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Propriozeptives- oder Sensomotorisches Training?
Nach operativen Eingriffen am Kniegelenk(vor allem der ACL Rekonstruktion)
Gelsenkirchen, 27.03.2009
Propriozeptives- oder Sensomotorisches Training? Gelsenkirchen, 27.03.2009 Holger Just2
Physiologische Aspekte• Zentrum und Peripherie• Die Rezeptoren in der Peripherie• Die Exterorezeptoren (reagieren auf Reize der Umgebung)
Motorisches Lernen• Vom Feed back zum Feed forward
Funktionell physiologische Ausgangspositionen• Statisch stabilisierter Zwei- und Einbeinstand• Dynamisch stabilisierte Zwei- und Einbeinkniebeuge in Anlehnung an die ADL
Konsequenzen für die Therapiepraxis und die Möglichkeiten derObjektivierbarkeit
• Performance – based measurements• Patient – reported measurements
Propriozeptives- oder sensomotorisches Training?
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Zentrum und Peripherie
Für das grundlegende Verständnis, sowie die erforderlichen Konsequenzen für dasprä- und postoperative sensomotorische/ propriozeptive Training, ist es notwendigdie physiologischen Aspekte etwas näher zu beleuchten:
Physiologische Aspekte
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Zentrales System
Die Steuerungsinstanzen auf der zentralen Ebene sind der Thalamus, das Kleinhirnund der Kortex.
Hier werden die Informationen der Rezeptoren aus der Peripherie analysiert,verarbeitet und mit gespeicherten Signalmustern verglichen und koordiniert.
Physiologische Aspekte
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Peripheres System
All zu oft wird der Muskel lediglich als Effektor von Bewegung betrachtet. Er ist jedochmit seinen Rezeptoren gleichzeitig afferentes Informationsorgan.
Optische, akustische und statisch-dynamische Rezeptoren müssen als weitereBestandteile des Systems genannt werden (Weineck 1988).
In der Regel führt eine Deformation der Rezeptoren zu einer afferentenReizansammlung, diese Reize führen in ihrer Gesamtheit zu einer geändertenWahrnehmung der Gelenkstellung (Propriozeption).
Physiologische Aspekte
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Die unterschiedlichen Rezeptoren
• Hautrezeptoren• Rezeptoren der Gelenkkapsel• Muskelrezeptoren
Physiologische Aspekte
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Hautrezeptoren
• Merkel-Zellen Druck- und Berührungsstärke
• Vater-Pacini-Lamellenkörperchen Vibration (max. Empfindlichkeit 300Hz)
• Ruffini-Körperchen Wärme
• Meissner-Tast-Körperchen Druckveränderung bei Berührung
Hautrezeptoren dienen mehr dem Bewegungs- als dem Stellungsgefühl, deshalbspielen sie im propriozeptiven- peripheren System eine untergeordnete Rolle. EineAusnahme stellen die Rezeptoren der Fußsohle dar, sie sind sehr empfindlich undreagieren bereits auf minimale Druckänderungen (ab 300 mg)
Physiologische Aspekte
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Rezeptoren der Gelenkkapsel
• Ruffini-Körperchen• Vater-Pacini-Lamellenkörperchen• Artikuläre Golgi-Sehnenorgane
Ruffini-Körperchen haben eine niedrige Reizschwelle und adaptieren langsaman Reize. Sie haben eine dynamische und eine statische Funktion undregistrieren minimale Druck- und Bewegungsänderungen. ZunehmendeKompression führt zu einem ansteigenden Muskeltonus (höheresSicherheitsgefühl beim Tragen von Tapes und Bandagen).Vater-Pacini-Lamellenkörperchen sind vor allem für die Wahrnehmung derGelenkpartner zueinander verantwortlich, hier vor allem bei Beschleunigungs-und Bremswirkungen. Sie besitzen eine niedrige (dynamische) Reizschwelle undadaptieren schnell.
