optische untersuchungen am ganzfeld

24
(Aus dem Psyehologischen Institut der Universit~t Berlin.) Optische Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung: Zur Phiinomenologie des homogenen Ganzfehls. Von Wolfgang Metzger. 1. Die ,,Erscheinungsweise". Das Ganzfeld erscheint bei unserer Anordnung in der helleren Hiilfte des Beleuchtungsbereiches gewOhnlich als senkrechte feste Wand, also als ebene Ober/ldche, bei schwiicherer Beleuchtung als leieht konkaves fl~chenfarbiges Gebilde und schlieBlich als Nebel. Es wird also meist nicht blof~es Lieht, sondern eine beleuchtete Fldche gesehen, bei einer bestimmten ph~nomenalen Raumhelligkeit. Objekt- farbe und Beleuchtung sind aber nicht so klar getrennt wie bei der Betraehtung des yon Dingen erfiillten Raumes. Bei verschiedenen Be. leuchtungsst~rken sieht man nicht immer einfaeh dieselbe unveri~nderte Objektfarbe Weif~ in verschiedener Beleuchtung 1, abet aueh nicht etwa immer blol] Veri~nderung der Objektfarbe. Beides/~ndert sich, abet nieht genau parallel, und es ist sehr schwer, im einzelnen Fall fiber die Kom- ponenten getrennte Aussagen zu machen. Das Feld ist unter den normalen Beobachtungsbedingungeu unserer Versuche gut homogen, besonders bei mittlerer und schwacher Beleuch- tung. Manchmal, bisweilen spontan, namentlich aber, wenn man die Aufmerksamkeit darauf richter, wenn malt feststellen will, ol) ein be- stimmter Tell des Feldes wirklich ganz homogen ist, kann man so gut wie alle subjektiven Erscheinungen zu Gesicht bekommen, die vom Augengrau her bekannt sind. Ausgedehnte ziehende wolkenhafte Gebilde und bewegliche leuchtende Punkte werden gesehen, auch all- m/ihliche, manehmal periodische Ver~nderungen der Gesamthelligkeit, 1 Mit grofler Anniiherung ist das nur bei den helleren dcr yon uns benutzten Beleuchtungen der Fall

Upload: wolfgang-metzger

Post on 06-Jul-2016

239 views

Category:

Documents


6 download

TRANSCRIPT

Page 1: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

(Aus dem Psyehologischen Institut der Universit~t Berlin.)

Optische Untersuchungen am Ganzfeld.

II. Mitteilung:

Zur Phiinomenologie des homogenen Ganzfehls.

Von Wolfgang Metzger.

1. Die ,,Erscheinungsweise".

Das Ganzfeld erscheint bei unserer Anordnung in der helleren Hiilfte des Beleuchtungsbereiches gewOhnlich als senkrechte feste Wand, also als ebene Ober/ldche, bei schwiicherer Beleuchtung als leieht konkaves fl~chenfarbiges Gebilde und schlieBlich als Nebel.

Es wird also meist nicht blof~es Lieht, sondern eine beleuchtete Fldche gesehen, bei einer bestimmten ph~nomenalen Raumhelligkeit. Objekt- farbe und Beleuchtung sind aber nicht so klar getrennt wie bei der Betraehtung des yon Dingen erfiillten Raumes. Bei verschiedenen Be. leuchtungsst~rken sieht man nicht immer einfaeh dieselbe unveri~nderte Objektfarbe Weif~ in verschiedener Beleuchtung 1, abet aueh nicht etwa immer blol] Veri~nderung der Objektfarbe. Beides/~ndert sich, abet nieht genau parallel, und es ist sehr schwer, im einzelnen Fall fiber die Kom- ponenten getrennte Aussagen zu machen.

Das Feld ist unter den normalen Beobachtungsbedingungeu unserer Versuche gut homogen, besonders bei mittlerer und schwacher Beleuch- tung. Manchmal, bisweilen spontan, namentlich aber , wenn man die Aufmerksamkeit darauf richter, wenn malt feststellen will, ol) ein be- stimmter Tell des Feldes wirklich ganz homogen ist, kann man so gut wie alle subjektiven Erscheinungen zu Gesicht bekommen, die vom Augengrau her bekannt sind. Ausgedehnte ziehende wolkenhafte Gebilde und bewegliche leuchtende Punkte werden gesehen, auch all- m/ihliche, manehmal periodische Ver~nderungen der Gesamthelligkeit,

1 Mit grofler Anniiherung ist das nur bei den helleren dcr yon uns benutzten Beleuchtungen der Fall

Page 2: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

W. Metzger: Optische Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 7

die in sorgfa l t iger Kon t ro l l e ohne Z u s a m m e n h a n g mi t ~tul~eren Ursachen , wie e twa fe ins ten S t romschwankungen , be funden wurden.

Goldschmidt (Z. Psychol. ~6, 1916) ~[and dasselbe schon an relativ k|einen homogen beleuchteten Flachen, und ebenfalls nur unter den von uns genannten Bedingungen, n~mlich ,,anlitlMich unwiUkiirlicher Bliokt~tigkeit, die nach Un- gleichmiiBigkeiten der Projektionsfl~iche f(irmlich suchte, als ob eine Homogenitat des Gesichtsfeldes widersinnig w~re". Vgl. auch ,,Postulat der Farbwandelspiele", Heidelberg: 1928, 37--38. - - Eine eingehende Untersuchung dieser Ersch~inungen lag nicht in unserer Absicht. Vgl. hierfiber U. Ebbecke, Receptorenapparat und entoptische Erscheinungen, Bethe, Handb. d. norm. u. path. Physiol. 12, 1. H~tlfte, 247--249, 263--265. Es sei nur erw~thnt, dal~ die Erscheinungen hiiufig nieht in, sondern vor der Fl~iche gesehen wurden; die Fl~tehe ersehien dann dahinter in ungest6rter Homogenit~t. Besonders eindringlich war das bei den konzentrisehen ringfSrmigen Wellen, die manchmal, besonders im Gefolge plStzlicher ~nderungen der Gesamthelligkeit, nach der Mitte des Gesichtsfeldes hereingewandert kommen.

Obgleich die subjektiven Erscheinungen schon yon vielen Beobachtern au~h im Hellen gesehen wurden, z.B. wenn sie gegen den klaren Himmel schauten, ist m.W. noch niemand darauf eingegangen, was das ftir die Erklarung ihrer Siehtbarkeit bedeutet. G.E.M.iiUer sagt hierzu (Z" Psychol. 10, 367, Anm.}: ,,Wenn wir beim Blicken auf helle Gegenst~nde nieht entspreehende Wolken oder Lichtballen auftauehen sehen, wie im Sehfelde des Dunkelauges, so kann man (abgesehefl yon anderen naheliegenden, z. B. in eine Diskussion des Weberschen Gesetzes gehSrigen Gesiehtspunkten) hierin ein Analogon der Tatsache erbUeken, da~ die zuf~lligen Schwankungen der Lebhaftigkeit der im Muskel stattfindenden Blutzirkulation beim Ruhezustande des Muskels viel ausgiebiger sind als bei der T~ttigkeit desselben." - - In dem 1-Iinweis auf das Webersche Gesetz ist das Ver- schwinden der subjektiven Erscheinungen mit der absoluten Reizst~rke bzw. der absoluten Intensitat der ablaufenden Prozesse in Zusammenhang gebracht, und eine entsprechende Auffassung liegt natiirlieh auch fiir die Verh~tltnisse im Muskel nahe und ist von (7. E. Mi~ller mindestens nieht ausdriieklich ausgeschlossen. Wenn abet die subjektiven Erscheinungen aueh im hellen Gesichtsfeld nur ver- schwinden, wenn es gegliedert ist, aber sichtbar bleiben, wenn es homogen ist, dann folgt, dal] die Ursaehen nicht in der ReizstSrke, sondern in der Reizverteilung liegen, dab also die subjektiven Erseheinungen im dunklen Gesiehtsfeld nut deshalb so regelm~iBig auftreten, weil es notwendigerweise stets ganz oder nahezu homogen ist. Die Siehtbarkeit der subjektiven Erscheinnngen h~ingt also nieht mit dem Webersehen Gesetz zusammen, sondern mit den Einwirkungen der Feldgllederung auf die Sehwelle, fiber die in letzter Zeit u. v. a. besonders ausfiihrlieh yon Gelb (Z. Psyehol. 93) und von Eberhardt (Psychol. Forschg 5) gearbeitet worden ist.

I m e inzelnen is t folgendes zu sagen :

a) Der M a t e r i a l c h a r a k t e r des Ganzfe ldes wird a m deut l ichs ten , wenn m a n eine k le ine F l~chenf igur abwechse lnd da r in a u f t a uc he n u n d ver- schwinden l~Bt. Die Fli~che der k le inen F i g u r w i rk t d a n n n i ch t nu r homogener , sondern dabe i auch d ich te r u n d s t raffer , die F l~che des G~tnzfeldes lockerer und weniger widers tandsf~hig . T r o t z d e m erschein t das Ganzfe ld - - wenigs tens be i gro0en I-Iell igkeiten - - n ich t als Fl~tchen- farbe . Es e r sche in t d e m schr~tg au fwar t s schauenden Be oba c h t e r n ich t f ron ta lpa ra l l e l , sondern, wie gesagt , senkrecht . Ebenso erscheinen da rau f p ro j i z i e r t e Rech tecke senkrech t und in Z u s a m m e n h a n g d a m i t t ro tz

Page 3: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

8 W. Metzger:

de r schiefen Bl ickr ich tung unverzerrt, in F o r m k o n s t a n z , welche bekann t - l lch nu r an oberf l~chenfarbigen Gebi lden beobach te t wird . Vgl. ~ l b , ~ e r den Wegfa l l der W a h r n e h m u n g yon Oberfli~chenfarben. Z. Psychol . 84, 210; vgl. ferner die Erscheinungsweise des Rech tecks und seiner U m g e b u n g bei ger ingerer Hel l igkei t S. 10ft.

b) Wenn die Mitte des Feldes eine Zeitlang ununterbrochen fixiert wird, kommt es oft vor, dab die Beschaffenheit des Feldes sich ~ndert. WeiBe Nebel- mat~en lageru sich in den Raum zwisehen Beobachter und Wand, i~hnlich den grauen Nebelmassen, die yon Katz fiir Beobaehtungen im Finstern besehrieben wurden. Dabei bleibt die Wand als hinterer AbschluB des Raumes zun~ehst erhalten.

Vielfach geht die Ver~nderung abet welter: ,,Die Wand wird weich, sie zer- fliellt, sie wird wie Schlagsahne". Diese Masse flieBt auf den Beobachter zu und ihr Abstand wird unbestimmt. Das kann iibrigens auch gesehehen, wenn das Feld nieht ganz homogen ist, z. B. wenn in seiner Mitte ein 20 em grolles Kontur- quadrat oder zerstreute dunkle Punkte zu sehen sin& Die sahnigen biassen flieBen dann oft fiber die dunklen Figuren hinweg, ~hnlich wie bei Gelbs Patienten mit Yerlust der Obeffl~ehenfarben kleine Gegenstande in den dicken Farbschichten untertauchten, die er an Stelle der 0berfl~chenfarben sah (Z. Psychol. 84, 206ff.). Es kSnnen sich also eehte positive Skotome yon weiBer Fi~rbung entwickeln, ~hnlich den grauen nebelhaften Skotomen, die die Beobaehtung kleiner heller Figuren im Dunkelraum oft so st6ren, und den voriibergehenden Skotomen, die bei Beobachtungen am Rand des Gesiehtsfelds allt~glich sind. - - Stets abet wird bei der ,,Erweichung" des Feldes die Untersehiedsschwelle stark vergrSbert. Die Ver~nderungsschwelle im Konturquadrat war z. B. in einem Fall normaler- weise 2,3%. Beim Zerfliel~en der Wand erh6hte sie sieh auf 4,8%. Viele zun~ehst unerkl~rliehe Schwankungen der Schwellenwerte in den Vorversuehen liel3en sich daraui zurtickfiihren.

