revision des atomgewichts des cers. analyse des certrichlorids

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0. Htinigschmid und H. Holch. Revision des Atomgewichts dea Cers. 91 Revision des Atomgewichts des Cers. Analyse des Certrichlorids. Von 0. H~NIGSCHMID und H. HOLCH. Einleitung. Die internationale Atomgewichtskommission fiihrte in ihren Tabellen (1899-1903) fur das Atomgewicht des Cers den Wert Ce = 140. Im Jahre 1903 veroffentlichten BRAUNEB und BAT~K~) und BBAUXER~) eine Revision des Atomgewichts des Cers. Der von den beiden Autoren &gefundene, von ihnen als hochstwahrscheinlich be- zeichnete Wert von Ce = 140,25 wurde von der internationalen Atomgewichtskommission ohne weiteres in die Tabellen aufgenommen, um so mehr, ds BRAUXER und seiE Mitarbeiter einwandfrei zeigen konnten, daB mit einer Ausnahme alle vorhergehenden Arbeiten uber dieses Atomgewicht mit erheblichen Fehlern behaftet sind. Diese einzige Ausnahme bildete die Arbeit ROBINSONS, der, wie unten niiher ausgefuhrt wird, das Verhaltnis CeCl,: 3Ag bestimmte, Seine Analysen, mit dem damals giiltigen Atomgewicht fur Silber dg = 107,93 berechnet, zeigten eine ausgezeichnete obereinstimmung rnit dem BRAuNER'schen Xttelwert. Als aber Neubestimmungen des Atomgewichts des Silbers diesen Standard wesentlich vergnderten, verschwand die Ubereinstimmung und es standen sich die Werte von BRAUNER Ce = 140,25 und von ROBINSON Ce = 140,136 fur Ag = 107,88 gegenuber. Dies und eine spatere Bemerkung BRAUNER'S, da8 der im Jahre 1903 ermittelte Wert sehr wahrscheinlich ein Maximum darstelle, veranlaBte die Deutsche Atomgewichtskommission ,), in ihren Tabellen die zweite Dezimale fallen zu lassen, bis eine Neubestimmung eine Entscheidung zwischen den beiden Werten erlaube. l) BRAUNER u. BAT& Z. anorg. Chem. 34 (1903), 103. $) BXAUNEX, 2. anorg. Chem. 34 (1903), 207. 3, Ber. 56 (1923). 3. Bericht der D. At.-Gew.-Kommission.

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Page 1: Revision des Atomgewichts des Cers. Analyse des Certrichlorids

0. Htinigschmid und H. Holch. Revision des Atomgewichts dea Cers. 91

Revision des Atomgewichts des Cers. Analyse des Certrichlorids.

Von 0. H~NIGSCHMID und H. HOLCH. Einleitung.

Die internationale Atomgewichtskommission fiihrte in ihren Tabellen (1899-1903) fur das Atomgewicht des Cers den Wert

Ce = 140.

Im Jahre 1903 veroffentlichten BRAUNEB und B A T ~ K ~ ) und BBAUXER~) eine Revision des Atomgewichts des Cers. Der von den beiden Autoren &gefundene, von ihnen als hochstwahrscheinlich be- zeichnete Wert von Ce = 140,25 wurde von der internationalen Atomgewichtskommission ohne weiteres in die Tabellen aufgenommen, um so mehr, ds BRAUXER und seiE Mitarbeiter einwandfrei zeigen konnten, daB mit einer Ausnahme alle vorhergehenden Arbeiten uber dieses Atomgewicht mit erheblichen Fehlern behaftet sind.

Diese einzige Ausnahme bildete die Arbeit ROBINSONS, der, wie unten niiher ausgefuhrt wird, das Verhaltnis CeCl,: 3Ag bestimmte, Seine Analysen, mit dem damals giiltigen Atomgewicht fur Silber dg = 107,93 berechnet, zeigten eine ausgezeichnete obereinstimmung rnit dem BRAuNER'schen Xttelwert. Als aber Neubestimmungen des Atomgewichts des Silbers diesen Standard wesentlich vergnderten, verschwand die Ubereinstimmung und es standen sich die Werte von BRAUNER Ce = 140,25 und von ROBINSON Ce = 140,136 fur Ag = 107,88 gegenuber.