Physiologische Aspekte
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Die Reizschwelle der Golgi-Sehnenorgane ist hoch und sie adaptierenlangsam. Lokalisation ist im Ursprungs- und Ansatzbereich der Ligamente, sieübermitteln grobe Spannungsänderungen. Trotzdem sind sie bei hoherGeschwindigkeit der afferenten Impulse nicht in der Lage eine ausreichendschnelle Muskelkontraktion hervorzurufen – eine gute Vorspannung derMuskulatur ist dringend erforderlich!Der entscheidende Indikator dafür, dass Schnelligkeit und Koordination eineentscheidende Rolle im muskuloskelettalen System spielen, ist die Tatsache,dass Verletzungen unterhalb von 50 ms (Traumazeit) stattfinden und dieLatenzzeit der Muskulatur bei über 200 ms liegt!
Physiologische Aspekte
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Muskelrezeptoren
• Muskelspindeln• Golgi- Sehnenorgane
Die Muskelspindeln sind verantwortlich für die Regulation des Muskeltonus.Unter den peripheren Rezeptoren sind sie die Einzigen, die neurale Inputs überdie Gammamotoneurone vom ZNS erhalten. Auch geben sie über denDehnungsgrad des Muskels wichtige Informationen über dieGelenkwinkelstellung. Es wird zwischen statischer und dynamischer Efferenzunterschieden. Ein ebenfalls wichtiger Aspekt ist der Dehnungsreflex (Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus), nicht nur wichtig für das plyometrische (bremsend-beschleunigende) Training, sondern auch für Aktivitäten des täglichen Lebens(ADL, z.B.: Treppensteigen)
Physiologische Aspekte
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Die Golgi- Sehnenorgane befinden sich im proximalen Bereich des Sehnen-Muskel Übergangs und melden die muskuläre Spannung. Mittels Kontroll undRekontroll dienen sie der Verfeinerung von muskulärer Bewegung. Am häufigstensind sie zu finden in Muskeln, die der Schwerkraft entgegen wirken: vor allem derunteren Extremität, LWS und Nacken.
Aufgrund des intensiven Zusammenspiels von Rezeptoren, ZNS und Muskeln isteindeutig der Begriff sensomotorisches Training gegenüber propriozeptivemTraining zu bevorzugen.
Physiologische Aspekte
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Nach Leonard 1998
Physiologische Aspekte
CBLM: Coordinations of bilateral limb movements
CST: Tractus corticospinalis
Vibrationstraining kann eine erhöhteAktivität des CPG (central-pattern generator)verursachen und dadurch eine besseremuskuläre Aktivierung erwirken.
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Motorisches Lernen als Basis für die Bewegungssteuerung
Die Aufgabe des Therapeuten sollte nicht sein, dem Patienten das Laufenbeizubringen, sondern ihn auf dem Weg der Wiedererlangung der Adaption derunteren Extremität zu führen (Perfetti 1987).
Motorisches Lernen bedeutet im Allgemeinen, dass aufgrund gemachterErfahrungen (Reize) Verhalten neu moduliert oder kreiert wird (vom feed backzum feed forward).
Als gute Strategie erscheint für das Motorische Lernen das sogenannte part tasklearning (Erlernen der einzelnen Komponenten der Komplexbewegung)gegenüber dem whole task learning (Üben der Gesamtbewegung).
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Nach Bizzini 2000
Motorisches Lernen
Feed back
Im Bewegungsspeicher/motorischesGedächtnis wird die Bewegungmoduliert.
Feed forward
Der Bewegungsauftrag kommt direktaus dem Bewegungsspeicher, da dieBewegung schon bekannt ist.
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• Frühfunktionelles postoperatives Beinachsentraining
Funktionell physiologische Ausgangspositionen
Funktionell physiologische Ausgangsposition
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• Statisch stabilisierter Einbeinstand (one leg stand) in 3-Flex - Stellung
Wichtige Aspekte bei dieser Übung sind:
1. Dreipunkt Fußbelastung2. Physiologische Beinachsenstellung3. Physiologische Rumpfhaltung (Hüftstreckung)4. Üben im Sinne des pressure and release
Funktionell physiologische Ausgangsposition
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• Statisch und dynamisch stabilisierter Zweibeinstand in 3-Flex-Stellung
Funktionell physiologische Ausgangsposition
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• Statisch und dynamisch stabilisierte Zweibeinkniebeuge in 4-Flex-Stellung
Funktionell physiologische Ausgangsposition
Aufgrund der hohen Funktionalität, und derNähe zu alltäglichen Bewegungen, empfehlensich Übungen in abgebildeter Ausgangsposition.Hinzu kommt die erhöhte Aktivität derRezeptoren, vor allem der Muskelspindeln(Kniegelenk in Beugestellung) und derpropriozeptiven Mechanorezeptoren (Merkel-Zellen und Meissner-Tast-Körperchen) imVorfußbereich.Die Übungen werden sowohl statisch als auchdynamisch (Hinsetzen und Aufstehen) geübt.
