pakete automatisiert entladen - technische-logistik.net · die richtlinie vdi 2221 ff. [7] bildete...

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60 Hebezeuge Fördermittel 1-2/2018 FORSCHUNG | Fördertechnik Innerhalb eines Forschungsprojekts hat das Institut für Technische Logistik der TU Graz einen sog. „Entlade- teppich“ entwickelt, der die automati- sierte Entladung von Paketen aus Lkw in nur 30 Minuten ermöglichen soll. Das modular aufgebaute System soll ab 2018 die KEP-Dienste wirksam unterstützen. Die Güter-Be- und Entladung von Fahrzeu- gen erweist sich in Logistikketten sehr häu- fig als „Flaschenhals“. An dieser Nahtstelle knüpft die Intralogistik an die urbane Logistik und an die Extralogistik an. In Verbindung mit der ständig wachsenden Anzahl von Sendungen werden in Paketverteilzentren immer größere Durchsätze gefordert [1, 2]. Dies resultiert vor allem aus der deutli- chen Zunahme von Online-Bestellungen, die überwiegend sehr kleine Losgrößen umfas- sen [3]. Vor der Zustellung auf der letzten Meile zum Kunden kommen die gebündel- ten Paketmengen mit Transportfahrzeugen (z. B. Lkw) in die Verteil- und Sortierzentren der Dienstleister. Dort werden die Sendun- gen nach der Entladung und Vereinzelung identifiziert, sortiert und weitergefördert. Ein Engpass innerhalb der Prozesskette ist die Entladung bzw. Vereinzelung der Pakete. Die noch überwiegend manuelle Entladung der Transportfahrzeuge (eine Person benötigt rd. 1 bis 2 h für das Entladen eines Containers) und Aufgabe auf die Sortiertechnik steht im deutlichen Widerspruch zu der verstärkten Automatisierung der weiteren Abläufe. Aber auch in allen anderen Verteilzentren, unab- hängig von ihrer Größe, besteht diese Pro- blematik, da sie sich in den Grundfunktionen (Details s. [4]) ähnelt. Motivation und Problemstellung Aufgrund des aktuellen Trends, die Entla- dung einzelner Pakete durch das sog. „Pulk- handling“ zu ersetzen, wurde vom Institut für Technische Logistik (ITL) der TU Graz mit den Partnern Österreichische Post AG, Wien, und TAGPilot GmbH, Voitsberg, ein Forschungs- projekt durchgeführt, um eine wirtschaftli- che automatisierte Lösung für die Paketent- ladung zu entwickeln, zu bauen und zu testen. Voraussetzung für die Entwicklung eines automatisierten Entladegeräts war die wis- senschaftliche Erarbeitung von Methoden zur virtuellen Beherrschung des physikalischen Verhaltens großer Paketmengen [5]. Verbun- den mit einer konstruktionsmethodischen und damit möglichst lösungsbreiten Vorgehens- weise, wurde ein platzsparendes zweiteiliges Produkt entwickelt, das retrofitgeeignet in alle gängigen Wechselaufbaubrücken (WAB) ein- gebaut werden kann und beliebig an Tore von Verteilzentren anpassbar ist. Vorgehen bei der Produktentwicklung Das komplexe Vorhaben der Entladung großer Paketmengen im Pulk bedarf unterschiedlichster methodischer Ansätze, um das angestrebte Gerät möglichst effizient zu entwickeln und daher mög- lichst viel Entwicklungsarbeit zu virtualisieren. Nur so kann einerseits die Komplexität beherrscht werden und andererseits überhaupt eine mach- bare Lösung gefunden werden. Viele Simulati- onsmethoden für die Entwicklungsarbeit in der Pakete automatisiert entladen Prototyp einer technischen Lösung für KEP-Dienste entwickelt, gebaut und getestet 1. Anforde- rungen und Konzept 2. Optimierung Anpassung 3. Detail- konstruktion 4. Nachweis Funktion und Festigkeit 5. Tests und Versuche Unterstützende Methoden bzw. Methodiken im Produktentwicklungsprozess: DoE: Konstruktion und Simulationseinsatz nach Entwicklungsmethodik VDI 2221 f. [7] Antriebsberechnung und -simulation mit MKS Paketsimulation DEM DoE mit Simulationen DoE am Prüfstand Analyseziele mit DoE: • Vereinzelungsgrad der Güter • Zeitdauer der Entladung • Belastung auf die Güter gezielt veränderbare Einflussgrößen: • Gurtgeschwindigkeit • Anstellwinkel der Bänder • Anordnung flexibler Barrieren nicht gezielt veränder- bare Einflussgrößen: • Gutgrößen • Gutgewichte • Gutbeschaffenheit (Verpackung) 1 Vorgehensweise und Methoden bei der Produktentwicklung sowie DoE-Einflussgrößen auf das System und erwartete Ergebnisse 2 Auswertung der Untersuchungen; a) DEM-Simulation des Entladesystems EAGLE b) Vereinzelungsgrad im Kontrollbereich

