neuentwicklung einer gerührten extraktionskolonne mit extremer belastungsflexibilität

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Synopse 1081 Neuentwicklung einer geruhrten Extraktionskolonne mit extremer Belastungsflexibilitat* Ernst von Fischer, Ladislav Steiner und Stanley Hartland** Extraktionskolonnen mit Zufuhr mechanischer Energie weisen gegenuber herkommlichen Bauarten wie z. B. der einfdchen Fiillkor- perkolonne vor allem den Vorteil groljerer Stoffaustauschflachen durch intensive Zerteilung der dispersen Phase auf, und bieten infolgedessen auch eine verbesserte Trennleistung. Im Mittelpunkt der Entwicklung stehen deshalb heute Kolonnen mit einer zentralen rotierenden Achse, an der Ruhrer angeordnet sind, die zwischen den je nach Bauart unterschiedlichen Boden fur die Zerteilung der dispersen Phase sorgen. Die Funktion der Boden besteht in der mehr oder weniger wirksamen Trennung benachbarter Stufen, die im Idealfall jede fur sich vollstandig durchmischt sind, untereinander jedoch unstetige Veranderungen der Zustandsvariablen aufweisen. Je scharfer diese Trennung gelingt, desto geringer ist die im kontinuierli- chen Gegenstromapparat unvermeidliche Ruckvermischung der Phasen. Starke Dispergierung und wirksame Stufentrennung sind also zwei vorrangige konstruktive Forderungen zur Erzielung eines hohen Wirkungsgrades. In der EC-Kolonne (Enhanced Coa1escence)erfolgt die Trennung der geruhrten Dispersionszellen durch axial gerichtete, gitterformige Boden, an denen die disperse Phase jeweils koalesziert, bevor sie vom niichstfolgenden Riihrer von neuem in Tropfen zerteilt wird. Die Intensitat der Koaleszenz wird durch den von der dispersen Phase benetzbaren Bodenwerkstoff (z. B. PTFE fur organische, Keramik fur waBrige Losungsmittel) verstlrkt. Im Betrieb bleibt ein Teil des kont. Phase a) Kolonne in Betrleb u-7 .. . . . . . . . . .,.. . . . . , . . . , .. , . . . . ... . ,. . . . . . . . . . ' M I b) Kolonne ausser Betrleb Abb. 1. Wirkungsweise der EC-Boden * Vortrag auf dem Jahrestreffen der Verfahrens-Ingenieure, 29. Sept. bis 1. Okt. 1982 in Basel. ** Dipl.-Ing. E. u. Fischer (Vortragender), Dr. L. Steiner und Prof. Dr. S. Hurtland, Technisch-Chemisches Laboratorium der ETH Zurich, ETH-Zentrum, CH-8092 Zurich. hohen freien Bodenquerschnitts von uber 90% dem Gegenstrom der kontinuierlichen Phase vorbehalten, wobei sich das Verhiiltnis der Querschnittsfllchen entsprechend Belastungszustand und Phasen- verhlltnis einstellt (Abb. 1 ), so daO die Kolonne auf Veranderungen der Betriebsparameter flexibel reagiert und auch die entlang der Kolonnenhohe veranderlichen EinflulJgriif3en wie Holdup und Phasengeschwindigkeit in jeder Stufe getrennt berucksichtigt. Auch Abb. 2. Kolonnenfufl. Betriebsstorungen wie z. B. Durchsatzschwankuiigen iiher dic Belastungs-Charakteristik hinaus werden im Sinne einer Selbststabi- lisierung ausgeglichen, Im Zuge der Entwicklung des EC-Konzepts wurde mit Hilfe einer dreistufigen Laborkolonne die Konstruktion der Einbauten opti- miert, woraufhin der Bau einer 2 m langen Kolonne im halbtechni- schen Maljstaberfolgte, in der die hydrodynamischen Parameter und die Stoffaustausch-Parameter uberden gesamten Betriebsbereich mit dem Stoffsystem Toluol/Aceton/Wasser gemessen wurden. Zur Belostung B Im3Im2hl i C C Abb. 3. Trennwirkung verschiedener Stichlmair 111. Stoffaustauschrichtunp: Extraktionskolonnen nach Wasser +Toluol. Volumen- . > I verhaltnis der Phasen: W:T = 1 :1,5; RZE QVF-Ruhrzellenextrak- tor, PFK pulsierte Fullkorperkolonne, PSE pulsierte Siebbodenko- lonne, RDC Rotating Disc Contactor, FK Fullkorperkolonne. SE Siebbodenkolonne, MS Mixer - Settler, EC Enhanced Coalescence Column. 228 ~ _ _ _ _ Chem.-1ng.-Tech. 55 (1983) Nr. 3, S. 228-229 CJ Verlag Chemie GmbH. D-6940 Weinheim 1983 000Y-286X/83/0303-0228~02.50/0

