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606 Naturwissenschaflen Sedimentbildung im Plattensee/Ungarn GERMAN MI~LLER Laboratorium fiir Sedimentforschung, Mineralogisch-Petrographisches Institut der Universit/it Heidelberg Zwischen dem Biologischen Forschungsinstitut der Ungariscben Akademie der Wissenschaften in Tihany am Plattensee und dem Laboratorium ffir Sediment- forschung (Universit~it Heidelberg) wurde im Frah- jahr t968 die gemeinsame Bearbeitung der Sedimente des Plattensees (ungarisch: Balaton) vereinbart. Be- reits im Herbst t968 konnten mit Hilfe eines spezJell fttr die Verh/iltnisse des Plattensees konstruierten ,,Probenstechers" 175 Seegrundproben (25 Traversen zu 7 Proben, s. Fig. 2) aus den obersten t 5 cm Sedi- ment von Bord des Forschungsbootes ,,Ldczy" des Biologischen Forschungsinstitutes entnommen wer- ',.I Fig. 1. Geologie des Einzugsgebietes des Plattensees (nach der Geologisehen Karte yon Ungarn 1 : 300 000, zusammeligestellt yon der Ungarisehen Geologischeli Anstalt, 1956). Es bedeutell: 1 Quart~ire Sedimente, vorwiegelid LtiB im Stiden, Braun- und Roterde im Westen; g Sedimeiltgesteine des Paiiilons (Plioz~tn); 3 Basalte des Pailnoils ; g Alpine Trias mit Kalkeil, Dolomiteli, Mergeln und klastisehen Gesteilieli ; 5 Sandsteine des Perms. -- Gesamtl/inge des MaBstabes: 30 kin. -- Windriehtnngen bei Sidfok, Juli-Mittel 19o1--t95o [8] den. Unser Bericht enth~ilt die bisher auf dem sedi- mentologischen Sektor gewonnenen Erkenntnisse, denen sich demn/ichst die Resultate biologischer Untersuchungen (vor allem durch J.E. Ponyi) an- sehliel3en werden. Bisherige Untersuchungen Im Gegensatz zur Erforschung des Bodensees und wohl der meisten anderen europ~ischen Seen, wo zu- n~chst biologische Fragen im Vordergrund standen, wurden beim Plattensee bereits frahzeitig die Boden- sedimente in die Untersuchungen einbezogen: So ent- h~tlt der t9tl erschienene Anhang des 1. TeJls des I. Bandes der ,,Resultate der wissenschaftlichen Er- forschung des Balatonsees" (herausgegeben yore Bala- ton-AusschuB der Ungarischen Geographischen Ge- sellschaft) bereits die Abschnitte ,,Ober die Sande des Balatonbodens" (Melczer), ,,Der Grund des Balaton- sees, seine mechanische und chemische Zusammen- setzung" (Treitz), sowie ,,Die chemische Zusammen- setzung des Schlammes und des Untergrundes vom Balatonsee-Boden" (Emszt). Diesen Untersuchungen liegt das Material von t 3 bis 23,1 m tiefen Bohrungen auf dem Plattensee-Boden zugrunde. Die jfingste, bis zu mehreren Metern m/~chtige Sedi- mentschicht des Balatons wird yon Treitz [91 auf Grund des Vergleiches mit Flugstaub, der auf dem See aufgesammelt wurde, als Staub gedeutet, dessen ,,auBerordentlich hoher Kalkgehalt" seine Erkl~irung ,,in den Kalksteingebirgen und kalkigen Schiehten der Umgebung sowie in dem groBen Kalkgehalt der den See speisenden Flul3w~isser" findet. ,,Aus dem kalkhaltigen Seewasser wird bei Temperatur- und Baro- meterschwankungen Kohlens/ture frei, wo- bei ein Teil des Kalziumhydrokarbonats als formloser, fiberaus feiner Staub ausf~tllt und zu Boden sinkt. Der Kalkgehalt des Seegrundes wird auch durch tierische Kalk- schalen erh6ht". Treitz faBt somit die rezenten Sedimente des Balatons als Mischungen von wind- transportierten detritischen Komponenten mit chemisch ausgef~illtem Kalk auf, eine Auffassung, die durch unsere Ullter- suchungen weitgehend best~tigt wird. t]ber den chemischen Vergleich des auf- gefangenen Staubs mit den Schlammen des Balatons schreibt Emszt Et ] :,,Zwar konnte im Schlamme in jedem Falle bedeutend mehr Ca nachgewiesen werden und zeigen sich infolgedessen auch bei den iibrigen Bestandtheilen Abweichungen, doch kann dies darin seine Ursache haben, dab im Schlamme eine grol3e Menge yon verwitterten Muschelfragmenten an- zutreffen ist". Von Emszt wird auch bereits festgestellt, dab die Sediment-Beschaffenheit -- leicht, weiB, por6s, sehr kalkreich -- ,,mit Ausnahme des Abschnittes zwischen Tihany und R~v" auf dem ganzen Seegrund ~ihnlich ist. J916 berechnet Ldczy E4] die sicb j~hrlich im Platten- see ablagernde Staubschicht auf 0,57 mm, der eine Schlammschicht von 0,3535mm entsprechen soll. Ldezy stellte auch fest, dab die Sedimente am Sad- ufer des Plattensees wesentlich grobk6rniger ent- wickelt sind als am Nordufer. t 963 untersuchten Entz, Ponyi und Tamas [3 ] 24 Sedi- mentproben aus der Bucht von Keszthely (westlich- ster Teil des Plattensees) granulometrisch (t 0 Proben), chemisch und biologisch. Vom ,,Wissenschaftlichen Forschungsinstitut far Was- serwirtschaft" in Budapest (Vfzgazpalkod~si Tudo-

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Page 1: Sedimentbildung im Plattensee/Ungarn

606 Naturwissenschaflen

Sedimentbildung im Plattensee/Ungarn

GERMAN MI~LLER

Laboratorium fiir Sedimentforschung, Mineralogisch-Petrographisches Institut

der Universit/it Heidelberg

Zwischen dem Biologischen Forschungsinstitut der Ungariscben Akademie der Wissenschaften in Tihany am Plattensee und dem Laboratorium ffir Sediment- forschung (Universit~it Heidelberg) wurde im Frah- jahr t968 die gemeinsame Bearbeitung der Sedimente des Plattensees (ungarisch: Balaton) vereinbart. Be- reits im Herbst t968 konnten mit Hilfe eines spezJell fttr die Verh/iltnisse des Plattensees konstruierten ,,Probenstechers" 175 Seegrundproben (25 Traversen zu 7 Proben, s. Fig. 2) aus den obersten t 5 cm Sedi- ment von Bord des Forschungsbootes ,,Ldczy" des Biologischen Forschungsinstitutes entnommen wer-

',.I Fig. 1. Geologie des Einzugsgebietes des Plattensees (nach der Geologisehen Karte yon Ungarn 1 : 300 000, zusammeligestellt yon der Ungarisehen Geologischeli Anstalt, 1956). Es bedeutell: 1 Quart~ire Sedimente, vorwiegelid LtiB im Stiden, Braun- und Roterde im Westen; g Sedimeiltgesteine des Paiiilons (Plioz~tn); 3 Basalte des Pailnoils ; g Alpine Trias mit Kalkeil, Dolomiteli, Mergeln und klastisehen Gesteilieli ; 5 Sandsteine des Perms. - - Gesamtl/inge des MaBstabes: 30 kin. - - Windriehtnngen bei Sidfok, Juli-Mittel 19o1--t95o [8]

den. Unser Bericht enth~ilt die bisher auf dem sedi- mentologischen Sektor gewonnenen Erkenntnisse, denen sich demn/ichst die Resultate biologischer Untersuchungen (vor allem durch J . E . Ponyi) an- sehliel3en werden.

