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Page 1: Schluss mit den Turbulenzen Neuanfang in der reformierten ... · 2 0 1 3 Die Johanneskirche im Kreis 5 an der Limmatstrasse in Zürich. (Bild: Karin Hofer / NZZ) ... Da die Suche

10.4.2014 Schluss mit den Turbulenzen: Neuanfang in der reformierten Kirchgemeinde Industrie - Übersicht Nachrichten - NZZ.ch

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ZÜRICH

Schluss mit den Turbulenzen

Brigitte Hürlimann Montag, 7. April 2014

Neuanfang in der reformiertenKirchgemeinde Industrie

In grösster Einhelligkeit und Einstimmigkeit hat die reformierte

Kirchgemeindeversammlung des Zürcher Industriequartiers die Kirchenpflege und die

Rechnungsprüfungskommission neu bestimmt. Die Rede ist unisono von einem

Neuanfang.

Lauter neue Gesichter, viel Tatkraft, Zuversicht und viel Applaus, mit nur wenigen Zwischentönen: Es sieht

ganz danach aus, als ob in der reformierten Kirchgemeinde des Zürcher Industriequartiers, dem Stadtkreis

5, schon bald wieder Courant normal herrscht. Die Kirchgemeindeversammlung hat am Sonntag zwei

wichtige Gremien komplett neu bestellt, und zwar in grösster Einhelligkeit. Die 85 Stimmberechtigten

wählten eine fünfköpfige Kirchenpflege und eine fünfköpfige Rechnungsprüfungskommission. Die

Kirchenpflege wird künftig vom jungen Theologen und Doktoranden Michael Braunschweig präsidiert, der

nach seiner Wahl beteuerte, die frische Mannschaft werde das in Schieflage geratene Schiff wieder auf Kurs

bringen. Der grosse Applaus und das fast einstimmige Wahlergebnis für beide Gremien zeigten, dass die

Kirchgemeinde der neuen Crew vertraut und mit der alten abgeschlossen hat. Zu den wenigen, die dem

Neuanfang kritisch gegenüberstehen, gehört das Ehepaar Werner.

Zur Erinnerung: Im Juli 2013 war der langjährige Kirchgemeindepräsident Helmuth Werner abgesetzt

worden; der Kirchenrat eröffnete ein Administrativverfahren gegen ihn und erstattete Strafanzeige wegen

ungetreuer Geschäftsbesorgung und Nötigung. Werner wurde festgenommen und zwei Wochen lang in

Untersuchungshaft gesetzt. In einem zweiten Schritt enthob der Kirchenrat sämtliche Mitglieder der

Kirchenpflege ihrer Ämter. Die Belange der Kirchenpflege wurden von Interimspräsident und Sachwalter

Uwe Müller-Gauss übernommen, der am Sonntag die Gemeindeversammlung geleitet hat – der Schlussakt

seiner Übergangsfunktion. Werner hat an der Versammlung ebenfalls teilgenommen und sich in diversen

Montag, 7. April 2014

Der abtretende Interimspräsident und Sachw alter Uw e Müller-Gauss (2.v.r.) mit den neu gew ählten Mitgliedern der Kirchenpflege und Rechnungsprüfungskommission vor der

reformierten Johanneskirche im Zürcher Industriequartier. (Bild: Brigitte Hürlimann / NZZ)

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Kirchgemeindeversammlung Industriequartier

Werners Basis schrumpft27. Oktober 2013, 02:00

Lärmklagen am Rosengarten

Glocken, nicht Strasse kritisiert10. Oktober 2013, 02:00

Voten vor allem kritisch zur Rechnungslegung geäussert: Die Aktenauflage sei unvollständig ausgefallen,

ein Rekurs liege in der Luft, sollte die Rechnung genehmigt werden, meinte er. Die Stimmberechtigten

teilten die Bedenken nicht und folgten dem Antrag der externen Rechnungsprüfer, die eine Genehmigung

empfahlen.

