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Skript

zur Vorlesung

Grundlagen

der Kommunikationstechnik

SS 2001 (Teil 1 von 3)

LB Horst Kunhardt

Fachhochschule Deggendorf

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1. Einleitung ..............................................................................................................................3 1.1. Wachstum des Internets ................................................................................................3 1.2. Spannungsfeld Kommunikationssysteme .....................................................................5 1.3. Begriffe und Konzepte ..................................................................................................7 1.4. Allgemeiner Aufbau eines Kommunikationssystems .................................................10

2. Motivation und Werkzeuge.................................................................................................11 2.1. Gemeinsame Ressourcennutzung ...............................................................................11 2.2. Geschichtliche Entwicklung .......................................................................................12 2.3. Analyse des Internetverkehrs ......................................................................................14

2.3.1. Werkzeuge ..........................................................................................................14 3. Datenübertragung................................................................................................................16

3.1. Übertragungsmedien ...................................................................................................16 3.1.1. Übersicht .............................................................................................................16 3.1.2. Kupferkabel.........................................................................................................17 3.1.3. Lichtwellenleiter .................................................................................................20 3.1.4. Funk ....................................................................................................................21 3.1.5. Bluetooth.............................................................................................................22 3.1.6. HomeRF..............................................................................................................23 3.1.7. Mikrowelle ..........................................................................................................23 3.1.8. Laser....................................................................................................................23 3.1.9. Infrarot ................................................................................................................24 3.1.10. Satelliten..............................................................................................................24 3.1.11. Aufbau einer strukturierten Verkabelung ...........................................................25

3.2. Asynchrone Kommunikation (RS-232) ......................................................................28 3.2.1. Asynchrone Kommunikation ..............................................................................28 3.2.2. Datenübertragung mittels elektrischen Stroms ...................................................28 3.2.3. Normen der Telekommunikation ........................................................................29 3.2.4. Baudrate, Rahmen und Fehler.............................................................................30 3.2.5. Asynchrone Kommunikation im Duplexbetrieb .................................................31 3.2.6. Hardwaregrenzen ................................................................................................32 3.2.7. Hardwarebandbreite und Übertragung von Bits .................................................32 3.2.8. Wirkung von Rauschen auf die Datenübertragung .............................................33

3.3. Prinzipien der Datenfernübertragung..........................................................................34 3.3.1. Senden von Signalen über Weitstrecken.............................................................34 3.3.2. Modulation und Demodulation mit Modems......................................................36 3.3.3. Serielle Mietleitungen .........................................................................................37 3.3.4. Optische, Funk- und Wählmodems.....................................................................37 3.3.5. Trägerfrequenzen und Multiplexen.....................................................................38 3.3.6. Basisband- und Breitbandtechnologien ..............................................................39 3.3.7. Wellenlängenmultiplexen (WDM) .....................................................................39 3.3.8. Streuspektrum .....................................................................................................39 3.3.9. Zeitmultiplexverfahren (TDM) ...........................................................................40

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1. Einleitung Das vorliegende Skript basiert in weiten Teilen auf dem Buch „Computernetzwerke und Internets“ von Douglas E. Comer1. Es werden Prinzipien von Netzwerken aus Hardware- Software- und Benutzersicht behandelt. Normen und Richtlinien im Bereich des Aufbaus von strukturierten Verkabelungen stellen verbindliche Vorgaben dar. Die Vorlesung ist in 6 Teile gegliedert. Nach einer Einführung in das Thema beschreibt das Kapitel 3 die zugrundeliegende Hardware sowie physikalische Grundlagen der Datenübertragung. In Kapitel 4 wird das Thema Paketvermittlung behandelt. Neben verschiedenen Netzwerktopologien werden zum Aufbau von Netzwerken notwendige Hardwarekomponenten, wie z.B. Netzwerkkarten, Hubs, Router, Bridges beschrieben. Kapitel 5 beschäftigt sich mit Internetworking, d.h. dem Zusammenschluß von Netzwerken. Dazu werden die notwendigen Protokolle aus dem Bereich TCP/IP beschrieben. Kapitel 6 beschreibt Netzanwendungen, wie z.B. Client-Server-Interaktion, Netzwerkkomponenten von Betriebssystemen, Netzwerkmanagement und Netzwerksicherheit. Kommunikationstechnik ist ein zentraler Teil jedes EDV-Systems, bei dem mehrere Benutzer über ein Netzwerk entweder intern oder extern kommunizieren. Das Funktionieren der Kommunikationsinfrastruktur ist die Basis jeglichen Datenaustausches. Von Netzwerken wird heute eine permanente Verfügbarkeit erwartet. Aus dem Aufbau der Kapitel ist schon ersichtlich, dass das Thema Kommunikationstechnik selbst aus einer Vielzahl von interagierender Komponenten besteht. Computernetzwerke bestehen aus Übertragungsmedien, Hardware, systemnaher Software und Anwendungssoftware die mittels standardisierter Protokolle Daten sicher austauschen müssen. Anwender eines Computernetzwerkes erwarten heute eine durchgängige Kommunikation sowohl mit internen- als auch externen-, d.h. außerhalb des lokalen Netzwerkes befindlichen Kommunikationspartnern. Obwohl die technologische Entwicklung auch im Bereich der Netzwerktechnik viele Vereinfachungen gebracht hat, ist der hochverfügbare Betrieb eines Netzwerkes immer noch eine Herausforderung für jeden Informatiker. Ziel der Vorlesung ist eine Vermittlung der Terminologie und der Grundkonzepte von Kommunikationssystemen. Gerade ein so komplexes Gebiet wie die Kommunikationstechnik kann nur überblickt werden, wenn man sich eingehend mit den Konzepten befasst.

1.1. Wachstum des Internets Die ersten Netzwerke waren dafür ausgelegt, die zentrale und teure Rechenleistung eines Host-Computers durch viele Anwender zu nutzen. Parallel dazu wurde in den sechziger Jahren von der dem US-Verteidigungsministerium nahestehenden ARPA2 (Advanced Research Projects Agency) der Aufbau einer Vernetzung von Forschungsstandorten durchgeführt. Es entstand ein funktionierendes System, das sog. ARPANET, das als Vorstufe des Internets gesehen werden kann. Viele Technologien und Protokolle wurden in dieser Zeit entwickelt. Ende des Jahres 1999 nutzten 260 Millionen das Internet. Die überwiegende Mehrzahl der Internetnutzer stellen die Vereinigten Staaten mit ca. 110 Millionen, es folgen Japan mit mehr

1 Comer Douglas E., “Computernetzwerke und Internets”, Prentice Hall, 2000 2 Hafner Katie, Lyon Matthew, „Die Geschichte des Internet“, dpunkt-Verlag, 2000

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als 18 Millionen und Großbritannien mit knapp 14 Millionen. Deutschland liegt mit etwa zwölf Millionen Internet-Nutzern auf Rang fünf3. Die folgende Graphik zeigt das Wachstum der .de-Domains. Nachfolgende Graphik zeigt das Wachstum der Hosts in Europa und in Deutschland. Schätzungen gehen davon aus, dass das Internet eine Informationsmenge von 7.500 Terabyte enthält, wovon heute nur 19 Terabyte, das entspricht ca. 0,2 %, in den derzeit verfügbaren Suchmaschinen öffentlich zugänglich ist. Dies entspricht einer Menge von 550 Milliarden

3 Computer Industry Almanac Inc., www.c-I-a.com/199911iu.htm

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Dokumenten. So enthalten die 60 größten Websites 10% der gesamten Informationsmenge des Internets. Die folgende Graphik zeigt eine Aufstellung der größten Sites.

Neben dem Problem der Menge an Informationen und des rasanten Wachstums des Internets stellt sich die Frage nach der Qualität der Informationen. So bestanden z.B. 44 % der Websites im Jahr 1999 darüber hinaus nicht mehr. 45 % der Websites waren 1999 entweder halbfertig oder trivialen Inhalts. Das Internet bzw. das World Wide Web4 kann somit als Konglomerat von unterschiedlichen Ländernetzwerken verstanden werden.

1.2. Spannungsfeld Kommunikationssysteme Kommunikationssysteme sind ein komplexes Thema. Es gibt mittlerweile viele verschiedene Technologien, um Netzwerke aufzubauen und zu betreiben, sowie Netzwerke zu verbinden. Unterschiedliche Organisationen und Herstellervereinigungen formulieren verschiedene konzeptionelle Modelle, die wiederum einem raschen Wandel unterworfen sind. Der Mangel an einem „einheitlichen Netzwerk“ erzeugt unterschiedliche Begriffe für bestimmte Konzepte. Hersteller greifen vielfach Begriffe in ihren Produktnamen auf, wie z.B. Switching-Hub oder Brouter, eine Mischung aus Bridge und Router, was die Beschäftigung mit dem Thema Kommunikationssysteme nicht unbedingt vereinfacht. Kommunikationssysteme können aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden, wie folgende Graphik zeigt.

4 Berners-Lee Tim, “Der Web-Report, Econ, 1999

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Ziel ist Bereitstellung einer einheitlichen Kommunikationsinfrastruktur.

Ein modernes Netzwerk stellt die Infrastruktur für die interne- und externe Kommunikation dar. Ein dermaßen aufgebautes Netzwerk wird z.B. mittels strukturierter Verkabelung erreicht. Bei der passiven Verkabelung, d.h. der Verkabelung mit Kupfer- oder Glasfaserkabeln, wird von einer durchschnittlichen Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren ausgegangen.

