pharmazeutische daten und monographie zu methylphenidat · dr. med. hans-dieter hüwer kinder- und...

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Dr. med. Hans-Dieter Hüwer Kinder- und Jugendarzt PRAXIS Pharmazeutische Daten und Monographie zu Methylphenidat * Methylphenidat * Sonstige Bezeichnungen: a-Phenyl-2-piperidinessigsäuremethylester, (RS)-Phenyl-[(RS)-(2)-piperidyl]-essigsäure- methylester, Methyl-2-phenyl-2-(2-piperidyl)acetat. Eigenschaften: Methylphenidat * Summenformel: C 14 H 19 NO 2 M r = 233,31 CAS: 113-45-1 HN: 1219400 Schmelzpunkt: 74 bis 75"C pK a = 8,9; nach anderen Angaben: 9,0. Löslichkeit: löslich in EtOH, Essigsäure- ethylester, Et 2 O; praktisch unlöslich in H 2 O, Petrolether. Methylphenidat*-Hydrochlorid: Summenformel: C 14 H 20 ClN0 2 M r = 269,77 CAS: 298-59-9 Schmelzpunkt.: 224 bis226 °C Löslichkeit: leichtlöslich in H 2 O, MeOH, CHCI 3 (jeweils > 100 g/L), EtOH (25 g/L), löslich in Acetonitril (5,3 g/L), schlecht lös- lich in Aceton (0,9 g/L), praktisch unlöslich in Et 2 O und Petrolether. Analytik: Schnelltest: Methylphenidat bildet mit 1,2- Naphthochinonsulfonsäure einen gelben Komplex; dieser wird mit CHCl 3 extrahiert und photometrisch bei 400 nm quantitativ bestimmt. 1 Dünnschichtchromatographie: Beispiel: Stationäre Phase: Silica Gel G; Mobile Phase: CHCl 3 /MeOH/NH 4 OH (190:10:1); Detektion: Anfärbung nach Dragendorff. 1 Gaschromatographie: Je nach vorliegen- der Matrix (Urin, Plasma) ' wurden ver- schiedene Arbeitstechniken ausgearbei- tet. Bei Nachschaltung eines Massen- spektrometers wird eine Derivatisierung mit Trifluoressigsäureanhydrid vorge- schlagen. 2 HPLC: Stationäre Phase: μ Bondasphere C 18 ; mobile Phase: MeCN/MeOH/ 0,01 mol/L H 2 SO 4 (20:20:60); elektrochemische Detektion nach Derivatisierung mittels b- Naphthochinon-4-sulfonat (BNQS); Nach- weisgrenze bei direkter Anwendung (ohne Derivatisierung): 100 ng/ml (Urin) bzw. 50 ng/ml (Plasma). 3 Verwendung: Pharmazie/Medizin. Methylphenidat zeigt ein ähnliches Anwendungsmuster wie Amphetamin (Appetitzügler mit Anwen- dung gegen Fettleibigkeit, Behandlung von Narkolepsie und Behandlung hy- peraktiver Kinder); die mißbräuchliche Einnahme (oft i.v.) ist möglich. Psycho- tonikum, Antihypotonikum. 4, 6 Vorkommen: Inhaltsstoff in Ritalin ® . 1 Synthese: Die 5-Stufensynthese geht von a-Phenyl- 2-pyridin-acetonitril aus. Nach Umwand- lung in das entsprechende Amid wird der Pyridinring hydriert und das Amid in die Carbonsäure überführt. Die a-Phenyl-2- piperidinessigsäure wird in das Säure- chlorid umgewandelt, um anschließend mit MeOH den Ester zu bilden. 1 ' Toxikologische Eigenschaften: Toxikokinetik: Peak-Plasma-Level werden nach ca. 3 Stunden erreicht; Plasmaprotein-Bindung: 15%; sehr großes Verteilungsvolumen (11 bis 33 l). 4 Rasche Umwandlung in Ritalinsäure (a- Phenyl-D-piperidinessigsäure). Ritalinsäure oder 6-Oxyritalinsäure wird über den Urin ausgeschieden (insgesamt 80% der aufgenommenen Menge); nur ca. 1% wird als Methylphenidat * ausge- schieden. 4 Im Urin von Hunden und Rat- ten wurde auch 4-Hydroxyphenyl-2-pipe- Spessartstraße 27 D-63505 Langenselbold Telefon 06184/62002 ˚ Telefax 06184/62003 ´ eMail [email protected] Arbeitsbereich Lernen Verhalten Aufmerksamkeit Verhaltenstherapie nach Dr. Jansen Spessartstraße 25