Dies und eine spatere Bemerkung BRAUNER'S, da8 der im Jahre 1903 ermittelte Wert sehr wahrscheinlich ein Maximum darstelle, veranlaBte die Deutsche Atomgewichtskommission ,), in ihren Tabellen die zweite Dezimale fallen zu lassen, bis eine Neubestimmung eine Entscheidung zwischen den beiden Werten erlaube.

l) BRAUNER u. BAT& Z. anorg. Chem. 34 (1903), 103. $) BXAUNEX, 2. anorg. Chem. 34 (1903), 207. 3, Ber. 56 (1923). 3. Bericht der D. At.-Gew.-Kommission.

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92 0. HGnigschmid und H. Holch.

Im folgenden seien nun kurz die Methoden skizziert, die BRAIJNER und BATSIC, BRAIJNER allein und ROBINSON zur Bestimmung des At.-Gew. anwandten, wobei wir vorwegnehmen wollen, daB das Aus- gangsmaterial in allen Fallen nach zuverlassigen, teilweise sogar verschiedenen Xethoden gereinigt und spektroskopisch auf die Ab- wesenheit anderer seltener Erden gepriift worden war.

Kristallisiertes Cerosulfat wurde im Platin- tiegel in einem Schwefelbad entwassert und gewogen, sodann durch schwaches, spater stkkeres Gliihen in Cerdioxyd umgewandelt. Das Mittel aus 23 Versuchen ist bei einer Streuung von 4 Einheiten der ersten Dezimale (nach dem Komma) Ce = 140,22.

eine weitere Reihe von 7 Versuchen aus, mit einer Streuung von 2,6 Einheiten in der ersten Dezimale und einem Mittel von Ce= 140,21.

Die zweite Methode, die zur Anwendung gelangte, ist die Analyse des lufttrockenen Cerooxalats , dessen Gehalt an Cerdioxyd einer- seits durch Vergluhen im Platintiegel, der Gehalt an C,O, anderer- seits durch Titration mit Permanganat ermittelt wurde. Aus dem Verhaltnis 2Ce0,:3C,03 ergibt sich das At.-Gew. des Cers als Mittel von 20 Versuchen zu Ce = 140,27.

Im 2. Teil der Revision des At.-Gew. des Cers verbffentlicht BEAUNER~) weitere 5 Qersuche, die nach dieser Methode mit einer kleinen Abkderung durchgefiihrt, einen Mittelwert von Ce = 140,26 ergaben.

Die dritte von BRAUNER angewandte Methode ist die Analyse des lufttrockenen Cerosulfatoctohydrats, dessen Gehalt an Cerdioxyd wiederum durch Qergluhen bestimmt wurde. Die in 7 Versuchen ermittelten Werte schwanken zwischen Ce = 140,21 und Ce = 140,28 mit einem Mittelwert yon Ce = 140,26.

Im zweiten Teil seiner Mitteilung widmet BRAUNER ein Engeres Kapitel den Schwierigkeiten, die bei einer genauen Wagung von ge- gliihtem Cerdioxyd auftreten. Das Gewicht von frisch gegluhtem Cerdioxyd nimmt wahrend des Erkaltens und auch spater noch wohl infolge von Luftadsorption an der Oberflache dauernd zu, ohne in absehbarer Zeit konstant zu werden. Dadurch wird das Atomgewicht des Cers eine Funktion der Zeit, die man zwischen beendetem Gluhen und darauffolgendem Wagen verstreichen IaBt.

BRAUNER 1885.l)

Nach dieser gleichen Methode fuhrten BRAUNER und BATAK 1903

*I BEAUHER, Sitzungsber. Wiener Akad. der Wissensch. 92 (Juli 1885). a) BRAUNEE u. B A T ~ K , Z. anorg. Chem. 34 (1903), 103. 3 BRAUNEE, Z. anorg. Chern. 34 (1903), 207.

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Willkurlich wagt BRAUNER 20 Minuten nach beendetem Gluhen; wiirde e r 40 Minuten nach beendetem Gluhen gewogen haben, ware das von ihm ermittelte Atomgewicht wesentlich hoher.