Die Rechnung der Kirchgemeinde weist deutlich höhere Ausgaben als budgetiert auf. Grund dafür sind laut

Müller-Gauss die Turbulenzen des vergangenen Jahres und die Aufhebung der wichtigsten Gremien, was

dazu geführt hatte, dass Drittpersonen mandatiert und bezahlt werden mussten. Dieser Ausnahmezustand

sollte mit den am Sonntag erfolgten Wahlen beendet sein. Das Strafverfahren gegen Helmuth Werner ist

allerdings noch hängig.

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ZÜRICH

Kirchgemeindeversammlung Industriequartier

27. Oktober 2013, 18:58

Werners Basis schrumpft

Helmuth Werner, abgesetzter Präsident der Kirchgemeinde Industrie, versuchte eine

Kirchgemeindeversammlung platzen lassen. Es blieb bei dem Versuch.

sru. Die Verantwortlichen für die reformierte Kirche Zürich Industriequartier waren auf einen Eklat gefasst:

Helmuth Werner, der abgesetzte langjährige Präsident der Kirchgemeinde, hatte angekündigt, die auf

Sonntag anberaumte Kirchgemeindeversammlung platzen zu lassen. Entsprechend nervös war zu Beginn

der Sitzung der interimistisch amtierende Sachwalter Uwe Müller-Gauss, als feststand, dass Werner mit

einigen Anhängern anwesend war.

Die Störmanöver liessen nicht lange auf sich warten: Mit formaljuristischer Argumentationen bestritt der

offensichtlich tief verletzte Werner die Rechtmässigkeit der Versammlung. Das Traktandum 4,

Verschiedenes, sei nicht in allen Publikationen angekündigt gewesen, was irreführend sei. Dass der

Sachwalter das Traktandum umgehend strich, passte dem Querulanten allerdings ebenso wenig – hätte er

unter diesem Titel doch gerne seine Sicht der Dinge protokolliert gesehen. Nach einer zermürbenden

Darstellung des Budgets 2014, um dessen Genehmigung es an der Versammlung eigentlich ging, konnte

das Plenum nach zwei Stunden endlich zur Abstimmung schreiten: Das Budget wurde mit 52 Ja gegen 19

Nein deutlich angenommen. Ohne Gegenstimme winkte das Plenum schliesslich das Traktandum 3,

Ergänzung der Statuten des Verbandes der stadtzürcherischen evangelisch-reformierten Kirchgemeinden,

durch. – Helmuth Werners Basis scheint also zu bröckeln. Wie aber geht es weiter in der

krisengeschüttelten Kirchgemeinde? Der Sachwalter Müller-Gauss hofft, dass sich bald 5 bis 7 neue

Kirchenpfleger und 3 bis 5 Mitglieder für die Rechnungsprüfungskommission finden, so dass die

Kirchgemeinde ab Frühling wieder über eine ordentliche Leitung verfügt.

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27. Oktober 2013, 18:58

Kirchgemeindeversammlung im Zürcher Industriequartier: Das Budget w urde mit 52 Ja gegen 19 Nein deutlich angenommen. (Bild: Karin Hofer / NZZ)

NZZ.CH

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Schluss mit den Turbulenzen

Neuanfang in der reformierten Kirchgemeinde Industrie7. April 2014, 02:00

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10.4.2014 Helmuth Werner: Die Grenzen des Milizsystems - Übersicht Nachrichten - NZZ.ch

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ZÜRICH

Helmuth Werner

Dorothee Vögeli 9. September 2013

Die Grenzen des Milizsystems

Die Kirchenbehörden sind froh, wenn in Zeiten serbelnder Mitgliederzahlen einer das

Heft in die Hand nimmt. Deshalb zweifelten sie nicht an den Kompetenzen des nun

vom Amt suspendierten Zürcher Kirchenpflegepräsidenten Helmuth Werner.

