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Referendarausbildung Recht FISCHER 2. Auage Die Richter- und Anwaltsklausur im Zivilrecht mit Aufbauhinweisen und Formulierungsbeispielen

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FISCHER

2. Auflage

Die Richter- und Anwaltsklausur im Zivilrecht

mit Aufbauhinweisen und Formulierungsbeispielen

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Die Richter- und Anwaltsklausurim Zivilrecht

mit Aufbauhinweisenund Formulierungsbeispielen

vonKlaus Georg Fischerw. aufsichtsführender Richter am Amtsgericht Essen

2., neu bearbeitete Auflage, 2011

RICHARD BOORBERG VERLAGSTUTTGART • MÜNCHENHANNOVER • BERLIN • WEIMAR • DRESDEN

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detailliertebibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

Der Titel erschien in 1. Auflage unter den AutorenKlaus Fischer und Rolf Uthoff im AchSo! Verlag

ISBN 978-3-415-04618-4

© Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, 2011Scharrstraße 270563 Stuttgartwww.boorberg.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist,bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere fürVervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen unddie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Satz: Dörr + Schiller GmbH, StuttgartDruck und Verarbeitung: Wilhelm & Adam Werbe- und Verlagsdruck OHG,Werner-von-Siemens-Straße 29, 63150 Heusenstamm

ISBN 978-3-415-0 -5050 1E -

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Vorwort zur 2. Aufl.

Dem Referendar steht mit diesem Band ein Lehrbuch zur Verfügung, das ihnganz gezielt auf die zivilrechtlichen Aufsichtsarbeiten für das Zweite Juristi-sche Staatsexamen vorbereitet. Das Buch soll ein „Lernbuch“ sein, es soll „vonvorne bis hinten“ durchgelesen und durchgearbeitet werden. Damit es in derkurzen Ausbildungszeit bewältigt werden kann, hat sich der Autor um einekompakte Darstellung bemüht. Der Einsatz grafischer Elemente und systema-tischer Übersichten soll aber nicht nur diesem Zwecke dienen, sondern auchder schnelleren Erfassung des vermittelten Lernstoffes.

Die Erhöhung des Lerneffektes ist überhaupt ein besonderes Anliegen die-ses Buches. Immer wieder wird der Leser an Lerntechniken erinnert und ausdem konkreten Lernbezug in die wichtigen übergeordneten Gesichtspunkteverwiesen. So vergisst er bei der Auseinandersetzung mit dem Einzelproblemnicht den übergeordneten Zusammenhang. Tabellen mit den FAQ konfrontie-ren ihn darüber hinaus regelmäßig mit besonders häufig gestellten Zweifels-fragen und geben Antwort hierauf.

Das Buch will gleichzeitig in die juristische Praxis einführen. Der Leser pro-fitiert davon, dass der Autor nicht nur Ausbilder und Arbeitsgemeinschafts-leiter, sondern auch erfahrener Zivilrichter ist. Im Text sind zahlreiche For-mulierungsbeispiele und Beispielsfälle verarbeitet. Der Anhang enthältdarüber hinaus ein umfangreiches Kompendium mit weiteren Formulierungs-vorschlägen. Der Leser kann darauf zurückgreifen, ohne dass er gehalten ist,im jeweiligen Kapitel nach Vorschlägen zu suchen. Auf diese Weise unter-stützt das Buch auch noch den jungen Richter und Anwalt in seinen Berufs-anfängen und gibt ihm Arbeitsratschläge. Der Anwalt findet schließlich einegroße Zahl von Hinweisen über mögliche Prozesstaktiken und ihren Erfolg.

Das Buch ist um Aktualität bemüht. Die ausgewählten Fallbeispiele sindder aktuellen Rechtsprechung entnommen, soweit es nicht um sog. „Klassi-ker“ geht. Das Buch widmet sich speziell der Klausurbearbeitung, weshalbder Autor bis zum Redaktionsschluss eine Unzahl von Klausuren aus dem2. Staatsexamen – insbesondere aus Nordrhein-Westfalen, aber auch aus ande-ren Bundesländern – gesichtet und verarbeitet hat. Die neuen Ausbildungs-gesetze und Prüfungsordnungen legen verstärkt auf die AnwaltsausbildungGewicht. Das Buch geht auf die neue Gesetzeslage ein. Anwaltstätigkeit undAnwaltsklausur bilden deshalb einen Schwerpunkt. Die anwaltliche Vertrags-gestaltung wurde bewusst nicht einbezogen, weil sie zurzeit – leider – nur inwenigen Bundesländern (z.B. Bayern) von einiger Bedeutung ist, von anderenBundesländern (z.B. Nordrhein-Westfalen) zwar ins „Programm“ genommen,tatsächlich aber nicht als Aufgabe gestellt wird. Der Verlag behält sich eineErgänzung seiner Reihe durch ein Buch zur Vertragsgestaltung vor, wenn Klau-suren zur Vertragsgestaltung bundesweite Aktualität gewinnen sollten.

Rechtsanwalt Rolf W. Uthoff ist als Bearbeiter ausgeschieden. Er unterstütztdas Werk aber weiterhin mit seinen Ideen und Ratschlägen. Ihm und seiner

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Vorwort zur 2. Aufl.

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Ehefrau sei an dieser Stelle für die liebevolle und geduldige Mitarbeit herz-licher Dank abgestattet. Dank ist auch Frau Referendarin Rebecca Dreps zusagen, die mit zahlreichen Anregungen, mit Lob und kritischen Hinweisen dasBuch gefördert hat.

Essen, Oktober 2010Der Autor

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Inhalt

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Inhalt

Vorwort zur 2. Aufl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

I. Zitierte Ausbildungsliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13II. ZPO- und BGB-Kommentare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13III. Spezielle Fachliteratur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

A. Von der Relation zum Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

I. Lernziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15II. Lernweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15III. Relationstechnik – Gutachtentechnik der Praxis . . . . . . . . 16IV. Der Einsatz der Relationstechnik in der Praxis . . . . . . . . . 18V. Die 6 Arbeitsschritte der Relationstechnik . . . . . . . . . . . 21

B. Klausurtipps . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

I. Aufgabenstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25II. Arbeitsmethode. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27III. Woran man denken sollte.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29

C. Lerneinheit 1: Bericht und Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 33

1. Kapitel: Bedeutung und Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 33

I. Bedeutung der Entscheidungsgrundlage . . . . . . . . . . . . 33II. Der „Spiegelbild“-Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34III. Beginn der Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

2. Kapitel: Arbeit am Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

I. Quellen der Stoffsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35II. Bestandteile des Prozessstoffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38III. Ordnen der Stoffsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41IV. Vorbereitung der Niederschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3. Kapitel: Abfassung der Sachverhaltsschilderung. . . . . . . . . 48

I. Allgemeine Überlegungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48II. Geschichtserzählung – Das Unstreitige . . . . . . . . . . . . . 51III. Streitiger Klägervortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53IV. Prozessgeschichte I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57V. Anträge der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60VI. Streitiger Beklagtenvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64VII. Replik auf das Beklagtenvorbringen . . . . . . . . . . . . . . . 68VIII. Prozessgeschichte II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69IX. Vorschlag zum Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

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4. Kapitel: Sachverhaltsschilderung im Anwaltsgutachten . . . . . 71

D. Lerneinheit 2: Das Gutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

1. Kapitel: Grundsätze der Gutachtenerstattung . . . . . . . . . . . 77

I. Aufbau des Gutachtens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77II. Gutachtenstil und Gutachtentechnik . . . . . . . . . . . . . . . 79III. Vorschlag zum Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83IV. Entscheidungsvorschlag und Auslegungsstation . . . . . . . . 83

2. Kapitel: Prozessstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

I. Aufbau der Prozessstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87II. Prozessvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89III. Zulässigkeit vor Begründetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93IV. Einzelne Prozessvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . 95V. FAQ im Zusammenhang mit der Prozessstation . . . . . . . . 101

