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NEUE MUSIKNEUE KLÄNGE
SENDUNGEN IM MAI, JUNI UND JULI 2018
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2 3WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
FR 4. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
LUCRECIA DALT @GERÄUSCHWELTEN MÜNSTER
Auf Lucrecia Dalts 2015er Album »Ou« wurde der Gesang der 1980 geborenen Kolumbianerin vermisst. Auch ihren EBass hörte man kaum noch raus. Es schien, als seien alle Klänge elektronisch am Computer hergestellt worden. Spröde und elegant, einfach und gleichzeitig unnahbar wirkte dieser Sound. Auffallend auch die durchdachte Form und klangliche Präzision.
Liegt es an Dalts Ausbildung zur Bauingenieurin? »Irgendwie hatte es mich in den geotechnischen Bereich verschlagen. Ich habe hauptsächlich Sachen entworfen für Dinge, die man nicht sieht. Zum Beispiel Tunnel, Fundamente oder Gehwege. Das waren die reichhaltigsten Erfahrungen, die ich noch immer in meiner Musik spüre.« Auf dem neuen Album »Anticlines«, das in diesen Tagen erscheint, ist ihre Stimme wieder prominent vertreten.
Im Anschluss:»Von Acerca bis Anticlines« Lucrecia Dalt im Gespräch mit Raphael Smarzoch
SA 5. MAI / 20.04 BIS 22.30 UHRWDR 3 KONZERT
MUSIK DER ZEIT [7] SINFONIEN
BERND ALOIS ZIMMERMANN »Sinfonie« (1951) erste Version der »Sinfonie in einem Satz« für Orchester
CAROLA BAUCKHOLT »Im Auge des Klangs« (2018) für Orchester (Uraufführung)
In der Pause gegen 20.45 Uhr: Zwischentöne: Citizen Z Teil 3, ein Beitrag von Barbara Eckle
BERND ALOIS ZIMMERMANN »Die Soldaten« (1958 – 60/1963) Vokalsinfonie für sechs Solisten und Orchester
ALLISON BELL / Sopran
ANNA RAZIEJEWSKA / Mezzosopran
BETTINA RANCH / Alt
PETER TANTSITS / Tenor
HANS CHRISTOPH BEGEMANN /
Bariton
OTTO KATZAMEIER / Bass
WDR SINFONIEORCHESTER
EMILIO POMÀRICO / Leitung
MICHAEL STRUCK-SCHLOEN /
Moderation
Parallele Ausstrahlung in 5.1 Surround
Mehrfach hat Bernd Alois Zimmermann sich auf ein unsicheres musikalisches Terrain gewagt: Er schrieb Sinfonien, die eigentlich keine mehr sind. Zwei solcher Zeugnisse der Nachkriegsjahre rahmen an diesem Abend einen Beitrag aus dem Hier und Jetzt, den Carola Bauckholt liefert. Zimmermanns »Sinfonie in einem Satz« stellt »innere Logik« vor kleinteilige Durch arbeitung. Ihre expressionis tische Schärfe vertreibt jeden Gedanken an Harmonie. Sie ist ein Anschluss an eine labile Tradition, der selbst aber den Weg zurück verstellt. In der »Vokalsinfonie« hat Zimmermann wesentliche Teile seiner Oper »Die Soldaten« für eine erste konzertante Aufführung zusammengezogen. Hier ist die Sinfonie zum Testballon geworden, ein »workinprogress« als Form des künstlerischen Überlebens. Um heute Komponistin sein zu können, braucht Carola Bauckholt den Zugriff auf ganz andere Gattungen, Medien und Sinnreservoirs. Wenn sie nun ein neues Werk für das WDR Sinfonie orchester schreibt – wieviele Spuren des Sinfonischen kann es da noch geben?
AUFNAHMEvom 7. Mai 2016 aus der Black Box in Münster
LIVEaus der Kölner Philharmonie
4 5WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SO 6. MAI / 20.04 BIS 23.00 UHR WDR 3 OPER
DIE SOLDATEN MODERATION: JOHANNES ZINK
BERND ALOIS ZIMMERMANN »Die Soldaten« Oper in vier Akten Libretto vom Komponisten nach dem gleichnamigen Schauspiel von Jakob Michael Reinhold Lenz
Wesener, ein Galanteriehändler
in Lille: FRANK VAN HOVE
Marie, seine Tochter:
EMILY HINDRICHS
Charlotte, seine Tochter:
JUDITH THIELSEN
Weseners alte Mutter:
KISMARA PESSATTI
Stolzius, Tuchhändler in Armentières:
NIKOLAY BORCHEV
Stolzius’ Mutter:
DALIA SCHAECHTER
Obrist, Graf von Spannheim:
MIROSLAV STRICEVIC
Desportes, ein Edelmann:
MARTIN KOCH
Pirzel, ein Hauptmann:
JOHN HEUZENROEDER
Eisenhardt, ein Feldprediger:
OLIVER ZWARG
Haudy: MILJENKO TURK
Mary: WOLFGANG STEFAN
SCHWAIGER
Drei junge Offiziere:
YOUNG WOO KIM, DINO LÜTHY,
PETER TANTSITS
Die Gräfin de la Roche: URSULA
HESSE VON DEN STEINEN
Der junge Graf, ihr Sohn:
ALEXANDER KAIMBACHER
Madame Roux, Inhaberin des Kaffee-
hauses: SILKE NATHO
Der Bediente der Gräfin de la Roche:
ALEXANDER FEDIN
Der junge Fähnrich: JAN RUSKO
Der betrunkene Offizier:
HOEUP CHOI
Drei Hauptleute:
HEIKO KÖPKE, CARSTEN MAINZ,
ANTHONY SANDLE
Offiziere und Fähnriche:
CHORE DER OPER KÖLN
GÜRZENICH-ORCHESTER KÖLN
FRANÇOIS-XAVIER ROTH / Leitung
Ihre Uraufführung wurde zu einem epochalen Ereignis: Anlässlich des 100. Geburtstags von Bernd Alois Zimmermann zeigt die Oper Köln »Die Soldaten«, jenes Werk, dessen Uraufführung in der Domstadt 1965 in der öffentlichen Wahrnehmung bis heute nachwirkend als das wohl bedeutendste Ereignis ihrer Nachkriegsgeschichte gilt.
SA 5. MAI / 22.15 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
FISH AND OTHER BIRDSMODERATION: ANGELA BISCHOFFSTRATE
»FISH AND OTHER BIRDS« Von Martin DaskeProduktion: WDR 2018
»FANGKUNST« Von Martin DaskeProduktion: WDR 2004 Während in »Fangkunst« (2004) fast ausschließlich Klänge von Fischen zum Einsatz kommen, erstreckt sich das Klangmaterial von »fish and other birds« (2018) auf Tiersounds der gesamten maritimen Welt, der Fokus überwiegend auf dem Unterwassergeschehen, vereinzelt aber auch diesseits der Wasseroberfläche. Und oft stellt sich eine große Klangverwandtschaft der Unterwasser zu den Oberwassersounds heraus. Ein Schwerpunkt der neuen Radio
komposition von Martin Daske liegt auf dem vielfältigen Rauschen, das durch »akustische Standbilder« herausgearbeitet wird, sowie den immer wieder überraschenden rhythmischen Strukturen der Unterwasserwelt. Dass es unter Wasser teilweise recht »elektrisch« oder »elektronisch« klingt, liegt sicher nicht zuletzt an der akus tischen Umweltverschmutzung
– warum auch sollten die Meere davon verschont sein? Dem Klangreichtum dieses Stückes hat es aber nicht geschadet. Und – wie die Forschung herausgefunden hat – »grunts may contain complex information«.
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6 7WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
Das Bühnenwerk, das längst zu den zentralen Kompositionen des 20. Jahrhunderts zählt und inzwischen trotz des immensen Aufwandes von vielen, auch weniger großen Häusern aufgeführt wird, wurde zunächst vom Auftraggeber, der Kölner Oper, als unspielbar abgelehnt. Den Weg für die WeltKarriere ebnete die SoldatenSinfonie, die Zimmermann aus dem Opus extrahiert und die das WDR Sinfonieorchester 1963 unter Leitung von Jan Krenz im Funkhaus aus der Taufe hob.
In der Neuproduktion der Kölner Oper im rechtsrheinischen Ausweichquartier Staatenhaus steht Generalmusikdirektor FrançoisXavier Roth am Pult, Regisseur Carlus Padrissa (La Fura dels Baus), Bühnenbildner Roland Olbeter und Kostümbildner Chu Uroz sind – nach »Parsifal« und »Benvenuto Cellini« – für die szenische Umsetzung verantwortlich.
SO 6. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
MANIFESTE NACH MARX & ENGELS MODERATION: MICHAEL REBHAHN
ERWIN SCHULHOFF »Das kommunistische Manifest« (1932) für Chor und Orchester (Ausschnitt) KÜHNS KINDERCHOR
RADIO-CHOR PRAG
SINFONIEORCHESTER DES
TSCHECHOSLOWAKISCHEN
RUNDFUNKS
FRANTISEK VAJNAR / Leitung
HANS G HELMS »Konstruktionen« (1968) Hörstück für 16 Chorstimmen nach Sätzen von Marx und Engels SWR VOKALENSEMBLE
STUTTGART
PETER HIRSCH / Leitung
IRIS DRÖGEKAMP / Regie
PAUL DESSAU »Proletarier aller Länder, vereinigt euch« (1948) Chorkantate CHOR LEIPZIG DES STAATLICHEN
RUNDFUNK-KOMITEES
HERBERT KEGEL / Leitung
LUIGI NONO »Ein Gespenst geht um in der Welt« (1971) für Sopran, Chor und Orchester (Ausschnitt) LILIANA POLI / Sopran
WDR RUNDFUNKCHOR
WDR SINFONIEORCHCESTER
LADISLAV KUPKOVIC / Leitung
LUCIANO BERIO »ARonne« (1974) a radiophonic documentary for five actors (Ausschnitt) NEUE VOCALSOLISTEN
STUTTGART
»Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus«. Mit diesen legendären, längst geflügelten Worten beginnt das »Das Kommunistische Manifest« von Karl Marx und Friedrich Engels, das mit dem bekannten Aufruf endet: »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« �
8 9WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
In dem programmatischen Text aus dem Jahr 1848 entwickeln Marx/Engels pointiert ihre später als Marxismus bezeichnete Weltanschauung. Der grundlegende Text, der inzwischen in fast alle Sprachen übersetzt und in das UNESCO Dokumentarerbe aufgenommen wurde, hat auch in der Musikgeschichte markante Spuren hinterlassen. Fünf Werke, die sich dem Text ganz unterschiedlich – zwischen Agitprop und Avantgarde – nähern, stehen im Mittelpunkt dieser Hommage zum 200. Geburtstag von Karl Marx.