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Page 1: Pharmazeutische Daten und Monographie zu Methylphenidat · Dr. med. Hans-Dieter Hüwer Kinder- und Jugendarzt PRAXIS Pharmazeutische Daten und Monographie zu Methylphenidat* Methylphenidat*

Dr. med. Hans-Dieter Hüwer Kinder- und Jugendarzt PRAXIS

Pharmazeutische Daten und Monographie zu Methylphenidat* Methylphenidat* Sonstige Bezeichnungen: α-Phenyl-2-piperidinessigsäuremethylester, (RS)-Phenyl-[(RS)-(2)-piperidyl]-essigsäure-

methylester, Methyl-2-phenyl-2-(2-piperidyl)acetat.

Eigenschaften: Methylphenidat* Summenformel: C14H19NO2 Mr = 233,31 CAS: 113-45-1 HN: 1219400 Schmelzpunkt: 74 bis 75"C pKa = 8,9; nach anderen Angaben: 9,0. Löslichkeit: löslich in EtOH, Essigsäure-ethylester, Et2O; praktisch unlöslich in H2O, Petrolether. Methylphenidat*-Hydrochlorid: Summenformel: C14H20ClN02 Mr = 269,77 CAS: 298-59-9 Schmelzpunkt.: 224 bis226 °C Löslichkeit: leichtlöslich in H2O, MeOH, CHCI3 (jeweils > 100 g/L), EtOH (25 g/L), löslich in Acetonitril (5,3 g/L), schlecht lös-lich in Aceton (0,9 g/L), praktisch unlöslich in Et2O und Petrolether.

Analytik: Schnelltest: Methylphenidat bildet mit 1,2-Naphthochinonsulfonsäure einen gelben Komplex; dieser wird mit CHCl3 extrahiert und photometrisch bei 400 nm quantitativ bestimmt. 1 Dünnschichtchromatographie: Beispiel: Stationäre Phase: Silica Gel G; Mobile Phase: CHCl3/MeOH/NH4OH (190:10:1); Detektion: Anfärbung nach Dragendorff. 1 Gaschromatographie: Je nach vorliegen-der Matrix (Urin, Plasma) ' wurden ver-schiedene Arbeitstechniken ausgearbei-

tet. Bei Nachschaltung eines Massen-spektrometers wird eine Derivatisierung mit Trifluoressigsäureanhydrid vorge-schlagen. 2 HPLC: Stationäre Phase: µ Bondasphere C18; mobile Phase: MeCN/MeOH/ 0,01 mol/L H2SO4 (20:20:60); elektrochemische Detektion nach Derivatisierung mittels β-Naphthochinon-4-sulfonat (BNQS); Nach-weisgrenze bei direkter Anwendung (ohne Derivatisierung): 100 ng/ml (Urin) bzw. 50 ng/ml (Plasma). 3

Verwendung: Pharmazie/Medizin. Methylphenidat zeigt ein ähnliches Anwendungsmuster wie Amphetamin (Appetitzügler mit Anwen-dung gegen Fettleibigkeit, Behandlung von Narkolepsie und Behandlung hy-peraktiver Kinder); die mißbräuchliche Einnahme (oft i.v.) ist möglich. Psycho-tonikum, Antihypotonikum. 4, 6

Vorkommen: Inhaltsstoff in Ritalin®. 1

Synthese: Die 5-Stufensynthese geht von α-Phenyl-2-pyridin-acetonitril aus. Nach Umwand-lung in das entsprechende Amid wird der Pyridinring hydriert und das Amid in die Carbonsäure überführt. Die α-Phenyl-2-piperidinessigsäure wird in das Säure-chlorid umgewandelt, um anschließend mit MeOH den Ester zu bilden. 1'