Bisherige Untersuchungen

Im Gegensatz zur Erforschung des Bodensees und wohl der meisten anderen europ~ischen Seen, wo zu- n~chst biologische Fragen im Vordergrund standen, wurden beim Plattensee bereits frahzeitig die Boden- sedimente in die Untersuchungen einbezogen: So ent- h~tlt der t 9 t l erschienene Anhang des 1. TeJls des I. Bandes der ,,Resultate der wissenschaftlichen Er- forschung des Balatonsees" (herausgegeben yore Bala- ton-AusschuB der Ungarischen Geographischen Ge- sellschaft) bereits die Abschnitte ,,Ober die Sande des Balatonbodens" (Melczer), ,,Der Grund des Balaton-

sees, seine mechanische und chemische Zusammen- setzung" (Treitz), sowie ,,Die chemische Zusammen- setzung des Schlammes und des Untergrundes vom Balatonsee-Boden" (Emszt). Diesen Untersuchungen liegt das Material von t 3 bis 23,1 m tiefen Bohrungen auf dem Plattensee-Boden zugrunde. Die jfingste, bis zu mehreren Metern m/~chtige Sedi- mentschicht des Balatons wird yon Treitz [91 auf Grund des Vergleiches mit Flugstaub, der auf dem See aufgesammelt wurde, als Staub gedeutet, dessen ,,auBerordentlich hoher Kalkgehalt" seine Erkl~irung

,,in den Kalksteingebirgen und kalkigen Schiehten der Umgebung sowie in dem groBen Kalkgehalt der den See speisenden Flul3w~isser" findet. ,,Aus dem kalkhaltigen Seewasser wird bei Temperatur- und Baro- meterschwankungen Kohlens/ture frei, wo- bei ein Teil des Kalziumhydrokarbonats als formloser, fiberaus feiner Staub ausf~tllt und zu Boden sinkt. Der Kalkgehalt des Seegrundes wird auch durch tierische Kalk- schalen erh6ht". Treitz faBt somit die rezenten Sedimente des Balatons als Mischungen von wind- transportierten detritischen Komponenten mit chemisch ausgef~illtem Kalk auf, eine Auffassung, die durch unsere Ullter- suchungen weitgehend best~tigt wird. t]ber den chemischen Vergleich des auf- gefangenen Staubs mit den Schlammen des Balatons schreibt Emszt Et ] :,,Zwar konnte im Schlamme in jedem Falle bedeutend mehr Ca nachgewiesen werden und zeigen sich infolgedessen auch bei den iibrigen Bestandtheilen Abweichungen, doch kann

dies darin seine Ursache haben, dab im Schlamme eine grol3e Menge yon verwitterten Muschelfragmenten an- zutreffen ist". Von Emszt wird auch bereits festgestellt, dab die Sediment-Beschaffenheit - - leicht, weiB, por6s, sehr kalkreich - - ,,mit Ausnahme des Abschnittes zwischen Tihany und R~v" auf dem ganzen Seegrund ~ihnlich ist. J916 berechnet Ldczy E4] die sicb j~hrlich im Platten- see ablagernde Staubschicht auf 0,57 mm, der eine Schlammschicht von 0,3535mm entsprechen soll. Ldezy stellte auch fest, dab die Sedimente am Sad- ufer des Plattensees wesentlich grobk6rniger ent- wickelt sind als am Nordufer. t 963 untersuchten Entz, Ponyi und Tamas [3 ] 24 Sedi- mentproben aus der Bucht von Keszthely (westlich- ster Teil des Plattensees) granulometrisch (t 0 Proben), chemisch und biologisch. Vom ,,Wissenschaftlichen Forschungsinstitut far Was- serwirtschaft" in Budapest (Vfzgazpalkod~si Tudo-

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56. Jg., Heft 1'2, 1969 G. Mflller: Sedimentbildung im Plattensee/Ungarn 607

m~nyos Kutat6 Int6zet, abgektirzt , ,VITUKI") wur- den w~hrend d er letzten zehn Jahre eine Reihe von Arbeiten herausgegeben, die sich mit der Frage der Aufffillung des Seebeckens, der Hydrochemie des Plattensees und der Kalkausf~illung besch/iftigen. Auf diese Untersuchungen wird unten noch Bezug ge- nommen.

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Geographie - - Klimatologische Verhdltnisse

Der Plattensee erstreckt sich in WSW-ENE-Richtung zwischen N 46°42'6 ' ' und 47°3'50 '' sowie E t7°14'58" und 18°10'25 '' entlang des SttdostfuBes des vor- wiegend aus triassischen Gesteinen aufgebauten Un- garisehen Mittelgebirges (Bakony-Wald) und bildet den l)bergang zu den aus jungterti~iren (pannonischen) Sedimenten bestehenden Ebenen Transdanubiens, die jedoch h/~ufig durch quart~tre Ablagerungen (insbes. durch L613) tiberdeckt werden (s. Fig. t). Mit einer mittleren Wasserfl~ehe yon 600 km 2 ist der Plattensee der gr613te See Mitteleuropas (Genfer See: 582 km 2, Bodensee 539 km2), hinsichtlich seiner Tiefe (mittlere Tiefe: 3,3 m, gr6Bte Tiefe: ca. t 2 m ) und seines Rauminhaltes (2 km 3) rangiert er jedoch weit hinter den Alpenseen. Der Seespiegel liegt bei t05 m fiber N. N. Die klimatischen Bedingungen des Plattenseegebietes werden durch vorherrscbende Nordwest- bis West- winde (vgl. Fig. t) mittlerer Geschwindigkeit und Temperaturen vom kontinentalen Typus bestimmt: Die j~thrlichen Durchschnittstemperaturen liegen zwi- schen t0 - -1 t °C. Die durchschnittliche Temperatur des k~ltesten Monats (Januar) liegt wenig unter 0 ° (Minimum --20 °C), diejenige des w~rmsten Monats (Juli) bei 2t,7 °C (Maximum 35--38 °C). Die Wasser- temperaturen des Sees folgen wegen der geringen Wassertiefe den j ahreszeitlichen Wechseln der Luft- temperatur; sie liegen stets um einige °C h6her als die Lufttemperatur. Die Niederschlagsmenge wechselt zwisehen 600--700 mm j~ihrlich, kann jedoch in be- sonders nassen oder trockenen Jahren um einige Hundert mm vom Mittelwert (630 mm) abweichen.

