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GÜNTHER BOCK Ratzeburg und die Billunger – Polabien als slawisch-sächsische Kontaktregion des 11. und 12. Jahrhunderts Der für ein Thema geltende historische For- schungsstand wurde, so die verbreitete Mei- nung, über Generationen hinweg mittels kritischer Diskurse auf der Grundlage sämt- licher zur Verfügung stehender Quellen unter Einsatz bestmöglicher Methoden er- arbeitet. Schaut man in die einschlägigen Werke zum 11. und 12. Jahrhundert, so stellt man jedoch erstaunt fest, dass sie sich meist auf die Wiederholung, oft in Form wört- licher Zitate, der um 1170 entstandenen Chronica Slavorum des Helmold von Bosau beschränken. 1 Selbst die verdienstvollen Ar- beiten von W. PRANGE und W. BUDESHEIM 2 stützen sich für den Lauenburger Raum vorwiegend auf Helmolds Darstellung bis hin zur Abfolge von Ereignissen, für die der Chronist jede Jahresangabe schuldig bleibt. Tatsächlich werden seit Generationen in re- gionalgeschichtlichen Werken die Darstel- lungen der Chronisten Adam von Bremen, Helmold von Bosau und anderer oft unre- flektiert für bare Münze genommen. Doch liegen auch weitere Quellen vor – neben vereinzelten Urkunden und sonstigen Schriftquellen sind vor allem vielfältige Er- gebnisse der Archäologie, der Ortsnamen- und der Siedlungsforschung anzusprechen. Zudem deckt die Forschung in den Schrif- ten mittelalterlicher Historiographen zu- nehmend Sachverhalte auf, die nicht gerade für ihren Realitätssinn oder ihre Wahrheits- liebe sprechen. Exemplarisch sei Adams Be- richt über die Hamburger Neue Burg ange- sprochen, deren Bau er als Zeitgenosse dem von 1059 bis 1072 als Herzog von Sachsen wirkenden Otto (Ordulf) zuschrieb, wäh- rend jüngste archäologische Untersuchun- gen den Bau aufgrund jahrgenauer Dendrodatierungen bereits Ende 1023 be- ginnen lassen. 3 Nichts spricht dagegen, dass sich Adam wiederholt in Begleitung der Erzbischöfe Adalbert (1043–1072) und Lie- mar (1072–1101) in Hamburg aufhielt und bestens mit den dortigen Gegebenheiten vertraut war. Dennoch widerspricht er in seinem Werk – nicht nur hier – den fakti- schen Gegebenheiten. Diese Unrichtigkeit in der Darstellung eines bedeutenden Gewährsmannes weckt grund- sätzliche Zweifel. Diese betreffen auch das Werk des Helmold von Bosau. Dessen an- gebliche Berufung Adolfs I. von Schaum- burg 1110 nach Nordelbien durch den damaligen Herzog Liudger (den späteren deutschen König und römischen Kaiser Lo- thar III.) – die das von Helmold behauptete Aussterben des Hamburger Grafenhauses im Mannesstamm zur Voraussetzung hat – ist gleichfalls zu verwerfen. Die Hamburger Grafen lebten und blühten im männlichen Hauptstamm tatsächlich bis 1286/88 fort, was Helmolds Darstellung, auf der die ge- samte frühe schleswig-holsteinische Lan- 209

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Natur- undLandeskunde

Nr. 11–12 · 122. Jahrgang · Husum, November–Dezember 2015

Zeitschrift für Schleswig-Holstein,Hamburg und Mecklenburg

GÜNTHER BOCK

Ratzeburg und die Billunger – Polabien als slawisch-sächsische Kontaktregion des 11. und 12. Jahrhunderts

Der für ein Thema geltende historische For-schungsstand wurde, so die verbreitete Mei-nung, über Generationen hinweg mittelskritischer Diskurse auf der Grundlage sämt-licher zur Verfügung stehender Quellenunter Einsatz bestmöglicher Methoden er-arbeitet. Schaut man in die einschlägigenWerke zum 11. und 12. Jahrhundert, so stelltman jedoch erstaunt fest, dass sie sich meistauf die Wiederholung, oft in Form wört-licher Zitate, der um 1170 entstandenenChronica Slavorum des Helmold von Bosaubeschränken.1 Selbst die verdienstvollen Ar-beiten von W. PRANGE und W. BUDESHEIM2

stützen sich für den Lauenburger Raumvorwiegend auf Helmolds Darstellung bishin zur Abfolge von Ereignissen, für die derChronist jede Jahresangabe schuldig bleibt.Tatsächlich werden seit Generationen in re-gionalgeschichtlichen Werken die Darstel-lungen der Chronisten Adam von Bremen,Helmold von Bosau und anderer oft unre-flektiert für bare Münze genommen. Dochliegen auch weitere Quellen vor – nebenvereinzelten Urkunden und sonstigenSchriftquellen sind vor allem vielfältige Er-gebnisse der Archäologie, der Ortsnamen-und der Siedlungsforschung anzusprechen.Zudem deckt die Forschung in den Schrif-ten mittelalterlicher Historiographen zu-nehmend Sachverhalte auf, die nicht geradefür ihren Realitätssinn oder ihre Wahrheits-

liebe sprechen. Exemplarisch sei Adams Be-richt über die Hamburger Neue Burg ange-sprochen, deren Bau er als Zeitgenosse demvon 1059 bis 1072 als Herzog von Sachsenwirkenden Otto (Ordulf) zuschrieb, wäh-rend jüngste archäologische Untersuchun-gen den Bau aufgrund jahrgenauerDendrodatierungen bereits Ende 1023 be-ginnen lassen.3 Nichts spricht dagegen, dasssich Adam wiederholt in Begleitung derErzbischöfe Adalbert (1043–1072) und Lie-mar (1072–1101) in Hamburg aufhielt undbestens mit den dortigen Gegebenheitenvertraut war. Dennoch widerspricht er inseinem Werk – nicht nur hier – den fakti-schen Gegebenheiten.Diese Unrichtigkeit in der Darstellung einesbedeutenden Gewährsmannes weckt grund-sätzliche Zweifel. Diese betreffen auch dasWerk des Helmold von Bosau. Dessen an-gebliche Berufung Adolfs I. von Schaum-burg 1110 nach Nordelbien durch dendamaligen Herzog Liudger (den späterendeutschen König und römischen Kaiser Lo-thar III.) – die das von Helmold behaupteteAussterben des Hamburger Grafenhausesim Mannesstamm zur Voraussetzung hat –ist gleichfalls zu verwerfen. Die HamburgerGrafen lebten und blühten im männlichenHauptstamm tatsächlich bis 1286/88 fort,was Helmolds Darstellung, auf der die ge-samte frühe schleswig-holsteinische Lan-

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desgeschichte gründet, zunehmend höchstfragwürdig erscheinen lässt.4

Fragen zu Polabien

Eine wiederholt zitierte Passage im WerkAdams von Bremen bildet seine Vorstellungder drei nordelbischen Sachsengaue (Trans-albianorum Saxonum populi sunt tres).5 AdamsFormulierung adaptiert Cäsars berühmtenEinleitungssatz der Commentarii de BelloGallico: Gallia est omnis divisa in partes tres.6Er zog Parallelen zwischen dem barbari-schen Gallien, das Cäsar unterwerfenwollte, und den nordelbischen Tedmarsgoi,Holcetae und Sturmarii als Teil des Erz-bistums Hamburg-Bremen. Stormarns me-tropolis Hammaburg beherbergte mit demDom St. Maria und Vitus die bedeutendeKirche des nördlichen Europa, dessen Wir-kung einer Bestätigung Papst Leos IX. zu-folge 1053 bis nach Gronlant und darüberhinaus reichte.7 Stormarn östlich benachbartwar das slawische Polabien, dessen Über-gang zur Herrschaft deutscher Herren hiernäher zu betrachten ist.Nach gängiger Sicht schied bereits imfrühen 9. Jahrhundert Kaiser Karl der Großenördlich der Elbe die sächsischen Landedurch eine minutiös beschriebene Grenze,den Limes Saxoniae, von den östlich be-nachbarten Slawen. Dessen Existenz undVerlauf dokumentierte mehr als zweiein-halb Jahrhunderte später Adam von Bre-men; zudem wurden die Saxoniae limites1062 in einer Urkunde König Heinrichs IV.erwähnt.8 Zwar berichten die sogenanntenfränkischen Reichsannalen zu 819 über denEinsatz von prefecti an den Grenzen Sach-sens9, möglicherweise bewog dieser Hin-weis zweieinhalb Jahrhunderte späterAdam zur Erfindung einer Grenzlinie. Aberauch ohne die Grenze gehörte das sächsi-sche Nordelbien zum Reichsverband unddamit zum christlichen Abendland. Hinge-gen verweigerten sich allgemeiner Auffas-sung zufolge die Slawen zumeist denSegnungen des Christentums, was sich indiversen Überfällen auf ihre christlichenNachbarn entlud. Allein Hamburg soll 983zerstört und 1066 und 1072 von Slawenüberfallen worden sein.10 „1066 verheerteder sogenannte ,Slawensturm‘ ganz Nord-

elbingen.“11 Weitere Zerstörungen werdendenselben Verursachern 1018 und um 1028angelastet.12Der Limes Saxoniae sollte als „politische,militärische, kulturelle und religiöseGrenze“, als „Sachsenwall“, Schutz vor der-artigen Übergriffen bieten. Mithin konsta-tiert diese Sichtweise „zwei Welten“, diesich unversöhnlich gegenüberstanden.13