Toxikologische Eigenschaften:

Toxikokinetik: Peak-Plasma-Level werden nach ca. 3 Stunden erreicht; Plasmaprotein-Bindung: 15%; sehr großes Verteilungsvolumen (11 bis 33 l). 4 Rasche Umwandlung in Ritalinsäure (α-Phenyl-D-piperidinessigsäure). Ritalinsäure oder 6-Oxyritalinsäure wird über den Urin ausgeschieden (insgesamt 80% der aufgenommenen Menge); nur ca. 1% wird als Methylphenidat* ausge-schieden. 4 Im Urin von Hunden und Rat-ten wurde auch 4-Hydroxyphenyl-2-pipe-

� Spessartstraße 27 D-63505 Langenselbold ℡ Telefon 06184/62002 Ê Telefax 06184/62003 Â eMail [email protected]

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ridinessigsäure und sein Methylester ge-funden. 5

Wirkungsmechanismus: Sympathikomimetikum das gegen Hypo-tonie eingesetzt wird und dabei als effek-tiver und weniger gefährlich als andere Amphetamine eingestuft wird. Bei Kindern wird im Gegensatz zu Erwachsenen keine Stimmungsanhebung und Euphorie beob-achtet; dies erfolgt auch nicht zu Beginn einer Therapie. 4, 6

Akute Toxizität: Eine i.v. Applikation von 110 zerstoßenen Ritalin®-Tabletten führte zu Tachypnoe, Hypotonie, metabolischer Azidose und ei-nem niedrigeren cardiac output. 7 Nach i.v. Anw.: Rhabdomyolyse mit Myo-globinurie, Hyperpyrexie, intravaskulären Koagulationen, Azotämie. 4 Therapeutische Dosen an Methylphenidat* werden als hepatotoxisch angesehen. 4 Verschiedenste Arten von Muskelzuckun-gen (Augenlid, Kiefer) treten als mögliche Folge einer dopaminergen Wirkung auf (Haloperidol* beseitigt diese Symptome). 8

Toxikologische Daten: LD50 (Maus, p.o.): 190 mg/kg (Hydrochlo-rid) 9; LD50 (Ratte, p.o.): 350 mg/kg (Hydro-chlorid).'

Gesetzliche Bestimmungen, Klassifizierung, Vorschriften: Gesetzliche Bestimmungen: In den USA unterliegt Methylphenidat* der gesetzli-chen Kontrolle. Hersteller/Vertreiber: Sigma Chemie GmbH, Deisenhofen (Hydrochlorid).

Datum der Bekanntmachung der Monographie: 19.12.1991, veröffentlicht im Bundesanzeiger:

Pharmakologische Eigenschaften, Pharmakokinetik, Toxikologie: Methylphenidat* ist ein Psychostimulans, chemisch ein basischer Ester der Phenyl-essigsäure. Das Molekül enthält das Phenyläthylaminskelett, das für die Am-phetamin ähnlichen Wirkungen verant-wortlich gemacht wird. Methylphenidat* wirkt tierexperimentell in-direkt sympathikomimetisch durch Frei-setzung von Noradrenalin aus intraneuro-nalen Speichern adrenerger Neurone und Hemmung der Wiederaufnahme. Dosis-abhängig, d.h. mit steigender Konzentra-tion im Zentralnervensystem (ZNS), setzt