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1.3. Begriffe und Konzepte Nachdem im Vorfeld schon der Begriff Kommunikationssystem oder Kommunikationstechnik gefallen ist, wird an dieser Stelle eine Begriffsklärung notwendig. Der Begriff „Kommunikation“ hat von seiner ursprünglichen Bedeutung – Verständigung, Mitteilungen zwischen Menschen – eine Erweiterung erfahren. Kommunikation ist die einseitige oder wechselseitige

- Abgabe, - Übermittlung und - Aufnahme

von Nachrichten durch Menschen oder technische Systeme. Kommunikation kann in verschiedenen Formen erfolgen:

- Sprache, - Bild, - Ton, - Text bzw. - allgemeine Information (repräsentiert durch Daten).

Kommunikation verlangt einen Übermittlungsweg zwischen Sender und Empfänger der Nachricht.

Im alltäglichen Sprachgebrauch wird selten zwischen Daten, Nachrichten und Informationen unterschieden. Ein Beispiel sind die gleichbedeutend verwendeten Begriffe „Datenübertragung“, „Datenverarbeitung“, „Informations-Technologie (IT)“ oder der frühere Begriff „Nachrichtentechnik“. Für eine genauere Betrachtung gibt es aber folgende Unterschiede. Daten sind maschinell auswertbare Zeichen, mit denen Information übertragen und verarbeitet werden kann. Mittels Zeichen oder Signalen werden Nachrichten generiert,

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deren Bedeutung erst der jeweilige Empfänger feststellen muß, d.h. er interpretiert die Daten und somit die Nachrichten. Die Bedeutung, die der Empfänger der Nachricht in den Daten erkennt, bezeichnet man als Information. Im folgenden werden einige Beispiele für Nachrichten aufgeführt.

Der Begriff „Formation“ wird heute noch im Englischen und Französischen verwendet und bezeichnet Formgebung, Gestaltung und wird auch auf die Ausbildung, die Menschen „formt“ übertragen. „In-formation“ ist somit, das zur (Meinungs-)Bildung hinzukommende. Aus dem Beitrag zur Bildung eines Menschen wurden zunehmend Fakten, d.h. zweckorientiertes Wissen. Man spricht heute von „Informationsgehalt“ und meint damit die Auswertbarkeit oder Verwendbarkeit einer Nachricht. Der Versuch, im Rahmen einer Theorie über Information auch eine Aussage über menschliche Kommunikation zu machen beruht wahrscheinlich auf einem Missverständnis. Der isrealische Sprachforscher und Logiker Bar Hillel (1915 – 1975) berichtete mit Bedauern, dass der Begriff „Theorie der Informationsübermittlung“ aus Gründen sprachlicher Vereinfachung zu „Informationstheorie“ verkürzt wurde. Somit wurde die „Theorie des Informationsgehaltes“ mit der „Theorie der Informationsübermittlung“ fälschlich verknüpft. Zu dieser Begriffsverkürzung hat auch Norbert Wiener in seinem Buch „Cybernetics“ (1947) beigetragen. Was zunächst als Methode zur Impulsübermittlung bei der Nachrichtenübertragung gedacht war, wurde so zu einer Denkgrundlage für den Umgang mit Information. Aus dem Begriff „Kybernetik“ und dem im Englischen verwendeten Wort „computer science“ entwickelte sich im Deutschen der Begriff „Informatik“.5 Unter einem System versteht man allgemein eine geordnete Menge von Elementen, zwischen denen Beziehungen, in mathematischer Terminologie ein Relationensystem, bestehen. Die Elemente sind also Teile des Systems. Die Beziehungen zwischen den Elementen sind Verbindungen, die das Verhalten des Systems beeinflussen. Man unterscheidet:

- materielle, - energetische und - informationelle

Beziehungen. Die Art, in der die Elemente eines Systems angeordnet sind, bezeichnet man als seine Struktur oder Topologie. Ein Kommunikationssystem bildet also die Informationsbeziehungen zwischen den Systemelementen ab. Im Zusammenhang mit der hier betrachteten rechnergestützten Kommunikation, wird der Systembegriff einschränkend als informationsverarbeitendes, rechnergestütztes System definiert.

5 Lauxmann Frieder, “Das Philosophische ABC”, dtv, 2000, S. 136ff

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Ein Kommunikationssystem besteht somit aus:

- einem oder mehreren Rechnern, - der zugehörigen Software, - den peripheren Geräten, - den Übertragungseinrichtungen.

Die Forderung nach Heterogenität der Netze führte im Jahre 1977 dazu, daß die ISO (International Standardisation Organsation) ein Subkommittee, SC16, gründete, das für die Rechnerkommunikation in offenen Systemen Normen schaffen sollte. Der Begriff OSI, Open System Interconnection, wurde geprägt. Nach OSI folgt in einem offenen System das Zusammenwirken von Rechnerhardware, Rechnersoftware und Übertragungsmedien einer Menge von Standards für den Informationsaustausch. Durch das Einhalten von Standards wird sichergestellt, daß die Systeme kompatibel sind, d.h. jedes Teilsystem offen für die Kommunikation mit jedem anderen Teilsystem ist. Ein offenes System ist also ein System mit der Fähigkeit, mit anderen Systemen zu kommunizieren und zu kooperieren. Dabei meint Kooperation die Kommunikation zwischen räumlich verteilten Informationssystemen, um eine gemeinsame Aufgabe zu erledigen, die Fortschreibung eines gemeinsamen Anfangsverständnisses durch Übertragung von Information. Die Basis für die Organisation und Funktionalität von (offenen) Netzen sind Normen und Empfehlungen. Für Normung zuständig sind die folgenden Institutionen:

DIN Deutsche Institut für Normung Deutschland

ANSI American National Standard Institute USA

IEEE Institute of Electrical and Electronic Engineers

USA

ISO International Standard Organization weltweit: Internationale Vereinigung aller nationalen Normungsgremien

Empfehlungen können von folgenden Institutionen ausgesprochen werden:

CCITT Consultative Comittee on International Telegraphy and Telephony

Comité Consultatif Internationale des Télégraphique et Téléphonique

ITU International Telecommunication Unit

RegTP Regulierungsbehörde für Post und TK Normen geben offenen Systemen die herstellerunabhängige Fähigkeit zur Kommunikation. Sie wird dadurch erreicht, daß offene Systeme standardisierte Algorithmen für den Informationsaustausch einhalten müssen. Insofern bestimmen genormte Regeln (Protokolle) ihr externes Verhalten. Diese Protokolle legen nicht die interne Struktur eines offenen Systems fest. Das ausschließliche Ziel ist Kompatibilität, d.h., daß jedes System mit jedem anderen System kommunizieren kann.

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1.4. Allgemeiner Aufbau eines Kommunikationssystems Den grundsätzlichen physikalischen Aufbau eines rechnergestützten Kommunikationssystems zeigt folgende Abbildung:

Eine transportorientierte Sicht zwischen den o.a. Elementen betrachtet die Art, wie die Daten von einer Stufe in die andere Stufe transportiert werden. Dazu bedarf es Protokolle. Aus Anwendungssicht laufen auf der Stufe „Computer/Peripherie“ anwendungsorientierte Funktionen, für die Netzwerkbetriebssysteme zuständig sind. Anschlusselemente, wie z.B. Hubs oder Switches sind Rechner mit einer speziellen Funktion, nämlich der Verbindung von Netzelementen. Übertragungsmedien können nach leitergebunden, d.h. Kupferkabel, Lichtwellenleiter und leiterungebunden, d.h. Funk, Infrarot, Laser, Mikrowelle, unterteilt werden. Koppelsysteme, wie z.B. Router, Bridges, ATM-Switches verbinden Netzwerksegmente oder ganze Netzwerke miteinander und sind u.a. die Basis für das Internet als Netz von Netzen.

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2. Motivation und Werkzeuge Kommunikationssysteme haben einen großen Einfluß auf Unternehmen und Institutionen. Neben den bekannten elementaren Produktionsfaktoren Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe ist Information als neuer Produktionsfaktor hinzugekommen. Wie Kapital und Energie läßt sich Information zunächst als Rohstoff betrachten: erst die organisatorischen und technischen Systeme, mit denen Information gewonnen, übermittelt, gespeichert, verarbeitet oder dargeboten wird, machen aus dem Rohstoff einen Produktionsfaktor. Die Weiterentwicklung aller Bereiche, Firmen, Institutionen, ganzer Volkswirtschaften hängt immer mehr davon ab, wie umfangreich, schnell und zuverlässig Informationen beschafft, verknüpft, verarbeitet und verbreitet werden können. Einen wesentlichen Beitrag leisten dazu die Kommunikationssysteme. Sie dienen dem Verbund und der Kooperation von bereits bestehenden Informationssystemen. Nur durch die Vernetzung von Rechensystemen, lokal oder über Fernnetze, wird die Basis für flexible Anwendungen und Zugriff auf Wissen geschaffen.

2.1. Gemeinsame Ressourcennutzung Kommunikationssysteme ermöglichen die gemeinsame Ressourcennutzung innerhalb einer Arbeitsgruppe, eines Unternehmens oder zwischen unterschiedlichen Standorten.