Erwin Schulhoff, der 1942 an den Folgen seiner Deportierung im Lager Wülzburg in Bayern starb, hat den Text 1932 zu einem Oratorium verarbeitet. Paul Dessau (1948) und Hans G Helms (1968) schrieben nach dem Manifest Choretüden, während Luciano Berio (1974) und Luigi Nono – sogar zweimal: in einer Kantate (1971) und in seiner zweiten szenischen Aktion (1975) – die zen trale Textzeile aus dem Manifest verwenden. Bei der Uraufführung der NonoKantate mit dem mondial »erweiterten« Titel »Ein Gespenst geht um in der Welt« schlugen die Wogen hoch: Bei dem Konzert der Reihe »Musik der Zeit« im Kölner Funkhaus wurden Flugblätter verteilt und demoartigen Aktionen durchgeführt, was dem WDR einigen »PolitÄrger und weitere Punkte auf dem Konto ›Rotfunk‹« (Rainer Peters) eintrug.
FR 11. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
KIPI KANINUS @ FESTIVAL ISLANDBILDER, KÖLN Der isländische Laptop Musiker und Videokünstler Kippi Kaninus beschäftigt sich in seinen musikalischen Arbeiten abwechselnd mit reinen GeräuschExperimenten, songorientierten Strukturen und tanzbaren Beats. Seine Kollegen Daníel Bjarnason und Ólafur Arnalds arbeiten nicht mit Computern, sondern gerne mit großen Orchestern oder schreiben Stücke für kammermusikalische Besetzungen. Sie komponieren einen Sound, der von der Musikpresse als neue
klassische Musik bezeichnet wird. Jóhann Jóhannssons Album »Englabörn« gilt als Blaupause dieses Sounds und als Beginn einer erfolgreichen Karriere, die den im Februar verstorbenen Komponisten bis nach Hollywood führte. Mit seinen experimentellen Soundtracks zu Filmen wie »Sicario« oder »Arrival« wurde Jóhannssón weltweit berühmt. WDR 3 Open Sounds blickt zurück auf die Karriere des Komponisten und stellt aktuelle Sounds aus Island vor.
Im Anschluss:»Island Klänge – Zwischen Kammermusik und Wall of Sound«Autor: Raphael Smarzoch
AUFNAHMEvom Festival Islandbilder vom 24. November 2005 aus dem Kölner Filmhaus
10 11WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SA 12. MAI / 22.04 BIS 23.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK
POINT OF VIEW [66]: GOLO FÖLLMERAUTOR: MICHAEL REBHAHN
Golo Föllmer, 1964 in Karlsruhe geboren, lernte Klavierbauer, studierte Musik und Kommunikationswissenschaften in Berlin und San Francisco, promovierte über »Musik im Netz« und arbeitete am Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft der Universität in Halle. Als Wissenschaftler beschäftigt er sich mit der Ästhetik und Rezeption von elektroakustischer Musik, Klangkunst und Radiokunst sowie mit der Funktion von Musik und Sounddesign in audiovisuellen Medien. Für »Point of View« hat Golo Föllmer eine denkbar diverse Auswahl von Stücken zusammengestellt.
MUSLIMGAUZE Sector 2
MARYANNE AMACHER Head Rhythm 1
NICHOLAS COLLINS Broken Light – I Corelli
ELIANE RADIGUE Kyema
BOB OSTERTAG Part One
L.O.S.D. Organic 2 / 23 Locked Grooves
JOHN CAGE Williams Mix
MADONNA What it feels like for a Girl
STADTRAUMKLÄNGE –EIN IMAGINÄRER RUNDGANG AUTOREN: GOLO FÖLLMER UND NATHALIE SINGER
1. »Tonhäuser – Räume aus Klang gebaut« Mit Klangkunstwerken von u. a.GUNTER DEMNIG, ELLEN FULLMAN, BERNHARD LEITNER, FRANCISCO LÓPEZ, ALVIN LUCIER, PAUL PANHUYSEN und ANDRÉ WERNER
2. »Töne für die Straße – akustische Stadtraumgestaltung« SAM AUINGER UND BRUCE ODLAND, LOUIS DANDREL, PIERRE HENRY, KLANGFACH 6, JOANNE LEE, ROBIN MINARD und GORDON MONAHAN
Klangkünstler benutzen oft bauliche Gegebenheiten als tragenden Bestandteil speziell entworfener Klangerzeuger, so dass der ganze Raum zum Instrument wird. Oder sie bilden architektonische Proportionen in abstrakten musikalischen Strukturen ab, die im Raum wiederum ein stark sinnliches Erleben ermöglichen. Die Architektur bietet Klangkünstlern nicht nur reizvolle
Behältnis für die klingende Kunst, sondern stellt mit der sozialen Relevanz und dem Erlebnischarakter urbaner Bauwerke im öffentlichen Außenraum auch aktuelle Fragen. In der Klangkunst wird Stadtraumgestaltung als ein musikalisches Problem begriffen. Klanginstallationskünstler arbeiten im öffentlichen Stadtraum sowohl mit sachlichfunktionalen Klangelementen als auch mit metaphorischen Spiegelungen der uns täglich umgebenden Klangwelt. Ziel kann die offenbare akustische Gestaltung des Stadtareals im Sinne eines akustischen Landschaftsarchitekten sein, es kann sich aber auch um hintergründige, fast unmerkliche klangliche Färbungen der städtischen Lebenswelt handeln. Mit einer Höruhr, einer Hafensymphonie und Klangkunstwerken für einen Turm, ein Stadttor, eine Fußgängerzone und eine Wiese.
12 13WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SO 13. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
SONGS AND POEMS (1) MODERATION: MARTINA SEEBER
ANDREAS DOHMEN »versi rapportati« (2012/13) für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
HANS THOMALLA »Lied« (2007/08) für Tenorsaxophon, Vibraphon und Klavier
WALTER ZIMMERMANN»As I was walking along I came upon chance« (2008) für Tenorsaxofon, Schlagzeug und Klavier
TRIO ACCANTO:
NICOLAS HODGES / Klavier
MARCUS WEISS / Saxophon
CHRISTIAN DIERSTEIN /
Schlagzeug
Saxophon, Klavier Schlagzeug. Im Jazz ist die Besetzung ein Klassiker, in der zeitgenössischen Musik die absolute Ausnahme. »Ich liebe diese Selbstverleugnung des Jazz«, bekennt der Pianist Nicolas Hodges. »Wir sind ein Jazztrio, das nie Jazz spielt«.
Mit Masochismus hat das nichts zu tun. Seit der Gründung des Trio Accanto vor fast 25 Jahren wächst und gedeiht das Repertoire für die Formation. Dass sich dabei der Jazz gelegentlich durch die Hintertür zurückmeldet, stört das Trio, zu dem auch Saxophonist Marcus Weiss und Schlagzeuger Christian Dierstein gehören, keineswegs. Die ästhetischen Welten, die Andreas Dohmen, Hans Thomalla und Walter Zimmermann in ihren Kompositionen für das Trio Accanto erschließen, könnten allerdings unterschiedlicher kaum sein.
FR 18. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
TO ROCOCO ROT @ BONN HOEREN 1995 gründen die Brüder Robert und Ronald Lippok zusammen mit Stefan Schneider die Band To Rococo Rot. Die Grundbestandteile ihres Sounds haben sie bis heute nur minimal variiert: Das Trio experimentiert mit instrumentalen und elektronischen Klängen, die von repetitiven Rhythmen begleitet werden. Auf frühen Alben glaubt man, Bezüge zum Clicks & CutsSound der Mille PlateauxSchule zu hören. Jüngere Experimente öffnen Hörräume in Post und KrautrockWelten. WDR 3 Open Sounds präsentiert To Rococo Rot mit dem Glockenlied. Im Mittelpunkt der Improvisation steht der Klang der Bonner Sankt Helena Kirchenglocke.
Neben seiner Tätigkeit bei To Rococo Rot macht Stefan Schneider Musik als Mapstation und spielt in der Band Kreidler. Kürzlich trat er auch als Kurator in Erscheinung. Für das Label Bureau B stellte er den Sampler »Sammlung – Elektronische Kassettenmusik Düsseldorf 1982 – 1989« zusammen. Eine nostalgische Bestandsaufnahme längst in Vergessenheit geratener Experimentatoren, die mit günstigen Synthesizern musikalische Versuchsanordnungen zwischen analogen PunkEntwürfen und rauschenden LoFiTracks komponierten.
Im Anschluss:»Düsseldorfs vergessene Kassetten-Szene«Stefan Schneider im Gespräch mit Raphael Smarzoch
AUFNAHMEvom 18. Mai 2014 aus der Bonner Sankt Helena Kirche
14 15WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SA 19. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHR WDR 3 OPEN SOUNDS
FOURTH WORLD – IMAGINÄRE WELTMUSIK SEIT JON HASSELLAUTOR: OLAF KARNIK Als der amerikanische Komponist und Trompeter Jon Hassell 1980 seine gemeinsam mit Brian Eno produzierte Platte »Fourth World Vol. 1: Possible Musics« veröffentlichte, deutete schon der Titel auf eine Serie von künstlerischen Experimenten mit konzeptioneller Ausrichtung. Hassell hatte bei Karlheinz Stockhausen und beim indischen RagaMeister Pandit Pran Nath studiert, in den USA mit den Minimalisten Terry Riley und La Monte Young zusammen gespielt und war Fan des elektrischen FusionJazz von Miles Davis. In seinem Fourth WorldKonzept wurden diese Einflüsse mit Elementen traditioneller Musik aus Afrika und Asien zu einem mystischerotischen Hexengebräu verrührt, das sich vor allem nicht um eins bemühte: Authentizität.