Methylphenidat* auch Dopamin frei und hemmt dessen Wiederaufnahme. Anders als bei Amphetamin setzt Methylphenidat* Katecholamine aus Gewebe mit Reserpin vorbehandelter Tiere nicht frei. So können mittels Methylphenidat* induzierte Stereo-typen durch Reserpin unterbunden wer-den. Zu möglichen Wirkungen auf das Serotoninsystem liegen nur indirekte Messungen vor. Die indirekt sympathiko-mimetische Wirkung des Methylphenidat* kann beim Menschen peripher Blutdruck-anstieg, Pulsfrequenzbeschleunigung und Verminderung des Tonus der Bronchial-muskulatur auslösen. Diese Wirkungen sind in der Regel nicht sehr stark ausge-prägt. Die zentral stimulierende Wirkung äußert sich u.a. in einer Steigerung von Konzentrationsfähigkeit, Leistungs- und Entscheidungsbereitschaft, psychophysi-scher Aktivität sowie in Unterdrückung von Müdigkeit und körperlicher Abge-schlagenheit und in gehobener Stim-mungslage. Die Grenzen des Leistungs-vermögens werden häufig nicht mehr er-kannt; insbesondere bei mißbräuchlicher Anwendung kann es zu einem Zusam-menbruch physiologischer Funktions-systeme kommen, bei Überdosierung bis zum Tode. Methylphenidat* vermindert den Appetit und die Nahrungsaufnahme. Insbeson-dere bei hoher Dosierung kann es zu Körpertemperaturanstieg kommen. Eben-falls bei hoher Dosierung oder längerem Gebrauch werden Verhaltensstereotypien ausgelöst. Die Molekülstruktur des Methylphenidats zeigt zwei Asymmetriezentren und tritt daher in vier Stereoisomeren auf. Die pharmakodynamisch aktive Konfiguration ist die threo-Form. Methylphenidat* wird rasch und vollständig resorbiert und überwindet die Blut-Hirn-Schranke leicht. Bei Erwachsenen wurde nach einer 20-mg-Dosis der Gipfel der Plasmakonzentration nach zwei Stunden erreicht; die Halbwertzeit beträgt zwei bis vier (in einer Studie 2-7) Stunden. Die Metaboliten waren im Verlauf von 72 Stunden ausgeschieden. Bei Kindern mit hyperkinetischen Syndrom (HKS) wurde der Gipfel der Plasmakonzentration nach oraler Gabe von 0,35 mg/kgKG nach 2,5±0,65 Stunden und nach Gabe von 0,65 mg/kgKG in 1,9±0,82 Stunden er-

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reicht. Hier betrugen die Halbwertzeiten 2,5±0,6 bzw. 2,6±0,3 Stunden und die maximalen Plasmakonzentrationen 11,2 ±2,7 ng/ml bzw. 20,2±9,1 ng/ml. Diese Daten wurden mit gewissen Variationen in anderen Untersuchungen bestätigt. Die absolute Bioverfügbarkeit ist niedrig. Sie beträgt zwischen 10% und 50% bei Kindern. Daher ergeben sich beträchtliche inter- und intraindividuelle Variationen der Plasmakonzentration, jedoch ohne prädi-kativen Aussagewert für die therapeuti-sche Wirksamkeit. Die relativ kurze Halb-wertzeit korreliert gut mit der Wirkdauer von 1 bis 4 Stunden. Methylphenidat* wird vornehmlich zu Rita-linsäure abgebaut. Die renale Ausschei-dung von Ritalinsäure erfolgt langsam, so daß eine Akkumulation bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion möglich ist. Da Ritalinsäure geringe oder gar keine pharmakodynamische Aktivität besitzt, spielt dies therapeutisch eine untergeord-nete Rolle, toxikologisch mag dies im Ein-zelfall bedeutsam sein. Ein kleinerer An-teil wird zu p-Hydroxymethylphenidat und der Rest zu Oxyritalinsäure und Oxy-methylphenidat hydroxyliert. Die Substanz wird nahezu vollständig metabolisiert und erscheint im Urin unverändert nicht. Diese Reaktion scheint nicht pH-abhängig zu sein.

Klinische Angaben: Anwendungsgebiete: Hyperkinetisches Syndrom des Kindes-alters im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie. Exzessive Schläfrigkeit über Tag bei Nar-kolepsie im Rahmen einer therapeuti-schen Gesamtstrategie.

Gegenanzeigen: Methylphenidat* ist absolut kontraindiziert bei endogener Depression, Angsterkran-kungen, Magersucht, Gilles-de-la-Tourette-Syndrom bei Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises sowie bei mittelschweren und schwerem Bluthoch-druck, bei arterielle Verschlußkrankheit und schwerer Angina pectoris, tachycar-den Arrhythmien und Zustand nach Schlaganfall, ferner bei Schilddrüsen-überfunktion, bei erhöhtem Augeninnen-druck, vergrößerter Prostata mit Rest-harnbildung und bei bekannter Über-empfindlichkeit gegenüber sympathiko-

mimetischen Aminen, während oder in-nerhalb von 14 Tagen nach Einnahme von MAO-Hemmstoffen; bei Patienten mit einer zurückliegenden Drogenabhängig-keit bzw. mit Arzneimittel- oder Alkohol-mißbrauch. Es besteht eine relative Kon-traindikation für Methylphenidat* bei fami-liärem Vorkommen von motorisch-verba-len Tics. Für die Behandlung von Kindern unter sechs Jahren liegen ausreichende klinische Daten nicht vor.