Zur Deutung l~tBt sieh Iolgendes sagen: Das Feld erweicht nie gleie.h beim Beginn der Beobachtung. ])as Erweichen konnte leieht dadurch verhindert werden, dab der Beobachter zwischen den Sehwellendarbietungen die unten am Feld beim Hinsehauen schwach sichtbaren Kanten betraehtete. Dabei bleibt die Adaptation praktisch unver~tndert. Die Erscheinung kann also niehts mit Adaptationsverh~ltnissen zu tun habe n, - - Eine Anzahl yon Beobachtern gibt an, claB das Weiehwerden nut bei ,,Starren" vorkommt, also bei ,,aktiver", nicht yore Objekt gefiihrter Festlegung der Augen, bei welcher ja auch das gegliederte Gesiehtsfeld leieht an Festigkeit verliert und sonderbar entartet. Diese Angabe paBt gut damit zusammen, daB die Erseheinung auch w~hrend anderthalbstiin- diger Beobaehtung am Ganz'feld nieht auftritt, wenn nur in den Versuchspausen die Augen ents~aannt besch~tigt werden z. B. in der Art, die oben angegeben wurde, das heiBt, wenn die Augen yon Zeit zu Zeit die M6glichkeit bekommen, sich yon irgendwelchen Inhomogenit~ten ftihren zu lassen 1. - - Im einzelnen Fall ist abet die Entscheidung schwer, weft man gewShnlieh nieht sagen kann, ob man das Starren als solches gespiirt oder es erst aus der .~nderung des Feldes ersehlossen hat.

1 Filehne, der die Erscheinung ebenfalls schon recht eingehend beschreibt (Graefes Arch. ;~1, 2 [1885]), spricht geradezu yon ,,Starrblindheit". Seine theore- tischen ErSrterungen darfiber sind sicher f.alseh; aber, wie gesagt, ist es ebenso- wenig m6glich, ~ie wesentlichen Ziige der Starrblindheit mit Hering und Mi~ller (Z. Psyehol. 14, 75 [1897]) einfach auf die simultane Lichtinduktion und die Ver- ~tnderungen zuriiekzufiihren, die eine andauernde Liehteinwirkung an der Erreg- barkeit der unmittelbar betroffenen Netzhantstelle hervorruft.

Page 4: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Uptisehe Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung.

e) Wie schon kurz erwtthnt, erscheint das Ganzfeld bei 8ehwacher Beleuchtung - - nicht bei vSlliger Finsternis - - in einer Art Fl~chenfarbe. Das lttl~t sieh am besten beobachten, wenn das Feld allm~hlich vet . dunkelt wird. Die Wand verwandelt sieh dann in einen gleichmM~ig gekriimmten Hohlraum, der den Beobaehter yon allen Seiten umgibt . Wie das Himmelsgew61be ist dieser Hohlraum in der Mitte leicht ab- geplattet . I m Augenblick, wo die Oberfl~tehe der Wand sich in diesen Hohlraum verwandelt, ist der Stoff deutlieh elastisehe Membran, die plStzlich gespannt wird. Man erlebt sich in der Mitre einer Ballonhiille, die aufgeblasen wird. Durch die ebenen Fl~chen und kaum merk~ichen Knicke spiirt man plStzlich naeh allen Seiten einen Zug gehen, der alles ausgleicht und zur Blase strafft .

Bei fortgesetztem Aufenthalt vor dem so beschaffenen 'Feld (oder beim Ents tehen aus y611iger Dunkelheit) wird die fl~tchige Begrenzung des Hohlraumes aus einer elastischen Masse zu einer lVebelmasse, die gegen den Beobachter bin in gewShnliehen durehsichtigen Leerraum iibergeht. Die Aufl6sung der Wand des Hohlraumes kann noch weiter gehen, derart , dab der R a u m iiberhaupt keine best immte Weite mehr hat, sondern seine Farbe sich nur yore Beobaehter aus allm~hlich verdichtet.

Schon rein der Gr61~enordnung nach haben die nebelartigen Schichten, die in Beobaehtungen yon Stel~han Krau1~ tiber bunte Beleuehtung und bei dem Pa- tienten yon Gelb (zitiert S. 8) auf farbigen Oberfliichen gelagert erscheinen

soweit die Beschreibungen erkennen lassen - - mit den eben beschriebenen Nebelerscheinungen wenig zu tun.

Dagegen entsprechen unsere Beobaehtungen wieder v6Mg der Besehreibung des subjektiven Augengrau bei Katz (Erscheinungsweisen S. 44): ,,Die Wahr- nehmung ist vergleichbar einer dicken Nebelschieht, dureh die man keine Gegen- sti~nde sieht, oder der einer stark getriibten Fltissigkeit (Kalkmilch). Die Ent- Iernung zwiseheta dieser Schieht und der Vp. ist nicht so wie der Raum zwischen den Gegenstttnden und der Vp. beim Dttmmerungssehen in deutlicher Weise yon einem dreidimensionalen I~nkel ausgeftillt. Vielmehr ist der Charakter der Ent- fernungswahrnehmung am ehesten dem zu vergleiehen, der bei Tagesbeleuchtung der Wahrnehmung der Entfernung zwischen den Objekten und der Vp. zu- kommt."

Die Raumbegrenzung pl6tzlieh ganz ansehaulich sieh aufl6sen zu sehen, ist ein ausgesprochen unangenehmes Erlebnis, schwindelartig: Der R a u m saugt sich f6rmlieh um den Beobaehter; eine Art Sehwund der Uniwelt wird erlebt, nieht eine gleichgiiltige Umformung. Die Augen suchen unwillkiirlich naeh etwas Festem, einem Hal tepunkt , der den Sehwund verhindert.

Wi6 man sieh leicht iiberzeugen kann, wird ein Ganzfeld auch bei beliebig grofler Helligkeit als unbestimmte umhtillende Nebelmasse erlebt, wenn man wie Garten eine gekrtimrnte Fl~tehe dazu beniitzt, die sich so nahe um das Gesicht legt, dal3 keine Akkommodation m6glich ist. Eine eehte Flache wird dann nie gesetfen. - - In unserer Anordnung war bei heller Beleuchtung das Feld nur ganz ausnahmsweise flitehenfarbig, und zwar geschah das in einigen F~llen im Anschlug

Page 5: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

10 W. Metzger:

an das Erweichen. Das FeM erschien dann ,,unsinnig klein und nahe", wie eine Eihaut, die unmittelbar fiber ,,das Auge" gespannt ist, oder wie eine Art ,,weil]er Star".

Fevhner scheint ein ~ihnliches Erlebnis bei geschlossenen Augen gehabt zu haben: ,,Das Feld der Nachbilder bei geschlossenen Augen, das schwarze Seh- feld, scheint mir yon sehr beschr~nkter GrSBe, ohne alle Tiefe, unmittelbar vor meinen Augen oder mit der Vertikalebene derselben selbst koinzidierend" (Zitat naeh Katz, E~scheinungsweisen, S. 40).

d) Woher k o m m t es, daB in unserer Anordnung das .Ganzfeld nor- malerweise bei s t a rke r Be leuch tung oberfl~ichenfarbig erseheint , und nu r bei sehw~icherer Be leuch tung f l~ehenfarbig ?

Sieher h~ngt es d a m i t zusammen , daB bei hel ler Be leuch tung A k k o m m o d a t i o n auf die Wandfl~iehe mSglich ist , und daB bei He rab - se tzung der Be leuch tung i rgendwelehe Uns t e t i gke i t en untersehwel l ig werden, die vorher die Akkommoda t~on ermSgl ichten .

H ie r k o m m t vor a l lem die Rauh igke i t , das K o r n der Fl~che in F rage . Aber die MSgliehkeit i s t n i ch t ohne weiteres yon der H a n d zu weisen, dab auch die Se i tenknieke des Fe ldes elne Rolle spielen.

Ffir beides gilt anschaulich dassetbe. In der Regel qieht man nichts davon, man sieht eine homogene und ebene Oberfl~che. Abet: D~s Korn ist bei der grSBten beniitzten Helligkeit fiir ein scharfes oder korrigiertes Auge spurweise fiberschwellig. Ebenso sind die Seitenknicke bei heller Beleuchtung sichtbar, solange man die Aufmerksamkeit darauf richtet. Fiir beides, Korn und Kanten, ist also denkbar, dab sie zwar im allgemeinen unter der Erscheinungsschwelle lagen, aber zugleich fiber einer anzunehmenden ,,Schwelle der Oberfl~chenbildung".

Leider habe ich weder geniigende Angaben darfiber gefunden, wie stark eine Unstet~gkeit sein muB, um im Sinn der Akkommodation wirksam zu sein, noch, wie welt peripher gelegene Unstetigkeiten noch einer festen Akkommodation zur Grundlage dienen kSnnen. - - Versehiedenes sprieht abet dafiir, daB doch das Korn der Fl~che den Ausschlag gibt; so die Erscheinungsweise des Felds yon Ferne bei schwacher Beleuehtung. Vom Stand des Versuchsleiter8 iibersieht man auBer dem Ganzfeld auch einen Tell des bedeutend dunkleren umgebenden Raums. Die abschlieBenden R~nder des Felds verschwinden also auch bei sehwaeher Be- leuehtung hie. Der ~bergang zur Fl~ehenfarbe mit seinen merkwiirdigen Spannungs- erscbeinungen geschieht aber ffir den Versuehsleiter u. U. ebenso, wenn auch natfir- lieh nicht bei genau derselben Beleuchtungsst~rke, wie ffir die Vp. Und zwar ist dann natiirlieh nicht der ganze Raum bis zum VI. hin yon Nebel erffillt, woh[ aber der ganze yon der Mittelwand und den beiden Seitenschirmen eingesehlossene Raum; und die ,,Oberfl~che" des Nebels ist leicht konkav zwischen den ~uBeren R~ndern der Seitenschirme ausgespannt.

~u periphere Konturen allein f~hig, ein groBes yon ihnen eingeschlossenes Gebiet des Gesichtsfelds zur Oberfl~che zu gestalten, so w~re nicht einzusehen, warum unter den beschriebenen Umst~nden ffir den entfernt stehenden Beob- achter zwischen den ausgezeichnet sichtbaren AuBenkanten des weiBen Felds sich nieht eine ebene feste Oberfl~che erstrecken sollte. - - Positiv ausgedrfickt: Zur Ausbildung einer eehten Oberfl~ehe genfigt - - wenigstens bei groBen Aus- maBen - - die Sichtbarkeit der Grenzlinien nicht. Es miissen demnaeh bestimmte Besehaffenheiten der objektiven Fl~che selbst hinzukommen.

Zur Naehpriifung dieser Annahme maehten wir folgende Versuehe, und zwar auch unwissentlich mit mehreren Vpn., die das Ziel der Untersuehung nicht kannten.

Page 6: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optisehe Untersuehungen am Ganzfeld. II Mitteilung. 11

1. Das Ganzfeld war so schwaeh beleuehtet, dall es fl/~chenfarbig und in der Fixationsgegend frontalparaUel, d. h., da der Beobachter schr~g aufw~rts schaute, fiber diesen her geneigt erlebt wurde (vgl. oben unter e). In die Mitte dieses Feldes wurde ein kleines Quadrat projiziert yon einer Helligkeit, bei der sonst (vgl. oben) das Feld sehon bestimmt als senkrechte Ober/ldche gesehen wurde. In diesem Fall wurde das Quadrat unter Erhaltunej seiner Form als senkrechte Oberfldche erlebt, die dutch ein Loch in der fl~chenfarbigen, naeh wie vor geneigten Umgebung zu sehen war. - - Da andere Motive zu solcher Aussonderung nicht vorlagen, wurde angenommen, dag die hellere Beleuehtung innerhalb der kleinen Fl~che das Kern wieder fiber die Akkommodationsschwelle gebracht hatte.

2. Wenn diese Annahme richtig ist, so mug sich ein kleines Quadrat, das dunkler ist als die fl~chenfarbig erlebte Umgebung, ganz anders verhalten. Da in ihm das Kern noch' welter unter der Akkommodationsschwelle liegt als in der Umgebung, sollte es wie diese f|iiehenfarbig, d.h. frontalparaUel erscheinen und keine Formkonstanz besitzen. - - In der Mitre des flachenfarbig erlebten schwach erleuchteten Ganzfeldes wurde ein quadratffrmiges Stfick unbeleuchtet gelassen. In diesem Fall 15ste sich die Figur tats~chlich nicht aus ihrer Umgebung. Veto Sitz des Beobachters aus, also schr/ig yon unten, erschien sie ausnahmslos nicht als Quadrat, sondern bedeutend breiter al8 bach und auch unten etwas breiter als oben, d.h. sle war nlcht /ormkonstant.