Stattdessen schwebte Hassell eine globale Musik in der Möglichkeitsform vor, die die soziokulturellen Differenzen von Erster, Zweiter und Dritter Welt transzendiert: eine Ver
mischung von traditioneller Musik aus der ganzen Welt mit westlichen Kompositionstechniken und moderner Elektronik, aus der eine zeitgenössische Folklore unbekannter und imaginärer Regionen entsteht. Seinen ethnopoetischen Sound diversifizierte Hassell auf zahlreichen Veröffentlichungen bis in die 1990er Jahre und fand in dieser Zeit viele Adepten und Wegbegleiter – darunter Michael Turtle, Roberto Musci oder Finis Africae.
In den letzten Jahren ist das Echo der Fourth World Music wieder laut geworden. Die Verschmelzung von traditioneller Folklore mit futuristischer Elektronik und der Genreübergreifende Appeal von Hassells Musik fasziniert eine neue Generation von Produzenten im Bereich zwischen Ambient und experimenteller Elektronik, darunter Spencer Clark, Jonny Nash, Visible Cloaks oder Andrew Pekler. Ein Streifzug durch die Territorien der Fourth World Music gestern und heute.
SO 20.MAI / 20:04 BIS 22:00 UHRWDR 3 KONZERT
MUSIK FÜRS RADIO!WERKE UND BEARBEITUNGEN VON BERND ALOIS ZIMMERMANN
BERND ALOIS ZIMMERMANN »Söbensprung« (1950) ein norddeutsches Volkstanzpotpourri für Bläser, Pauken und Perkussion
DARIUS MILHAUD/BERND ALOIS ZIMMERMANN »Saudades do Brasil« (1920 – 21) für Orchester bearbeitet (1951)
BERND ALOIS ZIMMERMANN»Rheinische Kirmestänze« (1950 – 62) für dreizehn Bläser
MODEST MUSSORGSKY/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Au village« (Quasi fantasia) (1880) für Klavier, bearbeitet für Orchester (1950)
MODEST MUSSORGSKY/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Reiseeindrücke aus der Krim« (1880) für Klavier, bearbeitet für Orchester von Bernd Alois Zimmermann (1949)
SERGEJ RACHMANINOW/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Romance« op. 10,6 (1893/94) für Klavier, bearbeitet für Saxophon und Orchester von Bernd Alois Zimmermann (1950)
JACQUES OFFENBACH/ BERND ALOIS ZIMMERMANN »Le Violoneux« (Die Zaubergeige) (1855) Légende bretonne in einem Akt. Libretto von Eugène Mestépès und Émile Chevalet Neuorchestrierung von Bernd Alois Zimmermann (1950) (Uraufführung)
MILJENKO TURK / Bariton
ANNIKA BOOS / Mezzosopran
CHRISTIAN STURM / Tenor
ANDY MILES / Saxophon
WDR FUNKHAUSORCHESTER
KÖLN ALFRED ESCHWÉ / Dirigent �
MITSCHNITTvom 28. April 2018 aus der Kölner Philharmonie
16 17WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
»Ich bin mit jeder Einnahme, sofern sie nicht gerade unwürdig ist, von vornherein zufrieden, da ich praktisch völlig in der Luft hänge«, heißt es in einem Brief Bernd Alois Zimmermanns aus den frühen 1950er Jahren.
Bevor der Komponist seine Professur in Köln antrat, dirigierte er einen Männerchor und verdingte sich als Pianist in Tanzkapellen, doch vor allem schrieb er Musik für den Rundfunk, etwa Orchestrierungen fremder Klavierwerke und phantasievolle Volksmusik Arrangements. Gelegenheitsarbeiten, die ihm auf einigermaßen ehrbare Weise den Lebensunterhalt sicherten, zugleich aber auch wertvolle Erfahrungen auf dem Weg zur »pluralistischen« Kompositionskunst späterer Jahre. Neben unzähligen Klavierstücken hat BAZi 1950 auch »Die Zaubergeige« von Jacques Offenbach im Auftrag des NWDR nach dem Klavierauszug neu instrumentiert. Und das obwohl es eine vom Komponisten selbst instrumentierte, aufführbare Fassung des Werkes gibt. Das unbenutzte Stimmenmaterial, das erst vor einigen Jahren aufgefunden
wurde, wurde offenbar seinerzeit nie gespielt – weder im Konzert noch im Studio. Das Ergebnis könnte man – analog zur damals erprobten Funkoper – als ein seltenes Exemplar einer »Funkoperette« ansehen, bei der Offenbachs »Légende bretonne« nicht nur ins Deutsche übersetzt, sondern eigens für den »Funk«, fürs Radio bearbeitet wurde.
Die Uraufführung dieses Werkes, das für das damalige Orchester Hermann Hagestedt entstand, wird vom WDR Funkhausorchester realisiert, das in den 1970er Jahren aus den verschiedenen Ensembles und Combos hervorgegangen ist, die neben Sinfonieorchester und Chor den Kölner Sender bevölkerten: darunter das Kleine Unterhaltungsorchester, Harald Banters Media Band, das Orchester Hans Bund, das Tanz und Unterhaltungsorchester von Adalbert Luczkowski (Vorläufer der WDR Bigband und des Orchester Kurt Edelhagen), das salonorchesterartige Ellegiers Sextett oder die Volksmusikvereinigung des WDR, für die die »Rheinischen Kirmestänzen« einst entstanden sind.
SO 20. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
SONGS AND POEMS (2) MODERATION: MARTINA SEEBER
WOLFGANG RIHM »Gegenstück« (2004) für Schlagzeug, Kontrabass Saxophon und Klavier
ALDO CLEMENTI »Tre Ricercari« (2000) für drei Ausführende
HANS THOMALLA »Lied« (2007 – 08/2012) für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
GEORGES APERGHIS »trio funambule« (2014) für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
JOHANNES SCHÖLLHORN »Sinaïa« 1916 (2015) für Baritonsaxophon, Klavier und Schlagzeug
TRIO ACCANTO:
MARCUS WEISS / Saxophon
NICOLAS HODGES / Klavier
CHRISTIAN DIERSTEIN /
Schlagzeug
Melodie, Harmonie, Rhythmus. Das Trio Acccanto – Saxophon, Klavier und Schlagzeug – hat von allem etwas. Komponisten wissen das zu schätzen. Deshalb wächst das Repertoire für die drei Musiker, die mit dieser Ausnahmebesetzung in der klassischen Musik bislang noch allein dastehen. Die Werke sind ihnen auf den Leib geschrieben. Wolfgang Rihm schickt das Trio in ungeahnte Tiefen, wo selbst das KontrabassSaxophon an seine Grenzen stößt. Wie ein Ritual lässt Aldo Clementi seine »Ricer cari« zelebrieren. Eine Reise ins Innere der Musik.
18 19WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
FR 25. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
JOSIN @ C/O POP FESTIVAL 2016
Arabella Rauch alias Josin kam bereits sehr früh mit Musik in Berührung. Ihre ersten musikalischen Erinnerungen sind die lautstarken Einsingübungen ihrer Eltern, beides Opernsänger. Mit 14 beginnt sie Klavier zu spielen und eigene Songs zu schreiben. In ihrer Musik möchte die in Köln aufgewachsene SingerSongwriterin keine Geschichten erzählen, sondern Stimmungen erschaffen – atmosphärische Momentaufnahmen, die an Radiohead und Bon Iver erinnern.
Die Kanadierin Nicole Dollanganger widmet sich in ihrer Musik düsteren Themen. Mit ihrer hohen Stimme singt sie über Magersucht, Amokläufe und verunglückte Liebe. Wie wenig andere MusikerInnen versteht sie es, in ihren Songs jugendliche Ängste und Sehnsüchte zu artikulieren. Hierzulande sind ihre melancholischen PostRockArrangements und minimalistischen Gitarrentracks noch weitestgehend unbekannt.