Auch wenn die zitierte Untersuchung kri-tisch mit den Sichtweisen vergangener Zei-ten umgeht, werden diese nicht hinterfragt.Adams Limes-Text kann aus sprachge-schichtlicher Sicht nicht vor der Mitte des11. Jahrhunderts abgefasst worden sein.Gleiches gilt für die ihm zugrunde liegendeAuffassung einer Grenze, die sich nicht mitder Zeit Karls des Großen vereinbaren lässt.Adams Limes-Passus ist vielmehr aus des-sen Engagement für Erzbischof Adalbert,dem sich am salischen Kaiserhaus orientie-renden Erzbistum Hamburg-Bremen undder Feindschaft zu den Billungerherzögenerklärbar.14

Hinzu kommt die Verwerfung linearerAbgrenzungen seitens der modernenArchäologie. Wo ältere Interpreten Rasse-und Kulturkämpfe zu beobachten meinten,mit den Slawen als feindlicher Bedrohung,erkennt die moderne Forschung differen-zierte Übergangszonen und Kontakträume,in denen vielschichtige interethnische undinterkulturelle Kontakte im Zuge unter-schiedlichster gesellschaftlicher Prozessestattfanden,15 die keines angeblichen LimesSaxoniae bedurften.Um die erste Jahrtausendwende konstatiertdie Forschung für Polabien aufgrund ar-chäologischer Befunde die Aufgabe derBurg Hammer an der Stecknitz zugunstender defensiv auf einer Insel im RatzeburgerSee erbauten Ratzeburg. Etwa zeitgleich er-folgte der Übergang von der mittelslawi-schen zur spätslawischen Keramik. Mit derRatzeburg, der „,Burg – mnd. Borch – des*Ratsa‘ oder ,*Ratša‘ oder ,*Rac‘“ wird ge-meinhin der slawische Fürst Ratibor († spä-testens 1043) in Beziehung gesetzt.16 Die inihrer Endfassung dem 14. Jahrhundert ent-stammende Chronica Poloniae maioris nenntals eines der Zentren des nordwestlichenSlawenlandes Rathibor castrum; gemeint istRatzeburg.17 Ob Rathibor den vormals dortansässigen Fürsten oder die Burg meint,

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bleibt offen. Möglicherweise hieß die Burgzunächst Ratibor in der Bedeutung „Krieg“und „Streit“ – dasselbe Bestimmungswortwird *Brannibor‘ (Brandenburg) zuge-schrieben.18

Laut Adam von Bremen soll Fürst Ratiborzur Unterstützung des Hamburg-BremerErzbischofs Bezelin Alebrand nach Ham-burg gekommen sein. Ihm zufolge war Ra-tibor Christ und ein sehr mächtiger Herr unterden Barbaren.19 Spätestens 1043 wurde er aufBetreiben des von 1035/1042 bis 1047 regie-renden norwegisch-dänischen Königs Ma-gnus erschlagen. Ein von Ratibors Söhnenangeführtes Invasionsheer unterlag daraufam 28. September 1043 auf der LürschauerHeide bei Schleswig König Magnus unddessen Schwager Otto.20 Otto, später viel-fach Ordulf genannt, war der ältere SohnHerzog Bernhards II. von Sachsen (reg.1011–1059), der im Vorjahr König Magnus'Halbschwester Ulfhild geheiratet hatte. Ma-gnus wie Ulfhild hatten den norwegischenKönig Olaf den Heiligen zum Vater († 1030).Magnus war kein nordischer Name, son-dern die als Zweitname missverstandene la-teinische Zubenennung Kaiser Karls desGroßen (Karolus magnus, † 814).21 DiesenNamen erhielt Ottos/Ordulfs 1043 gebore-ner einziger Sohn aus seiner Ehe mit Ulf-hild, der spätere Sachsenherzog Magnus († 1106), mit dem die Herzöge des Billun-gerhauses im Mannesstamm erloschen.Der von 1059 bis zu seinem Tod 1072 regie-rende Herzog Otto/Ordulf zeigt sich in be-sonderer Weise mit Ratzeburg verbunden.Die angesprochene Ende April oder AnfangMai 1062 auf Bitten der Erzbischöfe Annovon Köln und Adalbert von Hamburg aus-gestellte Urkunde König Heinrichs IV. bein-haltet den frühesten schriftlichen Beleg descastellum Racesburg. Die Burg wird als in derMarkgrafschaft des Herzogs Otto und im GauPolabien gelegen bezeichnet (in eiusdem ducisOttonis marchia et in pago Palobi [!] situm). DieRatzeburg übertrug der damals zwölfjährigeKönig dem Herzog mit allem Zubehör, dasheißt mit den Hörigen beiderlei Geschlechts, mitGrundstücken, Gebäuden, bebauten und unbe-bauten Ländereien. Äckern, Wiesen, Weiden,Feldern, Wäldern, Jagden, Gewässern und Was-serläufen, Mühlen, Schrotmühlen, Fischereien,Erträgnissen und Einkünften, Wegen und un-wegsamen Gebieten, mit allem Erworbenen und

noch zu Erwerbenden und mit aller Nutzung,die davon irgendwie kommen kann.22 DieseÜbertragung zeigt Ratzeburg samt Polabienals Eigengut des Herzogs.Der formelhafte Text lässt keine Unter-schiede zu einem irgendwo im Reich gele-genen Besitz erkennen. Da sie nicht demEmpfänger ausgehändigt wurde und ihr In-halt im scharfen Widerspruch zu den Aus-sagen des mehr als ein Jahrhundert späterschreibenden Chronisten Helmold steht,wurde behauptet, sie sei „offensichtlichnicht rechtskräftig“ geworden.23 Es wurdesogar behauptet, nicht der Billungerherzogsei als Adressat gemeint, sondern der imsüdlichen Sachsen beheimatete Bayernher-zog Otto von Northeim († 1083), mit der Be-gründung, der „damalige Herzog hießOrdulf“.24 Nun ist Ordulf aber nichts ande-res als eine skandinavische Form von Otto,25die sich aus seiner Ehe mit König Magnus'Halbschwester erklärt; es kann also nichtder Taufname des Herzogs gewesen sein.Otto von Northeim war auch nördlich derElbe begütert. So schildert Helmold für dieZeit nach 1072 die Abwanderung vonNordelbiern in den Harzraum, angeblichmehr als sechshundert Familien,26 mögli-cherweise Hintersassen des Northeimers.Ein auf 1093 gefälschtes Privileg des Main-zer Erzbischofs Ruthard nennt Ottos SohnHeinrich den Fetten († 1101) als Besitzer desDithmarscher Dorfes Wesselburen undnicht näher genannter Besitzungen in Hol-stein (villam Wislincgeburin, possessiones inHoltzaten).27 Eine gleichfalls gefälschte Papst-urkunde von 1152 nennt Wesselburen alsvormaligen Besitz Kaiser Lothars III., des-sen Frau Richenza eine Tochter Heinrichsdes Fetten war.28 Nachdem Otto von Nort-heim am 1. August 1070 das HerzogtumBayern verloren hatte und der Ächtung ver-fiel, floh er 1071 zu den slawischen Liuti-zen.29 Tatsächlich dürfte er in Alt Lübeckoder Oldenburg den 1072 erschlagenenAbodritenfürsten Budivoj aufgesuchthaben.30 Die verschiedentlich genanntenJahre 1074 oder 1075 wurden bereits von R.BORK verworfen.31 Budivojs gewaltsamerangeblich bei Plön erfolgter Tod ist als Re-aktion christenfeindlicher Slawen auf dasAbleben Herzog Ordulfs am 28. März undErzbischof Adalberts von Hamburg am 1.April 1072 zu verstehen.