3. Die Deutung unserer Ergebnisse ist aber dadurch noch keineswegs ge- siehert. Aus teehnisehen Griinden bestand namlich zwischen den beiden Ver- suchen auger dem yon uns ins Auge gefagten Unterschied noch ein weiterer, der das Ergebnis mfglioherweise entseheidend beeinfluflte. Die helle Figur hatte einen grfgeren Helligkeitsabstand (HA) vom Grund als die dunkle, und es ist denk- bar, daft sieh die heUe Figur nur infolge dieses HA aus dem Umfeld 16ste und als senkreehtes Quadrat ersehien, und dab nur infolge mangelndem HA die dunkle Figur in der Fl~che des Umfeldes und datum als Trapez erschien. - - Diese Mfglieh- keit wurde gepriift, indem in einem 3. Versuch das Umfeld der dunkeln Figur allm~hlich aufgehellt wurde, bis es als senkrechte Wand erlebt wurde. In diesem Fall blieb die Neigung und Trapezform der Figur nicht erhalten; die dunkle Figur 16ste sieh fiberhaupt nicht aus der umgebenden Fl~tehe, sondern blieb stets in ihr und verwandelte sich dabei allmahlieh in ein senkreeht stehendes Quadrat. Dieser Versueh beweist zun~ehst, dail aueh unter unseren Bedingungen die anderw~irts h~ufig beobaehtete Tendenz kleiner Fl~chen, in der Ebene der Umgebung zu erseheinen (Tendenz zur grfflten Einfachheit der Gesamtflache), und zwar recht stark, bestand. Abet zweitens beweist er, insofern der erste Versueh nicht im Sinn dieser Tendenz ausfiel, daft dort reeht betr~tehtliche Kr~fte gegen sie gewirkt haben mfissen. Und es fragt sieh nun, weleher Art diese Kr/ifte gewesen sind. I)abei mug zugleich die Frage beantwortet werden, warum in den 2 F~illen, die gleieh grol]en, nur umgekehrten HA batten, die Figur einmal in der Fl~ehe er- sehien, das andere Mal aus ihr gelSst. - - Wit erinnern uns, daft das Netzhautbild in s~mtlichen Fiillen ein Trapez war. Vergleichen wir nun die beiden Falle mit grogem HA, so linden wir, daft beideMale die erlebte Figur ein (senkrecht~) Quadrat war. Es liegt nahe, daraus zu folgern, dag die Kraft, die in dem einen Fall die Figur aus der Fliiche drehte, r Tendenz zu grSflter Einfachheit der Figur war. Bei der hellen Figur wirkte diese Kraft naeh dieser Annahme gegen die Tendenz zu grSl]ter Einfaehheit der Gesamtfl~ehe und fiberwand sie; bei der dunklen Figur auf hellem Grund wirkten beide Tendenzen zusammen: die Figur erschien als Quadrat und in der Flaehe.

4. Man kSnnte diese Annahme z. B. priifen, indem man anstatt Quadraten, die trapezfSrmige Netzhautbilder ergeben, Trapeze projizierte, die quadratische

Page 7: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

12 W. Metzger :

Netzhautbilder ergeben. Dann miiBten ihr zufolge ebenfalls nur Quadrate, aber diesmal stets geneigt, gesehen werden. Die Herstellung solcher Trapeze, die natiirlich sehr exakt sein miiBten, erwies sich infolge des kleinen Mallstabes der Diapositive als ziemlich umstt~ndlich; es hatten photographisehe Verfahren angewendet werden mfissen. Es gibt aber noch eine zweite MSglichkeit der Priifung, zu der keine neue Versuchsanordnung vonn6ten ist. Es ist n/~mlich yon unserer vorlt~ufigen Annahme aus nicht einzusehen, warum die Tendenz zur gr6Bten figuralen Ein- fachheit bei der lichtlosen Figur auf dunklem Grund, also bei geringem HA, so vSllig unwirksam war~ wo doch gerade hier die Bedingungen, unter denen bekannt- lieh grobe Wirkungen dieser Tendenz vorziiglich beobachtet werden, viel besser erfiiilt sind als bei grfBerem HA. - - Entscheidende Sehwierigkeite.n entstehen der Annahme dutch einen 4. Versueh. Es wurde schon bemerkt, da/] die ange- nommene Tendenz zum Quadrat und die Tendenz zur Flt~cheneinheit gegenein- ander wirken mul3ten, wenn die Figur hell ~lf dunkel war, dagegen miteinander, wenn die Figur dunkel auf hell war. Dieser Unterschied muflte sofort in die Augen springen, wenn man versuchte, die pht~nomenale Orientierung und Form der Figur willkiirlich zu t~ndern, n~mlieh das senkreehte Quadrat als geneigtes Trapez zu sehen. Das mul~te dort leicht gehen, wo nur die angenommene Tendenz zur Einfachheit der Figur iiberwunden werden muBte, die Tendenz zur Einfachheit der Fli~ehe dagegen im Sinn der Bemiihungen wirkte, d. h. bei der hellen Figur, die a]s senkrechtes Quadrat hinter der geneigten dunkleren Flt~che ersehien. Es mullte schwer gehen, wo beide angenommenen Kr~fte der Bemiihung entgegen wirkten: beim dunkleu Quadrat, das serrkrecht in senkrechter Umgebung stand. - - Der Ausfall des Versuehs widers~richt den Erwartungen genau. Es ist ziemlien leicht, das dunkle Quadrat als geneigte Tafel yon der Form eines ftaehen Trapezes zu sehen, das vor der hellen senkrechten Wand sehwebt; dagegen ist es recht sehwer und ungeiibten Beobaehtern unm6glich, dieselbe willkiirliche ~nderung an dem hellen Quadrat vorzunehmen.

Nimmt man dagegen an, dab die Oberfl/~chenbildung dutch das Korn der Wand der entseheidende Faktor ist, so verschwinden alle Widerspriiche.

Versueh 1 und 2 stimmen ohne weiteres zu dieser Annahme. Im Versuch 3 erklt~rt sich das Verhalten der dunklen Figur aus der auBer-

ordentlichen BeeinfluBbarkeit der Tiefe und Orientierung aller derjenigen l~l~ehen, die mangels Akkommodation keine Ober/l~chenstruktur besitzen, was besonders Katz in vielen Versuehen gezeigt hat. DaB sieh im Gegenversueh die fl~ehen- farbige Umgebung nicht ebenso naeh der straff orientierten hellen Figur richtete, ist nach vielen Beobachtungen an analogen l~t~llen zu erwarten, in denen immer die gr61lere und vor allem die umschlieBende F1/iehe fiir die Orientierung maBgebend ist und die kleine umschlossene Fl~ehe in der verschiedensten Weise beeinfluBt, aber nicht umgekehrt (vgl. besonders Duncker, Psyehol. Forschg. ll).

Versueh ~ erkl~rt sich ganz genau so. Die helle Figur mit ihrer adaptations- ft~higen Oberflachenstruktur leistet selbstverstt~ndlich den Bemiihungen des Be- obachters viel st~rkeren Widerstand als die dunkle Figur, die keine wirksame Oberfl/~ehenstruktur besitzt.

Um den Weft dieser Versuche richtig einscht~tzen zu kSnnen, ist noch einiges fiber das Erlebnis des ,,senkrecht" und des ,,geneigt" zu bemerken. Nagel, Wert- heimer und andere (vgl. Wertheimer, Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie, S. 97) beschreiben, wie unter verschiedenen Bedingungen die objektive Senkrechte auch yon normalen Beobachtern als geneigt erlebt werden kann und geneigte Richtungen die Rolle der erlebten Senkrechten annehmen k6nnen. Bei schr/~ger Haltung und BlicMinie des Beobachters, wie sie in unseren Versuchen die Regel war, sind derartige Abweiehungen in anderen Versuchen ht~ufig vorgefunden worden, z. B. der-

Page 8: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optisehe Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 13

art, da6 eine frontalparallele Ebene als senkreeht erlebt wurde. Wenn auch in unseren Versuchen verschiedene Arten der Orientierung des Gesamtraumes vor- gekommen wfiren und womSglich in undurchsiehtiger Weise abgewechselt h~tten, so dab in den Aussagen der Vpn. solehe Schwankungen in unkontrollierter Weise mit zum Ausdruck k~men, so kSnnte man die Sicherheit unserer Entscheidung mit einigem Recht bezweifeln. Solche Zweifel sind aber aus folgenden Grfinden unberechtigt.

1. Entseheidend war in den Versuchen immer nur die gleichzeitige relative Neigung des Infeldes und des Umfeldes. Insofern muflte die absolute Orientierungs- lage ffir beide jeweils dieselbe sein. W~re also wirklich einmal die scheinbare Senkreehte yon der objektiven abgewiehen, so h~tten sich belde vergliehenen Neigungen im selben Sinn und AusmaB ver~ndert. Statt senkrecht und vorgeneigt h~tten die Besehreibungen z.B. gelautet: riiekgeneigt und senkreeht, und fiir unseren Gedankengang w~re alles beim alten geblieben.

2. Tats~chlich wurden aber w~hrend unserer sgmtlichen Versuehe am Ganz- feld in vielen hundert wissentlichen und unwissentlichen Beobachtungen keinerlei auffaUende Sehwankungen der Orientierung des Gesamtraums erlebt, sondern die erlebte Senkreehte entspraeh praktisch ausnahmslos der-objektiven.

Selbst wenn Sehwankungen der Raumorientierung auf die wesentlichen Er- scheinungen nieht so einfluSlos w~ren, wie wir oben auseinandersetzten, kSnnte also yon hier aus niehts Stichhaltigesflegen unsere Entscheidung eingewendet werden.

Die besprochene Versuchsgruppe beweist also tats~chlich, da~ bei der Bi ldung der ph~nomenalen Oberfl~che in unseren Versuchen das K o r n der objekt iven Fl~che, auch w o e s noch unter der Sichtbarkeits- schwelle liegt, der haupts~chliche Fak to r ist.

Unabh~ngig yon dieser Entsche idung sprechen unsere Beobach- tungen dafiir, dab die W a h m e h m u n g einer Oberfl~che, und zwar auch einer vSllig homogenen Oberfl~che, das Bestehen objekt iver Inhomo- geniti~ten i rgendwelcher Ar t voraussetzt , entweder einer Rauhigkei t , die die Fl~che tr~gt, oder von Grenzen, zv~ischen denen sie ausgespannt ist. Danach w~re die Wa hrne hm ung einer vSllig homogenen Oberfl~che v o n d e r Ausdehnung des Gesichtsfeldes unmOglich. I n dem Augen- blick, wo die letzte Inhomogeni t~ t wegfallt, wird es gleichgiiltig, yon welcher N a t u r die Lichtquel le ist. Ob der Beobachter sich vor einer nahen oder fernen, einer ebenen oder gekr i immten Fl~che befindet oder in einem wirklichen Nebel, das Erlebnis mu~ immer dasselbe sein: E r schwimmt in einem Lichtnebel, der sieh in unbes t immter En t fe rnung verdichtet .

Es sei erw~hnt, dab sehon daraus eindeutig das Ergebnis des Biihlersehen Zwei-Kugel-Versuchs abgeleitet werden kann, dureh den die Wirksamkeit des Luftlichts beim Beleuchtungseindruek festgestellt werden sollte, indem das Ge- sichtsfeld auf zweierlei Weise mit identischer Intensitat homogen gereizt werden sollte: einmal yon einer weiBen Fl~che in schwacher Beleuehtung, das andere Mal yon einer schwarzen Fl~ehe in entsprechend starker Beleuchtung (vgl. seine Er- scheinungsweisen der l%rben, Jena 1922). Wenn die - - inzwischen von Biihler selbst aufgegebene - - Luftlichthypothese zutr/~fe, miiBte auch unter diesen Be- dingungen, ni~mlich beim Mangel jeglicher Feldstruktur, ,,sehwaeh beleuehtetes Weill" von ,,hell beleuchtetem Sehwarz" unmittelbar unterscheidbar sein, und

Page 9: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

14 W. Metzger:

zwar als seharf abgesetzte Oberfl~ehenfarben. Naeh unseren Beobaehtungen ist das ausgesehlossen: In der schwarzen Kugel und in der weiflen Kugel wird der Beobachter anschaulieh in Nebel yon genau gleieher Helligkeit und Beschaffenheit sein; von einer Wand und einem davon untersehiedenen Luftraum wird er niehts sehen.

Bestimmte Gedankeng/~nge in den ,.Erseheinungsweisen" yon Katz und yon B~thler selbst hi~tten bei konsequenter Weiterffihrung genau das erwarten lassen miissen. Ebenso folgt es unmittelbar aus den sehr beachtliehen Ausffihrungen yon Kardos fiber das ,,Tiefengeriist" auf S. 289--299 seiner Arbeit fiber ,,Ding- farbenwahrnehmung usw." (Z. Psyehol. 108, [1928]). Klar und ausdriieklieh aus- gesprochen wurde es aber bisher nur yon Gdb in seiner Arbeit fiber ,,Die Farben- konstanz der Sehdinge" in Bethes Hdb. d. Physiol. 12, 1. H/ilfte, 673 (1929), die fibrigens erst naeh der Durchfiihrung unserer Beobaehtungen ersehien.