Morphologie des Seebode1~s - - Hydrodynamische Verhdltnisse

Durch die Halbinsel Tihany wird das Seebecken in zwei ungleich groBe, sehr flache Teilbecken zerlegt: einen kleineren 6stlichen Seeteil (nachfolgend als ,,Sstlicher See" bezeichnet), der t~ber die nur t,5 km breite, jedoch bis 12 m tiefe Enge von Tihany mit dem westlichen gr613eren Seeteil (nachfolgend als ,,west- licher See" bezeichnet) verbunden ist. Die L~ngsaehse des Sees miBt etwa 70 km, im 6st- lichen See betr~tgt die gr613te Breite 16 km, im west- lichen See 8 kin. Zu der Quer-Asymmetrie des Seebeckens tritt eine ausgesprochene L/ings-Asymmetrie: Die tiefsten See- bereiche liegen stets nahe dem siidliehen (Fig. 9) Ufer des Sees. Dieses Asymmetrie besteht auch im limnologischen und sedimentologischen Sinne: Dutch die vorherrschende Windrichtung lagert sich in den gescht~tzten Buchten des n6rdlichen Ufers ein fein- k6rniger Schlamm ab, w~thrend sich entlang der sfid- lichen Erosionskfiste eine langgestreckte Sandbank entwickelt hat.

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608 G. Mflller: Sedimentbildung im Plattensee/Ungarn Naturwissenscha/ten

Die durch in den Plattensee einmtindende Fltisse induzierte Str6mung ist lediglich beim gr6Bten Zu- fluB (Zala) auf kurze Entfernung entlang des sfid- lichen Ufers feststellbar. W~thrend in den gr6Bten Seebereichen mel3bare Str6mungen nur bei Wind auftreten, herrscht in der Enge yon Tihany eine st/indige Str6mung mit (je nach Windrichtung) wech- selnder Richtung; die Str6mungsgeschwindigkeitkann bis fiber 0,8 m/see steigen. Die tiefe Rinne unmittel- bar vor der Halbinsel Tihany mit ihren grobk6rnigen Sedimenten ist das Ergebnis dieser besonderen hydro- dynamischen Verh~tltnisse. Bereits bei Windgeschwin- digkeiten ab 4--5 m/see kann die oberste Sediment- schicht des Seebodens durch das bewegte Wasser auf- gewirbelt und umgelagert werden.

Hydrologische und hydrochemische Verhi~ltnisse

fdber die hydrologischen und insbesondere hydro- chemischen Verh~iltnisse des Plattensees existieren eine Reihe umfassender Untersuchungen (z. B. [2, 7~), die eine wesentliche Grundlage ffir die chemisehen Aspekte unserer Sedimentationsuntersuchungen dar- stellen.

Tabdle 1. Mitllere chemische Zusammensetzung tier Plattensee- Zu/li&se und des Plattensee-Wassers nach Entz [2]

Einstr6mende Plattensee Gewgsser mg/1 rag/1

K+ 5,6 6,1 Na+ t8,t 27,0 Ca 2 + 80,6 32,0 Mg 2+ 36,1 47,8 tIco~- 336,8 280,0 C1- 9,0 12,0 SO~- 46,1 55,0

Von den 34 st~indigen und 26 periodischen Wasser- 1/iufen, die ein Gebiet von 5774 km 2 entw~tssern und pro Sekunde ca. 17 m s Wasser ~8] dem See zuffihren, spielt der im/tul?ersten Westen in den See mtindende Zala-FluB mit Abstand die gr613te Rolle : seine mittlere Wasserffihrung liegt bei t0 ma/sec und macht damit fiber die H~tlfte des Balaton-Zuflusses aus. Die rest- liche Wasserzufuhr erfolgt fast ausschlieBlich in die westliche H/ilfte des westlichen Sees, im 6stlichen See werden durch B~iche nur 0,5 ma/sec zugeffihrt. Den Abflul3 des Plattensees bildet im 6stlichen Becken der Si6-Kanal, ein ursprfinglich natiirlicher AbfluB des Sees, tier bereits von den R6mern regu- liert wurde. Dureh die Schleusen bei Sidfok fliel3en im Durchschnitt 12 mS/see Wasser ab, also ca. 5 m s weniger, als durch die Zufltisse in den See eingebracht werden. Der mittlere jdhrliche Wasserhaushalt des Sees be- rechnet sich unter Einbeziehung der Niederschl~ige w% folgt [8~ :

C + H = P + L 630 mm + 860 m m = 870 m m + 62O mm

wobei C=Niederschlag, H = Z u f l u B yore Einzugs- gebiet, P = Verdunstung und L = AbfluB durch die Schleusen von Si6fok.

Beim Plattenseewasser handelt es sich um gut ge- puffertes alkalisches HCOa-Mg2+-Ca2+-Wasser, der Gesamt-Elektrolytgehalt betrXgt ca. 450mg/1. Ein Vergleich der mittleren chemischen Zusammensetzung des Plattenseewassers mit derjenigen der Zufltisse zeigt (Tabelle 1), dab das Seewasser eine stark ab- weichende Zusammensetzung besitzt: K +, Na +, Mg 2 +, C1 + und SO~-- sind gegenfiber den Zuflfissen an- gereichert, Ca s+ dagegen hat um mehr als die Hglfte, HCO a um fast ein Ffinftel abgenommen. Diese Ver~tnderung des Chemismus kann einerseits durch eine Verdunstungsrate, die h6her als die Zu- fluBrate ist und somit eine Konzentrierung der ge- 15sten Stoffe bedingt, andererseits dureh eine Aus- f/illung von Carbonaten, die vor allem den Ca-Gehalt des Wassers stark herabsetzt, gedeutet werden. Die far das Verst~ndnis der Chemie der Carbonat- Abseheidungen wichtigen Ca- und Mg-Gehalte des Plattenseewassers sind in Fig. 5 nach Angaben yon Pgszt6 [71 ffir den 23.--25. J u n i t 9 5 9 und den 28.--29. Juni t960 dargestellt. Es zeigt sieh, dab vom westliehen zum 6stlichen See- teil die Ca-Gehalte des Wassers ab-, die Mg-Gehalte zunehmen und sich das Mg/Ca-AtomverMltnis von der Einmfindung der Zala bis in den 6stlichen Seeteil stark erh6ht. W~thrend im Untersuchungszeitraum t960 eine Uberschneidung der Ca- und Mg-Kurve erst im 6stlichen Becken hinter der Enge yon Tihany auftritt, liegt 1959 der Uberschneidungspunkt bereits einige km hinter der Einmfindung der Zala. Diese Unterschiede sind durch klimatische Faktoren be- dingt: bei geringerem Wasserzuflul3, wenig Nieder- schl/igen und hoher Verdunstung wird der Uber- sehneidungspunkt mehr nach Westen, bei st~trkerem Wasserzuflul3, h6heren Niederschlagsmengen und ge- ringer Verdunstung mehr nach Osten verschoben.

