sonderdruck plus.pdf · silver-oval-kabel von analysis plus vermittelten. silber klingt hell,...
TRANSCRIPT
K A B E L
Es gibt HiFi-Erlebnisse, die wirken ohrenöffnend. Zu den
prägendsten zählt für mich die frühe Begegnung mit Ana-
lysis Plus. Auf der Suche nach besseren Interconnects hat-
te ich schon einige Verbinder ausprobiert, dabei auch die ein oder
andere Veränderung gehört, gewiss auch Verbesserungen. Aber
wenig hatte mich auf jenen Eindruck vorbereitet, wie ihn mir die
Silver-Oval-Kabel von Analysis Plus vermittelten. Silber klingt hell,
dieser Gemeinplatz war auch mir schon zu Ohren gedrungen.
Und so stöpselte ich die optisch zum Understatement neigenden
NFs mit einer gewissen Skepsis ein. Doch klang es weder überhell,
noch vermittelten die Kabel eine analytische Leblosigkeit, die ihr
Name argwöhnen lassen könnte. Stattdessen erfuhr ich zum ersten
Mal in aller Pracht und Klarheit, was es heißt, wenn sich ein Kabel
völlig aus dem Klanggeschehen herausnimmt. Was ja nichts ande-
res heißt, als dass es vom Signal so wenig wie möglich wegnimmt,
dass es die Musik ganz zu ihrem Recht kommen lässt. Die erwar-
tete Brillanz in den Höhen war da, überwältigend klar und ganz
ohne zu nerven, dazu aber noch mehr: Das ganze Frequenzband
öffnete sich, die Mitten leuchteten, insbesondere gewann auch der
Bass, er kam schwärzer, blieb dabei indes höchst konturiert.
Diese Kabel habe ich seither nicht mehr weggegeben. Hatten sie
mir doch schlagend verdeutlicht, wie sehr diejenigen Zeitgenos-
sen, die mitunter noch heute mit den immer gleichen Suaden ge-
gen Goldohren und Kabelklang glaubten polemisieren zu müssen,
auf ihren Ohren saßen. Und dabei ignorierten, dass Raum- und
Luftfahrt, Autoindustrie und Chiphersteller, Marine und Militär
viel Geld in die Optimierung von Übertragungswegen investier-
ten. Die Ingenieure von Analysis Plus zählen, wie auch die von
Nordost oder HMS, zu den Spezialisten, die sich ihre Kompeten-
zen als gestandene Physiker für Hightech-Anwendungen der
Großindustrie erworben haben. Was die Amerikaner aus Michi-
gan unter anderem für NASA, Boeing, Marine, General Motors,
Motorola, Mitsubishi oder Ford über möglichst ver-
lustfreie Kabelwege herausgefunden haben, kommt
nun dem High End zugute.
Als Markenzeichen und Alleinstellungsmerkmal
reklamieren die Spezialisten um den Physiker Mark
Markel die Geometrie ihrer Kabel. Sie haben sich das
Bauprinzip bereits 1999 patentieren lassen. Ihrer
ovalen Form seien die außergewöhnliche Klarheit
und Transparenz zu verdanken. Sowohl die üblichen
runden Leiter als auch rechteckige Querschnitte be-
hinderten nämlich, das habe man in aufwendigen
Tests und Computersimulationen herausgefunden,
den Stromfluss auf klangschädigende Weise.
Auf die physikalische Nachweisbarkeit legen die
Amerikaner großen Wert und veröffentlichen daher
die wissenschaftlichen Grundlagen ihrer Konstruk-
tionen in diversen Whitepapers. Wir alle wissen ja
vom Skin-Effekt: Jeder Strom, der durch einen Lei-
ter fließt, produziert magnetische Felder, die auf
den Stromfluss zurückwirken. Mit steigender Fre-
quenz neigen die Ströme nun dazu, sich nahe der
Leiteroberflächen zu konzentrieren und somit gro-
ße Teile des Kabels ungenutzt zu lassen: je höher die
Frequenz, desto stärker also der Widerstand. Hinzu
kommt ein weiteres Problem, das die Kabelinge-
nieure mit »proximity effect« (»Nachbarschafts-
effekt«) bezeichnen: Im zylindrischen Kabeldesign
mit nebeneinander liegenden Hin- und Rückleitern
ballen sich die Ströme an den benachbarten Leiter-
oberflächen, sie bilden gleichsam Pulks (»current
bunching«) und verschärfen somit das Effizienz-
und Widerstandsproblem. Alles das gibt es nicht,
das haben die Versuche bei Analysis Plus gezeigt,
wenn man eine ovale Kabelgeometrie wählt. Recht-
eckige Leiter umgehen zwar die Skin- und Nachbar-
schaftseffekte. Ihre scharfen Kanten, so heißt es,
produzieren jedoch hohe elektrische Feldwerte, die
sich mit der Zeit schädlich auf das Dielektrikum
auswirken können. Zumal, wenn mechanische Be-
lastungen hinzutreten, auf die solide Leiter deutlich
empfindlicher reagierten als Litzenverbindungen.
