prinz und seiler über den tollwurm

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571 , Prinz und Seiler 0her den~Tollwurm. Bei Gelegenheit meiner Beschreibung des Tollwurms der Huntle (S. 172.) erwiihnte ich eines Citates yon Prinz, der in einer mir nicht zugiinglichen Arbeit dieses Gebilde als einen Muskelapparat darg~stellt haben wollte. Hr. Plofessor Zeis in Dresden hat auf diese Bemerkung bin die Freundlichkeit gehabt, mir das Original jener Arbeit (Neue Zeitschr. fiir Natur- nnd Heilkunde. Dresd. u. Leipz. 1830. Bd. L S. 253.) zugehen zu lassen, und ich freue reich um so mehr, ihm dafiir danken zu kiinnen, als in der That die Beschreibung und l)eutung yon Prinz so vortrefflich ist, class sic bei Weitem Alles fibertrifft, was dariiber in der Literatur sonst vorlag. Da, wie ichfriiller zeigte, die Thier/irzte yon Fach his auf den heutigen Tag den Gegenstand nicht riehtig darstellten und. ausser Morga~ni eigentlich nut B aur etwas Zuverl~issiges berichtete, so ist es eine doppelte Ptlicht, Prinz in sein Rech't einzusetzen. l)ieser Beobachter, tier in seiner friiheren Praxis das ,,Tollwurm-Schneidea" selbst geiibt hatte, beschreibt das fragliche Gebilde .sehr genau als bestehend aus einem faserknorpelig aussehenden Theile, der yon queren, ihm zugeh~irigen Muskel- fasern fiberlagert werde. Sehr richtig bemerkt er abet: ,,Trennt man die eigene sehnige Ihut desselben, so sieht man, (lass das weisse Knorpel~hnliche nur ein dichtes Zellgewebe ist, welches selbst bei ausgewachsenen Itunden Fett enth/ilt." (S. 295.) Das lockere Bindegewebe, in welchem die Lyssa eingebettet ist, nennt er eine Scheide, yon .deren oherem Theile ein B/indchen" zn dem K~irper herabtritt, welches deutlich feine Gef/isse (yon der Art. und Vena ltngnalts) und Nerven (yore tlypoyiossns) enth~lt, sieh urn den K6rper herumschl~gt nnd so einen eigen- thfimlichen Ueberzug bildet. An der Spitze hiingt die Lyssa fest mit dera Musculus longitudinalis superior zusammen; nach hinten l/iuft sie in einen langen Faden yon Zellgewebe aus. Nut einmal faad Prinz bei einem 18 Wochen alten Itunde an ihrer Stelle einen einfachen, diinnen Zellgewebsstreifen, ohne dass Spuren einer Operation zugegen waren. Pathologische Veriinderungen sah er ausser HyperSmie bei Congestion oder Entz~indnng der fibrigen Zunge niemals, so dass er Bezie- hungen zur Hundswuth nicht anzugeben yes,nag. Was die Function des Gebildes betrifft, so konnte er bei galvaniseher Reizung Verliingerungen oder Verkiirzungen nicht wahrnehmen; wenn man es bei lebenden Thieren blosslegt and zum Theil hervorzieht, so kr/immt sieh das hintere, heraus- h~ingende Ende bogenf6rmig nach abw/irts. Entfernt man die Lyssa ganz, so fressen und saufen die Thiere w[ihrenr tier ersten Tage nach der Operation nut langsam; sie unterlassen das Lecken und selbst alas Benagen mit den Z/ihnen; auch bringen sie die Zunge seltener zum Vorsehein. Sp/iter gebrauehen sie ihre Zunge wieder recht gut. Prinz schliesst daher, wie auch ich gethan hatte, dass die Muskelfasern wahrscheinlich den spindelf6,~igen K/irper fester und steifer

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Page 1: Prinz und Seiler über den Tollwurm

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Prinz und Se i l e r 0her den~Tollwurm.

Bei Gelegenheit meiner Beschreibung des Tollwurms der Huntle (S. 172.) erwiihnte ich eines Citates yon P r i n z , der in einer mir nicht zugiinglichen Arbeit dieses Gebilde als einen Muskelapparat darg~stellt haben wollte. Hr. Plofessor Zeis in Dresden hat auf diese Bemerkung bin die Freundlichkeit gehabt, mir das Original jener Arbeit (Neue Zeitschr. fiir Natur- nnd Heilkunde. Dresd. u. Leipz. 1830. Bd. L S. 253.) zugehen zu lassen, und ich freue reich um so mehr, ihm dafiir danken zu kiinnen, als in der That die Beschreibung und l)eutung yon P r inz so vortrefflich ist, class sic bei Weitem Alles fibertrifft, was dariiber in der Literatur sonst vorlag. Da, wie ichfriiller zeigte, die Thier/irzte yon Fach his auf den heutigen Tag den Gegenstand nicht riehtig darstellten und. ausser Morga~ni eigentlich nut B aur etwas Zuverl~issiges berichtete, so ist es eine doppelte Ptlicht, Pr inz in sein Rech't einzusetzen.