Untersuchung der Sedimente

A. Granulometrie

In der Korngr613e und Korngr613enverteilung eines vorwiegend klastischen Sedimentes spiegeln sieh die physikalisehen Bedingungen, insbesondere die hydro- dynamisehen Verh~ltnisse des Sedimentationsraumes wider. Ffir viele marine und lakustrische Ablagerungsr/iume gilt allgemein, dab die Korngr6Be der Sedimente vom Ufer bis in uferfernere Bereiche mehr oder wenig stetig abnimmt. Dieses ,,klassische" Prinzip ist im Plattensee zur z. T. verwirklicht: Es gilt hier nur ffir die vor der sfidlichen Erosionskfiste liegenden Becken- teile, nicht jedoch ffir Seeteile entlang grol3er Strecken des Nordufers, die in windgeschfitzten Buchten liegen oder yon einem dichten Bewuchs durch Schilf und Laichkrfiuter vor der Erosion geschfitzt sind. Eben- falls stark abweichend sind die Verh/iltnisse in der Enge von Tihany, wo durch wechselnde Str6mungen hydrodynamische Bedingungen herrschen, die v611ig yon denen in den beiden Becken verschieden sind.

1. Tonanteil. Betrachtet man zun~ichst die Verteilung des Tonanteils (Fraktion < 2 bt) in den Sedimenten (Fig. 2), so ergibt sieh folgendes Bild: a) Ira 6stlichen Becken liegen die Tonanteile generell niedriger (unter 30%) als im westliehen Becken, wo sie bis zu 50% erreichen k6nnen.

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b) Die Stidhtilfte eines jeden Beckens ist in der Regel ton~irmer (und sandreicher) als die Nordh~lfte. c) In der Enge yon Tihany liegt der Tonanteil stets unter t0%. d) Im westlichen Becken sind zwei Gebiete h6herer Tonftihrung durch ein Gebiet niedrigerer Tonftihrung voneinander getrennt. Das Gebiet h6chsten Ton- gehaltes liegt unmittelbar vor der Mtindung der naeh der Zala wichtigsten Zufltisse des Plattensees, die ihr Einzugsgebiet im Bakonywald haben. e) Vor der Einmtindung der Zufltisse gibt es (infolge der geringen Transportkraft der Fltisse) keine aus- gesprochenen Deltabildungen.

2. Kornverteilung. In Fig. 3 sind die ftir die verschie- denen Sedimentationsriiume eharakteristischen Korn- verteilungskurven dargestellt : Kornsummenkurve a) entspricht der Korngr6Benver- teilung eines gut sortierten Strandsandes, wie er an vielen Stellen des Stidufers am Strand und bis einige Meter in den See hinein anzutreffen ist. Die durch- schnittliche Korngr613e liegt zwischen 0,2--0,3 mm, die Korngr613enverteilung entspricht ann~ihernd einer logarithmischen Normalverteilung. Kurve b) ist ftir die Sedimente in der Enge von Tihany typisch: es handelt sieh um siltige Sande bis Siltsand mit einer durchschnittlichen Korngr6Be yon 0,t mm. Kennzeichen dieser Sedimente ist die gute bis sehr gute Sortierung im Sand-Korngr613enbereich, der ca. 60% des Sedimentanteils ausmacht, beim 13bergang in den Siltbereich wird die Sortierung sehr schlecht, so dab ftir das Gesamtsediment eine m~il3ige bis schleehte Sortierung resultiert. Die asymmetrische Kurve vermittelt den Eindruek, dab es sich hier um eine Addition zweier v611ig voneinander verschiedener, sich nicht (oder kaum) tiberschneidender Kornver- teilungen handelt: einer gut sortierten Sand-Popula- tion und einer schlecht sortierten Silt- und Ton- Population. Dies ist in der Tat der Fall und kann durch die speziellen hydrodynamischen Bedingungen in der Enge von Tihany (s. welter oben) gedeutet werden: Bei starker Str6mung wird das Bodensedi- ment aufgewirbelt, Silt- und Tonteilchen werden aus- gewaschen und gelangen in Suspension, am Boden bewegt sich eine reine Sandpopulation. Bei sehr starker Str6mung werden sogar die in den tiefen Rinnenteilen anstehenden pannonischen Schich- ten erodiert, wie zahlreiche Bruchstticke dieser m~il3ig verfestigten Sedimentgesteine in der Grobfraktion der Rinnensedimente beweisen. Beim Nachlassen der Str6mungsgeschwindigkeit und insbesondere bei der in der Enge yon Tihany h~iufig zu beobachtenden raschen Umkehr der Str6mung, bei der die Geschwindigkeit 0 durchlaufen wird, setzen sieh ein Teil der in Suspension befindlichen Silt- und Tonteilehen ab und lagern sieh zwischen (solange der Sand noch schwach bewegt wird) und auf (bei ruhen- dem Bodensediment) die Sandteilchen des Boden sedimentes. Es entsteht so eine Abfolge

Silt ( + Ton) Sand ~- Silt Sand.

Wegen der im Vergleieh zum ganzen tibrigen See- becken starken Bodenneigung in der Enge von Tihany k6nnen Rutschungen als normal angesehen werden,

die zu einer Vermischung der obersten Sediment- schichten ftihren. In jedem Fall ist bei einer Betrach- tung der obersten cm der Sedimente aus der Enge von Tihany eine Mischung aus vorwiegend am Boden oder in Bodenn~ihe (Sand) und schwebend (Silt und Ton) transportierten Teilchen zu erwarten. Der Verlauf der Kurve c), der noch einige gewisse /~hnlichkeit mit der Kurve b) zeigt (feinere Korn- klassen tiberwiegen) ist ftir den schmalen (h~iufig nur wenige Meter breiten) fdbergang zwischen dem Strand- und Beckenbereich, der vor allem auf dem Stidufer entwickelt ist, typisch. Diese Sedimentart erh~ilt ihren reichlichen (ca. 50%) Grobsilt-Anteil (0,02--0,063 mm) in erster Linie aus der Auswaschung der Uferzone, der sich hier mit dem feink6rnigeren Material der Beckensedimentation (einschliel31ich der Carbonatausf~illung, s. welter unten) mischt. Die Kurven d) und e) repr~isentieren die Beckensedi- mente, deren durchschnittliche Korngr613e vor allem im Feinsilt-Bereich (0,002--0,0063 ram) liegt. Im Gegensatz zu den durch die Kurven b) und c) repr~i- sentierten Sedimenten tiberwiegen in den Becken- sedimenten die feink6rnigeren Kornktassen die grob- k6rnigeren, d.h. die feink6rnigeren Klassen zeigen eine wesentlich bessere Sortierung; tiber 25 % des ge- samten Sedimentanteils tritt allein im Korngr6gen- intervall des Feinsilts auf. Die Korngr6genverteilung dieser Sedimente kann in erster Linie durch die Komgr6ge der bei der biogenen Entkalkung des Seewassers anfallenden Carbonate (vorwiegend <0,006 mm) und durch die yon den Zufliissen in den See gelieferten (feink6rnigen, ton- mineralreichen Schwebstoffe (s. weiter unten) erkl~irt werden. Zu diesen Hauptkomponenten treten relativ groge Mengen an ~iolischem Staub sowie aus ufernahen See- teilen stammende Sedimentanteile, die bei starkem Seegang (max. Wellenh6he t,8 m!) fiber groBe Ent- fernungen transportiert werden k6nnen. Von Kurve a) nach e) nehmen der Gesamt-Carbonat- gehalt, der Calcitgehalt und das Calcit/Dolomit- Verh~iltnis zu, der Dolomitgehalt ab.