Nebenwirkungen: Als häufige Nebenwirkungen treten auf: Schlaflosigkeit, Inappetenz und Magen-beschwerden. Diese unerwünschten Wir-kungen klingen mit steigender Therapie-dauer meist ab. Darüber hinaus werden folgende Neben-wirkungen beobachtet: Bei Kindern (mit hyperkinetischem Syn-drom): Übererregbarkeit, Müdigkeit, Traurigkeit, Ängstlichkeit, Weinerlichkeit, Kopf-schmerzen, Schwindel, Gewichtsverlust, Mundtrockenheit, Durchfall und Verstop-fung: in Einzelfällen psychotische Reak-tionen (speziell paranoid-halluzinatori-scher Art) sowie Auslösung von Tics und Verhaltensstereotypien, orofazialen Dys-kinesien, ferner Hypersensitivitätsphäno-mene wie Konjunktivitis, Kribbelgefühl, Hautausschläge, angioneurotische Öde-me und Urtikaria, Arthralgien und Throm-bozytopenie. Bei Erwachsenen (mit Narkolepsie): Häufig: Kopfschmerzen, Konzentrations-mangel, Geräuschempfindlichkeit, Mund-trockenheit, Herzjagen, Herzklopfen, pekt-anginöse Beschwerden, ventrikuläre Rhythmusstörungen, Schwitzen. Gele-gentlich: Unruhe, Übererregbarkeit, Ag-gressivität, Verfolgungsideen, Angst, Stomatitis und Überempfindlichkeitsreak-tionen. Selten oder vereinzelt: psychotische Re-aktionen speziell paranoid-halluzinatori-scher Art, vermehrtes Träumen. Methylphenidat* kann die Krampfbereit-schaft erhöhen. Beim plötzlichen Abset-zen können Rebound-Phänomene in Form von erhöhtem Schlafbedürfnis, Heißhunger, Dysphorie, Depressionen, psychotischen Reaktionen und Kreislauf-regulationsstörungen auftreten.

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Besondere Vorsichtsmaßnahme für den Gebrauch: Methylphenidat* hat bei nicht bestim-mungsgemäßem Gebrauch ein stark aus-geprägtes psychisches Abhängigkeits-potential. Bei bestimmungsgemäßem Ge-brauch in den zugelassenen Anwen-dungsgebieten ist die Abhängigkeitsge-fahr gering bzw. praktisch nicht vorhan-den. Es muß jedoch die Möglichkeit des Arzneimittelmißbrauchs oder der Drogen-abhängigkeit im Umfeld der Patienten be-rücksichtigt werden. Voraussetzung für die Anwendung ist ein striktes Dosie-rungsregime mit medikationsfreien Inter-vallen bei Kindern z.B. in den Schulferien, bei Narkolepsie-Patienten z.B. arbeits-freien Tagen. Auf diese Weise kann die Gefahr der Toleranzentwicklung beson-ders bei Narkolepsie-Patienten verringert werden. Da in Einzelfällen ausgesprochen individuelles Ansprechen auf ganz spezi-fische zentral stimulierende Substanzen beobachtet wird, sollte bei ausbleibendem oder unbefriedigendem Therapieerfolg (Non-Response) spätestens bei Erreichen der maximalen Tagesdosis, der Wechsel auf ein anderes zentral stimulierendes Medikament erwogen werden. Die Frage der klinischen Relevanz der Verminde-rung des Längenwachstums und der Ge-wichtszunahme bei Kindern ist nicht end-gültig geklärt. Daher sollten ggf. mehrmo-natige Medikationspausen in den Thera-pieplan eingebaut werden und regelmäßig Längen- und Gewichtskontrollen sowie regelmäßig eine strenge Überwachung weiterer Wachstumsphasen durchgeführt werden. Verwendung bei Schwangerschaft und Laktation: Beobachtungen beim Menschen und tierexperiementelle Daten, die eine Risi-koabschätzung ermöglichen würden, lie-gen nicht vor. Daher sollte Methylpheni-dat* während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Zur Frage des Übergangs von Methylphenidat* in die Muttermilch liegt kein adäquates Erkennt-nismaterial vor. Methylphenidat* sollte da-her während der Stillzeit nicht angewen-det werden.