Helmuth Werners elektronische Visitenkarte ist beeindruckend: Gleich drei Berufsbezeichnungen –

Theologe, Architekt und Jurist – führt er auf. In Theologie schmückt er sich gar mit dem Titel «Prof. FH P.

theol.». Er selber will sich dazu nicht äussern. Weil er krank sei, könne er momentan keine Kontakte

pflegen, schrieb er auf Anfrage der NZZ, die ihn für ein Gespräch gewinnen wollte.

Ob der mittlerweile vorsorglich abgesetzte reformierte Kirchenpflegepräsident des Zürcher Kreis 5 in seiner

Liebe zur Selbstdarstellung tolerierbare Grenzen überschreitet, spielt in seiner Hausmacht, dem von ihm

präsidierten Quartierverein, ohnehin keine Rolle: Für seine Anhänger stellte Werner in den letzten

Jahrzehnten seine Kompetenzen täglich unter Beweis, indem er «machte».

Sololäufe nicht gestoppt

Er begeisterte sie mit Ideen zur Quartierentwicklung, öffnete die kirchlichen Räume etwa für die

Guggenmusik und lud grosszügig zu Apéros und Billigausflügen ein. Als theologisch Berufener stieg er

gerne selber auf die Kanzel, und als juristisch unbedenklich erachtete er es, mit einer Erbschaft zuhanden

der reformierten Kirchgemeinde eine neue Orgel in der Kirche einbauen zu lassen.

Er tat also eigentlich nur Gutes – das Problem aber war, dass er eigenmächtig entschied und oft weder die

Kollegialbehörde konsultierte noch informierte, wie ein langjähriger Kirchenpfleger berichtet. So habe

Werner vor zehn Jahren eine Bauzeichnerin als Sozialdiakonin angestellt, ohne die Kirchenpflege und die

Pfarrer zu konsultieren. Laut dem damals im Industriequartier tätigen und mittlerweile pensionierten

Pfarrerehepaar Doris und Hans-Ulrich Perels begannen die beiden sodann, eine zweite Kirchgemeinde mit

9. September 2013

Die Johanneskirche im Kreis 5 an der Limmatstrasse in Zürich. (Bild: Karin Hofer / NZZ)

NZZ.CH

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eigenen Veranstaltungen aufzuziehen, von denen die Pfarrer und die anderen Mitarbeitenden erst aus der

kirchlichen Presse erfuhren.

Hartnäckig setzten sich das Pfarrerehepaar und einige weitere kirchlich Engagierte im Quartier zur Wehr.

Doch die zuständigen Behörden stoppten Werners Sololäufe nicht: Ergebnislos blieben Anfragen an den

Stadtverband und die Bezirkskirchenpflege, ebenso unzählige Aussprachen mit dem Kirchenrat sowie

Beschwerden beim Bezirksrat – etwa wegen intransparenter Verbuchungspraxis. In diesem Punkt erhielten

zwar die Beschwerdeführer aus dem Quartier recht, und auch beim Bundesgericht, an das Werner

schliesslich gelangte, blitzte er ab. Aber alles blieb letztlich ohne Konsequenzen, die Kritiker erhielten das

Etikett «Querulanten» oder galten als «schwierig». Viele suchten irgendwann das Weite.

Vogel-Etienne zeigt Mängel auf

Werners Hang, alles selber entscheiden zu wollen, ebenso seinen groben Umgang mit Kritikern verhehlen

selbst seine Anhänger nicht. Er sei eben unkonventionell, lautet der Tenor auch bei den zuständigen

Behördenvertretern wie etwa Martin Zollinger, ehemaliges Mitglied des ZKB-Bankpräsidiums und

Finanzvorstand des reformierten Stadtverbands, der für die Rechnungen der Stadtzürcher Kirchgemeinden

zuständig ist. «Wir hatten ab und zu Diskussionen, weil im Budget nicht alles den Vorgaben entsprach.