3. Die Sedimenttypen und ihre Verteilung. Die Korn- gr6~3enverteilung in einem Sediment kann - - stark vereinfacht - - durch das VerMltnis Sand: Silt :Ton ausgedrfickt und in einem Konzentrations-Dreieck (Fig. 3) dargestellt werden. Die 175 Sedimentproben des Plattensees (ohne die Uferproben) nehmen im Sand-Silt-Ton-Dreieck ledig- lich zwei eng begrenzte Felder ein: nur t2 Proben (davon s~imtliche Proben aus der Enge von Tihany + 5 Proben aus dem stidlichen strandnahen Bereich) liegen im Feld I, t 63 Proben - - sie repr~sentieren die Beckensedimente - - in Feld II und III. Der iJber- gang von I zu II ist in keinem der 175 Sedimente ver- treten. Ob hier eine ecbte ,,Mischungsliicke" oder aber ein so engr~iumiger ~'bergang vorliegt, dab er durch das jetzige Probennetz nicht erfagt werden konnte, mtiSte durch eine Spezialuntersuchung ge- kl~rt werden. Nach der Lage der Sedimente im Sand-Silt-Ton- Dreieck werden drei Sedimenttypen unterschieden:

Typ I : Sand (z. T. siltig) und Siltsand (nur 2 Proben) Typ II: Silt (z. T. tonig, tonig und sandig) Typ II I : Tonsilt (sowie t Probe Siltton).

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6~0 G. Mt~ller: Sedimentbildung im Plattensee/Ungarn N alurwissenscha]ten

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Die Grenze zwischen Typ II und III liegt definitions- gem~iB bei einem Tongehalt von 25 % (vgl. [6]). Die fl~tehenhafte Verbreitung der Sedimenttypen (Fig. 3) ergibt im Prinzip ein ~thnliehes Bild wie die Verbreitung des Tonanteils: Typ I i s t auf die Enge um Tihany sowie einige strandnahe Sedimente des Sfidufers beschfitnkt. Typ II hat seine Hauptverbrei- tung zu beiden Seiten der Enge von Tihany, also in einem Bereieh, der noch deutlich durch h6here Str6- mungsgeschwindigkeiten gekennzeichnet ist. Im 6st- lichen Seeteil ist Typ II welt st~trker verbreitet als im westlichen.

B. Physikalische Eigenschaften

Farbe. Die Farbe der feink6rnigen Sedimente (Typ II und III) variiert zwischen gr~iulich-weil3 und weil?- grau, die Sande zeigen vorwiegend hellbr/iunliche Farbt6ne.

Wassergehatt und PorositY't, Dichte. Wassergehalt (be- zogen auf das NaBgewicht der Proben) und daraus berechnete Porositfit sind in den Sedimenttypen II und III sehr hoeh. Der Wassergehalt liegt zwisehen 60 und 69%, was einer Porosit~t yon ca. 79 his 85 % entspricht. Die durchschnittliche Porosit~it tier Sedi- mente aus der Enge yon Tihany liegt bei 37,2%, die Porosit~it errechnet sich auf 59,4%. Die Dichte der Sedimente schwankt je nach dem Anteil an organi- scher Substanz zwischen etwa 2,4 und 2,7.

C. Zusammensetzung der Sedimente

Die Bestandteile der Plattensee-Sedimente k6nnen in zwei grol3e Gruppen eingeteilt werden (Tabelle 2).

Tabelle 2. Wesentliche Bestandteile der Plattensee-Sedimente. Seltenere Komponenten in Klammern

Allochthone Bestandteile Autochthone Bestandteile

,, Sand-Komponenten" Q u a r z

Gesteinsbruchstt~cke haupts. Kalk und Dolomit Feldspate [Kalifeldspat~

\Plagioklase ] Glimmer (vorwiegend Muscovit) Chlorit

, ,Ton-Komponenten" Montmorillonit Illit Kaolinit Chlorit

(organische Substanz)

Mg-Calcit (Aragonit)

0pal

organische Substanz

t. allochthone (oder detritische) Komponenten, die von aul3erhalb des Sees stammen und durch ~iolischen oder fluviatilen Transport in den See gelangen, 2. autochthone Komponenten, die ira See selbst durch oder als Folge des pflanzlichen und tierischen Lebens gebfldet werden. Allgemein kann gesagt werden, dab vom Sediment- typ I, der praktisch nur aus allochthonen Bestand- teflen aufgebaut ist, bis zum Typ III die autochthonen Komponenten stark zunehmen und dort bJs zur H~ilfte des Sedimentes ausmachen k6nnen.

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56. J g , , H e l l 12, 1969 O. Mt~Iler: S e d i m e n t b i l d u n g im P i a t t e n s e e / U n g a r n 611