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Polabien erscheint 1062 in der UrkundeKönig Heinrichs IV. als geschlossener derRatzeburg unterstehender Herrschaftsbe-reich. Völlig anders sah es weiter nördlich inWagrien wie auch in den östlich benachbar-ten Slawenlanden aus, die noch ein Jahr-

hundert später aus zahlreichen kleinräumi-gen auf Burgen bezogenen terrae bestanden.Doch bevor der Herrschaftsbereich der Ratzeburg näher untersucht wird, ist einBlick auf die kirchlichen Verhältnisse ange-bracht.

Alt Lübeck

Bukow(Lübeck)

Dassow

Ratzeburg

Wittenburg

Oldesloe

Mölln

Rehna

Nusse

Krummesse

Breitenfelde

Carlow

Döbbersen

Schönberg

Schmilau

Berkenthin

Trittau Sterley

Gudow

BüchenPötrau

Farchau

Römnitz

Ziethen

Kolatza

Walegotsa

Panten

Lütjensee

Büssau

Zarrentin

Waschow

Lockwisch

Lankau

Linau

Sandesneben

Land Ratzeburg

LandBoitin

LandDassow

LandWittenburg

LandBoizenburg

LandGadebusch

Sadelbande

Land Ratekau

Kirchspiel

Oldesloe

Stor

mar

n

Delvenau

Scha

ale

Bille

Stecknitz

Wakenitz

Trave

Trave

Maurin

e

Stepenitz

Radegast

Schaalsee

Ratzeburger See

0 10 km

Burg- und Brückenwerk für die Ratzeburg 1292; Dorf vor 1230 bestehendKleine Bede und Schweineschnitt 1292Hochgericht ganz / teilweise 1292 im Besitz des Herzogs von SachsenDeutscher Ortsname im Vorfeld der Ratzeburg

Sonstiges Dorf um 1230 bestehendBurg der Billunger; unsicher

Ort zur OrientierungWegeverbindung

Grenze des Landes Ratzeburg, unsicherGrenze des Landes Boitin, ab etwa 1147zur Grafschaft Ratzeburg gehörendLandwirtschaftlich genutzt, um 1130Wald, Moor, Heide, um 1130

Um 1043 von Graf Thietmar II. erobertNutzung unbekannt

Burg der Abodritenfürsten; unsicher

Besitz der Stader Grafen um 1106Grundausstattung des Bistums Ratzeburg 1158

Karte 1: Siedlung und Herrschaft im Land Ratzeburg, ab 1043 (Entwurf und Zeichnung G. Bock)

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St. Georg zu Ratzeburgund Abt Ansverus

Als Mitte 1066 ein gentilreligiöser AufstandHerrschaft und Leben des seit 1043 regie-renden Abodritenfürsten Gottschalk been-dete, endete auch das ab April/Mai 1062 errichtete Bistum Ratzeburg. Für den Ratze-burger Bischofsstuhl hatte der Hamburg-Bremer Erzbischof den aus Jerusalemstammenden Aristo bestimmt.32 Ob der Bi-schof überhaupt sein Wirkungsfeld aufge-sucht hat, ist unbekannt.Mit Aristos Berufung überging ErzbischofAdalbert mit Ansverus den langjährigen Abtdes einzigen in Polabien bestehenden Klos-ters. Ansverus stammt aus Schleswig.33 DerÜberlieferung zufolge stand sein Geburts-haus am Schleswiger Markt, im Schatten derältesten Domkirche,34 die später erst an ihrenheutigen Standort verlegt wurde. Fünfzehn-jährig soll Ansverus eine Reise zum Bruderseiner Mutter Agnete (Agnes) vorgetäuschthaben, ging aber nach Ratzeburg und trat indas Kloster St. Georg ein.35 Der Eintritt in einsächsisches Kloster deutet auf Ansverus'

Verwurzelung im Reich. Die Stellung seinesVaters als miles wie auch seine Abtswürdeweisen ihn als Edelfreien aus.Ansverus Eltern könnten 1026 mit BischofRudolf nach Schleswig gekommen sein.36Seine Berufung nach Schleswig verdankteRudolf dem Kölner Erzbischof Pilgrim(1021–1036), einem Freund König Knudsdes Großen von Dänemark.37 Als Roth ep[is-copu]s ist Rudolf unter dem 11. Oktober alseiner von nur drei Schleswiger Bischöfen imLüneburger Nekrolog vermerkt;38 er standalso den Billungern nahe. Ansverus’ VaterOswalt dürfte als Bischof Rudolfs Hochvogtfungiert haben, während Agnes als dessenSchwester zu verstehen ist. Ob Ansverus’Mutter die am 4. Januar verzeichnete Frauin Lüneburger Nekrolog ist, lässt sich nichtentscheiden, sein Vater Oswalt scheint dortnicht verzeichnet zu sein.39Im Herbst 1042 kam es in Schleswig zu Ver-handlungen zwischen Erzbischof Bezelin,König Magnus und Herzog Bernhard II.von Sachsen. Die Bischöfe Thietmar vonHildesheim und Rudolf waren zugegen. DieEhe des Herzogssohns Otto und des Königs

Abb. 1: Die heutige Pfarrkirche St. Georg zu Ratzeburg geht auf das 11. Jahrhundert zurück (Foto G. Bock April2013)

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Halbschwester Ulfhild besiegelte ihr Bünd-nis.40 Der an den Konsultationen beteiligteHildesheimer Bischof Thietmar war Däneund als Kapellan der Gunhild (Kunigunde;† 1038), der ersten Frau Kaiser Heinrichs III.und Schwester des dänischen Königs Har-deknud, ins Reich gekommen.41Bischof Rudolf nahm im März 1043 inSpeyer an der Beisetzung der Kaiserin Gi-sela teil, der Frau Kaiser Konrads II. undMutter Kaiser Heinrichs III., wie die ihr insGrab gegebene Bleitafel belegt.42 Mütterli-cherseits entstammte Gisela dem burgundi-schen Königshaus. Ihr Bruder König RudolfIII. von Burgund traf 1027 bei einem Rom-besuch König Knud den Großen von Däne-mark, dem er ein Privileg zum Schutzreisender Kaufleute erteilte.43 Bischof Rudolfvon Schleswig weist mit seinem und demNamen seiner mutmaßlichen Schwesternach Burgund.Seine letzten Jahre verbrachte Bischof Ru-dolf in Köln, wo er 1047 starb und im StiftSt. Kunibert bestattet wurde.44 Sein Aufent-halt in Köln mag als Vorwand für die Reisedes jungen Ansverus gedient haben, die ihnnach Ratzeburg führte, was auf die Grün-dung des dortigen Klosters vor 1047 deutet.Als Erzbischof Adalbert 1062 nicht den St.Georgsberger Abt, sondern den Griechen

Aristo zum ersten Ratzeburger Bischofweihte, richtete sich dies nicht zuletzt gegendie Billunger.Am 15. Juli 1066 fanden Abt Ansverus undseine Brüder im Zuge des Slawenaufstandsangeblich den Tod durch Steinigung.45 DemText der Legenda Sancto Ansvero zufolge wur-den die Leichen von Ansverus und 28 Brü-dern in der Gruft ihrer Klosterkirche bestattet(Alze nu de lych[n]amme der hyllighen mertelerevnbegrauen leghen, do qvam dar en ynnich pre-ster mit anderen cristenen [...] Do sammelden sealle de hyllighen lychnamme in ene stede, dar seghestenet weren, vnde begroven se dar mit grotererwerdicheyt, vnde leden den hyllighen lychnameSunte Ansueri in eyn vthghehouwen graff in eyneKlufft in der Kerken dar ere Kloster was).46 Dasbei einer längeren Zeitspanne zu erwarten-de Auffindungswunder ihrer Gebeine fehlt,was Martyrium, Bergung und Begräbnis ineine unmittelbare zeitliche Abfolge stellt. DieRatzeburg wird den Angriffen der Aufstän-dischen widerstanden haben, was die an-gebliche Zerstörung des erheblich stärkerbefestigten Hamburg im selben Jahr aus-schließt.

Ratzeburg unter den Billungern

Als 1062 Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen beim jugendlichen König HeinrichIV. intervenierte, um dem BillungerherzogOtto Ratzeburg samt Polabien zu übereig-nen, war dies ein ungewöhnlicher Schritt.Seit fast drei Jahrzehnten, den frühen JahrenErzbischof Bezelin Alebrands, standen sichErzbischöfe und Herzöge feindlich gegenü-ber. Damit endeten ihre traditionell gutenBeziehungen, die sich in Memorialstiftun-gen für die verstorbenen Erzbischöfe imLüneburger Michaeliskloster niederschlu-gen. Noch Erzbischof Unwan war ein engerVerwandter der Billunger, ihm zugunstenhatte Herzog Bernhard II. auf die Hamma-burg verzichtet, was ab 1024 die Errichtungder Neuen Burg ebenso wie den Dombauermöglichte. Auch Unwans NachfolgerHermann (amt. 1032–1035) stiftete HerzogBernhard II. in Lüneburg ein ehrendesGedenken.Möglicherweise entschied sich der mutmaß-liche Polabenfürst Ratibor im aufkommen-den Konflikt für die Seite des Erzbischofs.