Dal~ sich die folgenden Untersuchungen vorwiegend mit den Er- seheinungen an einer das ganze Gesiehtsfeld ausffillenden Fldiche be- sch/~ftigen, nieht mit dem eigentlichen ,,in Licht sein", das vSlliger objektiver Homogenit~t entspricht, ist ffir unsere ersten Versuehsfragen nur gfinstig. Wir beschKftigen uns mit einem Zustand, der dureh das Fehlen merklicher Grenzen und eines Reliefs in wesentlichen Eigen- schaften dem absolut homogenen Ganzfeld n~her steht als dem normalen gegliederten Gesiehtsfeld und daher schon wesentliche Auskfinfte er- warren l~Bt, aber gerade wegen seiner v o n d e r Unvollkommenheit der Homogenit~t herrfihrenden Eigenschaft als ,,grol~e Fl~iehe" sich m i t weniger Vorbehalten mit den gebr~uehlichen kleinen Fliichen vergleiehen li~flt als ein nebelartiges Medium.

2. Der Abstand.

Der wirkliche Abstand des Ganzfeldes vom Auge des Beobachters ist, wagrecht gemessen, etwas fiber 1,25 m, vom Auge zur Fixationsgegend etwa 1,75 m.

In der helleren H/~lfte unseres Beleuchtungsbereiches wird die Wand in ungefi~hr ,,richtiger" Entfernung gesehen, wobei Abweichungen yon 1/~ m nicht selten sind. Die erlebte Entfernung ist aber v o n d e r Hellig- keit nicht unabh~ngig. Das homogene Ganzfeld verhalt sich hierin genau umgekehr~ wie kleine Fliiehen. Ffir kleine figurartige Fl~ehen, aueh ffir die Rfiekwitnde yon kleinen Kammern oder RShren, in die man hineinsieht, gilt bekanntlich die Regel, da$ die helleren die Tendenz haben, mehr gegen den Beobaehter vorzutreten als die dunkleren. Das homogene Ganzfeld dagegen tritt bei zunehmender Helligkeit vor dem Beobachter zuriick. Bei heller Beleuehtung ist dieser Einflufl nur sehwaeh, er wird aber recht bedeutend beim ~0bergang zu dem diimme- rigen Grau der schwi~eheren Beleuchtungen. Besonders schlagend zeigt er sich, wenn man zwisehen starker Beleuehtung und vSlligem Lieht- abschluI~ abwechselt. Die Dunkelheit wirkt dann wie eine Blende, die sieh nahe vor den Augen befindet, also fiber einen Meter vor der hellen Wand.

Page 10: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuehungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 15

Ein damit iibereinstimmendes Ergebnis hatte Katz schon in einem Versuch, wo er statt kleiner Figuren zwei sehr groJle aneinander stoBende Flgchen yon ver- sehiedener Helligkeit benutzte, deren Nachbilder er bei geschlossenen Augen be- trachten und hinsichtlieh ihrer Entfernung vergleiehen liefl (Erscheinungsweisen S. 57---58).

Der genaueren Beschreibung seien einige Bemerkungen fiber die r~umlichen Verhifltnisse v611iger Finsternis bei offenen Augen voraus- geschickt. Bekannt l ieh ist dabei der R a u m unmi t te lbar vor den Augen klar, und Ms hinteren AbsehluB dieses klaren Raumes sieht man das eigentliehe trfibe Augengrau. Katz mif~t die Ent fe rnung dieser ab- schlieBenden Sehieht bei gesehlossenen Augen. J e naeh dem Beob- achter und den Umst~nden f indet er 10--40 cm Abstand, d~r sich beim Offnen der Augen im ersten Augenbliek etwas vergr6Bert und gleich- zeitig etwas bestimmter wird; auBerdem n immt-dabe i die Konkav i t~ t des subjekt iven Augengraus ab. Zahlenangaben maeh t Katz nu t ffir das geschlossene Auge. Wir fanden mit offenen Augen einen hiermit aus- gezeiehnet f ibereinst immenden Bereich, 25- -40 cm: das ist e twas be- s t immter und im Durchschni t t e twas weiter als bei ihm.

])as MeBverfahren: Da bei unseren Versuchen die Augen often waren, konnte das Katzsche Verfahren nicht angewendet werden. Katz li~llt die Augen schlieBen; dann werden sie dutch die geschlossenen Lider plStzlich beleuehtet und wieder verdunkelt. Der Ort dieser Ver~nderungen 1/tBt sieh seiner Erfahrung naeh leichter beurteilen als der Ort des ruhigen Dunkels, und durch die dabei gewonnene 10bung gelangt man schlieBlich auch dazu, das ruhende Dunkel bestimmter lokalisieren zu kSnnen.

Unser Veffahren ergab sieh aus folgender Beobachtung. Wenn man im v611ig Dunkeln mit jemand spricht, erkfingt die Stimme des Ant~vortenden racist deutlich hinter dem Dunkel, nicht im Dunket. Dieses Erlebnis konnte unter Vermeidung jeder Beeinflussung bei allen befragten Vpn. festgestellt werden.

Zur Bestimmung der Entfernung des Eigengrau wurden die Vpn. im licht- losen Raum mit o]]enen Auger ans Ende eines langen Tisehs gesetzt. Ein MaB- stab reichte bis unter ihre Augen, und der V]. bewegte sich in best~ndigem Ge- spr~eh genau in Augenhfhe und genau senkrecht fiber dem MaB langsam auf die Vp. zu, bis diese angab, jetzt befinde der Sprecher sieh in der dunkein Wand. Dann wurde der Punkt senkrecht unter dem Mund des VI. festgehalten und abgelesen.

Es ergab sieh bei Vp. H. : in 5 Einstellungen: 30, 30, 25, 27, 25 cm; bei Vp. M. : 42 (,,scheint etwas zu welt"), 37, 31 (,,scheint etwas zu nahe"), 35, 37 cm; Vp. K. : 34, 39 (,,die Wand riickte w~hrend des Versuchs etwas ab"), 34, 37, 38, 32 (,,n~ber als sonst").

Die Messungen haben natiirlich nur Wert unter der Annahme, dal~ die Wahr- nehmung der Entfernung dutch das Ohr sehr konstant und ad~quat ist. Die fiir derartige Versuche geringe Streuung und die gute ~bereinstimmung mit den ganz anders gewonnenen Werten yon ~u spricht dafiir, daft das unter den gew~hlten Bedingungen zutrifft. Es trifft aber nicht ffir ale Bedingungen zu: I)er Versuch gelingt nur, wenn als Ger~tusch die menschliehe Stimme benfitzt wird. Wenn man start dessen mit Papier rasekelt oder mit Schliisseln rasselt, wird die Ein- stellung sofort ganz unregelmM~ig und sehwankend. Die Erkl~rung dieses Unter- schiedes scheint mir nicht schwierig..An dieser Stelle braucht aber nicht n~tber darauf eingegangen zu werden.

Page 11: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

16 W. Metzger :

Die Form der Dunkelsckicht ergibt sich aus Versuchen, in denen der VI. bei der Anngherung seitlich abwich. Er konnte sich dann ziemlich nahe an der Vp. vorbeibewegen, ohne dab seine Stimme je in oder vor der Dunkelschicht er. schien. Diese Schicht umschlieBt den Beobachter also ziemlich dicht.

Unsere Abstandsbestimmung gilt iibrigens nur fiir vollkommene Verdunk- lung. Lichtet sich bei unvollkommencr Verdunklung infolge fortschreitender Adaptation die erlebte Finsternis auch nur so wenJg, dab ein unbefangener Beob. achter noch gar keine Ver~nderung der Helligkeit erlebt, so weitet sich der Raum vor der Dunkelschicht sofort in auffglliger, abet schwer verIolgbarer Weise. m l~brigens ist auch bei v6lligem LichtabschluB der Abstand der Dunkelschicht nicht immer unabhgngig yon den akustischen und den ,,gewu~ten" Inhalten des Raumes. Manchmal gibt die Vp. an, daB in dem Augenblick, wo die Stimme in gr6Berer Entfernung ert6nte, der Raum sieh erweitert habe, in der Art eines Trich- ters, ghnllch'wie es Katz bei der Darbietung einer Leuchtlinie im Dunkeln land. Dieser Vorgang war aber dann so lebhaft und die Abweichung der Marie so auf- fallend, dab Irrtfimer in unserer Abstandsbestimmung dadurch nicht entstehen konnten. - - Was das Wissen um die wirkliehe Gr6Be des Raumes, um den wirk- lichen Abstand der gegeniiberliegenden Wand betriift, so wurde gefunden, dab dieses Wiesen au~ den Ab.stand der Dunkelschicht bei unseren Vpn. keinen merk- lichen EinfluB hatte. Die Wahrnehmung der nahcn Dunkelschicht vertrggt sich sehr wohl auch mit einem mehr als bloB gewuBten Gegenwgrtighaben der Tat- sache, dal3 man sich i n einem weiteren Raum yon bekannter Gr6fle befindet. Hinter der Schicht ,,geht es weiter".

Wir beschreiben nun die Erscheinungen, die am Ganzfeld beobachte t werden, wenn es, yon vollst~ndigen Lichtabschlu~ ausgehend, ganz allm~hlich s tgrker beleuchtet wird. Dabci zcigt sich:

Bei langsamer Zunahme der. Beleuchtung wird es zungchst ~iir den Beobachter nicht hdler, sondern meistens nur leichter, er ffihlt einen Druck verschwinden, es ist, als ob m a n aufa tmen k6nnte ; manche sehen zuglcich den R a u m sich dcutl ich erweitern 1. Dann erst wird es ziemlich rasch heUer, die das Gesiehtsfeld ausfiillende Farbe riickt gleichzeitig merklieh wciter ab, und die , ,Kondensat ion" zu einer Hohl kugelflgchc yon lockerer nebelartiger Besehaffenheit, die schon bei seh m~Biger Beleuchtung stat t f indet , gcschieht schon in a n n g h e m d , r ich- t iger" Entfernung.

Die Umwandlung in einc feste senkrechte Wandflgehc br ingt keine auffglligc Smdcrung der Lokalisat ion mit sich. Doeh wird auch im Oberf lgchenzustand bei weiterer Erhel lung die gesehene Ent fe rnung g e m noch etwas gr6fie r. gelegentlich bis 2 m und sogar bis gegen 2,50 m. Der Abs tand der gesehenen Oberfl~ehe ist also oft n icht nu t viel gr6~er als der Abs tand des Eigcngrau, sondem oft auch gr61~er als der ,,objek- t i r e " Abstand, und zwar um so eher; je heller sie ist. - - Bei der Lokali-

1 Merkwiirdigerweise sind die verschiedenen Bedeutungen, in denen wir das Wort ,,lichten" gebrauchen (heUer maehen, wem'ger eng machen und leichter machen bzw. hochheben) nicht gemeinsamen Ursprungs, sondern haben sich erst nachtr~glich aus drei cinander ganz fremden St~mmen aufeinander zu ent- wickelt.

Page 12: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 17

sat ion stol~en wir also auf e inen wesentl ichen Unterschied zwischen dem

hellen Ganzfeld und dem Eigengrau im F ins t e rn 1.