Im Anschluss:»Gothic Folk Songs«Die unheimlich schöne Welt der Nicole DollangangerAutor: Raphael Smarzoch
SA 26. MAI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK
GRÜNDUNGSMYTHENAUTOR: BJÖRN GOTTSTEIN
HEINZ SCHÜTZ Morgenröte (1952) Elektronische Musik
HERBERT EIMERT & ROBERT BEYERKlang im unbegrenzten Raum (1952) Elektronische Musik
HERBERT EIMERT Klangstudie I (1952) Elektronische Musik
HERBERT EIMERT & ROBERT BEYERKlangstudie II (1952) Elektronische Musik
Am 26. Mai 1953, heute vor 65 Jahren, wurden in Köln einer erstaunten Öffentlichkeit erstmals die ersten Elaborate des Studios für Elektronische Musik vorgeführt – während einer Tagung bei dem »Neuen Musikfest 1953«. Die Gründung des Studios war da schon vollzogen. »Wenn die angeschnittenen Fragen in diesem Jahr nicht in Deutschland zu einer Realisierung führen, werden sie uns im nächsten Jahr von den USA vorgelegt werden.« Mit dieser forschen und durchaus verwegenen Drohung forderten Werner MeyerEppler und Herbert Eimert vom Intendanten des nwdr die Gründung
eines Studios für elektronische Musik. Das Schreiben wurde am 18. Oktober 1951 aufgesetzt; noch am selben Abend wurde im Nachtprogramm des Senders eine Gesprächsrunde ausgestrahlt, in der Komponisten, Wissenschaftler und Techniker die Möglichkeiten der elektronischen Musik nicht nur besprachen, sondern anhand einiger Klänge sogar schon vorführten. Noch am nächsten Tag, am 19. Oktober 1951 also, erinnerte Eimert sich später, habe er grünes Licht erhalten für das weltweit erste Studio für elektronische Musik. Zum Jubiläum erinnern wir an die Gründung des Studios und die Anfänge der elektronischen Musik in Köln, u. a. mit historischen Originaltönen und Gesprächsauszügen von Herbert Eimert, Werner MeyerEppler, Heinz Schütz, Karlheinz Stockhausen, Gottfried Michael Koenig, Henri Pousseur und Volker Müller. �
AUFNAHMEvom 25. Mai 2017 aus der Kölner Christuskirche
20 21WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
19. OKTOBER 1954: DAS ERSTETONBANDKONZERTMODERATION: BJÖRN GOTTSTEIN
KARLHEINZ STOCKHAUSEN Studie II
HERBERT EIMERTGlockenspiel
KAREL GOEYVAERTS Komposition Nr. 5 und 7
HENRI POUSSEUR Seismogramme
PAUL GREDINGER Formanten I und II
KARLHEINZ STOCKHAUSEN Studie I
HERBERT EIMERT Etüde über Tongemischedazu:MARIETTA MORAWSKA-BÜNGELER Verbalisierte Ratlosigkeit – Elektronische Musik in der Kritik
Am 19. Oktober 1954 fand im kleinen Sendesaal des NWDR in Köln ein denkwürdiges Konzert statt, denn das Podium gehörte Lautsprechern. Erstmals gab es ein Programm mit vollkommen synthetischer Musik. Das scheuchte die Hörer ebenso auf wie die Presse. Welchen Eindruck diese Musik zu ihrer Zeit machte, lässt sich den Kritiken zu diesem Historischen Konzert ablauschen.
SO 27. MAI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
HYPERKLAVIEREMODERATION: STEFANIE GEUEKE
MARTIN GRÜTTER »Allheilmittel« (2017) für Orchester mit Klavier und Hyperklavier ENSEMBLE MODERN ORCHESTRA
ILAN VOLKOV / Leitung
REINHARD FEBEL »Hyperklavier« (2015) für Klavier solo und 13 Instrumente NORA SKUTA / Klavier
ŒNM . ÖSTERREICHISCHES
ENSEMBLE FÜR NEUE MUSIK
HIDETO NOMURA / Leitung
Als böte das Klavier nicht schon genug Möglichkeiten. Komponisten sinnieren immer wieder über die Erweiterung des universellen Tasteninstruments: Mit neuen Spieltechniken und Präparationen im Klavierinnenraum, mit transzendierenden, grenzüberschreitenden Etüden sowie mit Versuchen, das Klavier zu expandieren: Hyperklaviere.
»Wenig Finger bewegen, viele Töne produzieren«: Das ist das Grundprinzip des Hyperklaviers von Martin Grütter, eines speziellen Keyboards, das die begrenzten menschlichen Fähigkeiten übersteigert. Ein solch utopischer Klangkörper ist für ihn auch das Orchester, weil »es dutzende menschliche Spieler zu einem symphonischen ÜberInstrument vereinigt«.
Reinhard Febels HyperklavierKompositionen erweitern den typischen Klavierklang durch andere akustische Instrumente und durch eine komplexe Pedalisierung, die der eigentümlichen, instabilen Klangqualität des Klaviers entgegenwirken. Sie erforschen die vielen existierenden Klaviertechniken und klänge, geben ihnen mehr Struktur und Intensität.
22 23WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
FR 1. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
ZEITKRATZER UND KEIJIHAINO @ RUHRTRIENNALEMODERATION: RAPHAEL SMARZOCH
Im Anschluss:Keiji Haino, Oren Ambarchi und Jim O’RourkeAufnahmen vom 28. Oktober 2014, Super Deluxe, Tokyo
Der japanische MultiInstrumentalist Keiji Haino gilt als graue Eminenz der NoiseMusik. Der stets in schwarz gekleidete Musiker improvisierte mit seiner Band Fushitsusha in den 90er Jahren psychedelischen NoiseRock. Über fünfzig SoloAlben hat er eingespielt. Mal ist er an der Gitarre zu hören, mal spielt er eine Vielzahl von Perkussionsinstrumenten, experimentiert mit einer Drehleier oder baut musikalische Versuchsanordnungen aus
Elektronik und Schallplattenspielern. Mit dem Zeitkratzer Ensemble verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit. Zwei LiveAlben spielte er mit ihm ein. Zu ihren stärksten Auftritten zählt das Konzert in der Jahrhunderthalle Bochum. Mit Jim O’Rourke und Oren Ambarchi kehrt der japanische Experimentator zu seinen Wurzeln zurück: Das Trio spielt frei improvisierte Rockmusik, laut, radikal und kompromisslos.
SA 2. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
VON GRÖNLAND UND GRACHTENGRENZWELLENERKUNDUN-GEN MIT THOMAS KÖNERMODERATION: ANGELA BISCHOFFSTRATE
»STATION EISMITTE«Von Thomas KönerProduktion: WDR 2006 »DER FÄHRMANN«Von Thomas KönerProduktion: WDR 2012
Der Medienkünstler Thomas Köner – Spezialist für Extremklangarten und Dark AmbientSound – begibt sich auf der Suche nach dem anderen Klang in entlegene Polarregionen oder unbewohnte Vorstädte, in die Randzonen unserer Gesellschaft und an die Schwellen der menschlichen Wahrnehmung. In »Station Eismitte« untersucht Thomas Köner die akustischen Dimensionen eines vergangenen Lebensraums: der Überwinterungsstation »Eismitte« – ein ins Inlandeis gegrabenes Gebäude, das der Polarforscher Alfred Wegener auf seiner GrönlandExpedition im Juli 1930 anlegte; als Schutz bei Außentemperaturen von bis zu 65°C.
»Der Fährmann« macht die dunkle Seite der Gracht hörbar bzw. die verborgene Klangwelt Amsterdams, das einen Meter unter Meeresniveau liegt: Auf Pfählen, die man in den morastigen Boden trieb, baute man die Stadt und schaffte eine dauerhaft instabile Begegnung von trübem Kanalwasser und scheinbarem Festland, in deren nasskaltem Dunst die Kaufleute seit Jahrhunderten ihre Geschäfte besiegeln. Albert Camus’ Romanfigur Clamence vergleicht in »La chute« die ringförmigen Kanäle Amsterdams mit den neun Höllenkreisen aus Dantes »Divina Comedia«. Thomas Köner, der in jungen Jahren eine Zeit lang in Amsterdam lebte, kehrt mit dem Mikrofon zurück und wird zum Fährmann auf eben diesen Kreisen, die Amsterdam heute als pittoreske Grachtenidylle erscheinen lassen.
AUFNAHMEaus der Jahrhunderthalle Bochum
24 25WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SO 3. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
1968 [1] VORECHOS MODERATION: BERND KÜNZIG
LUCIANO BERIO »O King« (1965) für Stimme und Ensemble SWINGLE SINGERS
ORCHESTRE NATIONAL
DE FRANCE
PIERRE BOULEZ / Leitung
JAMES TENNEY »Fabric for Ché« (1967) elektronische Komposition
LUIGI NONO »Musica manifesto n. 1« für Singstimme, Sprechstimme und Tonband (1968 – 69): Un volto, del mare und Non consumiamo Marx (Ausschnitt) PETRA HOFFMANN / Sopran
ISIS KRÜGER / Sprechstimme
BRYAN WOLF / Klangregie
HENRI POUSSEUR »couleurs croisées« (1967) für großes Orchester (Ausschnitt) ORCHESTRE PHILHARMONIQUE
DES LIÈGE
PIERRE BARTHOLOMÉE / Leitung
DIETER SCHNEBEL »Für Stimmen (. missa est) :! (Madrasha II)« (1967 – 68) für Vokalgruppen (Ausschnitt) SCHOLA CANTORUM STUTTGART
CLYTUS GOTTWALD / Leitung
Die 68er waren nicht nur in der Pop und Rockmusik ein Ereignis. Sie sind auch in der Neuen Musik nicht spurlos vorübergegangen, ja sie wurden in einigen Werken sogar vorweg genommen – im Zeichen von Aufruhr, Anarchie und Protest, von Provokation und Happening.
Pierre Boulez, wollte 1967 noch die verkrusteten, in Tradition erstarrten Opernhäuser in die Luft sprengen, an denen er – in Paris, Bayreuth, London oder Wien – wenige Jahre später selbst mit Erfolg dirigierte.
Die 68er wären kaum denkbar ohne die Proteste der Friedens, Bürgerrechts und Studentenbewegungen, die zuvor vor allem in den USA aufflammten. Zu den Leitfiguren gehörten Martin Luther King, dem Luciano Berio in einer Kantate huldigt, oder der Freiheitskämpfer Che Guevara. In James Tenneys Tonbandstück »Fabric for Ché« spürt man noch heute die sozialen und politischen Erschütterungen jener Jahre. Henri Pousseur, der damals in den USA lebte, bezieht sich in seinem Orchesterstück »couleurs croisées« auf den Protest Song »We shall overcome«, der vielfarbig zerlegt wird – stellvertretend für die verschiedenen Farben der Haut, der Sprachen und der Fahnen.
In Europa kochte die Bewegung spätestens im »heißen« Mai 68 in Paris hoch. Luigi Nono nimmt darauf Bezug in seinem »Musica manifesto n. 1« : nach dokumentarischen Texten, Slogans, Graffiti und Demorufen, die mit Poesie von Pavese verknüpft werden: »zwei unterschiedliche Formen der Verliebtheit« (Nono).