Abb. 2: Das im 15. Jahrhundert an anderer Stelle er-richtete Ansveruskreuz erinnert an den Tod von AbtAnsverus 1066 (Foto G. Bock April 2009).

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Dies trug ihm die Feindschaft Herzog Bern-hards II. und des neuen dänischen KönigsMagnus ein. Gottschalk, Sohn des 1028 er-schlagenen Abodritenfürsten Pribignev(Uto), als dessen Taufpate der Stader GrafUdo († 994) anzunehmen ist, verbündetesich mit König Magnus und erhielt 1043nach dem Sieg über die Ratibor-Söhne dieHerrschaft über die Abodriten.Indes bezichtigte Erzbischof Adalbert denHerzogsbruder Graf Thietmar I. des Mordan-schlags auf den damals noch söhnelosenKaiser Heinrich III.; infolge des angesetztengerichtlichen Zweikampfs starb der Graf1048. Dessen Sohn Graf Thietmar II., der sei-nen Vater rächte, verfiel der Ächtung undwurde 1053 erschlagen. Thietmar II. hinter-ließ mit seiner wohl aus Burgund stammen-den Frau Floria wahrscheinlich zwei Töch-ter, deren aus Kärnten gebürtige EhemännerFridericus und Marcredus vom Herzog ander Unterelbe als Präfekten eingesetzt wur-den; es waren die ersten 1059 bezeugtenOverboden von Stormarn und Holstein.Thietmar II. wird die Eroberung des vonSlawen besiedelten Raumes um Lütjenseeim Osten Stormarns zugeschrieben, wohl imZusammenhang mit den Kämpfen des Jah-res 1043. Thietmars Eroberungen dürftenweiter nördlich auch den Raum westlich derTrave umfasst haben. Etwa gleichzeitig ge-

langte Polabien samt der Ratzeburg unterdie Kontrolle der Billunger, während die Sa-delbande, der Raum nördlich der Elbe undwestlich der Delvenau, wohl bereits früherunter der Herrschaft der Stader Grafenstand.In der Ratzeburg-Urkunde von 1062 findetsich der merkwürdige Passus, dem HerzogOtto sei es untersagt, die nordelbischeGrenze Sachsens anzutasten (in proprium de-dimus atque tradidimus salvo per omnia etintacto Saxoniae limite). Diese Regelung wirktbefremdlich, da der Herzog kraft des vonihm ausgeübten Markgrafenamtes auch inden Slawenlanden Herrschaftsrechte aus-übte. Denkbar ist, dass die angeblich vonKaiser Karl dem Großen († 814) gezogeneund von Kaiser Otto dem Großen († 973) be-stätigte Linie nunmehr die östliche Grenzedes Hamburg-Bremer Erzbistums markierensollte, das bislang weiter westlich endete.Neben den vom Grafen Thietmar erobertenGebieten betraf diese von Adam großspurigals Limes Saxoniae geradezu verklärte Grenz-ziehung vor allem die Sadelbande, die fak-tisch dem Bistum Verden unterstand. Nochim 14. Jahrhundert gab es hier vereinzeltVerdener Zehntbesitz.47 Um 1062 hatte derSüpplingenburger Richbert das Bistum Ver-den inne, ein enger Verbündeter der Billun-ger.48 Als sein Hochvogt wirkte bezeich-

Abb. 3: Nichts mehr erinnert im heutigen Ratzeburger Stadtbild an die jahrhundertelang hier befindliche Burg (FotoG. Bock Juni 2015).

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Stecknitz

RatzeburgerSee

Göldenitz

Tangmer

Kogel

Römnitz

Farchau

Logen

AltMölln

Mölln

Pezeke

Kühsen

Kolatsa

Pogeez

Ziethen

GroßBerkenthin

Lankau

GroßDisnack

Kulpin

Behlendorf

Schmilau

Pinnau

Campow

Mechow

Ratzeburg

Dermin

K

0 5 km

Steinburg(Hammerburg)

Panten

Anker

GülzeMannhagen

KählstorfRondeshagen

Hollenbek

Buchholz

Einhaus

Harmsdorf

Giesensdorf

Albsfelde

Vorwerk

Niendorf

Hakenbek

St. Georg

© G

. Bo

ck 2

015

Burg, aufgegeben

BurgLandwirtschaftliche Nutzfläche um 1130*Bewaldung, Bruchwald, Heide um 1130*

nicht untersucht** nach Prange 1958, Karte 5

Gewässer

Wegeverbindung, regional

Wegeverbindung, überregional

Frühslawischer Fundplatz

Älterer slawischer Ortsname

SiedlungEinzelfund

Mittelslawischer Fundplatz

Slawischer Ortsname, Alter unbekannt

Jüngerer slawischer Ortsname

Spätslawischer Fundplatz

Deutscher Ortsname

Wendfeld

Deutsch-slawischer Kontaktname

Kloster

Karte 2: Slawische und frühdeutsche Besiedlung im Umfeld der Ratzeburg (Entwurf und Zeichnung G. Bock).

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nenderweise Graf Hermann, der jüngereBruder von Herzog Otto/Ordulf.49Zuvor bereits hatten sich in der zweiten Jah-reshälfte 1056 die Ereignisse überschlagen.Am 10. September 1056 vernichteten auf-ständische Liutizen bei Quitzöbel nahe derHavelmündung am nördlichen Elbufer ge-genüber der Burg Werben ein von KaiserHeinrich III. entsandtes sächsisches Heer,wobei der Markgraf der Nordmark Wilhelmvon Haldensleben sowie die Grafen DietrichI. von Katlenburg und Bernhard von Do-mersleben starben.50 Kaiser Heinrich III.,zum raschen Handeln gezwungen, beriefGraf Luder Udo I. von Stade zum neuenMarkgrafen, einen Verwandten des erschla-genen Katlenburgers und über ihre FrauenAgnes und Adelheid angeheirateten Vetter.Es war eine der letzten Handlungen desKaisers, der am 5. Oktober 1056 in Bodfeldam Harz starb.51Als Reaktion auf die Niederlage befestigteder neue Markgraf den wichtigen Elbüber-gang in der Sadelbande, wo er die Erthene-burg errichtete. Doch Markgraf Luder UdoI. starb bereits 1157, ihm folgte sein ältererSohn Udo II. († 1082), während ihm auf derErtheneburg sein jüngerer, nach demGroßvater Graf Reinold I. von Burgund-Ivrea benannter Sohn Graf Reinold I.(† 1112) folgte. Auf der Ertheneburg folgtedessen Sohn aus zweiter Ehe Graf Siegfriedvon Ertheneburg († 1134), einer der engstenVertrauten Kaiser Lothars III., und dessenSohn Graf Reinold II. von Ertheneburg, mitdem 1164 die Stade-Ertheneburger Grafenim Mannesstamm erloschen. In der Sadel-bande beherrschten sie einen deutsch-slawischen Kontaktraum, mit slawischenSiedlungen unmittelbar nördlich der Erthe-neburg. Die dort lebenden Slawen warenChristen und kamen wahrscheinlich alsGlaubensflüchtlinge hierher.Deutlich anders zeigt sich die Umgebungder Ratzeburg. Unmittelbar westlich derBurg gab es mit Harmsdorf („Dorf des Her-mann“), Giesensdorf und Albsfelde Dörfermit deutschen Namen; Siedlungen mit sla-wischen Namen sucht man hier vergebens.Zur Versorgung der Burgbesatzung dientedas in der Nachbarschaft der Kirche aufdem Georgsberg betriebene Vorwerk. Ty-pisch spätslawische Funde treten hier nurspärlich auf. Somit ist von deutschrechtli-