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2.2. Geschichtliche Entwicklung Als Beginn der Evolution in der Telekommunikationstechnik kann man die Telegrafie betrachten. 1835 konnte man mit dem von Gauß und Weber in Göttingen entwickelten elektrischen Telegrafen 7 Buchstaben pro Minute übertragen. Das war ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu den anderen zur Verfügung stehenden Nachrichtentransportmöglichkeiten wie etwa durch Schriftstücke oder sogar optische Telegrafen. 1866 wurde bereits das erste funktionsfähige Transatlantikkabel von Irland nach Neufundland verlegt. Die Telegrafenstrecken umrundeten schnell den gesamten Erdball. Allerdings wurde der Telegraf schnell in seiner globalen Bedeutung durch das Telefon verdrängt, das aufgrund seiner einfacheren Bedienung und Benutzbarkeit in kurzer Zeit hohe Akzeptanz genoß. Während der Telegraf spezielle Fähigkeiten für die Bedienung voraussetze, konnte das Telefon von jedermann ohne Schwierigkeiten bedient werden. Diese Akzeptanz des Telefons hat die Telegrafenübermittlungstechnik in den Hintergrund gedrängt und ist wohl die Ursache dafür, daß die Kopplung der Rechner in den 50-er Jahren durch die in der Telefontechnik angewandte analoge Übertragung erfolgte, obwohl die Übermittlungsdienste im Telegrafiebereich der digitalen Übermittlung näher steht. Neben den drahtgebundenen Übertragungsystemen entwickelte sich auch die Funktechnik und vor allem im Bereich der Bewegtbildkommunikation und der Sprachkommunkation für Rundfunkzwecke. J.C. Maxwell und H. Hertz entwickelten in den 70-er und 80-er Jahren des 19. Jahrhunderts die theoretischen Verfahren für Funkübertragungen. Hertz zeigte dabei, daß die von einem geeignet angeregten elektrischen Oszillator ausgehenden Schwingungen an einem weit entfernten Ort wieder detektiert werden können. Da die größten Kosten zunächst für Übertragungstrecken entstanden, war es eine Hauptrichtung der Untersuchungen, die Übertragungstrecken leistungsmäßig so gut wie möglich auszunutzen. Duplex-Verfahren und Zeitmultiplexverfahren wurden ebenfalls bereits in den 70-er Jahren von Edison (1874) und von Baudot (1872) vorgestellt. Damit war die Möglichkeit zur Mehrfachausnutzung von Leitungen gegeben. Nationale Netze sind schnell zu internationalen Netzen verbunden worden. Ziemlich schnell sah man, daß diese Verbindungen nur erfolgreich sein können, wenn Standardisierungen und Normen vorhanden sind, um eine Interoperabilität der Kommunikationssysteme zu ermöglichen. So wurde bereits sehr früh die International Telecommunication Union (ITU) gegründet. Innerhalb der ITU werden die technischen Fragen, Entwicklungen von Standards, Empfehlungen usw. von der CCITT, International Telgraph and Telephone Consultative Committee, behandelt. Die Entwicklung der Rechnernetze wurde in dem Augenblick forciert, als die Notwendigkeit zur Datenfernverarbeitung und zur Kommunikation mit entfernten Organisationseinheiten von Unternehmen gegeben war. Um 1950 wurde bereits ein gemeinsames Netz, SITA, von ca. 200 Fluglinien für Flugbuchungen interaktiv betrieben. Die Computerzentren waren über Telefonleitungen miteinander verbunden. Die Reservierungsinformationen und Flugpläne wurden Reisebüros zur Verfügung gestellt. Im Jahre 1987 übermittelte SITA 30 Millionen Nachrichten von durchschnittlich 170 Zeichen mit einer Antwortzeit von weniger als 3 Sekunden.

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Bekannte, neue Flugreservierungssysteme sind AMADEUS, das Flugresevierungssystem der Lufthansa, Air France, Iberia und SAS, sowie das System GALILEO für die Gesellschaften British Airways, Swissair und KLM. Die umfassenden Reservierungssysteme zeigen typisch Vorteile, die aus der Kooperation von Weitverkehrsnetzen, Speichermedien und Kommunikationssystemen und nicht zuletzt von Dienstleistungsorganisationen erwachsen. Da das Fernsprechnetz bereits als gut ausgebautes flächendeckendes Kommunikationsnetz zur Verfügung stand, bot es sich auch für die Datenkommunikation optimal an. Bereits in den frühen Phasen wurden für besonders wichtige Datenverbindungen Standleitungen benutzt, deren Qualität besser als die der Wählleitungen war. Auch erreichte man so höhere Übertragungsgeschwindigkeiten mit hohen Kanalkapzitäten. Allerdings mußten die hohen Kosten für die Standleitungen durch optimale Auslastungen gewährleistet werden. Man war daher bestrebt, Paketvermittlungstechniken zu entwickeln und die Ressourcen der Kommunkationskanäle durch Knotenrechner optimal zu nutzen. 1969 wurde ein paketvermittelndes, heterogenes Netz mit vier Knoten durch ARPA (ARPA = Advanced Research Projects Agency) in Betrieb genommen. Die Heterogenität war eine Forderung, um auch datenverarbeitende Geräte verschiedener Hersteller zusammenschalten zu können und eine Kommunikation zu ermöglichen. Speziell seit der Teilung (1983) in einen militärischen Teil, das MILNET, und den forschungsorientierten Teil, damals ARPA-Net genannt, wurde es zum Testfeld für Netzwerkapplikationen in aller Welt. Bis heute hat sich das ARPA-Net als ein leistungsfähiges, flächendeckendes Computernetz nicht nur in den Forschungseinrichtungen der Universitäten und großer Institute der USA entwickelt. Das daraus inzwischen in einem Zeitraum von fast drei Jahrzehnten entstandene Internet hat mittlerweile globale Bedeutung erlangt. Es hat seit seiner Entstehung eine Fülle von Technologien und Applikationen hervorgebracht. Einige dieser Applikationen haben sich durchgesetzt. Sie wurden als Standard in den RFC (Request for Comments), dem Regelwerk für Internet-Standards, aufgenommen, das durch eine Institution namens IAB (Internet Architecture Board – bis 1983 ICCB = Internet Configuration Control Board) verwaltet wird. Der Aufbau der weltweiten Infrastruktur, die basierend auf dem Standardprotokoll TCP/IP das größte Wide Area Network (WAN) der Welt verbindet, vollzog sich in diesem Zeitraum beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit. Universitäten und Forschungseinrichtungen nutzten die Kommunikationseinrichtungen für Ihre Arbeit, private oder gar kommerzielle Nutzer waren lange Zeit vollkommen ausgeschlossen. Das beispiellose Wachstum der letzten Jahre und die vehemente Präsenz des Internets als Thema in allen Medien wurzelt auf Entwicklungen, die sowohl auf kulturellem wie auch politischem und technischem Gebiet Wirkung zeigen.

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2.3. Analyse des Internetverkehrs

2.3.1. Werkzeuge

2.3.1.1. Interpretation einer Ping-Anfrage Das Ping-Programm sendet eine Nachricht an den angegebenen Computer und wartet auf eine Antwort. Ping sendet eine Anfrage pro Sekunde und produziert eine Ausgabezeile für jede erhaltene Antwort. Die Ausgabezeile gibt Auskunft über die Größe des empfangenen Pakets und die sog. Roundtrip-Zeit in Millisekunden. Die sog. TTL-Zeit (Time To Live) ist ein Maß, das jedem Router (Hardware zur Verbindung von Netzwerken) auf dem Weg von der Quelle zum Ziel mitteilt, wie lang sich das Paket schon im Netzwerk befindet. Immer wenn das Echo-Paket über den Ping-Aufruf einen Router durchläuft und an ein anderes Netzwerk weitergegeben wird, wird die TTL um eine Einheit (eine Sekunde) verändert. Mit Ping kann die Kommunikation zwischen zwei Computern getestet werden, sowie Hardwareprobleme, Konfigurationsfehler und fehlerhafte Netzwerkverbindungen festgestellt werden.

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2.3.1.2. Interpretation einer Route Mit dem Befehl traceroute (oder auch tracert) können die auf dem Weg zum Zielcomputer liegenden Computer (entspricht Routern) und die für einen Wechsel (Hop) verbrauchte Zeit ermittelt werden. Manche Netzwerkverwalter blockieren die Protokolle, die von traceroute und ping benutzt werden, um Außenstehenden Informationen über den Aufbau des Netzwerkes zu verwehren. In der folgenden Graphik wird der Befehl traceroute über www.visualroute.com ausgeführt:

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3. Datenübertragung Kommunikationssysteme übertragen Daten durch Kodieren in eine Energieform und das Senden der Energie über ein Übertragungsmedium. So wird elektrischer Strom benutzt, um Daten über eine Leitung zu übertragen. Mit Radiowellen können z.B. Daten durch die Luft übertragen werden.

3.1. Übertragungsmedien

3.1.1. Übersicht Übertragungsmedien können nach leitergebundenen- und nicht leitergebundenen Übertragungsmedien unterschieden werden. Leitergebundene Übertragungsmedien können gemäß folgender Darstellung eingeteilt werden:

Nicht an Leiter gebundene Datenübertragungsmedien sind:

- Funk - Laser - Infrarotes Licht - Mikrowelle

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3.1.2. Kupferkabel Die Verbindung von Datenendgeräten geschieht aus Preisgründen häufig mit Kabeln. Obwohl Verbindungskabel mit verschiedenen Metallen gefertigt werden können, werden überwiegend Kupferkabel eingesetzt, weil der geringe Widerstand von Kupfer auf elektrischen Strom bedeutet, dass die Signale größere Strecken zurücklegen können. Der Begriff „symmetrische Leiter“ bezeichnet das elektrische Verhalten gegenüber der Erdung (erdsymmetrisch). Symmetrische Leiter bestehen aus 2 Adern und der Bezugserde. 2 Adern werden z.B. von einem Hub so angesteuert, dass gleiche Signale mit entgegengesetzter Polarität übertragen werden.