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• Spezielle sportspezifische Koordinationsübungen
Funktionell physiologische Ausgangsposition
Posturomed
Das Posturomed gilt als Alternative zu demBiodex Stability System, einer Artcomputerisiertem Kreisel. Generell werden beidiesen Geräten die Ausweichbewegungenregistriert und können analysiert undaufbereitet werden. Sowohl Posturomed, alsauch KAT 2000 (Kinesthetic ability trainer) undBSS haben gleichermaßen das Problemvalide, reliable und objektive Daten zu liefern.Unumstritten kann allerdings mit diesenGeräten die Fähigkeit, das Gleichgewicht zufinden, dokumentiert und objektiviert werden.
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Funktionell physiologische Ausgangsposition
• Spezielle sportspezifische Koordinationsübungen
Vibrationstraining
Zusammenfassend kann zu dem ThemaVibrationstraining gesagt werden, dass dieErgebnisse, welche in den Veröffentlichungenbeschrieben werden, sehr uneinheitlich sind.Ein wichtiger Effekt des Vibrationstrainings istdie Stimulation der Hautrezeptoren in derFußsohle (Merkel-, Meissner- undRuffinirezeptoren). Das Ergebnis, wie in einigenStudien beschrieben, ist eine Verbesserungdes posturalen Systems, jedoch nicht derPropriozeption.Auch sind die Aussagen über die Auswirkungenauf eine mögliche Kräftigung der Muskulatureher widersprüchlich. Grundsätzlich wurde dertonic-vibration-reflex (TVR), bei dem eineStimulation der Muskelspindel, die einenmonosynaptischen Reflex auslöst, alsErklärung herangezogen. Je nach Autor undStudie werden Vibrationsfrequenzen von 30-150 Hz appliziert.
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• Spezielle sportspezifische Koordinationsübungen
Funktionell physiologische Ausgangsposition
Zur Vermeidung von Rezidiven ist esdringend erforderlich einen Sportler in derSpätphase der Rehabilitation optimal aufdie bevorstehenden Belastungen vor zubereiten. Hierzu gehören neben Ausdauer ,Beweglichkeit und Kraft vor allemmultidirektionale Koordinationsübungen,wie im Beispiel zu sehen.
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Konsequenzen für die Therapiepraxis undMöglichkeiten der Objektivierbarkeit
• Performance based measurements• Patient - reported measurements
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Konsequenzen für die Therapiepraxis
Nach Bizzini 2000
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Performance based measurements
• Isokinetische Kraftmessung, z.B. Biodex Multi Joint System oder Cybex
6000/Norm
• Koordinationstest, z.B Biodex Stability System, KAT 2000 (Kinesthetic ability
trainer)
• Stabilitätstest, z.B. KT 1000 oder Kneelax 3
• Oneleg hop-Test
• Propriozeptionstest, z.B. JPS-aktive und passive Winkelrepositionsfähigkeit,
TTDPM (Threshold to detection of passive motion), Biodex Multi Joint System
• Koordinations-Schnelligkeitstest (Tapping)
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass alle leistungsgestützten
Messungen nur einen Teil der Gesundheits- und Leistungsfähigkeit des Patienten
darstellen.