Diese Tatsache macht den Wert der BRAuNER'SChen Zahlen sehr fragwurdig. Es ist nur zu bedauern, da8 BRAUSER nicht versucht hat, sein gegluhtes Cerdioxyd im Vakuum zu wagen, so mie es in unserem Laboratorium gelegentlich der Wagung pulverformiger Sub- stamen durchgefiihrt wurde.

ROBINSON l) arbeitete folgendermaEen: Er erhitzt Cerooxalat in einem Strom von sorgfaltig gereinigtem und getrocknetem Chlor- wasserstoff und Kohlendioxyd bis zur Rotglut, la8t das Chlorid in diesem Gasstrom erkalten und schuttet es dann rasch in das Tage- glas. Das offene Wageglas belafit er nun 4 Tage lang iiber Calcium- oxyd und konz. Schwefelsiiure, um die letzten Reste von anhaftendem Chlorwasserstoff zu entfernen, sodann wird es verschlossen und nach der Sabstitutionsmethode gewogen. Hierauf wird das Chlorid in Wasser aufgelost und naeh STAS mit Silber titriert. Die 7 ausge- fuhrten Analysen streuen von Ce = 140,029 bis Ce = 140,246, der Mittelwert (Ag =107,880; C1 = 35,457) ist Ce = 140,136.

Aufgabe der vorliegenden Arbeit war, zwischen den Werten von BRAUNER und ROBINSON zu entscheiden. Die Methode, Analyse eines Cerhalogenids, ergab sich von selbst, d a j a in unserem Labora- torium bereits wertvolle Erfahrungen in der Reindarstellung von Halogeniden der seltenen Erden gesammelt worden waren.

Ganz auBerordentlich vereinfacht wurde unsere Arbeit durch Herrn Prof. Dr. W. PRANDTL, der uns in zuvorkommenster Weise das Ausgangsmaterial fur diese Untersuchung zur Verfugung stellte, wofur wir ihm auch an dieser Stelle herzlichst daoken.

Die Reinigung der Reagentien.

Die Reinigung von W asser, Salpetersaure, Salzsaure, Ammoniak und Silber fur Atomgewichtsarbeiten wurde schon fruher beschrieben, wir konnen auf diese Veroffentlichungen hinweisen.2) Wasserstoff- superoxyd. ,,Perhydro1 Merck" im Verhaltnis 1 : 1 mit reinstem Wasser verdunnt, genugte fur unsere Zwecke, was die Reinheit betrifft, vollkommen.

Oxalsaure. Oxalsaure KAHLBAUM ,,Zur Analyse" aus reinstem Wasser 4 ma1 umkristallisiert, wobei die Kristalle jedesmal in Platin-

l) ROBINSON, Chemical News 60 (1884), 251. ') 0. H~NIUSCEIXID, z. anorg. u. allg. Chem. 140 (1924), 321.

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94 0. Hiinigschmid und H. Holch.

trichtern scharf abgeschleudert worden waren, hinterlieB beim Ver- gluhen im Platintiegel keinen wagbaren Riickstand.

Die Reinigung des Ausgangsmaterials.

Uber die Vorgescbichte unseres Ausgangsmaterials teilte uns Herr Prof. PRANDTL folgendes mit:

,,1 kg ziemlich reines Cerdioxyd wurde durch 50 Reihen hin- durch als Magnesiumdoppeloitrat fraktioniert kristallisiert. In der Kopffraktion lie6 sich lediglich eine Spur Lanthan, in der Endlauge eine Spur Neodym spektrographisch nachweisen. Die Mittelfraktionen erwiesen sich als vollstandig frei von anderen Elementen.'Ll)

Diese Mittelfraktion des schon auBerordentlich reinen Priiparates bereiteten wir wie folgt zur Analyse vor:

Das starkgegliihte Oxyd wurde von uns durch Abrauchen mit Schwefelsaure im Platintopf aufgeschlossen, das Reaktionsprodukt nach dem Erkalten in eisgekuhltes Wamer in kleinen Portionen ein- getragen und die tiefrote LSsung von uriverandertem Oxyd abfiltriert. Durch Fallung rnit Ammoniak in der Kalte erhielten wir Cer-(4)-Hydr- oxyd, das rnit hei6em Wasser mehrere Male dekantiert und endlich iiber gehartetem Filtrierpapier in einer Porzellannutsche abfiltriert und griindlich rnit heiBem Wasser gewaschen wurde. Dieses Hydr- oxyd brachten wir nun im Platintopf rnit konz. Salpetersaure und einigen Tropfen Wasserstoffsuperoxyd durch gelindes Erwtirinen in LGsung. Dann erhitzten wir die Cer-(3)-NitratlSsung zum beginnenden Sieden und fallten rnit heiBer verdiinnter Oxalslure im OberschuB. Den zuerst auBerordentlich feinkristallinen Niederschlag lieBen wir 24 Stunden stehen.

Leider waren die Eristalle zu fein, um im Platintrichter ab- zentrifugiert werden zu ktinnen, wir begniigten uns daher mit mehr- maliger Dekantation, worauf der Kristallbrei in der Nutsche iiber gehartet em Filtrierpapier emchapfend ausgewaschen wurde.

Das Oxalat losten wir wieder im Platintopf in warmer konz. Salpetersaure und fallten nach dem Verdiinnen erneut wie oben rnit Oxalsaure. Diese Fallung als Oxalat nahmen wir im ganzen 3 ma1 vor.

Darstellung van Cer.(3).Chlorid.

Die saIpetersaure Losung des zum 3. Ma1 gefallten Oxalats behandelten wir nun in der Siedehitze rnit Ammoniak. Um die

I) Rhtgenspektrographische Arbeiten auf dem Gebiet der seltenen Erden. ;Inauguraldissertation A. GRIMM, Munchen 1924.

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Oxydation des Cer-(3)-Hydroxyds moglichst zuriick zu halten, ver- zichteten wir auf ein griindliches Auswaschen des Niederschlages, dekantierten nur 3 ma1 mit heiBem Wasser und versetzten den Brei sofort rnit konz. Salzsiiure. Diese Operation wird am besten im Quarz- kolben vorgenommen. Durch tropfenweisen Zusatz von Wasserstoff- superoxyd in der Hitze gelingt es nun leicht, das Hydroxyd in Lasung zu bringen. Dabei ist aber vorausgesetzt, daB die Oxydation des Hydroxyds noch keinen grijBeren Umfang angenommen hat; auch gealterte Hydroxyde gehen nur sehr schwer und mit vie1 Wasserstoffvuperoxyd in Lirsung.

Die Cer-(3)-Chloridliisung filtrierten wir durch einen Platingooch- tiegel, dampften sie im Quarzkolben stark ein und leiteten unter Eiskuhlung einen schwachen Strom von gewaschenem Chlorwasserstoff bis zur vollstiindigen SLttigung iiber die L6sung. Das ausfallende Kristallgut lie5 sich leicht im Platintrichter iiber einem Platinkonus filtrieren. Scharf zentrifugiert, erhielten wir fast vollig trockenes Chlorid. Diese Fallung mit Chlorwasserstoff wurde im ganzen 5 ma1 wiederholt, wobei wir vor der letzten Fallung nochmals durch einen Platingoochtiegel filtrierten.

Die Ausbeute an Cer-(3)-Chlorid aq. beim UmfBllen rnit Chlor- wasserstoff betragt iiber 90 O/,, , die anderen Reinigungsoperationen verlaufen annlhrend quantitativ.

Unser reinstes Chlorid bewahrten wir in einer Quarzschale auf, die, selbst rnit einer groBeren Kristallisierschale bedeckt, im Vakuum iiber geschmolzenem Atzkali stand.

Wage und Gewichte.

Wir beniitzten eine Prazisionswage von KAISER und SIEVERG- Hamburg mit Mikroskopablesung. Zwei innerhalb 5 Minuten auf- einanderfolgende Wagungen ein und desselben Objektes differierten, wenn iiberhaupt, in den seltensten Fallen um mehr als ein hundertel Milligramm. Eine Verschiebung des 5 Milligramm schweren Reiters um eine Kerbe, entsprechend einem zehntel Milligramm, be- dingte bei der mikroskopischen Ablesung des neuen Nullpunkts eine Verschiebung von 10 Skalenteilen auf der schwingenden Zeigerskala, so daB die hundertel Milligramme direkt abgelesen werden konnten. Unser Prazisionsgewichtsatz aus platiniertem Messing rnit Bruch- grammen aus Platin war von uns nach der Methode von RICHARDS^) geeicht worden.

l) RICHABDS, Z. phys. Chem. 33 (1900), 605.

