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Untersuchungshaftentscheidungenvon Ermittlungsrichtern in derRepublik Moldau
Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
Decisions on Arrestby Investigative Judgesin the Republic of Moldova
An Assessment from
the International Point of View
Deciziile de arestare pronunatede judectorii de instrucie
n Republica Moldova
O analiz din punct de vedere internaional
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Untersuchungshaftentscheidungenvon Ermittlungsrichtern in derRepublik Moldau
Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
Decisions on Arrestby Investigative Judgesin the Republic of Moldova
An Assessmentfrom the International Point of View
Deciziile de arestare pronunatede judectorii de instrucie
n Republica MoldovaO analiz din punct de vedereinternaional
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Untersuchungshaftentscheidungenvon Ermittlungsrichtern in derRepublik MoldauEine Einschtzung
aus internationaler Sicht..............................5
Decisions on Arrestby Investigative Judges
in the Republic of MoldovaAn Assessment
from the International
Point of View.....................................................31
Deciziile de arestarepronunate de judectorii deinstrucie n Republica Moldova
O analiz din punct de vedereinternaional............................. ....................... 57
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Untersuchungshaftentscheidungen
von Ermittlungsrichtern in derRepublik Moldau
Eine Einschtzungaus internationaler Sicht
Albrecht Stange Oberstaatsanwalt a.D.
Soros Foundation Moldova
Deutsche Stiftung fr internationale rechtliche Zusammenarbeit e.V. (IRZ)
Chiinu Bonn
Dezember 2010
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6 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
Inhalt
Danksagungen ............................................................................................................................................................................ 7
Zusammenfassung .................................................................................................................................................................... 7
Methodologie .............................................................................................................................................................................. 7
1 Einleitung ........................................................................................................................................................................... 8
2 Rechtshistorische Entwicklung in der Republik Moldau ................................................................................... 9
3 Die Republik Moldau und der EuGHMR ................................................................................................................11
4 Prfungsauftrag .............................................................................................................................................................12
5 Ausfhrung ......................................................................................................................................................................12
6 Gesetzesdefizite? ...........................................................................................................................................................13
7 Defizite in der Gesetzesanwendung .......................................................................................................................14
7.1 Das sowjetische Erbe ........................................................................................................................................14
7.2 Aufgabe und Funktion der justiziellen Entscheidung .............................................................................15
8 Die moldawische Wirklichkeit ...................................................................................................................................15
8.1 Die Entscheidungsbegrndung ......................................................................................................................15
8.2 Die Aufgabe der Sprache ...................................................................................................................................16
8.3 Aktenflle .................................................................................................................................................................17
8.4 Auswertung der Aktenflle ...............................................................................................................................20
9 Sonstige Gesprche ......................................................................................................................................................23
10 Konsequenzen ................................................................................................................................................................23
10.1Institutionelle und legislative nderungen ................................................................................................23
10.2 Sonstige Manahmen .........................................................................................................................................24
10.2.1 Grundstzliches ...........................................................................................................................................24
10.2.2 Selbstverstndnis ........................................................................................................................................25
10.2.3 Zusammenspiel der Institutionen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht ..........................26
10.2.4 Fortbildung ....................................................................................................................................................27
11 Schlsselbotschaften ...................................................................................................................................................28
Anlage: Quellen ......................................................................................................................................................................30
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 7
Danksagungen
Dieser Bericht htte nicht zustande kommen kn-
nen ohne die offenen Gesprche mit Regierungs-
stellen und Justizinstitutionen der Republik Moldau
und ohne meine Gesprchspartner vor Ort.
Insbesondere mchte ich meine tief empfundene
Dankbarkeit zum Ausdruck bringen gegenber:
Herrn Alexandru Tanase, Justizminister der Re-
publik Moldau, untersttzt von Herrn Vladimir
Grosu, Vertreter der Republik Moldau beim Eu-
ropischen Gerichtshof fr Menschenrechte,
und Frau Rodica Secrieru, Beraterin des Mini-
sters
dem Obersten Gerichtshof, vertreten durch Frau
Raisa Botezatu, Vorsitzende der strafrechtlichenAbteilung und Mitautorin der moldauischen
Strafprozessordnung,
dem Hohen Magistratsrat, vertreten durch Herrn
Dumitru Visternicean als Vorsitzendem und Frau
Dina Rotarciuk, Mitglied des Hohen Magistrats-
rates,
der Generalstaatsanwaltschaft, vertreten durch
Herrn Andrei Pantea, Erster Stellvertretender
Generalstaatsanwalt, untersttzt von Herrn Ni-
cilae Chitoroaga, Leiter der Strafermittlungsab-teilung, und Herrn Ion Caracuian, Leiter der Ab-
teilung zur Folterbekmpfung,
Ermittlungsrichtern, Richtern, Staatsanwlten
und Polizeibeamten in drei verschiedenen Re-
gionen der Republik Moldau, deren Namen aus
Grnden der Vertraulichkeit nicht aufgefhrt
werden,
den Mitarbeitern der Soros-Stiftung - Moldau,
insbesondere Herrn Victor Munteanu, Direktor
des Gesetzprogramms der Soros Stiftung - Mol-
dau, und Herrn Radu Danii, die die Treffen orga-
nisiert haben und unschtzbare Dienste bei der
bersetzung geleistet haben.
Zusammenfassung
Staatsanwaltschaftliche Antrge und richterliche
Entscheidungen in Zusammenhang mit Festnah-
men und Untersuchungshaft in der Republik Mol-
dau beachten offenbar vielfach nicht die gesetz-
lichen Bestimmungen zur vorgeschriebenen Be-
grndung.
Beanstandungen des Europischen Gerichtshofs
fr Menschenrechte hierzu bei mehrfachen An-
lssen haben nicht zu einem erkennbaren Wan-del in der Haltung der jeweiligen Akteure vor Ort
gefhrt. Diese Haltung scheint in einer gewissen
Beziehung zu der Tatsache zu stehen, dass vie-
le Untersuchungsrichter aus dem staatsanwalt-
schaftlichen Bereich der sowjetischen Zeit stam-
men.
Es hat den Anschein, dass die Bedeutung und Wich-
tigkeit der Begrndung als Herzstck jeder juristi-
schen Entscheidung mit dem Ziel, berzeugend
und nachvollziehbar zu sein, so manchem moldau-ischen Untersuchungsrichter bzw. Staatsanwalt
nicht gengend zu Bewusstsein gebracht worden
ist.
Es kann nicht als selbstverstndlich vorausgesetzt
werden, dass jeder moldauische Staatsanwalt oder
Untersuchungsrichter sich der Bedeutung des Be-
griffs Begrndung voll bewusst ist.
Es erscheint ein lohnendes Ziel, die bereits begon-
nenen Fortbildungsbemhungen weiterzufhrenund die Sensibilitt der Akteure dafr, verstndlich
und nachvollziehbar argumentieren, zu verbes-
sern.
Nachfolgende mgliche Unzulnglichkeiten in rich-
terlichen Entscheidungen haben oft ihre Ursache
in den von Polizei und Staatsanwaltschaft zuvor
durchgefhrten Schritten. Aus diesem Grunde ist
die Beachtung der professionellen Sorgfalt keine
auf Untersuchungsrichter zu beschrnkende Anfor-
derung.
Methodologie
Ausgangspunkt dieses Berichtes sind verschiede-
ne Urteile des Europischen Gerichtshofs fr Men-
schenrechte zur Praxis von polizeilichen Festnah-
men und zur Anordnung von Untersuchungshaft
durch Untersuchungsrichter in der Republik Mol-
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8 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
dau, insbesondere zu mutmalichen Unzulnglich-
keiten in den Begrndungen richterlicher Entschei-
dungen.
Um diese Vorwrfe besttigen oder widerlegen zu
knnen, sind eine Reihe von moldauischen (origi-
nal) Akten, wie in der Anlage im Einzelnen aufge-fhrt, durchgearbeitet worden. Ergnzend sind
Strafrichter, Untersuchungsrichter, Staatsanwlte,
Polizeibeamte und Anwlte in drei verschiedenen
Regionen der Republik Moldau von mir im Juli 2010
befragt worden. Als Basis fr die Gesprche wurden
ein oder mehrere Beispiele aus den Originalakten
den Gesprchspartnern vorgetragen, und diese
wurden gebeten, sich dazu zu uern, ob die vor-
gestellten Fakten und Entscheidungen zutreffend
oder falsch seien. Im Anschluss daran wurden denAkteuren vor Ort Gelegenheit gegeben, zur gegen-
wrtigen Situation und zu mglichen Mngeln in
der Praxis Stellung zu nehmen, ebenso zu aus ihrer
Sicht wnschenswerten gesetzlichen und prakti-
schen nderungen.
Zum Hintergrund der gegenwrtigen rechtlichen
und tatschlichen Lage wurden mir Informationen
vom Justizministerium, dem Obersten Gerichtshof,
dem Hohen Magistratsrat (SCM) und von der Gene-
ralstaatsanwaltschaft der Republik Moldau vermit-telt.
1 Einleitung
Die Republik Moldau ist mehrfach vom Europ-
ischen Gerichtshof fr Menschenrechte in Stra-
burg dafr gergt worden, ihre Verhaftungspraxis
stehe nicht in Einklang mit der Europischen Men-
schenrechtskonvention.
Anlsslich der Ereignisse von April 2009 in Zusam-
menhang mit den Wahlen in der Republik Moldau
ist erhebliche Kritik auch innerhalb der Republik
Moldau an insbesondere einer Reihe von Entschei-
dungen von Untersuchungsrichtern laut gewor-
den.
Die Soros Stiftung Moldau hat im November
2009 einen ausfhrlichen, offenen Bericht zur
Lage der Straustiz in der Republik Moldau
herausgegeben1.
Die Kritiker fhren, teils kumulativ, eine Reihe von
Grnden dafr an, warum es zu solchen Entschei-dungen gekommen sei und noch komme:
Aus persnlichen oder politischen Erwgun-
gen bestehe ein Widerwillen gegen die von
den Untersuchungshaftanordnungen Betrof-
fenen,
das Einhalten der Verpflichtung zur sorgfltigen
und nachvollziehbaren Begrndung der Ent-
scheidungen entspreche nicht der Mentalitt
der Untersuchungsrichter,
bei den betreffenden Untersuchungsrichtern
bestehe ein Widerwille, sich den gesetzlichen
Vorgaben zur Entscheidungsbegrndung zu
unterwerfen,
die Herkunft der meisten Untersuchungsrichter
aus dem Bereich der Staatsanwaltschaft oder
Polizei wirke sich auch jetzt noch in ihren Ent-
scheidungen aus,
die gesetzlichen Bestimmungen der Republik
Moldau seien nicht geeignet, Fehlleistungen zu
verhindern.
Die Soros-Stiftung Moldau und die Deutsche Stif-
tung fr internationale rechtliche Zusammenarbeit
(IRZ) haben sich erboten, nach Grnden fr die
Problematik zu forschen und hierzu einen Bericht
abzuliefern. Die nachfolgenden Ausfhrungen sind
u.a. Ergebnis eines Informationsbesuches in der
Republik Moldau im Juli 2010 mit Gesprchen mit
dem Justizministerium, dem Obersten Gerichtshof,
dem Hohen Magistratsrat, der Generalstaatsanwalt-
schaft, sowie einer Reihe von Interviews mit Unter-
suchungsrichtern, Staatsanwlten, Polizeibeamten
und Anwlten in der Republik Moldau, darber hin-
aus der Einsichtnahme in verschiedene Originalak-
ten.