Die in Netzwerken eingesetzten Kupferkabel sollen eine geringe Interferenz aufweisen. Interferenz entsteht, weil sich ein elektrisches Signal, das sich in einem Kabel ausbreitet, wie eine „Radiostation“ verhält, d.h. das Kabel strahlt elektromagnetische Energie ab. Trifft diese elektromagnetische Energie auf ein anderes Kabel, so wird dadurch ein geringer elektrischer Strom im Kabel erzeugt. Die Menge des erzeugten Stroms hängt von der Energie der elektromagnetischen Welle und der physischen Position des Kabels ab. Liegen Kabel aufgrund einer nicht fachgerechten Verlegung nahe beieinander, bewirkt ein starkes Signal in einem Kabel ein ähnliches Signal im anderen Kabel, d.h. es kann zu einer Störung oder Unterbrechung der gewollten Kommunikation kommen. Die bereits angesprochene mangelhafte Verlegung von Kabeln kann zu erheblicher Interferenz führen, wenn Datenkabel mit Kabeln eines anderen Netzes, z.B. Stromkabeln, parallel verlegt werden. Kapitel 3.1.9 beschreibt den Aufbau einer strukturierten Verkabelungen die o.a. Probleme minimiert.

Die folgende Abbildung zeigt das elektrische- und das magnetische Feld einer ungeschirmten Doppelleitung:

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Um die Interferenz zu minimieren, werden in Netzwerken vorwiegend zwei Kabelarten verwendet:

- verdrillte Kabelpaare (twisted pair) - Koaxialkabel (heute in Netzwerken von geringerer Bedeutung)

Verdrillte Kabelpaare werden im Telefonsystem eingesetzt. Der Begriff „verdrillt“ bedeutet, dass jeder Draht mit einem Isoliermaterial (z.B. Kunststoff) ummantelt wird, anschließend wird ein Paar verdrillt. Ein so bearbeitetes Kupferkabel ändert durch die Verdrillung die elektrischen Eigenschaften, so dass es sich besser für den Einsatz in Computer-Netzwerken eignet.

Eine geschirmte Doppelleitung zeigt folgenden Verlauf des elektrischen- und des magnetischen Feldes:

Sog. twisted-pair-Kabel bestehen aus 4 Leiterpaaren (8 Adern) und lassen sich in folgende Kategorien einteilen:

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Ein hochwertiges Kabel zur Datenübertragung in Netzwerken hat z.B. folgenden Aufbau:

Hier werden die verdrillten Kabelpaare von einem Paarschirm umgeben, dieser wiederum von einem Folienschirm, dieser von einem Kupfergeflecht und dieses wiederum von einem Kabelmantel. Derartig aufgebaute Kabel besitzen eine hohe Störfestigkeit und Schirmung. Koaxialkabel wurden in Netzwerken als sog. Thick-Wire- oder Thin-Wire-Kabel eingesetzt und besitzen folgenden Aufbau:

Gemäß einem Standard des Normungsgremiums IEEE (Institute for Electrical and Electronic Engineers) gibt es für Kupferkabel folgende Bezeichnungen:

- 10Base2 (Thin-Wire-Kabel für 10 Mbit/s Ethernet, max. Länge 200 m) - 10Base5 (Thick-Wire-Kabel) für 10 Mbit/s Ethernet, max. Länge 500m) - 10BaseT (10 Mbit/s Ethernet mit UTP-Kabeln, max. Länge 100 m) - 100BaseT (Fast Ethernet)

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3.1.3. Lichtwellenleiter Zur Datenübertragung in Netzwerken können auch Glasfaserkabel (Lichtwellenleiter, LWL) verwendet werden. Daten werden hier mit Licht übertragen. Ein Sender an einem Ende der Glasfaser nutzt eine lichtemittierende Diode (LED) oder eine Laserdiode, um Lichtimpulse durch die Glasfaser zu leiten. Ein Empfänger am anderen Ende der Glasfaser nutzt einen lichtempfindlichen Transistor, um die Lichtimpulse zu erkennen. LWL haben folgenden Aufbau und können aus bis zu 24 Glasfasern bestehen:

LWL haben gegenüber Kupferkabeln entscheidende Vorteile:

- LWL können nicht elektrisch gestört werden und senden selbst keine elektrische Störung aus

- LWL können Lichtimpulse weiter befördern als Kupferkabel elektrische Signale - da Licht mehr Daten kodieren kann als elektrische Signale, können mehr Informationen

übertragen werden - zur Datenübertragung mit Licht kann 1 Glasfaser verwendet werden, zur

Datenübertragung mit Elektrizität wird immer 1 Leiterpaar vorausgesetzt, um einen geschlossenen Kreis zu bilden

Nachteile von LWL liegen im Preis, der gegenüber einer Verlegung mit Kupferkabeln ungefähr den Faktor 1:3 ausmacht und in der aufwendigeren Verlegung von LWL.

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LWL-Kabel gibt es in unterschiedlichen Ausführungen:

LWL-Kabel können anhand von Aufdrucken auf den Kabeln identifiziert werden:

3.1.4. Funk Für die Datenübertragung kann auch elektromagnetische Strahlung, wie sie für die Radio- und Fernsehübertragung verwendet wird, benutzt werden. Ein leiterungebundenes Netzwerk, ein sog. Wireless LAN, basiert auf Radiofrequenz. Die Übertragung über dieses Medium wird RF-Übertragung genannt. Der genutzte Frequenzbereich zur Datenübertragung beträgt 2,4 GHz, das sog. ISM-Band (Industry, Science, Medicine). Je nach Geräte- und Antennentechnik können Übertragungsraten bis zu 11 Mbit/s erreicht werden. Diese Technik wurde ursprünglich für den militärischen Bereich entwickelt. Die Reichweiten betragen je nach Gebäudebeschaffenheit 50 m bis 200 m innerhalb von Gebäuden und ca. 600 m außerhalb von Gebäuden. Mit zusätzlichen Antennen

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sind höhere Reichweiten möglich, aber durch gesetzliche Vorgaben in Europa auf 700 m begrenzt. Die folgende Abbildung zeigt eine Beispielausrüstung zum Aufbau eines Funk-Netzwerkes:

Bei Funk-LANs wurden früher häufig proprietäre Lösungen eingesetzt. Durch den Standard IEEE 802.11 können kompatible Geräte verschiedener Hersteller zusammen eingesetzt werden.

3.1.5. Bluetooth Der Funkstandard Bluetooth6 überträgt Daten mit bis zu 1 Mbit/s im lizenzfreien 2,4 GHz-Band. Der Einsatzbereich ist die Kommunikation mit Peripheriegeräten und der Datenaustausch. Eine Sichtverbindung wird dazu nicht benötigt. Je nach Sendeleistung können Entfernungen zwischen 10 und 100 m überbrückt werden. Bluetooth eröffnet ein weites Anwendungsgebiet, von drahtlosen Peripheriegeräten (z.B. Tastatur, Maus, Drucker, Modem/ISDN) über Bluetooth-fähige Mobiltelefone, Organizer und PDAs. Es können zwar Daten zwischen bis zu 8 Geräten gleichzeitig ausgetauscht werden, jedoch ist Bluetooth kein LAN.

6 Standard von Ericsson nach König Blauzahn, Dänemark, benannt

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3.1.6. HomeRF HomeRF verwendet ebenfalls das lizenzfreie 2,4 GHz-Band zur Datenübertragung mit 1 und 2 Mbit/s über Distanzen von bis zu 50 m. Im Unterschied zu Bluetooth ist HomeRF kompatibel zum Datenfunk nach IEEE 802.11 sowie DECT7 und kann TCP/IP-Daten übertragen. HomeRF soll sämtliche Kommunikationsgeräte im Consumer-Bereich (z.B. Videorecorder, Fernseher, Telefone) miteinander kommunizieren lassen, die gemeinsame Nutzung von Peripheriegeräten ermöglichen und außerdem Sprachübertragung ermöglichen. Ob sich Bluetooth oder HomeRF am Markt durchsetzen wird, hängt von der Verfügbarkeit, dem Preis und der Kompatibilität der Geräte ab

3.1.7. Mikrowelle Elektromagnetische Strahlung oberhalb des für Radio und Fernsehen benutzten Frequenzbereichs kann auch zur leiterungebundenen Datenübertragung genutzt werden. Mikrowellenübertragungen werden vor allem von Telefongesellschaften genutzt. Aktuell werden aber auch viele Backup-Leitungen von großen Unternehmen auf Mikrowellenbasis aufgebaut. Mikrowellen sind zwar eine Version von Radiowellen mit höherer Frequenz (bis zu 38 GHz), sie verhalten sich aber anders. Während Radiowellen in alle Richtungen senden, so lassen sich Mikrowellen in eine Richtung ausrichten, damit Kommunikation nur zwischen 2 Stationen stattfinden kann. Über eine Mikrowelle können größere Informationsmengen (155 Mbit/s) als mit Radiowellen übertragen werden. Da Mikrowellen keine Metallstrukturen durchdringen können, dürfen zwischen Sender und Empfänger keine Hindernisse sein. Mikrowellenübertragungen weisen folgende Vorteile auf:

- hohe Verfügbarkeit (99.9x % p.a.) - Entfernungen bis 40 km realisierbar - wartungsfreier Betrieb im Außenbereich - Übertragung bis 155 Mbit/s - Übertragung von Sprache, Daten und Video - passive Umlenkung (z.B. über Spiegel) möglich

.