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Samtliche Wagungen wurden durch Substitution mit Gegen- gewichten ausgefuhrt und auf den luftleeren Raum korrigiert.

Folgende Vakuumkorrekturen kamen zur Anwendung: Spez. Gewicht Vakuumkorrektur

fur ein Gramm Messing . . . . . . . . 8,3 - Silber. . . . . . . . . 10,49 - 0,03 mg Chlorsilber 596 4- 0707 7 , Cer-(3)-Clorid 3,9 + 0915 9 7

Das spez. Gewicht von Certrichlorid gibt MATIONON zu 3,92 an. Zur Sicherheit bestimmten wir das spez. Gewicht des geschmolzenen Chlorids selbst durch Verdrangung von Xylol im Pyknometer, wie es H~NIGSCHMID anlaBlich der Dichtebestimmung des Thoriumbromids l) zeigte.

Gewicht des geschm. Gewicht des verdr. Spez. Gew. Spez. Gew.

. . . . . . . . . . . . .

CeCl, i. Vak. Xylols i. Vak. d. Xylols CeCI, 3,4807 g 0,7564 g 0,550 3,91

Die Entwasserung des Certrichlorids.

Zur Entwasserung und zum Schrnelzen des Chlorids benutzen wir den ,,bottling apparatus" von RICHARDS und PARKER, welcher an das ubliche und schon des ofteren beschriebene Trockensystem fur Luft, Stickstoff und Chlorwasserstoff angeschlossen war.

Die Aufgabe war nur die, das Trocknen des kristallwasser- hdtigen Chlorids und das nachfolgende Schmelzen so zu leiten, da6 ein definiertes Produkt zur Wagung gelangt. Die sich auBer- ordentlich leicht vollziehende Bildung von Ceroxychlorid ist dabei die Rauptschwierigkeit.

Gliicklicherweise besitzen wir einen sehr zuverlassigen und emp- findlichen Nachweis fur Oxychlorid. Durch sorgfaltige Beobachtung des Auflasevorganges in Wasser lassen sich niimlich die geringsten Spuren ( 'Ilo Nilligramme) Oxychlorid an der sofort auftretenden Trubung der LGsung im Schiffchen erkennen.

Die Oxychloridbildung erfolgt bei hoherer Temperatur entweder durch Hydrolyse bei Gegenwart von Wasser oder durch Oxydation mittels Luftsauerstoffs. Ferner entsteht beim Schmelzen immer da Oxychlorid, wo das Salz beim vorgehenden Trocknen in Kristall- wasser zusammengeschmolzen war. Es scheint dann nicht mehr moglich xu sein, die letzten Reste Wasser bei niederer Temperatur zu entfernen; bei h6herer Temperatur tritt nun notwendigerweise Oxychloridbildung ein.

*) 0. H~NICMCHMID, Sitzungsber. Wiener Akad. der Wissensch. 73 (Okt. 1914).

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Die Sauerstoffspuren, die im Chlorwasserstoffstrom immer ent- halten sind, machen sich dann geltend, wenn das Praparat rangere Zeit schmelzfliissig gehalten wird; daher erwies es sich als notwendig den SchmelzprozeB so rasch als moglich durchzufuhren.

Beniitzt man, wie wir es anfinglich taten, zur Trocknung Schiffchen aus Quarz, so bedingt die hohe Schmelztemperatur (548O) des Cer- trichlorids durch Angriff des Quarzes eine weitere Bildungs- miiglichkeit fur Oxychlorid. Um die Schmelzdauer moglichst ab- zukiirzen, steigerten wir nach dem Trocknen die Temperatur des Ofens so rasch wie moglich auf 1000-llOOo und schoben dann den angeheizten Ofen iiber das Schiffchen mit dem getrockneten Chlorid. Nach 90 Sekunden war letzteres vollstandig zusammen- geschmolzen und der Ofen konnte wieder zuriickgeschoben werden. Bei diesen Temperaturen reagiert aber bereits der Quarz des Schiffchens mit dem Chlorid, so dab bei einem sonst einwandfrei getrockneten Praparat stets groBe Mengen Oxychlorid entstehen. DaB der Quarz des Schiffchens die Ursache war, bewiesen wir durch Parallelversuche in Platin- und Quarzschiffchen; dabei zeigte sich immer eine betrachtliche Gewichtsabnahme des Quarzschiffchens.