Medikamentöse und sonstige Verbrauchswirkungen: Methylphenidat* kann im Zusammenwir-

ken mit MAO-Hemmstoffen zu adrenergen Krisen führen (s. Kontraindikation), da MAO-Hemmstoffe durch Blockierung der Inaktivierung der Katecholamine den sti-mulierenden Effekt des Methylphenidat* verstärken. Methylphenidat* kann die Wirkung von blutdrucksenkenden Mitteln, insbesondere von Guanethidin, herabsetzen, anderer-seits die initiale sympathikomimetische Aktivität von Guanethidin und Amantadin verstärken. Methylphenidat* beeinträchtigt den Meta-bolismus von Antikoagulanzien des Cumarintyps, von Antikonvulsiva (wie z.B. Phenobarbital, Diphenylhydantoin oder Primidon), von Neuroleptika und trizykli-schen Antidepressiva (insbesondere Imi-pramin und Desipramin) und Phenyl-butazon. Eine entsprechende Reduzie-rung der Dosis dieser Arzneimittel kann daher erforderlich werden. Antazida verschlechtern die Resorption von Methylphenidat* erheblich. Die Bio-verfügbarkeit von Methylphenidat* kann bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme deutlich verschlechtert werden.

Dosierung und Art der Anwendung: Die Dosierung muß aufgrund der erhebli-chen interindividuellen Variabilität der Bio-verfügbarkeit und des Ansprechens auf die Substanz individuell bestimmt werden. Die medikamentöse Therapie mit Methyl-phenidat* sollte mit einer niedrigen Dosis begonnen und in kleinen Stufen gestei-gert werden bis zum Erreichen einer ge-nügend wirksamen Dosis unter Berück-sichtigung sowie Verträglichkeit. Hierbei gilt der Grundsatz, die Dosis so klein wie möglich zu halten. Hyperkinetisches Syndrom im Kindesalter: Der übliche Dosisbereich ist 0,3 bis 1,0 mg/kg Methylphenidat* morgens und mittags, entsprechend einer Tagesge-samtdosis von 0,6 bis 2,0 mg/kg, maximal 60 mg Methylphenidat/Tag. Man startet mit 5 mg morgens, addiert eine zweite mittägliche Dosis, wenn notwendig, und erhöht in wöchentlichen Schritten von 5 bis 10 mg. Der Effekt tritt bei genügend hoher Dosis innerhalb einer Stunde nach Medikation ein. Dadurch ist im Auslaßver-such eine Überprüfung der Notwendigkeit weiterer Therapie möglich. Wegen Beein-

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trächtigung des Nachtschlafes ist die letzte Gabe vor 16.00 Uhr angezeigt. Narkolepsie: Der übliche therapeutische Dosisbereich beträgt 10 bis 65 mg/Tag. Diese Dosen gelten auch für Kinder mit Narkolepsie. Die Patienten müssen angehalten wer-den, einen an allen Tagen gleichen Tag-Nacht-Rhythmus mit festen Zeiten einzu-halten und dahinein die Medikation einzu-passen. Wegen der krankheitsver-schlechternden Wirkung von Nachtschlaf-störungen muß die letzte Dosis vor 16.00 bis 18.00 Uhr eingenommen werden. Bei Toleranzentwicklung ist der Wechsel auf ein anderes Psychostimulanz zu erwägen, bevor die wirksame Dosis exzessiv erhöht wird (Dosen bis 80 mg/Tag können not-wendig werden.)

