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INTERVIEW MIT DR. RADU-EUGEN GOLBAN

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  • Die AUNS spricht ehrlich aus, was Menschen denken

    und bewegt.

    INTERVIEW MIT DR. RADU-EUGEN GOLBAN

    AUNS: Herr Dr. Golban, Sie sind deut-scher Staatsbrger rumnischer Herkunft und leben mit Ihrer Familie in St. Gallen. Warum gerade in der Schweiz?Golban: Ich hatte bereits als Student in Basel den Eindruck einer welto enen und toleranten Schweiz gewonnen. Das liberale Wirtschaftsklima und ein politi-sches Gesellschaftsmodell, welches dem Brger ein Hchstmass an politischer Teil-nahme und Vertrauen einrumt, waren berzeugende Argumente.AUNS: Haben Sie noch Kontakte nach Rumnien?Golban: Ja, ich bin Gastdozent an der Universitatea de Vest, der staatlichen Universitt Timisoaras und politischer Kolumnist in verschiedenen Medien. Ich habe als Buchautor im Jahre 2009 und 2010 in Bukarest zwei kritische Fachb-cher zur Europischen Whrungsunion ver entlicht. berdies bin ich seit 2004 in Rumnien mit einer Marketing rma auch unternehmerisch ttig.AUNS: Seit 2007 ist Rumnien EU-Mit-glied. Was hat sich gendert? Golban: In Rumnien hat eine Pro- und Contra-EU-Debatte nie stattgefunden, da

    alle politischen Parteien die bedingungs-lose EU-Integration mit Wohlstands-wachstum assoziiert haben. Die EU hat in Rumnien besonders die Verdrn-gung der landwirtschaftlichen Struktu-ren wie auch die Deindustrialisierung des Landes zu verantworten. Der Verlust der Existenzgrundlage fr die buerliche

    RUMNIEN HEUTE

    Dr. Radu-Eugen Golban Geburtstag: 18.11.1973Geburtsort: Timisoara, RumnienStaatsangehrigkeit: Deutsch/C-Bewilligung in der SchweizWohnort: St. GallenFamilienstand: verheiratet, 1 Tochter

    Ausbildung: Albert Ludwigs Universitt, Freiburg i.Br.:

    Politikwissenschaften, entliches und Brgerliches Recht

    M A - Magister Atrium Europainstitut der Universitt Basel: EU-Recht,

    Wirtschaft, Politik MAES Master of Advanced European Studies Universitatea de Vest Timisoara: Promotion in

    konomie - EWWU und die Herausforderungen der Osterweiterung

    Beru iche Ttigkeit: Telesource SRL,Timisoara: Hauptgesellschafter Eugene Establishment, Schaanwald, Liechtenstein:

    Geschftsfhrer und Gesellschafter Universitatea de Vest Timisoara: Lehrauftrag

    in Politikwissenschaften, EU-Whrungspolitik

    INTERVIEW MIT DR.

    RUMNIEN HEUTE

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  • Gerade das erfolgreiche Mo-dell der Schweiz, den Agrar-sektor einerseits zu schtzen

    und andererseits wettbe-werbsfhiger zu machen,

    kann fr Rumnien attraktiv sein.

    Bevlkerung der einstigen Kornkammer Europas (rund 40 % der Gesamtbevl-kerung) frdert kaum den Sozialfrieden. Rumnien wre wohl in der EFTA, die ei-nen Schutz der einheimischen Landwirt-schaft ermglicht htte, besser aufgeho-ben gewesen als in der EU.AUNS: Die EU will die Demokratie fr-dern. Nach Jahrzehnten kommunisti-scher Diktatur ist die EU doch ein will-kommener Partner?Golban: Die Demokratie zu frdern kann allenfalls als politische Absichtserklrung gewertet werden. Die EU hat gerade vie-len frheren kommunistischen Funktio-nren eine neue Ttigkeit in Brssel oder Bukarest geboten. Es ist zweifelhaft, ob das die Demokratie frdert. Rumnien war unter dem Kommunismus ein durch und durch ideologischer Staat. An der Scheuklappen-Politik hat sich bis heute nichts gendert. AUNS: Die Schweiz zahlt Kohsions-beitrge an die EU-Oststaaten. Im Ab-stimmungskampf 2006 sagte man dem Stimmvolk, dies sei solidarisch und nt-ze auch der Schweizer Exportwirtschaft. Golban: Die Schweiz exportiert Waren im Wert von rund 4,5 Milliarden Franken in die EU-Oststaaten und importiert Wa-ren fr rund 4,2 Milliarden Franken. Der schweizerische berschuss von rund 300

    Millionen Franken ist eine fast zu vernach-lssigende Grsse. Jedenfalls zahlt die Schweiz Milliarden fr den zollfreien Zu-gang zum gesamten EU-Markt, obschon nach Massgabe der Welthandelsorgani-sation WTO Abgaben mit zollgleicher Wirkung verboten sind. Durch die Krise sind die rumnischen Einfuhren nahezu zusammengebrochen. Und in den Ost-staaten ist die solidarische Grundhaltung der Schweiz nicht angekommen. Wenn es schon kaum wirtschaftlichen Nutzen gibt, knnte man das Image der Schweiz wohl besser frdern.AUNS: Kann Rumnien von der Schweiz lernen?Golban: In Rumnien und in der Schweiz hat die lndliche Bevlkerung einen ver-hltnismssig hohen Anteil. Gerade das

    erfolgreiche Modell der Schweiz, den Ag-rarsektor einerseits zu schtzen und an-dererseits wettbewerbsfhiger zu ma-chen, kann fr Rumnien attraktiv sein. Denn es muss fr die Menschen im Ag-rarsektor eine Existenzsicherung geben. Viel knnte der Vielvlkerstaat Rumni-en jedoch von der Schweiz zum The-ma Willensnation, als Gemeinschaft von Brgern unterschiedlicher ethischer Her-kunft, lernen. Interessant knnte auch das Steuermodell der Schweiz sein, weil es den regionalen Wettbewerb frdert. Und in Rumnien wre die Einfhrung einer Vermgenssteuer nach schweizeri-schem Vorbild geeignet, um die Korrupti-on zu bekmpfen und die Steuergerech-tigkeit zu frdern.AUNS: Warum sind Sie ein berzeugter Sympathisant der AUNS?Golban: Weil mir die persnliche Freiheit wichtig ist. Die AUNS ist meiner Ansicht nach unbestritten ein Garant fr die Un-abhngigkeit und Eigenstndigkeit der Schweiz. Dabei habe ich das Gefhl, dass die AUNS sowohl liberale Wirtschaftsziele vertritt als auch die erforderliche Zivilcou-rage im EU-kritischen Dialog aufbringt. Die AUNS spricht ehrlich aus, was Men-schen denken und bewegt. Das ber-zeugt mich.

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