1 http://www.soros.org/initiatives/brussels/articles_publications/publications/report-criminal-justice-20091130
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 9
2 Rechtshistorische Entwicklungin der Republik Moldau
Jede Entwicklung hat historische Hintergrnde. Es
bietet sich an, die Untersuchung mit der Frage zu
beginnen, ob Unterschiede in der Handhabung derEuropischen Menschenrechtskonvention bei den
unterschiedlichen Rechtsordnungen auch etwas
damit zu tun haben, welche historischen Entwick-
lungen die jeweiligen Rechtssystem ge- und ber-
nommen haben und ob die jeweiligen Anwender
in Ausbildung und innerer Einstellung mit der Ent-
wicklung Schritt gehalten haben.
Die heutige Republik Moldau hat seit der Losl-
sung vom osmanischen Reich im Jahre 1812 eine
wechselvolle Geschichte hinter sich. Sicherlich diestrksten Spuren hinterlassen hat die Zeit der Zu-
gehrigkeit zur Sowjetunion von 1940-1991. Eine
Gesellschaftsordnung, die der Justiz nicht eine
unabhngige Rolle zubilligt und insbesondere der
Staatsanwaltschaft die Pflicht auferlegt, eine Ge-
setzmigkeitskontrolle im Sinne der Interessen des
Volkes, in der Praxis dann aber eben doch unter der
gide der Partei, vorzunehmen, hatte zwangslufig
eine andere Vorstellung von den Aufgaben der Ju-
stiz als Rechtsordnungen Mitteleuropas, die schonseit 1811 in Frankreich und 1849 in Preuen dem
Staatsanwalt die Aufgabe zuweisen, nicht nur den
mutmalich Schuldigen zu verfolgen, sondern auch
den Unschuldigen vor Verfolgung zu bewahren. In
noch grerem Mae gilt dies fr den Richter, der
seine Arbeit an der Wahrung der Freiheitsrechte der
Brger ausrichten soll, auch und gerade derjenigen
Brger, die obwohl mglicherweise unschuldig
auf der Grundlage der Unschuldsvermutung sich
einen geordneten Justizverfahren stellen.Whrend die westeuropischen Rechtsordnungen
schon lngere Zeit Entscheidungen ber Eingriffe
in die Freiheit der Brger ausschlielich einem un-
abhngigen Richter zuweisen, war im sowjetischen
System der Staatsanwalt dazu berufen, bis zur
Durchfhrung des gerichtlichen Hauptverfahrens
alle Manahmen in eigener Zustndigkeit durchzu-
fhren, auch Eingriffe in die Freiheit von Brgern.
Mit der Lsung vom politischen System der Sowje-
tunion ging bei den frheren Teilstaaten der Sowje-
tunion ein Umdenken hinsichtlich der Funktion und
Zustndigkeiten der Justiz einher. Die Akzeptanz
von und der Beitritt zu der Konvention zum Schutz
der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Eu-
ropischen Menschenrechtskonvention (Beitritt
der Republik Moldau 1997), brachten es mit sich,
dass Eingriffe in die persnliche Freiheit auch in der
Republik Moldau nur durch einen Richter erfolgen
drfen.
Diese Kompetenz ist in den west- und mitteleuro-
pischen Rechtsordnungen unterschiedlich um-
gesetzt worden. Teils wurde und wird ein solcher
Eingriff denjenigen Richtern berlassen, die spter
ber mgliche Verurteilungen entscheiden; dannstellt sich allerdings die Frage, ob ein Richter, der in
der vorgerichtlichen Phase eine Entscheidung ge-
troffen hat, nicht fr die sptere Entscheidung als
befangen anzusehen ist. Das inzwischen vorherr-
schende Modell ist daher eine gesonderte Rich-
terfunktion fr die Zeit der vorgerichtlichen Phase,
der meist Untersuchungsrichter genannte Richter.
Sprachlich kann dies allerdings zu Verwirrung fh-
ren, wenn ein solcher Richter, anders als etwa u.a. bei
dem franzsischen Untersuchungsrichter, gar nichtfr Untersuchungen selbst zustndig ist, sondern
unbeschadet der grundstzlichen Alleinzustndig-
keit der Staatsanwaltschaft fr das Ermittlungsver-
fahren (ausschlielich) Entscheidungen ber Eingrif-
fe in die Freiheitsrechte der Brger in der Phase bis
zur Anklageerhebung treffen soll. Deutschland hat
fr diesen Richter daher eine besondere Bezeich-
nung (Ermittlungsrichter, bersetzbar als Richter
fr die (Zeit der) Ermittlungen), die gerade verab-
schiedete rumnische Strafprozessordnung nenntdiesen dort neu eingefhrten Richter Richter der
Rechte und Freiheiten (Judectorul de drepturi i
liberti). Zuvor waren dort die allgemeinen Straf-
richter zustndig.
Die Republik Moldau hatte nach der Loslsung von
der Sowjetunion zunchst das alte System der Zu-
stndigkeit der Staatsanwaltschaft fr Eingriffe in
die Freiheitssphre whrend der vorgerichtlichen
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10 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
Phase beibehalten und erst 1999 diese Zustndig-
keit Strafrichtern bertragen und sich dann 2003
fr die Einfhrung der Funktion eines Ermittlungs-
richters entschieden. Der entsprechende Art. 7
Abs. 2 des Gesetzes ber den Richterstatus, 2003
dementsprechend gendert, aber inzwischen au-
er Kraft, verlangte als Voraussetzung eine vorhe-
rige Ttigkeit als Staatsanwalt, Ermittlungsbeamter
oder Kriminalpolizist oder alternativ richterliche
Ttigkeit.
Nach den mir erteilten Informationen war die ur-
sprngliche Planung, diese Richterposten mit Per-
snlichkeiten zu besetzen, die sowohl Erfahrung als
unabhngige Richter hatten als auch eine langjhri-
ge Erfahrung als Staatsanwalt und damit Erfahrung
aus der frheren Praxis der Haftanordnungen durchdie Staatsanwaltschaft.
Eine solche Nutzung staatsanwaltschaftlicher Er-
fahrungen bei der Ausbung der Untersuchungs-
richterttigkeit ist auch in anderen Rechtsord-
nungen nichts Ungewhnliches. In Deutschland
mit seiner identischen Ausbildung fr Richter und
Staatsanwlte ist es die Regel, dass die angehenden
spteren Richter oder Staatsanwlte ihre Laufbahn
bei einer Staatsanwaltschaft beginnen (wo sie im
Rahmen der Hierarchie und der Ausbildung durchltere Kollegen von deren Erfahrungen profitieren
knnen), und dann nach etwa einem Jahr in die
richterliche Laufbahn wechseln, wo sie oft sogleich
als Ermittlungsrichter eingesetzt werden. Niemand
stt sich daran, dass diese Juristen kurz zuvor auf
der Gegenseite ttig gewesen sind. Dazu ist anzu-
merken, dass der deutsche Staatsanwalt gesetzlich
zur Objektivitt verpflichtet ist und auch entlasten-
den Umstnden nachgehen muss. Blinder Jagdei-
fer vertrgt sich nicht mit dieser Verpflichtung zurObjektivitt und wrde einem Staatsanwalt eher
bel genommen. Einige Bundeslnder sehen einen
Wechsel der Karriere als Voraussetzung fr eine Be-
frderung an, sodass berufliches Fortkommen dort
jedenfalls in den unteren Rngen der Justiz niemals
innerhalb derselben Ttigkeitssparte, sondern nur
im Zusammenhang mit einem Laufbahnwechsel
mglich ist.
Was die Zustndigkeitszuweisung eines deutschen
Richters betrifft, ist es brigens nicht unblich,
dass der Richter insbesondere an den unteren
Gerichten verschiedene Zustndigkeiten zuge-
wiesen bekommt, z.B. sowohl als Untersuchungs-
richter ttig ist als auch als normaler Strafrichterund gegebenenfalls auch zustzlich als Zivilrich-
ter, wobei die Arbeitsbelastung der jeweiligen
Aufteilungsquote angepasst wird. Der Grund fr
solche Aufteilung muss nicht notwendigerweise
sein, dass es nicht gengend Flle fr ein normales
Arbeitspensum gibt, sondern folgt dem Gedanken
der Diversifikation der Arbeit und der berlegung,
nicht die ganze, gegebenenfalls nicht immer als
angenehm empfundene, Arbeit einem einzelnen
Richter aufzubrden.Nach den mir erteilten Informationen scheiterte
die Umsetzung der Reform 2003 in der ursprng-
lich anvisierten Form daran, dass sich nicht gen-
gend Richterpersnlichkeiten fanden, die diese
Doppelqualifikation hatten, bzw., dass diejenigen,
die sie hatten, sich nicht bereitfanden, ihren ge-
genwrtigen Richterposten zugunsten eines Ein-
satzes als Untersuchungsrichter zu verlassen.
Als sich nicht gengend Kandidaten fr den Po-
sten eines Untersuchungsrichters fanden, wurde
zunchst auf die richterliche Vorerfahrung als zwin-
gende Voraussetzung verzichtet. Schlielich wur-
den auch Kandidaten aus dem Bereich der Polizei
akzeptiert. Da Artikel 7 Abs. 2 des Gesetzes ber
den Status der Richter inzwischen ganz auer Kraft
ist, ist auch die Lnge der beruflichen Vorerfahrung
nicht mehr festgelegt.
ber die Hintergrnde der Schwierigkeiten in der
Republik Moldau, Untersuchungsrichter aus derRichterschaft zu gewinnen, kann nur spekuliert
werden. Eine mir gegenber abgegebene mgli-
che Erklrung knnte sein, dass seinerzeit potenti-
elle Untersuchungsrichterkandidaten nicht davon
berzeugt waren, dass dieses Modell sich auf Dauer
wrde durchsetzen knnen, und dass sie die Sorge
hatten, gegebenenfalls nicht wieder zurck auf ih-
ren alten Richterposten zu kommen.
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3 Die Republik Moldau undder EuGHMR
Die Qualifikation der Richter und die Qualitt der
richterlichen (und staatsanwaltschaftlichen) Arbeit
ist eine wesentliche Voraussetzung fr die Einhal-tung der Regeln der Europischen Menschenrechts-
konvention.
Beide Eigenschaften sind in Bezug auf die Republik
Moldau von den davon Betroffenen wie vom Euro-
pischen Gerichtshof fr Menschenrechte in den
letzten Jahren vielfach in Zweifel gezogen worden.