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Page 1: Pakete automatisiert entladen - technische-logistik.net · Die Richtlinie VDI 2221 ff. [7] bildete eine Grundlage für die methodische Entwicklung des Entladesystems (Konzept/Entwurf

60 Hebezeuge Fördermittel 1-2/2018

Forschung | Fördertechnik

Innerhalb eines Forschungsprojekts hat das Institut für Technische Logistik der TU Graz einen sog. „Entlade-teppich“ entwickelt, der die automati-sierte Entladung von Paketen aus Lkw in nur 30 Minuten ermöglichen soll. Das modular aufgebaute System soll ab 2018 die KEP-Dienste wirksam unterstützen.

Die Güter-Be- und Entladung von Fahrzeu-gen erweist sich in Logistikketten sehr häu-fig als „Flaschenhals“. An dieser Nahtstelle knüpft die Intralogistik an die urbane Logistik und an die Extralogistik an. In Verbindung mit der ständig wachsenden Anzahl von Sendungen werden in Paketverteilzentren immer größere Durchsätze gefordert [1, 2]. Dies resultiert vor allem aus der deutli-chen Zunahme von Online-Bestellungen, die überwiegend sehr kleine Losgrößen umfas-sen [3]. Vor der Zustellung auf der letzten Meile zum Kunden kommen die gebündel-ten Paketmengen mit Transportfahrzeugen (z. B. Lkw) in die Verteil- und Sortierzentren der Dienstleister. Dort werden die Sendun-gen nach der Entladung und Vereinzelung identifiziert, sortiert und weitergefördert. Ein Engpass innerhalb der Prozesskette ist die Entladung bzw. Vereinzelung der Pakete. Die noch überwiegend manuelle Entladung der Transportfahrzeuge (eine Person benötigt rd. 1 bis 2 h für das Entladen eines Containers) und Aufgabe auf die Sortiertechnik steht im deutlichen Widerspruch zu der verstärkten Automatisierung der weiteren Abläufe. Aber auch in allen anderen Verteilzentren, unab-hängig von ihrer Größe, besteht diese Pro-blematik, da sie sich in den Grundfunktionen (Details s. [4]) ähnelt.

Motivation und Problemstellung

Aufgrund des aktuellen Trends, die Entla-dung einzelner Pakete durch das sog. „Pulk-handling“ zu ersetzen, wurde vom Institut für Technische Logistik (ITL) der TU Graz mit den Partnern Österreichische Post AG, Wien, und TAGPilot GmbH, Voitsberg, ein Forschungs-projekt durchgeführt, um eine wirtschaftli-che automatisierte Lösung für die Paketent-ladung zu entwickeln, zu bauen und zu testen.

Voraussetzung für die Entwicklung eines automatisierten Entladegeräts war die wis-senschaftliche Erarbeitung von Methoden zur virtuellen Beherrschung des physikalischen Verhaltens großer Paketmengen [5]. Verbun-den mit einer konstruktionsmethodischen und damit möglichst lösungsbreiten Vorgehens-weise, wurde ein platzsparendes zweiteiliges Produkt entwickelt, das retrofitgeeignet in alle gängigen Wechselaufbaubrücken (WAB) ein-gebaut werden kann und beliebig an Tore von Verteilzentren anpassbar ist.

Vorgehen bei der Produktentwicklung

Das komplexe Vorhaben der Entladung großer Paketmengen im Pulk bedarf unterschiedlichster methodischer Ansätze, um das angestrebte Gerät möglichst effizient zu entwickeln und daher mög-lichst viel Entwicklungsarbeit zu virtualisieren. Nur so kann einerseits die Komplexität beherrscht werden und andererseits überhaupt eine mach-bare Lösung gefunden werden. Viele Simulati-onsmethoden für die Entwicklungsarbeit in der

Pakete automatisiert entladenPrototyp einer technischen Lösung für KEP-Dienste entwickelt, gebaut und getestet

1. Anforde-rungen und Konzept

2. OptimierungAnpassung

3. Detail-konstruktion

4. NachweisFunktion und Festigkeit

5. Tests undVersuche

Unterstützende Methoden bzw. Methodiken im Produktentwicklungsprozess:

DoE:

Konstruktion und Simulationseinsatz nach Entwicklungsmethodik VDI 2221 f. [7]

Antriebsberechnung und -simulation mit MKS

Paketsimulation DEM

DoE mit Simulationen DoE amPrüfstand

Analyseziele mit DoE:• Vereinzelungsgrad der Güter• Zeitdauer der Entladung• Belastung auf die Güter

gezielt veränderbareEinflussgrößen:• Gurtgeschwindigkeit• Anstellwinkel der Bänder• Anordnung flexibler Barrieren

nicht gezielt veränder-bare Einflussgrößen:• Gutgrößen• Gutgewichte• Gutbeschaffenheit (Verpackung)

1 Vorgehensweise und Methoden bei der Produktentwicklung sowie DoE-Einflussgrößen auf das System und erwartete Ergebnisse

2 Auswertung der Untersuchungen; a) DEM-Simulation des Entladesystems EAGLE b) Vereinzelungsgrad im Kontrollbereich

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Technischen Logistik sind bekannt [6], mit denen in dieser Branche ein virtuelles Engineering gelingt bzw. gelingen kann – ähnlich wie in Branchen, wo dies bereits etabliert ist (z. B. Automotive).

Bild 1 verdeutlicht die Vorgehensweise ent-sprechend den in [6] aufgeführten Ansätzen für die Produktentwicklung in der Technischen Logistik. Durch die Kombination ausgewähl-ter virtueller und physisch-experimenteller Werkzeuge gelang es in kurzer Zeit, den Pro-totyp eines Paketentladers für Labortests zu entwickeln und zu realisieren. Mit einem zielge-richteten Versuchsplan, der den Gedanken des

Design of Experiments (DoE) folgte, konnte die Anzahl der durchzuführenden Versuche, sowohl am Prüfstand als auch virtuell, bei maximaler Aussagegüte minimiert werden.

Der eingesetzte Methodenkanon (Bild 1) enthielt dabei die folgend aufgelisteten und beschriebenen Methoden. Die mechatronisch-steuerungstechnische Entwicklung der vollau-tomatisierten Lösung „EAGLE“ (Entwicklung einer automatischen Güterentladung)1) wurde parallel zur mechanischen Konstruktion betrie-ben und – beginnend mit dem dortigen Schritt 3 (Bild 1) – gestartet.

Methodisches Konstruieren

Die Richtlinie VDI 2221 ff. [7] bildete eine Grundlage für die methodische Entwicklung des Entladesystems (Konzept/Entwurf und Detailkonstruktion). Diese allgemeine Pro- blemlösungsmethodik, die Methoden, Vorge-hensabläufe und Instrumente zum Konstruieren technischer Systeme vorschlägt, hilft bei der Festlegung von Teilfunktionen mit definierten Systemgrenzen und der Identifizierung von Detaillösungen für alle identifizierten Teil-funktionen auf Stoff-, Energie- und Informa-tionsebene (Systematische Lösungssuche über Morphologien und Entscheidungsverfahren). Die Problemstellung „Paketentladung“ wurde dermaßen abstrahiert, dass nach geeigneten allgemeinen Lösungsprinzipien für die Teilfunk-tionen gesucht werden konnte. Kombiniert mit den weiteren Systematisierungen der automa-tisierten Entladung konnte so für das Endgerät modulweise nach geeigneten Lösungsprinzipien gesucht werden. Als Vorgriff lässt sich im Bild 2 bereits die identifizierte Lösung „Bandför-derer“ erkennen, der die Pakete aus der WAB abfördert bzw. diese entlädt.

Methodik zur simulation großer Paketmengen (DEM)

Die am ITL bereits im Vorfeld erarbeitete Wis-sensbasis zur Simulation großer Paketmengen ermöglichte eine höchst effiziente Entwicklung der Pulk-Paketfördertechnik [5, 8]. Dabei wur-den Simulationsmethoden aus verschiedenen Disziplinen untersucht und auf die vorliegende Fragestellung angepasst. Als besonders viel-versprechend stellten sich hierbei Ansätze auf Basis der Diskreten-Elemente-Methode (DEM) heraus und es wurden mit DEM neu-artige Möglichkeiten erarbeitet, Pakete virtuell abzubilden. Besonderer Wert wurde dabei auf die Ermittlung von realistischen Paketparame-tern (Reibungskoeffizienten, Kontaktsteifigkei-ten usw.) durch Versuche mit realen Paketen gelegt. Die größten Vorteile der DEM sind die positive Entwicklung der Simulationszeiten bei steigender Paketanzahl (im Gegensatz zur MKS) und die einfache Einbindung neuer Modellgeometrie. Mit der DEM-Methode lassen sich große Paketmengen und deren Interaktion mit der Fördertechnik zeiteffizient simulieren. Somit kann DEM in frühen Entwicklungsphasen bei der Identifikation von Strategien, die eine Förderung und Vereinzelung von Pakethaufen ermöglichen, verwendet werden. Bild 2 zeigt ein Modell aus der DEM und die Kontrollgröße „Vereinzelungsgrad“, die für das DoE am aussa-gekräftigsten war. Die DEM bot auch die Mög-