l)ieser Beobachter, tier in seiner friiheren Praxis das ,,Tollwurm-Schneidea" selbst geiibt hatte, beschreibt das fragliche Gebilde .sehr genau als bestehend aus einem faserknorpelig aussehenden Theile, der yon queren, ihm zugeh~irigen Muskel- fasern fiberlagert werde. Sehr richtig bemerkt er abet: ,,Trennt man die eigene sehnige Ihut desselben, so sieht man, (lass das weisse Knorpel~hnliche nur ein dichtes Zellgewebe ist, welches selbst bei ausgewachsenen Itunden Fett enth/ilt." (S. 295.) Das lockere Bindegewebe, in welchem die Lyssa eingebettet ist, nennt er eine Scheide, yon .deren oherem Theile ein B/indchen" zn dem K~irper herabtritt, welches deutlich feine Gef/isse (yon der Art. und Vena ltngnalts) und Nerven (yore tlypoyiossns) enth~lt, sieh urn den K6rper herumschl~gt nnd so einen eigen- thfimlichen Ueberzug bildet. An der Spitze hiingt die Lyssa fest mit dera Musculus longitudinalis superior zusammen; nach hinten l/iuft sie in einen langen Faden yon Zellgewebe aus. Nut einmal faad P r inz bei einem 18 Wochen alten Itunde an ihrer Stelle einen einfachen, diinnen Zellgewebsstreifen, ohne dass Spuren einer Operation zugegen waren. Pathologische Veriinderungen sah er ausser HyperSmie bei Congestion oder Entz~indnng der fibrigen Zunge niemals, so dass er Bezie- hungen zur Hundswuth nicht anzugeben yes, nag.

Was die Function des Gebildes betrifft, so konnte er bei galvaniseher Reizung Verliingerungen oder Verkiirzungen nicht wahrnehmen; wenn man es bei lebenden Thieren blosslegt and zum Theil hervorzieht, so kr/immt sieh das hintere, heraus- h~ingende Ende bogenf6rmig nach abw/irts. Entfernt man die Lyssa ganz, so fressen und saufen die Thiere w[ihrenr tier ersten Tage nach der Operation nut langsam; sie unterlassen das Lecken und selbst alas Benagen mit den Z/ihnen; auch bringen sie die Zunge seltener zum Vorsehein. Sp/iter gebrauehen sie ihre Zunge wieder recht gut. Pr inz schliesst daher, wie auch ich gethan hatte, dass die Muskelfasern wahrscheinlich den spindelf6,~igen K/irper fester und steifer

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maehen und zu anderen Zeiteu erschlaffen lassen, und dass die Lyssa vorziiglieh die Bestimmung habe, der Zunge bei ihren Bewegungen in gerader Biehtung naeh xor- and rSekw/irts al) feste Stiitze zu dienen~ ohne jedoch bei ihrer Naehgiebig- keit die kramme Italtnng und Fiihrung der Ztmge zu hindern. Ausserdem sei das vordere Ends derselben aueil der Befestigungspunkt des langen Zungenmuskels nnd anterst{itze daher besonders die aufwSrts kr(immende Bewegnng.

Zn dieser, dureh guts Abbildungen erl/iuterten A bhandhmg hat S e l l e r (Eben- daselbst S. ~99.) einen historisehen und vergleiehend-anatomisehen Naehtrag ge- liefert. Bei dem L6wen and der Hauskatze fired er nur sine Spur der Lyssa, jedoeh ohne Muskelfasern, einen einfaehen Ze]lstoffslreifen. Gut entwiekelt ist das Organ dagegen beim Bfren, Fuehse. Scimkal und tmi der Hy/ine, am st/irksten beim l?,/iren. Es steht im Verhiiltniss mit der grSsse des freien Theils der Zunge, nnd seine Muskelfasern sind nul so mebr entwiekelt~ je gr/Jsser der Wm'm selbsl: und die Zunge sind. Se l l e r besehreibt dann die Struetur des Wurmes gleiehfalls sehr genau, glaubt aber sehliesslieh ihn geradezu als einen Muskel beanspruehen zu mfissen, f/Jr den er den Namen M. lhag*~ae html~rlcoli,# in Vorschlag bringt. Beim B/iren sei in der Mitle fast die ganze Substanz des R6rpers muskul6s. Die Bestimmung dieses Muskels sei, die 15ffelfSrmige Gestalt der Zunge bei dem Saufen mitbilden zu helfeu i zugleieh aber aueh, dureh seine diehte, knorpelartige Sehne der langen und diinnen Zunge zur St/itze zu dienen. Alle Thiere, bei denen der

.wnrmf6rmige g6rper vollkmmnen ausgebildet ist, saufen anf eine eigenth/imliehe Art, die sieh dureh einen eigenthiimliehen Ton zu erkennen gebe, was sehon B l u m e n b a e h (Handb. d, vergl. Anat. S. 352.) yon dem Opossum sage, in dessert Znnge er ebenfalls ein Itudiment dee Lyssa gefunden habe.

Das Unn/itze un.d Sch/idliehe des Tolhvm'msehneidens ist naeh Se l l e r in einem griindliehen Gutachten des preussisehen Ober-Collegii Sanitatis ( P y l ' s Re- pertorium f/it die 6ffentliche und gerichtliche Arzneiwissenschaft Bd. VII. S 68.) dargethan worden. It. V,

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CarcinomatOse Geschwulst im CoJT,ts callosum, yon aufserordentlich rascher Entwicklung.

Von Dr . L u d w i g M e y e r , Zweitem hssistenzarzt an der Abtheilung fiir Geisteskranke der Charit6 in Berlin.

Wilhelmine Itergemann~ Nfiherin, 2.8 Jahr Mt, wurdc wegen sines sehon einige Woehen dauernden Weehselfiebers im Elisabettlspitale aufgenommen. Sie hatte daselbst einige Anf~ille naeh dem Tertiantypus; das Fieber kehrte endlieh nach ziemlieh starken Dosen schwefelsauren Chinins nieht wieder; jedoeh blieb die