Bis zum 30.06.2010 sind ca. 3.700 Beschwerden
wegen Verletzung der Menschenrechte gegen die
Republik Moldau eingereicht worden und 171 Ur-
teile des Gerichtshofs ergangen2. Nach der (letzten)Lnderstatistik fr die Republik Moldau auf den
01.01.2009 ergingen von diesen Verurteilungen
28 % wegen Verstoes gegen das Fair Trial Gebot
nach Art. 6 MRK, 14 % wegen Verstoes gegen das
Recht auf Freiheit und Sicherheit nach Art. 5 MRK
sowie 8 % wegen unmenschlicher oder entwrdi-
gender Behandlung nach Art. 3 MRK. Von den 171
gerade erwhnten Urteilen kommt gerade mal ein
einziges zu dem Ergebnis, dass keine Verletzung
der Menschenrechtskonvention vorgelegen habe.Die Republik Moldau gehrt zu den 12 Lndern mit
der hchsten Zahl von Beschwerden beim Europ-
ischen Gerichtshof fr Menschenrechte. Bezogen
auf die Bevlkerungszahl hat die Republik Moldau
einen Spitzenplatz3. Am 31.12.2009 hatte es die Re-
publik Moldau auf ein anhngiges Verfahren beim
EuGHMR pro 1.254 Einwohner gebracht, die Bun-
desreplik Deutschland auf ein Verfahren pro 35.980
Einwohner4.
Statistisch kommt eine Verurteilung der Republik
Moldau beim Europischen Gerichtshof fr Men-
schenrechte auf 57.000 Einwohner. In Russlandkommt eine Verurteilung auf 800.000 Einwohner, in
Rumnien auf 250.000 Einwohner etc.5
Der Bericht des Rapporteur of the Parliamentary
Assembly of the Council of Europe (PACE) ber die
Umsetzung von Urteilen des EuGHMR von Mai die-
ses Jahres in Bezug auf die Republik Moldau befasst
sich besonders mit den Problemen des Machtmiss-
brauchs durch Polizeibeamte, den Mangel an effek-
tiver Verfolgung solcher Missbruche, den schlech-
ten Haftbedingungen und der Nichtvollstreckunginlndischer Endentscheidungen6.
Auch wenn ein Teil der Beschwerden und Verurtei-
lungen durch den EuGHMR die Zeit vor Einfhrung
der Untersuchungsrichter in der Republik Moldau
betrifft, ist es keineswegs so, dass mit der Justizre-
form und der Einfhrung der Untersuchungsrichter
2003 schlagartig Beschwerden wegen Menschen-
rechtsverletzungen aufhrten. Dies zeigt nicht nur
die Statistik des EuGHMR und der gerade genannte
Bericht des Berichterstatters der parlamentarischenVersammlung des Europarats sondern auch der Be-
richt der parteibergreifenden moldauischen Kom-
mission zur Untersuchung der Vorflle von April
2009 in der Republik Moldau nach monatelanger
Untersuchung7. Der Bericht fordert die General-
staatsanwaltschaft ausdrcklich auf,
2 Jngste Zahlen vom Justizministerium der Republik Moldau zur Verfgung gestellt auf der Grundlage der offiziel-
len Statistikzahlen des EuGHMR
s. auch: http://www.echr.coe.int/NR/rdonlyres/C2E5DFA6-B53C-42D2-8512-034BD3C889B0/0/FICHEPARPAYS_
ENG_MAI2010.pdf3 http://www.echr.coe.int/NR/rdonlyres/15E451CD-A67D-4098-A129-70E216F6EAB9/0/Moldova.pdf
http://www.echr.coe.int/NR/rdonlyres/C25277F5-BCAE-4401-BC9B-F58D015E4D54/0/Annual_Report_2009_Fi-
nal.pdf4 a.a.O.5 Quelle: http://politicom.moldova.org/news/in-2007-moldova-was-condemned-at-echr-in-more-cases-than-in-
the-previous-few-years-91265-eng.html6 Quelle: : http://assembly.coe.int/ASP/NewsManager/EMB_NewsManagerView.asp?ID=55317 http://www.irp.md/item.php?text_id=943
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12 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
in allen Fllen zu ermitteln, die festgenommene
und festgehaltene Personen betreffen, die der Fol-
ter und unmenschlicher und erniedrigender Be-
handlung unterworfen waren.
Der Hohe Magistratsrat solle folgendes berpr-
fen: In allen Einzelheiten die Gesetzmigkeit des Han-
delns jedes Richters, der Gerichtsverhandlungen
auf Polizeistationen durchgefhrt hat.
Jede von einem Festgenommenen oder von der
Verwaltung Sanktioniertem erhobene Beschwer-
de, die sich darauf bezieht, dass Richter ber die
Misshandlung unterrichtet worden seien aber
keinerlei Manahmen unternommen htten, die
Folter und Misshandlung zu verhindern.
Die Vollstndigkeit und Korrektheit der Anlagejede Akte, die Personen betrifft, die im Gefolge der
Ereignisse von April 2009 vor Gericht gekommen
sind.
Der Hohe Magistratsrat hat dazu erklrt, dass der
erst dieser Punkte unabhngig von dem Bericht er-
ledigt worden sei.
4 Prfungsauftrag
Solche unverblmten Forderungen sind nur dann
nachvollziehbar und geeignet, Manahmen auszu-
lsen, wenn ihnen berprfbare Fakten zu Grunde
liegen, die eine Erklrung fr mgliche Fehlent-
wicklungen und Fehlentscheidungen bieten. Erst
auf einer solchen Grundlage kann es darum gehen,
ber Abhilfe nachzudenken.
Die amerikanische Soros-Stiftung Moldau und die
Deutsche Stiftung fr internationale rechtliche Zu-
sammenarbeit (IRZ) haben sich deshalb erboten, inAbstimmung mit den im strafrechtlichen Bereich
verantwortlichen Stellen der Republik Moldau auf
der Grundlage eines Berichts eines internationalen
Beauftragten Ursachenforschung zu betreiben und
gegebenenfalls Vorschlge fr weitere Manahmen
zu machen.
5 Ausfhrung
Mit dieser Aufgabe betraut, habe ich im Juli 2010
eine Reihe von mir vorgelegten Fallakten studiert
und whrend eines einwchigen Studienaufent-
haltes Gesprche mit Vertretern des Justizministe-
riums, des Obersten Magistratsrates, des Obersten
Gerichts und der Generalstaatsanwaltschaft ge-
fhrt sowie Interviews mit einer Reihe von Unter-
suchungsrichtern, Richtern, Staatsanwlten und
Polizeibeamten durchgefhrt8.
Es versteht sich von selbst, dass der Umfang der
Gesprche und insbesondere des Aktenstudiums
und der Interviews nicht zwingend zu einem all-
gemeingltigen Ergebnis fhrt. Es gibt in allen
Rechtsordnungen unterschiedliche Auffassungen,unterschiedlich begabte Persnlichkeiten und un-
terschiedlich geschickt gefhrte Verfahren. Auch
in meinem Land zerreien sich die Presse und die
Fachffentlichkeit zuweilen den Mund ber den
Ablauf des einen oder anderen Verfahrens.
Das heit aber nur, dass keine Rechtsordnung und
kein Staat vollkommen ist, nicht, dass solche in die
Kritik geratenen Verfahren nicht geeignet sind, dar-
ber nachzudenken, warum es zu dem jeweiligen
Verfahrensablauf gekommen ist und welche Leh-ren daraus gegebenenfalls fr die Zukunft gezogen
werden knnen.
Auch in der Republik Moldau habe ich bei der Poli-
zei, bei der Staatsanwaltschaft und bei Gericht Per-
snlichkeiten getroffen, die voll guten Willens waren,
ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen und
rechtsstaatliche Kriterien einzuhalten. Richtig ist
aber auch, dass die von mir durchgesehenen Akten
und die Gesprche mit den Akteuren vor Ort ein-
deutige Hinweise darauf ergeben haben, dass Hand-lungsbedarf besteht, die Sensibilitt der Beteiligten
fr die Einhaltung der Kriterien der Europischen
Menschenrechtskonvention zu schrfen, und dass
der Paradigmenwechsel bei der Einfhrung der neu-
en Zustndigkeiten fr Richter nicht immer in dem
erforderlichen Ausma verinnerlicht worden ist.
8 Weitere Einzelheiten s. Anlage
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 13
6 Gesetzesdefizite?
Die einschlgigen Gesetzestexte in der Republik
Moldau geben fr sich genommen nicht notwen-
digerweise Anlass, rechtsstaatliche Defizite zu be-
frchten. Sie entsprechen jedenfalls im Ansatz denvergleichbaren Vorschriften vieler anderer Staaten.
Der EuGHMR hat allerdings bei mehreren Gelegen-
heiten moniert, dass sich die Akteure in der Repu-
blik Moldau an diese eindeutigen nationalen Vor-
schriften gar nicht halten. Ebenso ist beanstandet
worden, dass in vielen Fllen das Fehlen einer Be-
grndung die Entscheidung nicht nachvollziehbar
macht.
Der erstere Vorwurf ist natrlich besonders schwer-
wiegend und lsst auf den ersten Blick eigentlichauch wenig Raum fr vermittelnde Erklrungen.
Dennoch erscheint es hilfreich, in der Analyse da-
nach zu unterscheiden, ob der Gesetzeswortlaut
oder der Kontext vielleicht doch einen Anlass fr
Missverstndnisse bieten, oder ob ein eindeutiger
Gesetzeswortlaut mglicherweise bewusst mis-
sachtet worden ist. Erst nach Feststellungen hierzu
dann aber natrlich insbesondere im letzteren Fall
stellt sich die Frage, ob es Grnde gibt, die in der
Persnlichkeit der Akteure liegen.
Kein Gesetz der Welt ist hundertprozentig dage-
gen gefeit, nicht alle Fragen zur Anwendung exakt
und erschpfend zu beantworten. Immer wieder
sind Gerichte dazu aufgerufen, in solchen Fllen
den mutmalichen Willen des Gesetzgebers zu er-
forschen und auszulegen. Es ist aber klar, dass es
zunchst Aufgabe des Gesetzgebers ist, darauf zu
achten, bei der Ausarbeitung der Gesetzesformu-
lierungen Zweifelsfragen gar nicht erst aufkommen
zu lassen, und die Formulierungen so eindeutig wie
nur irgend mglich zu gestalten. Je einschneiden-
der die Gesetzesanwendung fr den betroffenen
Brger ist, desto wichtiger und unverzichtbarer
wird dieser Grundsatz. Es versteht sich von selbst,
dass dies in besonderem Mae fr die strkste Ein-
wirkung, den Eingriff in die persnliche Freiheit,
gilt. Dort sollte jede unterschiedliche Auslegungs-
mglichkeit in der Praxis ausgeschlossen sein.
Was die polizeiliche Festnahme als Vorstufe des
richterlichen Untersuchungshaftbefehls betrifft, ist
durch die Gesetzesnderung 2006 in der Republik
Moldau ein sehr kritischer Punkt beseitigt worden,
als zustzliche Erfordernisse als Voraussetzung ei-
ner polizeilichen Festnahme eingefhrt wurden, die
den Haftgrnden fr den richterlichen Haftbefehl
entsprechen. Zuvor war ausschlielich auf Beweis-
umstnde zur mutmalichen Tatbegehung, wie in
Art. 166 Abs. 1 CPC aufgefhrt, abgestellt worden.
Allerdings ist die untere Grenze der Strafandrohung
von einem Jahr in Art. 166 CPC beibehalten worden
gegenber der Grenze von zwei Jahren Strafandro-
hung fr den richterlichen Haftbefehl. Liegen nicht
zugleich die in Art. 176 Abs. 2 Satz 2 CPC aufgefhr-
ten Voraussetzungen vor, geht eine solche vorlu-
fige Festnahme als Vorlufer eines Haftbefehls bei
Delikten mit einer Strafandrohung von zwischen
ein bis zwei Jahren ins Leere. Ein Haftbefehl wird au-
erhalb der besonderen Voraussetzungen des Art.