3.1.8. Laser Wie bei einem auf Mikrowellen basierenden Übertragungsverfahren bestehen laserbasierende Übertragungen aus 2 Standorten mit jeweils einem Sender und einem Empfänger mit direkter Sichtverbindung als Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Optischer Richtfunk über Laser erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 622 Mbit/s und Reichweiten von bis zu 5 km. Laserübertragungen werden durch Wetterbedingungen wie Nebel, Schnee oder Regen, sowie durch Blätter an Bäumen behindert.

7 digital European cordless telephone (Mobilfunk)

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3.1.9. Infrarot Optische Freiraumübertragung kann auch mittels Infrarotstrahlen erreicht werden. Voraussetzung ist das Vorhandensein einer freien Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger. Mit Infrarotübertragungen können max. 4 km überbrückt werden. Während Mikrowellensysteme von der RegTP (Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation) genehmigt werden müssen, ist die Infrarotübertragung nur anzeigepflichtig aber nicht genehmigungspflichtig. Infrarotlicht ist für das menschliche Auge nicht sichtbar und unschädlich, wogegen Laserlicht Verletzungen hervorruft. D.h. für Infrarotsysteme die auf LED-Technik basieren ist kein Laserschutzbeauftragter erforderlich. Infrarotsysteme können auch wie Lasersysteme durch schlechte Witterungsbedingungen beeinflusst werden. Infrarotschnittstellen IrDA8 haben sich bei Notebooks und anderen mobilen Geräten (PDAs, Handhelds, Handys) beretis etabliert. IrDA erlaubt ein Geschwindigkeit von bis zu 115,2 kBit/s, FastIrDA erlaubt eine Geschwindigkeit von maximal 4 Mbit/s. IrDA stellt eine reine Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit einem eigenen Protokoll dar. Durch die relativ geringe Geschwindigkeit liegt der Einsatzbereich von IrDA hauptsächlich im Bereich der Datenübertragung kleiner Mengen, z.B. drahtloses Drucken, Übertragung von Bildern digitaler Kameras oder Datenübertragung zwischen Notebooks. Eine weitere Einschränkung liegt in der maximalen Distanz von ca. 30 cm zwischen zwei IrDA-Geräten mit direkten Verbindung.

3.1.10. Satelliten Um große Übertragungsstecken überbrücken zu können, kann die RF-Technologie mit Satelliten kombiniert werden. Der Satellit enthält einen sog. Transponder, der aus einem Radiosender und –empfänger besteht. Der Transponder nimmt eine ankommende Funkübertragung an, verstärkt sie und überträgt das Signal zu einer anderen Empfangsstation am Boden zurück. Da die Plazierung eines Satelliten im Orbit sehr teuer ist, trägt ein Satellit i.d.R. bis zu 12 Transponder, die unabhängig voneinander arbeiten. Jeder Transponder nutzt dabei eine andere Frequenz, sodaß mehrere Übertragungen parallel stattfinden können. D.h. jedem Kunden wird ein Kanal zugewiesen. Umlaufbahnen werden anhand der Orbithöhe eingeteilt:

- LEO (Low Earth Orbit) o Umlaufbahnhöhe 700 – 2.000 km o Umlaufgeschwindigkeit ca. 25.000 km/s o wegen geringer Flughöhe besonders für Sprachkommunikation geeignet, da

geringe Laufzeitverzögerungen vorhanden sind o die vollständige Erdabdeckung erfordert mindestens 40 Satelliten

- MEO (Medium Earth Orbit) o Umlaufbahnhöhe 6000 – 12.000 km o genutzt für Sprach- und schmalbandige Datenübertragung o die vollständige Erdabdeckung erfordert 12 - 15 Satelliten

8 infrared data association

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- GEO (Geostationary Earth Orbit) o Umlaufbahnhöhe 35786 km o Umlaufgeschwindigkeit ist identisch mit der Erdumdrehung (Satellit steht „fest“

am Horizont) o verwendet für Fernsprech- und Fernsehübertragung o lange Signallaufzeiten bei Sprachkommunikation (ca. 0,5 sec. Antwortzeit)

Satellitensysteme verwenden eine weltweit einheitliche Vorwahl-Rufnummer (z.B. das ehemalige IRIDIUM 008816 bzw. 00817). Zusätzlich zu den für die Kommunikation mit Bodenstationen benutzten Transpondern umfasst ein Satelliten-Array im niedrigen Orbit Funkanlagen für die Intersatelliten-Kommunikation im selben Array. Während ihrer Bewegung im jeweiligen Orbit kommunizieren die Satelliten untereinander und einigen sich auf die Weiterleitung der Daten.

3.1.11. Aufbau einer strukturierten Verkabelung Beim Aufbau einer strukturierten Verkabelung steht der Gedanke eines anwendungsneutralen Verkabelungssystems für die Integration unterschiedlicher Dienste, wie z.B. Sprache, Daten, Bilder und Video im Vordergrund. Vor dem Aufbau einer Vernetzung, die u.U. eine Lebensdauer von 10 – 15 Jahren hat, sollten folgende Überlegungen angestellt werden:

- Zeitrahmen - Budget - vorhandene Infrastruktur - Investitionsschutz - Erarbeitung eines Sollkonzepts (Anschlussplan, Leitungsführungsplan) - Planung von baulichen Maßnahmen - Festlegung der Verkabelungsgrundstruktur (Gelände, Gebäude, Etage) - Organisatorische Zuordnung - Migration zu künftigen Hochgeschwindigkeitsnetzwerken

Eine normierte strukturierte Verkabelung definiert die Anforderungen an die eingesetzten Komponenten, wie z.B. Datenkabel, Steckverbinder usw. Die Verkabelungsstruktur wird eingeteilt in:

- Tertiärverkabelung (Etagenbereich, horizontal) o Etagenverteiler (EV) o Patch-Feld (Rangierfeld) o Patch-Kabel (Rangierkabel) o Anschlussdose o Anschlußkabel o Verkabelung mit Kupfer oder LWL o Richtlinien:

��Fläche des Etagenbereichs: max. 1.000 qm ��max. 90m Kabellänge bis zur Anschlussdose

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��bei größeren Etagen, mehrere Tertiärbereiche ��jeder Arbeitsplatz soll mindestens 2 Anschlußdosen erhalten

- Sekundärverkabelung (Steigleitungsbereich, vertikal) o Gebäudeverteiler o Patchfelder im Gebäudeverteiler o Verkabelung mit Kupfer oder LWL

- Primärverkabelung (Gebäudeverbindung) o Standortverteiler (SV) o Patchfelder im Standortverteiler o Verkabelung mit LWL

��größere Verbindungsstrecken ��höhere Übertragungssicherheit ��hohe Bandbreite ��keine Potenzialverschleppung

Im Bereich der anwendungsneutralen Verkabelung gibt seit 1995 die auch für Deutschland verbindliche Norm EN 501739. In Deutschland ist auch der weltweit gültige Verkabelungsstandard ISO/IEC DIS 11801 maßgebend. Die europäische Norm EN 50173 stellt weitgehend eine 1:1-Übersetzung des ISO/IEC10 DIS 11801-Standards dar. Vor 1995 wurde in Unternehmen häufig die Norm ANSI/EIA/TIA 56811 aus Ermangelung einer europäischen Norm angewandt. Die Norm gliedert sich in in die Teile TSB (Technical Systems Bulletin) 36 und TSB 40. Während TSB 36 die Kabel definiert, betrachtet TSB 40 die passiven Komponenten, wie z.B. Stecker und Datendosen. Die Norm ANSI/EIA/TIA 568 unterstützt 5 Kategorien (Kat. 1 bis 5). Die Norm EN 50173 wurde speziell um die europäischen Anforderungen ergänzt. Sie definiert Mindestanforderungen für Verkabelungssysteme, sowie deren Komponenten und beschäftigt sich mit dem Aufbau von Verkabelungssystemen innerhalb eines Standortes (LAN), der aus mehreren Gebäuden bestehen kann. Die Norm wurde für Standorte mit einer max. Ausdehnung von 3.000 m und einer Bürofläche von bis zu 1.000.000 qm optimiert. Die Spannweite reicht von 50 bis 50.000 Netzwerkanwendern. Im einzelnen definiert die Norm EN 50173:

- Struktur und den Mindestumfang eines universellen Verkabelungssystems - Anforderungen für die Realisierung - Leistungsanforderungen an die Verkabelungsstrecken sowie an die Komponenten - Messverfahren zur Überprüfung der Ausführung

Patchkabel gehören nicht zum Anwendungsbereich der EN 50173. Zusätzlich zur Norm EN 50173 muß bei der Planung von Netzwerken auch das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit (EMVG), sowie die Norm EN 55022 und DIN 0878 beachtet werden. Diese Normen beschreiben die Störfestigkeit und Störaussendung eines Verkabelungssystems.

9 erschienen im Beuth Verlag, Berlin 10 IEC, International Electronical Commission, DIS, Draft International Standard 11 ANSI (American National Standards Institute), EIA/TIA (Electronic Industries Association/Telecommunications Industry Association)

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Verkabelungsstrecken werden in Klassen mit definierten Leistungsparametern eingeteilt: Kategorie Klasse Frequenzbereich in MHz Netzanwendung

1, 2 A 0,1 analoge Sprache 3 B 1 digitales Telefon 4 C 16 einfache Datendienste 5 D 100 Hochleistungsdatendienste 6 E 600 Höchstleistungsdatendienste

Der Aufbau eines strukturierten Verkabelungssystems ergibt sich nach folgender Graphik:

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3.2. Asynchrone Kommunikation (RS-232) Digitale Geräte nutzen Binärziffern (Bits) zur Darstellung von Daten. Datenübertragung zwischen Computern bedeutet, dass Bits mittels eines Übertragungsmediums gesendet werden müssen. Kommunikationssysteme nutzen zu diesem Zweck elektrischen Strom, Radiowellen oder Licht. Im diesem Kapitel wird erklärt, wie elektrischer Strom genutzt werden kann, um Informationen über kurze Strecken zu übertragen. Ferner wird beschrieben, wie Bits kodiert werden können. Weiter werden grundlegende Eigenschaften eines Netzwerkes vorgestellt: Bandbreite und Rauschen.