26 27WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SA 9. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK
NEXUS [24]: GRUPPO DI IMPROVVISAZIONE NUOVA CONSONANZAAUTOR: REINHOLD FRIEDL
Anfang und Mitte der Sechziger Jahre wurde Rom plötzlich zum Schmelztiegel einer eigenartigen neuen Musik: junge amerikanische Komponisten wie Frederic Rzewski und Alvin Curran trafen auf einheimische Avantgardisten: Franco Evangelisti, Walter Branchi, Ennio Morricone und Mario Bertoncini. Improvisation und Aleatorik prallten aufeinander und verschmolzen zu neuen Spielweisen. Eine wesentliche Rolle spielte dabei die Erfahrung, die u. a. Evangelisti, Bertoncini oder auch Roland Kayn in elektronischen Studios gesammelt hatten: die Ästhetik der 1965 gegründeten Gruppo di improvvisazione nuova consonanza ist in ihrem sinnlichen Klangpurismus deutlich hiervon geprägt.
Mit Ausschnitten aus:
GRUPPO DI IMPROV - VI SAZIONE NUOVA CON SONANZA (FRANCO EVANGELISTI, MARIO BERTONCINI, JOHN HEINEMAN, WALTER BRANCHI U. A.) »Improvvisazione 2«»Light Music«»Trio Di Fiati« »String Quartet«»Omagio a Scelsi«»Schema 2«
LARRY AUSTIN »Improvisations For Orchestra And Jazz Soloists«
MARIO BERTONCINI »Äolsharfe«
FRANCO EVANGELISTI »Incontri di fasce sonore«
ROLAND KAYN »Simultan«
ENNIO MORICCONE & NUOVA CONSONANZAFilmmusik zu »Giornata nera per l’Ariete«
ENNIO MORRICONE Filmmusik zu »Für eine Handvoll Dollar«
SA 9. JUNI / 20.04 BIS 22.00 UHRWDR 3 KONZERT
ENSEMBLES EUROPAS: NYYD ENSEMBLE (TALLINN/ESTLAND)MODERATION: MARTINA SEEBER
HELENA TULVE»à travers« (1998) für Ensemble
MAGNUS LINDBERG»Coyote Blues« (1993) für großes Ensemble
JAY SCHWARTZ»Music for Chamber Ensemble II« (2008 – 09) für Ensemble
ESA-PEKKA SALONEN»Mania« (2000 – 02) für Violoncello und großes Ensemble
ERKKI-SVEN TÜÜR »Oxymoron« (2003) für großes Ensemble
MÄRT-MATIS LILL»My Weeping Voice is the Wind of Autumn« (2005)für sechs Spieler
NYYD ENSEMBLE
(Tallinn/Estland)
OLARI ELTS / Leitung
»Nüüd« ist estnisch und bedeutet »jetzt«. Buchstabiert man »jetzt« ein wenig anders, erhält man den Namen des ersten estnischen Ensembles für zeitgenössische Musik, das zu Beginn der 1990er Jahre auf dem gleichnamigen Festival in Tallinn seinen Einstand gegeben hat. »Jetzt« ist für das Ensemble nicht bloß eine zeitliche Markierung, es ist ein Imperativ, nach dem es mit befreundeten Komponisten ein Bild der Gegenwart entwirft.
AUFNAHMEvom Samstag, 24. Januar 2009
�ZUM NACHHÖREN IM WDR 3 KONZERTPLAYER
28 29WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
NEXUS [25]: MUSICA ELETTRONICA VIVAAUTOR: REINHOLD FRIEDL
In Abgrenzung zur Gruppo di improvvisazione nuova consonanza entstand 1966 eine zweite Gruppe, die Frederic Rzewski umgehend nach seinem Austritt aus Nuova Consonanza gegründet hatte: Musica elettronica viva. Ihr Kern bestand aus drei amerikanischen Komponisten – neben Rzweski Richard Teitelbaum und Alvin Curran – man feierte erstmal die neue Freiheit mit partizipatorischen anything goes: anfänglich durfte sogar das Publikum mitwirken, schließlich begannen gerade die Studentenrevolten.
Die Geschichte beider Gruppen wird ebenso diskutiert wie ihre frühen Vorläufer, aber auch die Neuentdeckungen erstaunlicher Aufnahmen des Mailänder Labels Die Schachtel. Und Ennio Morricones gescheiterter Versuch, die Gruppe in Filmmusikproduktionen einzubinden…
Mit Ausschnitten von
MUSICA ELETTRONICA VIVA (ALVIN CURRAN, FREDERIC RZEWSKI, RICHARD TEITELBAUM U. A.)FridayThe Sound Pool, Spacecraft,United Patchwork 1979
ALVIN CURRAN, ENNIO MORRICONE, JOHN HEINEMAN, ALESSANDRO SBORDONI Improvisation (Konzertmitschnitt Dezember 2017)
SO 10. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
1968 [2]: IM SOG DES SOZIALEN AUFBRUCHSMODERATION: REINHARD KAGER
Ausschnitte aus:
LUIGI NONO »Per Bastiana. TaiYang Cheng« (1967) für Orchester RSO BERLIN
MICHAEL GIELEN / Leitung
PIERRE HENRY »Messe pour le temps présent« (1967) elektronische Komposition
STEVE REICH »Pendulum Music« (1968) für Mikrophone, Verstärker, Lautsprecher und Aufführende ENSEMBLE AVANTGARDE
GEORGE CRUMB »Echoes of Time and the River« (1967) für Orchester ORCHESTER DER NATIONAL-
PHILHARMONIE WARSCHAU
THOMAS CONLIN / Leitung
HANS WERNER HENZE »Das Floß der Medusa« (1968) Oratorium für Sopran, Bariton, Sprechstimme, Chor, Knabenchor und Orchester mit einer Dichtung von Ernst Schnabel DIETRICH FISCHER DIESKAU /
Bariton
CHARLES REGNIER / Sprecher
NDR SINFONIEORCHESTER
NDR-CHOR
RIAS-KAMMERCHOR
HANS WERNER HENZE / Leitung
MUSICA ELETTRONICA VIVA »Spacecraft« (1967) Improvisation IVAN VANDOR / Saxophon
ALVIN CURRAN /
Percussion, Trumpet
ALLEN BRYANT / Synthesizer
FREDERIC RZEWSKI / Performer
RICHARD TEITELBAUM /
Synthesizer
1968 war eine Zeit sozialer Veränderungen, die auch in der zeitgenössischen Musik ihren Niederschlag fanden: Die Friedens und die Studentenbewegungen dieser Zeit führten zu einer Politisierung der Kunst und öffneten die nach dem Krieg sehr hermetische neue Musik für einst verpönte populäre Spielformen. �
30 31WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
Als Pierre Henry 1967 seine »Messe pour le temps présent« erstmals der Öffentlichkeit vorstellte, war die Verwunderung groß. Denn der Mitbegründer der auf Alltagsgeräuschen basierenden musique concrète verwendete in seinem Hymnus auf den Geist dieser Zeit auch Elemente des populären Psychedelic Rock.
Für Aufregung sorgte auch die Minimal Music, die gleichfalls auf rhythmische Patterns der Popularmusik zurückgreift. Dass Steve Reich, einer der bedeutendsten Minimalisten, seine »Pendulum Music« von 1968 auf Interferenzgeräuschen aufbaut, zeigt wie kreuz und quer die Musik sich damals entwickelte. Hinzu kamen explizit politische Stücke wie Luigi Nonos »Per Bastiana. TaiYang Cheng« oder Hans Werner Henzes »Floß der Medusa« sowie Ausflüge in die Improvisationsmusik, wie sie die USamerikanische »Musica Elettronica Viva« praktizierte.
DI 12. JUNI / 20.04 BIS 22.00 UHRWDR 3 OPEN: KONZERT
ENSEMBLES EUROPAS: CAPUT ENSEMBLE (REYKJAVIK/ISLAND)MODERATION: PATRICK HAHN
SNORRI SIGFÚS BIRGISSON »In a Magnetic Field« (1996) für Ensemble
ATLI INGOLFSSON »Orgoras Speaks« (2008 – 09) für zwei Klarinetten und Ensemble
BENT SÖRENSEN »The Deserted Churchyards« (1990) für sechs Spieler
GEORGE BALINT »12 Blows« (2002) für sechs Spieler
HAUKUR TÓMASSON »Vetrarkvidi« (2005) für sieben Spieler und Zuspielung
ATLI INGÓLFSSON »Trust me« (2002) für Klarinette, Viola und Klavier
GÜNTER STEINKE »Area« (2008 – 09) für Ensemble
CAPUT ENSEMBLE
(Reykjavik/Island)
DAVID SMEYERS und
BEATE ZELINSKY / Klarinetten
Für einen Isländer ist alles, was nicht auf der eigenen Insel daheim ist, in Übersee. Der Einfluss der Inselbewohner ist – gemessen an der Einwohnerzahl – auf bildende Kunst oder Popmusik dennoch enorm groß. Da überrascht es weniger, dass sich das Caput Ensemble bereits seit 1987 dezidiert der Neuen Musik verschrieben hat. Auf zahlreichen CDProduktionen hat das Ensemble nicht nur isländischen sondern auch »überseeischen« Freunden auf brillante Weise Gehör verschafft.
AUFNAHMEvom Samstag, 28. Februar 2009
ZUM NACHHÖREN IM WDR 3 KONZERTPLAYER
32 33WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
FR 15. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHR WDR 3 OPEN SOUNDS
LAMBERT @ C/O POP FESTIVAL 2015
Lambert verheimlicht seinen bürgerlichen Namen. Bei öffentlichen Auftritten versteckt er sein Gesicht hinter einer unheimlichen Tiermaske mit spitzen Hörnern. Seine melancholischen Klavierminiaturen erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Sie erinnern an die Musik von Nils Frahm, weisen aber auch Anklänge an die Romantik auf, etwa an Frédéric Chopin oder Franz Schubert.
Lambert verortet sich allerdings nicht im Milieu der klassischen Musik. Vielleicht covert er deswegen auch Songs von Bands wie Trümmer oder Tocotronic. Kürzlich veröffentlichte er zusammen mit dem Elektroniker Stimming das Album »Exodus«. Erschienen ist es auf dem von Mathias Modica gegründeten Label Kryptox, wo neue Formen von Ambient, Jazz, Kraut und klassischer Musik entstehen sollen. Ein ehrgeiziges Projekt mit interessanten musikalischen Resultaten.