176 Abs. 2 S. 2 CPC nicht mglich sein.
Allerdings gilt fr einen Teil der Manahmen nach
Art. 176 CPC nicht die Mindestgrenze von zwei Jah-
ren Strafandrohung, so dass eine Festnahme nach
Art. 166 CPC nicht in allen Fllen ins Leere geht.
Andererseits erfordern die Manahmen unterhalbder Ebene der Untersuchungshaft oder der dieser
gleichstehenden Manahmen wohl in den selten-
sten Fllen eine Festnahme. So drfte die Vorbe-
reitung der Entscheidung ber Untersuchungshaft
wohl der Hauptanwendungsfall der Festnahme
nach Art. 166 CPC sein. Dann wird aber von den Ak-
teuren darauf zu achten sein, dass auch schon bei
der Festnahme die Voraussetzungen des Art. 176
Abs. 2 CPC vorliegen. Anderenfalls bestnde das Ri-
siko einer Umgehung der Kernidee der Menschen-
rechtskonvention. Da in vielen Fllen die richterli-
che Entscheidung zu spt kommen wrde oder ins
Leere gehen wrde, wenn der Beschuldigte nicht
greifbar ist, sehen zwar praktisch alle Rechtsord-
nungen vorlufige Festnahmen durch die Polizei als
zeitlichen Vorlauf der richterlichen Entscheidung
vor. blicherweise wird dabei aber die Verknpfung
mit dem richterlichen Haftbefehl deutlich gemacht.
So erlaubt etwa 127 der deutschen Strafprozes-
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8/12/2019 Report Stange Final 0
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14 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
sordnung der Staatsanwaltschaft und den Beamten
des Polizeidienstes bei Gefahr im Verzug dann eine
vorlufige Festnahme, wenn und nur, wenn die
Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines Un-
terbringungsbefehls vorliegen. Bei flagrante delic-
to und Fluchtgefahr oder Identifizierungsbedarf ist
ausnahmsweise fr jedermann ein Festnahmerecht
statuiert, hnlich wie Art. 168 Abs. 1 CPC dies in der
Republik Moldau vorsieht.
Die Problematik scheint auch moldauischen Kolle-
gen Kopfschmerzen zu bereiten, wobei manchmal
die alte Gesetzeslage zu Art. 166 CPC noch mehr
prsent zu sein scheint. Eine Anfrage bei einem Uni-
versittsangehrigen ergab folgende Antwort:
Es gibt keine direkte Antwort auf diese Frage
im Gesetz, d.h. zu sagen, ob es genug ist odernicht . Auf der Grundlage der Interpretation
des Gesetzes und der Praxis des Europischen
Gerichtshofs Menschenrechte bin ich aber der
Meinung, das Ermittlungsverfahren polizeiliche
Festnahmen grundstzlich nur in den Fllen vor-
genommen werden knnen, die nicht zurckge-
stellt werden knnen. Das knnte grundstzlich
in zwei Fllen passieren: 1.) wenn es ntig ist,
eine Person davon abzuhalten, weitere Strafta-
ten zu begehen, sich zu verbergen oder in irgen-deiner Weise die Ermittlungen zu behindern (das
ist die Aufzhlung aus Art. 166) und 2.) wenn
es nicht mglich ist, sofort Untersuchungshaft
zu verhngen. Es knnte natrlich Ausnahmen
geben wie z.B. flagrante delicto, wenn ein Poli-
zeibeamter die Personalien des Verdchtigen
aufnehmen muss, oder wenn es nicht klar ist, ob
einer der oben genannten Grnde vorliegt oder
nicht vorliegt.
Zusammenfassend gesagt ist nach meiner Mei-nung die simple Tatsache, dass ein Zeuge den Be-
schuldigten beobachtet hat, nicht genug, solange
es nicht irgendeine andere Begrndung (fr die
Festnahme) gibt, wie die Fluchtmglichkeit oder
andere
Wie unsicher die Akteure vor Ort in dieser Frage
sind, zeigt auch die Antwort eines Polizeibeamten
zu derselben Frage:
Es knnte einen Grund geben, eine Person fest-
zunehmen, die verdchtigt wird, eine Straftatmit einer Strafdrohung von mehr als zwei Jah-
ren begangen zu haben, aber nur zusammen mit
der Begrndung auf der Grundlage der Abs. 2-4
des Art. 166. Wir (Ermittlungsbeamte der Poli-
zei) mssen den Staatsanwalt jedes Mal fr eine
Festnahme konsultieren und wir nehmen nur
dann jemanden fest, wenn es gengend Grnde
gibt, nachdem wir eine vorlufige Zustimmung
des Staatsanwaltes erhalten haben.
Die Polizei schiebt danach alle Verantwortung auf
die Staatsanwaltschaft und definiert die gengen-
den Grnde gar nicht in eigener Zustndigkeit.
Der Gesetzgeber der Republik Moldau sollte daher
die Voraussetzungen fr eine polizeiliche Festnah-me nach Art. 166 CPC berarbeiten und noch mehr
mit den Bestimmungen fr den richterlichen Haft-
befehl koordinieren.
7 Defizite in derGesetzesanwendung
Soweit die Begrenztheit meiner Recherche- und In-
terviewmglichkeiten dies zulsst, scheinen mir die
Probleme weniger in den gesetzlichen Vorschriften
selbst als vielmehr in ihrer Auslegung und Anwen-
dung zu liegen.
7.1 Das sowjetische ErbeAbstrakt gesehen sind solche Defizite kein Vorrecht
irgendeiner bestimmten Rechtsordnung. Meine
vergleichbaren Erfahrungen der letzten zehn Jahre
in neun Staaten aus dem Bereich der ehemaligen
Sowjetunion und ihrer Einflusssphre lassen mich
aber vermuten, dass es insoweit auch ein spezi-fisches sowjetisches Erbe gibt. Es uert sich in
zwei typischen Erscheinungsformen, wie z.B. Art.
166 CPC und Art. 176 CPC belegen. Auf der einen
Seite tendiert die Gesetzgebung in diesen Staaten
dazu, nicht ein anzustrebendes Ergebnis vorzuge-
ben und es der Verantwortung des Gesetzesanwen-
ders zu berlassen, den Weg dazu selbststndig zu
beschreiten, sondern es werden ganze Kataloge
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 15
von abzuarbeitenden oder zu beachtenden Kriteri-
en aufgefhrt. Der Erfolg dieser Gesetzes- und An-
wendungstechnik ist, dass diese Kriterien besten-
falls sklavisch abgearbeitet werden und auch als
abschlieend betrachtet werden, obwohl sie dies
sinnvollerweise nicht immer sein mssten. Auf der
anderen Seite und noch viel bedeutsamer wird
Gesetzesanwendung nicht als ein Prozess angese-
hen, der dem Empfnger nachvollziehbar vermittelt
wird, sondern als Mitteilung eines Ergebnisses.
7.2 Aufgabe und Funktion derjustiziellen Entscheidung
Dieser Mechanismus ist aus zwei Grnden fatal.
Zunchst wird bei einer solchen Darstellung den
Rechtsmittelinstanzen verwehrt, die Entscheidung
sachlich zu berprfen, weil sie keinerlei Material
angeboten bekommen, ber das sie entscheiden
knnten. Die ersetzende Entscheidung in der zwei-
ten Instanz ist dann eine im Prinzip vllig selbst-
stndige Entscheidung, die, schon gar wenn sie
ebenfalls nicht inhaltlich begrndet wird, nicht die
Funktion erfllen kann, die Richtigkeit der inhaltli-
chen Arbeit und Bewertung der ersten Instanz zu
besttigen oder zu widerlegen, und die deshalb
auch nicht den Zweck erfllen kann, Hilfe fr zu-
knftige Entscheidung in hnlicher Prozesssituati-
on zu geben.
Vor allem aber verkennt diese Gesetzes- und An-
wendungstechnik die Funktion der Justiz im Ver-
hltnis zur Gesellschaft und insbesondere zum be-
troffenen mndigen Brger.
Rechtstreue kann vom Brger nur dann verlangt
werden, wenn er aus den gesetzlichen Vorschriften
erkennen kann, was von ihm verlangt wird, und
wenn ihm in der Gesetzesanwendung verdeutlichtwird, wo und inwiefern er gegen die gesetzlichen
Pflichten oder Tatbestnde verstoen hat. Die Mit-
teilung, dass er gegen eine bestimmte gesetzliche
Pflicht verstoen habe, reicht jedenfalls dann nicht
aus, wenn dies gerade in Zweifel steht. Es gehrt
deswegen zu den Grundstzen des Rechtsstaates,
dass Entscheidungen zu begrnden sind. Das deut-
sche Bundesverfassungsgericht hat dies in vielen
Entscheidungen unter Berufung auf das in Art. 20
der deutschen Verfassung angefhrte Rechtsstaats-
prinzip hervorgehoben. Dass die Strafprozessord-
nung der Republik Moldau das nicht anders sieht,
zeigen die vielen gesetzlichen Bestimmungen ber
die Begrndungspflicht von Entscheidungen der
Gerichte und Ermittlungsbehrden. Auch Art. 45
MRK bestimmt ausdrcklich eine Begrndungs-
pflicht fr die Entscheidung des Gerichtshofes.
Letztlich ist dies Ausfluss des Gebotes auf ein faires
Verfahrens nach Art. 6 MRK.
Es ist eines Rechtsstaates also unwrdig, wenn die
Betroffenen nicht nachvollziehen und damit auch
nicht wissen knnen, ob die Entscheidung richtig
oder falsch ist. Ohne eine nachvollziehbare Begrn-
dung ist eine Entscheidung im Bereich des Straf-rechts eine hohle Nussschale. Das Ergebnis mag
noch so richtig sein rechtliche Folgen lassen sich
daraus nicht ziehen.
8 Die moldauische Wirklichkeit
Wenn dies in der nationalen Gesetzgebung wie im
internationalen Bereich so unumstritten ist, warum
beklagt der europische Gerichtshof fr Menschen-
rechte dann in sehr vielen Entscheidungen gegendie Republik Moldau das Fehlen von nachvollzieh-
baren Begrndungen? Warum zieht sich wie ein
roter Faden durch fast alle von mir eingesehenen
Akten und Entscheidungen der Eindruck, es habe
keine Errterung der zu begrndenden Umstnde
gegeben?
8.1 Die EntscheidungsbegrndungDiese Fragen mgen etwas damit zu tun haben,
was die Akteure unter dem Begriff Begrndungverstehen.
Die Gesetzgebung der Republik Moldau greift bei
diesem Begriff genauso wie die Gesetzgebung al-
ler anderen Rechtsordnungen auf einen Denk- und
Darstellungsmechanismus zurck, der seit Aristo-
teles, also seit 2300 Jahren bekannt und ber zwei
Jahrtausende praktisch unverndert anerkannt ge-
blieben ist, soweit es den Grundsatz betrifft, dass
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16 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
Schlussfolgerungen zugrundeliegende Fakten (als
Prmissen fr die Erwgungen) bentigen und
dass selbstverstndlich ein sicheres Ergebnis nur
mglich ist, wenn die Prmissen bekannt und in
den Denkprozess einbezogen sind. Der Begriff Be-
grndung bedeutet also, dass der logische Prozess
der Zuordnung von Fakten zu Folgerungen (und
umgekehrt) transparent gemacht wird. Nur eine
Tatsache aufzufhren oder ein angebliches Ergeb-
nis anzufhren, kann den genannten dynamischen
Prozess nicht ausreichend widerspiegeln, sondern
bestenfalls den Ausgangspunkt oder das angeblich
erzielte Ergebnis bezeichnen.
