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NEUE MUSIKNEUE KLÄNGE

SENDUNGEN IM MAI, JUNI UND JULI 2018

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2 3WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

FR 4. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

LUCRECIA DALT @GERÄUSCHWELTEN MÜNSTER

Auf Lucrecia Dalts 2015er Al­bum »Ou« wurde der Gesang der 1980 geborenen Kolum­bianerin vermisst. Auch ihren E­Bass hörte man kaum noch raus. Es schien, als seien alle Klänge elektronisch am Com­puter hergestellt worden. Spröde und elegant, einfach und gleichzeitig unnahbar wirkte dieser Sound. Auffal­lend auch die durchdachte Form und klangliche Präzision.

Liegt es an Dalts Ausbildung zur Bauingenieurin? »Irgendwie hatte es mich in den geotech­nischen Bereich verschlagen. Ich habe hauptsächlich Sachen entworfen für Dinge, die man nicht sieht. Zum Beispiel Tun­nel, Fundamente oder Geh­wege. Das waren die reichhal­tigsten Erfahrungen, die ich noch immer in meiner Musik spüre.« Auf dem neuen Album »Anticlines«, das in diesen Ta­gen erscheint, ist ihre Stimme wieder prominent vertreten.

Im Anschluss:»Von Acerca bis Anticlines« Lucrecia Dalt im Gespräch mit Raphael Smarzoch

SA 5. MAI / 20.04 BIS 22.30 UHRWDR 3 KONZERT

MUSIK DER ZEIT [7] SINFONIEN

BERND ALOIS ZIMMERMANN »Sinfonie« (1951) erste Version der »Sinfonie in einem Satz« für Orchester

CAROLA BAUCKHOLT »Im Auge des Klangs« (2018) für Orchester (Uraufführung)

In der Pause gegen 20.45 Uhr: Zwischentöne: Citizen Z Teil 3, ein Beitrag von Barbara Eckle

BERND ALOIS ZIMMERMANN »Die Soldaten« (1958 – 60/1963) Vokalsinfonie für sechs Solis­ten und Orchester

ALLISON BELL / Sopran

ANNA RAZIEJEWSKA / Mezzosopran

BETTINA RANCH / Alt

PETER TANTSITS / Tenor

HANS CHRISTOPH BEGEMANN /

Bariton

OTTO KATZAMEIER / Bass

WDR SINFONIEORCHESTER

EMILIO POMÀRICO / Leitung

MICHAEL STRUCK-SCHLOEN /

Moderation

Parallele Ausstrahlung in 5.1 Surround

Mehrfach hat Bernd Alois Zimmermann sich auf ein un­sicheres musikalisches Terrain gewagt: Er schrieb Sinfonien, die eigentlich keine mehr sind. Zwei solcher Zeugnisse der Nachkriegsjahre rahmen an diesem Abend einen Beitrag aus dem Hier und Jetzt, den Carola Bauckholt liefert. Zim­mermanns »Sinfonie in einem Satz« stellt »innere Logik« vor kleinteilige Durch arbeitung. Ihre expressionis tische Schärfe vertreibt jeden Gedanken an Harmonie. Sie ist ein Anschluss an eine labile Tradition, der selbst aber den Weg zurück verstellt. In der »Vokalsinfonie« hat Zimmermann wesentliche Teile seiner Oper »Die Solda­ten« für eine erste konzertante Aufführung zusammengezogen. Hier ist die Sinfonie zum Test­ballon geworden, ein »work­in­progress« als Form des künst­lerischen Überlebens. Um heute Komponistin sein zu können, braucht Carola Bauck­holt den Zugriff auf ganz an­dere Gattungen, Medien und Sinnreservoirs. Wenn sie nun ein neues Werk für das WDR Sinfonie orchester schreibt – wieviele Spuren des Sinfoni­schen kann es da noch geben?

AUFNAHMEvom 7. Mai 2016 aus der Black Box in Münster

LIVEaus der Kölner Philharmonie

4 5WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SO 6. MAI / 20.04 BIS 23.00 UHR WDR 3 OPER

DIE SOLDATEN MODERATION: JOHANNES ZINK

BERND ALOIS ZIMMERMANN »Die Soldaten« Oper in vier Akten Libretto vom Komponisten nach dem gleichnamigen Schauspiel von Jakob Michael Reinhold Lenz

Wesener, ein Galanteriehändler

in Lille: FRANK VAN HOVE

Marie, seine Tochter:

EMILY HINDRICHS

Charlotte, seine Tochter:

JUDITH THIELSEN

Weseners alte Mutter:

KISMARA PESSATTI

Stolzius, Tuchhändler in Armentières:

NIKOLAY BORCHEV

Stolzius’ Mutter:

DALIA SCHAECHTER

Obrist, Graf von Spannheim:

MIROSLAV STRICEVIC

Desportes, ein Edelmann:

MARTIN KOCH

Pirzel, ein Hauptmann:

JOHN HEUZENROEDER

Eisenhardt, ein Feldprediger:

OLIVER ZWARG

Haudy: MILJENKO TURK

Mary: WOLFGANG STEFAN

SCHWAIGER

Drei junge Offiziere:

YOUNG WOO KIM, DINO LÜTHY,

PETER TANTSITS

Die Gräfin de la Roche: URSULA

HESSE VON DEN STEINEN

Der junge Graf, ihr Sohn:

ALEXANDER KAIMBACHER

Madame Roux, Inhaberin des Kaffee-

hauses: SILKE NATHO

Der Bediente der Gräfin de la Roche:

ALEXANDER FEDIN

Der junge Fähnrich: JAN RUSKO

Der betrunkene Offizier:

HOEUP CHOI

Drei Hauptleute:

HEIKO KÖPKE, CARSTEN MAINZ,

ANTHONY SANDLE

Offiziere und Fähnriche:

CHORE DER OPER KÖLN

GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN

FRANÇOIS-XAVIER ROTH / Leitung

Ihre Uraufführung wurde zu einem epochalen Ereignis: An­lässlich des 100. Geburtstags von Bernd Alois Zimmermann zeigt die Oper Köln »Die Sol­daten«, jenes Werk, dessen Uraufführung in der Domstadt 1965 in der öffentlichen Wahr­nehmung bis heute nachwir­kend als das wohl bedeutendste Ereignis ihrer Nachkriegsge­schichte gilt.

SA 5. MAI / 22.15 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

FISH AND OTHER BIRDSMODERATION: ANGELA BISCHOFFSTRATE

»FISH AND OTHER BIRDS« Von Martin DaskeProduktion: WDR 2018

»FANGKUNST« Von Martin DaskeProduktion: WDR 2004 Während in »Fangkunst« (2004) fast ausschließlich Klänge von Fischen zum Ein­satz kommen, erstreckt sich das Klangmaterial von »fish and other birds« (2018) auf Tiersounds der gesamten mari­timen Welt, der Fokus über­wiegend auf dem Unterwasser­geschehen, vereinzelt aber auch diesseits der Wasserober­fläche. Und oft stellt sich eine große Klangverwandtschaft der Unterwasser­ zu den Ober­wassersounds heraus. Ein Schwerpunkt der neuen Radio­

komposition von Martin Daske liegt auf dem vielfältigen Rau­schen, das durch »akustische Standbilder« herausgearbeitet wird, sowie den immer wieder überraschenden rhythmischen Strukturen der Unterwasser­welt. Dass es unter Wasser teil­weise recht »elektrisch« oder »elektronisch« klingt, liegt sicher nicht zuletzt an der akus ­ tischen Umweltverschmutzung

– warum auch sollten die Meere davon verschont sein? Dem Klangreichtum dieses Stückes hat es aber nicht geschadet. Und – wie die Forschung her­ausgefunden hat – »grunts may contain complex infor­mation«.

6 7WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

Das Bühnenwerk, das längst zu den zentralen Kompositionen des 20. Jahrhunderts zählt und inzwischen trotz des immen­sen Aufwandes von vielen, auch weniger großen Häusern aufgeführt wird, wurde zu­nächst vom Auftraggeber, der Kölner Oper, als unspielbar ab­gelehnt. Den Weg für die Welt­Karriere ebnete die Soldaten­Sinfonie, die Zimmermann aus dem Opus extrahiert und die das WDR Sinfonieorchester 1963 unter Leitung von Jan Krenz im Funkhaus aus der Taufe hob.

In der Neuproduktion der Köl­ner Oper im rechtsrheinischen Ausweichquartier Staatenhaus steht Generalmusikdirektor François­Xavier Roth am Pult, Regisseur Carlus Padrissa (La Fura dels Baus), Bühnenbildner Roland Olbeter und Kostüm­bildner Chu Uroz sind – nach »Parsifal« und »Benvenuto Cel­lini« – für die szenische Umset­zung verantwortlich.

SO 6. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

MANIFESTE NACH MARX & ENGELS MODERATION: MICHAEL REBHAHN

ERWIN SCHULHOFF »Das kommunistische Manifest« (1932) für Chor und Orchester (Ausschnitt) KÜHNS KINDERCHOR

RADIO-CHOR PRAG

SINFONIEORCHESTER DES

TSCHECHOSLOWAKISCHEN

RUNDFUNKS

FRANTISEK VAJNAR / Leitung

HANS G HELMS »Konstruktionen« (1968) Hörstück für 16 Chorstimmen nach Sätzen von Marx und Engels SWR VOKALENSEMBLE

STUTTGART

PETER HIRSCH / Leitung

IRIS DRÖGEKAMP / Regie

PAUL DESSAU »Proletarier aller Länder, vereinigt euch« (1948) Chorkantate CHOR LEIPZIG DES STAATLICHEN

RUNDFUNK-KOMITEES

HERBERT KEGEL / Leitung

LUIGI NONO »Ein Gespenst geht um in der Welt« (1971) für Sopran, Chor und Orchester (Ausschnitt) LILIANA POLI / Sopran

WDR RUNDFUNKCHOR

WDR SINFONIEORCHCESTER

LADISLAV KUPKOVIC / Leitung

LUCIANO BERIO »A­Ronne« (1974) a radiophonic documentary for five actors (Ausschnitt) NEUE VOCALSOLISTEN

STUTTGART

»Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus«. Mit diesen legendären, längst geflügelten Worten beginnt das »Das Kommunistische Manifest« von Karl Marx und Friedrich Engels, das mit dem bekannten Aufruf endet: »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« �

8 9WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

In dem programmatischen Text aus dem Jahr 1848 entwickeln Marx/Engels pointiert ihre spä­ter als Marxismus bezeichnete Weltanschauung. Der grund­legende Text, der inzwischen in fast alle Sprachen übersetzt und in das UNESCO Dokumen­tarerbe aufgenommen wurde, hat auch in der Musikgeschich­te markante Spuren hinterlas­sen. Fünf Werke, die sich dem Text ganz unterschiedlich – zwischen Agitprop und Avant­garde – nähern, stehen im Mittelpunkt dieser Hommage zum 200. Geburtstag von Karl Marx.