chen Dörfern im Vorfeld einer deutschenBurg auszugehen, die mit Ratzeburg keinengenuin slawischen, sondern einen slawisch-deutschen Kontaktnamen trug. Weiter west-lich findet sich in Lankau Besitz der StaderGrafen, der sich seit 1106 belegen lässt. Eshandelt sich um eine Gedenkstiftung derMarkgräfin Irmgard von Plötzkau († 1153)zugunsten ihres 1106 verstorbenen erstenMannes Markgraf Luder Udo III., die sieihrem Hauskloster Harsefeld bei Stade zu-kommen ließ. Anschließend zog Irmgardfort und heiratete in zweiter Ehe den amNiederrhein ansässigen Grafen Gerhard vonHeinsberg († 1129). Irmgards Tochter auszweiter Ehe Oda von Heinsberg heirateteden Grafen Siegfried von Ertheneburg. Beiihm und ihren Enkeln auf der Ertheneburgam nördlichen Elbufer dürfte Irmgard ihreletzten Lebensjahre verbracht haben.Mit den vorgelagerten deutschrechtlichenDörfern unterschied sich Ratzeburg funda-mental von der Vorgängerburg, der Stein-burg bei Hammer an der Stecknitz (vgl.Karte 2). Dort belegt ein dichtes Netz zeit-gleicher Fundplätze die intensive slawischeBesiedlung im Umfeld. Bei der Ratzeburgwar es ein deutsches Umfeld, nur auf derStadtinsel zeigen sich nennenswerte spätsla-wische Funde,52 die eine offenbar christlicheBevölkerung slawischer Ethnizität belegen.So dürfte Helmolds auf um 1131 anzuset-zende Behauptung, seinerzeit sei in Ratze-burg Siwa, die Göttin der Polaben (Siwa deaPolaborum)53 verehrt worden, schwerlich derRealität entsprechen.Polabien mit seiner weitgehend christlichenBevölkerung wurde 1062 durch König Hein-rich IV. den Billungern bestätigt. Im Gegen-zug musste Herzog Otto/Ordulf der Vor-verlegung der Hamburger Bistumsgrenzezustimmen. Auf der Ratzeburg residiertewohl zunächst der Herzogsbruder GrafThietmar I. († 1048). In das unter dem Schutzder Burg stehende Kloster St. Georg kamspätestens 1047 der fünfzehnjährige Ans-verus, der jüngere Sohn des mutmaßlichenSchleswiger Hochvogtes Oswalt und NeffeBischof Rudolfs. Ansverus hatte 1042 inSchleswig die Bekanntschaft Herzog Bern-hards II. und der Grafen Otto, Thietmar I.und Thietmar II. gemacht, den Verbündetenseines Vaters. Im Kloster St. Georg erhielt Ans-verus wohl nicht zuletzt aufgrund der Pro-

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tektion durch seine billungischen Freundedie Abtswürde, was ihn jedoch in den AugenErzbischof Adalberts diskreditierte. Der be-rief den mit Land und Leuten überhauptnicht vertrauten Aristo zum Bischof. Als sichaufständische Slawen seinem Kloster näher-ten, weigerte sich Ansverus, in der RatzeburgZuflucht zu suchen, und zog das Martyriumvor; er wurde zum Heiligen. Aristo hingegenfiel dem Vergessen anheim. Herzog Otto ge-währte Ansverus im Lüneburger Kloster St.Michaelis als Assuerus mon[achus] alljährlicham 16. Juli ein ehrendes Gedenken.54 Adamvon Bremen wie auch Helmold von Bosauwidmeten ihm nur wenige Zeilen.55

Fragen zu Ratibor

An dieser Stelle ist auf Fürst Ratibor zurück-zukommen.Wann Ratibor seine Herrschaft in Polabienantrat, ist ebenso unbekannt wie die Aus-dehnung seines Herrschaftsbereiches.Während Ratibor 1043 die historischeBühne verließ, traten später mehrere Trägerseines Namens in Erscheinung. Namen je-doch wurden damals vorzugsweise vererbtoder mittels Patenschaft vergeben – sie be-legen die enge Verwandtschaft der Trägergleichen Namens.

Bekannt sind die sogenannten Ratoboriden,die frühen Pommernfürsten. Fürst Ratibor I.(† 1155/56) war mit einer russischenFürstentochter verheiratet, seine TochterMargareta heiratete vor 1162 den GrafenBernhard I. von Ratzeburg, den Sohn GrafHeinrichs von Ratzeburg. Da der ältesteEnkel von Ratibors Bruder Bogislav I. gleich-falls Ratibor († 1185) hieß, ist anzunehmen,dass der Name auch bei ihren unbekanntenVorfahren auftrat.56 Wahrscheinlich vonihnen kam der Name Ratibor zu den Sambo-riden nach Pommerellen. Dort verstarb vor1276 Herzog Ratibor von Belgard. Sein älte-rer Bruder Svantopolk II. († 1266) war mitErmengarde von Schwerin verheiratet, einerTochter Graf Heinrichs I. († 1228).57Ohne Angabe des Jahres nennt Helmold dieFlottenexpedition des sonst unbekanntenRace gegen Alt Lübeck, die laut der For-schung 1138 erfolgte.58 Race war Helmoldzufolge ein Nachkomme jenes paganenAbodritenfürsten, den er unter dem dif-famierend zu verstehenden Beinamen„Cruto“ führte.Doch erheblich früher erscheint der bis 1081unter dem russischen Großfürsten Vsevoloddem Gerechten als Statthalter von Tmutara-kan am Schwarzen Meer wirkende Ratibor.1095 und 1100 ist er erneut genannt.59 SeineWurzeln sind unbekannt. Aufgrund der

Abb. 4: Die Ratzeburger Domkirche St. Maria und Johannes Evangelista entstand im 12. Jahrhundert zur Zeit derRatzeburger Grafen (Foto G. Bock April 2009).

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vielfältigen Heiratsbeziehungen der KieverRus namentlich nach Sachsen, aber auchnach Dänemark und Polen, könnte RatiborsFamilie auf diesem Weg nach Kiev gelangtsein. Den Namen Ratibor verwendeten dieKiever Rjurikiden nicht.Hingegen finden sich die Namen von dreider vier Söhne des 1127 verstorbenen Abo-dritenkönigs Heinrich, wie sie Helmold vonBosau überliefert,60 auch bei den Rjurikiden.Sventipolk deutet auf Fürst Svjatopolk II.von Novgorod, der 1113 als Großfürst vonKiev starb. Als Sohn von Großfürst IsjaslavI. († 1078) war er in Kiev der direkte Vor-gänger seines Vetters Vladimir II. Mo-nomach († 1125). Mistivoj deutet aufMstislav von Rogned († 1036), einen SohnVladimirs des Heiligen, auf den ältestenSohn Izjaslavs I. († 1069), den ältesten SohnSvjatopolks II. († 1099), sowie auf VladimirMonomachs ältesten Sohn († 1132), der auchnach seinem englischen Großvater Haraldhieß. Voldemar hingegen bezieht sich aufGroßfürst Vladimir Monomach selbst.Für König Heinrichs Frau überliefert Hel-mold den Namen Slavina, der vielleicht ihreslawische Ethnizität („die Slawin“) meinte.Möglich ist auch ein Beiname als Her-kunftsbezeichnung aus Zlauinia (späterSchlawe, heute Sławno) in Hinterpommern,einem frühen Sitz der Ratiboriden.61 H.STOOB erwägt ihre pomoranische Her-kunft.62 Der Name des Sohnes Voldemarweist jedoch eindeutig nach Kiev, zumalHeinrich ab 1066 am dänischen Hof seinesGroßvaters Sven Estridsen dort den gleich-falls zeitweise im Exil lebenden Vladimirkennengelernt haben dürfte. In der von Hel-mold zu „Slavina“ anonymisierten FrauKönig Heinrichs lässt sich eine SchwesterGroßfürst Vladimir Monomachs vermuten,die möglicherweise Christina („die Chris-tin“) hieß.Auch die Ratiboriden pflegten weitrei-chende Beziehungen. Die Frau MargaretaGraf Bernhards I. von Ratzeburg wird alsTochter Fürst Ratibors I. von Pommern-Schlawe und Enkelin des Königs BolesławsIII. Krzywousty († 1138) von Polen verstan-den.63 Der dänische Chronist Saxo Gram-maticus bezeichnet sie als neptis regis, alsoWaldemars. Margaretas Schwester Richizaheiratete in zweiter Ehe den NovgoroderFürsten Vladimir III. († 1138), deren Tochter

Sophia († 1198) wiederum mit König Walde-mar I. von Dänemark († 1182) die Eheschloss. Waldemars Urgroßeltern GroßfürstVladimir II. Monomach von Kiev und seineFrau Gytha – eine Tochter des letzten engli-schen Königs Harold II. († 1066) – warenSophias Ururgroßeltern. Vor diesem Hinter-grund verwundert 1162 nicht die Teilnahmemit zwei Schiffen des Ratzeburger GrafenBernhard I. am Feldzug König Waldemars I.von Dänemark gegen Rügen:64 er half einemVerwandten.Die Träger des Namens Ratibor belegenweitreichende Verbindungen führender Ge-schlechter, von Polabien über Pommern bisin die heutige Ukraine. Sie beziehen auchdie Ratzeburger und die Schweriner Grafenein, in denen ich Nachkommen der seit 1059regierenden Hamburger Grafen sehe. Wohlnicht zufällig ist im Hamburger GrafenHeinrich I. († 1098) der Pate des späterenAbodritenkönigs Heinrich zu vermuten.Und König Heinrichs Sohn Knud († um1128) heiratete mit Rocele eine Tochter jenesGrafen Reinold I. von Stade-Ertheneburg,deren Mutter eine Kusine von Gytha war,der angelsächsischen Frau Großfürst Vladi-mir Monomachs.