Vor diesem Hintergrund und bei dem von mir ange-
fhrten sowjetischen Erbe sind Gesetzesformulie-
rungen wie Art. 176 Abs. 3 CPC nicht unproblema-tisch. Sie geben nur einen Hinweis auf die Kriterien,
die im Rahmen der Abwgung ber den Erlass eines
Haftbefehls zu errtern sind.
Die immer wieder in den Antrgen und Entschei-
dungen ohne weitere Ausfhrungen anzutreffende
Formulierung .sind nach Art. 176 Abs. 3 CPC be-
dacht worden ist aber alles andere als eine Erfl-
lung der gesetzlichen Verpflichtung, diese einzelnen
Punkte in die berlegungen einzubeziehen. Nach
deutscher hchstrichterlicher Rechtsprechung wr-den sie als leere Worthlsen anzusehen sein, die be-
reits die gesamte Entscheidung entwerten wrden.
8.2 Die Aufgabe der SpracheDer deutsche Philosoph Johann Gottfried Herder
hat vor ber 200 Jahren bei seinen wegweisenden
Ausfhrungen ber den Geist der Sprache gesagt:
Die Sprache/den Stil verbessern, heit den Gedan-
ken verbessern. Er meinte damit, dass erst, wenn
Dinge explizit angesprochen und ausformuliertwerden, eine Kontrolle ber die Richtigkeit des (der
Sprache) zu Grunde liegenden Gedankens mglich
ist und vor allem, dass die Arbeit an den Sprachfor-
mulierungen hilft, auch die Aussagekraft des Ge-
sagten zu schrfen.
Ausweislich eines Groteils der bei meinem Besuch
in der Republik Moldau in Augenschein genomme-
nen Aktenstcke und durchgefhrten Gesprche
werden diese Grundstze von den Akteuren viel-
fach beklagenswert wenig beachtet.
Ich habe Bemerkungen entgegengenommen, dass
die Sprachfertigkeiten moldawischer Richter nicht
immer hoch seien. Das kann ich natrlich nicht
kommentieren. Ich berlasse es den moldawischenStellen, fr Verbesserungen zu sorgen, falls wn-
schenswert.
Nun beginnen die Probleme nicht erst bei den
Entscheidungen und Ausfhrungen der Untersu-
chungsrichter. Sicherlich ist die Haftentscheidung
eines Untersuchungsrichters der strkste Eingriff
in die Freiheit des Beschuldigten. Deshalb ist es ein
Hauptanliegen der vorliegenden Untersuchung,
herauszufinden, welche Entwicklung seit der Ge-
setzesnderung vor sieben Jahren stattgefundenhat und wo in Gesetzgebung und vor allem Praxis
nderungsbedarf besteht.
Die Ttigkeit des Untersuchungsrichters baut auf
auf dem Antrag der Staatsanwaltschaft und auf der
Festnahme durch die Polizei. So, wie 2006 in der
Republik Moldau erkannt worden ist, dass auch die
dem mglichen Haftbefehl vorausgehende Fest-
nahme an das Vorhandensein von Haftgrnden ge-
knpft sein muss (und dementsprechend Art. 166
Abs. 3 CPC in der jetzigen Form eingefhrt wordenist), mssen Polizei und Staatsanwaltschaft schon
im Vorfeld der Entscheidung des Untersuchungs-
richters darauf Bedacht nehmen, dass die gesetzli-
chen Voraussetzungen fr den Erlass eines Haftbe-
fehls nicht erst bei seinem Erlass vorliegen mssen.
Das ist in den mir vorgestellten Fllen sehr oft nicht
beachtet worden. Und diese Nachlssigkeit rcht
sich. Es ist geradezu symptomatisch, wenn in ei-
nem Beispielsfall eine Festnahme im polizeilichen
Protokoll mit dem Vorliegen der Voraussetzungen
des Art. 166 Abs. 1 Nr. 2 CPC begrndet, aber mit
keinem Wort auf die zustzlichen Voraussetzungen
(Haftgrnde) nach Art. 166 Abs. 3 CPC eingegangen
wird, in dem anschlieenden Antrag der Staatsan-
waltschaft auf Verhngung von Untersuchungshaft
dann ebenso wenig auf Haftgrnde eingegangen
wird und, wenn es ganz schlimm kommt, auch in
der untersuchungsrichterlichen Haftentscheidung
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 17
mehr oder minder die staatsanwaltschaftlichen
Ausfhrungen ohne eigene Auseinandersetzung
damit abgeschrieben werden.
8.3 AktenflleAber selbst wenn solche eklatanten Fehler die Aus-
nahme sein mgen, zieht sich wie ein roter Faden
durch alles mir zur Verfgung gestellte schriftliche
und mndliche Material die Feststellung, dass die
Begrndungspflicht in sehr vielen Fllen entweder
missverstanden oder bewusst missachtet wird.
So findet sich in einem in Gegenwart des Staats-
anwaltes verfassten und von diesem unterzeich-
neten Arrestprotokoll die Formulierung (angeb-
lich "Entsprechend Art. 166 CPC"): "Beging eine
Straftat, fr die das Gesetz Freiheitstrafe vonmehr als zwei Jahren vorsieht, zugleich gibt es
vernnftige Grnde anzunehmen, dass er sich
dem Verfahren entziehen und die Wahrheitser-
mittlung erschweren wird kein einziges Wort
darber, welche Straftat in Betracht kommt,
woraus sich der Verdacht ergibt, und insbeson-
dere, woraus denn die vorgegebenen vernnf-
tigen Grnde fr die geuerte Annahme sich
ergeben. In der am nchsten Tag verfassten Be-
schuldigungsschrift wird immerhin der zugrun-
deliegende Tatablauf aufgefhrt, allerdings
ohne jegliche Beweiswrdigung. In dem sich
daran anschlieenden Antrag an den Untersu-
chungsrichter findet sich ebenso wenig eine
Beweiswrdigung, sondern nur als angeblich
konkrete Umstnde als Grundlage der Beschul-
digung die Bemerkung: wenn man sich den
Beschuldigten ansieht, ist wahrscheinlich, dass
er die ihm vorgeworfene Tat begangen hat. Der
Verdachtscharakter werde durch Dokumente
ber die Entfernung der Waren und andere Be-
weismittel bewiesen.
Zu den Haftgrnden wird gerade einmal aus-
gefhrt, die vorgeworfene Tat werde mit weni-
ger als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht, aber
es bestehe ein RZisiko, dass der Beschuldigte
sich dem Verfahren entziehen oder eine ande-
re Straftat begehen knnte nicht ein einziges
Wort, worauf sich diese Annahme grndet. Zu
den nach Art. 176 Abs. 3 CPC zu bercksichti-
genden Kriterien fr die Verhngung von Un-
tersuchungshaft wird nur in Wiederholung des
Gesetzestextes ausgefhrt, der Staatsanwalt
und das Gericht wrden diese in Erwgung
ziehen. Zum Verhltnismigkeitsprinzip wird,
wiederum ohne Beleg, ausgefhrt, der Be-
schuldigte habe ein unmittelbares Interesse,
sich dem Verfahren zu entziehen, falls er frei-
gelassen werde.
In der darauf erfolgenden Haftentscheidung
des Untersuchungsrichters wird anerkannt,
dass der Beschuldigte seine Mutter untersttze,
aber sonst ausgefhrt, dass er wegen frherer
Verurteilungen sich dem Verfahren entziehen
knne. Zu der danach eigentlich nher liegen-den Begrndung, es bestehe Wiederholungsge-
fahr, wird nur ausgefhrt, der Beschuldigte sei
in der Lage, Straftaten zu begehen.
Jeder auch nur annhernd begabte Jurist und
normale Mensch kann da die Nagelprobe ma-
chen: Wenn der Beschuldigte oder sein Ver-
teidiger vortragen, es gebe keinen vernnfti-
gen Grund fr die vorgetragene Annahme der
Staatsanwaltschaft, es bestehe vielmehr kein Ri-
siko, dass der Beschuldigte sich dem Verfahrenentziehen werde ein doch, gibt es als einzige
Antwort von Staatsanwalt oder Richter wre
dann armselig.
Da ist es in dem konkreten Fallbeispiel nur das
Sahnehubchen, dass ohne jede Verlngerung
der Untersuchungshaft erst nach 50 Tagen die
Gerichtsverhandlung stattfand, in der dann das
Verfahren gegen den Beschuldigten eingestellt
wurde.
In einem anderen Fall wurde in dem Haftbefehls-
antrag der Staatsanwaltschaft zu den Haftgrn-
den (ausschlielich) ausgefhrt: Im Augenblick
argwhnen die Ermittlungsbehrden, dass der
Beschuldigte sich den Ermittlungsbehrden
nicht stellen wird. Dieser Argwohn wird durch
die tatschlichen Umstnde des Beschuldigten
bewiesen. Die Straftat ist schwerwiegend, was
zu dem Schluss fhrt, dass der Beschuldigte
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18 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
Manahmen unternimmt, sich seiner strafrecht-
lichen Verantwortlichkeit entziehen.
Die auf dem vorstehenden Antrag ergange-
ne Entscheidung wiederholt die inhaltslosen
Wertungen des Antrags, fhrt aber immerhin
an, dass der Verteidiger des Beschuldigten Tat-
sachen zum Nichtvorliegen der Haftgrnde
vorgetragen hatte, nmlich den festen Lebens-
mittelpunkt des Beschuldigten und dessen
Schuldeingestndnis, und ausgefhrt hatte,
dass der Staatsanwalt keinerlei Beweismittel fr
dessen Wertung vorgelegt habe.
Die richterliche Entscheidung fhrt anschlie-
end auf, das Fr und Wider des jeweiligen Vor-
bringens sei gewrdigt worden um dann zu
dem Ergebnis kommen, der Antrag des Staats-anwaltes sei begrndet. Als Begrndung fr
diese richterliche Wertung findet sich allerdings
nur die Bezugnahme auf den potenziellen ge-
setzlichen Strafrahmen und die Wiedergabe der
gesetzlichen Bestimmungen zu den Haftgrn-
den. Daran schliet sich nahtlos die Bemerkung
an, das prsentierte Material weise mit Si-
cherheit darauf hin, dass es vernnftige Grnde
gebe, dass der Beschuldigte die Straftat began-
gen habe und dass die Annahme berechtigt sei
zu glauben, dass es notwendig sei, sicherzustel-
len, dass der Beschuldigte nicht die Wahrheits-
findung behindere.