3. Kapitel: Klägerstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

I. Aufbau der Klägerstation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101II. Ordnung der Anspruchsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . 103III. Schlüssigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105IV. Voraussetzungen der Schlüssigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 107V. Darlegungs-, Erklärungs- und Substanziierungslast. . . . . . . 109VI. Verkürzung des Schlüssigkeitsvortrags . . . . . . . . . . . . . . 111VII. Ergebnis der Schlüssigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . 114IX. Reaktion des Beklagten auf die Klage. . . . . . . . . . . . . . . 121

4. Kapitel: Beklagtenstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

I. Aufbau der Beklagtenstation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124II. Ordnung der Beklagtenstation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127III. Bestreiten als Rechtsverteidigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 129IV. Behauptung anspruchsfeindlicher Tatsachen . . . . . . . . . . 133

5. Kapitel: Replik, Duplik, Triplik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

Aufbau eines Gutachtens mit Replik und Duplik . . . . . . . . 135

6. Kapitel: Beweisstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

I. Voraussetzungen für den Eintritt in die Beweisstation . . . . . 138II. Erarbeitung des Beweisthemas . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140III. Gang durch die Beweisstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143IV. Nicht beweisbedürftige Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . 145V. Vom Beweisantritt zum Beweisbeschluss: die Beweisvoraus-

setzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147VI. Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151VII. Der Weg der Überzeugungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . 154VIII. Beweis durch Urkunden gemäß §§ 415ff. ZPO . . . . . . . . . 159IX. Grundsätze der Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

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7. Kapitel: Tenorierungsstation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

I. Erarbeitung des Urteilstenors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169II. Beweisbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176III. Aufklärungs- und Auflagenbeschluss . . . . . . . . . . . . . . 179IV. FAQ im Zusammenhang mit der Tenorierungsstation . . . . . 182

E. Lerneinheit 3: Die Abfassung von Urteil und Beschluss . . . . . . 183

1. Kapitel: Grundaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

2. Kapitel: Urteilsrubrum und Urteilstenor . . . . . . . . . . . . . 185

I. Urteilskopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185II. Hauptsacheentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189III. Kostenentscheidung – Grundfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 194IV. Kostenentscheidung – Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 198V. Vorläufige Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204VI. Vorläufige Vollstreckbarkeit – Anordnung der Sicherheitsleis-

tung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

3. Kapitel: Tatbestand und Entscheidungsgründe . . . . . . . . . . 209

I. Tatbestand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209II. Entscheidungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211III. Entscheidungsgründe – stattgebendes Urteil . . . . . . . . . . 215IV. Entscheidungsgründe – klageabweisendes Urteil . . . . . . . 218V. FAQ im Zusammenhang mit der Abfassung von Entschei-

dungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

F. Lerneinheit 4: Besondere Prozesssituationen . . . . . . . . . . . . 223

1. Kapitel: Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223

I. Aufbau von Bericht und Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 223II. Aufbau von Gutachten und Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . 225

2. Kapitel: Haupt- und Hilfsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

I. Aufbau von Bericht und Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 231II. Aufbau von Gutachten und Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . 234

3. Kapitel: Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

I. Einsatz der Aufrechnung im Prozess. . . . . . . . . . . . . . . 238II. Aufbau von Gutachten und Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . 242

4. Kapitel: Einspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

I. Aufbau von Bericht und Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 245II. Aufbau des Gutachtens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248III. Aufbau des Urteils im Einspruchsverfahren . . . . . . . . . . 251

5. Kapitel: Berufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254

I. Aufbau von Bericht und „Tatbestand“. . . . . . . . . . . . . . 254II. Aufbau des Gutachtens in einer Berufungssache . . . . . . . . 260III. Aufbau des Berufungsurteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266

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6. Kapitel: Übereinstimmende Erledigungserklärung . . . . . . . . 270

I. Aufbau des Gutachtens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270II. Aufbau des Beschlusses bei übereinstimmender Erledigungs-

erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

7. Kapitel: Einseitige Erledigungserklärung. . . . . . . . . . . . . . 282

I. Aufbau des Gutachtens bei einseitiger Erledigungserklärung . 282II. Aufbau des Urteils bei einseitiger Erledigungserklärung. . . . 287III. Erledigung vor Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

8. Kapitel: Verspäteter Vortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

Aufbau in Gutachten und Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296

9. Kapitel: Die Verkehrsunfallsache . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

I. Aufbau von Bericht und Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . 301II. Zulässigkeitsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306III. Systematik der Haftungsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . 311IV. Aufbau in Gutachten und Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . 320

G. Lerneinheit 5: Anwaltsklausur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

I. Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327II. Arbeit am Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330III. Aufbau des einschichtigen Gutachtens. . . . . . . . . . . . . . 332IV. Aufbau des relationsmäßigen Gutachtens . . . . . . . . . . . . 341V. Zweckmäßigkeitserwägungen – Aufbau und Arbeit mit dem

Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343VI. Zweckmäßigkeitserwägungen – Sicht des Anspruchstellers. . 347VII. Zweckmäßigkeitserwägungen – Sicht des Anspruchsgegners . 351VIII. Zweckmäßigkeitserwägungen – Prozesstaktik, Kosten, Zeit,

Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355IX. Zusammenfassender Vorschlag und auszuformulierender

Antrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363X. Klageschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365XI. Klageerwiderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369XII. Anwaltsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373XIII. Berufungsbegründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380XIV. Vorschlag zum Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388

H. Der Klausurfall am Beispiel einer Anwaltsklausur . . . . . . . . . 389

I. Allgemeine Hinweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389II. Klausurtext: „Ruhelager als Unruhestifter“ . . . . . . . . . . . 390III. Bearbeitungshinweise und Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . 403IV. Aufgabenstellung in Form der relationsmäßigen Anwalts-

klausur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419V. Aufgabenstellung in Form eines Schriftsatzes. . . . . . . . . . 424

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Anhang: Formulierungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

I. Beispiel eines Beweisbeschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . 431II. Beispiel eines Aufklärungs- und Auflagenbschlusses . . . . . 434III. Schematischer Aufbau des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . 436IV. Formulierungsbeispiele für den Urteilskopf . . . . . . . . . . 437V. Formulierungsbeispiele für die Hauptsacheentscheidung . . 439VI. Formulierungsbeispiele für die Entscheidung über die vorläu-

fige Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442VII. Formulierungsbeispiele beim stattgebenden Urteil . . . . . . 444VIII. Formulierungsbeispiele beim klageabweisenden Urteil . . . . 447IX. Formulierungsbeispiele bei der Prozessaufrechnung . . . . . 448X. Formulierungsbeispiele für das Einspruchsverfahren . . . . . 450XI. Formulierungsbeispiele bei übereinstimmender Erledigungs-

erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453XII. Formulierungsbeispiele bei einseitiger Erledigungserklärung 455

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459

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I. Zitierte Ausbildungsliteratur

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Literaturverzeichnis

I. Zitierte Ausbildungsliteratur

II. ZPO- und BGB-Kommentare

Balzer/Forsen Gutachten und Urteil im Zivilprozess, 8. Aufl. 1997

Baumfalk Die zivilrechtliche Anwaltsklausur im Assessorexamen,5. Aufl. 2007; zitiert: Anwaltsklausur

Baumfalk Die zivilgerichtliche Assessorklausur, Klausur-, Relations- undUrteilstechnik, 14. Aufl. 2008;zitiert: Assessorklausur

Baumfalk Zivilprozess – Stagen und Examen, 10. Aufl. 2009; zitiert:Zivilprozess

Hagendorn/Bansemer/Sander

Die Anwaltsklausur im Zivilrecht, 2. Auflage 2009

Olivet Juristische Arbeitstechnik in der Zivilstation, 4. Aufl. 2010;zitiert: Juristische Arbeitstechnik

Schellhammer Die Arbeitsmethode des Zivilrichters, 16. Aufl. 2009; zitiert:Arbeitsmethode

Schneider, Egon Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994

Schumann/Kramer Die Berufung in Zivilsachen, 7. Aufl. 2007;zitiert: Berufung

Theimer/Theimer Mustertexte zum Zivilprozess, Band I: Erkenntnisverfahrenerster Instanz, 7. Aufl. 2008; zitiert: Mustertexte