Im Anschluss:»Zwischen Pop und Experiment – Das Münchner Label Kryptox« Autor: Andi Hörmann
AUFNAHMEvom 22. August 2015 aus dem kleinen Sendesaal des WDR
SA 16. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHR WDR 3 OPEN SOUNDS
TRAVELTONESMODERATION: ANGELA BISCHOFFSTRATE
»DAS OHR AM GLEIS«Von CSchulz und F. X. RandomizJOSEPH SUCHY / E-Gitarre
Produktion: WDR 2007
»FLYING MAGNETIC«An Aerial RadioscapeVon Christina KubischProduktion: WDR 2008
Als Pierre Schaeffer 1948 mit seiner »Eisenbahnetüde« erstmals den Klang der Mobilität einfing und komponierte, begründete er damit ein neues Genre: die musique concrète. Für seine »Acht Takte Anfahren«, »Accelerando für SoloLokomotive« oder »Tutti der Waggons« ließ er damals sechs Lokomotiven auf dem Gare de Batignolles hin und herfahren. Sechzig Jahre später haben die in Berlin und Köln lebenden Musikelektroniker CSchulz und F. X. Randomiz die heutige Klangwelt des Schienenverkehrs untersucht. Der Eisenbahnknotenpunkt Köln war Ausgangspunkt ihrer Klang expedition, die sie bis ins russische Murmansk am Nordpolarmeer führte. Die Sounds moderner ICETriebwagen,
russischer Diesellokomotiven und historischer Dampfrösser wurden im Studio zu hybriden Klanggebilden transformiert und mit Instrumentalklängen kontrastiert. So spielt das Radiostück »Das Ohr am Gleis« mit Nah und Fernwirkungen, mit Geschwindigkeiten und vorbeiflirrenden Klangbildern. Fernweh kommt auf.
In »flying magnetic« untersucht die Berliner Klangkünstlerin Christina Kubisch die akustischen Environments internationaler Flughäfen. Chicago, Berlin, München, Frankfurt, Seoul, Bukarest, Brüssel, Tokyo, Mailand, London, Birmingham, Paris, Lissabon sind nur einige der Geräuschplätze, die die Vielfliegerin Kubisch mit speziellen Induktionsmikrophonen besucht hat. Das Ergebnis der aufgenommenen Lichtsysteme, elektronischen Diebstahlsicherungen, Handys, Überwachungskameras und drahtlosen Internetzugänge mit ihren unsichtbaren Stromfeldern ist ein langer, fließender Flug durch unsere technisierte Welt, eine einzigartige ästhetische Reise ins Reich der alltäglichen Elektronen.
34 35WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
AUFNAHMEvom 26. August 2016 aus dem Kölner Stadtgarten
SO 17. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
HIS MASTER’S CHOICE (29): SIMON STEEN-ANDERSEN AM MIKROFON: SIMON STEEN-ANDERSEN
Mit Ausschnitten aus folgenden Werken:
EYVIND BUENE »By the River« (2012) aus: Schubert Lounge für Stimme und Klavier om Johnson »Failing« (1975) A Difficult Piece for Solo String BassTOM PETERS / Bass
OYVIND TORVUND »Neon Forrest Space« (2009) für Klarinette, EGitarre/Radio, Schlagzeug, Cello und Zuspiel MISIMASA
MATTHEW SHLOMOWITZ »Popular Contexts« (2010) für Klavier und Sampler MARK KNOOP / Klavier und Sampler
BENJAMIN SCHEUER »Jammerorgel« (2017) für Ensemble, Sampler und verstärkte Klangobjekte ENSEMBLE MOSAIK
MOHA! »OneWay Ticket To Candyland« (2008) ANDERS HANA / Gitarre, Keyboard,
Drummachine
MORTEN J. OLSEN / Schlagzeug
Einen ausgeprägten Hang zum Gesamtkunstwerk offenbart Simon SteenAndersen in seinen Kompositionen, Klanginstallationen und LivePerformances. Der in Berlin lebende Däne arbeitet mit Alltagsgegenständen, konkreten Geräuschen, Gesten und Videos ebenso wie mit traditionellen Musikinstrumenten. In seinen verspielten Arbeiten lässt er Instrumentalisten sprechen und singen, inszeniert den Akt des Musikmachens und die Bewegungen der Musiker. Als Gastmoderator legt Simon SteenAndersen Musik ausgewählter Kollegen auf.
FR 22. JUNI / 22.30 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
INSANLAR @ C/O POP FESTIVAL 2016
Baris Karademir misstraut festen Absprachen und einstudierten Kompositionen. Musik muss für den in Istanbul lebenden DJ und Produzenten immer Ausdruck spontaner Einfälle und Reaktionen sein. Mit seinem Trio Insanlar improvisiert er psychedelische Jams, in denen türkische Volksmusik auf moderne Acid Baselines, HipHop Beats und Texte anatolischer Dichter aus dem 16. und 17. Jahrhundert trifft.
Insanlar sind Teil einer experimentellen Musikszene, die bereits seit den 1960er Jahren in der Türkei floriert und mit Komponisten wie İlhan Mimaroğlu und Bülent Arel ihren Anfang nahm. Die von dem belgischen Label Sub Rosa veröffentlichte Kompilation »An Anthology of Turkish Experimental Music 1961 – 2014« demonstriert die Vielfalt experimenteller Sounds aus der Türkei zwischen abstrakten Lärmstudien, freien Improvisationen, AmbientStücken und elektronischer Protestmusik.
Im Anschluss: »Turkish Avantgarde – Experimentelle Sounds aus der Türkei«Von Raphael Smarzoch
36 37WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SA 23. JUNI / 20.04 BIS 22.00 UHRWDR 3 KONZERT
MUSIK DER ZEIT [8]: PAS DE TROIS MODERATION : MICHAEL STRUCK-SCHOEN
ISABEL MUNDRY Werk (2018) für Kammerorchester (Uraufführung)
SIMON STEEN-ANDERSEN »Double Up« (2010) für Sampler und kleines Orchester
In der Pause gegen 20.45 Uhr: »Zwischentöne, Citizen Z, Teil 4«, ein Beitrag von Barbara Eckle
BERND ALOIS ZIMMERMANN »Concerto en forme de pas de trois« (1966) für Violoncello und Orchester
OREN SHEVLIN / Violoncello
WDR SINFONIEORCHESTER KÖLN
MICHAEL WENDEBERG / Leitung
Eine Mandoline tritt hervor. Dann das wie eine Gitarre traktierte Solocello, dazwischen immer wieder die resonanzreichen Klänge des Zymbals: allein schon klanglich nimmt das
»Concerto en forme de pas de trois« eine Sonderstellung im Werk von Bernd Alois Zimmermann ein.
Natürlich erschöpft sich das »Concerto« nicht in seinen klingenden Oberflächen. Das macht auch Isabel Mundrys im Auftrag des WDR entstandene Nachschrift auf Zimmermanns »Tanz für drei Tänzer« deutlich. Nicht nur auf die feingliedrigen Saitenklänge Zimmermanns bezieht sie sich dabei, auch auf sein Denken und seine Affinität zum Ballett. Simon Steen Andersen ergänzt das Programm zum Dreiklang – mit einem Doppel. »Double Up« zerfällt regelrecht in zwei Hälften: Aus einem Sampler kommen Sprachfetzen und Alltagsgeräusche, die Musiker eines Kammerorchesters transformieren diese akustischen Schnappschüsse. Sie spüren deren musikalischen Qualitäten nach, immer auf der Suche nach dem »vielversprechenden Effekt einer Öffnung für neue Interpretationen und Erfahrungen« (SteenAnderson).
Parallele Ausstrahlung in 5.1 Surround
SA 23. JUNI / 22:04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK
SZENE [58]: LIVELABORAUTOR: MICHAEL REBHAHN
Das Studio für elektronische Musik und Akustik in Frankfurt. Seit 2013 unterrichtet der Komponist Orm Finnendahl an der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Zuvor leitete er fast zehn Jahre das Studio für elektronische Musik und Akustik an der Musikhochschule Freiburg. Auch in Frankfurt geht es in seiner Klasse ganz explizit um die kompositorische Auseinandersetzung mit Technologie und die Konfrontation von klassischen Instrumenten mit elektronischen Medien. Das elektronische Studio hat Finnendahl hier als einen offenen Raum konzipiert: als Labor für Experimente, die den Einsatz von Technologie in performativen Situationen betreffen. Vor allem die Arbeit mit liveelektronischen Verfahren steht hier im Vordergrund.
Mit Musik von ORM FINNENDAHL, TOBIAS HAGEDORN, MIKI MANABE, RICHARD MILLIG u. a.
�
LIVEaus dem Funkhaus, Klaus-von-Bismarck-Saal
ZUM NACHHÖREN IM WDR 3 KONZERTPLAYER
38 39WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
POINT OF VIEW [67]: TOBIAS HAGEDORNAUTOR: MICHAEL REBHAHN
Komponieren versteht Tobias Hagedorn, 1987 in Moers geboren, als einen Balanceakt zwischen dem Befolgen von logischen Strukturen und subjektiven Eingriffen; wobei er versucht, subjektive Entscheidungen auf Wesentliches zu beschränken. Auf dieser Basis ist das Zusammenspiel von Instrumentalklängen und elektronisch erzeugten Sounds ein wichtiger Bestandteil seiner Musik. Durch die Elektronik, sagt Hagedorn, kann ein instrumentaler Klang völlig neu gehört werden. Tobias Hagedorn studierte (Elektronische) Komposition bei Michael Beil in Köln sowie bei Orm Finnendahl in Frankfurt. In »Point of View« stellt er elektronische und elektroakustische Kompositionen vor, die ihm in den letzten Jahren über den Weg gelaufen sind und einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
KARLHEINZ STOCKHAUSENStudie II (1954)
LUIS ANTUNES PENAIm Rauschen Rot (2010)für Kontrabass, Schlagzeugquartett und Elektronik
AUTECHRESqueller (1999)
ALVIN LUCIERI am sitting in a room (1969)
ANNESLEY BLACKaorko (2006/09)für Bratsche und Elektronik
OXANA OMELCHUKStaahaadler Aff (2010)für Drumset und Samplepad
SO 24. JUNI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
ZEICHEN IM RAUM [1] MODERATION: KORNELIA BITTMANN
MARCO STROPPA »Ossia, Seven Strophes for a Literary Drone« (2005/08) per violino, violoncello e pianoforteENSEMBLE KNM BERLIN
MARCO STROPPA »Hommage à Gy.K.« (1997 – 2003/2011) per clarinetto, viola e pianoforte ENSEMBLE KNM BERLIN
»Verräumlichung der Kammermusik« heißt ein nur scheinbar nah an der Grenze zur Tautologie angesiedeltes Projekt des italienischen Komponisten Marco Stroppa. Die »Kammer«, in der seine Instrumentalmusik ihren Raum findet, zerlegt er in ein Aktionsfeld voller einzelner Orte.