Die vorstehenden Formulierungen sind eine
fast wrtliche Wiedergabe einer Beispiels-
entscheidung in der vom Obersten Gerichts-
hof der Republik Moldau herausgegebenen
Beispielssammlung9. Dort allerdings sind die
entsprechenden Ausfhrungen unterfttert
mit der Wiedergabe der fr diese Bewertungsprechenden Tatsachen. In der von mir eingese-
henen Fallakte findet sich an keiner Stelle eine
Auseinandersetzung mit den von der Vertei-
digung vorgetragenen Fakten oder mit Tatsa-
chen, die die Wertung der Staatsanwaltschaft
untersttzen knnten, mit Ausnahme des Hin-
weises, dass der Beschuldigte sein Lebensunter-
halt durch Gelegenheitsarbeiten bestreite, aber
nicht offiziell beschftigt sei.
Wie in vielen anderen gerichtlichen Entschei-
dungen findet sich eine (auch wieder auszugs-
weise dem gerade genannten Modellbeispielentlehnte) Passage, in der, offenbar zum Be-
weis der Auseinandersetzung mit dem Ver-
hltnismigkeitsgrundsatz, das Freiheitsrecht
nach Art. 5 MRK rezitiert wird, aber im selben
Atemzug ausgefhrt wird, Untersuchungshaft
sei gerechtfertigt weil der Beschuldigte die Ab-
sicht habe, sich der gerichtlichen Verfolgung
zu entziehen und neue Straftaten zu begehen;
in einem solchen Fall sei die Freiheitsentzie-
hung vom Gesetz vorgesehen, sei notwendigin einer demokratischen Gesellschaft und sei
ein legitimes Mittel. Offenbar ging das Gericht
davon aus, ein Zitat der gesetzlichen Voraus-
setzungen ersetze die tatschliche und recht-
liche Wrdigung.
Die Vorgehensweise, konkretes Tatsachenvor-
bringen der Verteidigung ohne jede Auseinan-
dersetzung unter Bezugnahme auf das in den
Akten gar nicht wiedergegebene und mgli-
cherweise gar nicht vorhandene Vorbringen derStaatsanwaltschaft beiseite zu fegen und die
rechtliche und tatschliche Wrdigung durch
Gesetzeszitate oder Gesetzesmotive zu erset-
zen, scheint keineswegs auf die untere Instanz
beschrnkt zu sein. In der Beschwerde der Ver-
teidigung gegen den Haftbefehl in dem vorste-
hend geschilderten Verfahren trug der Verteidi-
ger vor, es sei nicht bercksichtigt worden, dass
der Beschuldigte ein glaubhaftes Gestndnis
abgelegt und seine Tat bereue und einen festenWohnsitz habe. Er habe keine Absicht, das Ver-
fahren zu behindern oder Zeugen zu beeinflus-
sen; im brigen habe der Staatsanwalt keinerlei
Beweise dafr vorgelegt, dass der Beschuldigte
die Absicht habe sich dem Verfahren zu entzie-
hen.
9 Modele de acte judectoreti n procesul penal Sentine, decizii, ncheieri ISBN 978-9975-9959-0-0 S. 186 ff.
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 19
Ohne auf das ausdrckliche Gestndnis des Be-
schuldigten einzugehen, fhrt die Kammer des
Berufungsgerichts in ihrer Entscheidung aus,
sie sei von der Tatbegehung berzeugt und
deshalbbestehe ein Ausnahmefall der auf die
Notwendigkeit von Untersuchungshaft hinwei-
se, und zwar
o wegen der Komplexitt des Falles, der
Schwere der Tat und des Weiterbestehens
der Fluchtgefahr und Wiederholungsgefahr
bei dem Beschuldigten; dieser Verdacht er-
gebe sich aus dem Charakter der Tat, und
der Beschuldigte knne in Freiheit eine neue
Straftat begehen, sich der Strafverfolgung
entziehen und die Aufklrung behindern,
o weil das Ermittlungsverfahren sich erst imAnfangsstadium befinde und noch nicht
alle Ermittlungen abgeschlossen sein; dies
gebe Anlass zu der Annahme, dass in Frei-
heit der Beschuldigte die Wahrheitsfindung
verhindern oder sich den Ermittlungsbehr-
den entziehen knne,
o weil die Notwendigkeit, alle Tatumstnde
aufzuklren, Grund dafr bieten wrde, Un-
tersuchungshaft anzuordnen.
Diese Erwgungen wrden alle Argumente derVerteidigung zu Fall bringen. Deshalb knne
der normale Ablauf des Ermittlungsverfahrens
nur durch die Verhngung von Untersuchungs-
haft abgesichert werden.
Vor Ablauf der Dreiigtagesfrist stellte die
Staatsanwaltschaft einen Verlngerungsantrag,
der wortgleich den Text des ersten Antrages
bernahm, aber mit keiner Silbe auf das Vorlie-
gen der Verlngerungsvoraussetzungen nach
Art. 186 Abs. 3 CPC einging. Auch der daraufhin
ergangene Verlngerungsbeschluss des Unter-
suchungsrichters ging mit keinem Wort auf die
Verlngerungsvoraussetzungen ein und wie-
derholte fast wortgleich seine Ausfhrungen
aus dem ersten Beschluss. Da verwundert es
schon nur noch wenig, dass das Berufungsge-
richt auf die (erneute) Beschwerde der Verteidi-
gung ebenfalls seine erste Entscheidung wort-
gleich wiederholte, ohne auf die zustzlichen
Verlngerungsvoraussetzungen einzugehen.
Dass die Staatsanwaltschaft den weiteren Ver-
lngerungsantrag nach einem Monat ohne
neue Tatsachen und allein mit dem Hinweis,
dass der Fall bis zum Ablauf der Verlngerungs-periode noch nicht abgeschlossen sei, einreich-
te, passt in das Bild. Immerhin verwies dann der
anschlieende Gerichtsbeschluss auf Art. 186
Abs. 3 CPC, wiederholte allerdings ausschlie-
lich den Gesetzestext, ohne zu errtern, ob
dessen Voraussetzungen im vorliegenden Fall
vorliegen.
Auch ein weiteres der von mir eingesehenen
Aktenstcke weist leider ebenfalls die typischen
Besonderheiten der anderen Verfahrensakten
auf. Als konkrete Argumente fr die Annahme
der Flucht- und Verdunkelungsgefahr wird (nur)
ausgefhrt: Gegenwrtig, zum Zeitpunkt der
Festnahme, haben die Ermittlungsbehrden
den Verdacht, dass der Beschuldigte sich den
Ermittlungen entziehen knnte, die Wahrheits-
findung vereiteln oder Aktionen gegenber
mglichen Zeugen ergreifen wird, sie zu fal-
schen Aussagen verleiten wird und so zu einer
unangemessenen Sicht des Verfahrensstandes
fhren wird. Dieser Verdacht wird durch die tat-
schliche Situation des Beschuldigten bewie-
sen, insbesondere durch das Risiko, dass er die
Stadt oder das Land verlsst. Die Ermittlungs-
behrde kennt zurzeit nicht alle Umstnde die
zur Begehung der Tat gehren. In Freiheit knn-
te (der Beschuldigte) die Spuren der Tat verwi-
schen oder mgliche Gehilfen ber die Gefahr
der Ermittlungen unterrichten. Die Tat muss als
besonders schwerwiegend angesehen werden
und die Bestrafung dafr ist ebenfalls schwer,
was zu dem Schluss fhrt, dass der Beschuldig-
te alle Manahmen ergreifen knnte, die straf-
rechtliche Verantwortlichkeit zu vermeiden und
die Objektivitt der Ermittlungen zu beeinflus-
sen.
Darber hinaus fhrt der Antrag mit dem Be-
merken, Einzelheiten knnten nur dem Unter-
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20 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
suchungsrichter gegenber offen gelegt wer-
den aus, es sei festgestellt worden, dass der
Lebensstil des Beschuldigten es erlaube, ihn als
eine sozial gefhrliche Person zu betrachten, die
in die Gefahr weiterer Tatbegehungen geraten
knne. In diesem Fall knne die Untersuchungs-haft das Ermittlungsverfahren positiv beeinflus-
sen, ebenso den Prozess der Beschaffung von
Beweismitteln, und knne dazu fhren, objektiv
den Verdacht der Ermittlungsbehrden zu der
Verwicklung des Beschuldigten in andere Straf-
taten aufzuklren.
An diese Ausfhrungen schliet sich das bli-
che Zitat des Art. 176 Abs.3 CPC an, mit der Ver-
sicherung, der Staatsanwalt habe dies bedacht
und unter anderem gewrdigt, dass der Be-schuldigte nicht verheiratet sei und keine Kin-
der zu unterhalten habe; auerdem habe der
Beschuldigte nur unregelmige Einnahmen,
deshalb sei zu befrchten, dass er nicht bei den
Ermittlungsbehrden erscheinen werde.
Die Haftentscheidung des Untersuchungsrich-
ters zitiert diese Ausfhrungen der Staatsan-
waltschaft, aber auch das Vorbringen des Ver-
teidigers, der Beschuldigte habe einen festen
Wohnsitz, gebe seine Schuld zu und werde je-
der Vorladung der Ermittlungsbehrden folgen,
es seien im brigen noch keinerlei Beweise da-
fr vorgelegt worden, dass er sich dem Verfah-
ren entziehen wolle. Der Untersuchungsrichter
setzt sich mit diesem Vorbringen neben der
Standardfloskel, er habe das Fr und Wider ab-
gewogen allerdings nicht auseinander. Seine
Haftanordnung begrndet er damit, die Kate-
gorie der Straftat lasse eine Untersuchungshaft
zu, der Charakter der Tat und die Tatumstnde
bten gengend Anlass zu der Annahme, dass
der Beschuldigte versuchen werde, die Wahr-
heitsfindung zu verhindern und negativen Ein-
fluss auf die ordnungsgeme Entwicklung des
Ermittlungsverfahrens nehmen werde. Das vor-
gelegte Material biete eine ernsthafte Grundla-
ge zu der Annahme, dass es notwendig sei, das
Verhalten des Beschuldigten zu kontrollieren,
damit er nicht die Wahrheitsfindung verhinde-
re und sich nicht den Ermittlungen entziehen
werde. Das vorgelegte Material lasse auch auf
die Existenz vernnftiger Grnde zu der Annah-
me schlieen, dass der Beschuldigte in Freiheit
mit kriminellen Aktivitten fortfahren werde; es
gebe das Risiko fr die Zerstrung oder Besch-
digung der Beweismittel.
Hieran schliet sich wieder die schon erwhnte
Standardpassage ber die (Nicht-) Anwendbar-
keit von Art. 5 MRK an. Die Untersuchungshaft
sei gerechtfertigt und begrndet und notwen-
dig, weil sie darauf ziele, den Beschuldigten da-
von abzuhalten, sich dem Verfahren zu entzie-
hen und neue Straftaten zu begehen.
Zur Sicherheit wiederholt der Beschluss die vor-stehende Bemerkung gleich noch einmal im
folgenden Absatz mit praktisch denselben For-
mulierungen.
8.4 Auswertung der AktenflleWenn man alle von den Ermittlungsbehrden und
von den Gerichten in diesen Fallakten niederge-
legten Argumente zusammenfasst, muss Untersu-
chungshaft nach Meinung der beteiligten Juristen
vor Ort offenbar dann verhngt werden, wennmglicherweise eine Straftat mit einer bestimmten
Strafdrohung begangen worden ist, weil dann zu
erwarten ist, dass sich der Beschuldigte dem Ver-
fahren entzieht, bzw. es verhindert.