Zimmermann Klage, Gutachten und Urteil, 19. Aufl. 2007

Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann

ZPO, 68. Auflage, 2010

jurisPK-BGB Juris Praxis-Kommentar BGB, 1. Band, 4. Auflage, 2008

MK/Verfasser Münchener Kommentar zum BGB,– Band 1/1, 5. Auflage 2007– Band 2, 5. Auflage 2007– Band 4, 5. Auflage 2009– Band 5, 5. Auflage 2009– Band 6, 5. Auflage 2009

MK-ZPO/Verfasser Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 3. Auflage 2008

Musielak/Verfasser Kommentar zur Zivilprozessordnung, 7. Aufl. 2009

Palandt/Verfasser BGB, 69. Aufl. 2010

Staudinger/Verfasser Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mitEinführungsgesetz und Nebengesetzen, Neubearbeitung 2009

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Literaturverzeichnis

III. Spezielle Fachliteratur

Thomas/Putzo/Verfasser

ZPO, 31. Aufl. 2010

Zöller/Verfasser ZPO, 28. Aufl. 2010

Baumgärtel/Laumen/Prütting

Handbuch der Beweislast, Band I, 3. Auflage 2007,zitiert: Beweislast

Burmann/Heß/Jahnke/Janker

Straßenverkehrsrecht, 11. Auflage, 2010

Grüneberg Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 11. Auflage, 2008

Prölss/Martin/Verfasser

VVG, 28. Auflage, 2010

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I. Lernziel

15

A.Von der Relation zum Urteil1

I. Lernziel

1In den zivilrechtlichen Klausuren des Zweiten juristischen Staatsexamenswird die Tätigkeit des Richters und des Rechtsanwaltes simuliert. Der ange-hende Assessor muss in den Arbeiten seine Berufsfähigkeit2 beweisen. Dabeihat er in seinen Examensklausuren genau das zu leisten, was Richter undAnwalt täglich an Arbeit zu verrichten haben. Beide Berufsstände tragen zurEntscheidungsfindung bei. Der Anwalt, indem er den Tatsachenstoff von sei-nem Mandanten einholt, ihn auf Schlüssigkeit und Erheblichkeit überprüftund ihn dem Gericht unter Beachtung der Zweckmäßigkeitsgesichtspunkteunterbreitet. Das Gericht, indem es den Tatsachenstreit zwischen den Parteienklärt und eine eigenständige Schlüssigkeits- und Erheblichkeitsstudiebetreibt. Am Ende steht die Entscheidung, ein Urteil oder ein Beschluss. DenWeg der Entscheidungsfindung hat schon der Student an der Universität ken-nengelernt, nämlich die Erstellung eines Gutachtens, das die Gedanken- undLösungsschritte bis zur Entscheidungsfindung beschreibt. Im Zweiten Staats-examen kommt in der Zivilrechtsklausur etwas Neues hinzu. Der Bearbeitermuss in der Richterklausur die praktische Entscheidung (Urteil oderBeschluss) präsentieren. In der sog. Anwaltsklausur hat er es dagegen mit derBegutachtung eines Sachverhaltes zu tun, der ihm von seinem Mandantenunterbreitet wird und der ihn neben der rechtlichen Beurteilung auch zu derÜberlegung nötigt, wie er dem Anliegen seiner Partei zum Erfolg verhelfenkann. Am Ende einer solchen Begutachtung kann (nicht zwingend) der vomBearbeiter auszuformulierende anwaltliche Schriftsatz stehen. Das Lernzieldes Referendars ist es, die denkbaren Klausurenkonstellationen zu erarbeitenund zu beherrschen, damit er auf diese Weise seine Berufsfähigkeit nachweist.Das vorliegende Buch unterstützt ihn hierbei in allen Stationen, in denen erschriftliche Arbeiten leisten muss, bis ins Examen.

II. Lernweg

2Wer gute Arbeit leisten will, muss lernen. Das Buch gliedert den Lernvorgangin Lerneinheiten. Die Lerneinheiten sind nach Arbeitsschwerpunkten aufge-teilt. In den Klausuren muss jeder dieser Schwerpunkte beherrscht werden,keiner darf beim Lernen ausgelassen werden. Zu erlernen sind vor allem:

1 Zu organisatorischen und fachlichen Fragen während der Referendarausbildung vgl. Vehslage/Bergmann/Kähler/Zabel, Referendariat und Berufseinstieg, 2. Aufl. 2007; Felser, Das erfolgreicheRechtsreferendariat, 3. Aufl. 2006

2 Riedel, Tendenzen in der Zweiten juristischen Staatsprüfung in NRW, JA 01, 314.

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A. Von der Relation zum Urteil

1. die Arbeit am Sachverhalt,2. die Bearbeitung eines streitigen Sachverhaltes im Gutachten,3. die Arbeitstechnik beim Entscheidungsentwurf,4. die Berücksichtigung besonderer Prozesssituationen,5. die Festlegung einer zweckmäßigen Vorgehensweise durch den Anwalt und6. die Fertigung von Anwaltsschriftsätzen und anwaltlichen Schreiben.

In einem ersten Schritt ist die Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten. DerBearbeiter muss also den Prozessstoff, den er seinem Entscheidungsvorschlagzugrunde legen will, ordnen, auf die wichtigsten Tatsachen kürzen und ineiner Sachverhaltsschilderung (Bericht oder Tatbestand) zusammenfassen.Da in der Praxis der Streit über das Vorliegen einer Tatsache die Regel ist, mussder Bearbeiter der Arbeit am Sachverhalt besondere Aufmerksamkeit zuwen-den.

3 Es folgt die rechtliche Beurteilung des zuvor ausgearbeiteten Sachverhaltes.Dies geschieht in Form eines Gutachtens. Da sich das Gutachten aber regel-mäßig mit einem streitigen Sachverhalt auseinandersetzen muss, gibt esBesonderheiten bei der Begutachtung. In diesem Zusammenhang ist dieBeherrschung der Relationstechnik erforderlich. Daneben ermöglicht das sog.einschichtige Gutachten (Rn. 152) dem Kandidaten, einen Streitstand ohnerelationsmäßigen Aufbau zu bearbeiten.

Das Gutachten muss zu einem Ergebnis kommen. Dieses Ergebnis ist, wennder Sachverhalt zur Entscheidung reif ist, entweder ein Urteil oder einBeschluss. Auf der Grundlage des Gutachtens ist das Urteil oder der Beschlussauszuarbeiten. Erst nach diesem Arbeitsweg kann das am Beginn des Rechts-streits stehende Rechtsbegehren der Partei beschieden werden. Zweckmäßigesanwaltliches Vorgehen und die Fertigung von Anwaltsschriftsätzen undAnwaltsschreiben sind Gegenstand der Anwaltsklausur.

III. Relationstechnik3 – Gutachtentechnik der Praxis

4 Wer zum ersten Mal den Begriff „Relationstechnik“4 liest, hat meist die Sorge,ein strenges Regelwerk erlernen zu müssen, wobei auch noch auf besondereFormen der Darstellung zu achten sei. Grund für diese Besorgnis gibt es nicht.Selbstverständlich gibt es gewisse Formerfordernisse und Sachzwänge (z.B.die Prüfung der Zulässigkeit vor der Begründetheit), sie machen aber nicht das

3 Literatur: Büttner/Prior, Grundfälle zur Relationstechnik, JuS 78, 244ff., 392ff., 543ff., 687ff.,831ff.; 79, 111ff.; Schellhammer, Die Relationstechnik oder: Wie findet und formuliert man dasUrteil im Zivilprozess?, Jura 87, 169ff.; ferner die im Inhaltsverzeichnis aufgeführten Lehrbüchersowie die in das Internet eingestellten Tutorien, z.B. das Tutorial der Universität Saarbrücken(www.jura.uni-sb.de./Methodik/einstieg.htm).