Stroppa lässt die Musiker in jedem Abschnitt eines Werkes andere Positionen einnehmen. In dem Klaviertrio »Ossia, Seven Strophes for a Literary Drone« verbergen sich Violine und Cello zeitweilig hinter dem Flügel, die »normale« Aufstellung ist nur eine Möglichkeit unter anderen. Rhythmische Muster akzentuieren die räumlichen Konfigurationen, »Form, Struktur, musikalisches Material und Raum«, sagt Stroppa, »sind daher völlig ineinander verknäult«. Seine zuvor entstandene »Hommage à Gy. K.« stand am Anfang dieser Entwicklung, sie ist komponiert für ein alternatives Klaviertrio mit Klarinette und Viola. Doch wie kompatibel ist diese »Verräum lichung« mit dem Hörraum Radio? Die Erstaufnahmen mit dem Ensemble KNM Berlin stellen auch das zur Diskussion.
40 41WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
FR 29. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
GUDRUN GUT @ C/O POP FESTIVAL 2016
Le Petit Heimatlieder dokumentieren die Vielfalt verschiedener Musikkulturen, die mit den damals sogenannten Gastarbeitern nach Deutschland importiert worden sind. Das von Jochen Kühl und Mark Terkessidis ins Leben gerufene Projekt lädt dazu ein, über die Bedeutung von Heimat und Migration nachzudenken.
Gleichzeitig versteht es sich als akustisches Forschungsunternehmen. Das traditionelle Liedgut wird nicht wie im Museum separat präsentiert, sondern mit elektronischen Bearbeitungen erweitert und zu Remixen verarbeitet. Unter anderem auch von Gudrun Gut.
Die in Berlin lebende Produzentin ist schon seit Ende der 1970er in den alternativen Musikszenen der Hauptstadt unterwegs. Sie spielte bei den Einstürzenden Neubauten, ist Mitbegründerin der Band Mania D, aus der dann später Malaria! entstand. Außerdem leitet sie zwei Labels, Moabit Musik und Monika Enterprise. WDR 3 Open Sounds mit einem Streifzug durch Gudrun Guts Musik.
Im Anschluss: »Von Mania D bis Monika Enterprise – Gudrun Gut im Gespräch« mit Raphael Smarzoch
SA 30. JUNI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
PALMA ARS ACUSTICA 2018IMPRESSIONEN VOM HÖRKUNST-WETTBEWERBDER EUROPEAN BROADCASTING UNIONMODERATION: STEFANIE SCHRANK
Die Europahymne ist von Beethoven, die Eurovisionsfanfare von Charpentier – wer lieber einen moderneren und vielfältigeren Klangeindruck von Europa haben möchte, ist beim RadiokompositionsWettbewerb Palma Ars Acustica gut aufgehoben, den die Ars Acustica Gruppe der European Broadcasting Union seit 2013 veranstaltet, dieses Jahr Mitte Juni in Lljubljana.
31 Produktionen wurden für die fünfte Ausgabe des Wettbewerbs nominiert: Radio, Sound und Media art, TextSoundKompositionen, elektroakustische Musik, Elektronika und live electronics – WDR 3 Open Sounds berichtet vom bunten Jahrgang 2018.
AUFNAHMEvom 25. August 2016 aus dem Klaus-von-Bismarck-Saal des WDR
42 43WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
AUFNAHMEvom 18. August 2017 aus dem Klaus-von-Bismarck-Saal des WDR
SO 1. JULI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
ZEICHEN IM RAUM [2]MODERATION: KORNELIA BITTMANN
MARCO STROPPA »Un segno nello spazio« (1992) pour quatuor à cordesENSEMBLE KNM BERLIN
MARCO STROPPA »I will not kiss your fucking flag« (2005) für Posaune und Kammer ElektronikBENNY SLUCHIN / Posaune
IRCAM
MARCO STROPPA »La Vita Immobile« (2014) micro automi musicali für Streichquartett ARDITTI STRING QUARTET
Klangvolle Abkürzungen wie MIT und IRCAM markieren Stationen in der Vita des Komponisten Marco Stroppa und belegen seine Affinität zur Grundlagenforschung. Von dort her leistet er Beiträge zu einem Gebiet, das heute schon fast als eigene Gattung gelten kann: der Raummusik.
An der Entstehung von »I will not kiss your fucking flag«, benannt im Anschluss an ein AntikriegsGedicht von E. E. Cummings, war ein ganzes Team beteiligt. Die Forscher konstruierten eine »erweiterte Posaune«, die gleichzeitig als Eingabegerät eines elektronischen Systems dient. Der Solist spielt das Instrument an wechselnden Stellen in einem Raum, in den hinein sich auch die räumlich modellierten Klänge der Elektronik entfalten. Das Gefüge aus Hard und Software wird zu einem vollgültigen »Kammermusikpartner«, als Vokabular für diesen Dialog speist Marco Stroppa unter anderem Material aus osteuropäischer Volksmusik mit ein. Sehr viel unmittelbarer funktioniert »Un segno nello spazio«: Der Raum verbleibt in poetischen Dimensionen, es spielt ein – allein auf sich gestelltes – Streichquartett.
FR 6. JULI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
DANIEL BRANDT @ C/O POP FESTIVAL 2017
»Ich finde grundsätzlich an der Wiederholung das Spannende, dass eine Hypnose erzeugt werden kann«, sagt der Schlagzeuger Daniel Brandt. Loops spielen in seiner Musik eine wichtige Rolle, sei es im Trio Brandt Brauer Frick, mit dem er sich der Fusion von Klassik und Techno widmet, oder auf seinem Solodebüt »Eternal Something«. Brandt geht es um das Unendliche, um musikalische Schleifen, die kein Ende nehmen. Aus ihnen baut er klingende Choreographien aus Wiederholungen, Poly rhythmen und freien Improvi
sationen. Das Vorurteil, Loops seien stumpf, eintönig und langweilig, bestätigt sich beim Hören seiner Musik nicht; das gilt genauso für die Kompositionen und Songs von Karlheinz Stockhausen, Raymond Scott oder Elvis Presley – auch sie experimentierten mit Loops. William Basinski und Wolfgang Voigt setzen den Loop als romantische Sehnsuchtstechnik ein, während die Computermusiker von Evol mit ihrer synthetischen Schleifenmusik das Potential des Loops zwischen Ennui und Transzendenz erforschen.
Im Anschluss:»Wie klingt der Augenblick?« Vom Loop in der MusikEine Sendung von Raphael Smarzoch
44 45WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SA 7. JULI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS: STUDIO ELEKTRONISCHE MUSIK
TECHNÉ [77]: SYNLABAUTORIN: LEONIE REINEKE
»MOC« steht für »Musik ohne Computer“. Was in der heutigen Musikproduktion nach »contradictio in adjecto« klingt, ist am Essener ICEM gängige Praxis: Das dortige »Studio A« ist die Heimat des analogen GroßSynthesizers »SynLab« – einem Unikat von 1978, das jedes Zimmer optisch in ein Raumschiff verwandelt.
Mit seinen hunderten von Reglern, Tasten und Schaltern bleibt das von Komponist und Musikwissenschaftler Dirk Reith mit entworfene Instrument eine Attraktion. Bis heute kommt der »SynLab« am Institut für Computermusik und Elektronische Medien der Folkwang Universität in Essen regelmäßig zum Einsatz; etwa in Kompositionskursen für »Musik ohne Computer«. Um ihn weiterhin in einer analogen Studioumgebung zu betreiben, wurde 2017 das neue »Studio A« eröffnet. An diesem Ort befinden sich neben dem gigantischen Modularsystem auch andere historische Klangerzeuger und Bandmaschinen aus der ICEMSammlung.
Mit Ausschnitten aus Kompositionen, die seit den 1970er Jahren bis heute am ICEM realisiert wurden
LUDGER BRÜMMER »TroTropf OrT« (1988)
VLADIMIR DSHAMBAZOV »No contact III« (1989)
ANNA IKRAMOVA»Einstimmig … « (1997)
THOMAS NEUHAUS»The Bad Boys Were Prodding the Bear Through the Bars of the Cage« (1985) »5 kleine Stücke über die kleinen Laute eines kleinen Menschen« (1997)
DIRK REITH»Entwurf eines Programms« (1974)»nested loops I« (1980)»verSTIMMUNG für 4KanalTonband« (1995)
KILIAN SCHWOON»Orpheus und Demokrit – eine Klaviermusik mit Tonband« (1997)
POINT OF VIEW [68]: FLORIAN ZWISSLERAUTORIN: LEONIE REINEKE
Eine persönliche Auswahl an Musikstücken, die den Kölner Komponisten und SynthesizerSolisten Florian Zwißler inspirierten und begleiten.