Das entspricht weder der Logik, noch der Erfah-
rung, schon gar nicht den gesetzlichen Bestimmun-
gen der Strafprozessordnung der Republik Moldau.
Vielmehr ist eklatant gegen die in der Strafprozes-
sordnung vorgeschriebene Begrndungspflicht
verstoen worden.
Natrlich lassen ein so kurzer Informationsbesuch
und so wenig umfangreiches Aktenmaterial fr sich
genommen nicht den Schluss zu, dass alle Verfah-
ren im Zusammenhang mit der Verhngung von
Untersuchungshaft in der Republik Moldau genau-
so ablaufen. Es ist aber schon auffllig, dass die mir
zugnglich gemachten Aktenstcke alle hnliche
Eigenheiten aufweisen und noch dazu ber meh-
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 21
rere Ebenen der Ermittlungsbehrden und der Ju-
stiz hinweg.
Meine Gesprchspartner bei der Anwaltschaft und
im Pflichtverteidigungsbro stellten den Verlauf
dieser Flle tatschlich auch als vllig blich dar.
Gleich beim ersten Gesprch mit der Anwaltsseitewurde mir vorgetragen, dass Entscheidungen der
Untersuchungsrichter zur Frage des Haftbefehls ei-
nem festen Schema folgen wrden:
1. Der Antrag der Staatsanwaltschaft wird wort-
wrtlich (Copy-Paste) wiedergegeben.
2. Die Argumente fr die Verhngung von Untersu-
chungshaft werden aufgefhrt, nie Gegenargu-
mente gegen die Verhngung.
3. Die Begrndung des Gerichts ist genau dieselbe
wie in dem Antrag der Staatsanwaltschaft.4. Es folgt ein Transskript der Bestimmungen der
MRK ohne jeden Bezug zum Fall. Danach geht es
weiter mit dem Text aus dem staatsanwaltschaft-
lichen Antrag.
Auch in der Begrndung fnden sich Stereotypen:
1. der Hinweis auf das berschreiten der gesetzli-
chen unteren Grenze der Strafandrohung, kein Er-
whnung auf die Unschuldsvermutung,
2. die Formulierung, dass Untersuchungshaft ver-
hngt werden msse, ohne dass dazu nhere Fest-
stellungen niedergelegt werden,
3. die Feststellung, es bestehe Fluchtgefahr, ohne
dass dies nher belegt wird,
4. die Feststellung, es bestehe Wiederholungsgefahr,
ohne dass dies nher belegt wird.
Wenn dann von Anwlten Rechtsmittel eingelegt
wrden, entscheide das Rechtsmittelgericht in der
Regel wiederum mithilfe der Copy-Paste-Methode.
Jedenfalls, soweit es die mir vorgelegten Fallaktenbetrifft, war dort eine verblffende bereinstim-
mung mit dem vorstehenden Szenario zu registrie-
ren.
Wenn die zur Verfgung gestellten Fallakten Ausrei-
er wren, htte im brigen erwartet werden ms-
sen, dass bei den mndlichen Interviews whrend
meines Besuches ganz andere Ergebnisse htten
herauskommen mssen. Das war aber mit einer
Ausnahme nicht der Fall, als ich jeweils einen oder
mehrere dieser Flle Akteuren vor Ort bei Polizei,
Staatsanwaltschaft und bei Untersuchungsrichtern
mit der Bitte um Stellungnahme und Wertung vor-
trug.
Lediglich in Ungheni wurden die fehlenden Darle-gungen der Haftgrnde von allen Gesprchspart-
nern bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht so-
fort moniert. Dieser Bezirk fiel mir auch dadurch auf,
dass dort die Haftbefehlsantragsquote um ein Viel-
faches niedriger ist als in anderen Bezirken, dem-
entsprechend auch die Zahl der erlassenen Haftbe-
fehle, und dass die Quote der von der Staatsanwalt-
schaft nicht akzeptierten Haftbefehlsvorschlge,
aber auch die Quote der Haftbefehlsantrge, denen
nicht stattgegeben worden ist, ebenfalls weitaushher ist als in anderen Bezirken. Dies scheint die
sachliche Zusammenarbeit zwischen Polizei Staats-
anwaltschaft und Gerichten nicht zu beeintrchti-
gen. Es finden nach den mir erteilten Informationen
vielmehr regelmig Sachgesprche zwischen den
Ebenen statt. Von der guten Kommunikation auch
auerhalb der Akten konnte ich mich persnlich
berzeugen.
Die Gesprche in anderen Bezirken fielen mit Ab-
weichungen weitaus weniger positiv aus.Im Bereich der Polizei scheint das Selbstverstndnis
von ihrer Rolle als Teil der rechtsstaatlichen Aufkl-
rung von Verdachtsmomenten wegen Straftaten
noch frderungsfhig. Der Zusammenhang zwi-
schen dem Vorhandensein (und dem Beleg) der
gesetzlichen Haftgrnde einerseits und der Zuls-
sigkeit einer Festnahme andererseits scheint vielen
Polizeibeamten nicht immer klar zu sein.
Angesprochen auf mgliche Defizite in der Anfer-
tigung der Arrestprotokolle und der weiteren Ent-
scheidungen fallen vielfach nichtssagende Ausfh-
rungen oder uerungen, die massive Vorurteile
oder eine nicht immer nachvollziehbare Berufsauf-
fassung verraten, auf. Auffllig ist weiterhin, dass
viele Polizeibeamte sich hinter der Verantwortung
der Staatsanwaltschaft verstecken, die ja ohnehin
die Entscheidungen bei Festnahmen treffen msse.
Dazu passt allerdings wenig, dass etwa ein langge-
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Generell bewerten die von mir interviewten Anwl-
te die Arbeit von Polizei, Staatsanwaltschaft und
Untersuchungsrichter in der Republik Moldau ber-
wiegend negativ.
Gleichzeitig scheint eine gewisse Tendenz bei den
Anwlten erkennbar zu sein, nicht in allen denkba-ren Fllen Rechtsmittel gegen Untersuchungshaft-
entscheidungen einzulegen. Dies wurde mir von
Anwaltsseite damit erklrt, dass sich viele Anwl-
te angesichts ihrer Erfahrungen wenig Erfolg von
Rechtsmitteln versprechen. Natrlich sind auch an-
dere Erklrungen denkbar. Die eine knnte die Sor-
ge sein, dem Mandanten knne im Hauptverfahren
sein Widerstand gegen Untersuchungshaft nachtei-
lig ausgelegt werden. In allen Rechtssystemen der
Welt gibt es im brigen Anwlte, die ihre Ttigkeitmit dem geringstmglichen Aufwand ausben.
9 Sonstige Gesprche
ber die Gesprche mit Akteuren vor Ort hinaus
hatte ich whrend meines Aufenthaltes Gelegen-
heit, die mglichen Konsequenzen aus den Urteilen
des Europischen Gerichtshofs fr Menschenrechte
mit dem Justizministerium der Republik Moldau,
dem Obersten Gerichtshof der Republik Moldau,dem Obersten Magistratsrat und der Generalstaats-
anwaltschaft zu errtern.
Das Justizministerium, welches ber seinen Vertre-
ter beim Europischen Gerichtshof am dichtesten
mit den Rgen des Europischen Gerichtshofs kon-
frontiert ist, hat die Problematik offen benannt und
sein Interesse an und seine Mitwirkungsbereitschaft
zu Manahmen zur nderung der gegenwrtigen
Situation bekundet.
Der Oberste Gerichtshof und dort die (Mit-) Autorin
der seinerzeitigen gesetzlichen Vorschriften haben
die eingangs meines Berichtes bereits zitierte Ent-
wicklung in der Rekrutierung von Untersuchungs-
richtern geschildert und beklagt, dass die ursprng-
lichen Vorstellungen ber die notwendigen persn-
lichen Voraussetzungen sich nicht htten umsetzen
lassen, weil nicht gengend Bewerbungen einge-
gangen seien.
Es gibt dort auch berlegungen, ob durch eine
temporre Zuweisung des Untersuchungsrichter-
postens innerhalb eines Gerichts Verbesserungen
eintreten knnten. Wegen der unterschiedlichen
Herkunft der Richter gebe es allerdings ein gefhl-
tes 2-Klassen-Richter-System, so dass es schwierig
sei, auer in Notfllen, Untersuchungsrichterposten
aus dem Kreis der Strafrichter zu besetzen.
Der Oberste Magistratsrat hat sich bei den Gespr-
chen eher etwas zurckhaltend in der Frage einer
generellen Problematik geuert und die Auffas-
sung vertreten, dass man auf einem guten Wege
sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat das Vorhanden-
sein von Problemen durchaus eingerumt und hofft,
durch intensive interne Kontrolle und Fortbildungdem Anspruch auf rechtsstaatlich korrekte Ttigkeit
der Staatsanwaltschaft gerecht zu werden.
10 Konsequenzen
Wenn nun als Ergebnis des Studienaufenthaltes ge-
wisse Konturen in der Rechtswirklichkeit der Repu-
blik Moldau sichtbar zu sein scheinen, ist zu prfen,
welche Mglichkeiten es gibt, diese als negativ ge-
werteten Erscheinungen zuknftig zu vermeiden.
10.1Institutionelle und legislativenderungen
Von auen betrachtet stellt sich die Frage, ob bei
den Ernennungsvoraussetzungen fr den Posten
des Untersuchungsrichters in der besonderen Si-
tuation der Republik Moldau die Vorerfahrung als
Staatsanwalt wirklich den Vorzug verdient vor der
offenbar greren inneren Distanz eines langjh-
rigen unabhngigen Richters. Ich versage mir al-lerdings, hierzu umfangreiche Systemnderungen
vorzuschlagen. Das kann auch nicht Aufgabe eines
auswrtigen Experten sein. Wie die Republik Mol-
dau damit umgeht, dass auch nach sieben Jahren
Systemwechsel in den Zustndigkeiten und Voraus-
setzungen fr die Verhngung von Untersuchungs-
haft noch Akteure ttig sind, die den Wechsel von
sowjetischen System nicht vollstndig verinnerlicht
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24 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
zu haben scheinen, fllt in die Verantwortung des
Parlaments und der Justizorgane, soweit es um
mgliche Gesetzesnderungen und Personalent-
scheidungen geht.
10.2 Sonstige ManahmenUnterhalb dieser Ebene scheint aber doch eine Rei-
he von Denkansten mglich und erforderlich.
10.2.1Grundstzliches
Die Erfahrung in vielen Staaten auch und gerade
des ehemaligen sowjetischen Einflussbereiches
zeigt, dass der Rechtsstaat darauf angewiesen
ist, dass die Akteure sich mit ihm identifizie-
ren. Eine innere Einstellung kann nur bedingt
durch gesetzliche Vorschriften oder hierarchi-
sche oder disziplinarische Kontrolle beeinflusst
werden. Es ist erforderlich, dass sich die Akteure
ihrer Macht, der Gefahr des Machtmissbrauchs
und ihrer Verantwortung bewusst sind. Solche
Persnlichkeiten fallen nicht vom Himmel, aber
es gibt sie. Man muss sie richtig auswhlen, rich-
tig ausbilden und richtig frdern.