Aus diesen Tatsachen ergibt sich nun die Notwendigkeit fol- gender MaBnahmen:

1. Das Chlorid vor dem Schmelzen vollstandig zu entwassern, bei dieser Operation aber ein Schmelzen im Kristallwasser vollstandig zu vermeiden;

2. das Schmelzen so rasch als moglich durchzufuhren; und 3. als Material fur das Schiffchen ausschlieBlich Platin zu ver-

wenden. Durch Vorversuche stellten wir nun fest, daB bei 7 5 O die ersten

drei Molekule Kristallwasser innerhalb drei Stunden entweichen. Beginnt man mit einer Trockentemperatur von 90°, so schmilzt das Salz schon in seinem Kristallwasser. Sind die ersten drei Molekule Kristallwasser entfernt, so ist die Gefahr des Schmelzens ziemlich beseitigt. Die Jetzten Molekiile Kristallwasser entweichen zwischen 150 und 180O; bevor man iiber diese Temperaturschwelle weit hinausgeht, ist es notwendig zu warten, bis alles Wasser entfernt ist. Dieses ist nach ungefiihr einer Stunde der Fall.

Van nun an ist Wasser nur noch spurenweise enthalten, nach 4 Stunden Trocknung bei 360 O bleibt das Qewicht konstant; ebenso kann man konstantes Gewicht des ungeschmolzenen Chlorids erhalten,

2. anorg. u. allg. Chem. Bd. 177. 7

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wenn man bei 360° nur kurz verweilt, d a m aber bei 400 und 500O noch je eine Stunde trocknet.

Nach dieser letzten Methode bekommt man aber nur d a m mi- verlhssig kein Oxychlorid, wenn dem Cerchlorid grogere Xengen Ammonchlorid beigemischt sind. Dieses erhoht die Salzsaure- konzentration an Ort und Stelle eben bei der kritischen Temperatur zwischen 300 und 500° so, daB eine etwaige Verunreinigung des Chlorwasserstoffstromes durch Feuchtigkeit oder Sauerstoff nicht ins Gewicht fallt. Daher arbeiteten wir bei allen Versuchen, die nach dem zweiten Trocknungsechema durchgefuhrt wurden, mit einem Zusatz yon Ammonchlorid. Geschmolzen wurde d a m , wenn der letzte Rest Ammonchlorid wegsublimiert war.

Der besseren Ubersicht halber geben wir die beiden Trocknungs- schemata, die unter allen Urnstanden zuverliesige Resultate liefern? in Form einer Tabelle. Bei den Temperakuren bis 25G0 lieBen wir eira Gemivch von Chlorwasserstoff und Stickstoff, iiber 250 O Chlor- wasserstoff allein durch den Apparat gehen. Durch den Stickstoif- zusatz erzielten wir eine hohere Qasgeschwindigkeit uber dem Schiffchen, wodurch einem event. Zuriickdiffundieren des ausgetriebenen Wassers vorgebeugt wurde.

300 Grad 360 1 7

Schmelzd auer Stickstoff

Luft

3 Stunden

'I4 ' 1

1 > )

' i z - 7

, 300 Grad 'Ip Stunde ' 360 ,, 'I* 7 7

400 >l 1 7 7

500 ,, 1

I Luft 30 77

Schmelzdauer 90 Seklndern I Stickstoff 20 Minuten I

Der Verlauf einer Trocknung war nun folgender: Das in selnem W ageglas mittels Gegengewichts gewogene Schiffchen wurde im staubfreien Glaskasten mit feingepulvertem Chlorid gefullt, auf3erlich mit einem faserfreien Seidentuch von anhaftendem Salz gereinigt und in das Quarzrohr des bottling apparatus eingefuhrt, iiber diesen dann der selbsthergestellte und geeichte elektrische Rohrenofen geschoben. Das Quarzrohr wurde mittels eines Flanschschlifles mit dem Glasteil des bottling apparatus verbunden, in welchem sich bereits Wageglas und Stopfen befanden.