Mit Ausschnitten von
JEAN-CLAUDE RISSET»Bell Lab Catalogue«
HERBERT EIMERT / ROBERT BEYER»Klang im unbegrenzten Raum«
FRANCO EVANGELISTI»Incontri di fasce sonore«
KARLHEINZ STOCKHAUSEN»Hymnen«
ELIANE RADIGUE»Omnht«
NUOVE PROPOSTE SONORE»Insiemi«
HARMONIA&ENO»Sometimes in Autumn«
THE UNITED STATES OF AMERICA»Hard Coming Love«
BOARDS OF CANADA»Bocuma / Roygbiv«
46 47WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
AUFNAHMEvom 22. August 2015 aus dem kleinen Sendesaal des WDR
SO 8. JULI / 23.04 BIS 24.00 UHR STUDIO NEUE MUSIK
WECHSELGESÄNGE UND -BILDER MODERATION: JOHANNES ZINK
BERND ALOIS ZIMMERMANN »Antiphonen« (1961 – 62) für Viola und kleines Orchester
GEORG KRÖLL »Wechselbilder« (2008 – 10/2017) Episoden für Kammerorchester
SIMONE JANDL / Viola
WDR SINFONIEORCHESTER
TITUS ENGEL / Leitung
So paradox es auf Anhieb klingen mag: Es ist das Wechsel und Sprunghafte, das Mehr und Vielfache, das sich als roter Faden durch dieses Programm zieht.
Das musikalische Strukturprinzip der Gegenüberstellung wollte Bernd Alois Zimmermann in Antiphonen steigern und überschreiten. Dafür bezog er Texte in verschiedenen Sprachen ein, in dichter Folge vorzutragen von den Orchestermusikern, was anfangs für Irritationen sorgte. In »Wechselbilder« von Georg Kröll treten einzelne Instrumente oder Klanggruppen abwechselnd solistisch hervor. Durchlaufen werden eine Reihe von Episoden, die Kröll einer literarischen Vision Elias Canettis nachempfunden hat: dem »Bild eines großen Malers, das sich nach einiger Zeit in das eines anderen Malers verwandelt«.
FR 13. JULI / 22.04 BIS 24.00 UHRWDR 3 OPEN SOUNDS
GRANDBROTHERS @ C/O POP FESTIVAL 2015
»Was passiert im Flügel und was kann der Korpus? Was passiert, wenn man auf den Deckel klopft? Was passiert, wenn man auf Metallteile vom Flügel klopft? Was entstehen da für Klänge und wie kann man die dann wieder verbinden, mit dem traditionellen Spiel?« Die 88 Tasten des Klaviers sind dem Pianisten Erol Sarp und dem Elektroniker Lukas Vogel nicht genug. Als Grandbrothers möchten sie den Sound ihres Instruments erweitern. Dafür haben die beiden Musiker eine ausgeklügelte Apparatur entwickelt,
elektromagnetische Hämmerchen, mit denen sie das Klavier präparieren. Mit ihnen lassen sich Rhythmen und Texturen erzeugen, die zusätzlich zum Klavierspiel mit elektronischen Eingriffen ergänzt werden. Ihre experimentelle Arbeitsweise ist allerdings nicht neu. Man denke nur an die PlayerPianos des amerikanischen Komponisten Conlon Nancarrow. Im zweiten Teil der Sendung widmet sich WDR 3 Open Sounds musizierenden Maschinen von Pierre Bastiens GrooveApparaturen bis Moritz Simon Geists TechnoRobotern.
Im Anschluss: »Von Musikmaschinen und Maschinenmusik« Autor: Olaf Karnik
48 49WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018
SA 14. JULI / 22.04 BIS 24.00WDR 3 OPEN SOUNDS
INTER ARTES ET NATURAMTIERSTIMMEN ZWISCHEN INSTRUMENTALKLANG UND MASCHINENMUSIK
»OISEAUX D’ARTIFICE – UNE NATURE MORTE«Von Harald MuenzProduktion: WDR 2018
»CETACEA«Von Michael FahresDOUDOU N’DIAYE ROSE / Drums
Produktion: WDR 2006
Mit »Oiseaux d’artifice – une nature morte« malt der Kölner Komponist Harald Muenz ein akustisches Stillleben aus Vogelstimmen und Instrumentaltönen – so scheint es. Denn wie die traditionsreiche LeinwandVorlage ist auch Muenz’ Radiostück ein fein arrangiertes Trugbild: Die meisten der zu hörenden VogelSounds sind keine Naturaufnahmen lebendigen Federviehs, sondern wurden mit etwa 90 unterschiedlichen mechanischen Instrumenten künstlich erzeugt. Die »Musikinstrumente«, die unter anderem Auszüge aus Athanasius Kirchners Schrift »Musurgia Universalis« wiedergeben, wurden ebenso wenig live gespielt wie die zitierten »Vogelstellen« aus großen Musikwerken der Vergangenheit.
Eine Auswahl von VogelVolksliedern wurde zunächst nach tonsetzerischen Standards sorgfältig eingerichtet und anschließend mit phonetischer Spezialsoftware manipuliert,obwohl es sich um eine reine Soundscape handelt, in der gar keine Sprachklänge auftauchen. Und dank einer gedehnten Gartenrotschwanz Aufnahme tritt auch auch die mechanische Nachtigall auf, die Maurice Ravel – der virtuose Connaisseur raffiniertester Künstlichkeit – einst in seiner Villa in Montfort L’Amaury aufstellte. So erschafft Harald Muenz eine nahezu perfekte akustische Illusion, ein trompeoreilles, das nur vereinzelt durch technische Eingriffe oder Lautstärkewechsel gestört wird. Zufällige Momentaufnahmen? Natürlich nicht.
Der in Utrecht lebende Komponist Michael Fahres verknüpfte 2002 beim Duisburger »TraumzeitFestival am Hochofen« Delphinklänge aus dem Duisburger Delphinarium mit den Rhythmen senegalesischer Perkussionisten. Das Basismaterial der Komposition »Cetacea« setzt sich aus den taktfesten Klicks der Delphine zusammen, die durch eine elegante, computergestützte Bearbeitung eine Transformation in weite, pulsierende Klang gewebe erfahren. Neben den Sounds der Meeresbewohner hat Michael Fahres das sechsköpfige Schlagzeugensemble des verstorbenen senegalesischen Meistertrommlers Doudou N’Diaye Rose als rhythmischen Knotenpunkt in seine Komposition integriert. Abseits esoterischer Klischees entfaltet dieser vielschichtige Klangozean hypnotische Wirkungen.
50 51WDR 3 NEUE MUSIK NEUE KLÄNGE MAI/JUNI/JULI 2018 51
SA 5. MAI 2018 / 20.00 UHRKÖLNER PHILHARMONIE 19.00 Uhr, Einführung
mit Carola Bauckholt
MUSIK DER ZEIT [7] SINFONIEN
ALLISON BELL / Sopran
ANNA RAZIEJEWSKA / Mezzosopran
BETTINA RANCH / Alt
PETER TANTSITS / Tenor
HANS CHRISTOPH BEGEMANN /
Bariton
OTTO KATZAMEIER / Bass
WDR SINFONIEORCHESTER
EMILIO POMÀRICO / Leitung
BERND ALOIS ZIMMERMANN
Sinfonie (1951)
erste Version der Sinfonie in einem
Satz für Orchester
CAROLA BAUCKHOLT
Im Auge des Klangs (2018)
für Orchester
(Uraufführung)
BERND ALOIS ZIMMERMANN
Die Soldaten (1958 – 60/1963)
Vokalsinfonie für sechs Solisten
und Orchester
Sendung: WDR 3 live
SA 23. JUNI 2018 / 20.00 UHRFUNKHAUS, KLAUS-VON-BISMARCK-SAAL 19.15 Uhr, Einführung mit Isabel
Mundry und Simon Steen-Andersen
MUSIK DER ZEIT [8] PAS DE TROIS
OREN SHEVLIN / Violoncello
WDR SINFONIEORCHESTER
MICHAEL WENDEBERG / Leitung
ISABEL MUNDRY
Werk (2018)
für Kammerorchester
(Uraufführung)
SIMON STEEN-ANDERSEN
Double Up (2010)
für Sampler und kleines Orchester
BERND ALOIS ZIMMERMANN
Concerto en forme de pas de trois
(1966)
für Violoncello und Orchester
Sendung: WDR 3 live
NEUE CDS(WDR-PRODUKTIONEN):
ISANG YUN
Violinkonzert Nr. 1,
Duetto concertante für Oboe,
Cello und Streicher
HANSHEINZ SCHNEEBERGER /
Violine
WDR SINFONIEOCHESTER
SPIROS ARGIRIS / Leitung
INGO GORITZKI / Oboe
und Englischhorn
JOHANNES GORITZKI / Violoncello
DEUTSCHE KAMMERAKADEMIE
NEUSS
JOHANNES GORITZKI / Leitung
CD Ambiente 8110740
MIKE SVOBODA/
MARTIN SIEWERT/
ERNESTO MOLINARI /
ULI FUSSENEGGER Scanning (2014)
für Posaune, Lapsteel-Gitarre,
Kontrabassklarinette, Kontrabass
und Tonband
ULI FUSSENEGGER
San Teodoro 8 (un ommaggio)
elektronische Komposition
MIKE SVOBODA / Posaune
MARTIN SIEWERT / Lapsteel Gitarre
ERNESTO MOLINARI / Kontrabass-
klarinette
ULI FUSSENEGGER / Kontrabass
CD Kairos 0015024KAI
SONGS AND POEMS
WOLFGANG RIHM
Gegenstück (2004)
für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
ALDO CLEMENTI
Tre Ricercari (2000)
für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
ANDREAS DOHMEN
versi rapportati (2013)
für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
HANS THOMALLA
Lied (2007 – 08/2012)
für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
WALTER ZIMMERMANN
As I was walking along I came upon
chance (2008)
für Saxophon, Schlagzeug und Klavier
TRIO ACCANTO:
MARCUS WEISS / Saxofon
NICOLAS HODGES / Klavier
CHRISTIAN DIERSTEIN /
Schlagzeug
Wergo CD WER 7364 2
WDR VERANSTALTUNGEN