I. AEochtho~¢e Besta~¢d~ei[e. Die als Detritus dem Plat- tensee zugeftihrten Komponenten spiegeln stark die mineralogische Zusammensetzung der Gesteine des Hinterlandes wider, die vorwiegend aus L6B oder tertiaren sandig-tonigen bis mergeligen Sediment- gesteinen, im Norden des Sees jedoch auch aus triassi- schen Gesteinen mit Kalken und Dolomiten und ter- tifiren Basalten bestehen (vgl. Fig. 1). Durch den gr6gten Zuflul3, die Zala, wie auch durch die aus dem Siiden kommenden B~iche, die mit nur geringem Gefiille ein vorwiegend flaches bis schwach hiigetiges Gebiet entw~ssern, werden fast ausschliel3- lich Sehwebstoffe in den See geliefert, die aus Ton- mineralien (mit Montmorillonit als wichtigstem Ton- mineral, gefolgt von Illit, Kaolinit und Chlorit) und Quarz sowie untergeordnet aus Feldspaten, Calcit (< 5 %) und organischer Substanz bestehen. Die B~iche aus dem n6rdlichen Einzugsgebiet (Bakony- wald) k6nnen nach Regenfiillen aueh reichlich Sand fiihren, der vor allem aus Bruchstticken yon Kalk und Dolomit sowie untergeordnet Basalt besteht und daneben reichlich Quarz, Feldspate, Glimmer und Chlorit fiihrt. Das Schwebgut dieser Zufl~sse enth~lt dieselben Mineralien wie die Zala und die stidlichen Zufliisse sowie reichlich Calcit und Dolomit. An Sehwermineralien werden Olivin, Amphibol, Pyroxen, Granat, Epidot und Turmalin beobachtet. Durch den Wind in den See transportierte Partikeln konnten yon uns noch nieht beschafft werden. Nach Angaben von Treitz [91 enthielt in der Mitte des Sees aufgefangener Flugstaub ca. 50% Carbonate (nach der chemischen Analyse yon Emszt [t ] eine Mischung aus Calcit und Dolomit), Quarz, Feldspat, Glimmer, Chalcedon und Schwermineralien, zeigte also eine ~hn- liche Zusammensetzung wie das durch die B~iche aus dem Bakonywald transportierte Material. Eine ge- meinsame Herkunft des fluviatilen wie ~iolischen Materials kann somit mit einiger Sicherheit angenom- men werden. 2. A utochthone Bestandteile. Die mit Abstand wichtigste im See gebildete autochthone Komponente stellt Cal- cit dar, der nach unseren Untersuchungen ein Mg- Calcit ist, (Ca, Mg) CQ, d.h. ein Calcit, welcher gr613ere Mengen an MgCOa in fester L6sung enth~lt. Dieses bisher aus rezenten Siil3wasser-Ablagerungen noch nieht beschriebene Mineral wird bei der ,,bio- genen Entkalkung" (Entzug von CO 2 aus dem Bicar- bonat des Seewassers dutch das Phytoplankton und dadurch bedingtes Y]berschreiten des L6shchkeitspro- duktes fiir CaCOa) in Form der in Fig. 4 dargestellten Aggregate ausgef~llt, wobei die Ursache ftir den Mg- Einbau das fiir Stigwasser ungew6hnlich hohe Mg-Ca- Verh~iltnis des Plattensee-Wassers ist. Fig. 5 zeigt die (r6ntgenographisch bestimmte) Ein- baurate von MgCQ in Calcit, die von Westen nach Osten yon 6 bis 8,5 Mol-% ansteigt, entsprechend des generellen Anstiegs des Mg/Ca-Verh~iltnisses irn Plat- tensee-Wasser. Der mit chemischen Methoden in der Fraktion 0,002--0,0063 mm bestimmte MgCOa-Gehalt (bezogen auf 100% Carbonate) liegt h6her, folgt je- doch dem Trend der Einbaurate yon MgCO a im Calcit. Die h6heren Werte erkl/iren sich daraus, dab in allen Proben neben Mg-Calcit noch (detritischer) Dolomit in kleinen Mengen vorliegt (vgl. Fig. 7 u. 8). Die im See durch Mollusken erzeugte Aragonit-Menge ist {iuBerst gering, sie dtirfte weniger als t % des im

Fig. 4. Rasterelektrortenmikroskopische Aufnahmen einiger aus- geffillter Mg-Calcit-Partikel (Foto: R. Blaschke)

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Fig. 5. U n t e m Ver~inderung des Ca- und Mg-Gehaltes im Plattensee- Wasser w~ihrend zweier Untersuchungsperioden in den Jahren t959 und 1960 (hath Paszto [7]). - - Oben: Einbaurate yon MgCO a i m ausgefalIten Mg-Calcit der Fraktion 0,002--0,0063 mm sowie chemisch ermittelter MgCOa-Anteil in der gteichen Fraktion, be- zogen auf 10o % Mg-Calcit und Dolomit

See gebildeten Mg-Calcits ausmachen. Vergleicht man den Gesamt-Carbonatgehalt der Sedimente (Fig. 6), der zwischen 16 und 69% variiert, mi tde r Verteilung des Tongehalts (Fig. 2), so ergeben sich prinzipielle U%ereinstimmungen derart, dab Gebiete hohen Car- bonatgehalts mit Gebieten hohen Tonanteils, Gebiete niedrigen Carbonatgehalts mit Gebieten geringer Ton- ffihrung zusammenfallen.

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612 G. Mi~ller : Sedimentbildung im ?lattensee/Ungarn Naturwissenscha[ten

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56. ]g., Heft 12, 1969 G. Mailer : S ed imen tb i l dung im P l a t t e n s e e / U n g a r n 6~ 3

Es kann somit die allgemeine Regel formuliert werden, dab mit zunehmendem Carbonatgehalt die Sedimeste immer /einkOmiger zverde~. Dies hat zur Folge, dal3 im 6stlichen Seeteil die Car- bonatgehalte niedriger als im westliehen See liegen, die n6rdlichen SeehSdften sind j eweils earbonat-reicher als die sadlichen. Bestimmt man (r6ntgenographisch) das Mg-Calcit/ Dolomit-Verh~tltnis der Sediment•, so ergibt sieh die in Fig. 7 dargestellte Verteilung, die wiederum eine prinzipielle IJbereinstimmung *nit der Verteilung des Gesamtcarbonatgehaltes aufweist: Mit zunehmendem Gesamtcarbonatgehalt steigt das Mg-Calcit/Dolomit- Verh~iltnis an. Diese Beziehung wird aus Fig. 8 noch deutlicller, wo der Gesamtcarbonatgehalt gegen das Mg-Caleit/Dolo- mit-Verh/ittnis aufgetragen ist. Fig. 8 zeigt weiter, dab die Zunahme des Mg-Calcit/ 7o- Dolomit-Verh~iltnisses nicht nur auf einem 6s - ,,Verdtinnungseffekt" dutch Zufuhr yon Mg-Ca!cit bei gleichbleibendem Dolomit- s0 gehalt beruht, sondern der (detritische!) ~s Dolomitgehalt mit abnehmender Korn- gr613e abnimmt und in der Fraktion < 2 ~ so

r6ntgenographiseh nicht mehr nachweis- bar ist. 4s Ffir den Gesamtcarbonatgehalt ergibt sieh ~ 40 aul3erdem aus dieser Darstellung, ffir

35 welch• die einzelnen Korngr613enfraktionen herangezogen wurden, daI3 der Carbonat- ~ so gehalt von der Grobsilt- zur Feinsilt- } 25 Fraktion (20--63 F bzw. 2--6 ~z) sehr stark ansteigt, in der Feinsilt-Fraktion seinen ~ 20 H6hepunkt erreicht und in der Ton- fraktion wieder geringffigig abnimmt. Fein- ~ 5 silt- und Tonbereich sind somit - - dies gilt ohne Einschr~inkungen far 21 untersuchte Einzelproben aus allen S e e • e l l e n ! - die carbonat-reichsten, aber dolomit-~irmsten Fraktionen der Sediment•. Dieser Befund liefert die Begrfindung ffir die beobachtete AbMngigkeit des Gesamt- carbonatgehaltes yon der Feink6rnigkeit eines Sedi- mentes bzw. genauer formuliert, yon der H6he seines Feinsilt- und Tonanteils. Neben Mg-Calcit (und geringen Mengen Aragonit) werden geringste Mengen Opal (Diatomeenschalen) sowie zwischen I - -7% organische Substanz als autoch- • hone Bildungen in den Sedimenten angetroffen.