Aber wenn die Kirchenpflege und die Kirchgemeindeversammlung damit einverstanden sind, haben wir

kein Recht einzugreifen», sagt Zollinger.

Auch die Personalunion bezüglich Präsidium der Kirchenpflege, der Kirchengutsverwaltung und der

Liegenschaftenverwaltung könne Werner aufgrund seiner breit abgestützten Aus- und Weiterbildung

durchaus abdecken, schrieb Zollinger in einem Brief im Februar 2010. Da die Suche nach

Behördenmitgliedern zunehmend schwierig sei, müsse man für eine initiative Persönlichkeit dankbar sein,

die sich voll in den Dienst der Kirche stelle.

Und so blieb Werner fest im Sattel – denn auf seine treue Anhängerschaft aus dem Quartier konnte er bei

Wahlen zählen; mit der Zeit sassen Vorstandsmitglieder des Quartiervereins in der

Rechnungsprüfungskommission (RPK) und der Kirchenpflege. Im Juli intervenierte der Kirchenrat: Er

suspendierte Werner vorsorglich vom Amt des Kirchenpflegepräsidenten und reichte gegen ihn eine

Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsführung und Nötigung ein. Doch warum erst jetzt? Und weshalb

informierte der Kirchenrat nicht über den Inhalt des Untersuchungsberichts von Rechtsanwalt Ueli Vogel-

Etienne, der Bestandteil eines 2011 eröffneten Administrativverfahrens war?

«Uns waren die Hände gebunden», sagt Martin Röhl, der Leiter des Rechtsdiensts des Kirchenrats. Bis vor

zwei Jahren sei der Kirchenrat nur für die innerkirchlichen Angelegenheiten, insbesondere die kirchlichen

Handlungen, zuständig gewesen, für alles Übrige der Bezirksrat und der Regierungsrat.

Mit dem neuen Kirchengesetz ging eine Änderung des Aufsichtsmodells einher, gemäss dem der Kirchenrat

nun für alle Belange zuständig ist. Wie Röhl vermutet, übte der Bezirksrat im Hinblick auf diesen

Systemwechsel Zurückhaltung. Allerdings hatte offenbar auch der Kirchenrat kein Interesse, dort

einzugreifen, wo er damals konnte: in der pfarramtlichen Arbeit. Unbehelligt liess er Werner Gottesdienste

durchführen. Als dann vor gut zwei Jahren eine Petition aus dem Industriequartier eintraf, eröffnete der

Kirchenrat ein erstes Administrativverfahren und liess Vogel-Etienne die Arbeit der Kirchenpflege

untersuchen.

Im Bericht werden laut Röhl zahlreiche Mängel bezüglich Führungsverhalten und Umgang mit dem

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Personal aufgelistet. Ebenso zeigte sich, dass die Kirchgemeinde höchstrichterlich festgestellte Mängel in

der Rechnungsführung nicht oder nur teilweise behob. Der Autor empfahl, Helmuth Werner seitens der

Aufsichtsbehörden einen Rücktritt nahezulegen und aufsichtsrechtlich für eine Neubesetzung des

Kirchenpflegepräsidiums zu sorgen.

Gesichtsverlust befürchtet

Nach einem Jahr «intensiven Schriftenwechsels» zwischen Werner und dem Kirchenrat, wie Röhl sagt,

wollte dieser dem heute 67-jährigen Präsidenten einen geordneten Rückzug aus dem Amt ermöglichen und

ihn vor einem Gesichtsverlust in der Öffentlichkeit bewahren.

Im Sinn einer Deeskalation habe man deshalb den Inhalt des Berichts und den Beschluss des Kirchenrates

von Anfang Jahr nicht öffentlich kommuniziert. «Wir wollten Werner eine Chance geben.» Deshalb habe

der Kirchenrat Anfang Jahr beschlossen, der Kirchenpflege einen Berater zur Seite zu stellen.