4 Während die Bedeutung der Relationstechnik im älteren Schrifttum durchaus umstritten war (vgl.Grunsky, Wert und Unwert der Relationstechnik, JuS 72, 522, dazu Arndt, JuS 72, 522; Berg, JuS72, 523; Müller, JuS 74, 313; Schmidt, JuS 74, 414; Steiner, JuS 72, 520), besteht heute weitgehendEinigkeit, dass sie hilfreiche Regeln juristischer Prüftechnik aufstellt, OLGR Naumburg 05, 235;Diercks-Harms, JA 07, 285ff. Vgl. auch § 23 IV JAPO.

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III. Relationstechnik – Gutachtentechnik der Praxis

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Wesen der Relationstechnik aus. Die Relationstechnik bietet Hilfe an, damitein komplexer Sachverhalt mit dem geringstmöglichen Aufwand rechtlicherfasst wird. Vor allem aber ist sie eine Methode, einen zwischen den Parteienstreitigen Sachverhalt zu entscheiden. Die Arbeit des Referendars ist vielfäl-tiger und vielschichtiger gegenüber dem, was er als Student zu leisten hatte.Das bewirkt – neben dem häufig verfahrensrechtlichen Einschlag der Aufgabe– vor allem der zwischen den Parteien ausgetragene Tatsachenstreit. Die Rela-tionstechnik hilft dabei, die Begutachtung des Streitpunktes zu bewältigen.Deshalb gilt der Grundsatz:

Die Relationstechnik vermittelt dem Bearbeiter die Methode, einen Rechtsstreit mitzwei widerstreitenden Sachverhalten zu bearbeiten.

5Das an der Universität in Klausuren und Hausarbeiten zu erstattende Gutach-ten setzt sich stets mit einem unstreitigen Sachverhalt auseinander. Diesbedeutet gleichzeitig, dass grundsätzlich nur ein einziger Sachverhalt zubegutachten ist. Die rechtliche Prüfung kann unproblematisch Punkt für Punkterfolgen.

Ein neuer Sachverhalt wird in Klausur und Hausarbeit lediglich über dieFallabwandlung (Fallvariante) eingeführt. Für die Bearbeitung durch den Stu-denten ist das keine schwierige Angelegenheit; er muss sich wiederum nur miteinem einzigen (jetzt geänderten) Sachverhalt auseinandersetzen.

Der Zivilrechtsstreit bringt nun gewissermaßen eine weitere Dimension indie Begutachtung ein. In vielen Fällen streiten die Parteien nämlich darüber,was wirklich geschehen ist. Das hat zur Folge, dass (zumindest teilweise) überzwei unterschiedliche Sachverhalte zu entscheiden ist. Es kommt hinzu, dassletztlich nur ein einziger Sachverhalt maßgeblich sein kann. Das Instrument,das dem Bearbeiter hilft, mit zwei unterschiedlichen Sachverhalten klarzu-kommen, ist die Relationstechnik.

6Das nachfolgende Schaubild 1 macht deutlich, wie sehr sich die Arbeits-weise des Referendars von der eines Studenten an der Universität unterschei-det.

Schaubild 1: Universitätsklausur und praktische Arbeit

I. Aufgabe in der Art einer UniversitätsklausurFall:

B kauft von A auf dem Flohmarkt in Münster eine antike Standuhr zum Preis von 2500 €. Er zahlt500 € an und bittet A, der über einen Transportanhänger verfügt, die Uhr auf dem Güterbahn-hof aufzugeben und an seinen Wohnort in Hamm zu versenden. A geht darauf ein und liefert siebei der Deutschen Bundesbahn aus. Während des Bahntransportes geht die Uhr verloren.

Wie ist die Rechtslage?

Abwandlung: Wie ist die Rechtslage, wenn dem A die Uhr vor Übergabe an die Bahn von demTransportanhänger entwendet wird?

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A. Von der Relation zum Urteil

7 Zur Falllösung: Nach dem Inhalt der Klageschrift steht A der Kaufpreisan-spruch nach § 433 II BGB zu. Gemäß § 326 I 1 BGB entfällt der Zahlungsan-spruch zwar, wenn dem Anspruchsteller die eigene Leistung gemäß § 275 IBGB unmöglich wird. Dem A ist die eigene Leistung aber ausweislich der Kla-geschrift nicht unmöglich geworden. Denn er musste die Sache lediglich derDeutschen Bahn übergeben. Das ist geschehen, mit der Übergabe der Uhr andie Deutsche Bahn hat A seine Leistungspflicht erfüllt (§ 362 I BGB). Verlorengegangen ist die Uhr erst nach dem Gefahrübergang (§ 446 I BGB). Nach demInhalt der Klageerwiderung ist dagegen die Uhr vor der Aufgabe bei der Deut-schen Bahn und damit vor dem Gefahrübergang durch ein Verschulden des Aabhanden gekommen. In der Klausur kommt es also auf die Frage an, ob derVerlust der Uhr vor oder nach der Aufgabe bei der Bahn eingetreten ist. Das isteine Tatsachenfrage. Sie wird durch Beweiserhebung geklärt oder nachBeweislastgrundsätzen entschieden.

IV. Der Einsatz der Relationstechnik in der Praxis

8 Die Entscheidungsfindung ist der Gedankenweg, den der Richter bis zumErlass des Urteils oder des Beschlusses durchlaufen muss. Den Gedankenwegabsolviert er durch Begutachtung des Falles. Auch wenn seine Aufgabe derErlass eines Urteils in seiner knappen und apodiktischen Form ist, bleibt esihm doch nicht erspart, zuvor ein Gutachten zu erstellen (das die Parteiendann gar nicht zu Gesicht bekommen).

Auch der Anwalt muss relationstechnisch vorgehen. Das liegt daran, dass erebenso wie der Richter an der Entscheidungsfindung beteiligt ist und deshalbdie Erfolgsaussichten für den Mandanten und seinen Gegner genau überprü-fen muss. Der Anwalt ist wie der Richter Rechtspflegeorgan und wirkt in dieserEigenschaft an der Rechtsfindung mit (vgl. § 1 BRAO, § 3 Abs. 1 BRAO, § 1Abs. 3 BORA).

II. Schriftwechsel im Zivilprozess

Klageschrift

Ich habe dem B auf dem Flohmarkt in Münstereine antike Standuhr zum Preis von 2500 €

verkauft. B zahlte an Ort und Stelle 500 € an.Den Rest wollte er mir von seinem Wohnort inHamm aus überweisen. Da er nicht wusste, wieer die Standuhr nach Hamm bekam, bat ermich, die Uhr mit meinem Transportanhängerzum Güterbahnhof zu fahren und sie dort auf-zugeben. Das habe ich ordnungsgemäß getan.Es ist nicht meine Schuld, dass die Uhr nachAuskunft der Deutschen Bahn beim Transportverloren gegangen ist. B schuldet mir den Rest-kaufpreis von 2000 €.

Klageerwiderung

Ich schulde dem A nichts. Dieser hat mir viel-mehr die geleistete Anzahlung von 500 € zu-rückzuerstatten. Die Angaben zum Kauf derStanduhr treffen zu. Nicht richtig ist jedoch,dass die Uhr während des Bahntransportes ver-loren gegangen ist. Von dem Gehilfen des Ahabe ich gehört, dass die Uhr dem A vor derÜbergabe an die Bahn von dem Transportan-hänger entwendet worden ist. Er hat den An-hänger längere Zeit unbewacht auf offenerStraße stehen lassen.

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IV. Der Einsatz der Relationstechnik in der Praxis

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1. Die relationstechnische Arbeit des Richters

9Der Amtsrichter durchdenkt den Vorgang oft nur gutachtenmäßig, ohne seineBegutachtung zu Papier zu bringen. Der Berichterstatter der Zivilkammer oderdes Zivilsenats legt sein Gutachten den Kammer- beziehungsweise Senatsmit-gliedern regelmäßig in Form eines schriftlichen Votums vor oder trägt münd-lich aus dem von ihm erstatteten Votum vor, das dann Gegenstand und Grund-lage der Beratung ist.