.3. Mimralogie deu See-Sedimeste. Somit is• die Minera- logie der Plattensee-Sedimente in starkem Mage von der Korngr613e abh~ingig: Grobk6rnige Sedimente (Sedimenttyp I) enthalten wenig Carbonat (J edoeh rela- • iv viel Dolomit) und best•hen fast ausschliel31ich aus den in Tabelle 2 aufgeft~hrten , ,Sand-Komponenten". Mit abnehmender Korngr6Be nimmt (infolge Aus- f~illung yon Mg-Calcit bei der biogenen Entkalkung) der Gesamtcarbonatgehalt zu, das Mg-Calcit/Dolomit-Ver- h~tltnis ebenfalls und an Stelle der ,,Sand-Komponen- ten" treten in immer st~rkerem MaBe die detritischen , ,Ton-Komponenten", so dab •in Sediment des Typs III zu etwa zwei Dritteln aus Carbonat (davon die Hauptmenge biogen ausgef~illter Mg-Calcit) und zu einem Drittel aus Tonmineralien sowie geringen Mengen an Quarz und organischer~Substanz aufgebaut wird.

4! N a t u r w i s s e n s c h a f t e n 1969

Au//#llusg des Pla#ensees

Die bereits von Ldczy [4] angestellten Berechnungen fiber die im Plattensee abgesetzten Flugstaubmengen, nach denen sich j~thrlich eine 0,35 mm dick• Schlamm- schicht bilden soll, wurden von Entz [2] durch Hinzu- addieren der dutch die biogene Entkalkung gebildeten Carbonate sowie der aus den Flfissen stammenden Sehwemmstoffe erg~tnzt: Hiernach lager• sieh j~ihr- lich eine durchschnittlich 0,624 mm dick• Sediment- schieht ab, die einem Gewicht von 544000Tonnen entsprieht.

Fig. 9 zeigt die vom ,,Wissenschaftlichen Institut ffir Wasserwirtschaft" (, ,VITUKI") in Budapest im Ab- stand von einigen Jahrzehnten durchgeffihrten Lotun- gen, die eine Aufffillung des Seebeekens deutlich zei-

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Fig. 8. Beziehung zwischen dem Gesalntcarbonatgehalt und dem Mg-Calcit/Dolomit- Verh~iltnis der t75 Plattensee-Proben sowie Gesamtcarbonatgehalt und Dolomit- anteil versehiedener Korngr6Benbereiche (Zahlenangaben in ~) yon Proben der Traverse I

gen. Es lfi6t sich leicht ausrechnen, dab bei gleich- bleibender Sedimentationsrate der Plattensee in ca. 5000 Jahren aufgeffillt sein wird!

Zur Geschich~e des Plattessees

Wie bereits erw~ihnt, wurde schon t 9 t l yon Treitz [9] das Sedimentmaterial von f3 auf dem Plattensee- boden niedergebrachten, bis 23,t m tiefen Bohrungen beschrieben. Die Profile lassen sich dahingehend deuten, da6 die an der jetzigen Seeoberft~iche angetroffenen Sedimente mit hohem Carbonatgehalt eine ca. 2 bis 5 m m~chtige Schicht bilden, die aber groBe Gebiete auf torfigen Schichten auflagert. Der Torf (bzw. eine reichlich Pflanzenreste fiihrende ,,Staubsehicht") wird seinerseits yon wesentlich carbonat-~irmeren Sand- mergeln (mit Eisenkonkretionen) unterlagert. Legt man die yon Entz berechnete jahrliche Sedimenta- tionsrate zugrunde, so kann man fiir den Beginn der Sedimentation vom heutigen Typus ein Alter von 3000--8000 Jahren rechnen. War die Sedimentationsrate j edoch geringer, so kommt man leicht auf •in Alter yon fiber 10000 Jahren an die Grenze Sp~itglazial/Postglazial, •in Grenzbereich, der

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614 G. Miiller : S e d i m e n t b i l d u n g im P l a t t e n s e e / U n g a r n Naturwissenscha/ten

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1930

BALATONKENESE

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0 10 20 30 40 50 60 70 km Fig. 9. Auffiillung des Plattensees. Ver~inderungen des Seegrundes zwischen 1895 und 1955 (nach Szesztay [10]). Tiefenlinien bezogen auf Pegelstand 0. Zwischen 1921 und 1959 lag die mittlere SeespiegelhShe bei +0,80 m

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20 40 80 80 40 120 200 4 6 0 [ . . . . . . . I , I 1 1 , 1 1 1 2 , 1 1 i i i

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Fig. 10. Verfindernng des l~{g- und Ca-Gehaltes in der Porenl6sung eines Sedimentkerrtes (,,BK I I " ; vgl. Fig. 5) sowie sie begleitende Ver/inderung im Chemismus der Carbonate

sedimentologisch in vielen Seen Europas durch das Einsetzen carbonatischer Sedimente (infolge Tempe- raturanstiegs Begiinstigung des Pflanzenwuchses und damit Begiinstigung einer biogenen Kalkausf~illung) gekennzeiehnet ist.

Dal3 auch w~ihrend der Abtagerung des heutigen Sedimenttyps betr~tchtliche Ver/inderungen im See vor sich gingen, zeigt die Untersuchung eines in der N~ihe yon Tihany (s. Fig. 5) entnommenen, t,15 m Iangen Sedimentkernes (Fig. t0): Im Interstitial- wasser des Kerns steigt yon oben nach unten bei zun~ichst gleichbleibendem, in der unteren Kernh~ilfte geringerem Ca-Wert der Mg-Gehalt des Porenwassers stark an, entsprechend w~ichst das Mg/Ca-Verh~ittnis bis auf Werte von fiber 9 (!). Dieser Anstieg des Mg/Ca-Verhfiltnisses im Wasser findet seinen Aus- druck in einer fast parallelen Zunahme der Ein- baurate von MgCQ in Mg-Calcit, die im unteren Kernbereieh bis auf 11 Mol-% anw~iehst. Dies be- deutet, dab ,,fossiles" Plattenseewasser, das mit dem Absatz der Sedimentpartikel ins Sediment ein- geschlossen wurde, auch heute noch ~ u n v e r i n d e r t im Verband mit dem urspriinglichen Material steht! Dies bedeutet auch, dab vor noch nicht allzulanger Zeit das Plattenseewasser wesentlich anders zusam- mengesetzt und st~irker konzentriert war. Der scharfe Knick in der Mg/Ca-Kurve des Porenwassers und - - etwas tiefer verlagert - - in der Kurve der MgCO3-

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86. Jg., Heft 12, 1969 G. H a b e r m e h l : C h e m i e u n d B i o c h e m i e y o n A m p h i b i e n g i f t e n 615

Einbaurate im Calcit k6nnte evtl. den Zeitpunkt mar- kieren, an dem der Plattensee erstmalig durch den Sid-Kanal kanalisiert wurde. Da vor der Seeregulierung die Oberft~tche des Sees bei geringerer mittlerer Tiefe wesentlich gr6Ber war, lag die Verdunstungsrate sicherlich h6her und bedingte einen h6heren Elektrolytgehalt des Wassers. Neben Mg zeigen auch andere Ionen eine deutliehe Zunahme mit der Tide. Da durch die ,,biogene Entkalkung" dem Wasser groBe Ca-Mengen entzogen wurden, blieb die Ca-Konzentra- tion niedrig.