Das Sehrumpfen des schwaeh beleuchteten homogenen Raumes und jedes ganz unbeleuchteten Raumes erinnert - - wenn man v o n d e r Promptheit der Wandlung absieht - - an das Schrumpfen der Phantomglieder bei Amputierten (Katz, Z. angew. Psychol. Beiheft 25, 37ff.). Und wir glauben, daft die Betraeh- tungen yon Katz fiber die zentralen Vorg/inge, die das Verhalten der Gliedphantome bestimmen, in ihren wesentlichen Punkten auch auf die Verh/iltnisse im Gesichts- raum iibertragen werden kSnnen: Es ,,dr/ingt sich einem der Eindruck auf, als bewahre das Glied ffir gew6hnlieh seine natiirliche Gr61~e und Entfernung unter dem EinfluB besonderer Spannkr/ifte. Man denkt an eine mit Gas gefiillte elastische Haut, die ihre Spannung so lange beh/ilt, als der Gasdruek unvermindert bestehen bleibt, aber zu schrumpfen beginnt, sobatd der Gasdruek nachl~flt. Die elastische Haut wird in unserem Fall gebildet dureh die (phanomenale) Gliedoberfl/iehe. und die Spannkr/~fte gehen yon den mannigfaehen Eindriicken taktiler, kin/isthe- tischer und sonst noch in Frage kommender Art aus, die wir vom (objektiven) Gtied e rha l ten . . . Sobald infolge des Gliedverlustes die r/iumlichen Spannkr/ifte in Form der inneren und ~ul~eren Reize nicht mehr ihre alte distanzierende Wirkung geltend machen, setzt der am Phantomglied beobachtete Schrumpfungsprozel3 ein." - - Ohne auf die vielen Einzelheiten einzugehen, die bei der Durchfiihrung des Gedankens noch gekl/irt werden miiBten, m6chten wir die Vermutung aus- sprechen, dal3 der Gesichtsraum seine natiirliche Weite /ihnlichen Spannkr/iften verdankt ~. Der ,,elastischen Haut" entspr/ichen in diesem Fall die ph~nomenalen F1/~ehen und Oberfl/iehen, die das Gesichtsfeld nach hinten abschliel3en, und die Spannkr/ifte h/itten ihren Ursprung in der Mannigfaltigkeit von einander versehiedener optischer Erregungen, die nebeneinander yon der Netzhaut zum Sehzentrum vordringen. Diese distanzierenden Kr/ifte wiirden bei zunehmender Homogenit/~t des Gesichtsfeldes abnehmen und bei Lichtabschlul3 ganz fehlen. Dem Fehlen jeder von auBen stammenden Spannung entspr/iche im Gesichtsraum der geringe Abstand des Eigengrau. - - Es w/ire denkbar, dab der LichtabschluB seiner Wirkung nach identisch sei mit der dabei erreichten v611igen Homogenit/it der Aul3enreizung, dab ein absolut homogen beleuchtetes helles Gesichtsfeld also vielleicht schon ganz so weir zusammenschrumpfen wiirde wie das dunkle Ge- siehtsfeld. An unserer Anordnung konnte das nicht genau nachgepriift werden, da bei ihr die Homogenit/it mit wachsender Beleuchtung etwas abnahm. Die erstaunlieh geringe Entfernung des Himmels, die im Gegensatz zur allt/iglichen Erfahrung immer dann gefunden wurde, wenn sie unter Ausschlufl aller ,,Hilfen". n/imlich in Riiekenlage des Beobachters bei Unsichtbarkeit aller anderen Objekte gesehatzt wurde, zeigt zwar, dab die Homogenit/it der Reizung aueh schon bei grol3er Helligkeit im selben Si~n wirkt wie das Fehlen der Beleuehtung. Aber es bleibt doch mSglieh und wahrscheintieh, dab aueh ein helles und ein dunkles vSllig homogenes Gesiehtsfeld in spezifisch verschiedener Entfernung yore Subjekt absehlieBt.

z Eine eigCnartige Abweichung" yon den eben besehriebenen Abstandsver- h~ltnissen ist oben S. 8 und 9f. beschrieben, im Zusammenhang mit den aul3er- gewShnlichen Umst/~nden, unter denen sie auftritt.

Die Ansicht, ,,dab SehgrSl3e (iiberhaupt) dynamisch bedingt ist, dab es sich da nieht um tote Areale usw, sondern um ,Platzerobern' dutch innere Spannungen gegeniiber Gegenkr/iften handelt", wird yon K6hler schon seit Jahren miindlich vertreten. Unsere Vermutung stellt nur eine Anwendung dieses Gedankens auf dela Gesiehtsraum als Ganzen dar, die m. W. vorher noch nicht versucht wurde.

Psychologische Forschung. Bd. 13. 2

Page 13: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

] 8 W. Metzger:

DaB das Gesiehtsfeld beim Ausbleiben der differenzierten Reizung so aul]er- ordentlieh viel schneller schrumpft als Teile des phanomenalen Ich, h~ngt sieher damit zusammen, dag die Teile des ph~nomenalen Ich tange Jahre hindureh in wesentliehen Ziigen eine konstante Gestalt haben und infolgedessen sich zu dauer- hafteren Gebilden entwickeln k6nnen, die gegeniiber starken J~nderungen der Bedingungen relativ start sind und nur allm~hlich wieder urn- und abgebaut werden, was bei der Entwieklung organiseher Strukturen in den Lebewesen ja ei~ normaler Vorgang ist (vgl. W. K6hler, Gestaltprobleme usw., Jber. Physiol. 1922, 537f.). - - Ira Gesichtsfeld dagegen gibt es keine konstanten Reizbedingungen ~hnlicher Art, infolgedessen kSnnen sich aueh keine Bindungen entwickeln, die eine starke ~n- derung der Bedingungen iiberdauern; seine Strukturen sind durchweg rein dyna- misch dutch die zur Zeit bestehende Konstellation innerer und gul3erer Reize be- stimmt und folgen darum jeder Xnderung derselben augenblieklich.

3. Eindringlichkeit und Helligkeit.

1. Zum besseren Vers t~ndnis des Fo lgenden seien einige al lgemeine Erw~gungen vorausgeschickt .

N a e h d e m der i iberl iefer te Begriff der E m p f i n d u n g - - un t e r dem im a l lgemeinen das noch n i ch t durch , ,hShere Vorgange" v e r a r b e i t e t e Sinnes- m a t e r i a l v e r s t a n d e n werden soll te - - so gu t wie aufgegeben ist , h a t v. Hornbostel den dankenswer t en Vorschlag gemach t , m i t , ,Emp]indung" und ,, Wahrnehmung" zwei gegens~tzl iche Ar t en zu bezeichnen, in denen alles s innl iche Er leben uns gegeben i s t : , ,Das Dase in und Sosein yon I ) ingen auf3er uns" , , ,die ob jek t ive , gegens t~nd l iche" A r t des Gegeben- seins nenn t er Wahrnehmung, -- , ,da0 uns soundso z u m u t e i s t " , , ,die sub jek t ive , ungegens t~ndl iche" A r t des Gegebenseins n e n n t er Emp- /indunq; beides faint er m i t der i ibl ichen Beze ichnung Erscheinungen zusammen.

Was v. Hornbostd meint, lehren folgende Erl~uterungen; ,,Bei diesem Gegensatz handelt es sich meist nieht um ein Entweder - - oder, sondern um ein Mehr oder Minder, das yon dem Sinnesgebiet, den Reizbedingnngen und unserem Verhalten abhangt. Die Sinnesgebiete bilden nach der Objektivit~t der Ersehei- nnngen eine yore Gesiehtssinn his zu den 0rgansinnen absteigende Reihe. ])as Geh6r steht in dieser Reihe zwisehen Gesicht nnd Tastsinn, diesem, wie aueh in anderen Hinsiehten, besonders nahe. Infolge seiner mit~leren Stellung sind beim Tastsinn die beiden gegens~tzliehen Erscheinungsweisen ziemlieh im G]eieh- gewieht and datum hier zuerst bemerkt worden (E. H. Weber, Tastsinn und Ge- meingefiihl; Wagners Hdwb. d. Physiol. 1846 [Ostwalds Klassiker Nr 149]). Man kann sie sich leieht deutlieh maehen, wenn man mit der einen Hand fiber die andere, ruhende streieht: die tastende Hand nimmt die andere wahr, die betastete emp- finder. Aber aueh beim GehSr ist der Untersehied offenbar: bei natiirlicbem Verhalten nehmen wir einen vorbeifahrenden Lastwagen wahr, den Ton einer nah vor dem einen Ohr sehwingenden Stimmgabel empfinden wir. In anderen F~llen kann man die Erseheinungsweise leieht willkiirlieh umschlagen ]assen: auf die Geige dor~ hinhSren oder sich ganz den TSnen bingeben. Abet diese willkiirliehe ~nderung geht, je nach der Art des SchaUes, bald schwerer, bald leiehter; die Gegenst~ndliehkeit wird nieht erst dutch unser Zutun er- zeugt, Seh~lle unterseheiden sich dutch den natiirlieben Grad ihrer Gegen-

Page 14: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 19

st~ndliehkeit, erscheinen yon vornherein, bei neutralem Verhalten, mehr oder weniger dinghaft. ' '1

Schapp hat in seiner Ph~nomenologie der Wahrnehmung, S. 73--95, ebenfalls das Wort ,,Empfinden" in einer neuen Weise gebraucht, die aber yon der hier vorgesehlagenen stark abweicht. Er spricht dort beispielsweise yon dem Unter- sehied zwisehen der Gegebenheit eines gldnzenden Auges und der Oegebenheit eines Lieht]lecks im A w e und sagt, der Liehtfleck werde im ersten Fall ,,empfunden", im zweiten Fall ,,wahrgenommen".

Die Bedenken, die sich gegen einen derartigen Spraehgebraueh erheben, ersch6pfend zu besprechen, wiirde in die subtilsten Verzweigungen der Gestalt. theorie und Ph~nomenologie fiihren. Nur das N6tigste sei angedeutet. Die Kate- gorie, der Ausdriicke wie Wahrnehmen, Empfinden u. dgl. angehSren, kann man in der streng psychologischen Diskussion nur auf solche Inhalte anwenden, die dem Bereieh des phenomenal Gegebenen angeh6ren. Auch ~chapp hat seiner ganzen Einstellung naeh nichts anderes im Sinn. Aber an der Stelle, wo er yon ,,gmpfin- den" sprieht, existiert ph~nomenologisch gar keine Gegebenheit ,,Liehtfleck", und infolgedessen ist die erw~thnte Kategorie nieht anwendbar. - - Die Begriffs- bildung Schapps beruht (an dieser Stelle) noch auf der viel besprochenen Konstanz. annahme, nach weleher jede lokale Sinnesgegebenheit yon ~nderungen in der engeren und weiteren Umgebung unabhgngig fortbesteht. Die ganze Diskussion dreht sich ja hier um die M6glichkeit, durch ein bestimmtes Verhalten, also eine J~derung, die ihren Ursprung zweifellos im Ichbezirk der phgnomenalen Welt hat, die vorliegende Gegebenheit, in der kein Lichtfleek vorkommt, in eine solehe zu verwandeln (zu ,,iiberfiihren"), in der ein Lichtfleek vorkommt. BTur unter der Konstanzannahme muBte man aus dieser M6gliehkeit folgern, da~ auch vor der ~berfiihrung das naeh ihr Gegebene irgendwie gegeben gewesen sein miisse. Nach- dem diese Annahme aufgegeben ist, besteht keine derartige N6tigung mehr. Zweifellos besteht bier etwas, das vor und nach der ~berfiihrung daeselbe ist, n~mlieh die identische lokale Reizung. Aber die ist nieht mehr innerhalb der Sphere des Phgnomenalen zu suchen, und es diirfen darnm keine Kategorien darauf angewendet werden, die nut innerhalb dieser Sphgre Sinn haben. (Vgl. K6hler, ~ber unbemerkte Empfindungen usw. Z. Psyehol. C~ [1913]. - - Gur- witseh, Phgnomenologie der Thematik und des reinen Ich, Psychol. Forsehg. I ~ [1929].)

Die Bedeutung, in der wir in ]~bereinstimmung mit v. Hornbostel yon ,,Empfin- den" sprechen, entspricht den eben erw~thnten begrifflichen Forderungen durchaus. Sie stimmt iibrigens so gut wie vSllig mit dem iiberein, was man in der deutsehen Literatur zu Beginn des vorigen Jahrhunderts darunter verstand ~.

W e n n m a n opt i sche Ersche inungen un te r d iesem Ges i ch t spunk t be t r ach t e t , e rheb t sich die wicht ige Vorf rage: Wie s ieht das , ,Mehr oder Minder" aus, yon dem v. Hornbostel sp r i ch t?

Schon die versch iedenen rguml ichen Bes t i mmunge n der be iden T y p e n s ind n i eh t gu t d a m i t zu vere inbaren , dab es sieh e twa einfach um ehl neu t ra les Nebene inande r oder ein Gemisch aus soundsovie l W a h r - nehmung und soundsovie l E m p f i n d u n g hande l t . Von e inem echten

a E. v. Hornbostel, Psychologie der Geh6rerscheinungen, in Bethes Hdb. d. norm. u. path. Physol. 11, 701f. (1926).

2 Erst nach AbsehluB dieser Arbeit wurde mir durch den Kongreflvortrag Heinz Werners in Wien bekannt, dab er auf Grund eigener Beobachtungen un- abhgngig zu einer ganz entsprechenden Begriffsbildung gelangt ist.

2*

Page 15: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

20 W. Metzger:

Gegens tand , den ich vorf inde, dem ich gegeni ibers tehe , g i l t auch um- g e k e h r t : e r s t eh t drauBen auBer mi r und ich b in yon ihm , ,ausgeschlos- sen"1; er is t e infach da und ru t mi r n ich ts ; der R a u m zwischen ihm und mi r is t yon der A r t eines t o t e n In te rva l l s . W e n n mi r soundso zumute ist , i s t das e in Z u s t a n d oder Geschehen meiner selbst , in oder an mir*. Das Mehr oder Minder bes t eh t nun, wie ich zeigen m6chte , dar in , dab eine Auflenerscheinung n ich t mehr e infach da i s t und mich ausschlieBt, sondern anschaul ich - - oft sp t i rbar d u t c h einen dazwischen- l iegenden R a u m - - in Beziehung zu mir tritt, auf reich e inwi rk t , m i r i rgende twas t u t , es u n m i t t e l b a r anschaul ich , ohne i rgendwelche gedank- liche Umwege, bewirk t , d a b mi r soundso zumute ist.