10

2. Die relationstechnische Arbeit des Rechtsanwaltes

11Die Relationstechnik (insbesondere die Technik des Untersuchens streitigerSachverhalte) ist eine Technik, die auch für die Arbeitsweise des Rechtsan-waltes als Prozessvertreters der Partei gilt. Sie ist für ein erfolgreiches Arbeitenunbedingt zu beachten. In der Sache ist sie nicht weniger aufwendig als dierichterliche Tätigkeit der Entscheidungsfindung.

Schaubild 2: Wie verläuft die Entscheidungsfindung?

Der Weg zum Urteil

Amtsrichter/Einzelrichter

Kollegium (Zivilkammer,Zivilsenat)

Referendar

RelationsmäßigesDurchdenken

Votum desBerichterstatters

oder oder

VotumRelation des

Berichterstatters

Relation(Vorschlag, Sachbericht,

Gutachten)

oder

RelationBeratung der Kammer,

des Senats

Falllösung durch Urteil oder Beschluss

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A. Von der Relation zum Urteil

12 Der Rechtsanwalt hat das Erforderliche zu tun; aus dem Grundsatz der Erfor-derlichkeit folgt:1. eine strenge Schlüssigkeitsprüfung des Klagevorbringens,2. eine strenge Erheblichkeitsprüfung des Verteidigungsvorbringens.

Schon im ersten Mandantengespräch5 hat der Rechtsanwalt des Klägers eineüberschlägige Schlüssigkeitsprüfung zu machen. Hierbei hat er sich zunächstzu überlegen, ob der Mandant nicht mit einem „schnelleren Rechtsmittel“(Arrest, einstweilige Verfügung) zum Zuge kommt.6 Eine gründliche Schlüs-sigkeitsprüfung muss dann vor Klageerhebung stattfinden. Denn eine Klage-schrift darf er aus Haftungsgründen nur einreichen, wenn das Mandantenvor-bringen das Klagebegehren rechtfertigt. Wer als Anwalt leichtfertig eine Klagemit unschlüssigem Klagevorbringen einreicht, macht sich regresspflichtig.

Der Rechtsanwalt des Beklagten muss prüfen, ob das Vorbringen seinesMandanten den Klageabweisungsantrag zu stützen vermag. Dies nennt manErheblichkeitsprüfung. Auch hier ist Sorgfalt geboten. Wer zu Unrecht einAnerkenntnis oder die Rücknahme von Einspruch und Berufung empfiehlt,weil er für die Rechtsverteidigung keinen Erfolg sieht, steht hierbei genau soschlecht da wie derjenige, der Kosten durch unnötiges Prozessieren entstehenlässt.

5 Breßler, Cichy: Die Mandantenbesprechung, JuS 06, 975ff.6 OLG Hamm, NJW-RR 92, 1410.

Schaubild 3: Beteiligung des Rechtsanwaltes an der Entscheidungsfindung

Der Weg zum Urteil

Rechtsanwaltdes Klägers

Rechtsanwaltdes Beklagten

Schlüssigkeits-prüfung

Erheblichkeits-prüfung

Klageschrift Klageerwiderung

Weiterer Schriftsatzwechsel der Parteien mit ständig neuer Überprüfung derSchlüssigkeit der Klage und der Erheblichkeit der Rechtsverteidigung

U R T E I L

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V. Die 6 Arbeitsschritte der Relationstechnik

21

Im Übrigen müssen die Anwälte beider Seiten in jedem Stand des Verfah-rens die Schlüssigkeit und Erheblichkeit des Parteivorbringens durchcheckenund auf Veränderungen der Sach- und Rechtslage zum Nachteil der Parteisofort reagieren, ggf. – soweit möglich – durch ergänzendes Vorbringen oderauch durch Änderung der Strategie (vgl. Schaubild 3).

3. Arbeitsweise des Referendars

13Auch der Referendar, der die Aufgabe des Richters oder Anwalts übernimmt,muss also die Relationstechnik beherrschen. Er muss wie der Richter sein rela-tionsmäßiges Gutachten erstatten, um den „Fall“ richtig zu lösen; und er muss(in der Anwaltsklausur) wie ein Anwalt das Vorbringen in den ausgetauschtenSchriftsätzen unter Berücksichtigung der geäußerten oder zu erwartendenRechtsauffassung des Gerichts begutachten, um so für den Mandanten dieoptimale Lösung zu finden.

V. Die 6 Arbeitsschritte der Relationstechnik

1. Aufgabe des Gutachtens

14Das Gutachten soll den geordneten Prozessstoff bewerten und eine dem jewei-ligen Verfahrensstand Rechnung tragende Entscheidung herbeiführen. Es soll:1. den Parteivortrag umfassend berücksichtigen und gleichzeitig Überflüssiges

außer Acht lassen,2. so schnell wie möglich3. und dabei kostensparend (ohne unnötige Beweiserhebung) zu richtigen

Ergebnissen kommen.

2. Die sechs Arbeitsschritte

15Die Entscheidungsfindung vollzieht sich in insgesamt sechs Arbeitsschritten.Die sechs Arbeitsschritte der Relationstechnik sind:1. Arbeitsschritt: Sammeln und Ordnen des Prozessstoffes,2. Arbeitsschritt: Prüfen der Zulässigkeit der Klage,3. Arbeitsschritt: Prüfen der Schlüssigkeit der Klage (Klägerstation),4. Arbeitsschritt: Prüfen der Erheblichkeit der Rechtsverteidigung des

Beklagten (Beklagtenstation),5. Arbeitsschritt: Feststellen der streitigen Tatsachen (Beweisstation),6. Arbeitsschritt: Erarbeiten des Urteilstenors/Beschlusstenors (Tenorie-

rungsstation).

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A. Von der Relation zum Urteil

3. Der Lehrplan

16

17 Im Schaubild 4 ist ein Lehrplan aufgestellt. Er beschreibt und erklärt die ein-zelnen Arbeitsschritte zunächst nur im Richtergutachten. Die Arbeitsschrittegelten sinngemäß für das Anwaltsgutachten, worauf noch einzugehen seinwird (vgl. Rn. 650ff.). Ausgangspunkt ist die Arbeit mit der Akte, Arbeitszielist der Entscheidungsvorschlag.

Begutachtungsgrundlage ist der Prozessstoff. Im ersten Arbeitsschritt ist eraus dem Akteninhalt zu gewinnen. Er ist Gegenstand der Sachverhaltsschil-derung, die dem Gutachten regelmäßig voranzustellen ist. Aus der Sachver-haltsschilderung geht der Tatbestand des Urteils hervor. Im zweiten Arbeits-schritt ist die vorrangige Frage nach der Zulässigkeit der Klage zubeantworten. Dies geschieht in der sog. Prozessstation. Ist die Klage unzuläs-sig, wird sie durch Prozessurteil abgewiesen.

Schaubild 4: Der Lernplan für das Gutachten

Lerneinheit Arbeitsschritt Ergebnis

Lerneinheit 1 1. Arbeit am Sachverhalt(Sammeln und Ordnen)

Der Sachverhalt kann nieder-geschrieben werden (Sachbericht /Tatbestand).

Lerneinheit 2 2. Prüfung der Zulässigkeitder Klage (Zulässigkeits-station)

REL

ATI

ON

STEC

HN

IK

Die unzulässige Klage wird durchProzessurteil abgewiesen(Hilfsgutachten!). Bei zulässigerKlage (Regel) Beginn des nächstenArbeitsschritts.

3. Prüfung der Schlüssigkeitder Klage (Klägerstation)

Die unschlüssige Klage wird durchSachurteil abgewiesen. Bei schlüs-siger Klage Beginn des nächstenArbeitsschritts.

4. Prüfung der Erheblichkeitder Rechtsverteidigung desBeklagten (Beklagtenstation)

Ist die Rechtsverteidigung un-erheblich, ergeht das Sachurteilnach Klageantrag. Ist sie erheblich,muss in der Beweisstation geprüftwerden, ob der Kläger- oder derBeklagtenvortrag gilt.

5. Feststellung der streitigenTatsachen (Beweisstation)

Wenn schon alle Beweise erhobensind, dann kann jetzt festgestelltwerden, welche Tatsachen demUrteil zugrunde zu legen sind.Ansonsten ist der Beweisbeschlussvorzubereiten.