Billunger auf der Ratzeburg

Während diese Verbindungen als Teil einesebenso weiträumig angelegten wie auch überviele Generationen wirkenden Netzwerkeszu verstehen sind – deren Ausmaße sich hiernur ansatzweise aufzeigen lassen –, ergebensich aber auch in unserer Region überausinteressante Ergebnisse. Bereits in einerfrüheren Veröffentlichung untersuchte ichdie Siedlungsgeschichte des RatzeburgerRaumes und der Sadelbande,65 was hier nichtwiederholt werden muss.Einen Hinweis zum Alter der Dörfer imVorfeld der Ratzeburg bietet der OrtsnameHarmsdorf, der sich zumindest indirekt vonGraf Hermann († 31. Mai 1086) ableitenlässt, dem jüngeren Sohn Herzog Bern-hards II. und Bruder Herzog Ottos/Ordulfs.Mehrfach erscheint er als Befehlshaber aufder Lüneburg.66 Den Rosenfelder Annalenund dem Annalista Saxo zufolge starb er1086, angeblich ohne legitime Erben (sine legi-timis liberis).67 Im Lüneburger Michaelisklos-

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ter wurde Hermannus conversus fr[ater]n[oste]r bestattet.68Laut der Tabula gentis Billingorum folgte ihmein weiterer Graf Hermann, als letzter Grafdes Herzogsstammes der Billunger.69 Er lässtsich urkundlich fassen als Herimannus deImina, der 1087/88 nach den Grafen Hein-rich von Hamburg und Reinold I. von Stadeund Ertheneburg als dritter Gefolgsmann

des Herzogs Magnus70 erscheint. Laut G.AUST handelt es sich bei seinem Sitz um eineVerlesung von „Insula“, gemeint ist viel-leicht die Ratzeburg. Damit wäre das seinemVater vom Autor der Rosenfelder Annalenund vom Annalista Saxo unterstellte Fehlenlegitimer Erben eine Diffamierung. Da sichBurg und Land Ratzeburg später im Besitzder Herren von Badwide als Grafen von

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Vorwerk, Villikation

Sächsische Burg, Sitz eines Herzogs oder Grafen

Sitz eines Präfekten (Overboden)

Sitz eines Bischofs; ehemals

Kapitel, Stift, Kloster

Kirche (Auswahl)

Dänische Burg

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Überregionale Verbindung

Regionale Verbindung

Ungefähre Grenze des Erzbistums Hamburg-Bremen (nördlich der Elbe um 1170)

Angeblicher Limes Saxoniae nach Adam von Bremen (um 1070)

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Land Ratzeburg als Kontaktregion

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Ratzeburg befanden, einer Nachkommen-und Erbenlinie der Hamburger Grafen, ließesich die Ehe einer Tochter des jüngerenHermann mit einem Hamburger Grafenvermuten, die das Erbe ihres Vaters in dieEhe einbrachte. Die Inschrift des Ratzebur-ger Heinrichssteins, Graf Heinrich wärenach Ratzeburg gekommen (venit; vgl. Abb.oben), übergeht die billungischen Wurzelnder Grafen und ihrer Besitzungen. Diesmacht die Setzung des Steines zu Zeiten dersich dieser Herkunft sicherlich bewusstenRatzeburger Grafen unwahrscheinlich.Ein Bastardnachkomme eines der Billun-gergrafen Hermann ist 1230 im Ratzebur-ger Zehntregister als Harmsdorfer Zehnt-besitzer Hermannus Coz zu vermuten,71dessen Beiname ein Patronymikon zuGötz/Gottfried darstellt, dem Namen einesHamburger Grafen. 1292 verfügten dieSachsen-Lauenburger Herzöge über dasBurg- und Brückenwerk sowie über dasHochgericht von acht Hufen in Harmsdorfund damit wahrscheinlich über das ganzeDorf.72

Lassen sich auf diesem Wege die Besitzer derRatzeburg ausmachen, so bleibt ihr Herr-schaftsbereich zu klären. Einen Hinweis bie-tet die Urkunde König Heinrichs IV. von1062, die das Umland in die Herrschaftsver-gabe einschließt – die sich als königliche Be-stätigung der realen Herrschaftsverhältnissein Polabien darstellt. Einen weiteren Hin-weis bietet das von W. PRANGE edierte Rat-zeburger Hufenregister des Jahres 1292.Zwar entstand es, als die Grafschaft Ratze-burg längst der Geschichte angehörte, dochlassen sich Abgaben zu Burgwerk undBrückenwerk, Kleiner Bede, Schweineschnittund Hochgerichtsbarkeit von insgesamt 134Dörfern – in Kombination einer von W.PRANGE vorgelegten Karte des um 1130 gel-tenden Siedlungsstandes – vornehmlich denälteren Dörfern zuordnen,73 sind somit älterals die angeblich erst 1143 einsetzende deut-sche Besiedlung. Das Land Boitin, nur mitBurg- und Brückenwerk belastet – Realdiens-ten der Bauern zum Unterhalt der Brücken,die Ratzeburg mit dem Festland verbanden,sowie Reparaturarbeiten an der Burg –

Abb. 5: Der Heinrichstein am Ratzeburger Domhof erinnert an den zur Mitte des 12. Jahrhunderts regierendenRatzeburger Grafen Heinrich (Foto G. Bock April 2009).

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dürfte in der hier interessierenden Zeit nichtder Ratzeburg unterstanden haben. Unklarist auch die Ausdehnung westlich der Steck-nitz, wo Linau und Sandesneben nach Stor-marn ausgerichtet zum Machtbereich derStormarner Präfekten gehörten. Dieser Be-fund weist in das 11. Jahrhundert, auch wenner nicht zwingend für jedes der 1292 ge-nannten Dörfer gilt. Die angeführten Quellen ermöglichen keinein sich geschlossene Abfolge, wohl aber ver-mitteln sie den Eindruck einer Besitzkonti-nuität auf der Ratzeburg, die seit denAnfangsjahren der billungischen Herrschaftum 1043 bis zum Aussterben der Ratzebur-ger Grafen im Mannesstamm kurz vor 1198andauerte. Die Namen Heinrich und Bern-hard der Ratzeburger Grafen unterstreichenihre hamburgische und billungische Her-kunft.

Zusammenfassung

Während die bisherige Forschung, sich andie parteiliche Darstellung Helmolds vonBosau haltend, von einer deutschrechtlichenBesiedlung Polabiens erst ab 1143 ausgingund diese mit dem Auftreten Heinrichs desLöwen verband, begann sie tatsächlich be-reits ein volles Jahrhundert früher. Dochnennt 1230 das Ratzeburger Zehntregisterausdrücklich den 1164 bei Demmin in Vor-pommern umgekommenen Grafen Reinoldals jenen Mann, der das Dorf zehntbarmachte (In uilla Lvtowe. Decimam tenuit abepiscopo Reinoldus comes. Qui ratione benefi-ciagros uille decimales dedit. Quo Dimin cumcomite Adolfo occciso).74 Der identifizierendeZusatz des Todesortes war schwerlich in derVorlage vorhanden, die der Schreiber ak-tualisierte. Der kannte Helmolds Werk, ver-wendete dieselbe Schreibweise Dimin undignorierte Reinolds 1112 verstorbenengleichnamigen Großvater. Die Gründungder Lütauer Kirche vor 1112 lässt sich mitden komplexen Siedlungsabläufen in derSadelbande in Einklang bringen, die W.PRANGE wie alle anderen Autoren auf dieJahre 1143 bis 1164 komprimierte.Vergleichbar ist die Umgebung Ratzeburgszu verstehen. Dort dürften etwaige westlichder Burg zu vermutende polabische Sied-lungen umgehend mit deutschen Siedlern