Bei Letzteren, so die Entwickler von Analysis Plus,
Analysis Plus geht dem Geheimnis des guten
Klangs streng physikalisch auf den Grund –
und findet es in der Kabelgeometrie.
Test: Kabel-Familie Analysis Plus
Klar oval
bereits! Ob sich mit ihnen, der nächst-
größeren Familie, noch eine Verbesse-
rung erzielen lässt? Zunächst einmal ha-
ben die Silver-Oval-Ins alle Vorzüge ihrer
Verwandten: Sie überzeugen in puncto
Tonalität und Geschwindigkeit nicht
minder als die Kupferkabel. Die ovale
Geometrie erweist sich auch beim Ti-
ming als segensreich: Hier verschmiert
rhythmisch und gerade auch bei dyna-
mischen Attacken nichts. Und jetzt stellt
sich – zunächst mit den NFs und dann
erst recht mit Hinzutritt der Lautspre-
cherkabel – das alte Aha-Erlebnis wieder
ein. Im Vergleich tritt das Klangbild
einen Schritt zurück, öffnet sich die Büh-
ne weiter in die Tiefe und, wenn ich mich
nicht täusche, auch ein wenig in die Brei-
te. Die Höhen klingen jetzt, mit den Sil-
und PS Audios GCC-Endstufe, zunächst
mit den Kupferkabeln: den Solo Crystal
Oval Interconnects sowie dem Lautspre-
cherkabel Oval Nine. Letztere speisen
B&Ws 802, unterstützt von den auf den
Silver-Kabeln basierenden Jumpern von
AP, in Single-Wiring-Konfektionierung.
Es gibt sie aber auch in Bi-Wiring-Aus-
führung. Mein erster Eindruck ist ein
höchst angenehmer:
Neutralität und Stö-
rungsfreiheit. Die Ka-
bel spielen tatsächlich
mucksmäuschenstill,
sie führen vor, was die
gern gebrauchte Rede
vom schwarzen Hin-
tergrund besagen will.
Ich lege gut be-
kannte Aufnahmen
auf und stelle als
Nächstes fest, dass
Stimmen und Klavie-
re, immer heikel zu
reproduzieren, timbral höchst getreu
und ausgewogen wiedergegeben wer-
den. Noriko Ogawas Einspielung von
Debussys Préludes (BIS) zählt zu den
bestaufgenommenen Klavier-CDs, die
ich kenne. Der Steinway ertönt klar und
ohne Schärfen im Diskant, rund und
sonor in den Mitten und im Grundton,
druckvoll und konturiert im Bass.
Mehr Kabel braucht man eigentlich
nicht, wäre man leicht versucht zu be-
finden. Aber ich kenne ja die Silberkabel
K A B E L
wirken sich kleinste Kabelbrüche deut-
lich weniger funktionsstörend aus.
Die Amerikaner verwenden daher ge-
flochtene Leiter. Diese seien aufgrund
ihrer Flexibilität mechanisch und auch
elektrisch zuverlässiger. Statistisch gese-
hen ist in ihnen jeder Draht so dicht am
rückfließenden Strom wie jeder andere.
Beim Verlegen und Anschließen gibt es
mit den APs, anders als mit so manchen
Schläuchen aus Massivleitern, denn
auch keinerlei praktische Probleme.
Ihre ovale Kabelgeometrie erzielen die
verschiedenen Modelle auf mehr oder
weniger gleiche Weise: Um einen form-
stabil ovalen dielektrischen Trägerkern
windet sich das Leitergeflecht, das im
Falle des Oval-Nine-Lautsprecherkabels
und des Solo-Crystal-NFs aus sauerstoff-
freiem monokristallinen Kupfer besteht.
Die Silberkabel verwenden Reinsilber
über einem stabilisierenden Kupfer-
strang. Eine weitere dielektrische Hülle
um die Leiter wird ihrerseits von einem
Mantel umgeben, der Mikrophonie-Ein-
flüsse fernhalten soll. Das Ganze wird
dann von einem Folienschirm und
einem weiteren Kupferschirm umge-
ben. Beim Silver-Oval-In kommt am En-
de noch ein Geflechtschirm hinzu.