Dazu passt nicht, dass Akteure, die ber Frei-
heitsrechte der Brger entscheiden, im wirt-
schaftlichen und sozialen Gefge des Landes
oder auch nur ihrer Profession so weit unten
angesiedelt sind, dass sie der Versuchung des
Machtmissbrauchs oder der Korruption auch
in Form der politischen Beeinflussung ausge-
setzt sind. Es wre ein wohlfeiler Ratschlag, eine
entsprechend hohe Entlohnung zu fordern;
staatliche Ressourcen sind nicht unbegrenzt.
Was aber immer mglich ist, ist, den sozialen
Status entsprechend auszugestalten. Wenn
man akzeptiert, dass ein Untersuchungsrich-
ter eine besonders hohe Verantwortung fr
die Freiheitsrechte potentiell Unschuldiger hat
(aber auch fr den geordneten Ablauf der Straf-
rechtspflege) muss man dann nicht auch ak-
zeptieren, dass dieser Untersuchungsrichter in
der Struktur des Gerichtes eine herausgehobe-
ne Stellung hat? Natrlich muss man dann fr
diese Positionen auch die beruflich und charak-
terlich besonders Geeigneten auswhlen, aber
das fllt leichter, wenn der berufliche Anreiz
dementsprechend hoch ist. Organisatorisch las-
sen sich da verschiedene Mglichkeiten vorstel-
len. Der eine oder andere Anreiz durch Vergn-
stigungen scheint auch denkbar, etwa der, auf
Dienstortwnsche oder die zeitliche Arbeits-
zeitgestaltung bei Frauen mit Kindern einzuge-
hen. Eine andere Mglichkeit wre, berufliches
und finanzielles Fortkommen davon abhngig
zu machen, dass fr einen gewissen Zeitraum
eine Untersuchungsrichterfunktion ausgebt
worden ist, ebenso, dass bestimmte Qualifizie-
rungsmanahmen etwa im Rahmen der Fort-
bildung beim Obersten Gerichtshof absolviert
worden sind. Auch ein organisiertes Rotations-
prinzip wrde dazu fhren, dass die offenbar
gegenwrtig faktische Zweiklassengesellschaft
der Richter aufgebrochen wrde und die Per-
snlichkeiten, die bei Einfhrung des Untersu-
chungsrichtermodells in der Republik Moldau
Wunschkandidaten waren, verstrkt eine solche
Funktion bernehmen, ohne um ihren sozialen
und beruflichen Status zu frchten.
Denkbar wren aber auch durchaus weiter-
gehende Manahmen. Es knnte sich lohnen,
ber Konsequenzen bei Versten gegen die
Begrndungspflicht nachzudenken. Zunchst
muss klar sein, dass ein Beschluss ohne aus-
reichende Begrndung per se der Aufhebung
unterliegt, weil er, wie oben ausgefhrt, gegen
das Rechtsstaatsprinzip verstt. Bei anderen
Beratungsmissionen ist der Vorschlag gemacht
worden, man knne sogar noch einen Schritt
weiter gehen und solche Verste auch ohne
ausdrckliche Rge durch die Gegenseite mit-
tels Einlegung eines Rechtsmittels von Amts
wegen prfen, so dass z.B. die Vollstreckung
eines solchen Haftbefehls als rechtswidrig und
unwirksam anzusehen wre. Dies wrde unter
Rechtssicherheitsgesichtspunkten allerdings
sehr problematisch sein, weil sich die Frage
stellt, ob z.B. eine gerichtliche Entscheidung
vom aufnehmenden Beamten in der Haftan-
stalt berprft werden kann und schon gar
soll.
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Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht 25
Viel Spielraum fr Verbesserungen scheinen
mir noch beim Aktionsradius der Verteidiger
zu liegen. Es ist an anderer Stelle bereits dar-
auf hingewiesen worden, dass die Verteidiger
in Haftsachen aus Sicht eines auslndischen
Beobachters sehr wenig Gebrauch von ihren
Beschwerde- und Kontrollmglichkeiten ma-
chen, vielleicht aber auch deshalb, weil gerade
die Kontrollfunktionen unterentwickelt zu sein
scheinen.
Unter dem Rechtsstaatsgesichtspunkt muss
vllig eindeutig sein, dass eine Entscheidung
im Haftbefehlsverfahren nicht mglich ist auf
der Grundlage von Tatsachen, ber die die Ver-
teidigung sich nicht zuvor ein Bild hat machen
knnen. Der in der einen Beispielsakte nieder-
gelegte Text in der Antragsschrift der Staats-
anwaltschaft, die Tatsachen zur Begrndung
zu den Haftgrnden knnten ausschlielich
dem Untersuchungsrichter gegenber offen
gelegt werden, ist schlicht rechtsstaatswidrig,
weil eklatant gegen das Fair-Trial-Gebot versto-
end. Auch mir ist aus meiner jahrzehntelangen
staatsanwaltschaftlichen Praxis die Situation
bekannt, dass aus ermittlungstaktischen Grn-
den bestimmte Tatsachen der Verteidigung und
dem Beschuldigten gegenber noch nicht of-fen gelegt werden sollen, weil sonst das Ermitt-
lungsziel gefhrdet ist. Dafr ist aber ein Preis
zu zahlen, der nach der Unschuldsvermutung
nicht vom Beschuldigten zu entrichten ist. Der
Untersuchungsrichter ist eben kein hheres
Wesen, welches fr die Richtigkeit der Entschei-
dung garantiert. Er kann seine Entscheidung
deshalb legitimerweise ausschlielich auf Tatsa-
chen sttzen, zu denen auch die Verteidigung
rechtliches Gehr gehabt hat. Wenn die Staats-anwaltschaft bestimmte Tatsachen noch nicht
offenlegen will, muss sie in Kauf nehmen, dass
dann das offene Material noch nicht fr einen
Haftbefehl ausreicht. Alles andere wre Mani-
pulation.
Auch in meinem Land ist erst im Laufe der Zeit
die Erkenntnis gewachsen, dass auch im vorge-
richtlichen Verfahren der Verteidigung Kontroll-
mglichkeiten zum Begleiten der Ermittlungen
gegeben sein mssen. So gewinnt die Verteidi-
gung bei uns nach dem Gesetz erst mit dem Ab-
schluss des Ermittlungsverfahrens und der An-
klageerhebung ein uneingeschrnktes Akten-
einsichtsrecht. Nach der deutschen hchstrich-
terlichen Rechtsprechung und auf der Grund-
lage der Rechtsprechung des EuGHMR kann
der Verteidigung aber die Einsicht in die bei
der Staatsanwaltschaft befindlichen Vorgnge
nicht willkrlich vorenthalten werden, sondern
es muss dargelegt werden und kann gege-
benenfalls gerichtlich berprft werden dass
es ermittlungstaktische Gesichtspunkte gibt,
die einer Akteneinsicht entgegenstehen. Auch
wenn diese verstndlicherweise nicht in allen
Einzelheiten dargelegt werden mssen, fhrt
eine Tuschung durch die Staatsanwaltschaft
dazu, dass spter wegen Verstoes gegen das
Fair-Trial-Gebot erhebliche prozessuale Pro-
bleme entstehen. In jedem Fall muss auf der
Grundlage der Rechtsprechung des Europ-
ischen Gerichtshofs fr Menschenrechte dasje-
nige Material, welches der Entscheidung ber
den Haftbefehl zu Grunde gelegt werden soll,
offen gelegt werden.
10.2.2Selbstverstndnis
Durch alle Kontakte mit vor allem Polizeibeam-
ten und Staatsanwlten zieht sich der Tenor, man
msse doch dem Verbrechen begegnen. Das ist
selbstverstndlich richtig. Die Menschenrechts-
konvention setzt dabei allerdings Grenzen. Der
Zweck heiligt nicht alle Mittel. Folter, Tuschung
oder sonst unfaire Verhaltensweisen sind nach der
Menschenrechtskonvention kein zulssiges Mittel
der Strafverfolgung. Was noch wichtiger ist: Die
Menschenrechtskonvention geht vom Primat der
Unschuldsvermutung aus. Vor der Strafverfolgung
liegt deshalb die Aufklrung, ob sich denn ber-
haupt die Unschuldsvermutung widerlegen lsst.
Fr das Selbstverstndnis von insbesondere Poli-
zei und Staatsanwaltschaft, aber natrlich auch fr
die beteiligten Richter, ist deshalb von elementarer
Bedeutung dass sie die Aufklrung eines Sachver-
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26 Untersuchungshaftentscheidungen von Ermittlungsrichtern in der Republik Moldau Eine Einschtzung aus internationaler Sicht
haltes ergebnisoffen betreiben. Viele Sprachen,
so auch die deutsche, sprechen deshalb auch von
Ermittlungsbehrden und erst in zweiter Linie
von Verfolgungsbehrden. Das ist nicht nur eine
sprachliche Belanglosigkeit. Wer seinen Arbeitser-
folg oder den seiner Untergebenen daran misst,
wie viele Anklagen erhoben oder Verurteilungen
erreicht worden sind, und nicht daran, wie viele
Sachverhalte aufgeklrt worden sind, gert in die
Gefahr, den rechtsstaatlichen Auftrag aus den Au-
gen zu verlieren. Sowohl bei Einfhrung der Staats-
anwaltschaft durch Napoleon, vor allem aber auch
bei bernahme dieser Institution in Deutschland
1849 war es explizite Aufgabe der Staatsanwalt-
schaft, dafr Sorge zu tragen, dass Beschuldigte
ihrer gerechten Bestrafung zugefhrt werden aber
auch, dass Unschuldige vor ungerechtfertigter Ver-
folgung bewahrt werden. Bis heute verliert das der
eine oder andere Polizeibeamte oder Staatsanwalt
zuweilen aus den Augen.
Das ist eine Erscheinung, die ich durchaus auch in
meinem Land beobachte. In einem Land mit der
Geschichte der Republik Moldau ist es, denke ich,
aber von besonderer Bedeutung, bei der Auswahl
der Akteure, in der Menschenfhrung und in der
Fortbildung diesem Gedanken besondere Beach-
tung zu schenken.
10.2.3Zusammenspiel der InstitutionenPolizei, Staatsanwaltschaft undGericht
In praktisch allen demokratischen Rechtsordnun-
gen gibt es im Bereich der Strafrechtspflege ein Ne-
beneinander und Miteinander von Polizei, Staats-
anwaltschaft und Gerichten. Das macht auch Sinn
aber es macht nur dann Sinn, wenn jede dieser
Institutionen einen eigenen Zustndigkeits- undVerantwortungsbereich hat.
Es ist typisch fr das sowjetische System, dass dort
die Konturen zwischen diesen drei Bereichen ver-
wischt waren. Die Gerichte hatten eine gesellschaft-
liche Aufgabe, die von der Politik bzw. der Partei,
zuweilen auch im Einzelfall, vorgegeben wurde. Die
Rolle der Staatsanwaltschaft bestand in der Aus-
bung der Gesetzmigkeitskontrolle im Sinne der
Politik, nicht darin, eine Zwischenstation zwischen
der polizeilichen Ermittlungsarbeit und der forensi-
schen Bewertung durch die Gerichte darzustellen.
Dieser historische Hintergrund und das unterschied-
lich langsame Loslsen von diesem Hintergrund
sind typisch fr fast alle Nachfolgestaaten der So-wjetunion oder Staaten im ehemals gesellschafts-
politischen Einflussbereich der Sowjetunion. Nur
so scheint mir zu erklren zu sein, dass auch heute
no