Erwin Schulhoff, der 1942 an den Folgen seiner Deportie­rung im Lager Wülzburg in Bayern starb, hat den Text 1932 zu einem Oratorium verarbei­tet. Paul Dessau (1948) und Hans G Helms (1968) schrie­ben nach dem Manifest Chor­etüden, während Luciano Berio (1974) und Luigi Nono – sogar zweimal: in einer Kantate (1971) und in seiner zweiten szeni­schen Aktion (1975) – die zen trale Textzeile aus dem Manifest verwenden. Bei der Uraufführung der Nono­Kan­tate mit dem mondial »erwei­terten« Titel »Ein Gespenst geht um in der Welt« schlugen die Wogen hoch: Bei dem Kon­zert der Reihe »Musik der Zeit« im Kölner Funkhaus wurden Flugblätter verteilt und demo­artigen Aktionen durchgeführt, was dem WDR einigen »Polit­Ärger und weitere Punkte auf dem Konto ›Rotfunk‹« (Rainer Peters) eintrug.

FR 11. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

KIPI KANINUS @ FESTIVAL ISLANDBILDER, KÖLN Der isländische Laptop­ Musiker und Videokünstler Kippi Kaninus beschäftigt sich in seinen musikalischen Arbei­ten abwechselnd mit reinen Geräusch­Experimenten, song­orientierten Strukturen und tanzbaren Beats. Seine Kol­legen Daníel Bjarnason und Ólafur Arnalds arbeiten nicht mit Computern, sondern gerne mit großen Orchestern oder schreiben Stücke für kammer­musikalische Besetzungen. Sie komponieren einen Sound, der von der Musikpresse als neue

klassische Musik bezeichnet wird. Jóhann Jóhannssons Album »Englabörn« gilt als Blaupause dieses Sounds und als Beginn einer erfolgreichen Karriere, die den im Februar verstorbenen Komponisten bis nach Hollywood führte. Mit seinen experimentellen Sound­tracks zu Filmen wie »Sicario« oder »Arrival« wurde Jóhanns­són weltweit berühmt. WDR 3 Open Sounds blickt zurück auf die Karriere des Komponisten und stellt aktuelle Sounds aus Island vor.

Im Anschluss:»Island Klänge – Zwischen Kammermusik und Wall of Sound«Autor: Raphael Smarzoch

AUFNAHMEvom Festival Islandbilder vom 24. November 2005 aus dem Kölner Filmhaus

10 11WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SA 12. MAI / 22.04 BIS 23.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK

POINT OF VIEW [66]: GOLO FÖLLMERAUTOR: MICHAEL REBHAHN

Golo Föllmer, 1964 in Karls­ruhe geboren, lernte Klavier­bauer, studierte Musik­ und Kommunikationswissenschaf­ten in Berlin und San Francisco, promovierte über »Musik im Netz« und arbeitete am Insti­tut für Medien­ und Kom­munikationswissenschaft der Universität in Halle. Als Wis­senschaftler beschäftigt er sich mit der Ästhetik und Rezeption von elektroakustischer Musik, Klangkunst und Radiokunst sowie mit der Funktion von Musik und Sounddesign in audiovisuellen Medien. Für »Point of View« hat Golo Föllmer eine denkbar diverse Auswahl von Stücken zusam­mengestellt.

MUSLIMGAUZE Sector 2

MARYANNE AMACHER Head Rhythm 1

NICHOLAS COLLINS Broken Light – I Corelli

ELIANE RADIGUE Kyema

BOB OSTERTAG Part One

L.O.S.D. Organic 2 / 23 Locked Grooves

JOHN CAGE Williams Mix

MADONNA What it feels like for a Girl

STADTRAUMKLÄNGE –EIN IMAGINÄRER RUNDGANG AUTOREN: GOLO FÖLLMER UND NATHALIE SINGER

1. »Tonhäuser – Räume aus Klang gebaut« Mit Klangkunstwerken von u. a.GUNTER DEMNIG, ELLEN FULLMAN, BERNHARD LEITNER, FRANCISCO LÓPEZ, ALVIN LUCIER, PAUL PANHUYSEN und ANDRÉ WERNER

2. »Töne für die Straße – akusti­sche Stadtraumgestaltung« SAM AUINGER UND BRUCE ODLAND, LOUIS DANDREL, PIERRE HENRY, KLANGFACH 6, JOANNE LEE, ROBIN MINARD und GORDON MONAHAN

Klangkünstler benutzen oft bauliche Gegebenheiten als tragenden Bestandteil speziell entworfener Klangerzeuger, so dass der ganze Raum zum In­strument wird. Oder sie bilden architektonische Proportionen in abstrakten musikalischen Strukturen ab, die im Raum wiederum ein stark sinnliches Erleben ermöglichen. Die Architektur bietet Klang­künstlern nicht nur reizvolle

Behältnis für die klingende Kunst, sondern stellt mit der sozialen Relevanz und dem Erlebnischarakter urbaner Bau­werke im öffentlichen Außen­raum auch aktuelle Fragen. In der Klangkunst wird Stadt­raumgestaltung als ein musika­lisches Problem begriffen. Klanginstallationskünstler arbeiten im öffentlichen Stadt­raum sowohl mit sachlich­funktionalen Klangelementen als auch mit metaphorischen Spiegelungen der uns täglich umgebenden Klangwelt. Ziel kann die offenbare akustische Gestaltung des Stadtareals im Sinne eines akustischen Land­schaftsarchitekten sein, es kann sich aber auch um hinter­gründige, fast unmerkliche klangliche Färbungen der städ­tischen Lebenswelt handeln. Mit einer Höruhr, einer Hafen­symphonie und Klangkunst­werken für einen Turm, ein Stadttor, eine Fußgängerzone und eine Wiese.

12 13WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SO 13. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

SONGS AND POEMS (1) MODERATION: MARTINA SEEBER

ANDREAS DOHMEN »versi rapportati« (2012/13) für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

HANS THOMALLA »Lied« (2007/08) für Tenorsaxophon, Vibraphon und Klavier

WALTER ZIMMERMANN»As I was walking along I came upon chance« (2008) für Tenorsaxofon, Schlagzeug und Klavier

TRIO ACCANTO:

NICOLAS HODGES / Klavier

MARCUS WEISS / Saxophon

CHRISTIAN DIERSTEIN /

Schlagzeug

Saxophon, Klavier Schlagzeug. Im Jazz ist die Besetzung ein Klassiker, in der zeitgenös­sischen Musik die absolute Ausnahme. »Ich liebe diese Selbstverleugnung des Jazz«, bekennt der Pianist Nicolas Hodges. »Wir sind ein Jazztrio, das nie Jazz spielt«.

Mit Masochismus hat das nichts zu tun. Seit der Grün­dung des Trio Accanto vor fast 25 Jahren wächst und gedeiht das Repertoire für die Forma­tion. Dass sich dabei der Jazz gelegentlich durch die Hinter­tür zurückmeldet, stört das Trio, zu dem auch Saxophonist Marcus Weiss und Schlagzeu­ger Christian Dierstein gehö­ren, keineswegs. Die ästhe­tischen Welten, die Andreas Dohmen, Hans Thomalla und Walter Zimmermann in ihren Kompositionen für das Trio Accanto erschließen, könnten allerdings unterschiedlicher kaum sein.

FR 18. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

TO ROCOCO ROT @ BONN HOEREN 1995 gründen die Brüder Robert und Ronald Lippok zusammen mit Stefan Schneider die Band To Rococo Rot. Die Grund­bestandteile ihres Sounds ha­ben sie bis heute nur minimal variiert: Das Trio experimen­tiert mit instrumentalen und elektronischen Klängen, die von repetitiven Rhythmen begleitet werden. Auf frühen Alben glaubt man, Bezüge zum Clicks & Cuts­Sound der Mille Plateaux­Schule zu hören. Jüngere Experimente öffnen Hörräume in Post­ und Kraut­rock­Welten. WDR 3 Open Sounds präsentiert To Rococo Rot mit dem Glockenlied. Im Mittelpunkt der Improvisation steht der Klang der Bonner Sankt Helena Kirchenglocke.

Neben seiner Tätigkeit bei To Rococo Rot macht Stefan Schneider Musik als Map­station und spielt in der Band Kreidler. Kürzlich trat er auch als Kurator in Erscheinung. Für das Label Bureau B stellte er den Sampler »Sammlung – Elektronische Kassettenmusik Düsseldorf 1982 – 1989« zu­sammen. Eine nostalgische Bestandsaufnahme längst in Vergessenheit geratener Expe­rimentatoren, die mit günstigen Synthesizern musikalische Ver­suchsanordnungen zwischen analogen Punk­Entwürfen und rauschenden Lo­Fi­Tracks kom­ponierten.

Im Anschluss:»Düsseldorfs vergessene Kassetten-Szene«Stefan Schneider im Gespräch mit Raphael Smarzoch

AUFNAHMEvom 18. Mai 2014 aus der Bonner Sankt Helena Kirche

14 15WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SA 19. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHR WDR 3 OPEN SOUNDS

FOURTH WORLD – IMAGINÄRE WELTMUSIK SEIT JON HASSELLAUTOR: OLAF KARNIK Als der amerikanische Kompo­nist und Trompeter Jon Hassell 1980 seine gemeinsam mit Brian Eno produzierte Platte »Fourth World Vol. 1: Possible Musics« veröffentlichte, deu­tete schon der Titel auf eine Serie von künstlerischen Expe­rimenten mit konzeptioneller Ausrichtung. Hassell hatte bei Karlheinz Stockhausen und beim indischen Raga­Meister Pandit Pran Nath studiert, in den USA mit den Minimalisten Terry Riley und La Monte Young zusammen gespielt und war Fan des elektrischen Fusion­Jazz von Miles Davis. In seinem Fourth World­Konzept wurden diese Einflüsse mit Elementen traditioneller Musik aus Afrika und Asien zu einem mystisch­erotischen Hexen­gebräu verrührt, das sich vor allem nicht um eins bemühte: Authentizität.