6. Erarbeiten des Urteils-tenors/Beschlusstenors

Jetzt kann Urteil oder Beschlussergehen.

Lerneinheit 3 Abfassung von Urteil oder Beschluss

Lerneinheit 4 Gutachten in besonderen Prozesssituationen

Lerneinheit 5 Sonderfall: Das Anwaltsgutachten

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V. Die 6 Arbeitsschritte der Relationstechnik

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Es folgen die Kernstücke der relationstechnischen Bearbeitung: die Arbeits-schritte drei bis fünf. Im dritten Arbeitsschritt ist die Schlüssigkeit der Klagezu prüfen, wobei das streitige Vorbringen des Klägers als richtig unterstelltwird (Klägerstation). Ist die Klage nach seinem Vorbringen unschlüssig, wirdsie durch Sachurteil abgewiesen. Ist sie schlüssig, wird im vierten Arbeits-schritt untersucht, ob die Rechtsverteidigung des Beklagten erheblich ist,wobei jetzt das streitige Vorbringen des Beklagten als richtig unterstellt wird(Beklagtenstation). Erweist sich die Rechtsverteidigung als unerheblich, mussder Beklagte nach Klageantrag verurteilt werden. Andernfalls ist im fünftenArbeitsschritt abzuklären, ob von der Richtigkeit des Kläger- oder des Beklag-tenvorbringens auszugehen ist (Beweisstation). Schließlich ist im sechstenArbeitsschritt der Entscheidungsvorschlag zu entwickeln. Dies ist je nach Ent-scheidungsreife ein Urteil oder ein Beschluss (z.B. Kostenbeschluss oderBeschluss im einstweiligen Rechtsschutz, unter Umständen Aufklärungs-oder Beweisbeschluss).

4. Vorschlag zum Lernen

18Das Zivilprozessrecht wird zu Beginn des Referendariats erfahrungsgemäßnoch nicht beherrscht. Der Referendar muss sich aber bewusst sein, dass fastjede Klausur nicht nur eine materiellrechtliche Prüfung, sondern auch dieAuseinandersetzung mit Verfahrensfragen verlangt. Klausurrelevante Prozess-situationen muss er beherrschen. Die gängigen Verfahrenssituationen werdenin diesem Buch beschrieben. Man findet sie unter dem Stichwort „BesondereProzesssituationen (Einspruch, Berufung, Widerklage, Hilfsantrag, Aufrech-nung usw.) dargestellt. Es handelt sich um Abwandlungen der allgemeinenVerfahrenssituationen, die einen besonderen Kenntnisstand erfordern und diejetzt noch nicht gelernt werden müssen.

Und noch etwas: Schwerpunkt der Klausur ist auch im 2. Staatsexamen dasmaterielle Recht. Das darf nicht verlernt werden.

Die einseitige Konzentration auf Verfahrensfragen ist zu vermeiden. Im Mittelpunktvieler Klausuren steht das materielle Recht.

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A. Von der Relation zum Urteil

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I. Aufgabenstellung

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B.Klausurtipps1

I. Aufgabenstellung

1. Fundorte der Aufgabenstellung

20Maßgeblich ist der zur Bearbeitung vorgelegte Aufgabentext. Nach Austeilungsollte man den Aufgabentext immer erst auf Vollständigkeit und Lesbarkeitprüfen. Kernpunkte der Aufgabenstellung sind der aufmerksam zu lesendeBearbeitervermerk und die zuletzt gestellten Klageanträge.

21a) Der Bearbeitervermerk gibt darüber Auskunft, welche Arbeitsleistungerwartet wird. Darüber hinaus enthält er Hinweise zur Bearbeitung, die nichtübersehen werden dürfen. Wird die „Begutachtung“ eines Falles verlangt,dann ist das sog. „einschichtige Gutachten“ zu erstellen. Wird dagegen eine„relationsmäßige Begutachtung“ gefordert, muss ein Gutachten im Sinneeiner Relation – also mit allen Stationen – vorgelegt werden. Der Bearbeiter-vermerk stellt regelmäßig auch ausdrücklich klar, ob eine Sachverhaltsschil-derung gewünscht wird. Nichts ist ärgerlicher, als wenn der Sachbearbeiterunnötige Zeit für die nicht zur Aufgabe gehörende Sachverhaltsdarstellungverliert (deshalb besondere Vorsicht bei der Anwaltsklausur, in der oft keineSachverhaltsschilderung nötig ist). Es kann auch sein, dass der Bearbeiterver-merk eine „Entscheidung des Gerichts“ verlangt. Dann ist zu prüfen, ob derEntwurf eines Urteils oder (seltener) eines Beschlusses vorzulegen ist. DasUrteil enthält immer auch einen Tatbestand, der Beschluss in den Gründenimmer auch eine Sachverhaltsschilderung (wenn der Bearbeitervermerk hie-rauf nicht ausdrücklich verzichtet).

22b) Die Arbeit muss sich nach den gestellten (Klage-)Anträgen richten. Hier-bei ist zuerst auf die in einem beigefügten Protokoll der letzten mündlichenVerhandlung gestellten Anträge zu schauen. Es kann nämlich sein, dass einfrüher – z.B. mit der Klageschrift – gestellter Antrag überholt ist. Anträge dür-fen nur ausgelegt und manchmal auch umgedeutet, aber nie verändert wer-den. Der Antrag muss vollständig bearbeitet werden. Zinsen und sonstigeNebenforderungen dürfen nicht übersehen werden.

1 Zur Akten- und Klausurtechnik: Diercks-Harms, Die Anforderungen der Prüfer – Das zweite juris-tische Staatsexamen in der anwaltlichen Prüfung, JA 07, 285ff.; Forster, Fragen der Klausurtech-nik, JuS 92, 234ff.; Kaufmann, Empfehlungen zur Anfertigung von schriftlichen Arbeiten gemäߧ 48 Abs 2 ThürJAPO, ThürVBl 98, 118ff.; Pape, Grundregeln für die systematische Bearbeitungzivilrechtlicher Akten, JuS 93, 758ff.; 848ff.; Proppe, Häufige Fehler in der praktischen häusli-chen Arbeit der zweiten juristischen Staatsprüfung, JA ÜbBlRef 92, 60ff.; 77 ff.; Puhle, DreizehnSchritte zur Klausur, JuS 87, 41ff.; Puhle, Der typische Fehler in der Zivilrechtsarbeit, JuS 89,203ff.; 466ff.; 549ff.; Pukall, Ratschläge für die zivilrechtliche Aufsichtsarbeit in der zweiten ju-ristischen Staatsprüfung, JA ÜbBlRef 88, 49ff.; Pulte/Leyendecker, Zum Umfang der Schlüssig-keitsprüfung im Rahmen einer Relation, JuS 95, 59f.

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B. Klausurtipps

2. Bearbeitungszeitpunkt

23 Das ist der Zeitpunkt, auf den bei der Anfertigung der Arbeit abgestellt werdensoll. Es ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder ein ande-rer im Bearbeitungsvermerk genau angegebener Zeitpunkt.

Eine neue Gesetzeslage, die nach dem Bearbeitungszeitpunkt eingetretenist, darf nicht berücksichtigt werden. Maßgeblich ist die im Zeitpunkt der letz-ten mündlichen Verhandlung geltende Rechtslage. Das bedeutet für den Bear-beiter, dass er auch mal das sog. Übergangsrecht zu prüfen hat (z.B. Art. 229EGBGB oder Art. 1 EGVVG), damit das richtige Recht angewendet wird. ImRegelfall ist gewünscht, dass sich der Bearbeiter mit dem aktuellen Recht aus-einandersetzt.

3. FAQ im Zusammenhang mit der Klausurbearbeitung

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Es lohnt sich fast nie, den Aufsichtführenden im Examen um Erläuterungenzur Klausur zu bitten. Der Aufsichtsführende kennt den Aufgabentext in allerRegel nicht. Bei wirklich gravierenden Fragen müsste er selbst mit dem Lan-desjustizprüfungsamt Rücksprache nehmen. Die meisten Fragen kann sich derKandidat ersparen, er kann sie sich selbst beantworten.