Möglichkeiten der Objektivierbarkeit
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OLHT – oneleg hop-Test
Möglichkeiten der Objektivierbarkeit
Standatisiert wird normalerweise keinHöhenrelationssprung durchgeführt, sondernein Weitensprung. Für uns ergibt sich hierbeijedoch der Vorteil, dass über die Messplattesowohl die Sprunghöhe als auch dieBodenkontaktzeit erfasst werden können.Verschiedene Autoren diskutieren denZusammenhang zwischen den isokinetischenKraftwerten und der Sprungweite/-höhe. AußerFrage steht, dass bei diesem Test sowohl dieKraft, als auch die Koordination einenerheblichen Einfluss haben. Dennochunterstützen wir die Einschätzung, dass eseine positive Korrelation gibt zwischen denSprung- und Kraftwerten. Risberg, Holm,Myklebust und Engebretsen berichten in einer2007 veröffentlichten Studie über denpositiven Zusammenhang zwischenneuromuskulärem Training und derVerbesserung der Kraftwerte.
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Performance based measurements
• Isokinetische Kraftmessung, z.B. Biodex Multi Joint System oder Cybex
6000/Norm
• Koordinationstest, z.B Biodex Stability System, KAT 2000 (Kinesthetic ability
trainer), Posturomed
• Stabilitätstest, z.B. KT 1000 oder Kneelax 3
• Oneleg hop-Test
• Propriozeptionstest, z.B. JPS-aktive und passive Winkelrepositionsfähigkeit,
TTDPM (Threshold to detection of passive motion), Biodex Multi Joint System
• Koordinations-Schnelligkeitstest (Tapping)
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass alle leistungsgestützten
Messungen nur einen Teil der Gesundheits- und Leistungsfähigkeit des Patienten
darstellen.
Möglichkeiten der Objektivierbarkeit
Propriozeptives- oder Sensomotorisches Training? Gelsenkirchen, 27.03.2009 Holger Just27
Koordinations-Schnelligkeitstest
Möglichkeiten der Objektivierbarkeit
Bei diesem Test geht es um dieneuromuskuläre Reaktionsbereitschaft,welche vor allem für die Kniefunktion vonSportlern eine hohe Wichtigkeit hat. DerPatient/Sportler führt bei diesem Test denBewegungsablauf in vordefinierterAusgangsposition durch (4-Flex).Die Testdauer wurde von uns auf 6Sekunden festgelegt, basierend auf derTatsache, dass bei längerer Testdauer eineneuronale Ermüdung (Fähigkeit, den Muskelanzusteuern) einsetzt. Bis zu 90 Kontaktesind in 6 Sekunden möglich. Andere Autorenführen diesen Test über 2x20 Sekundendurch (Bizzini 2000).
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Patient based measurements
• SF 36 (Short-Form Health Survey) – Stellt einen allgemeinen Score zur Lebensqualität dar.
• Lysholm score – Am Ehesten als generalisierter Score anzusehen, da dieser für ADL konzipiert
wurde.
• IKDC (International Knee Documentation Committee) – Meist anerkannter Score. Es
werden patienteneigene Daten mit Untersuchungen von Ärzten kombiniert.
• HSS (Hospital Surgery Score) – Wird im Allgemeinen für die Dokumentation bei
Knieendoprothesen eingesetzt.
• KOS (Knee Outcome Survey, modifiziert nach Irrgang 1998) – Ist bei verschiedenen
Indikationen, sowohl für ADL als auch sportlichen Aktivitäten geeignet.
• Cincinnati Knee Score (Noyes 1990) - Ungeeignet für sportlich nicht aktive Menschen,
denn es werden ADL und sportliche Aktivität kombiniert.
Möglichkeiten der Objektivierbarkeit
Propriozeptives- oder Sensomotorisches Training? Gelsenkirchen, 27.03.2009 Holger Just29
Resumée und Ausblick
Bei differenzierter Betrachtung der Literatur und verschiedenerVeröffentlichungen kann man zusammenfassend sagen:
Es existiert bis dato kein einheitliches/standardisiertes Assessment zurErfassung, Diagnostik und Analyse von propriozeptiven/ sensomotorischen/koordinativen Merkmalen. Je nach Autor (Wissenschaftler) werdenverschiedene Tools zu einer individuellen Testbatterie zusammengefügt, vondenen Einzelne durchaus valide und reliabel sind.