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Revision des Stomgewichts des Cers. 99

~ ~ - - _ _ _ _ _ ~ - ~ _ _ - A g i. Vak. I CeC1,:SAg

4,51018 0,76163 3,14058 1 0,76158 4,01767 0,76163 5,48247 0,76167 1,77015 0,76168 2,69147 0,76164 3,12846 0,76168

_- ~ _- ~~ - -~

Nachdem nun die Luft im Apparat durch Stickstoff verdrangt worden war, konnte die Trocknung im Chlorwasserstoff-Stickstoffstrom beginnen. War diese und das Schmelzen beendet, so wurde das Schiffchen in das Wageglas zuriickgeschoben , dieses verschlossen, 2 Stunden neben der Wage im Exsiccator stehen gelassen und dann in bekannter Weise gewogen.

Atomgewicht

140,12 2 140,107 140,123 140,136 140,138 140,127 140,138

___.- ~ ___^_

Ausfiihrung der Analyse.

Das gewogene Platinschiffchen mit dem geschmolzenen Chlorid fuhrten wir in einen 3 Liter fassenden Jena-Erlenmeyerkolben ein, der mit genau eingeschliffenem Stopfen versehen und mit ungefahr ' I , Liter reinstem Wasser gefiillt war. Nachdem sieh das Chlorid vollstandig und klar gelost hatte, was etwa 'I2 Stunde beanspruchte, spiilten wir das Platinschiffchen aus und fallten mit Silberlosung. Die beiden Verhaltnisse: CeCl, : 3Ag und CeCI, : 3AgCl wurden in der schon Sfters beschriebenen Weise nephelometrisch und durch Wagung des gefallten Chlorsilbers bestimmt.

3,37733 2,84432

0,76165 140,130 0,76164 ~ 140,127

4 ' 5 1 6

1 9

4,17563 1,34828 2,04994 2,38287 2,57235 2,16635

5,3 3 8 0 3 7,28454 2,35210 3,57628 4,15673 4,48755 3,77918 - ~-

Atomgewicht

140,114 140,116 140,130 140,131 140,122 140,113 140,135 140,120 140,126

0,57324 0,57325 0,57322 0,57320 0,57326 0,57322 0,57323 ~ _ _ _ _

140,123 q*

6% \

ii 1 9a ---

2,04994 2,38287 2,57235 2,16635 ____._

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100 0. HSnigschmid und H. Holch.

Verhi i l tnis CeC1,:3Ag: Die neun Bestimmungen des Ver- hkltnisses CeCI, : 3 Ag ergaben als Mittel fur das Atomgewicht des Cers den Wert Ce = 140,127 mit einer mittleren Abweichnng vom Mittel von t- 0,007.

Im ganzen verbrauchten 23,58248 g CeC1, zur Fallung des Chlorions 30,96263 g Silber, woraus wir das gesuchte Verhkltnis CeC1,:3Ag = 0,76164 und das Atomgewicht zuCe = 140,127 berechnen.

Aus den neun Bestimmungen des Verhaltnisses CeCi, : 3 AgCl ergibt sich als Mittel das Atomgewicht des Cers zu Ce = 140,123 mit einer mittleren Abweichung vom Mittel von 0,007.

Es gaben 23,58248 g CeC1, bei der Fallung mit Silberion 41,13979 g Silberohlorid und daraus das Verhaltnis CeC13:3AgCl = 0,57323 sowie das Atomgewicht Ce = 140,123.

Als Gesamtmittel aller 18 Bestimmungen folgt fur das Atom- gewicht des Cers der Wert

V e r h a l t n i s CeCl,: 3AgC1.

Ce = 140,125 t 0,007. Extremes Verhiiltnis der angewandten Substanemengen Maximale Abweichung der Einzelresultate . . . . . 2,2: 10000 Mittlerer Fehler der Einzelbestimmung . . . . . . 0,64: 10000 Mittlerer Fehler des Mittelwerts . . . . . . , . . 0,15 : 10000

1 : 3,l

Zusammenfassung.