]~brigens sind v. Hornbostels s~mtliche Beispiele f/ir Empfindungen yon dieser Art. Es besteht anschaulich kein blolles reines Zumutesein, nicht nur ein Zustand yon mir. AuBer mir besteht in der RegeI noch etwas, und zwischen Beidem einr Beziehung, die yon mir aus: reich hingeben, vonder Erscheinung aus unter aus- gepr/igten Bedingungen: reich packen, mich ergreifen heiflt. (DaB in KuBerlich gleichen F/~llen, besonders bei 1Vfenschen mit ausgesprochen kiinstlerischer Yer- anlagung, aueh reines Zumutesein vorkommt, soll damit keineswegs bcstritten werden.)

Ich mhchte darum vorsehlagen, das Wort Empfindung fiir die eben besprochene Art von Gegebenheiten vorzubehalten und diese derart dem eigenttiehen Zu- mutesein gegeniiberzustellen.

Die eigenartigen Verh/~ltnisse, die im einzelnen zwischen Empfinden und reinem Zumutesein, besonders bei Innenerscheinungen, bestehen, k6nnen hier nicht be- handelt werden; doeh scheint die begriffiiehe Kl/~rung nicht schwierig zu sein.

Der Deutliehkeit halber sei folgendes Beispiel angefiihrt, das von Kant stammt : Es war ihm zu Zeiten Sngstlich, beklommen zu Mute; nachdem es ibm aber ge- lungen war, den organisehen Ursprung dieses Zustandes zu finden, emp]and er fortan mit wenig Ausnahmen nur noch Druck in der Herzgegcnd. Durch eine innere UmsteUung, bei der der betreffende ProzeB aus dem phanomenalen Ich gewissermaBen herausisoliert wurde, verwandelte sieh also ein reincs Zumutcsein in eine Empfindung. Ein ~thnlieher Unterschied ist ausgedriickt in den Wendungen ,mir ist libel' und ,ich habe Leibweh'.

Die anschaul ich er leb te Beziehung e iner Auf lenerscheinung zum Er lebenden , die wir E m p f i n d u n g genann t haben , k a m l im Einzel fa l l r ech t versch ieden sein.

Kirchenglocken t6nen ,,zu uns herfiber" (Schapp, Ph/~nomenologie der Wahr- nehmung, 1925, 24); ein Ton kommt yon der Strage zum Fenster herein, er trifft mich. Oder gar: Tiefe Orgelb6ne umhiillen reich nicht nur, sondern erffiUen mich. Ein getasteter Gegenstand beriihrt reich, sthBt mich, drfickt mich; ein WindstoB streift uns.

Von den Ersche inungen des Gesichtss innes s ind solche Eigenschaf ten , wenigs tens in psychologischen Schrif ten, nu r wenig bekann t . Es scheh~t

1 E. v. Hornbostel, l~ber optischc Inversion, Psychol. Forschg. I, 155 (1921). Es ist trotzdem nicht empfehlenswert, einfach yon Innen- und Auflcn.

erscheinungen zu sprechen, statt von Empfindungen und Wahrnehmungen. Denn daduroh wiirde eine Fiille wesentlieher Beziehungen verschleiert, die noch inner- halb reiner Inncnzustande vorfindbar sin&

Page 16: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 21

ziemlich a l lgemein angenommen zu werden, daI~ es sich in der Regel u m reh~e W a h r n e h m u n g e n hande l t . A b e t anschaul ich er leb te Be- z iehungen zum S u b j e k t fehlen auch h ier du rchaus nicht .

Beim Leuchten, besonders im Dunkeln, ist das Zu-mir-herkommen des Scheines ganz deutlich. Neben der Lichtperspektive im Hellen gehSrt das wohl sogar zu den Wesenszfigen des Leuchtens. Nebel umhfillt uns. ,,Zu nahe W/inde (vor mir) bedriieken reich" (v. Hornbostel, ~ber optische Inversion, Psycho]. Forschg. l, 154 [1921]); dagegen nahe W/~nde hinter mir stiitzen reich, auch wenn sie mich nicht berfihren. Gelbliches Rot dringt auf uns ein; bestimmtes Blau weicht vor uns zurfick und zieht uns naeh (Goethe). Abgrfinde ziehen uns hinab, ebenso dunkles, glatt fliel~endes Wasser. - - Bei Versuchen, in denen Figurengruppen auf laufenden B/~ndern vor den Augen vorfiberzogen, erhielt das Gesehehen bei geringem Ab- stand yore Auge (der sich natfirlich je nach der GrSlle der Figuren veranderte) den ausgesprochenen Charakter eines Angri//8, der in deutlichem Gegensatz zu dem Wahrnehmungseharakter entfernt vorbeiziehender Gruppen stand und unverkenn- bar dem Empfindungscharakter yon Beriihrungen der Haut verwandt war (vgl. Metzger, V, orstufen der Verschmelzung. Psychol. Forschg 8, 217, 1926).

2. Der E m p f i n d u n g s c h a r a k t e r (in dem neu fes tgese tz ten Sprach- gebrauch) i s t be im homogenen Ganzfe ld besonders s t a rk . Das is t ke in W u n d e r : Das E n t s t e h e n yon Gegens t~nden oder Dingen, die wahr- genommen werden, h a t zur Vorbed ingung , d a b sich e twas abgrenz t , yon einem Grunde abhebt (v. Hornbostel, GehSrserseheinungen, S. 702; Rubin, KShler). Diese Bed ingung i s t an unserem Ganzfe ld n u t in le isester A n d e u t u n g erffil l t 1. Die Haup tz f ige s ind das Einhiillen, das UmschlieBen, und zwei tens das Au/ .mich-zukommen des Lichtes , seine s t r ah lende E i n w i r k u n g ; besonders be im ers ten Auf leuch ten , ,d r ing t das L ich t yon al ien Sei ten auf reich ein ' 'z.

Welches is t d ie Dimension dieser Seite de r Fa rbe r sche inungen ? Die Versuchspersonen reden yon s t~ rkerem oder sehw/~cherem , ,Ein- d r u c k " , yon , , Impon ie r en" oder yon , ,Eindringlichkeit".

Semon meint wohl dasselbe, wenn er yon der Lebhaftigkeit oder Vividit~t einer Erscheinung sprieht. Diese gehe oft, aber nicht notwendig, mit der Intensi- t/it parallel (Die mnemisehen Empfindnngen S. 94), und Semon weist darauf hin, dab das leiseste M/~useknabbern in einer Eeke in dieser Hinsicht sehr kr/iftig sein kSnne.

DaB Katz genau dasselbe im Auge hat, wo er die Eindringlichkeit versehieden beleuchteter Oberfl/ichenfarben untersucht, beweist seine Versuehsinstruktion (Erscheinungsweisen S. 132--133), nach welcher die Vp. nicht darauf aehten sollte, wie stark sich die Kreiselscheiben yon ihrem Hintergrund abhoben, sondern wie stark sie selbst ~ich yon der Scheibe a//iziert /iihlte.

1 Eine seitliche Umgrenzung hat das Feld tiberhaupt nie. Im giinstigsten Fall, bei heller Beleuchtung, grenzt sich eine Wand gegen den vor ihr befindlichen Leerraum ab; bei sehwiicherer Beleuchtung ist, wie schon Kap. 1 erwiihnt, nicht einmal das der Fall.

2 Dieser Empfindungscharakter ist fiir homogene Ganzfelder yon bunter F~rbung schon von v. Allesch aufs anschaulichste geschildert worden; vgl. Psychot. Forschg 6, 3 (1924).

Page 17: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

22 W. Metzger:

G. E. Miillcr definiert in seiner ,,Psyehophysik der Gesichtsempfindungen" den Begriff der Eindringlicbkeit mit Bezug auf die Au[merksamkeit: ,,Die Ein- dr ingl ichkei t . . , seheing sich hauptsachlich nach der Macht zu bestimmen, mit welcber die Sinneseindriicke unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen" (Z. Psychol. 10, 26ff. [1896]). Auf die Seheidung, die ffir Katz in dem erw/~hnten Versuch und aueh ffir uns bier wiehtig ist, geh t G. E. Miill~r an dieser Stelle nicht ein. Abet es ist m6glich, dall er doch schon dasselbe im Auge hat wie wir.

H. Werner (der O. E. M~dlers Satze ohne Bedenken in diesem Sinn auslegt) nennt in seiner Intensit~tspsyehologie (Leipzig 1922, S. 9f.) die Eindringlichkeit im Vergleieh mit der reinen ,,Sinnesse~rke" (Helligkeit, Lautheit, Schwere usw.) ein ,,viel pers•nlieheres Erlebnis", ,,den Eindruck der Kraft, mit welcher eine Empfindungstatsaehe sich in der Psyche vordr~ngt". Wichtig ist auch Werners Oegenfiberstellung einer objektiven und einer subjektiven Seite der Eindringlich. keit, die man ffir sieh herausbeben kann. Einen Zusammenhang mit der neu erarbeiteten Phi~nomenologie der Wahrnehmung und der Empfindung hat er abet in der ,,Intensit~tspsyehologie und aueh in dem Wiener KongreBvortrag noch nieht bergestent. Damit h~ngen wohl eine Anzahl yon Unklarheiten zusammen, auf deren Korrektur wit nieht verziehten diirfen. Die objektive Seite der Eindringlich- keit nennt er namlich treffend ,,Aufdringlichkeit" oder ,,Durehdringliehkeit". Seine Ausffihrungen fiber die subjektive Seite scheinen mir aber v~llig verfehlt. Er nennt sic Empfindungstlele, und dieser Ausdruek ist annehmbar, wenn man darunter das versteht, was etwa mit ,,Erffilltbeit", ,,Ausgeliefertbeit" oder vielleieht am besten mit ,,GctroH~heit" lebendiger zu bezeiehnen ware. Stat t dessert be. sehreibt Wer~r die Empfindungstiefe als ,,Empfanglichkeit", als ,,Bereitwilligkeit, den Reiz aufzunehmen und zu verarbeiten", wodurch die ganze folgende Er- 5rterung sehief wird und die merkwfirdigsten Sebeinprobleme entstehen. - - Noeh bedenklieber ist, dall die Beziehungen zwiscben erlebtem Objekt und erlebtem Ich nlrgends rein yon den Beziehungen zwischen dem physikalischen Objekt und dem Organ6rmua geschieden werden (,,Leuchtende Gegensts bohren sich sozusagen in die N e t z h a u t . . . ein", S. 12; ,,ein Gegenstand ist seheinbar gr~Ber als es dem Netzhautbild entspricht", S. 17 usw.). Unter solcber Unklarbeit leiden gerade auch seine Ausfii~.ungen fiber die sog. ,,komplexen Intensif~ten", besonders fiber die Komplexion zwiseben ,,Sinnesst~rke" und Eindringlichkeit, die uns besonders interessiert, da, wie wit unten sehen werden, das Ganzfeld ein besonders anschau. licbes Beispiel daffir darstent. Nachdem namlich diese Komplexion an Hand eines Sehallstiirkenvergleiehs (S. 16) gut veranschaulicht ist, wird im folgenden (18--28) die rein ~h~inomenolo~llsehe Gegenfiberstellung yon Graden reiner Objektbesehaffen- heir einerseits und Graden der Oetroffenheit des Ich andererseits pl6tzlich ersetzt durch die 1~hysiologische Gegenfiberstdlung yon peripberer und zentraler Ver- ursachung yon Intensitatsuntersehieden, und we zentrale Ursaehen als wahr- scbeinlich erwiesen werden k6nnen, wird ohne weiteres angenommen, bier liege eine Komplexion mit Eindringlichkeit vet.

Ich schlage vor, den Ausdruck ,,Eindringliehkeit" (im Sinn yon Katz und der umprfingliehen Umsehreibung yon H. We~er) als Bezeiehnung der Dimension der erlebte~ Einwirkungen au/ das Ich, also der ,,Empfindung im neuen Sinn" fest- zulegen und auf rein ph~nomenologisehen Gebrauch einzusehranken.

Ganz vorl~ufig u n d t a s t e n d wurde der Versuch gemaeh t , d ie E in . d r ing l ichke i t des Ganzfeldes zu messen. Das Ganzfe ld sollte zu d iesem Zweek auf E indrueksg le ichhe i t m i t e inem e twa 4 ~ ausgedehn ten Kle in- feld e inges te l l t werden. (l~ber das Verfahren vgl. S. 25.) Das Kle in . feld h a t t e s te t s eine Beleuchtungss t~rke yon e twa 2 Lux , die w i t im

Page 18: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuchungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 23

folgenden der (~bers icht l ichkei t wegen wil lkfir l ich als 10000 setzen. Das Kle infe ld und das Ganzfe ld wurde ohne Pause abwechse lnd da r . geboten .