Stattdessen schwebte Hassell eine globale Musik in der Mög­lichkeitsform vor, die die sozio­kulturellen Differenzen von Erster, Zweiter und Dritter Welt transzendiert: eine Ver­

mischung von traditioneller Musik aus der ganzen Welt mit westlichen Kompositionstech­niken und moderner Elektronik, aus der eine zeitgenössische Folklore unbekannter und ima­ginärer Regionen entsteht. Seinen ethnopoetischen Sound diversifizierte Hassell auf zahl­reichen Veröffentlichungen bis in die 1990er Jahre und fand in dieser Zeit viele Adepten und Wegbegleiter – darunter Michael Turtle, Roberto Musci oder Finis Africae.

In den letzten Jahren ist das Echo der Fourth World Music wieder laut geworden. Die Ver­schmelzung von traditioneller Folklore mit futuristischer Elektronik und der Genre­übergreifende Appeal von Has­sells Musik fasziniert eine neue Generation von Produzenten im Bereich zwischen Ambient und experimenteller Elektronik, darunter Spencer Clark, Jonny Nash, Visible Cloaks oder Andrew Pekler. Ein Streifzug durch die Territorien der Fourth World Music gestern und heute.

SO 20.MAI / 20:04 BIS 22:00 UHRWDR 3 KONZERT

MUSIK FÜRS RADIO!WERKE UND BEARBEITUNGEN VON BERND ALOIS ZIMMERMANN

BERND ALOIS ZIMMERMANN »Söbensprung« (1950) ein norddeutsches Volkstanz­potpourri für Bläser, Pauken und Perkussion

DARIUS MILHAUD/BERND ALOIS ZIMMERMANN »Saudades do Brasil« (1920 – 21) für Orchester bearbeitet (1951)

BERND ALOIS ZIMMERMANN»Rheinische Kirmestänze« (1950 – 62) für dreizehn Bläser

MODEST MUSSORGSKY/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Au village« (Quasi fantasia) (1880) für Klavier, bearbeitet für Orchester (1950)

MODEST MUSSORGSKY/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Reiseeindrücke aus der Krim« (1880) für Klavier, bearbeitet für Orchester von Bernd Alois Zimmermann (1949)

SERGEJ RACHMANINOW/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Romance« op. 10,6 (1893/94) für Klavier, bearbeitet für Saxophon und Orchester von Bernd Alois Zimmermann (1950)

JACQUES OFFENBACH/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Le Violoneux« (Die Zaubergeige) (1855) Légende bretonne in einem Akt. Libretto von Eugène Mestépès und Émile Chevalet Neuorchestrierung von Bernd Alois Zimmermann (1950) (Uraufführung)

MILJENKO TURK / Bariton

ANNIKA BOOS / Mezzosopran

CHRISTIAN STURM / Tenor

ANDY MILES / Saxophon

WDR FUNKHAUSORCHESTER

KÖLN ALFRED ESCHWÉ / Dirigent �

MITSCHNITTvom 28. April 2018 aus der Kölner Philharmonie

16 17WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

»Ich bin mit jeder Einnahme, sofern sie nicht gerade unwür­dig ist, von vornherein zufrie­den, da ich praktisch völlig in der Luft hänge«, heißt es in einem Brief Bernd Alois Zim­mermanns aus den frühen 1950er Jahren.

Bevor der Komponist seine Professur in Köln antrat, diri­gierte er einen Männerchor und verdingte sich als Pianist in Tanzkapellen, doch vor allem schrieb er Musik für den Rund­funk, etwa Orchestrierungen fremder Klavierwerke und phantasievolle Volksmusik­ Arrangements. Gelegenheits­arbeiten, die ihm auf einiger­maßen ehrbare Weise den Lebensunterhalt sicherten, zugleich aber auch wertvolle Erfahrungen auf dem Weg zur »pluralistischen« Komposi­tionskunst späterer Jahre. Neben unzähligen Klavier­stücken hat BAZi 1950 auch »Die Zaubergeige« von Jacques Offenbach im Auftrag des NWDR nach dem Klavier­auszug neu instrumentiert. Und das obwohl es eine vom Komponisten selbst instrumen­tierte, aufführbare Fassung des Werkes gibt. Das unbenutzte Stimmenmaterial, das erst vor einigen Jahren aufgefunden

wurde, wurde offenbar seiner­zeit nie gespielt – weder im Konzert noch im Studio. Das Ergebnis könnte man – analog zur damals erprobten Funkoper – als ein seltenes Ex­emplar einer »Funkoperette« ansehen, bei der Offenbachs »Légende bretonne« nicht nur ins Deutsche übersetzt, son­dern eigens für den »Funk«, fürs Radio bearbeitet wurde.

Die Uraufführung dieses Werkes, das für das damalige Orchester Hermann Hagestedt entstand, wird vom WDR Funkhausorchester realisiert, das in den 1970er Jahren aus den verschiedenen Ensembles und Combos hervorgegangen ist, die neben Sinfonieorches­ter und Chor den Kölner Sen­der bevölkerten: darunter das Kleine Unterhaltungsorchester, Harald Banters Media Band, das Orchester Hans Bund, das Tanz­ und Unterhaltungs­orchester von Adalbert Lucz­kowski (Vorläufer der WDR Bigband und des Orchester Kurt Edelhagen), das salonor­chesterartige Ellegiers Sextett oder die Volksmusikvereini­gung des WDR, für die die »Rheinischen Kirmestänzen« einst entstanden sind.

SO 20. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

SONGS AND POEMS (2) MODERATION: MARTINA SEEBER

WOLFGANG RIHM »Gegenstück« (2004) für Schlagzeug, Kontrabass­ Saxophon und Klavier

ALDO CLEMENTI »Tre Ricercari« (2000) für drei Ausführende

HANS THOMALLA »Lied« (2007 – 08/2012) für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

GEORGES APERGHIS »trio funambule« (2014) für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

JOHANNES SCHÖLLHORN »Sinaïa« 1916 (2015) für Baritonsaxophon, Klavier und Schlagzeug

TRIO ACCANTO:

MARCUS WEISS / Saxophon

NICOLAS HODGES / Klavier

CHRISTIAN DIERSTEIN /

Schlagzeug

Melodie, Harmonie, Rhythmus. Das Trio Acccanto – Saxophon, Klavier und Schlagzeug – hat von allem etwas. Komponisten wissen das zu schätzen. Des­halb wächst das Repertoire für die drei Musiker, die mit dieser Ausnahmebesetzung in der klassischen Musik bislang noch allein dastehen. Die Werke sind ihnen auf den Leib ge­schrieben. Wolfgang Rihm schickt das Trio in ungeahnte Tiefen, wo selbst das Kontra­bass­Saxophon an seine Gren­zen stößt. Wie ein Ritual lässt Aldo Clementi seine »Ricer­ cari« zelebrieren. Eine Reise ins Innere der Musik.

18 19WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

FR 25. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

JOSIN @ C/O POP FESTIVAL 2016

Arabella Rauch alias Josin kam bereits sehr früh mit Musik in Berührung. Ihre ersten musika­lischen Erinnerungen sind die lautstarken Einsingübungen ih­rer Eltern, beides Opernsänger. Mit 14 beginnt sie Klavier zu spielen und eigene Songs zu schreiben. In ihrer Musik möchte die in Köln aufgewach­sene Singer­Songwriterin keine Geschichten erzählen, sondern Stimmungen erschaffen – atmosphärische Momentauf­nahmen, die an Radiohead und Bon Iver erinnern.

Die Kanadierin Nicole Dollan­ganger widmet sich in ihrer Musik düsteren Themen. Mit ihrer hohen Stimme singt sie über Magersucht, Amokläufe und verunglückte Liebe. Wie wenig andere MusikerInnen versteht sie es, in ihren Songs jugendliche Ängste und Sehn­süchte zu artikulieren. Hier­zulande sind ihre melancholi­schen Post­Rock­Arrangements und minimalistischen Gitarren­tracks noch weitestgehend unbekannt.

Im Anschluss:»Gothic Folk Songs«Die unheimlich schöne Welt der Nicole DollangangerAutor: Raphael Smarzoch

SA 26. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK

GRÜNDUNGSMYTHENAUTOR: BJÖRN GOTTSTEIN

HEINZ SCHÜTZ Morgenröte (1952) Elektronische Musik

HERBERT EIMERT & ROBERT BEYERKlang im unbegrenzten Raum (1952) Elektronische Musik

HERBERT EIMERT Klangstudie I (1952) Elektronische Musik

HERBERT EIMERT & ROBERT BEYERKlangstudie II (1952) Elektronische Musik

Am 26. Mai 1953, heute vor 65 Jahren, wurden in Köln einer erstaunten Öffentlichkeit erst­mals die ersten Elaborate des Studios für Elektronische Mu­sik vorgeführt – während einer Tagung bei dem »Neuen Mu­sikfest 1953«. Die Gründung des Studios war da schon voll­zogen. »Wenn die angeschnit­tenen Fragen in diesem Jahr nicht in Deutschland zu einer Realisierung führen, werden sie uns im nächsten Jahr von den USA vorgelegt werden.« Mit dieser forschen und durch­aus verwegenen Drohung for­derten Werner Meyer­Eppler und Herbert Eimert vom Inten­danten des nwdr die Gründung

eines Studios für elektronische Musik. Das Schreiben wurde am 18. Oktober 1951 aufge­setzt; noch am selben Abend wurde im Nachtprogramm des Senders eine Gesprächsrunde ausgestrahlt, in der Komponis­ten, Wissenschaftler und Tech­niker die Möglichkeiten der elektronischen Musik nicht nur besprachen, sondern anhand einiger Klänge sogar schon vorführten. Noch am nächsten Tag, am 19. Oktober 1951 also, erinnerte Eimert sich später, habe er grünes Licht erhalten für das weltweit erste Studio für elektronische Musik. Zum Jubiläum erinnern wir an die Gründung des Studios und die Anfänge der elektroni­schen Musik in Köln, u. a. mit historischen Originaltönen und Gesprächsauszügen von Her­bert Eimert, Werner Meyer­Eppler, Heinz Schütz, Karlheinz Stockhausen, Gottfried Micha­el Koenig, Henri Pousseur und Volker Müller. �

AUFNAHMEvom 25. Mai 2017 aus der Kölner Christuskirche

20 21WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

19. OKTOBER 1954: DAS ERSTETONBANDKONZERTMODERATION: BJÖRN GOTTSTEIN

KARLHEINZ STOCKHAUSEN Studie II

HERBERT EIMERTGlockenspiel

KAREL GOEYVAERTS Komposition Nr. 5 und 7

HENRI POUSSEUR Seismogramme

PAUL GREDINGER Formanten I und II

KARLHEINZ STOCKHAUSEN Studie I

HERBERT EIMERT Etüde über Tongemischedazu:MARIETTA MORAWSKA-BÜNGELER Verbalisierte Ratlosigkeit – Elektronische Musik in der Kritik

Am 19. Oktober 1954 fand im kleinen Sendesaal des NWDR in Köln ein denkwürdiges Konzert statt, denn das Po­dium gehörte Lautsprechern. Erstmals gab es ein Programm mit vollkommen synthetischer Musik. Das scheuchte die Hö­rer ebenso auf wie die Presse. Welchen Eindruck diese Musik zu ihrer Zeit machte, lässt sich den Kritiken zu diesem Histo­rischen Konzert ablauschen.

SO 27. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

HYPERKLAVIEREMODERATION: STEFANIE GEUEKE

MARTIN GRÜTTER »Allheilmittel« (2017) für Orchester mit Klavier und Hyperklavier ENSEMBLE MODERN ORCHESTRA

ILAN VOLKOV / Leitung

REINHARD FEBEL »Hyperklavier« (2015) für Klavier solo und 13 Instrumente NORA SKUTA / Klavier

ŒNM . ÖSTERREICHISCHES

ENSEMBLE FÜR NEUE MUSIK

HIDETO NOMURA / Leitung

Als böte das Klavier nicht schon genug Möglichkeiten. Komponisten sinnieren immer wieder über die Erweiterung des universellen Tasteninstru­ments: Mit neuen Spieltech­niken und Präparationen im Klavierinnenraum, mit trans­zendierenden, grenzüber­schreitenden Etüden sowie mit Versuchen, das Klavier zu expandieren: Hyperklaviere.

»Wenig Finger bewegen, viele Töne produzieren«: Das ist das Grundprinzip des Hyperkla­viers von Martin Grütter, eines speziellen Keyboards, das die begrenzten menschlichen Fähigkeiten übersteigert. Ein solch utopischer Klangkörper ist für ihn auch das Orchester, weil »es dutzende menschliche Spieler zu einem symphoni­schen Über­Instrument ver­einigt«.

Reinhard Febels Hyperklavier­Kompositionen erweitern den typischen Klavierklang durch andere akustische Instrumente und durch eine komplexe Pe­dalisierung, die der eigentüm­lichen, instabilen Klangqualität des Klaviers entgegenwirken. Sie erforschen die vielen exis­tierenden Klaviertechniken und ­klänge, geben ihnen mehr Struktur und Intensität.

22 23WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

FR 1. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

ZEITKRATZER UND KEIJIHAINO @ RUHRTRIENNALEMODERATION: RAPHAEL SMARZOCH

Im Anschluss:Keiji Haino, Oren Ambarchi und Jim O’RourkeAufnahmen vom 28. Oktober 2014, Super Deluxe, Tokyo

Der japanische Multi­Instru­mentalist Keiji Haino gilt als graue Eminenz der Noise­Mu­sik. Der stets in schwarz geklei­dete Musiker improvisierte mit seiner Band Fushitsusha in den 90er Jahren psychedelischen Noise­Rock. Über fünfzig Solo­Alben hat er eingespielt. Mal ist er an der Gitarre zu hören, mal spielt er eine Vielzahl von Perkussionsinstrumenten, ex­perimentiert mit einer Dreh­leier oder baut musikalische Versuchsanordnungen aus

Elektronik und Schallplatten­spielern. Mit dem Zeitkratzer Ensemble verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit. Zwei Live­Alben spielte er mit ihm ein. Zu ihren stärksten Auftrit­ten zählt das Konzert in der Jahrhunderthalle Bochum. Mit Jim O’Rourke und Oren Am­barchi kehrt der japanische Ex­perimentator zu seinen Wur­zeln zurück: Das Trio spielt frei improvisierte Rockmusik, laut, radikal und kompromisslos.

SA 2. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

VON GRÖNLAND UND GRACHTENGRENZWELLENERKUNDUN-GEN MIT THOMAS KÖNERMODERATION: ANGELA BISCHOFFSTRATE

»STATION EISMITTE«Von Thomas KönerProduktion: WDR 2006 »DER FÄHRMANN«Von Thomas KönerProduktion: WDR 2012

Der Medienkünstler Thomas Köner – Spezialist für Extrem­klangarten und Dark Ambient­Sound – begibt sich auf der Su­che nach dem anderen Klang in entlegene Polarregionen oder unbewohnte Vorstädte, in die Randzonen unserer Ge­sellschaft und an die Schwellen der menschlichen Wahrneh­mung. In »Station Eismitte« unter­sucht Thomas Köner die akus­tischen Dimensionen eines ver­gangenen Lebensraums: der Überwinterungsstation »Eis­mitte« – ein ins Inlandeis ge­grabenes Gebäude, das der Po­larforscher Alfred Wegener auf seiner Grönland­Expedition im Juli 1930 anlegte; als Schutz bei Außentemperaturen von bis zu ­65°C.

»Der Fährmann« macht die dunkle Seite der Gracht hörbar bzw. die verborgene Klangwelt Amsterdams, das einen Meter unter Meeresniveau liegt: Auf Pfählen, die man in den moras­tigen Boden trieb, baute man die Stadt und schaffte eine dauerhaft instabile Begegnung von trübem Kanalwasser und scheinbarem Festland, in deren nasskaltem Dunst die Kauf­leute seit Jahrhunderten ihre Geschäfte besiegeln. Albert Camus’ Romanfigur Clamence vergleicht in »La chute« die ringförmigen Kanäle Amster­dams mit den neun Höllenkrei­sen aus Dantes »Divina Come­dia«. Thomas Köner, der in jungen Jahren eine Zeit lang in Amsterdam lebte, kehrt mit dem Mikrofon zurück und wird zum Fährmann auf eben diesen Kreisen, die Amsterdam heute als pittoreske Grachtenidylle erscheinen lassen.

AUFNAHMEaus der Jahrhunderthalle Bochum

24 25WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SO 3. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

1968 [1] VORECHOS MODERATION: BERND KÜNZIG

LUCIANO BERIO »O King« (1965) für Stimme und Ensemble SWINGLE SINGERS

ORCHESTRE NATIONAL

DE FRANCE

PIERRE BOULEZ / Leitung

JAMES TENNEY »Fabric for Ché« (1967) elektronische Komposition

LUIGI NONO »Musica manifesto n. 1« für Singstimme, Sprechstimme und Tonband (1968 – 69): Un volto, del mare und Non consumiamo Marx (Ausschnitt) PETRA HOFFMANN / Sopran

ISIS KRÜGER / Sprechstimme

BRYAN WOLF / Klangregie

HENRI POUSSEUR »couleurs croisées« (1967) für großes Orchester (Ausschnitt) ORCHESTRE PHILHARMONIQUE

DES LIÈGE

PIERRE BARTHOLOMÉE / Leitung

DIETER SCHNEBEL »Für Stimmen (. missa est) :! (Madrasha II)« (1967 – 68) für Vokalgruppen (Ausschnitt) SCHOLA CANTORUM STUTTGART

CLYTUS GOTTWALD / Leitung

Die 68er waren nicht nur in der Pop­ und Rockmusik ein Ereig­nis. Sie sind auch in der Neuen Musik nicht spurlos vorüberge­gangen, ja sie wurden in eini­gen Werken sogar vorweg ge­nommen – im Zeichen von Aufruhr, Anarchie und Protest, von Provokation und Happe­ning.

Pierre Boulez, wollte 1967 noch die verkrusteten, in Tradition erstarrten Opernhäuser in die Luft sprengen, an denen er – in Paris, Bayreuth, London oder Wien – wenige Jahre später selbst mit Erfolg dirigierte.

Die 68er wären kaum denkbar ohne die Proteste der Frie­dens­, Bürgerrechts­ und Stu­dentenbewegungen, die zuvor vor allem in den USA auf­flammten. Zu den Leitfiguren gehörten Martin Luther King, dem Luciano Berio in einer Kantate huldigt, oder der Frei­heitskämpfer Che Guevara. In James Tenneys Tonbandstück »Fabric for Ché« spürt man noch heute die sozialen und politischen Erschütterungen jener Jahre. Henri Pousseur, der damals in den USA lebte, bezieht sich in seinem Orches­terstück »couleurs croisées« auf den Protest Song »We shall overcome«, der vielfarbig zer­legt wird – stellvertretend für die verschiedenen Farben der Haut, der Sprachen und der Fahnen.

In Europa kochte die Bewe­gung spätestens im »heißen« Mai 68 in Paris hoch. Luigi Nono nimmt darauf Bezug in seinem »Musica manifesto n. 1« : nach dokumentarischen Texten, Slogans, Graffiti und Demorufen, die mit Poesie von Pavese verknüpft werden: »zwei unterschiedliche Formen der Verliebtheit« (Nono).