Einem Rekurs gegen den kirchenrätlichen Beschluss wurde die aufschiebende Wirkung entzogen. Auch

dagegen rekurrierte die Kirchenpflege – und erhielt von der landeskirchlichen Rekurskommission in

diesem Punkt recht. Das Verfahren ist noch hängig und von der Rekurskommission bis zum Abschluss des

Strafverfahrens gegen Werner sistiert worden. Wie Röhl betont, war der Kirchenrat deshalb gezwungen,

weiter abzuwarten.

Im Juni lagen konkrete Aussagen zu Werners Personalführung auf dem Tisch. «Bis dahin hörten wir vieles,

hatten aber keine Fakten», sagt Röhl. Der Kirchenrat leitete ein zweites Verfahren ein, diesmal gegen

Werner selber, und zeigte ihn an. Bis zum Abschluss des Verfahrens amtiert Uwe Müller-Gauss als

interimistischer Präsident der Kirchenpflege und Sachwalter. Inzwischen hat der Kirchenrat alle Mitglieder

der Kirchenpflege abgesetzt, weil sie laut Röhl die Zusammenarbeit mit dem Interimspräsidenten

verweigern und hinter dessen Rücken in rechtswidriger Weise Beschlüsse fassten.

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10.4.2014 Eklat in Zürcher Kirchgemeinde: Anhänger Helmuth Werners abgesetzt - Übersicht Nachrichten - NZZ.ch

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ZÜRICH

Eklat in Zürcher Kirchgemeinde

1. September 2013, 20:45

Anhänger Helmuth Werners abgesetzt

In der Kirchgemeinde Zürich Industriequartier spitzt sich der Machtkampf zu. Der

reformierte Kirchenrat hat sämtliche Mitglieder der Kirchenpflege abgesetzt mit der

Begründung, sie hätten die Zusammenarbeit mit dem Interimspräsidenten verweigert.

fbi. ⋅ Seit längerem gärt es in der Kirchgemeinde Zürich Industriequartier. Nun ist es zu einem weiteren

Eklat gekommen: Am Sonntag hat der reformierte Kirchenrat alle vier Mitglieder der Kirchenpflege von

ihren Ämtern suspendiert. Hintergrund der Absetzung ist ein Machtkampf zwischen dem langjährigen

Präsidenten der Kirchgemeinde, Helmuth Werner, und dem Kirchenrat.

Interimspräsident übernimmt

Werner war im Juli als Präsident abgesetzt worden, der Kirchenrat eröffnete ein Administrativverfahren

und erstattete Strafanzeige wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und Nötigung. Kurz darauf wurde der

67-Jährige, der auch als Quartiervereinspräsident amtet, festgenommen und musste rund zwei Wochen in

Untersuchungshaft verbringen. Das Verfahren gegen ihn läuft derzeit noch.

Mit seinem erneuten Beschluss reagiere der Kirchenrat darauf, dass die vier Mitglieder der Kirchenpflege

nicht in der Lage gewesen seien, mit dem vom Kirchenrat eingesetzten Interimspräsidenten Uwe Müller-

Gauss konstruktiv zusammenzuarbeiten, heisst es im Communiqué der Reformierten Kirche des Kantons

Zürich. «Sie haben eigenmächtig Beschlüsse gefasst, ohne den Interimspräsidenten zu informieren»,

erklärt deren Sprecher Nicolas Mori die Massnahme. Zudem seien sie Sitzungen unentschuldigt

ferngeblieben und hätten Veranstaltungen eigenhändig abgesagt. «Es hat sich in den letzten Wochen

bestätigt, dass die vier Kirchenpfleger zur Anhängerschaft Werners gehören.»