3.2.1. Asynchrone Kommunikation Müssen in einem Kommunikationssystem Sender und Empfänger ihre Aktionen nicht koordinieren (synchronisieren), bevor Daten übertragen werden können, so spricht man von asynchroner Kommunikation. Zwischen einzelnen Übertragungen kann dann ein Sender beliebig lange warten und Daten übertragen, wenn sie wieder bereitstehen. Der Empfänger muß bereit sein, die Daten dann zu empfangen. D.h. asynchrone Datenübertragung ist sinnvoll bei Peripheriegeräten, wie z.B. Tastaturen, bei denen nicht permanent Daten zur Übertragung anstehen.

3.2.2. Datenübertragung mittels elektrischen Stroms Bits werden durch elektrischen Strom kodiert, indem man negative Spannung benutzt, um eine 1 darzustellen und positive Spannung um eine 0 dazustellen. Um beispielsweise ein 0-Bit über ein Verbindungskabel zu übertragen, legt das sendende Gerät kurzzeitig eine positive Spannung auf das Kabel, dann setzt es das Kabel auf 0 Volt zurück. Das empfangende Gerät registriert die positive Spannung und verzeichnet, dass eine 0 angekommen ist. Um ein 1-Bit zu senden, setzt das sendende Gerät eine negative Spannung kurzzeitig auf das Verbindungskabel und setzt es anschließend auf 0 Volt zurück. Das folgende Beispiel zeigt, wie die Bitfolge 101001 über ein Kabel zwischen Sender und Empfänger übertragen wird:

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Ein derartiges Spannungsdiagramm nennt man Wellenformdiagramm (Waveform Diagram). Im o.a. Beispiel ist auch ersichtlich, dass zwischen der Übertragung des 4. und 5. Bit mehr Zeit verstrichen ist, als bei den übrigen Bits.

3.2.3. Normen der Telekommunikation Wie bereits dargestellt, ergeben sich bei der Datenübertragung durch elektrischen Strom gemäß der im vorhergehenden Kapitel beschriebnen Vorgehensweise mehrere Fragen:

- wie lange soll der Sender eine Spannung auf dem Kabel für ein Bit halten? - in welcher Höchstrate kann die Hardware die Spannung aufbauen und austauschen? - welche Rückmeldungen gibt die Empfangshardware im Fehlerfall? - kann ein Zeitfenster für die Übertragung mehrerer Daten verwendet werden?

Damit diese Fragen nicht von jedem Hersteller von Datenübertragungshardware und –software unterschiedlich interpretiert werden können, ist die Erarbeitung und Einhaltung von Normen von großer Bedeutung. Normungsgremien die Standards herausgeben sind z.B., ITU (International Telecommunications Union), EIA (Electronic Industries Association) oder IEEE (Institute for Electrical and Electronic Engineers). Ein Beispiel für Normierung ist der ASCII-Standard (American Standard Code for Information Interchange), der die 7-Bitdarstellung von Zeichen regelt. Für die Datenkommunikation über Kupferkabel zwischen Computern und Peripheriegeräten, wie z.B. Tastaturen oder Modems hat sich der EIA-Standard RS-232-C12 durchgesetzt, der meist als RS-232 abgekürzt wird. Dieser RS-232-Standard definiert Einzelheiten des physikalischen Anschlusses. Z.B.:

- die Entfernung der verbundenen Geräte muß weniger als 16 Meter betragen - die Spannungen reichen von –15 bis +15 Volt

RS-232 definiert die serielle asynchrone Kommunikation. Seriell13 heißt die Art der Datenübertragung deshalb, weil Bits nacheinander übertragen werden. Asynchron bedeutet, dass sich Sender und Empfänger vor der Übertragung nicht synchronisieren müssen. RS-232-Hardware lässt nie Nullvolt im Kabel. D.h., hat der Sender nichts zu übertragen, hinterlässt er das Kabel mit einer negativen Spannung, die dem Bitwert 1 entspricht. Da das Kabel zwischen jedem Bit keine Nullvolt zurückgibt, kann ein Empfänger das Nichtvorhandensein einer Spannung nicht dazu nutzen, um das Ende eines Bits und den Beginn des nächsten zu markieren. Dies bedeutet, dass sich Sender und Empfänger über die genaue Dauer der Spannung einigen müssen, die für jedes Bit anzulegen ist. Wenn der Empfänger das erste Bit eines Zeichens empfängt, startet er einen Timer, den er benutzt, um die Spannung für jedes nachfolgende Bit zu messen. Da ein Empfänger nicht zwischen einer ungenutzten Leitung und einem anfänglichen 1-Bit unterscheiden kann, verlangt der Standard RS-232 vom Sender die Übertragung eines zusätzlichen 0-Bit vor der Übertragung der Zeichenbits. Dieses zusätzliche Bit heißt Startbit. Die ungenutzte Zeit zwischen dem Ende eines Zeichens (Byte) und dem Startbit des nächsten kann zwar beliebig lange dauern (deshalb die Bezeichnung asynchron),

12 RS steht für request und send. C steht für current version. 13 Im Gegensatz zur seriellen Übertragung, werden bei der parallelen Übertragung mehrere Leiter benutzt.

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der RS-232-Standard gibt jedoch für den Sender eine Mindestdauer für diese ungenutzten Spannen vor. An jedes Byte wird also ein Stoppbit (1-Bit) angehängt. Das folgende Beispiel zeigt die Übertragung eines Zeichens mit Startbit und Kennzeichnung des Endes durch ein Stoppbit:

3.2.4. Baudrate, Rahmen und Fehler Sender und Empfänger müssen sich über die Dauer der anliegenden Spannung für jedes Bit einigen. Statt die Zeit zu definieren, spezifizieren Kommunikationssysteme die Anzahl der Bits, die in einer Sekunde übertragen werden können. Bei RS-232-Hardware sind das 9600 Bit pro Sekunde oder bei schnelleren Systemen 19.200, 33.600 oder 56.000 Bits pro Sekunde. Technisch gesehen wird die Leistung der Übertragungshardware in Baud14 gemessen, das ist der Wechsel in dem von der Hardware erzeugten Signal pro Sekunde. Genauere Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Übertragungshardware lässt die Messung der Anzahl der Bits pro Sekunde (bps) zu, sodaß heute die Bezeichnung Baud nicht mehr so oft verwendet wird. Das Vorbereiten der Daten zum Senden und das Umwandeln eines Bitstrings in einzelne Bits wird in speziellen Interfacebausteinen, sog. USART (Universal Serial Asynchronous Receiver/Transmitter) vorgenommen, die auf dem Motherboard integriert sind. Die Baudrate kann entweder manuell (durch Dipschalter) oder automatisch (durch Gerätetreiber) konfiguriert werden. Werden sendende und empfangende Hardware nicht auf die gleiche Baudrate gesetzt, treten Fehler auf, weil der Timer des Empfängers nicht die richtigen Wartezeiten für den Empfang der einzelnen Bits einhalten kann. Um Fehler zu erkennen, misst der Empfänger die Spannung für jedes Bit mehrmals und vergleicht die Messergebnisse. Stimmen nicht alle Spannungen überein oder kommt das Stoppbit nicht genau zur erwarteten Zeit, gibt der Empfänger einen Fehler vom Typ Rahmenfehler (Framing Error) aus. RS-232-Hardware kann z.B. Fehler dieser Art behandeln. So haben ASCII-Standardtastaturen eine BREAK-Taste (Untbr-Taste). BREAK erzeugt kein ASCII-Zeichen, sondern versetzt die Ausgangsverbindung länger in einen 0-Zustand als es dauert, um ein einzelnes Zeichen zu senden. Anwendungen können die BREAK-Taste nutzen, um die Anwendung zu beenden.

14 benannt nach Jean-Maurice-Emile Baudot, der zuerst die Geschwindigkeit von Telegraphieübertragungen gemessen hat

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3.2.5. Asynchrone Kommunikation im Duplexbetrieb In vielen RS-232-Anwendungen, wie z.B. Terminalanwendungen, müssen Daten in beiden Richtungen gleichzeitig übertragen werden. Die gleichzeitige Übertragung in zwei Richtungen nennt man Duplexbetrieb (Full Duplex Transmission). Dafür muß das RS-232-Kabel je einen Leiter für die in zwei Richtungen fließenden Daten besitzen. Ein Erdleiter wird benutzt, um den elektrischen Kreislauf in beiden Richtungen zu schließen. Der RS-232-Standard definiert einen 25poligen Stecker (DB25-Stecker) und regelt, wie die 25 Adern benutzt werden. Es ist auch ein 9poliger Stecker für serielle Übertragung gebräuchlich, wie folgende Abbildung zeigt:

Die Signale haben folgende Bedeutung:

DCD Data Channel Received Line Signal Detector, Empfangssignalpegel RxD receive Data, empfange Daten TxD transmit Data, übertrage Daten DTR Data Terminal Ready, Endgerät betriebsbereit GND Ground, Betriebserde DSR Data Set Ready, Betriebsbereitschaft RTS Request to Send, Sendeteil einschalten CTS Clear to Send, Sendebereitschaft

Zur Datenübertragung muß der Erdleiter (Betriebserde) des einen Geräts direkt mit dem Erdleiter des anderen Geräts verbunden sein. Die anderen zwei Leiter überkreuzen sich, d.h. der Sender (TxD) eines Geräts ist mit dem Empfänger (RxD) des anderen Geräts verbunden. Ein Modem übertragt auf Stift 2 und empfängt auf Stift 3, während ein Computer auf Stift 3 überträgt und auf Stift 2 empfängt. D.h. ein Verbindungskabel zwischen Computer und Modem hat eine Verbindung von Stift 2 zu Stift 2 und einen von Stift 3 zu Stift 3. Demgegenüber hat ein Verbindungskabel zwischen zwei Computern einen Leiter von Stift 2 zu Stift 3 und eine von Stift 3 zu Stift 2. Aufgrund dieses Kabellayouts wird das Kabel auch Überkeuzkabel oder Nullmodem genannt.