besetzt und umbenannt worden sein. Die-sem engsten Vorfeld der Burg schlossensich Dörfer wie Lankau an, die ihrenNamen behielten, gleichwohl aber einedeutschrechtliche Überformung erfuhren,auf deren Grundlage dann 1106 MarkgräfinIrmgard ihre Memorialstiftung unter Be-nutzung aktuell vorhandener Hufen tätigte.Gleichwohl verpflichteten die billungischenHerren der Ratzeburg die Bauern im ge-samten Land Ratzeburg, ungeachtet ihrerunterschiedlichen ethnischen Ausrichtung,zu Dienstpflichten und Abgaben für dieRatzeburg. Da noch die latente Gefahr ei-ner paganen Reaktion bestand, konnten dieHerren auf die Unterstützung ihrer christ-lichen Hintersassen bauen. Die Kämpfe des Jahres 1093 bei Schmilau südlich derRatzeburg belegten letztmals in diesemRaum ein Aufbäumen christenfeindlicherKräfte – auch wenn die christlichen Auto-ren diese Bedrohung mehr als deutlichüberzeichneten. Helmold erdreistete sichsogar, noch vierzig Jahre später den Kulteiner paganen Göttin Siwa zu behaupten,was seinen frommen Lesern wahren Horrorsuggerierte.Werden bislang in historischen Darstellun-gen die Ausführungen Adams, Helmoldsund ihrer Chronistenkollegen durchweg fürbare Münze genommen, so lässt sich diesweniger denn je legitimieren. Sicherlich ar-beiteten die frommen Schreiber auch fakti-sches Wissen in ihre Darstellungen ein, dassie aber in einen ihnen genehmen Deu-tungskontext verwoben. Die englischspra-chige Literaturwissenschaft prägte für dieseSchreibtechnik den Begriff literary faction,die Mischung aus Fakten und Fiktionen. DieForschung ist aufgerufen, dieses Vorgehenzu dekonstruieren.Sprachen wir eingangs Adams Ausführun-gen zu den drei nordelbischen Sachsen-gauen an, die immer noch als Beleg für diegentile Gesellschaft der nordelbischen Sach-sen jener Zeit bemüht werden, so bildeteDithmarschen zu jener Zeit eine Grafschaft,Holstein und Stormarn waren namenge-bend für zwei Präfektengeschlechter. Hel-mold übernahm diesen Passus undbenannte anschließend die slawischen Wag-rier, Abodriten, Kessiner und Zirzipanen (adWinithos, eos scilicet qui dicuntur Wagiri, Obot-riti, Kycini, Cicipani), überging also die Pola-

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ben. An anderer Stelle aber nannte er die Po-laben als dem Abodritenkönig Heinrich tri-butpflichtig.75Im Kontext unserer breiter angelegten Un-tersuchungen ergibt sich ein Bild Polabiensam Übergang von der slawischen zur deut-schen Herrschaft, das sich signifikant vondem Helmolds abhebt.

Anmerkungen

1 STOOB, HEINZ (Hrsg.): Helmold von Bosau. Sla-wenchronik, Darmstadt 51990 (FSGA 19).

2 PRANGE, WOLFGANG: Siedlungsgeschichte desLandes Lauenburg im Mittelalter, Neumünster1960 (QuFGSH 41). – BUDESHEIM, WERNER: DieEntwicklung der mittelalterlichen Kulturland-schaft des heutigen Kreises Herzogtum Lau-enburg unter besonderer Berücksichtigung derslawischen Besiedlung, Wiesbaden 1984 (Mit-teilungen der Geographischen Gesellschaft inHamburg 74).

3 BOCK, GÜNTHER: Hammaburg und Neue Burg –Ausgrabungsergebnisse ermöglichen histori-sche Neubewertung des frühen Hamburg. In:Rundbrief des Arbeitskreises für Wirtschafts-und Sozialgeschichte Schleswig-Holsteins 114(2015), S. 49–64. – Zur Dendrodatierung vgl.FEHRING, GÜNTER P.: Die Archäologie des Mittel-alters. Eine Einführung, Stuttgart 32000, S. 39–40.

4 BOCK, GÜNTHER: Das Ende der Hamburger Gra-fen 1110 – eine historiographische Konstruk-tion, in: AUGE, OLIVER / KRAACK, DETLEV

(Hrsg.), 900 Jahre Schauenburger im Norden.Eine Bestandsaufnahme, Kiel/Hamburg 2015(QuFGSH, 121), S. 15–75.

5 TRILLMICH, WERNER (Hrsg.): Adam von Bremen,Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche, in:Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Ge-schichte der Hamburger Kirche und des Rei-ches, Darmstadt 72000, II, 17, S. 246–247 (FSGA11).

6 SCHÖNEBERGER, OTTO (Hrsg.): Der gallischeKrieg. Lateinisch-deutsch, München 1999, Lib.1, 1, S. 6–7.

7 LAPPENBERG, JOHANN MARTIN (Hrsg.): Hambur-gisches Urkundenbuch, Hamburg 1842; Neu-druck 1907 (Hamb. UB) Bd. 1, 75.

8 TRILLMICH (Hrsg.): Adam von Bremen, II. 18, S. 246–249. – Hamb. UB 1, 90 = SHRU 1, 45 =MAY, OTTO HEINRICH (Hrsg.): Regesten der Erz-bischöfe von Bremen, Bd. 1, Hannover 1937(Veröffentlichungen der Historischen Kom-mission für Hannover, Oldenburg, Braun-schweig, Schaumburg-Lippe und Bremen, Bd.11), Nr. 266.

9 RAU, REINHOLD (Hrsg.): Quellen zur karolingi-schen Reichsgeschichte. Erster Teil. Die Reichs-

annalen, Einhard Leben Karls des Großen,Zwei „Leben“ Ludwigs, Nithard Geschichten,Darmstadt 1968 (FSGA 5), S. 116–117.

10 SPRANDEL, ROLF: Art. Hamburg, in: Lexikon desMittelalters, Bd. IV, München 2002, Sp. 1883.

11 LUBER, SUSANNE: Die Slawen in Holstein. Sicht-weisen von Helmold von Bosau bis in dieGegenwart, Eutin 22010, S. 23.

12 WEISS, RAINER-MARIA: Mythos Hammaburg –Fakten und Fiktionen zur FrühgeschichteHamburgs, in: WEISS, RAINER-MARIA/ KLAMMT,ANNE (Hrsg.): Mythos Hammaburg. Archäolo-gische Entdeckungen zu den Anfängen Ham-burgs, Hamburg 2014 (Veröffentlichungen desHelms-Museums, Archäologisches MuseumHamburg, Stadtmuseum Harburg 107), S. 17–53, hier S. 39.

13 LUBER: Die Slawen in Holstein, S. 14.14 Vgl. BOCK, GÜNTHER: Der „Limes Saxoniae“ –

keine karolingische Grenze!, in: Jb Stormarn2013, S. 13–30.

15 KEMPKE, TORSTEN: Bemerkungen zur Delvenau-Stecknitz-Route im frühen Mittelalter, in: Ham-maburg NF 9 (1989), S. 175–184. – KLAMMT,ANNE: Soziale Gruppen und Gesellschafts-strukturen im westslawischen Raum, in: BIER-MANN, FELIX / KERSTING, THOMAS / KLAMMT,ANNE (Hrsg.): Soziale Gruppen und Gesell-schaftsstrukturen im westslawischen Raum.Beiträge der Sektion zur slawischen Frühge-schichte der 20. Jahrestagung des Mittel- undOstdeutschen Verbandes für Altertumsfor-schung in Brandenburg (Havel), 16. bis 18.April 2012, Langenweißbach 2013, S. 7–31.

16 LAUR, WOLFGANG: Historisches Ortsnamenlexi-kon von Schleswig-Holstein, Neumünster 1992(2. Aufl.; VLAS 28), S. 535. – JORDAN, KARL: Rat-zeburg im politischen Kräftespiel in Nordel-bien, in: LANGENHEIM, KURT / PRILLWITZ,WILHELM (Hrsg.): Ratzeburg 900 Jahre. 1062–1962. Ein Festbuch, Ratzeburg 1962, S. 23–35. –LAMMERS, WALTHER: Das Hochmittelalter biszur Schlacht von Bornhöved, Neumünster 1981(Geschichte Schleswig-Holsteins 4. Bd., Tl. 1),S. 120.

17 KÜRBIS, BRYGIDA (Hrsg.): Kronika wielkopolska= Chronica Poloniae maioris, Warszawa 1970(Pomniki dziejowe Polski, hrsg. v. August Bie-lowski, Ser. 2, T. 8), S. 14–15.