Der Kirchenrat hat sich laut Mori deshalb gezwungen gesehen, die vier Mitglieder der Kirchenpflege ihrer

Ämter zu entheben, um die Funktionsfähigkeit der Kirchgemeinde sicherzustellen. Mit dem Entscheid

1. September 2013, 20:45

Am Sonntag hat der reformierte Kirchenrat alle vier Mitglieder der Kirchenpflege von ihren Ämtern suspendiert. (Bild: Keystone)

NZZ.CH

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10.4.2014 Eklat in Zürcher Kirchgemeinde: Anhänger Helmuth Werners abgesetzt - Übersicht Nachrichten - NZZ.ch

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Kirchgemeindepräsident

Helmuth Werner ausUntersuchungshaft entlassen 30. Juli 2013

Helmuth Werner

König hinter Gittern 21. Juli 2013

verfügt die Kirchgemeinde in Zürich 5 über keine handlungs- und beschlussfähige Kirchenpflege mehr. Die

Geschäfte der Kirchenpflege wurden deshalb vorübergehend dem Interimspräsidenten Uwe Müller-Gauss

übertragen. Der Kirchenrat hat ihn als Sachwalter mit umfassenden Befugnissen eingesetzt, wie es in der

Mitteilung heisst. «Erfahrungsgemäss dauert es mehrere Monate, bis Nachfolger für das Amt gefunden

werden können», sagt Mori.

Helmuth Werner wehrt sich

Der Konflikt hat sich offenbar auch auf eine andere Ebene verlagert. In den letzten Wochen sei es zu

diversen Einbrüchen, Diebstählen und Sachbeschädigungen gekommen, sagt Mori. Unter anderem seien

Schlösser verleimt worden. Die Vorfälle habe man der Kantonspolizei gemeldet. Gegen Werner, dessen

Frau und zwei Mitarbeiter wurde zudem ein Hausverbot ausgesprochen.

Derweil bleibt auch die Gegenseite nicht untätig. In einem Flugblatt wehrt sich der abgesetzte Präsident

Werner gegen die Vorwürfe und beschuldigt seinerseits den Kirchenrat, ein «Inquisitionsverfahren» gegen

ihn zu führen. Die bisherige Kirchenpflege und deren Präsident hätten sich unter keinem Titel etwas

zuschulden kommen lassen, heisst es in dem Flugblatt. Am Schluss des Schreibens wird dazu aufgerufen,

mehreren Vereinen beizutreten, um Werner zu unterstützen.

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10.4.2014 Zürich: Verfahren und Strafanzeige gegen Kirchenpflegepräsidenten - News-Ticker - NZZ.ch

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NEWS-TICKER

14:37 Zürich

Verfahren und Strafanzeige gegenKirchenpflegepräsidenten(sda) Der Präsident der Kirchgemeinde Zürich Industriequartier, Helmuth Werner, ist per sofort

im Amt eingestellt worden. Wie der Kirchenrat in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt, hat er

zudem Strafanzeige erstattet.

Es seien Klagen eingetroffen, die auf «eine unhaltbare Personalführung«durch den

Kirchenpflegepräsidenten hindeuteten, schreibt der Kirchenrat in einer Mitteilung vom

Donnerstag. Es gebe darüber hinaus «Hinweise auf eine deutliche Kompetenzüberschreitung im

Bereich dienstlicher Auslagen».

Aus diesem Grund habe man ein Administrativverfahren gegen Werner eingeleitet und ihn im Amt

eingestellt. Damit habe man den nötigen Freiraum für die anstehenden Abklärungen geschaffen,

heisst es weiter. Zugleich habe der Kirchenrat eine Strafanzeige wegen ungetreuer

Geschäftsführung und Nötigung eingereicht.

Interimistisch wird das Amt des Kirchenpflegepräsidenten nun von Uwe Müller-Gauss aus Hinwil

versehen, der laut Mitteilung die Gegebenheiten im Industriequartier kennt. Er wird spätestens bis

nach den Gesamterneuerungswahlen im Frühling 2014 diese Funktion innehaben. Helmuth

Werner hat vor allem als Quartierpräsident eine gewisse Bekanntheit erlangt. In jüngster Zeit hat

er sich vehement gegen das geplante Asylzentrum in Zürich West gewehrt.

NZZ.CH