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3.2.6. Hardwaregrenzen In der Praxis kann kein elektronisches Gerät eine genaue Spannung exakt produzieren oder schnell zwischen den Spannungen wechseln. Außerdem leitet kein Kabel Elektrizität perfekt. D.h. ein Standard, wie z.B. RS-232 muß auch Mindestanforderungen der von einem Sender ausgehenden Wellenform und die Toleranz des Empfängers regeln. Der Empfänger muß also auch Signale, wie in folgender Abbildung akzeptieren:

3.2.7. Hardwarebandbreite und Übertragung von Bits In der Realität kann Hardware Spannungen nicht sofort wechseln. Dies ist eine grundlegende Eigenschaft von Übertragungseinrichtungen. Jedes Übertragungssystem hat eine begrenzte Bandbreite (bandwidth), das ist die Höchstgeschwindigkeit, in der Hardware ein Signal austauschen kann. Bandbreite wird in Zyklen pro Sekunde oder Hertz15 (Hz) gemessen. Hat z.B. ein Übertragungssystem eine Bandbreite von 4000 Hz, kann die Hardware jedes Signal übertragen, das in einer Rate hin und herschwingt, die geringer oder gleich 4000 Zyklen pro Sekunde ist. Nachdem jedes physikalische Übertragungssystem bestimmte Eigenschaften von Materie und Energie hat, ist die Bandbreite entsprechend begrenzt. Henry Nyquist hat 192416 den Zusammenhang zwischen der Bandbreite eines Übertragungssystems und der Höchstzahl an Bits, die pro Sekunde übertragen werden können, entdeckt. Nach diesem Nyquist-Theorem (Nyquist Sampling Theorem) gibt es eine theoretische Grenze der Höchstgeschwindigkeit, in der Daten gesendet werden können. Für das Beispiel RS-232, das Daten mit zwei Spannungswerten kodiert, besagt das Nyquist-Theorem, dass die maximale Datenrate in Bits pro Sekunde, die ein Übertragungssystem mit Bandbreite B erreichen kann, 2B ist. Allgemein heißt das, wenn das Übertragungssystem K anstelle von zwei Spannungswerten benutzt wird, ist die maximale Datenrate in Bits pro Sekunde D:

D = 2Blog2K Das Nyquist-Theorem stellt ein absolutes Maximum für ein Übertragungssystem dar, das in der Praxis nicht erreicht werden kann. In der Realität gibt es Hintergrundinterferenzen, die man

15 nach Heinrich Hertz 16 der Titel war „Certain Factors Affecting Telegraph Speed“ und wurde bei AT&T erforscht

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Rauschen (Noise) nennt. Claude Shannon17 erweiterte 1948 die Arbeit von Nyquist um die Spezifikation der maximalen Datenrate in einem Übertragungssystem, das der Einwirkung von Rauschen ausgesetzt ist. Das sog. Shannon-Theorem lautet:

C = Blog2(1+S/N) C gibt die effektive Grenze der Kanalkapazität in Bits pro Sekunde an, B die Hardwarebandbreite, S die durchschnittliche Signalleistung und N die durchschnittliche Rauschleistung. Der Quotient S/N wird Signal-Rausch-Abstand oder auch Rauschabstand genannt und in Dezibel (dB) gemessen. Ein Rauschabstand von 100 ist z.B. 20 dB und einer von 1000 ist 30 dB.

3.2.8. Wirkung von Rauschen auf die Datenübertragung Das Nyquist- und das Shannon-Theorem haben Konsequenzen beim Entwurf von Netzwerken, d.h. wie durch Kodierung z.B. mehr Bits pro Zeiteinheit übertragen werden können. Aus praktischer Sicht beschreibt das Shannon-Theorem, wie schnell man Daten z.B. über eine Telefonleitung senden kann. Das für Sprache ausgelegte Telefonnetz weist einen Rauschabstand von ungefähr 30 dB und eine Bandbreite von ca. 3000 Hz auf. Nach dem Shannon-Theorem ist die Höchstzahl von Bits pro Sekunde wie folgt begrenzt:

C = 3000log2(1+1000) oder ungefähr 30.000 bps.

Dies ist eine fundamentale Grenze, höhere Übertragungsgeschwindigkeiten sind nur möglich, wenn der Rauschabstand verbessert wird.

17 Claude Shannon prägte den Begriff “Bit”. Mit seiner Arbeit “Mathematische Theorie der Nachrichtenübertragung” (A Mathematical Theory of Communication) legte er den Grundstein zur Datenübertragung. Er prägte den Begriff “ informationstheoretische Entropie”, ein Maß für Redundanz, das eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von effizienten Kompressionsalgorithmen spielt. Das “Theorem der Informationstheorie” von Shannon besagt, daß die Samplingrate eines digitalisierten Signals mindestens doppelt so hoch wie die höchste abzubildende Frequenz sein muß.

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3.3. Prinzipien der Datenfernübertragung Für kurze Entfernungen können Daten über Kupferkabel übertragen werden, indem jedes Bit mit einer positiven oder negativen Spannung kodiert wird. Bei großen Entfernungen funktioniert diese Technik der Datenübertragung nicht mehr. In diesem Kapitel werden Techniken zur Datenübertragung über weite Strecken beschrieben.

3.3.1. Senden von Signalen über Weitstrecken Elektrischer Strom kann über Kupferkabel aufgrund von Signalverlust (signal loss) nicht über beliebig lange Strecken transportiert werden. Aufgrund des Widerstands im Kabel werden kleine Mengen von elektrischer Energie in Wärme umgewandelt, das bedeutet, dass einfache Änderungen des elektrischen Stroms, wie z.B. bei RS-232, bei großen Entfernungen nicht mehr ausreichen. Bei Fernübertragungssystemen wird ein physikalischer Effekt angewandt, der ein kontinuierlich schwingendes Signal benutzt. Anstelle der Spannungsänderung zur Kennzeichnung der Änderung eines Bitwertes, wird in Fernübertragungssystemen ein kontinuierlich schwingendes Signal, normalerweise eine Sinuswelle, die dann als Träger (carrier) bezeichnet wird, benutzt. Der Träger schwingt ständig, auch wenn keine Daten übertragen werden.

Der Sender kann Daten senden, indem er den Träger geringfügig modifiziert. Diese Änderungen im Träger werden Modulation genannt. Die Verwendung einer modulierten Trägerwelle wurde bereits für Telefon, Radio- und Fernsehübertragungen verwendet. Eine Radiosendestation benutzt eine kontinuierliche Trägerwelle, die in einer bestimmten Frequenz schwingt. Ein Radioempfänger im Empfangsbereich des Senders, der auf diese Frequenz eingestellt ist, erkennt die Modulation und rekonstruiert den gesendeten Ton. Die meisten Rechnerfernnetze benutzen die gleiche Technik wie Radiostationen, wobei hier üblicherweise die Frequenzen über Kabel übertragen werden. Auch hier gilt wieder das gleiche Prinzip: Der Sender erzeugt ein kontinuierlich schwingendes Trägersignal, das er entsprechend den zu sendenden Daten moduliert. Der Empfänger überwacht den ankommenden Träger, erkennt die Modulation und rekonstruiert die Originaldaten.

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Rechnernetze verwenden verschiedene Modulationstechniken:

• Amplitudenmodulation (amplitude modulation, AM) o die Stärke des ausgehenden Signals wird im Verhältnis zu den zu sendenen

Daten variiert • Frequenzmodulation (frequenzy modulation, FM)

o die Frequenz des zu Grunde liegenden Trägers wird zur Datenübertragung geringfügig geändert

Das folgende Beispiel der Amplitudenmodulation zeigt die Kodierung von einem 1-Bitwert durch Reduktion der Signalstärke auf 2/3 der vollen Stärke und die Kodierung von einem 0-Bitwert durch Reduktion auf 1/3:

Bei der Amplituden- und Frequenzmodulation wird mindestens ein Zyklus der Trägerwelle für das Senden eines Bits benötigt. Dies ist zwar für Sprache ausreichend, für Rechnernetze werden allerdings andere Modulationstechniken verwendet, um mehr Bits über den Träger senden zu können. Die Phasenmodulation (phase shift modulation) ändert das Zeitverhalten der Trägerwelle schlagartig, um Daten zu kodieren. Ein derartiger Phasenwechsel heißt auch Phasenversatz (phase shift). Nach einem Phasenversatz setzt der Träger seine Schwingung fort, beginnt aber an einem neuen Punkt in seinem Zyklus, wie die folgende Abbildung zeigt:

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Hardware kann den Versatz der schwingenden Welle messen und somit mehr als ein Datenbit kodieren. Dazu benutzt der Sender eine Gruppe von Bits, um zu ermitteln, um wie viel der Träger versetzt werden muß. Die Baudrate eines Übertragungssystems ist die Anzahl der Statusänderungen der Hardware pro Sekunde.