Soll ich die neue oder alte Fassung desGesetzes anwenden?

Anzuwenden ist diejenige Gesetzesfassung, dieim Bearbeitungszeitpunkt gilt. Bearbeitungs-zeitpunkt ist der Zeitpunkt, der im Bearbeiter-vermerk genannt wird, sonst der Zeitpunkt derletzten mündlichen Verhandlung.

Das im Aufgabentext genannte Gesetz giltnicht mehr. Was soll ich machen?

Auch hier gilt, dass die Gesetzeslage im Bear-beitungszeitpunkt maßgeblich ist. Das ist fastnie der Zeitpunkt des Klausurtermins.

Der Klageantrag/Sachverhalt enthält einenSchreibfehler (z.B. Zahlendreher).

Immer erst prüfen, ob wirklich ein Fehler vor-liegt. Im Übrigen gilt: Es ist gar nicht so selten,dass einer der aufgeführten Fehler vorliegt.Vielleicht weist schon die der Klausur zugrundeliegende Originalakte diesen Fehler auf. Han-delt es sich um ganz unbedeutende Textfehler(Schreibfehler, Parteienverwechslung), sollteman darüber hinwegsehen. Andere Fehler sindeventuell in der Sachverhaltsschilderung zukorrigieren. Die Korrektur ist dann in einerFußnote kenntlich zu machen. Ein fehlerhafterKlageantrag muss unter Umständen ausgelegtwerden. Widersprüchlicher Parteienvortrag istzu bewerten.

Im Aufgabentext sind Kläger und Beklagterverwechselt.

Der Klageantrag/Sachverhalt enthält einenlogischen Fehler oder einen Widerspruch.

Die Abfolge der Daten im Aufgabentext kannso nicht stimmen.

Die Zeugen sind ohne Beweisbeschluss ver-nommen worden.

Natürlich sind sie das. Ein Beweisthema enthältder Aufgabentext nur ganz selten. Die streitigerechtserhebliche Tatsache zu ermitteln, istSache des Bearbeiters.

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II. Arbeitsmethode

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II. Arbeitsmethode

1. Grundzüge der Arbeitstechnik

25Es soll eine praktische Arbeit abgeliefert werden. Das erfordert eine gründli-che Arbeit am Sachverhalt und die Erarbeitung einer am Aufgabentext orien-tierten Lösung. Abstrakte, nicht textbezogene Lösungen sind nicht nur uner-wünscht, sondern auch unrichtig. Der Gutachten- und der Urteilsstil (hierzuRn. 154ff.) müssen beherrscht werden.

2. Vom „Lesen“ einer Klausur2

26Es ist nützlich, eine Klausur „lesen“ zu können. Hierbei gilt zunächst:

Alles, was im Aufgabentext steht, ist im Zweifel wichtig.

Der Klausurtext ist regelmäßig eine komprimierte Darstellung des Aktenfalles,die inhaltlich nicht weiter gekürzt werden kann, ohne dass wesentlicheInhalte der Aufgabe verloren gehen. Also darf kein Satz übersehen oder unter-bewertet werden. Mit der Konzeption einer Klausuraufgabe verfolgt der Ver-fasser bestimmte Absichten. Im Regelfall hat er nicht im Sinn, dass der Refe-rendar ein Hilfsgutachten3 erstattet. Zumeist ist das Hilfsgutachten nur eineChance, die dem Bearbeiter geboten wird, damit er seine Arbeit nicht schonnach der Zulässigkeit (wenn die Zulässigkeit verneint wird) oder vor derBeweiswürdigung (wenn eine streitige rechtserhebliche Tatsache verneintwird) abbricht.

27Die Signale, die der Aufgabentext aussendet, müssen verstanden werden.

Beispiel:In der Klageerwiderung heißt es, der Beklagte sehe nicht ein, die Miete zu bezahlen,solange nicht der Kläger die in den Wänden der Wohnung aufsteigende Feuchtigkeitbeseitige. Hier muss der Bearbeiter erkennen, dass der Mieter die Mietzahlung davonabhängig machen will, dass der Kläger die Wohnung zuvor in einen ordnungsgemä-ßen Zustand versetzt. Er muss sich fragen, aus welchem Grund, der Beklagte die Zah-lung zunächst zurückbehalten will, und ist damit auch schon beim richtigen Ansatzangelangt. Der Mieter übt sein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 I BGB aus.

28Gesetzesvorschriften, die im Aufgabentext zitiert werden, dürfen nicht über-gangen werden.

2 Vgl. ausführlich K. Fischer, Vom Lesen einer Zivilrechtsklausur, JuS 03, 375ff.3 Vgl. Schnapp, Wann und warum fertigt man ein Hilfsgutachten?, JuS 98, 420ff. Anders aber in

Bayern, wo im Hilfsgutachten ergänzend die in der Arbeit aufgeworfenen, letztlich aber entschei-dungsunerheblichen Fragen behandelt werden, vgl. z.B. BayVGH v. 05.12.06 – 7 B 05.2683 –. Bei-spiel für ein Hilfsgutachten: Schober, Der adoptierte Erblasser – Fragen der Wirksamkeit eines Tes-taments, JA 04, 473ff.

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B. Klausurtipps

Beispiel:Es geht um einen Verkehrsunfall. Verklagt sind Halter, Fahrer und Haftpflichtversiche-rer. In der Klageschrift wird §115 Nr. 1 VVG (n.F.) erwähnt. Aus dieser Vorschrift ergibtsich, dass der Haftpflichtversicherer als Gesamtschuldner neben dem Halter und demFahrer haftet. Der Verfasser der Klausur war in diesem Fall also besonders entgegen-kommend und hat bereits die Haftungsvorschriften bezüglich des Versicherersgenannt. Es wäre ein Fehler, wenn der Referendar den Faden nicht aufnehmen und aufdie angegebenen Vorschriften nicht mehr eingehen würde, nach dem Motto: „Die ste-hen ja sowieso schon im Aufgabentext drin.“

Heißt es in der Aufgabe, dass sich eine bestimmte Rechtsfrage „aus demGesetz“ ergibt, dann ist es Zeit, nach dem Gesetz zu forschen.

Beispiel:Die Klägerseite führt aus, die beklagte Gemeinde sei schon nach „Recht und Gesetz“für ihre Straßen und Wege verkehrssicherungspflichtig. Dann muss man z.B. § 9 a IStrWG NW prüfen.

29 Ist im Aufgabentext eine Urkunde abgelichtet, dann ist es klar, dass der Bear-beiter „etwas damit anfangen“ muss. In Betracht kommen vor allem die Aus-legung von Vertragstexten, die Überprüfung von AGB auf ihre Wirksamkeitund die Herleitung von Ansprüchen aus dem vorgelegten Vertrag. Zu denkenist auch an die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsur-kunde4.

30 Besonders ergiebig sind die Hinweise in den Bearbeitungsvermerken. Häu-fig wird dort ausgeführt, dass Ansprüche gegen eine bestimmte Person nichtzu untersuchen sind oder dass ein bestimmter rechtlicher Aspekt (z.B. UWG)ungeprüft bleiben soll. Wie ärgerlich für den Referendar, wenn er solche Pas-sagen überliest. Es gibt Bearbeitungsvermerke, in denen der Auszug aus einemKalender abgelichtet ist. Wenn der Referendar dann nicht erkennt, dass er Fris-ten berechnen muss, hat er Wesentliches versäumt.

3. Punktgenaues Arbeiten

31 Der Referendar sollte so schnell wie möglich „auf den Punkt kommen“. Über-flüssiges kann er sich sparen. Einzelne Prozessvoraussetzungen, die unzwei-felhaft vorliegen, muss er nicht ausführlich prüfen. Unwichtiges („die Rechts-widrigkeit wird indiziert“) kann zusammengefasst oder besser noch ganzweggelassen werden.