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Page 1: Neuentwicklung einer gerührten Extraktionskolonne mit extremer Belastungsflexibilität

Synopse 1081

Neuentwicklung einer geruhrten Extraktionskolonne mit extremer Belastungsflexibilitat*

Ernst von Fischer, Ladislav Steiner und Stanley Hartland**

Extraktionskolonnen mit Zufuhr mechanischer Energie weisen gegenuber herkommlichen Bauarten wie z. B. der einfdchen Fiillkor- perkolonne vor allem den Vorteil groljerer Stoffaustauschflachen durch intensive Zerteilung der dispersen Phase auf, und bieten infolgedessen auch eine verbesserte Trennleistung. Im Mittelpunkt der Entwicklung stehen deshalb heute Kolonnen mit einer zentralen rotierenden Achse, an der Ruhrer angeordnet sind, die zwischen den je nach Bauart unterschiedlichen Boden fur die Zerteilung der dispersen Phase sorgen. Die Funktion der Boden besteht in der mehr oder weniger wirksamen Trennung benachbarter Stufen, die im Idealfall jede fur sich vollstandig durchmischt sind, untereinander jedoch unstetige Veranderungen der Zustandsvariablen aufweisen. Je scharfer diese Trennung gelingt, desto geringer ist die im kontinuierli- chen Gegenstromapparat unvermeidliche Ruckvermischung der Phasen. Starke Dispergierung und wirksame Stufentrennung sind also zwei vorrangige konstruktive Forderungen zur Erzielung eines hohen Wirkungsgrades. In der EC-Kolonne (Enhanced Coa1escence)erfolgt die Trennung der geruhrten Dispersionszellen durch axial gerichtete, gitterformige Boden, an denen die disperse Phase jeweils koalesziert, bevor sie vom niichstfolgenden Riihrer von neuem in Tropfen zerteilt wird. Die Intensitat der Koaleszenz wird durch den von der dispersen Phase benetzbaren Bodenwerkstoff (z. B. PTFE fur organische, Keramik fur waBrige Losungsmittel) verstlrkt. Im Betrieb bleibt ein Teil des

kont. Phase

a) Kolonne in Betrleb

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M I b) Kolonne ausser Betrleb

Abb. 1. Wirkungsweise der EC-Boden

* Vortrag auf dem Jahrestreffen der Verfahrens-Ingenieure, 29. Sept. bis 1 . Okt. 1982 in Basel.

** Dipl.-Ing. E. u . Fischer (Vortragender), Dr. L. Steiner und Prof. Dr. S . Hurtland, Technisch-Chemisches Laboratorium der ETH Zurich, ETH-Zentrum, CH-8092 Zurich.

hohen freien Bodenquerschnitts von uber 90% dem Gegenstrom der kontinuierlichen Phase vorbehalten, wobei sich das Verhiiltnis der Querschnittsfllchen entsprechend Belastungszustand und Phasen- verhlltnis einstellt (Abb. 1 ), so daO die Kolonne auf Veranderungen der Betriebsparameter flexibel reagiert und auch die entlang der Kolonnenhohe veranderlichen EinflulJgriif3en wie Holdup und Phasengeschwindigkeit in jeder Stufe getrennt berucksichtigt. Auch

Abb. 2. Kolonnenfufl.