26 27WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SA 9. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK

NEXUS [24]: GRUPPO DI IMPROVVISAZIONE NUOVA CONSONANZAAUTOR: REINHOLD FRIEDL

Anfang und Mitte der Sechzi­ger Jahre wurde Rom plötzlich zum Schmelztiegel einer eigen­artigen neuen Musik: junge amerikanische Komponisten wie Frederic Rzewski und Alvin Curran trafen auf einheimische Avantgardisten: Franco Evan­gelisti, Walter Branchi, Ennio Morricone und Mario Berton­cini. Improvisation und Aleato­rik prallten aufeinander und verschmolzen zu neuen Spiel­weisen. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Erfahrung, die u. a. Evangelisti, Bertoncini oder auch Roland Kayn in elek­tronischen Studios gesammelt hatten: die Ästhetik der 1965 gegründeten Gruppo di impro­vvisazione nuova consonanza ist in ihrem sinnlichen Klang­purismus deutlich hiervon geprägt.  

Mit Ausschnitten aus:

GRUPPO DI IMPROV - VI SAZIONE NUOVA CON SONANZA (FRANCO EVANGELISTI, MARIO BERTONCINI, JOHN HEINEMAN, WALTER BRANCHI U. A.) »Improvvisazione 2«»Light Music«»Trio Di Fiati« »String Quartet«»Omagio a Scelsi«»Schema 2«

LARRY AUSTIN »Improvisations For Orchestra And Jazz Soloists«

MARIO BERTONCINI »Äolsharfe«

FRANCO EVANGELISTI »Incontri di fasce sonore«

ROLAND KAYN »Simultan«

ENNIO MORICCONE & NUOVA CONSONANZAFilmmusik zu »Giornata nera per l’Ariete«

ENNIO MORRICONE Filmmusik zu »Für eine Handvoll Dollar«

SA 9. JUNI / 20.04 BIS 22.00 UHRWDR 3 KONZERT

ENSEMBLES EUROPAS: NYYD ENSEMBLE (TALLINN/ESTLAND)MODERATION: MARTINA SEEBER

HELENA TULVE»à travers« (1998) für Ensemble

MAGNUS LINDBERG»Coyote Blues« (1993) für großes Ensemble

JAY SCHWARTZ»Music for Chamber Ensemble II« (2008 – 09) für Ensemble

ESA-PEKKA SALONEN»Mania« (2000 – 02) für Violoncello und großes Ensemble

ERKKI-SVEN TÜÜR »Oxymoron« (2003) für großes Ensemble

MÄRT-MATIS LILL»My Weeping Voice is the Wind of Autumn« (2005)für sechs Spieler

NYYD ENSEMBLE

(Tallinn/Estland)

OLARI ELTS / Leitung

»Nüüd« ist estnisch und be­deutet »jetzt«. Buchstabiert man »jetzt« ein wenig anders, erhält man den Namen des ersten estnischen Ensembles für zeitgenössische Musik, das zu Beginn der 1990er Jahre auf dem gleichnamigen Festival in Tallinn seinen Einstand ge­geben hat. »Jetzt« ist für das Ensemble nicht bloß eine zeit­liche Markierung, es ist ein Imperativ, nach dem es mit be­freundeten Komponisten ein Bild der Gegenwart entwirft.

AUFNAHMEvom Samstag, 24. Januar 2009

�ZUM NACHHÖREN IM WDR 3 KONZERTPLAYER

28 29WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

NEXUS [25]: MUSICA ELETTRONICA VIVAAUTOR: REINHOLD FRIEDL

In Abgrenzung zur Gruppo di improvvisazione nuova con­sonanza entstand 1966 eine zweite Gruppe, die Frederic Rzewski umgehend nach sei­nem Austritt aus Nuova Con­sonanza gegründet hatte: Musica elettronica viva. Ihr Kern bestand aus drei amerika­nischen Komponisten – neben Rzweski Richard Teitelbaum und Alvin Curran – man feierte erstmal die neue Freiheit mit partizipatorischen anything goes: anfänglich durfte sogar das Publikum mitwirken, schließlich begannen gerade die Studentenrevolten.

Die Geschichte beider Grup­pen wird ebenso diskutiert wie ihre frühen Vorläufer, aber auch die Neuentdeckungen erstaunlicher Aufnahmen des Mailänder Labels Die Schach­tel. Und Ennio Morricones gescheiterter Versuch, die Gruppe in Filmmusikproduk­tionen einzubinden…

Mit Ausschnitten von

MUSICA ELETTRONICA VIVA (ALVIN CURRAN, FREDERIC RZEWSKI, RICHARD TEITELBAUM U. A.)FridayThe Sound Pool, Spacecraft,United Patchwork 1979

ALVIN CURRAN, ENNIO MORRICONE, JOHN HEINEMAN, ALESSANDRO SBORDONI Improvisation (Konzertmitschnitt Dezember 2017) 

SO 10. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

1968 [2]: IM SOG DES SOZIALEN AUFBRUCHSMODERATION: REINHARD KAGER

Ausschnitte aus:

LUIGI NONO »Per Bastiana. Tai­Yang Cheng« (1967) für Orchester RSO BERLIN

MICHAEL GIELEN / Leitung

PIERRE HENRY »Messe pour le temps présent« (1967) elektronische Komposition

STEVE REICH »Pendulum Music« (1968) für Mikrophone, Verstärker, Lautsprecher und Aufführende ENSEMBLE AVANTGARDE

GEORGE CRUMB »Echoes of Time and the River« (1967) für Orchester ORCHESTER DER NATIONAL-

PHILHARMONIE WARSCHAU

THOMAS CONLIN / Leitung

HANS WERNER HENZE »Das Floß der Medusa« (1968) Oratorium für Sopran, Bariton, Sprechstimme, Chor, Knaben­chor und Orchester mit einer Dichtung von Ernst Schnabel DIETRICH FISCHER DIESKAU /

Bariton

CHARLES REGNIER / Sprecher

NDR SINFONIEORCHESTER

NDR-CHOR

RIAS-KAMMERCHOR

HANS WERNER HENZE / Leitung

MUSICA ELETTRONICA VIVA »Spacecraft« (1967) Improvisation IVAN VANDOR / Saxophon

ALVIN CURRAN /

Percussion, Trumpet

ALLEN BRYANT / Synthesizer

FREDERIC RZEWSKI / Performer

RICHARD TEITELBAUM /

Synthesizer

1968 war eine Zeit sozialer Ver­änderungen, die auch in der zeitgenössischen Musik ihren Niederschlag fanden: Die Frie­dens­ und die Studentenbewe­gungen dieser Zeit führten zu einer Politisierung der Kunst und öffneten die nach dem Krieg sehr hermetische neue Musik für einst verpönte popu­läre Spielformen. �

30 31WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

Als Pierre Henry 1967 seine »Messe pour le temps présent« erstmals der Öffentlichkeit vorstellte, war die Verwunde­rung groß. Denn der Mit­begründer der auf Alltagsge­räuschen basierenden musique concrète verwendete in sei­nem Hymnus auf den Geist dieser Zeit auch Elemente des populären Psychedelic Rock.

Für Aufregung sorgte auch die Minimal Music, die gleichfalls auf rhythmische Patterns der Popularmusik zurückgreift. Dass Steve Reich, einer der bedeutendsten Minimalisten, seine »Pendulum Music« von 1968 auf Interferenzgeräuschen aufbaut, zeigt wie kreuz und quer die Musik sich damals entwickelte. Hinzu kamen explizit politische Stücke wie Luigi Nonos »Per Bastiana. Tai­Yang Cheng« oder Hans Werner Henzes »Floß der Me­dusa« sowie Ausflüge in die Improvisationsmusik, wie sie die US­amerikanische »Musica Elettronica Viva« praktizierte.

DI 12. JUNI / 20.04 BIS 22.00 UHRWDR 3 OPEN: KONZERT

ENSEMBLES EUROPAS: CAPUT ENSEMBLE (REYKJAVIK/ISLAND)MODERATION: PATRICK HAHN

SNORRI SIGFÚS BIRGISSON »In a Magnetic Field« (1996) für Ensemble

ATLI INGOLFSSON »Orgoras Speaks« (2008 – 09) für zwei Klarinetten und Ensemble

BENT SÖRENSEN »The Deserted Churchyards« (1990) für sechs Spieler

GEORGE BALINT »12 Blows« (2002) für sechs Spieler

HAUKUR TÓMASSON »Vetrarkvidi« (2005) für sieben Spieler und Zuspielung

ATLI INGÓLFSSON »Trust me« (2002) für Klarinette, Viola und Klavier

GÜNTER STEINKE »Area« (2008 – 09) für Ensemble

CAPUT ENSEMBLE

(Reykjavik/Island)

DAVID SMEYERS und

BEATE ZELINSKY / Klarinetten

Für einen Isländer ist alles, was nicht auf der eigenen Insel daheim ist, in Übersee. Der Einfluss der Inselbewohner ist – gemessen an der Einwohner­zahl – auf bildende Kunst oder Popmusik dennoch enorm groß. Da überrascht es weniger, dass sich das Caput Ensemble bereits seit 1987 dezidiert der Neuen Musik verschrieben hat. Auf zahlreichen CD­Produk­tionen hat das Ensemble nicht nur isländischen sondern auch »überseeischen« Freunden auf brillante Weise Gehör ver­schafft.

AUFNAHMEvom Samstag, 28. Februar 2009

ZUM NACHHÖREN IM WDR 3 KONZERTPLAYER

32 33WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

FR 15. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHR WDR 3 OPEN SOUNDS

LAMBERT @ C/O POP FESTIVAL 2015

Lambert verheimlicht seinen bürgerlichen Namen. Bei öf­fentlichen Auftritten versteckt er sein Gesicht hinter einer unheimlichen Tiermaske mit spitzen Hörnern. Seine melan­cholischen Klavierminiaturen erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Sie erinnern an die Musik von Nils Frahm, weisen aber auch Anklänge an die Romantik auf, etwa an Frédéric Chopin oder Franz Schubert.

Lambert verortet sich aller­dings nicht im Milieu der klas­sischen Musik. Vielleicht covert er deswegen auch Songs von Bands wie Trümmer oder Toco­tronic. Kürzlich veröffentlichte er zusammen mit dem Elektro­niker Stimming das Album »Exodus«. Erschienen ist es auf dem von Mathias Modica gegründeten Label Kryptox, wo neue Formen von Ambient, Jazz, Kraut und klassischer Musik entstehen sollen. Ein ehrgeiziges Projekt mit interes­santen musikalischen Resul­taten.

