraus: Helen hatte sich eine falsche Haltung angewöhnt. Ihr war die

richtige Haltung unbequem und sie vermischte deshalb die beiden zur Auswahl gegebenen

Haltungen. Es gibt jedoch einen Grund, weshalb ich die Haltungen angebe und genau be-

schreibe. Diese auch richtig umsetzen zu wollen liegt in der Verantwortung der Schüler. He-

len habe ich darauf hingewiesen, dass sie sich für eine Haltung entscheiden muss.

Helen fand Erste Melodien eine passende Übung, weil man schnell ein Erfolgserlebnis hat.

Sie hatte jedoch das Gefühl, den falschen Bass zu spielen. Dies brachte mich dazu, dem Lehr-

gang eine Bass-Grifftabelle hinzuzufügen. Ich hatte bereits bei Vanessa gemerkt, dass die

Bässe am Anfang eine kleine Herausforderung sein können, aber bei Helen bestätigte sich,

dass dies kein individuelles Problem ist.

Weiter schlug Helen vor, ich solle ein Register anfügen, damit man bei Unklarheiten die Be-

deutung verschiedener Begriffe nachschauen könne. Ausserdem solle ich erklären, wofür

man die Luftklappe brauchen kann. Das Register fand ich eine sehr gute Idee, war aber über-

rascht, dass Helen die Information zur Luftklappe überlesen hatte. Ich erkannte, dass die

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Informationen in der mehrseitigen Einleitung immer noch zu viele waren, um alles aufzu-

nehmen. Generell fand Helen den Lehrgang aber gut und alles verständlich erklärt.

8. Die CD

Der Aufnahmetermin für die CD war für kurz vor den Herbstferien angesetzt. Zuerst hatte ich

in Betracht gezogen, meine Stücke selber aufzunehmen. Jetzt bin ich ausserordentlich er-

leichtert, die CD mit Martin Eigenmann im Bandraum der Kantonsschule Küsnacht aufge-

nommen zu haben. Auch wenn ich ein Stück vorspielreif geübt habe, kann es nämlich sein,

dass ich noch kleine Fehler mache oder an einzelnen Stellen unsauber spiele. Als Perfektio-

nistin war es mir sehr wichtig, dass die Aufnahmen wirklich so tönen wie sie auch tönen soll-

ten, was dank einer guten Aufnahmequalität und ein bisschen schneiden möglich war. Die

Aufnahme hat mir viel Spass gemacht, denn es war ein ganz neues Erlebnis für mich. Was ich

jedoch nicht erwartet hatte, war, wie viel Energie die Aufnahme kosten würde. Ich hatte

bereits Erfahrung darin, mehrere Stunden ohne Pause zu spielen, aber die Konzentration für

die Aufnahmen ist nochmal etwas anderes. Ebenfalls unterschätzt hatte ich, wie lange es

dauern würde, meine Stücke aufzunehmen. Insgesamt nahmen wir sechs Stunden lang auf,

um am Ende eine knappe Stunde Spielzeit zu erhalten. Die Zeit für die Überarbeitung kam

zusätzlich dazu. Nach zwei Aufnahme-Abenden musste ich aus Zeitgründen meine ursprüng-

lich 26 Stücke auf 24 kürzen. Diese zu streichenden Stücke hatte ich gut ausgewählt; beide

waren Zusatzmaterial. Das eine war ein Bonus für die ehrgeizigen Schüler während das an-

dere als freiwillige Repetition gedacht war, doch beide konnte ich entbehren.

Mit der endgültigen CD bin ich sehr zufrieden. Sie ist natürlich nicht ganz perfekt, aber sie

sollte auch möglichst natürlich sein, nicht einfach aus perfekten Einzelteilen zusammenge-

fügt. Die CD habe ich nicht nach dem Lehrgang benannt, da mir der Titel "So macht Schwyze-

rörgeli spile Spass!" nicht geeignet schien für eine CD. Deshalb entschied ich mich für ein

Wortspiel, welches ich schon vor einiger Zeit entdeckt hatte: S'Örgeli und Sörgeli. Das

Schwyzerörgeli, umganssprachlich "Örgeli" spielt gegen die kleinen Sorgen. S'Örgeli tönt -

d'Sörgeli gönd: Sobald du das Schwyzerörgeli hörst, vergehen deine Sorgen. Dies finde ich

einen sehr passenden Titel. Er beinhaltet einen packenden Wortlaut und passt zu einer

Selbstlehrgangs-CD. Trotzdem wird das Lehrmittel im Titel nicht direkt erwähnt. Dies macht

es möglich, die CD auch zu hören, ohne sogleich an den Lehrgang zu denken, was ich sehr

wichtig finde.