3 Ergebnisse des Projekts; oben: Entladegerät mit stationärer und mobiler Einheit mitte: Entladevorgang im Grundriss nach bestimmten Zeiten: a) 0 s, b) 7 s, c) 200 s unten: Abförderung des Paketstroms aus der WAB

1) Der Dank für die Förderung geht an das öster- reichische Bundesministerium für Verkehr, Inno- vation und Technologie (bmvit) mit der FTI-Initia-tive „Mobilität der Zukunft“. Abwicklung des Vorhabens durch die Österreichische Forschungs-förderungsgesellschaft (FFG) unter der Projekt-nummer 850326 und dem Akronym „EAGLE“.

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Forschung | Fördertechnik

lichkeit der Bestimmung von Belastungen auf die einzelnen Stückgüter, was schon im frühen Entwicklungsstadium das Risiko von Güterbe-schädigungen bei einer bestimmten techni-schen Lösung kalkulierbar machte.

Des Weiteren ist DEM auch ein wichtiges Werk-zeug bei der Geräteoptimierung. Beispielsweise können bestimmte physikalische Parameter (z.B. Gurtgeschwindigkeiten) bzw. Geometrieparame-ter durch Simulationen aufeinander abgestimmt werden. Die Anzahl nötiger Versuchsstände und Prototypen kann somit auf ein Minimum reduziert werden. Auf diese Weise sind kundenspezifische Anforderungen mit relativ geringem Entwick-lungsaufwand erfüllbar. Ohne einen derartigen Simulationseinsatz ist eine Entwicklung von Geräten, die Güter im Pulk manipulieren, nicht wirtschaftlich sinnvoll möglich.

Mehrkörpersimulation (MKs) und Finite-Elemente-Methode (FEM)

Weitere Methoden, wie die Mehrkörpersimu-lation (MKS) und die Finite-Elemente-Methode (FEM), wurden zum Nachweis von Funktion, Betriebsverhalten und Festigkeit eingesetzt. Diese CAE-Methoden sicherten ebenso wie die DEM einen kontrollierten und zügigen Projekt-ablauf. Vorteile durch den Einsatz von MKS und FEM in diesem Projekt ergaben sich wie folgt: ❙ Schadensmechanismen/kritische Bauteil-bereiche wurden frühzeitig erkennbar.

❙ Analyse von Betriebsfestigkeit und Reso-nanzen wurde ermöglicht.

❙ Gewichtsoptimierung der Bauteile konnte durchgeführt werden (Leichtbau hatte beim mobilen Teil des Systems besondere Relevanz)

❙ Optimierung der Komponenten bei dynami-schen Vorgängen wurde ermöglicht (z. B. die Positionierung der stationären Einheit vor dem Ankoppeln).

statistische Versuchsplanung (Design of Experiments – DoE)

Die DoE [9] wurde als Methode zur effizienten Planung und Auswertung von virtuellen und realen Tests und Versuchen mit dem Entlade-

4 Weiterentwickelter Prototyp des Entladegeräts

system eingesetzt. DoE sollte dabei helfen, mit einer möglichst geringen Anzahl an virtuellen Versuchen am PC und im Labor verschiedenste Effekte auf das System zu erfassen. Hohe Effi-zienz, Stabilität und eine klare Darstellung der Ergebnisse waren die Gründe für den Einsatz dieser Methode. Mit einem zielgerichteten Ver-suchsplan, der den Gedanken des DoE folgte, konnte die Anzahl der durchzuführenden Ver-suche bei maximaler Aussagegüte minimiert werden (Einflussgrößen und Analyseziele des DoE s. Bild 1, unten).