4. Sorgfältiges Arbeiten

32 Die Aufforderung zum sorgfältigen Arbeiten klingt wie eine Banalität. Unsorg-fältigkeit ist aber eine Hauptfehlerquelle. Vom unsorgfältigen Lesen war schondie Rede (Rn. 30). Nicht selten misslingt eine Arbeit, weil sie einen falschen

4 Vgl. hierzu Elzer, Zur Reichweite der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Ur-kunde, JR 06, 447ff.

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III. Woran man denken sollte

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Ausgangspunkt wählt. Da wird eine streitige Tatsache als unstreitig oder eineunstreitige Tatsache als streitig angesehen. Und das hat schlimme Auswirkun-gen, weil die Arbeit ihre praktische Brauchbarkeit verliert. Ein schlimmererFehler dürfte sich erfahrungsgemäß daraus ergeben, dass ein Prüfpunkt vor-schnell abgehakt wird.

Beispiel:Beim Rücktritt vom Kaufvertrag ist die Frist nach §§ 433, 437 Nr. 1, 323 I BGB zu prü-fen. Der Bearbeiter hält die Frist für gegeben, weil er in einem Schreiben, das zur Klau-suraufgabe gehört, gelesen hat, dass dem Verkäufer eine zweiwöchige Frist zur Rück-zahlung des Kaufpreises gesetzt worden ist. – Wer den Fehler des Bearbeiters nochnicht verstanden hat, muss sich das Beispiel jetzt noch einmal durchlesen.

33Nicht alles, was der Bearbeiter bei seiner Klausurlösung erwägt, muss zuPapier gebracht werden. Aber alles muss vorher vollständig durchdacht sein.Dazu gehört es, dass alle denkbaren Anspruchsgrundlagen geprüft werden(und nicht etwa alle, die dem Bearbeiter gerade einfallen) und dass alleAnspruchsvoraussetzungen sauber auf den Sachverhalt angewendet werden.Lösungen scheitern mitunter daran, dass eine wichtige Anspruchsgrundlagenicht gefunden oder eine Anspruchsvoraussetzung zu schnell bejaht oder ver-neint wurde. Oft wird auch eine Norm zu oberflächlich oder nicht zu Endegelesen, sodass es zu falschen Ergebnissen kommt („Der gute Jurist liest wei-ter.“).

5. Meinungsstreitigkeiten

34Es ist ganz selten erforderlich, dass der Referendar auf ein Stichwort hin seingesamtes rechtliches Wissen ausbreitet. Auf die ausführliche Darstellungeines bekannten Meinungsstreits kommt es nämlich selten an. Muss aber aufeinen Meinungsstreit eingegangen werden, dann ist zu beachten, dass – selbstin Anwaltsklausuren – die Sicht des Richters entscheidet. Der Richter orien-tiert sich aber regelmäßig an der gängigen Rechtsprechung des BGH, wobei ersich dieser Rechtsprechung oft nur unter knapper Hervorhebung der wichtigs-ten Argumente (manchmal auch ohne weitere Begründung) anschließt. EinAbweichen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist durchaus erlaubt,muss dann aber gut begründet werden.

III. Woran man denken sollte

1. Möglichkeiten der Übung

35Das Klausurschreiben lässt sich als ein feststehendes Ritual beschreiben mitbestimmten unveränderlichen Regeln. Solches Ritual lässt sich einüben. Des-halb sollte der Referendar jede Möglichkeit zur Übung ergreifen. Selbstver-ständlich sollte keine der während der Ausbildungszeit angebotenen Übungs-klausuren verpasst werden. Zu empfehlen ist auch die Arbeit zu Hause, dieaber nur dann Erfolg verspricht, wenn das Klausurschreiben dort unter mög-

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B. Klausurtipps

lichst examensähnlichen Umständen geübt wird, also ohne Ablenkung undohne Unterbrechung und unter Beachtung der vorgegebenen Zeit, sonst stelltsich das gewünschte „Zeitgefühl“ nicht ein (Simulation der Examenssituationim häuslichen Bereich). Auch die Arbeit im privaten Arbeitskreis stellt sichschließlich als empfehlenswerte Möglichkeit zur Übung dar.

2. Keine „Schubladen-Lösungen“

36 Es gibt kein Klausurmuster, das sich ständig wiederholt. Wer das erwartet,erkennt nicht, wie der Aufgabentext für eine Aufsichtsarbeit zustande kommt.Man denke daran, dass auf den Aktendeckeln und Aktenvorblättern beimZivilgericht danach gefragt wird, ob die Sache dem Landesjustizprüfungsamtvorzulegen ist5. Das Prüfungsamt prüft dann die ihm vorgelegte Akte auf ihreEignung für Examenszwecke und erarbeitet schließlich aus der Akte einenkomprimierten Aufgabentext. Der Zuschnitt der Klausur orientiert sich also andem lebendigen Sachverhalt, der wiederum zu sich ständig änderndenLösungsmustern führt. Die Examensklausur im Zivilrecht stellt den Referen-dar auf die Probe, ob er in der Lage ist, einen durchschnittlichen Fall aus derRichter- und Anwaltstätigkeit rechtlich einwandfrei und sachgerecht zu lösen.In der Praxis ist aber kein Fall wie der andere. Etwas anderes ist, dass esbestimmte Klausurmodelle wie die Widerklage, den Hilfsantrag, die Erledi-gungserklärung oder die Klagen des 8. Buches (§§ 767, 771 ZPO) gibt. Hier gibtes Schemata, die gekannt und beherrscht werden sollten.

3. Die faire Klausur

37 Wer eine Klausur schreibt, vermutet oft einen besonderen Trick hinter derArbeit, auf den man beim Lösen kommen muss. Diese Vermutung trügt. DerReferendar soll in der Klausur nur nachweisen, dass er in der Lage ist, denpraktischen Standardfall aus Anwalts- oder Richtersicht zu lösen. Der Klau-surverfasser baut keine Fallen auf. Die Klausuraufgabe ist fair gestellt. Dieabzuliefernden Klausuren sind Beweise der Berufstauglichkeit des Bearbeitersund keine Detektivromane mit überraschender Auflösung. Hinweise undZitate sollen Hilfe bieten und nicht verwirren. Gesetzeszitate sollen dem Refe-rendar auf die Sprünge helfen, nicht ihn ablenken. Beweisaufnahmen sollengewürdigt und nicht umgangen werden.6 Aus der Rechtsprechung der Verwal-tungsgerichte lassen sich folgende Merksätze aufstellen:1. Klausuraufgaben sind grundsätzlich neu und bisher noch nicht gestellt

(Ausnahme: Klausurenaustausch der Prüfungsämter innerhalb verwal-tungsinterner Sperrfristen).7

5 Das nennt man auch heute noch manchmal entsprechend einer früheren Übung „H-K-V-Vermerk“oder auch nur „K-V-Vermerk“, wobei H für Hausarbeit, K für Klausur und V für Vortrag steht. InHessen spricht man vom P-K-V-Vermerk. In Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen gibt es sol-che Anfragen nicht.

6 K. Fischer, Vom Lesen einer Zivilrechtsklausur, JuS 03, 375ff.7 Vgl. VG Berlin v. 04.07.08–15 A 221.05.

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III. Woran man denken sollte

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2. Für schwächere Kandidaten: Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz,dass die Prüfer bei einer größeren Anzahl ihnen vorliegender guter oder garsehr guter Klausuren ihre Bewertungsmaßstäbe ändern und nun strengerbewerten.8

3. Das Gebot der Sachlichkeit verpflichtet den Prüfer, darauf zu achten, dass ersachfremde Erwägungen zu unterlassen, die Prüfungsleistung mit innererDistanz und frei von Emotionen zur Kenntnis nimmt sowie dass er sichbemüht, die Darlegungen des Prüflings richtig zu verstehen und auf dessenGedankengänge einzugehen, ferner, gegenüber abweichenden wissen-schaftlichen Auffassungen Toleranz aufzubringen.9

8 Vgl. VG Gelsenkirchen v.23.11.05 – 4 K 3282/03.9 VG Stuttgart v. 12.08.09 – 12 K 4675/08.