Hinweise: Die Resorption von Methylphenidat* wird durch Mahlzeiten beeinträchtigt. Daher sollte die Gabe eine Stunde vor oder nach den Mahlzeiten erfolgen. Zur Vermeidung von zu starken anorektischen Effekten (Wachstumsstörungen) wird bei Kindern die Gabe eine Stunde nach den Mahlzei-ten empfohlen.

Überdosierung: Die Zeichen einer Überdosierung ergeben sich prinzipiell aus der Stimulierung des Zentralnervensystems und exzessiver sympathikomimetischer Effekte, insbe-sondere: Erbrechen, Agitiertheit, Tremor, Hyperreflexie, Muskelzuckungen, Krämpfe (ggf. gefolgt von Koma), Euphorie, Ver-wirrtheit, Halluzinationen, Delirium, exzes-sives Schwitzen, Kopfschmerzen, Tachy-kardie, Herzklopfen, Herzarrhythmie, Blut-hochdruck, Mydriasis. Der Patient sollte gegen Selbstverletzung geschützt und gegen externe Reize abgeschirmt wer-den, welche die Übererregung verstärken können. Ein spezifisches Antidot ist nicht vorhan-den. Wenn der Patient bei Bewußtsein und die Symptomatik schwer ist, sollte eine Magenentleerung durch induziertes Erbrechen oder durch Magenspülung er-wogen werden. Diese darf nur erfolgen, wenn vorher eine sorgfältig titrierte Dosis eines Kurzzeitbarbiturates verabreicht wurde. Wegen der kurzen Halbwertzeit ist eine forcierte Entfernung von Methylphe-nidat* aus dem Organismus nicht erfor-

derlich. Atmung und Kreislauf müssen ggf. mit intensivmedizinischen Maßnah-men unterstützt werden; ggf. sind externe Kühlungsmaßnahmen gegen Hyperpyr-exie angezeigt.

Besondere Warnungen: Methylphenidat* besitzt bei nicht bestim-mungsgemäßem Gebrauch ein hohes primäres Abhängigkeitspotential. Es gibt jedoch keinen Hinweis, daß eine – auch jahrelange – Therapie mit Methylphenidat* Abhängigkeit bei Kindern oder eine vor-angehende Therapie im Kindesalter Abu-sus im Jugend- oder Erwachsenenalter begünstigt. Auch bei Patienten mit Nar-kolepsie spielt das Abhängigkeitspotential praktisch keine Rolle. Auswirkungen auf Kraftfahrer und die Bedienung von Ma-schinen. Methylphenidat* kann auch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, daß die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit Alkohol. Narkolepsie-Patienten sind un-behandelt unfähig zum Führen von Kraftfahrzeugen und Bedienen von Ma-schinen. Unter der Behandlung mit Me-thylphenidat* kann das Führen von Kraft-fahrzeugen unter Umständen bedingt möglich sein, wenn bei auftretender Mü-digkeit eine sofortige Unterbrechung der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr gesichert ist und Verkehrssituationen mit hohen Aufmerksamkeitsanforderungen gemieden werden können. 1 Padmanabhan GR (1981). In: „Analytical Profiles of Drug

Substances“ (Florey K; Hrsg.), Vol. 10, Academic Press, New York

2 Lho DS, Shin HS, Kang BK, Prak J (1990) J Anal Toxicol 14:73-7fi

3 Nakahara Y, Takeda Y ( I 988) Chromatographia 26:363-368

4 Ellenhorn MJ, Barceloux DG (1988) Medical Toxicology, Diagnosis and Treatment of Human Poisoning, Elsevier, New York Amsterdam

5 Beyer KH (1990) Biotransformation der Arzneimittel, Springer Verlag, Berlin Heidelberg

6 Osterloh J, Lee BL (198R) Amphetamines, Abused Drugs Monograph Series, Abbott Laboratories, Diagnostics Divi-sion, Irving, Texas

7 Stecyk 0, Loludice TA, Demeters S (1985) Ann Emerg Med 14;597-599

8 R. Golden GS (1977) Ann Neurol 2;69-70 9 Budavari 5, 0'Neil MJ, Smith A, Heckelman PE (l989) The

Merck Index, An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, llth Ed., Merck&Co., Inc., Rahway, N.J.