Urteil: O ~ n z f e l d e t w a :

8300 ~anzfeld eindringlicher, auch heller. 5000 Bei Hingabe an den Gesamteindruck etwas helle[, bei Aufmerksam-

keit auf die ttelligkeit als solche etwas dunkler; das' Erscheinen des ,,Punktes" macht gar keinen Eindruck.

bis 1700 Das Erscheinen des Felds ist ein schlagenderer Eindruck als das des ,,Punktes".

950 Das Erscheinen des ,,Punktes" beginnt auch schon Eindruek zu machen, aber das Fetd wirkt immer noch st~irker.

12 Eine Darbietung: Das Ganzfeld ist immer noch der ,,bemerkens- wertere" Eindruck. Andere Darbietungen: Das Kleinfeld ist etwas ,,starker" als das Ganzfeld.

6,6 Kleinfeld ist etwas starker, aber Ganzfeld macht doch noch Ein- druck: ,,man sitzt im Hellen".

3,4 Der , ,Punkt" ist deutlich stiirker, aber das Feld ist immer noch etwas Imponierendes.

2--1,1 Die Erhellung des Ganzfelds ist eindruckslos; es ist ,,tot".

I n d iesem Versuch is t also ein Ganzfe ld v o n d e r t t e l l igke i t 12 ebenso e indr ingl ich wie ein kleines F e l d yon der Hel l igke i t 10000, m i t anderen Wor t en , das Ganzfe ld w i r k t ebenso s t a r k wie e in Kle infe ld , das 830real so hell is t .

Man kann versuchen, dieser Zahl eine konkrete Bedeutung zu geben, indem man sie mit der zentral umgesetzten Energiemenge in Beziehung setzt.

Die zuge/iihrte Energie ist proportional dem Produkt aus Fl~che und Inten- sit,it. Das quadratische Kleinfeld hat knapp 4 ~ lineare Ausdehmmg, also rund 12 Flgcheneinheiten. Das ganze Gesichtsfeld hat senkrecht etvca 125 ~ wagreeht etwa 210 ~ Bei Benutzung der Ellipsenformel ergibt sich daraus fiir seine Fl~ehe der (zu groSe) Wert yon 20000 Einheiten. Das Produkt aus Fl~che and InSensit~t wgre also fiir das Kleinfeld rund 10000 x 12, fiir das Ganzfeld 12 • 20000 oder etwas weniger. Und das Verhgltnis der zuge/iihrten Energiemengen whre dann gegen 1:2.

Das Verh~ltnis der zentral umgesetzten Energiemengen kann damit nicht ein- fach gleichgesetzt werden. Denn die Aufnahmefahigkeit der Netzhaut und damit die Energiediehte im psychophysischen Niveau nimmt nach den R~ndern zu ab, woftir die yon Hering und Katz eingehend behandelte Abnahme der Eindring- lichkeit der Farbe bei gleicher Helligkeit Zeugnis gibt. Das Verhgltnis der zentral umgesetzten Energiemengen muff also kleiner sein. Und man ist versucht zu ver- tauten, dab das Verhgltnis 1 : 1 sei, d. h. : dal3 unler unseren ein/achen Verhdltnissen t der ,,Eindruck" der zentral umgesetzten Energiemenge proportional sei.

Die eben ausgesprochene Vermutung wird durch folgende Tatsachen gestiitzt: 1. Die Einstellungen der Vp. K. in diesem Versuch waren aueh ffir den V1.

giiltig.

z Es sei ausdriicklich bemerkt: wahrscheinlich nur unter diesen einfachen Verh~ltnissen, und mSglicherweise schon nicht mehr bei Darbietung eines kleinen schwarzen Felds in heller Umgebung.

Page 19: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

24 W. Metzger:

2. Katz kommt unter anderen Bedingungen zu genau demselben Ergebnis ( Erscheinungsweisen, S. 132--135) :,,Bei Versuehen fiber Lichtperspektive erscheinen zwei Oberflachenfarben, die sich unter verschiedenen Beleuehtungsverbs befinden, dann gleich eindringlieh, wenn sie ann~thernd glelche Lichtmengen in dam Auge senden." Und es sei hier noch einmal daran erinnert, dab Katz (nach 132) unter Eindringlichkeit genau das gleiche versteht wie wir, n~mlieh dab man sieh so und so ,,stark affiziert fiihlt". Katz wendet seinen Satz nur auf Fls gleieher Gr6Be an. Fa]ls aber sein Satz aueh auf verschieden groBe Fl~ehen fibertragbar sein sollte, miiBte man genau unseren Befund erwarten; natiirlich nur unter der Voraussetzung, dab unsere reehnerische Behandlung des Ergebmsses richtig ist.

Auffallend, aber im Zusammenhang mit der schwachen Verding- lichung woht verst~ndlich, ist es, dab nicht nur WeiBlichkeit und Be- leuchtung, sondem auch Helligkeit und Eindringlichkeit am Ganzfeld k a m n geschieden sind, und dab dabei, wenn man sich dem lebend~gen Gesamteindruck hingibt, die Eindringlichkeit vorherrscht . Zur Fest- stellung der Helligkeit als solcher, z. B. im Vergleieh mi t kleinen Fl~chen, ist ein kiinstliches, abstrahierendes Verhalten n6tig, das naiven Beob- achtern Schwierigkei~en macht . Die Eindringlichkeit ist, mi t anderen Worten, nicht auf , ,einfachen" Helligkeitserlebnissen sekund~r auf- gebaut , sondern selbst das urspriinglichere Erlebnis.

Obgleich es naeh allem Gesagten nicht anders sein kann, sei daran erinnert, dab sich das bei kleinen Fls wie Kreiselscheiben, die ausgesprocben ver- dinglicht und auBerdem ganz glelchg~ltige Dinge sind, genau umgekehrt verh~ilt. Man lese bei Katz (136) naeh, welche kiinstliche und schwierige Einstellung es effordert, dort, wo es natiirlich ist, ein bestimmtes Oberfl~chengrau in bestimmter Beleuchtung zu sehen, start dessen eine Feststellung tiber die Eindringlichkeit zu machen. Aus Katzs Angaben geht hervor, dab das nut mSglich ist, wenn dutch dam Verhalten des Beobachters die Dinghaftigkeit des Beobachteten zerstSrt wird. Andererseits ist zu erwarten, dab Ungesehiedenheit der St~rke und der Eindring- lichkeit oder gar Ersetzung des ersten dureh das zweite auch sonst nur dort zu finden ist, wo die Erlebnisse ausgesprochenen Empfindungseharakter haben. Tats~tehlich handelt es sieh bei dem einzigen schlagenden Beispiel H. Werners (S. 16) um ein GehSrserlebnis, und aueh s~mtliehe weiteren yon ihm in diesem Zusammenhang eingehend behandelten FMle entstammen dem GehSr und den Hautsinnen.

Es ist da rum gar nicht verwunderlieh, wenn man am Ganzfeld ans ta t t Helligkeitsgleichungen, auf die man es abgesehen hat, leicht unvermerk t und oft unvermeidlich Eindringlichkeitsgleichungen erh~lt. Und wenn das der Fall ist, so sind die anders vSllig unbegreifliehen ,Hell igkeits- verh~ltnisse" am Ganzfeld ohne weiteres erkl~rbar.

3. Das homogene Ganzfeld erscheint n~mlich in der helleren HMfte des Beleuchtungsbereichs iiber Erwarten hell. Die hellste angewendete Beleuehtung war 80 Lux. Dabei ersehien das Feld stvahlend hell, einzelnen Beobachtern eben noch ertr~glich. I n den meisten Versuchen wurden Beleuchtungsst~irken von 1,25--2 Lux verw.endet. Auch hierbei crschien das Feld noch recht hell, jedenfalls fiber mittelhell. Was man

Page 20: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuehungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 25

sonst un t e r mi t t lerer t te l l igkei t versteht , geht aus folgenden Angaben

hervor, die den Lehrbi ichern der Photometr ie yon Liebenthal (1907) u n d Walsh (1926) e n t n o m m e n sind.

Bei Messungen, die in Kiel drei Jahre fang tiiglieh gemacht wurden, war die niedrigste mittags im Freien an einer wagrechten Fliiche gemessene Beleuch- tung 655 Lux, die hSchste 154300 Lux. Das Monatsmittel dreier Jahre war ffir Dezember 5 470 Lux, fiir Mai 60 950 Lux. Walsh gibt die Messungen wieder, die an zwei _~quinoetialtagen in England ausgeffihrt wurden, ebenfalls ffir eine wag- rechte F1/iehe im Freien, die abet gegen das direkte Sonnenlicht abgedeekt war. Die Bestimmungen wurden das eine Mal von 11,20---11,50 vormittags fortlaufend gemacht, und es ergab sieh ein unregelm/~13iges S~hwanken zwischen 25000 und 40000 Lux; das andere Mal yon 15,40--15,58, wobei die gefundenen Werte sich zwischen 5000 und 6000 Lux bewegten. Dabei war bei Betrachtung der beschatteten F1/iehe natfirlich von Blendffng keine Rode. - - Bei Messungen von Huth war die Beleuehtung in Berliner Gemeindesehulen 1 m vom Fenster immer noch 354 bis 420 Lux, und von Unertr/igliehkeit oder Blendung kann dabei erst reeht keine Rede sein. - - Die mittlere Lesebeleuehtung wird in einer inzwischen veralteten Arbeit yon Cohn auf 50 Lux bereehnet. Nach Liebenthal ist infolge eines Irrtums bei der Auswertung der Messungen Cohns der genannte Wert tatsiiehlieh mit 2,5 zu vervielfachen; demnach w/ire 125 Lux die mittlere Lesebeleuchtung, und die untere Lesegrenze, unterhalb deren das Lesen den Augen sehadet, yon Cohn auf 10 Lux berechnet, miil3te infolge der gleichen ]3erichtigung auf 25 Lux angesetzt werden. Das witre also immer noch 12--20mal soviel als die bei uns als ,,leieht fiber mittel" eingesch/~tzte Helligkeit des Ganzfelds (1,25--2 Lux). Und die Be- leuchtung, die eine Fl~che vom senkreeht auffallenden Licht des Vollmondes empfi~ngt: 0,26 Lux, ist gar nicht so viel sehw/icher.

Beim Versuch, zu erkl~tren, warum das Ganzfeld so hell erscheint, dachten wir zuerst an zweierlei: 1. den Einflul3 der F1/ichengrffle auf die scheinbare ttellig- keit; ein soleher Einflufl konnte aber bisher nur an sehr kleinen F1/ichen beob- achtet werden; 2. an gewisse Gesetzm/il3igkeiten der tielligkeitskonstanz. (den FeldgrSBensatz). Aber diese Gesetzmiifligkeiten sind auf unseren Fall sehwer anzuwenden. Das Mal3 der Helligkeitskonstanz h~ngt ja yon der Gegliedertheit des Gesichtsfelds ab; sie setzt n/~mlieh eine klare ansehauliehe Scheidung zwisehen Oberfl~ehenf/~rbung und Beleuchtung voraus. Keine dieser Bedingungen ist in unserer Versuehsanordnung erfiiltt.

Zur Kl~rung wurde versueht, Helligkeitsgleichungen einzustellen zwischen dem Ganzfeld und ldeinen Feldern in dunkler Umgebung. Das Ganzfeld hatte dabei eine Beleuchtung yon ungef/~hr 2 Lux. Das Kleinfeld, mit dem wires ver- glichen, hatte einen Gewichtswinkel yon etwa 4 ~ Es wurde in die Mitte der VCand- fl/iche projiziert, so dab die Beobachtung keinen Fixationswechsel erforderte. Die wenigen zur Probe angestellten Einstellungen besagen: Wenn das Ganzfeld etwa 1/.~, z/a ' 1/2 oder 5/4 der Beleuchtungsstiirke des Kleinfelds besaB, konnte es gleich hell erseheinen wie dieses.

Es kam in diesem Vemuch nur auf die Feststellung evtl. Unterschiede in der ph/~nomenalen Helligkei~ des Ganzfelds und des Kleinfelds bei identischer Lichtst/~rke an. Welchd physiologisehen Ursaehen solche Unterschiede haben kfnnten, ob Adaptation oder sonst etwas, war ftir unsere augenblickliehe Frage gleichgiiltig. Wir ftihrten also den Vergleich in der einfachsten Form durch, indem wir das Ganzfeld und das Kleinfeld, ungef~hr je 3 Sekunden lang, ab- wechse]nd darboten und nach jedem Schritt urteilen liellen.