Ftir die ausgezeiehnete Zusammenarbe i t da l lke ich al len Kollegen vom Biologischen For schungs ins t i t u t in T ihany , insbesondere seinem Direktor , Dr. J . Salfinki sowie Dr. J. Ponyi , der jede gewtinsehte biilfe leis tete und ftir den unges t6r ten teehnischen Ablauf der P robennahme sorgte. Dieser D a n k gi l t ebenfalls meinen Mitarbei- tern M. Gastner, Jens Mtiller und A. Sehfifer fiir die P robennahme auf dem Pla t tensee und ansehlieBende Unte r suchungen an den

Sedimell tel l selbst. Volt der Dell tschen Forsehul lgsgemeinsehaf t wurde mir dankenswer terweise eine Reise zum Pla t tensee , die der Vorbere i tung des P la t tensee-Pro jek tes diellte, f inanziert .

[f] Emsz t , K., in : Resu l ta te wissenscb. Erforscb. des Balatonsees. Hrsg. yon Ung. Geograpb. Ges. Bd. VII , t , Anhang zu Bd. I, Tel1 I. Wien 1 9 t l . - [2] Entz , B.: AnnaI. Biol. T ihany 26, 131 (1959). - - [3] Entz , B., Ponyi , J . E., Tamas, G.: Annal . Biol. T ihany 30, 103 (1963). - - [4] Ldczy, L., in : Resu l ta te wissenscb. Erforsch. des Balatonsees. Hrsg. von Ullg. Geograph. Ges. Bd. I, Tell 1, t. Wien 1918. - - [5] Melczer, G., i l l : ibid. Bd. V, 1, Anhand zu Bd. I, Teil t . "vVien t 9 1 1 . - [6] Mfiller, G. : Neues Jahrb . Mineral., Mh. 1961, t96t t48. - - [7] P~szt6, P.: Tanulmf inyok 6s Kutat f is i Eredm6nyek , f 1. Sz~m. Budapes t 1963. 125 S. - - [8] Szesztay, K.: S tudy Tours, Int . Syrup. Paleol imnology a t the Biolog. Res. Inst . Hunga r i an Academy of Seiellces Tihany, 28--31 Augus t 1967, p. 26. - - [9] Treitz, P., in : Resu l ta te wissenseh. Erforschung des Balatonsees. Hrsg. yon Ung. Geograph. Ges. Bd. VI, S. 1, Al lbang zu Bd. I, Teil t. Wien 1911. - - [10] Szesztay, K.: A kesz thely /5b61 felisza- polddfisa. , , V I T U K I " Budapest , 67 S. (1966).

E ingegangen am 10. November 1969

Chemie und Biochemie yon Amphibiengi£ten

G. H A B E R M E H L *

Institut ftir Organische Chemie, Technische Hochschule Darmstadt

Die zahlreichen giftigen Tiere unserer Erde lassen sieh grob in zwei Klassen unterteilen: aktiv und passiv giftige Tiere. Zur ersten Gruppe z~ihlt man solche, die ihre Beute mit Hilfe yon Giftorganen erjagen, wie Scblangen, Spinnen und Skorpione. Zur zweiten Gruppe geh6ren vor allem die Amphibien. Bei ihnen dient das in den tiber den gr6Bten Teil der K6rper- oberfl~iche verteilten Hautdrtisen produzierte Sekret zum Schutz vor Feinden. Diese Sekrete enthalten eine erstaunliche Vielzahl verschiedener Substanzen: einfache biogene Amine, Peptide, Steroide und Alkaloide. Ihre pharmakolo- gische Aktivit~t umfal3t Herzgifte, Muskelgifte und Nervengifte, Cholinomimetika und Sympathomime- tika, gef~il3verengende und blutdrucksenkende Sub- stanzen, Lokalanaesthetiea und sogar eines der stttrksten Halluzinogene, das O-Methyl-bufotenin. Einige dieser Substanzen geh6ren zu den stfirksten Giften, die man tiberhaupt kennt. Einen Eindruck yon der Toxizit~it soleher Substanzen im Vergleicb mit anderen Toxinen vermittelt Tabelle 1.

A n u r a - - F r o s c h l u r c h e

Familie: Bu/o~cidae (echte Kr6ten)

Unter den Anura am l~ingsten als giftig bekannt sind die Kr6ten. Bereits in der alten chinesischen und japanischen Medizin machte man Gebrauch yon dem getrockneten Sekret (Ch'an Su, Sen-so). In Europa wurde es im 17. und t 8. Jh. in der Herztherapie ver- wendet, bevor die Digitalisglykoside eingeftihrt waren. Die im Kr6tengift vorkommenden Substanzen k6nnen in zwei groBe Gruppen eingeteilt werden:

* Erwei te r t e Fassung eines Vortrags, gehaltei1 alll~iglich der Er - /3ffnung des Arbei t s jabres 1969/70 der Bras i l ian ischen A k a d e m i e der Wissenscbaf ten in Rio de Jane i ro am 8. Apri l 1969.

41"

A. Biogem Amine

Diese Gruppe besteht einmal aus Derivaten des Brenz- catechins (Catecholamine), zum anderen aus Indol- alkylaminen. Im einzelnen sind dies die Iolgenden Verbindungen :

1. Adrenalin (]a) und Noradrenalin (Ib). Adrenalin ist aus dem Tierreich als Nebennierenmark-Hormon bekannt. In den Giften von Amphibien ist es weit verbreitet. Auch Noradrenalin wird als sympathomi- metischer Wirkstoff in den Hautdrtisensekreten yon Amphibien h~iufig gefunden [t, 2]. In den Kr6ten- giften wurde das Adrenalin erstmals von Maeht und Abel [3] entdeckt. Auch Dopamin und dessert N-Methylderivat Epinin (I c) konnten aus dem Kratensekret isoliert werden [4].

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R ~

I a : R = OH, R' = CH 3 I b : R = OH, R ' = H I c : R = H, R' = CH 3

Die Biosynthese dieser Verbindungen geht aus vom Phenylalanin, das tiber Tyrosin zum Dioxyphenyl- alanin oxydiert wird. Decarboxylierung ftihrt zum Dopamin, das entweder direkt zum Epinin methyliert oder aber zum Noradrenalin hydroxyliert wird; die Methylierung ftihrt dann zum Adrenalin [5]. 2. Indolalkylamim. Der Nachweis basischer Verbin- dungen mit pharmakologischer Wirkung im Haut- drtisensekret yon Kr6ten gelang erstmals Phisalix und Bertrand [6] sowie Handovsky [7]. Die Struktur der