9. Ist eine Instrumentallehrperson ersetzbar?

Auf die Frage, ob es möglich ist, eine Lehrperson zu ersetzen, gibt es keine eindeutige Ant-

wort. Es gibt sowohl Aspekte, die dafür als auch welche, die dagegen sprechen. Bei einem

Selbstlehrgang bleiben sowohl Lob als auch Kritik aus, was positive und negative Seiten hat.

Fleiss und Müssiggang bleiben unkommentiert, was beides tendenziell demotiviert, da nie-

mand da ist, um einen anzuspornen. Die Motivation und den Ansporn muss man in sich sel-

Page 12: So macht Schwyzerörgeli spile Spass!

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ber finden. Ich gehe aber davon aus, dass sich tendenziell Leute für diesen Lehrgang ent-

scheiden, die sich diese Selbstmotivation und -disziplin zutrauen. Zur Sicherheit mache ich in

der Einleitung des Lehrgangs darauf aufmerksam. Ein grosser Vorteil an einem Selbstlehr-

gang ist die Flexibilität in der Zeit. In einer Woche, in der man anderweitig gefordert ist,

macht es Sinn, den Lehrgang für kurze Zeit auf die Seite zu legen. Es ist keine Lektion pro

Woche zu erwarten, in der geschaut wird, wie fleissig man geübt hat. Bei anderweitiger Aus-

lastung kann es sein, dass man einmal nicht zum Üben kommt. Natürlich hat man dadurch

auch die Möglichkeit, sich die ganze Zeit vor dem Üben zu drücken. Dies liegt in der Verant-

wortung der Person, welche den Lehrgang benutzt, genau wie bei jedem anderen Hobby, für

das man sich auch in anstrengenden Wochen Zeit nehmen will.

Eine der grundsätzlichen Lernmethoden ist das Repetieren und Erinnern. Dadurch, dass wir

von einem Instrumentallehrer immer wieder Rückmeldungen zu unserem Spiel bekommen,

können wir uns immer weiter verbessern. Bleibt diese Rückmeldung jedoch aus, können wir

uns fatale Fehler angewöhnen. Dies muss nicht unbedingt eine Schwäche im Lehrmittel sein,

denn alles Wichtige wird bestimmt einmal darin erwähnt. Die Kunst besteht darin, dem

Schüler die Informationen auf bleibende Art und Weise zu vermitteln, sodass er sie in die Tat

umsetzen kann. Ich habe mich entschieden, dies durch das Layout und durch Wiederholung

umzusetzen. Durch ein buntes Layout, das immer wieder von Bildern aufgelockert wird, er-

innert sich der Leser hoffentlich eher daran, als wenn alle Informationen in einem Fliesstext

auftauchen. In regelmässigen Abständen repetiere ich zudem die wichtigsten Informationen

der vorangehenden Lektion, damit die Fehlerquote in dieser Hinsicht so klein wie möglich ist.

Ansonsten können sich nämlich gravierende Fehler einschleichen, was vor allem bei den

Grundlagen verheerende Folgen hätte.

Durch ein generelles Lehrmittel entstehen bestimmt bei jeder Person Lücken. Kein Selbst-

lehrgang ist hundert Prozent vollständig, genau wie keine Lehrperson seinen Schülern alles

vermitteln kann, was auf dem Instrument möglich ist. Im Gegensatz zu einem unpersönli-

chen Lehrgang hat die Lehrperson jedoch die Möglichkeit, auf die erkannten Lücken der

Schüler einzugehen. Alleine bleiben diese meist unbemerkt, was auch der Grund dafür ist,

weshalb man nur beschränkt gut werden kann. Es ist möglich, den Lehrgang so zu verfei-

nern, dass diese Lücken klein bleiben und trotzdem ein ansprechendes Niveau erreichbar ist.