3.3.2. Modulation und Demodulation mit Modems Ein Hardwareschaltkreis, der eine Bitfolge annimmt und eine Trägerwelle moduliert, heißt Modulator. Ein Hardwareschaltkreis, der eine modulierte Trägerwelle annimmt und die Folge der Datenbits, die zur Modulation des Trägers benutzt werden zusammenstellt, heißt Demodulator. Die Datenübertragung über große Entfernungen setzt also ein einem Ende der Leitung einen Modulator und am anderen Ende eine Demodulator voraus. Derartige Geräte zur Datenübertragung über große Entfernungen heißen Modems (Modulator-Demodulator). Die folgende Abbildung zeigt den prinzipiellen Aufbau eines Modems zur Duplex-Verbindung von zwei Rechnern:

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3.3.3. Serielle Mietleitungen Innerhalb eines Firmenstandortes können vieradrige Schaltkreise zum Aufbau einer Datenverbindung verwendet werden. Derartige Kabel dürfen aber nicht über öffentliche Grundstücke (Straßen) verlegt werden. Hierfür benötigt das Unternehmen eine Mietleitung eines Telco-Anbieters, um zwei Standorte zu verbinden. Telefongesellschaften verlangen für die Nutzung ihres Netzes eine monatliche Gebühr, die von der Entfernung und der Bandbreite des Kabels abhängt. Eine derartige Mietleitung besteht normalerweise aus 4 Leitern, die nicht an das öffentliche Telefonnetz angeschlossen sind, sondern nur mit Modems genutzt werden können. Da Bits seriell über diese Leitungen fließen, nennt man diese Mietverbindung deshalb serielle Mietleitung (serial leased line). Serielle Mietleitungen sind ständig verfügbar und aufgrund der exklusiven Nutzung auch relativ sicher.

3.3.4. Optische, Funk- und Wählmodems Modems können auch für den Einsatz mit anderen Medien als Kupferkabeln verwendet werden. Dazu zählen folgende zusätzliche Medien:

• RF (radio frequency) • Glasfaser • konventionelle Telefonleitungen

Diese o.a. Modems unterscheiden sich zwar in der verwendeten Technik, es gilt aber das gleiche Prinzip: Das sendende Modem wandelt die Daten in ein moduliertes Signal um, während das empfangende Modem die Daten aus dem modulierten Signal extrahiert. RF-Modems werden für die drahtlose Vernetzung (wireless networking) verwendet. Leistungsstärkere RF-Modems ermöglichen die Datenübertragung über größere Entferungen (siehe Kapitel 3.1.4). Modems, die für den Einsatz im Telefonnetz geeignet sind, bezeichnet man als Wählmodems (dialup modems). Wählmodems unterscheiden sich von den bisher beschriebenen vieradrigen Modems dadurch, dass damit Eigenschaften eines Telefons simuliert werden, wie z.B. Hörer abnehmen, wählen und auflegen. Wählmodems nutzen einen hörbaren Ton als Träger. In der Praxis verwenden Wählmodems andere Trägertöne, um Duplexübertragung zu ermöglichen oder ihre Aktionen zu koordinieren. Modems, die das Senden von Daten koordinieren, nennt man zur Unterscheidung von vieradrigen Modems Halbduplex- oder zweiadrige Modems. Für den Benutzer ist nicht erkennbar, wann welches Modem Daten sendet oder empfängt.

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Der Ablauf der Kommunikation in Wählmodems geschieht folgermaßen:

Sendemodem Empfangsmodem Warten auf Anruf von der Nummer des

Sendemodems, d.h. Modem ist im Antwortzustand (answer mode)

Anwahl der Nummer des Empfangsmodems, d.h. Modem ist im Rufzustand (calling mode)

Modem erkennt das Klingelzeichen, beantwortet den Anruf, sendet eine Trägerwelle

Erkennung des Trägers und Antwort durch Senden eines Trägers

Einigung auf den Träger Einigung auf den Träger Senden und Empfangen in eine der beiden Richtungen

Abbau der Verbindung Abbau der Verbindung

3.3.5. Trägerfrequenzen und Multiplexen Die exklusive Nutzung einer Trägerwelle auf einer einzigen Leitung wäre für den Mehrfachbetrieb zu teuer. Deshalb werden über unterschiedliche Trägerfrequenzen zwei oder mehr Signale über ein einziges Medium übertragen. Dieses Prinzip ist mit dem Kabelfernsehen vergleichbar, bei dem über eine Leitung verschiedene Signale übertragen werden. Der Teilnehmer hat zum Kabelfernsehanbieter nur eine Leitung, darüber können aber viele Kanäle gleichzeitig empfangen werden. Ein Signal eines Kanals stört dabei die anderen Signale nicht. Bei Rechnernetzen wird ebenfalls das Prinzip getrennter Kanäle angewandt, um mehrere Übertragungen über eine physische Leitung zu erlauben. Jeder Sender sendet ein Signal mit einer bestimmten Trägerfrequenz. Ein Empfänger, der auf diese bestimmte Frequenz eingestellt ist, wird nicht durch die in anderen Frequenzen gesendeten Signale gestört. D.h., alle Träger können gleichzeitig über die gleiche Leitung übertragen, ohne sich gegenseitig zu stören. Ein Netzwerksystem, das mehrere Trägerfrequenzen benutzt, arbeitet im Frequenzmultiplexverfahren (frequency division multiplexing – FDM). Die folgende Abbildung zeigt das Prinzip:

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Theoretisch gilt, dass sich Träger nicht gegenseitig beeinflussen können. In der Praxis können sich aber Träger, die auf fast der gleichen Frequenz arbeiten oder einem genauen Vielfachen davon, gegenseitig stören. Zur Vermeidung dieser Probleme wählen die Entwickler von FDM-Systemen einen Mindestabstand zwischen den Trägern.

3.3.6. Basisband- und Breitbandtechnologien Die Entwicklung der FDM-Technik entstand vorrangig aus dem Wunsch nach hohem Durchsatz und der kostengünstigen Nutzung von Übertragungsmedien. Um diesen höheren Durchsatz zu erreichen, verwendet die Hardware einen größeren Teil des elektromagnetischen Spektrums, d.h. eine größere Bandbreite. Aus diesem Grund werden diese Technologien als Breitbandtechnologie bezeichnet. Zu Unterscheidung nennt man jede andere Technologie, die nur einen kleinen Teil des elektromagnetischen Spektrums benutzt und nur jeweils ein Signal über ein Medium sendet, Basisbandtechnologie.

3.3.7. Wellenlängenmultiplexen (WDM) Wird das FDM-Konzept auf optische- oder RF-Übertragungssysteme angewandt,so spricht man von Wellenlängenmultiplexen (wave division multiplexing – WDM). Wellenlängenmultiplexen basiert auf dem Prinzip, dass mehrere Lichtwellen durch eine einzige optische Faser gesendet werden (siehe Kapitel 3.1.3). Beim Empfänger werden die Frequenzen durch ein optisches Prisma getrennt. Entsprechend der FDM-Technologie lassen sich die Träger (Moden) in einem einzigen Medium übertragen, weil Licht in einer bestimmten Frequenz Licht in einer anderen Frequenz nicht stört.

3.3.8. Streuspektrum Soll die Zuverlässigkeit der Datenübertragung mittels FDM-Technik erhöht werden, so werden mehrere Träger verwendet. Diese Technik wird dann als Streuspektrum (spread spectrum) bezeichnet. Die Streuspektum-Technik wird in Übertragungssystemen verwendet, die auf einigen Frequenzen gelegentliche Interferenzen haben können (siehe Kapitel 3.1.4ff). Diese Eigenschaft kann z.B. bei einem auf Funkwellen basierenden Übertragungssystem durch elektromagnetische Störquellen oder durch Bewegung von großen Objekten zwischen Sender und Empfänger auftreten. Dieses Problem kann durch Einsatz der Streuspektrum-Technik gelöst werden, indem der Sender das gleiche Signal in einer Reihe von Trägerfrequenzen sendet. Der Empfänger ist so eingestellt, dass er alle Trägerfrequenzen prüft.

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3.3.9. Zeitmultiplexverfahren (TDM) Eine Alternative zu FDM ist das Zeitmultiplexverfahren (time division multiplexing – TDM), bei mehrere Quellen ein Medium gemeinsam im zeitlichen Wechsel verwenden. Häufig wird bei TDM-Hardware das sog. Round-Robin-Schema eingesetzt. Bei diesem zeitgesteuerten Zugriffsalgorithmus darf ein Sender erst senden, wenn ihm ein bestimmter Zeitschlitz (time slot) zugeteilt wird. TDM-Hardware, auch Multiplexer genannt, sendet eine kleine Datenmenge von Quelle 1, dann eine kleine Datenmenge von Quelle 2 und so fort. Durch diesen Vergabealgorithmus ist eine faires Zugriffsverhalten garantiert, weil jede Quelle die gleiche Chance erhält, Daten zu senden. Teilgebiete der Informatik, wie z.B. Betriebssystementwurf oder die Entwicklung von Zugriffsalgorithmen befassen sich mit der Zuteilung von Ressourcen in Rechensystemen. Dabei sind konkurrierende Ziele, wie z.B. Zugriffsgeschwindigkeit, Fairness, Prioritäten, Erkennung von Deadlocks usw. zu beachten.