Das derzeit gultige Atomgewicht des Ceriums Ce = 140,2 beruht auf den zahlreichen Analysen von BRAUNER. Die von diesem Forscher beniitzten verschiedenen Analysenmethoden haben das Ge- meinsame, daB bei allen zur Bestimmung der betreffenden Verhaltnisse gegliihtes Cerdioxyd gewogen werden muBte. Falls die Wagung des Cerdioxyds, wie bisher ausnahmslos, in Luft und nicht im Vakuum vorgenommen wird , bringt diese Operation eine unvermeidbare Fehlerquelle in die Untersuchung, die durch Adsorption unbekannter Mengen Luft an dem pulverigen Oxyd bedingt wird und die Resultate der Analysen in weitgehendstem MaBe falscht. Die durch diese Adsorption verursachte Gewichtsvermehrung des Oxyds wird von BRAUNER als Funktion der Abkuhlungsdauer des gegluhten Oxyds erkannt und er sucht diese Fehlerquelle dadurch mijglichst aus- zuschalten, daB er das Oxyd jedesmal nach Ablauf von 30 Minuten nach beendetem Gliihen waigt. Er kann so wohl zu relativ richtigen, daB hei3t vergleichbaren Resultaten gelangen , die aber nicht den Anspruch auf absolute Richtigkeit erheben konnen, da er bei seiner Arbeitsweise die Oberflachenadsorption nicht vermeiden kann. Er

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Revision des Atomgewichts des Cers. 101

muB immer fur sein Oxyd ein zu hohes Gewicht und damit fur das Atomgewicht einen zu hohen Wert finden. Die Sulfat- und Oxalat- methoden sind aus diesem Grund in der Art der BRAuNER’schen Ausfuhrung fur genaue Atomgewichtsbestimmungen ungeniigend und die mit ihrer Hilfe ermittelten Werte nicht vertrauenswurdig.

Es ist demgegenuber zu erwarten, daB in diesem, wie in vielen anderen ahnlichen Fallen, am zuverlassigsten die Halogenidanalyse arbeiten wird. Sobald ein absolut reines Cermaterial vorliegt, dessen Reinheit auf optischem und rontgenspektrographischem Wege fest- gestellt ist, handelt es sich lediglich um die Losung des Problems, ein definiertes, vollkommen sauerstofffreies, geschmolzenes Certrichlorid zur Wagung zu bringen. Die Analyse dieses Chlorids kann, nach der; ublichen Standardmethoden durchgefuhrt, keine Schwierigkeiten bereiten und muBte zu dem richtigen Atomgewichtswerte fuhren.

Ob nun ROBINSON’S Verfahren, das in einer Umwandlung des Ceroxalats in Chlorid auf trockenem Wege durch Erhitzen des ersteren in einem Gemisch von Chlorwasserstoff und Kohlendioxyd besteht, zu einem oxychloridfreien Certrichlorid gefuhrt hat, bleibt zweifelhaft. Sein Atomgewichtswert, der dem unseren sehr nahe kommt, ist kein Beweis fur die Reinheit seines Chlorids, da seine hrbeitsweise bei der Ausfiihrung der Titration mit Silber eigentlich einen zu niederen Wert ergeben mubte, der nur durch einen Gehalt an Oxychlorid erhoht werden k8nnte.

Es wurde deshalb zur Gewinnung des reinen, wasserfreien Certrichlorids eine Methode ausgearbeitet , die darauf beruht, daB das kristallisierte Chlorid durch Erhitzen im Salzsaurestrom ent- wassert und dann geschmolzen wird, ohne daB auch nur spuren- weise Oxychloridbildung eintritt. Hierfur wird eine genaue Arbeits- vorschrift gegeben.

Das gewogene Chlorid wird nach den Methoden der Harvard- schule analysiert. Als Mittel von 18 ausgefiihrten Einzelbestim- mungen ergibt sich fur das Atomgewicht des Ceriums der Wert

Ce = 140,125, den wir als den zur Zeit wahrscheinlichsten ansehen, wenn fur Silber und Chlor die Atomgewichte Ag = 107,880 und C1= 35,457 angenommen werden.

XGnchem, Chemisches Laboratmiwms der bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. Oktober 1928.