Im Anschluss:»Zwischen Pop und Experiment – Das Münchner Label Kryptox« Autor: Andi Hörmann

AUFNAHMEvom 22. August 2015 aus dem kleinen Sendesaal des WDR

SA 16. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHR WDR 3 OPEN SOUNDS

TRAVELTONESMODERATION: ANGELA BISCHOFFSTRATE

»DAS OHR AM GLEIS«Von C­Schulz und F. X. RandomizJOSEPH SUCHY / E-Gitarre

Produktion: WDR 2007

»FLYING MAGNETIC«An Aerial RadioscapeVon Christina KubischProduktion: WDR 2008

Als Pierre Schaeffer 1948 mit seiner »Eisenbahnetüde« erst­mals den Klang der Mobilität einfing und komponierte, be­gründete er damit ein neues Genre: die musique concrète. Für seine »Acht Takte Anfah­ren«, »Accelerando für Solo­Lokomotive« oder »Tutti der Waggons« ließ er damals sechs Lokomotiven auf dem Gare de Batignolles hin­ und herfahren. Sechzig Jahre später haben die in Berlin und Köln lebenden Musikelektroniker C­Schulz und F. X. Randomiz die heutige Klangwelt des Schienenver­kehrs untersucht. Der Eisen­bahnknotenpunkt Köln war Ausgangspunkt ihrer Klang­ expedition, die sie bis ins rus­sische Murmansk am Nord­polarmeer führte. Die Sounds moderner ICE­Triebwagen,

russischer Diesellokomotiven und historischer Dampfrösser wurden im Studio zu hybriden Klanggebilden transformiert und mit Instrumentalklängen kontrastiert. So spielt das Ra­diostück »Das Ohr am Gleis« mit Nah­ und Fernwirkungen, mit Geschwindigkeiten und vorbeiflirrenden Klangbildern. Fernweh kommt auf.

In »flying magnetic« unter­sucht die Berliner Klangkünst­lerin Christina Kubisch die akustischen Environments in­ternationaler Flughäfen. Chica­go, Berlin, München, Frankfurt, Seoul, Bukarest, Brüssel, To­kyo, Mailand, London, Birming­ham, Paris, Lissabon sind nur einige der Geräuschplätze, die die Vielfliegerin Kubisch mit speziellen Induktionsmikro­phonen besucht hat. Das Er­gebnis der aufgenommenen Lichtsysteme, elektronischen Diebstahlsicherungen, Handys, Überwachungskameras und drahtlosen Internetzugänge mit ihren unsichtbaren Strom­feldern ist ein langer, fließen­der Flug durch unsere techni­sierte Welt, eine einzigartige ästhetische Reise ins Reich der alltäglichen Elektronen.

34 35WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

AUFNAHMEvom 26. August 2016 aus dem Kölner Stadtgarten

SO 17. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

HIS MASTER’S CHOICE (29): SIMON STEEN-ANDERSEN AM MIKROFON: SIMON STEEN-ANDERSEN

Mit Ausschnitten aus folgenden Werken:

EYVIND BUENE »By the River« (2012) aus: Schubert Lounge für Stimme und Klavier om Johnson »Failing« (1975) A Difficult Piece for Solo String BassTOM PETERS / Bass

OYVIND TORVUND »Neon Forrest Space« (2009) für Klarinette, E­Gitarre/Radio, Schlagzeug, Cello und Zuspiel MISIMASA

MATTHEW SHLOMOWITZ »Popular Contexts« (2010) für Klavier und Sampler MARK KNOOP / Klavier und Sampler

BENJAMIN SCHEUER »Jammerorgel« (2017) für Ensemble, Sampler und verstärkte Klangobjekte ENSEMBLE MOSAIK

MOHA! »One­Way Ticket To Candy­land« (2008) ANDERS HANA / Gitarre, Keyboard,

Drummachine

MORTEN J. OLSEN / Schlagzeug

Einen ausgeprägten Hang zum Gesamtkunstwerk offenbart Simon Steen­Andersen in sei­nen Kompositionen, Klang­installationen und Live­Perfor­mances. Der in Berlin lebende Däne arbeitet mit Alltagsge­genständen, konkreten Geräu­schen, Gesten und Videos ebenso wie mit traditionellen Musikinstrumenten. In seinen verspielten Arbeiten lässt er Instrumentalisten sprechen und singen, inszeniert den Akt des Musikmachens und die Bewegungen der Musiker. Als Gastmoderator legt Simon Steen­Andersen Musik aus­gewählter Kollegen auf.

FR 22. JUNI / 22.30 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

INSANLAR @ C/O POP FESTIVAL 2016

Baris Karademir misstraut fes­ten Absprachen und einstu­dierten Kompositionen. Musik muss für den in Istanbul leben­den DJ und Produzenten immer Ausdruck spontaner Einfälle und Reaktionen sein. Mit sei­nem Trio Insanlar improvisiert er psychedelische Jams, in denen türkische Volksmusik auf moderne Acid Baselines, Hip­Hop Beats und Texte anatolischer Dichter aus dem 16. und 17. Jahrhundert trifft.

Insanlar sind Teil einer expe­rimentellen Musikszene, die bereits seit den 1960er Jahren in der Türkei floriert und mit Komponisten wie İlhan Mima­roğlu und Bülent Arel ihren Anfang nahm. Die von dem belgischen Label Sub Rosa ver­öffentlichte Kompilation »An Anthology of Turkish Experi­mental Music 1961 – 2014« demonstriert die Vielfalt ex­perimenteller Sounds aus der Türkei zwischen abstrakten Lärmstudien, freien Improvisa­tionen, Ambient­Stücken und elektronischer Protestmusik.

Im Anschluss: »Turkish Avantgarde – Experimentelle Sounds aus der Türkei«Von Raphael Smarzoch

36 37WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SA 23. JUNI / 20.04 BIS 22.00 UHRWDR 3 KONZERT

MUSIK DER ZEIT [8]: PAS DE TROIS MODERATION : MICHAEL STRUCK-SCHOEN

ISABEL MUNDRY Werk (2018) für Kammerorchester (Uraufführung)

SIMON STEEN-ANDERSEN »Double Up« (2010) für Sampler und kleines Orchester

In der Pause gegen 20.45 Uhr: »Zwischentöne, Citizen Z, Teil 4«, ein Beitrag von Barbara Eckle

BERND ALOIS ZIMMERMANN »Concerto en forme de pas de trois« (1966) für Violoncello und Orchester

OREN SHEVLIN / Violoncello

WDR SINFONIEORCHESTER KÖLN

MICHAEL WENDEBERG / Leitung

Eine Mandoline tritt hervor. Dann das wie eine Gitarre trak­tierte Solocello, dazwischen immer wieder die resonanzrei­chen Klänge des Zymbals: al­lein schon klanglich nimmt das

»Concerto en forme de pas de trois« eine Sonderstellung im Werk von Bernd Alois Zimmer­mann ein.

Natürlich erschöpft sich das »Concerto« nicht in seinen klingenden Oberflächen. Das macht auch Isabel Mundrys im Auftrag des WDR entstandene Nachschrift auf Zimmermanns »Tanz für drei Tänzer« deutlich. Nicht nur auf die feingliedrigen Saitenklänge Zimmermanns bezieht sie sich dabei, auch auf sein Denken und seine Affinität zum Ballett. Simon Steen­ Andersen ergänzt das Pro­gramm zum Dreiklang – mit einem Doppel. »Double Up« zerfällt regelrecht in zwei Hälften: Aus einem Sampler kommen Sprachfetzen und Alltagsgeräusche, die Musiker eines Kammerorchesters trans­formieren diese akustischen Schnappschüsse. Sie spüren deren musikalischen Qualitä­ten nach, immer auf der Suche nach dem »vielversprechenden Effekt einer Öffnung für neue Interpretationen und Erfahrun­gen« (Steen­Anderson).

Parallele Ausstrahlung in 5.1 Surround

SA 23. JUNI / 22:04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK

SZENE [58]: LIVELABORAUTOR: MICHAEL REBHAHN

Das Studio für elektronische Musik und Akustik in Frankfurt. Seit 2013 unterrichtet der Kom­ponist Orm Finnendahl an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Zuvor leitete er fast zehn Jahre das Studio für elektronische Musik und Akustik an der Mu­sikhochschule Freiburg. Auch in Frankfurt geht es in seiner Klasse ganz explizit um die kompositorische Auseinander­setzung mit Technologie und die Konfrontation von klas­sischen Instrumenten mit elek­tronischen Medien. Das elek­tronische Studio hat Finnendahl hier als einen offenen Raum konzipiert: als Labor für Expe­rimente, die den Einsatz von Technologie in performativen Situationen betreffen. Vor allem die Arbeit mit live­elek­tronischen Verfahren steht hier im Vordergrund.

Mit Musik von ORM FINNENDAHL, TOBIAS HAGEDORN, MIKI MANABE, RICHARD MILLIG u. a.

LIVEaus dem Funkhaus, Klaus-von-Bismarck-Saal

ZUM NACHHÖREN IM WDR 3 KONZERTPLAYER

38 39WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

POINT OF VIEW [67]: TOBIAS HAGEDORNAUTOR: MICHAEL REBHAHN

Komponieren versteht Tobias Hagedorn, 1987 in Moers ge­boren, als einen Balanceakt zwischen dem Befolgen von logischen Strukturen und sub­jektiven Eingriffen; wobei er versucht, subjektive Entschei­dungen auf Wesentliches zu beschränken. Auf dieser Basis ist das Zusammenspiel von Ins­trumentalklängen und elektro­nisch erzeugten Sounds ein wichtiger Bestandteil seiner Musik. Durch die Elektronik, sagt Hagedorn, kann ein inst­rumentaler Klang völlig neu ge­hört werden. Tobias Hagedorn studierte (Elektronische) Kom­position bei Michael Beil in Köln sowie bei Orm Finnen­dahl in Frankfurt. In »Point of View« stellt er elektronische und elektroakustische Kompo­sitionen vor, die ihm in den letzten Jahren über den Weg gelaufen sind und einen blei­benden Eindruck hinterlassen haben.