Prototyp: Einsatzerfahrungen und Perspektive

Die in die WAB einbaubare mobile Einheit stellt einen Fördergurt bzw. Bandförderer dar, der als Auflage für die Paketstapel dient. Ausgestattet mit einem Federmotor, liegt der Gurt vor der Beladung der WAB bereits flä-chig ausgebreitet als Unterlage für die Paket- stapel bereit. Zur Entladung (Bild 3, oben) dockt das Transportfahrzeug an die Entladebucht an. Winkelfehler und kleine Abstände werden von der stationären Einheit kompensiert. Diese ver-bindet sich mit dem Gurt der mobilen Einheit und zieht diesen so nach unten weg, dass die Paketstapel auf eine Sequenz von Förder-bändern gelangen, die die Stapel von einem 3D-Pulk in eine 2D-Flächenstruktur vereinzeln. Hier waren die begleitenden Simulationen und wissenschaftlichen Untersuchungen essenti-ell, um geeignete Parameter, wie Bandanzahl, Winkel, Geschwindigkeiten und Reibstruktu-ren, bereits vor der Testung zu identifizieren [5, 8]. Entsprechend den Beförderungsbedin-gungen der KEP-Dienstleister wurde durch die Simulationen auch schon vor Versuchsbeginn sichergestellt, dass kein Paket zu große Fall-höhen und damit Kräfte ertragen muss, um Beschädigungen auszuschließen. Mit dem Entladesystem können Güter des automatisch sortierbaren Gutspektrums entladen werden; verbleibende Güter (z. B. Sperrgut) werden üblicherweise ohnehin vorsortiert und/oder gesondert befördert.

Der mit dem Prototyp (Bild 3, mitte und unten) bearbeitbare Volumenstrom eines

Testpaketspektrums der Österreichischen Post AG liegt derzeit bei mehr als 3.000 Paketen/h, was einer Reduktion der gesamten Entladedauer – vom Andocken bis zur Abfahrt des Lkw/WAB – im Vergleich zur manuellen Entladung auf die Hälfte entspricht. Nicht nur physiologisch anstrengende und zeitintensive Arbeit kann somit automatisiert werden, son-dern ein Zusatznutzen ergibt sich vor allem auch aus der kürzeren (teuren) Standzeit der Transportfahrzeuge an der Entladebucht. Hin-sichtlich der Investitionskosten wurde bei der Konzeption des Entladesystems eine kurze Amortisationsdauer angestrebt, wobei vor allem eine kostengünstige Gestaltung des im Transportfahrzeug befindlichen Systems gewählt wurde.Aufbauend auf den vielversprechenden Tester-gebnissen, ging aus dem Projekt das Start-up PHS Logistiktechnik hervor, das künftig ein kommerzielles Produkt für den KEP-Markt anbieten wird. Der Weiterentwicklung zur Seri-enreife folgt eine Pilotphase bei der Österrei-chischen Post AG, in der das Entladesystem (Bild 4) in Feldversuchen getestet und opti-miert wird. Die Markteinführung ist noch für 2018 geplant.

Literatur[1] BIEK: KEP-Studie 2014, KE-CONSULT

Kurte & Esser GbR, Köln 2014.[2] A. T. Kearney: KEP-Markt-Studie 2011.

Düsseldorf: A. T. Kearney GmbH 2011.[3] Global E-Tailing 2025; Szenariostudie;

Deutsche Post AG, Konzernzentrale, 2014.[4] Jodin, D.; ten Hompel. M.: Sortier- und

Verteilsysteme - Grundlagen, Aufbau, Berechnung und Realisierung. Berlin u.a.: Springer 2012

[5] Fritz, M.: Beitrag zur Simulation des Bewegungsverhaltens von Stückgütern im Pulk im Kontext der Vereinzelung. TU Graz, Dissertation 2016.

[6] Landschützer, C.: Methoden und Beispiele für das Engineering in der Technischen Logistik. TU Graz, Habilitationsschrift 2016 (ebook-DOI: 10.3217/978-3-85125-575-1).

[7] VDI-Richtlinie 2221 - Methodik zum Entwi-ckeln und Konstruieren technischer Systeme und Produkte. Berlin: Beuth-Verlag GmbH 1993.

[8] Fritz, M.; Wolfschluckner, A.; Jodin. D.: Simulation von Paketen im Pulk. Logistics Journal, 2013.

[9] Antony, J.: Design of Experiments for Engineers and Scientists. Oxford u.a.: Butterworth-Heinemann 2003.

Assoc. Prof. DI Dr. techn. Christian Landschützer,

wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technische Logistik der

Technischen Universität Graz

DI Dr. techn. Matthias Fritz, Geschäftsführer der PHS Logistiktechnik

GmbH in Graz

DI Dr. techn. Andreas Wolfschluckner, Geschäftsführer der PHS Logistiktechnik

GmbH in Graz