Dies ist jedoch nicht einfach umzusetzen, da Lücken erst erkannt werden, wenn jemand et-

was nicht kann, was für erfahrenere Spieler selbstverständlich ist. Eine weitere Hürde ist der

Unterschied der Vorkenntnisse der verschiedenen Schüler und später, herauszufinden, wel-

che Stücke wohl den meisten gefallen werden. Es in einem Lehrgang allen rechtzumachen ist

schwierig, da jeder Schüler und jede Schülerin individuelle Interessen und Vorlieben hat. Ich

habe versucht, eine möglichst breite Auswahl an verschiedenen Stücken zu bringen, sodass

für jeden etwas dabei ist. Ausserdem gehört zu jedem Stück ein kleinst möglicher Theorie-

teil, der ab und zu für daran interessierte Schüler in einem Unterkapitel noch umfassender

erklärt ist.

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Wäre ich mit einem solchen Lehrgang auch so eine passionierte Schwyzerörgelispielerin ge-

worden? Um diese Frage zu beantworten, überlege ich mir, was Leidenschaft für ein Instru-

ment ausmacht und was für Eigenschaften ein guter Lehrer haben muss. Ich hatte und habe

das Glück, bei einem sehr motivierenden Lehrer Unterricht zu nehmen. Ein guter Lehrer zeigt

seinen Schülern nämlich nicht nur, wie man das Instrument spielt. Er vermittelt auch die Lei-

denschaft, die er dafür empfindet und motiviert seine Schüler, ihr Instrument immer besser

kennenlernen zu wollen. Je länger ich darüber nachdenke, desto überzeugter bin ich, dass

ich nach einem Durchlauf mit einem Selbstlehrgang nicht an der gleichen Stelle wäre wie

jetzt: den Wunsch zu haben, Schwyzerörgeli zu studieren und danach zu unterrichten. Natür-

lich gibt es auch weniger gute Lehrer, bei denen ich vielleicht weniger motiviert gewesen

wäre. Jeder Lehrer ist anders und jeder Lehrgang ist anders geschrieben, was es schwierig

macht, endgültig zu beurteilen, ob eine Lehrperson ersetzbar ist oder nicht. Ein guter Lehrer

wird - wie oben erwähnt - durch die Vermittlung von Leidenschaft und Motivation definiert,

was in schriftlicher Form schwierig umzusetzen ist. Je nach Qualität des Lehrgangs ist es

meiner Meinung nach aber möglich, den Qualitäten einer echten Person nahe zu kommen.

Ausserdem kann ein Lehrgang je nach Lebensumständen eines Schülers praktisch sein. Je-

doch wird ein Lehrgang nie die gleiche Flexibilität und das gleiche Motivationspotential er-

reichen können wie eine leibhaftige Lehrperson. Nichts kann die echte menschliche Freude

und das Zusammenspiel mit dem Lehrer oder anderen Schülern ersetzen. Deshalb bin ich der

Meinung, dass eine Lehrperson nicht vollständig durch einen Selbstlehrgang ersetzbar ist.

10. Reflexion

Zeitlich bin ich gut mit der Arbeit durchgekommen. Ich hatte mir Etappenziele immer ein

paar Wochen früher gesetzt als nötig, um vorrätige Zeit zu haben, die ich dann auch immer

gebraucht habe. Zum Beispiel musste ich das Layout unerwartet ein bisschen anpassen, da-

mit die Druckerei den Lehrgang drucken konnte. Die CD-Aufnahme dauerte ebenfalls länger

als erwartet, denn ich hatte keine Ahnung gehabt, wie ich die Zeit einberechnen musste. Für

das nächste Mal weiss ich, dass ich mein Repertoire zuerst mit dem Produzenten absprechen

sollte.