KARLHEINZ STOCKHAUSENStudie II (1954)

LUIS ANTUNES PENAIm Rauschen Rot (2010)für Kontrabass, Schlagzeug­quartett und Elektronik

AUTECHRESqueller (1999)

ALVIN LUCIERI am sitting in a room (1969)

ANNESLEY BLACKaorko (2006/09)für Bratsche und Elektronik

OXANA OMELCHUKStaahaadler Aff (2010)für Drumset und Samplepad

SO 24. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

ZEICHEN IM RAUM [1] MODERATION: KORNELIA BITTMANN

MARCO STROPPA »Ossia, Seven Strophes for a Literary Drone« (2005/08) per violino, violoncello e pianoforteENSEMBLE KNM BERLIN

MARCO STROPPA »Hommage à Gy.K.« (1997 – 2003/2011) per clarinetto, viola e pianoforte ENSEMBLE KNM BERLIN

»Verräumlichung der Kammer­musik« heißt ein nur scheinbar nah an der Grenze zur Tauto­logie angesiedeltes Projekt des italienischen Komponisten Marco Stroppa. Die »Kammer«, in der seine Instrumentalmusik ihren Raum findet, zerlegt er in ein Aktionsfeld voller einzelner Orte.

Stroppa lässt die Musiker in jedem Abschnitt eines Werkes andere Positionen einnehmen. In dem Klaviertrio »Ossia, Seven Strophes for a Literary Drone« verbergen sich Violine und Cello zeitweilig hinter dem Flügel, die »normale« Aufstel­lung ist nur eine Möglichkeit unter anderen. Rhythmische Muster akzentuieren die räum­lichen Konfigurationen, »Form, Struktur, musikalisches Mate­rial und Raum«, sagt Stroppa, »sind daher völlig ineinander verknäult«. Seine zuvor ent­standene »Hommage à Gy. K.« stand am Anfang dieser Ent­wicklung, sie ist komponiert für ein alternatives Klaviertrio mit Klarinette und Viola. Doch wie kompatibel ist diese »Ver­räum lichung« mit dem Hör­raum Radio? Die Erstaufnah­men mit dem Ensemble KNM Berlin stellen auch das zur Diskussion.

40 41WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

FR 29. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

GUDRUN GUT @ C/O POP FESTIVAL 2016

Le Petit Heimatlieder doku­mentieren die Vielfalt verschie­dener Musikkulturen, die mit den damals sogenannten Gast­arbeitern nach Deutschland importiert worden sind. Das von Jochen Kühl und Mark Ter­kessidis ins Leben gerufene Projekt lädt dazu ein, über die Bedeutung von Heimat und Migration nachzudenken.

Gleichzeitig versteht es sich als akustisches Forschungs­unternehmen. Das traditionel­le Liedgut wird nicht wie im Museum separat präsentiert, sondern mit elektronischen Bearbeitungen erweitert und zu Remixen verarbeitet. Unter anderem auch von Gudrun Gut.

Die in Berlin lebende Produ­zentin ist schon seit Ende der 1970er in den alternativen Musikszenen der Hauptstadt unterwegs. Sie spielte bei den Einstürzenden Neubauten, ist Mitbegründerin der Band Mania D, aus der dann später Malaria! entstand. Außerdem leitet sie zwei Labels, Moabit Musik und Monika Enterprise. WDR 3 Open Sounds mit einem Streifzug durch Gudrun Guts Musik.

Im Anschluss: »Von Mania D bis Monika Enterprise – Gudrun Gut im Gespräch« mit Raphael Smarzoch

SA 30. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

PALMA ARS ACUSTICA 2018IMPRESSIONEN VOM HÖRKUNST-WETTBEWERBDER EUROPEAN BROADCASTING UNIONMODERATION: STEFANIE SCHRANK

Die Europahymne ist von Beet­hoven, die Eurovisionsfanfare von Charpentier – wer lieber einen moderneren und vielfäl­tigeren Klangeindruck von Eu­ropa haben möchte, ist beim Radiokompositions­Wettbe­werb Palma Ars Acustica gut aufgehoben, den die Ars Acus­tica Gruppe der European Broadcasting Union seit 2013 veranstaltet, dieses Jahr Mitte Juni in Lljubljana.

31 Produktionen wurden für die fünfte Ausgabe des Wett­bewerbs nominiert: Radio­, Sound­ und Media art, Text­Sound­Kompositionen, elek­troakustische Musik, Elektro­nika und live electronics – WDR 3 Open Sounds berichtet vom bunten Jahrgang 2018.

AUFNAHMEvom 25. August 2016 aus dem Klaus-von-Bismarck-Saal des WDR

42 43WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

AUFNAHMEvom 18. August 2017 aus dem Klaus-von-Bismarck-Saal des WDR

SO 1. JULI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

ZEICHEN IM RAUM [2]MODERATION: KORNELIA BITTMANN

MARCO STROPPA »Un segno nello spazio« (1992) pour quatuor à cordesENSEMBLE KNM BERLIN

MARCO STROPPA »I will not kiss your fucking flag« (2005) für Posaune und Kammer­ ElektronikBENNY SLUCHIN / Posaune

IRCAM

MARCO STROPPA »La Vita Immobile« (2014) micro automi musicali für Streichquartett ARDITTI STRING QUARTET

Klangvolle Abkürzungen wie MIT und IRCAM markieren Stationen in der Vita des Kom­ponisten Marco Stroppa und belegen seine Affinität zur Grundlagenforschung. Von dort her leistet er Beiträge zu einem Gebiet, das heute schon fast als eigene Gattung gelten kann: der Raummusik.

An der Entstehung von »I will not kiss your fucking flag«, benannt im Anschluss an ein Antikriegs­Gedicht von E. E. Cummings, war ein ganzes Team beteiligt. Die Forscher konstruierten eine »erweiterte Posaune«, die gleichzeitig als Eingabegerät eines elektro­nischen Systems dient. Der Solist spielt das Instrument an wechselnden Stellen in einem Raum, in den hinein sich auch die räumlich modellierten Klänge der Elektronik entfalten. Das Gefüge aus Hard­ und Software wird zu einem voll­gültigen »Kammermusikpart­ner«, als Vokabular für diesen Dialog speist Marco Stroppa unter anderem Material aus osteuropäischer Volksmusik mit ein. Sehr viel unmittelbarer funktioniert »Un segno nello spazio«: Der Raum verbleibt in poetischen Dimensionen, es spielt ein – allein auf sich gestelltes – Streichquartett.

FR 6. JULI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

DANIEL BRANDT @ C/O POP FESTIVAL 2017

»Ich finde grundsätzlich an der Wiederholung das Spannende, dass eine Hypnose erzeugt werden kann«, sagt der Schlag­zeuger Daniel Brandt. Loops spielen in seiner Musik eine wichtige Rolle, sei es im Trio Brandt Brauer Frick, mit dem er sich der Fusion von Klassik und Techno widmet, oder auf seinem Solodebüt »Eternal Something«. Brandt geht es um das Unendliche, um mu­sikalische Schleifen, die kein Ende nehmen. Aus ihnen baut er klingende Choreographien aus Wiederholungen, Poly­ rhythmen und freien Improvi­

sationen. Das Vorurteil, Loops seien stumpf, eintönig und langweilig, bestätigt sich beim Hören seiner Musik nicht; das gilt genauso für die Komposi­tionen und Songs von Karl­heinz Stockhausen, Raymond Scott oder Elvis Presley – auch sie experimentierten mit Loops. William Basinski und Wolfgang Voigt setzen den Loop als ro­mantische Sehnsuchtstechnik ein, während die Computer­musiker von Evol mit ihrer syn­thetischen Schleifenmusik das Potential des Loops zwischen Ennui und Transzendenz erfor­schen.

Im Anschluss:»Wie klingt der Augenblick?« Vom Loop in der MusikEine Sendung von Raphael Smarzoch

44 45WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SA 7. JULI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK

TECHNÉ [77]: SYNLABAUTORIN: LEONIE REINEKE

»MOC« steht für »Musik ohne Computer“. Was in der heu­tigen Musikproduktion nach »contradictio in adjecto« klingt, ist am Essener ICEM gängige Praxis: Das dortige »Studio A« ist die Heimat des analogen Groß­Synthesizers »SynLab« – einem Unikat von 1978, das jedes Zimmer optisch in ein Raumschiff verwandelt.

Mit seinen hunderten von Reglern, Tasten und Schaltern bleibt das von Komponist und Musikwissenschaftler Dirk Reith mit entworfene Instru­ment eine Attraktion. Bis heu­te kommt der »SynLab« am Institut für Computermusik und Elektronische Medien der Folkwang Universität in Essen regelmäßig zum Einsatz; etwa in Kompositionskursen für »Musik ohne Computer«. Um ihn weiterhin in einer analogen Studioumgebung zu betreiben, wurde 2017 das neue »Studio A« eröffnet. An diesem Ort be­finden sich neben dem gigan­tischen Modularsystem auch andere historische Klangerzeu­ger und Bandmaschinen aus der ICEM­Sammlung.

Mit Ausschnitten aus Kompo­sitionen, die seit den 1970er Jahren bis heute am ICEM realisiert wurden

LUDGER BRÜMMER »TroTropf OrT« (1988)

VLADIMIR DSHAMBAZOV »No contact III« (1989)

ANNA IKRAMOVA»Einstimmig … « (1997)

THOMAS NEUHAUS»The Bad Boys Were Prodding the Bear Through the Bars of the Cage« (1985) »5 kleine Stücke über die kleinen Laute eines kleinen Menschen« (1997)

DIRK REITH»Entwurf eines Programms« (1974)»nested loops I« (1980)»verSTIMMUNG für 4­Kanal­Tonband« (1995)

KILIAN SCHWOON»Orpheus und Demokrit – eine Klaviermusik mit Tonband« (1997)

POINT OF VIEW [68]: FLORIAN ZWISSLERAUTORIN: LEONIE REINEKE

Eine persönliche Auswahl an Musikstücken, die den Kölner Komponisten und Synthesizer­Solisten Florian Zwißler inspi­rierten und begleiten.