Betriebsstorungen wie z. B. Durchsatzschwankuiigen iiher dic Belastungs-Charakteristik hinaus werden im Sinne einer Selbststabi- lisierung ausgeglichen, Im Zuge der Entwicklung des EC-Konzepts wurde mit Hilfe einer dreistufigen Laborkolonne die Konstruktion der Einbauten opti- miert, woraufhin der Bau einer 2 m langen Kolonne im halbtechni- schen Maljstaberfolgte, in der die hydrodynamischen Parameter und die Stoffaustausch-Parameter uberden gesamten Betriebsbereich mit dem Stoffsystem Toluol/Aceton/Wasser gemessen wurden. Zur

Belostung B I m 3 I m 2 h l € i C C

Abb. 3. Trennwirkung verschiedener Stichlmair 111. Stoffaustauschrichtunp:

Extraktionskolonnen nach Wasser +Toluol. Volumen-

. > I

verhaltnis der Phasen: W:T = 1 :1,5; RZE QVF-Ruhrzellenextrak- tor, PFK pulsierte Fullkorperkolonne, PSE pulsierte Siebbodenko- lonne, RDC Rotating Disc Contactor, FK Fullkorperkolonne. SE Siebbodenkolonne, MS Mixer - Settler, EC Enhanced Coalescence Column.

228 ~ _ _ _ _

Chem.-1ng.-Tech. 55 (1983) Nr. 3, S. 228-229 CJ Verlag Chemie GmbH. D-6940 Weinheim 1983 000Y-286X/83/0303-0228~02.50/0

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Ermittlung der Ruckvermischung in der dispersen Phase kamen neuartige Sonden zum Einsatz, die sich in die Dispersionszelle einsetzen lassen, die disperse Phase abscheiden, die Lichtabsorption eines gefar hten Dispersphasenpulses in einem sehr geringen Probevo- lumen bestimmen und die gemessene Fliissigkeit aus der Kolonne herausleiten. Um das bei geriihrten Kolonnen haufig auftretende Fluten aufgrund der Akkumulation kleiner Tropfen am Kolonnenfulj zu vermeiden, wurde eine spezielle Konstruktion angewandt (Abb. 2) . In einem trichterforrnigen Einsatz wird die abwarts stromende kontinuierliche Phase beschleunigt. Sie reiljt infolgedessen die kleinen Tropfen bis in den erweiterten Querschnitt mit, wo sie dann koaleszieren und durch Steigrohre wieder rnit dem Hauptstrom der dispersen Phase aufsteigen konnen. Ein Element aus Sulzer-Packung unterhalb des Trichters hindert die kleinen Tropfen wirksam am Verlassen der Kolonne. Die Ergebnisse der Kolonnen-Untersuchung sind in Abb. 3 in Form eines Vergleiches der Betriebs-Charakteristik mit anderen Bauarten zusammengefaljt, wobei die Belastung B als die Summe der auf den

Querschnitt bezogenen Volumenstrome definiert ist. Die EC- Kolonne weist eine mit den anderen Typen durchaus vergleichbare Trennleistung auf, wahrend ihr Betriebsbereich den aller konventio- nellen Apparate wesentlich iibertrifft. Dieses Verhalten wird den koaleszenzfordernden Boden zugeschrieben, die der Kolonne durch die Querschnittsanpassung der Phasenstrome eine grolje Flexibilitat verleihen. Eingegangen am 13. Oktober 1982

[I] Stichlmair, J . : Chem.-1ng.-Tech. 52 (1980) Nr. 3 , S. 253/255.

Schliissefworte: Gegenstrom-Extraktion, Extraktionskolonne fur Fliissig/Fliissig-Systeme mit rotierenden Einbauten, Koaleszenz, Kolonnenboden, Flexibilitat, Belastung, Holdup, Flutpunkt.

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Chem.-1ng.-Tech. 55 (1983) Nr. 3, S. 228-229

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