Ein Test von zwei Analysis-Plus-Kabel-
familien lieferte nun einen höchst will-
kommenen Anlass, die alte Liebe zu den
NFs zu prüfen und endlich auch ihre
Geschwister und Verwandten kennen-
zulernen. Ich verkabele meine Kette, be-
stehend aus Audio Aeros La Fontaine
Analysis PlusOval
Solo Crystal Oval NF 1m 550 Euro
Silver Oval-In NF 1m 875 Euro
Black Oval Nine LS 3m 648 Euro
dito Bi-Wiring 3m 1.245 Euro
Big Silver Oval LS 3m 1.825 Euro
dito Bi-Wiring 3m 3.600 Euro
Power Oval 2 Netz 1m 410 Euro
Vertrieb HiFi2die4
Austraße 9
73575 Leinzell
Telefon 07175 - 909032
© monomedia Verlag, Schwabstraße 4, D-71106 Magstadt, Telefon 07159 / 949853, Fax 949530, www.monomedia.dehifi & records erscheint viermal jährlich, Jahres-Abonnement Inland v 46, Ausland v 56hifi & records 2/2013
berverbindern, nicht etwa greller oder
gar spitzer, vielmehr wirken sie sogar
eine Idee zurückgenommener und seidi-
ger, im Sinne eines natürlicheren Klangs
insbesondere von Streichern. Vor allem
gibt es noch eine Steigerung in puncto
Ruhe und Atmosphäre. Die räumliche
und atmosphärische Feininformation
einer Live-Aufnahme, die einen den
Raum quasi atmen hören lässt, noch be-
vor der erste Ton erklungen ist, sie wird
von den Silver Ovals noch eine Spur ver-
nehmlicher dargestellt, sie umgibt den
Hörer wie in leibhaftiger Gegenwart.
Und dann ertönt Brittens Passacaglia aus
»Peter Grimes«, in der in diesem Heft be-
sprochenen Aufnahme unter Carlos Kal-
mar (Pentatone), in unverstellter Offen-
heit und tonaler Pracht. Vor allem in
Kombination mit den mir noch neuen
Lautsprecherkabeln ertönt eine Stein-
way-gleiche Einheit von Kraft, Brillanz
und Ausgewogenheit in allen Lagen.
Zu den verblüffendsten Erfahrungen
zählt auch jetzt wieder die mit den Netz-
kabeln. Das mit Wattgate-Steckern kon-
fektionierte Power Oval2 zählt gewiss zu
den anspruchsvollsten auf dem Markt.
Seine 20-Millimeter-Leiter sind von einem
offenen Gewebeschirm umgeben. Die
ovale Kabelgeometrie soll beim Netzkabel
eine besonders niedrige Induktivität er-
zielen, ohne übermäßig dicke und damit
unhandliche Leiter zu verwenden. Niedri-
ge Induktivität und niedriger Widerstand
– das bedeutet, dass auch das Netzkabel
zur »schnellen Sorte« zählt. Und doch ent-
täuscht es zunächst: An der Endstufe ver-
stärkt es zwar die beschriebenen Ein-
drücke noch – so weit allerdings, dass das
Klangbild kippt. Jetzt ist eine metallische
Imprägnierung aller Töne zu vernehmen,
mitunter klingen insbesondere exponier-
te Blechbläser spitz. Davon ist aber rein gar
nichts mehr zu hören, als ich die Netzka-
bel einfach vertausche: Während die End-
Analysis Plus produ-
ziert große Kabel-
kunst auf solidem
physikalischen Fundament. Der mecha-
nische und elektrische Aufwand zahlt
sich hörbar aus. Die Verbinder zeichnen
sich durch Transparenz, Luft, Detail und
originalgetreue Farbigkeit aus. Für Hö-
rer, die Neutralität und hundertprozenti-
ge Klarheit bevorzugen, die jeden Winkel
ihrer Aufnahmen ausgeleuchtet und das
ganze Potential ihrer Geräte genutzt wis-
sen wollen, dürfen sie ideal genannt wer-
den. Bei aller Offenheit spielen sie ohne
Grellheiten, nie trocken oder sezierend,
sondern höchst musikalisch. Sie zählen
daher für meine Ohren mit zur Spitze
des derzeit Möglichen. Uwe Steiner ■
Fazit
stufe das ihr gut vertraute Statement von
PS Audio zurückerhält, teste ich jetzt das
Analysis-Plus-Netzkabel am La Fontaine.
Das Ergebnis wirkt, als hätte man Kom-
ponenten ausgewechselt. Der störende
metallische Einschlag ist zur Gänze ver-
schwunden, stattdessen klingt es nun
rund und sonor, wobei die Durchhör-
barkeit bis ins Letzte gewahrt bleibt. Für
mich bestätigt sich wieder einmal, dass
Netzkabel zu den einflussreichsten Kom-
ponenten zählen. Das Power Oval2 har-
moniert vorzüglich mit Quellen und Vor-
stufen, mit Leistungsverstärkern sollte
man es erst einmal ausprobieren.
K A B E L