Mit Ausschnitten von

JEAN-CLAUDE RISSET»Bell Lab Catalogue«

HERBERT EIMERT / ROBERT BEYER»Klang im unbegrenzten Raum«

FRANCO EVANGELISTI»Incontri di fasce sonore«

KARLHEINZ STOCKHAUSEN»Hymnen«

ELIANE RADIGUE»Omnht«

NUOVE PROPOSTE SONORE»Insiemi«

HARMONIA&ENO»Sometimes in Autumn«

THE UNITED STATES OF AMERICA»Hard Coming Love«

BOARDS OF CANADA»Bocuma / Roygbiv«

46 47WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

AUFNAHMEvom 22. August 2015 aus dem kleinen Sendesaal des WDR

SO 8. JULI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK

WECHSELGESÄNGE UND -BILDER MODERATION: JOHANNES ZINK

BERND ALOIS ZIMMERMANN »Antiphonen« (1961 – 62) für Viola und kleines Orchester

GEORG KRÖLL »Wechselbilder« (2008 – 10/2017) Episoden für Kammerorchester

SIMONE JANDL / Viola

WDR SINFONIEORCHESTER

TITUS ENGEL / Leitung

So paradox es auf Anhieb klin­gen mag: Es ist das Wechsel­ und Sprunghafte, das Mehr­ und Vielfache, das sich als roter Faden durch dieses Programm zieht.

Das musikalische Strukturprin­zip der Gegenüberstellung wollte Bernd Alois Zimmer­mann in Antiphonen steigern und überschreiten. Dafür be­zog er Texte in verschiedenen Sprachen ein, in dichter Folge vorzutragen von den Orches­termusikern, was anfangs für Irritationen sorgte. In »Wech­selbilder« von Georg Kröll tre­ten einzelne Instrumente oder Klanggruppen abwechselnd solistisch hervor. Durchlaufen werden eine Reihe von Episo­den, die Kröll einer literari­schen Vision Elias Canettis nachempfunden hat: dem »Bild eines großen Malers, das sich nach einiger Zeit in das eines anderen Malers verwandelt«.

FR 13. JULI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS

GRANDBROTHERS @ C/O POP FESTIVAL 2015

»Was passiert im Flügel und was kann der Korpus? Was passiert, wenn man auf den Deckel klopft? Was passiert, wenn man auf Metallteile vom Flügel klopft? Was entstehen da für Klänge und wie kann man die dann wieder verbin­den, mit dem traditionellen Spiel?« Die 88 Tasten des Klaviers sind dem Pianisten Erol Sarp und dem Elektroniker Lukas Vogel nicht genug. Als Grandbrothers möchten sie den Sound ihres Instruments erweitern. Dafür haben die beiden Musiker eine ausgeklü­gelte Apparatur entwickelt,

elektromagnetische Hämmer­chen, mit denen sie das Klavier präparieren. Mit ihnen lassen sich Rhythmen und Texturen erzeugen, die zusätzlich zum Klavierspiel mit elektronischen Eingriffen ergänzt werden. Ihre experimentelle Arbeitsweise ist allerdings nicht neu. Man denke nur an die Player­Pianos des amerikanischen Komponis­ten Conlon Nancarrow. Im zweiten Teil der Sendung wid­met sich WDR 3 Open Sounds musizierenden Maschinen von Pierre Bastiens Groove­Appa­raturen bis Moritz Simon Geists Techno­Robotern.

Im Anschluss: »Von Musikmaschinen und Maschinenmusik« Autor: Olaf Karnik

48 49WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018

SA 14. JULI / 22.04 BIS 24.00WDR 3 OPEN SOUNDS

INTER ARTES ET NATURAMTIERSTIMMEN ZWISCHEN INSTRUMENTALKLANG UND MASCHINENMUSIK

»OISEAUX D’ARTIFICE – UNE NATURE MORTE«Von Harald MuenzProduktion: WDR 2018

»CETACEA«Von Michael FahresDOUDOU N’DIAYE ROSE / Drums

Produktion: WDR 2006

Mit »Oiseaux d’artifice – une nature morte« malt der Kölner Komponist Harald Muenz ein akustisches Stillleben aus Vo­gelstimmen und Instrumental­tönen – so scheint es. Denn wie die traditionsreiche Lein­wand­Vorlage ist auch Muenz’ Radiostück ein fein arrangier­tes Trugbild: Die meisten der zu hörenden Vogel­Sounds sind keine Naturaufnahmen le­bendigen Federviehs, sondern wurden mit etwa 90 unter­schiedlichen mechanischen In­strumenten künstlich erzeugt. Die »Musikinstrumente«, die unter anderem Auszüge aus Athanasius Kirchners Schrift »Musurgia Universalis« wieder­geben, wurden ebenso wenig live gespielt wie die zitierten »Vogelstellen« aus großen Mu­sikwerken der Vergangenheit.

Eine Auswahl von Vogel­Volks­liedern wurde zunächst nach tonsetzerischen Standards sorgfältig eingerichtet und an­schließend mit phonetischer Spezialsoftware manipuliert,obwohl es sich um eine reine Soundscape handelt, in der gar keine Sprachklänge auf­tauchen. Und dank einer ge­dehnten Gartenrotschwanz­ Aufnahme tritt auch auch die mechanische Nachtigall auf, die Maurice Ravel – der virtuo­se Connaisseur raffiniertester Künstlichkeit – einst in seiner Villa in Montfort L’Amaury aufstellte. So erschafft Harald Muenz eine nahezu perfekte akustische Illusion, ein trompe­oreilles, das nur vereinzelt durch technische Eingriffe oder Lautstärkewechsel gestört wird. Zufällige Momentaufnah­men? Natürlich nicht.

Der in Utrecht lebende Kom­ponist Michael Fahres ver­knüpfte 2002 beim Duisburger »Traumzeit­Festival am Hoch­ofen« Delphinklänge aus dem Duisburger Delphinarium mit den Rhythmen senegalesischer Perkussionisten. Das Basisma­terial der Komposition »Ceta­cea« setzt sich aus den takt­festen Klicks der Delphine zusammen, die durch eine ele­gante, computergestützte Be­arbeitung eine Transformation in weite, pulsierende Klang ­ gewebe erfahren. Neben den Sounds der Meeresbewohner hat Michael Fahres das sechs­köpfige Schlagzeugensemble des verstorbenen senegale­sischen Meistertrommlers Doudou N’Diaye Rose als rhythmischen Knotenpunkt in seine Komposition integriert. Abseits esoterischer Klischees entfaltet dieser vielschichtige Klangozean hypnotische Wir­kungen.

50 51WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018 51

SA 5. MAI 2018 / 20.00 UHRKÖLNER PHILHARMONIE 19.00 Uhr, Einführung

mit Carola Bauckholt

MUSIK DER ZEIT [7] SINFONIEN

ALLISON BELL / Sopran

ANNA RAZIEJEWSKA / Mezzosopran

BETTINA RANCH / Alt

PETER TANTSITS / Tenor

HANS CHRISTOPH BEGEMANN /

Bariton

OTTO KATZAMEIER / Bass

WDR SINFONIEORCHESTER

EMILIO POMÀRICO / Leitung

BERND ALOIS ZIMMERMANN

Sinfonie (1951)

erste Version der Sinfonie in einem

Satz für Orchester

CAROLA BAUCKHOLT

Im Auge des Klangs (2018)

für Orchester

(Uraufführung)

BERND ALOIS ZIMMERMANN

Die Soldaten (1958 – 60/1963)

Vokalsinfonie für sechs Solisten

und Orchester

Sendung: WDR 3 live

SA 23. JUNI 2018 / 20.00 UHRFUNKHAUS, KLAUS-VON-BISMARCK-SAAL 19.15 Uhr, Einführung mit Isabel

Mundry und Simon Steen-Andersen

MUSIK DER ZEIT [8] PAS DE TROIS

OREN SHEVLIN / Violoncello

WDR SINFONIEORCHESTER

MICHAEL WENDEBERG / Leitung

ISABEL MUNDRY

Werk (2018)

für Kammerorchester

(Uraufführung)

SIMON STEEN-ANDERSEN

Double Up (2010)

für Sampler und kleines Orchester

BERND ALOIS ZIMMERMANN

Concerto en forme de pas de trois

(1966)

für Violoncello und Orchester

Sendung: WDR 3 live

NEUE CDS(WDR-PRODUKTIONEN):

ISANG YUN

Violinkonzert Nr. 1,

Duetto concertante für Oboe,

Cello und Streicher

HANSHEINZ SCHNEEBERGER /

Violine

WDR SINFONIEOCHESTER

SPIROS ARGIRIS / Leitung

INGO GORITZKI / Oboe

und Englischhorn

JOHANNES GORITZKI / Violoncello

DEUTSCHE KAMMERAKADEMIE

NEUSS

JOHANNES GORITZKI / Leitung

CD Ambiente 8110740

MIKE SVOBODA/

MARTIN SIEWERT/

ERNESTO MOLINARI /

ULI FUSSENEGGER Scanning (2014)

für Posaune, Lapsteel-Gitarre,

Kontrabassklarinette, Kontrabass

und Tonband

ULI FUSSENEGGER

San Teodoro 8 (un ommaggio)

elektronische Komposition

MIKE SVOBODA / Posaune

MARTIN SIEWERT / Lapsteel Gitarre

ERNESTO MOLINARI / Kontrabass-

klarinette

ULI FUSSENEGGER / Kontrabass

CD Kairos 0015024KAI

SONGS AND POEMS

WOLFGANG RIHM

Gegenstück (2004)

für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

ALDO CLEMENTI

Tre Ricercari (2000)

für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

ANDREAS DOHMEN

versi rapportati (2013)

für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

HANS THOMALLA

Lied (2007 – 08/2012)

für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

WALTER ZIMMERMANN

As I was walking along I came upon

chance (2008)

für Saxophon, Schlagzeug und Klavier

TRIO ACCANTO:

MARCUS WEISS / Saxofon

NICOLAS HODGES / Klavier

CHRISTIAN DIERSTEIN /

Schlagzeug

Wergo CD WER 7364 2

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