Am Anfang hatte ich Bedenken, ob ich den Lehrgang überhaupt aussagekräftig würde testen

können. Die darin vorhandenen Stücke erlernt man innerhalb mehrerer Jahre; nicht in der

Zeit, die ich für meine Arbeit zur Verfügung hatte. Mittlerweile ist mir klar geworden, dass es

gar nicht so schlimm ist, wenn ich nicht alles testen kann. Wegen der Basis ist der Anfang,

den ich während des letzten Jahres mithilfe von Vanessa und Helen überprüfen konnte, das

Wichtigste. Es reicht, dass ich für den Rest des Lehrganges im für den Anfang bewährten Stil

weitergefahren bin.

Es braucht viel Vorstellungs- und Einfühlungsvermögen, um einen Selbstlehrgang zu schrei-

ben, dies hatte ich bereits zu Beginn erkannt. Der Autor eines Selbstlehrganges muss erken-

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nen, was seine Schüler brauchen und was sie interessieren könnte, ohne sie je kennenge-

lernt zu haben. Mit der Zeit und während der Arbeit mit Vanessa und Helen begriff ich, was

dies bedeutet. Ein Selbstlehrgang muss sowohl motivieren als auch Vorsicht vor Übereifer

gebieten. Er muss gut erklären, aber nur gerade so viel, dass die Schüler Lust haben, die Er-

klärung aufmerksam zu lesen. Er muss ungestellte Fragen beantworten oder erklären, an

wen man sich wenden kann. Er muss Abwechslung beinhalten, um möglichst viele Schüler

anzusprechen und ein breites Bild der Musik des jeweiligen Instrumentes vermitteln. Aller-

dings ist es klar, dass man nie alle zufriedenstellen kann. Ich habe zum Beispiel nie in Be-

tracht gezogen, auch moderne Pop-Stücke in das Repertoire aufzunehmen, denn mein Ziel-

publikum sind Volksmusikliebhaber. Hätte ich zu viele verschiedene Ansätze in den Lehrgang

gepackt, wäre es ein Mix aus Ideen geworden anstatt ein strukturierter Lehrgang.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meiner Arbeit. Ich habe herausgefunden, was es heisst,

ein Instrument zu erlernen und zu spielen. Man muss sich mit der Musik auseinandersetzen

und sich auch damit auseinandersetzen wollen. Die Schüler meines Selbstlehrgangs müssen

von sich aus wollen, ihr Schwyzerörgeli immer besser kennenzulernen. Den optimalen

Selbstlehrgang zu schreiben heisst, genau dies zu erreichen.

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11. Quellenverzeichnis

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signau.ch/projekte/schwyzeroergeli/geschichte.html (Zugriff am 28. 8. 2017).

Dieter Ringli, Alois Lüönd, Markus Flückiger. «Ein Meilenstein in der Geschichte der

Ländlermusik.» Mosi-Musig. 2014. http://mosi-musig.ch/ueber/josef-stump-balz-schmidig/

(Zugriff am 4. 1. 2018).

Fellmann, Christoph. «Neuer Schnauf in alten Falten.» Tagesanzeiter. 20. 8. 2013.

https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/pop-und-jazz/Neuer-Schnauf-in-alten-

Falten/story/27352712 (Zugriff am 5. 1. 2018).

«Josias Jenny - ein Meister auf dem Schwyzerörgeli.» SRF. 2. 10. 2017.

https://www.srf.ch/radio-srf-musikwelle/volksmusik/josias-jenny-ein-meister-auf-dem-

schwyzeroergeli (Zugriff am 4. 1. 2018).

Ott, Edgar. «Flurina.» Ott-Oergeli. 2015. http://ott-oergeli.ch/schwyzeroergeli/flurina/

(Zugriff am 28. 8. 2017).

Reist-Örgeli AG. «Über's Örgeli.» Reist. 14. 6. 2012. http://www.reist-oergeli.ch/ueber-s-

oergeli.html (Zugriff am 27. 8. 2017).

In Schwyzerörgeli, von Ernst Roth, S.166-167. Altdorf: Gamma Druck + Verlag AG, 2006.

«Spezialformen.» Schulen-Signau. http://www.schulen-

signau.ch/projekte/schwyzeroergeli/spezialformen.html (Zugriff am 28. 8. 2017).

Tanner, Angelika. Schwyzerörgeli. 2017.