Page 21: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

26 W. Metzger:

Wir stehen also vor einem Paradox: Dem unbefangenen Betrachter ohne VergleichsmSglichkeiten erscheint das Ganzfeld unter Umst/~nden so hell oder heller als Fl~chen, die 100 und manchmal sogar mehr als 1000mal so stark beleuchtet sind. Sobald man aber seine ttelligkeit mit der elner ~hnlich beleuchteten kleinen Fl~che unmittelbar ver- gleichen kann, ist auf einmal yon einem wesentlichen Helligkeits- unterschied keine Rede mehr: das Ganzfeld ist dann manchmal un- bedeutend heller, manchmal sogar dunkler 1.

Das oben erSrterte merkwiirdige Verh/~ltnis zwischen Eindringlich- keit und Helligkeit erm6glicht es nun, diese Widerspriiche auf einfache Weise zu beseitigen. Wir sagten, die Eindringlichkeit sei am Ganzfeld das urspriinglichere Erlebnis, aus dem die eigentliche ttelligkeit nu t kiinstlich herausgel6st werden kann. Einem Beobachter, der noch keinen Verdacht gesch0pft hat, mug sich also die Eindringlichkeit in hohem Mal~ der Helligkeit substituieren. Wir fanden im reinen Ver- gleich die Eindringlichkeit des Ganzfelds gleich derjenigen eines 800real so hellen Kleinfelds. Schon ein Bruchteil dieser Zahl geniigt, um die bei naiver Betrachtung vorgefundene iiberm~l~ige ,,Helligkeit" (sire Eindringlichkeit) hervorzubringen. (DaB das keine reine Vermutung ist, best~tigt sich, wenn man zur Betrachtung des Ganzfeldes zuriick- kehrt, nachdem man gelernt hat, die Helligkeit aus der Eindringlichkeit herauszul6sen. Das Imposante , Strahlende bleibt, aber man ist f~hig zu sehen, dab die reine Helligkeit gar nicht so auBerordentlich ist, bei 2 Lux z .B . tats~chlich deutlich unter derjenigen einer Buchseite bei angenehmem Leselicht.)

Wird ~ das Ganzfeld mit einem kleinen Feld abwechselnd dargeboten, wie wit es S. 25 beschrieben haben, so werden die Bedingungen fiir das Herausfassen der eigentlichen Helligkeit natfirlich viel giinstiger als bei Einzelbetrachtung. Das gilt auch dann noch, wenn nicht einmal die MOglichkeit gegeben wird, die Beleuchtung in der Fixationsgegend beim ~bergang von der Darbietung des kleinen Feldes zur Darbietung des Ganzfeldes unmit telbar sich ~ndern zu sehen. Es kommt darum bei unseren Versuchen niemals vor, dab eine Eindringlichkeitsgleichung auch als Helligkeitsgleichung angesprochen wird. Sobald aber, yon der Eindringlichkeitsgleichheit ausgehend, die Beleuchtungsst~rke des Ganz- feldes erh6ht, d. h. in Richtung auf Helligkeitsgleichheit mit dem Klein-

1 Allerdings, auf der andern Seite, auch nichb so regelm/tgig und eindeutig dunkler, wie man es nach gel/tufigen Ansichten fiber den sogenannten Binnen- kontrast erwarten sollte. - - Der Befund bei diesem Vergleich beweist fibrigens noch einmal, dab an der paradoxen tIelligkeit des Ganzfelds nicht der herrschende Grad der Dunkeladaptation schuld ist; denn bei dem Vergleich bleibt die Dunkel- adaptation ann/ihernd gleich oder wird h6chstens noch etwas verst~rkt; aul~erdem haben Ideine Fl~ehen yon der gleichen Helligkeit, die bei demselben Adaptations- zustand betrachtet werden, hie diese Wirkung.

Page 22: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optisehe Untersuehungen am Ganzfeld. II. Mitteilung. 27

reid verschoben wird, gelangt man schliei~lich in einen Beleuchtungs- bereich, w o e s wieder bemerklich wird, da~ auch unter diesen Bedin- gungen die Helligkeit noch recht stark gebunden ist. (Vgl. die oben S. 23 mitgeteilte Eindringlichkeitsmessung bei einer Lichtst~rke von 5000 Einheiten am Ganzfeld und 10000 Einheiten am Kleinfeld.) Hier ist auch unter den Bedingungen des Sukzessivvergleichs eine Anstrengung des Beobachters nStig, um die Helligkeit zu isolieren: Die Helligkeit des Ganzfeldes ist nur dann noch geringer, wenn er ,,sich auf die abstrakten HeUlgkeitsverh~Itnisse richter", was besonders gut dann gelingt, wenn er darauf achtet, was beim Darbietungswechsel ,,an der Stelle des kleinen Feldes" geschieht. Die Aussage bei der Lichtst~rke 8300 am Ganzfeld zeigt endlich, dab es einen noch engeren Bereich ~hnlicher Beleuchtungen des Ganzfeldes und des Kleinfeldes gibt, wo fiir diese Versuchsperson auch bei ausgesprochen abstraktiver Einstellung die Isolierung der Hel- ligkeit nlcht mehr restlos durchfiihrbar ist.

4. Erscheinungen bel schweUennahen rdumlichen oder zeitlichen Unstetigkeiten.

1. Wenr~ einer kleinen Fl~che etwas Licht zugesetzt wird, z. B. 1% ihrer Lichtst~rke, und der Zusatz bei aufeinanderfolgenden Darbietungen stufenweise verst~rkt wird, sieht man, soweit man iiberhaupt seiner Sache sicher ist, entweder ein Gleichbleiben der Helligkeit oder eine geriehtete Ver~nderung, dazwischen in der Regel nur einen Bereich der Unsicherheit: ,,Es ist irgendetwas vorgegangen, ich wei~ aber nicht, was" und ~hnlieh lauten die Angal~en dariiber. Am Ganzfeld -- in schw~cherem MaB iibrigens auch schon an grSBeren homogenen Flachen, die nicht das ganze Gesichtsfeld ausfiillen -- haben solche Zus~tze, die noch keine gerichtete Ver~nderung zur Folge haben, doch schon eine klare, leicht beschreibbare Wirkung anderer Art: Die plStzliche Einfiihrung des Zusatzreizes und ebenso seine plStzliche Beseitigung wird als Unstetig- keit wahrgenommen, die ,,Flackern", ,,Blitzen" und (am besten) ,,Zuk- ken" genannt wird. Diese Erscheinung wurde auch schon von Garten beobachtet und yon ihm als Schwellenkriterium benutzt 1. ~be r den Ort des Zuckens ist schwer etwas zu sagen. Es findet fiir den unbefangenen Beobachter auf der ganzen Fl~che start ; wenn man aber eine bestimmte Stelle ins Auge faBt, um zd sehen, was dort geschieht, so ist das Zucken wie vorher auf der ganzen Flache zu sehen, aber es ist unmSglich, zu sagen, ob an der beobachteten Stelle auch etwas vorging. Manchmal zuckt es auch deutlich iiberall auBer in der Fixationsgegend.

1 Auch Aubert meint vielleicht dasselbe, wenn er berichtet: ,,(~brigens konnte ieh einen Untersehied immer nur im Momente der Erhellung und Verdunkelung wahrnehmen, in den n~chsten Augenblieken wuBte ich nicht mehr zu sagen, ob ich den Schirm s~he" (Physiologie der Netzhaut, S. 48, Breslau 1865).

Page 23: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

28 W. Metzger:

Augenscheinlieh haben wir hier, bei sehr schwachen zeitliehen Unstetigkeiten homogener Reizung der Netzhaut dieselbe primitive Reaktionsart vor uns, die z. B. aueh das Muskelpri~parat bei elektrischer Reizung zeigt, wenn es im Augen- bliek des Stromschlusses oder der StromSffnung zuckt, ffir Stromlosigkeit und DurehstrSmtheit aber keine spezifische Reaktion aufweist. In beiden F~llen, und iibrigens ja aueh typiseh ffir eine ganze Anzahl der niederen Sinne, ist die Reaktion nieht spezifiseh ffir absolute Teileigenschaften, sondern ffir Ganzeigen- sehaften eines zeitliehen Verlaufs (vgl. Adrian, Basis of Sensation. London 1927).

2. Wenn bei eben fiberschwelligem plStzliehem Reizzusatz eine Erhellung gesehen wird, so erfolgt diese immer yon einem bestimmten Fleck aus nach allen Seiten. In einem Tell der Beobaehtungen ist dieser Ausstrahlungspunkt in der Fixationsgegend, und die Ausstrahlung ist radial; in anderen Beobachtungen lag der Ausstrahlungspunkt welter unten, und die Ausstrahlung ging dann fiber die Mitre nach oben und im Bogen naeh auften. ~be r die Riehtung der Verdunklung liegen wenige Aussagen vor; das normale Erlebnis ist, dal~ das Dunkel yon allen Seiten nach der Mitte hereinschl~tgt. Diese anschaulieh erlebten Richtungen sind unabh~ngig yon der objektiven Riehtung der Erhellung. Es ~tndert sich an ihnen nichts, wenn der Zusatz objektiv nicht mit einer Irisblende yon der Mitre nach allen Seiten, sondern start dessen mit einem Schieber rasch z. B. yon oben nach unten eingeffihrt wird. Der Zusammenhang mit den Beobachtungen Lindemanns (Ko]/kas Gamma.Phanomen) ist deutlich, und zwar fallen die yon ihm gefundenen Rollen des Bliek- punkts und des Figurzentrums bei uns zusammen 1.

3. Periphere r~umliche Ungleichm~tBigkeiten feinster Art. Die Er- fahrungen aus vielen Beobachtungen fiber die. Ansatzstellen der Seiten- schirme wurden im technischen Teil dahin Zusammengefaf~t, da$ diese Stellen entweder gleich gar nicht gesehen werden, oder nach kurzer Fixation der Mitre des Feldes verschwinden.

~ber die Bedingungen ihres Versehwindens fanden wir folgendes: Were1 man die Mitte des Feldes fixiert, die Au/merksamkeit abet au] die Kanten und ihr VerIialten richtet, verschwinden sic zwar, wie zu erwarten, naeh eincr Anzahl yon Sekunden (10--35), erscheinen aber bei nicht allzu kleinen Blickschwankungen immer wieder.

Wenn man aber, wie es bei unseren Versuchcn die Regal war, nicht nut die Augen in die Mitre des Feldes, sondern auch die Aufmerksamkeit yon den Kanten weg auf beliebige andere Erscheinungen richtet, die gar nicht notwendig die Mitre des Feldes, sondern ebensowohl das Feld als Ganzes angehen kSnnen, verschwinden die Kanten vSllig und kehren auch bei kleinen Blickschwankungen nicht wieder, so dal~ sic w~hrend l~ngerer Beobachtungen unsichtbar bleiben und nachher

1 Aul3erdem sei auf die noch /~hnlieheren Versuehe P. Engels, Z. Psyehol. 1@7 (1928) und E. Petersohns (Z. Psychol. noch unver(iffentlicht) verwiesen, die im Ergebnis mit diesen Beobachtungen genau fibereinstimmen.

Page 24: Optische Untersuchungen am Ganzfeld

Optische Untersuchungen am Ganzfeld. IL Mitteilung. 29

keiner le i E r inne rung an sie vorl iegt und keiner le i Aussagen fiber sie g e m a c h t werden k6nnen.

Auch zentral gelegene r~umliche Unstetigkeiten yon geringcrcr Eindringlich- keit, z. B. kleine Schatten, Punkte, Striche und Flecken, wie sie sich beim Ein. schieben einer nicht ganz klaren Glasplatte in die Objektebene zeigen, ebenso Farbr/inder an nicht scharf eingestellten Strichfiguren in der Fixationsgegend, werden, wenn das Ganzfeld l/hlgere Zeit im Hinblick auf andere Eigenschaften betrachtet wird, in der Regel v611ig unsichtbar, so dal3 Vpn., die anfangs solche Dinge ausfiihrlich beschrieben, nach fortgesetzten Schwellenversuchen yon ~lbst verwundert aussagen, w~hrend der ganzen Zeit sei nichts davon zu sehen gewesen. ])a~ es sich dabei nicht einfach um die bekannte Heringsche Lokaladaptation handelt, geht daraus hervor, daft unter den genanntea Bedingungen auch kleine und grol3e Blickschwankungen die verschwundenen Erscheinungen nicht wieder zum Vorschein brachten. Im Gegensatz zu den peripheren Unstetigkeiten er- scheinen die zentral gelegenen Unstetigkeiten bei darau/ gerichteter Au/merk- aamkelt schon bei den allergeringsten Blickschwankungen wieder, yon denen beim Fehten eines Fixa~ionspunktes keine Sekunde frei ist.

(Eingegangen am 1. September 1928.)