18 TRAUTMANN, REINHOLD, Die wendischen Orts-namen Ostholsteins, Lübecks, Lauenburgs undMecklenburgs, Neumünster 1939 (QuFGSH21), S. 178. – WURMS, HANS: Sprachgeschichtli-che Anmerkungen zu den Ortsnamen des Rat-zeburger Zehntregisters, in: KAACK, HANS-GEORG / WURMS, HANS: Slawen und Deutscheim Lande Lauenburg, Ratzeburg 1983, S. 207–272, hier S. 228.

19 TRILLMICH (Hrsg.): Adam von Bremen, II, 71,79, S. 314–315, 320–321.

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20 RADTKE, CHRISTIAN: König Magnus der Guteund Haithabu/Schleswig, in: PARAVICINI, WER-NER (Hrsg.): Mare Balticum. Beiträge zur Ge-schichte des Ostseeraums in Mittelalter undNeuzeit. Festschrift zum 65. Geburtstag vonErich Hoffmann, Sigmaringen 1992 (Kieler His-torische Studien, Bd. 36), S. 67–91.

21 USPENSKIJ, FJODOR: Name und Macht. Die Wahldes Namens als dynastisches Kampfinstru-ment im mittelalterlichen Skandinavien,Frankfurt a. M. 2004 (Texte und Untersuchun-gen zur Germanistik und Skandinavistik, Bd.52), S. 29–36.

22 Hamb. UB 1, 90 = HASSE, PAUL (Hrsg.): Schles-wig-Holstein(-Lauenburg)ische Regesten undUrkunden, Bd. 1, Hamburg 1886 (SHRU), Nr.45 = MAY (Bearb.): Regesten, 266.

23 ASSMANN, ERWIN: Salvo Saxoniae limite. EinBeitrag zum Problem des Limes Saxoniae, in:ZSHG 77 (1953), S. 195–203, hier S. 195.

24 HOFMEISTER, HERMANN: Limes Saxoniae, in:ZSHG 56 (1928), S. 67–169, hier S. 166.

25 Während Adam von Bremen (TRILLMICH

[Hrsg.]: Adam von Bremen, II. 79, S. 320–321;III. 43, S. 380–381; III. 45, S. 382–382; III. 51, S. 394–395) und Helmold von Bosau ihn durch-gehend Ordulf nennen (STOOB [Hrsg.]: Helmoldvon Bosau, 22, S. 106–107; 24, S. 108–109; 25, S. 112–113), heißt er bei Lampert von Hersfeld(FRITZ, WOLFGANG DIETRICH / SCHMIDT, ADOLF

[Hrsg.]: Lampert von Hersfeld. Annalen, Darm-stadt 42000, 1070, S. 130–131; 1073, S. 176–177,194–195) sowie bei Bruno immer Otto (Bruno-nis Saxonicum bellum, in: SCHMALE, FRANZ-JOSEF / SCHMALE-OTT, IRENE [Hrsg.]: Quellen zurGeschichte Kaiser Heinrichs IV., Darmstadt42000, S. 191–405, hier 85, S. 324– 325).

26 STOOB (Hrsg.): Helmold von Bosau, cap. 26, S. 118–121, S. 120, Anm. 9. – LAMMERS: Hoch-mittelalter, S. 136. – Vgl. KÖTZSCHKE, RUDOLF:Staat und Bauerntum im Thüringisch-Ober-sächsischen Raum, in: MAYER, THEODOR (Hrsg.):Adel und Bauern im deutschen Staat desMittelalters, Damstadt 21980, S. 267–311, hier S.281–282.

27 STIMMING, MANFRED (Bearb.): Mainzer Urkun-denbuch. Bd. 1. Die Urkunden bis zum TodeErzbischof Adalberts I. 1137, Darmstadt 1932,Nr. 385. – LADENDORF, STOOB: Wesselburen unddie Bursfelder Urkundenfälschungen. – LAUR:Ortsnamenlexikon, S. 689. – BORCHERT, SABINE:Herzog Otto von Northeim (um 1025–1083).Reichspolitik und personelles Umfeld, Hanno-ver 2005 (Veröffentlichungen der HistorischenKommission für Niedersachsen und Bremen227), S. 81.

28 FINKE, HEINRICH (Bearb.): Westfälisches Urkun-den-Buch. Bd. 5. Tl. 1. Die PapsturkundenWestfalens bis zum Jahre 1304, Münster 1888,Nr. 95.

29 Annales Augustani, in: MGH SS 3, Hannover1838, S. 123–136, hier S. 128.

30 BORCHERT: Otto von Northeim, S. 99, Anm. 343.31 BORK, RUTH: Die Billunger mit Beiträgen zur

Geschichte des deutsch-wendischen Grenz-raumes im 10. und 11. Jh., Greifswald 1951(Diss., Typoscript), S. 176–180.

32 TRILLMICH (Hg.): Adam von Bremen, III, 21, S. 354–355.

33 Acta Sancti Ansveri Abbatis Ratzeburgensis,in: LANGEBEK (Hrsg.): Scriptores rerum Danica-rum medii aevi. T. 3, Hafniae 1774, S. 580–601,hier S. 581, 592. – HARTEN, HEINZ: Ansverus † 1066. Wirklichkeit und Legende, in: LbgH NF52 (1966), S. 17–25, hier S. 20–21. – NOTZ, FER-DINAND V.: Ansverus der Apostel und MärtyrerLauenburgs in Geschichte, Sage, Stein undBild, Ratzeburg 1929, S. 31, Anm. 3.

34 LÜDTKE, HARTWIG: Die archäologischen Unter-suchungen unter dem Schleswiger Rathaus-markt, in: GRUPE, GISELA (Hrsg.): Kirche undGräberfeld des 11.–13. Jahrhunderts unter demRathausmarkt von Schleswig, Neumünster1997 (Ausgrabungen in Schleswig 12), S. 9–84.

35 Acta Sancti Ansveri Abbatis Ratzeburgensis, S. 582.

36 BÜNZ, ENNO: „... in dem Lande des Schreckensund der wüsten Einöde ...“ Zur Genese undGestalt der mittelalterlichen Sakrallandschaftnördlich der Elbe, in: AUGE, OLIVER / HILLE-BRAND, KATJA (Hrsg.): Klöster, Stifte und Kon-vente nördlich der Elbe. Zum gegenwärtigenStand der Klosterforschung in Schleswig-Hol-stein, Nordschleswig sowie den HansestädtenLübeck und Hamburg, Neumünster 2013(QuFGSH 120), S. 49–84, hier S. 54.

37 MORITZEN, JOHANNES: Ansver, der Märtyrer vonRatzeburg, in: Schriften des Vereins für Schles-wig-Holsteinische Kirchengeschichte, 2. R. Bd.22, S. 33–51, S. 33–51.

38 WEDEKIND (Hrsg.): Nekrologium Monasterii S.Michaelis, S. 76. – ALTHOFF, GERD: Adels- undKönigsfamilien im Spiegel ihrer Memorial-überlieferung. Studien zum Totengedenkender Billunger und Ottonen, München 1984(Münstersche Mittelalter-Schriften, Bd. 47), S. 328.

39 WEDEKIND (Hrsg.): Nekrologium Monasterii S.Michaelis, S. 1.

40 TRILLMICH (Hrsg.): Adam von Bremen, II, 79, S. 318–321. – MAY (Bearb.): Regesten, 213.

41 TRILLMICH (Hrsg.): Adam von Bremen, II, 79, S. 318–321. – SCHWARZMAIER, HANSMARTIN: VonSpeyer nach Rom. Wegstationen und Lebens-spuren der Salier, Sigmaringen 1992, S. 72–77. –FÖSSEL, AMALIE: Die Königin im mittelalter-lichen Reich. Herrschaftsausübung, Herr-schaftsrechte, Handlungsspielräume, Stuttgart2000 (Mittelalter-Foschungen Bd. 4), S. 24, 83,103, 186. – THOMA, GERTRUD: Namensänderun-

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gen in Herrscherfamilien des mittelalterlichenEuropa, Kallmünz 1985 (Münchener Histori-sche Studien Abt. Mittelalterliche Geschichte,Bd. 3), S. 196–197. – BIHRER, ANDREAS: Begeg-nungen zwischen dem ostfränkisch-deutschenReich und England (850–1100). Kontakte –Konstellationen – Funktionalisierungen – Wir-kungen. Ostfildern 2012, S. 242–243, 307–308,324–325.

42 Das Reich der Salier 1024–1125. Katalog zurAusstellung des Landes Rheinland-Pfalz, Sig-maringen 1992, S. 290. – GECHTER, MARIANNE:Die Grablege des Bischofs Rudolf von Schles-wig in St. Kunibert, in: Colonia Romanica 12(1997), S. 17–20, S. 17.

43 SCHIEFFER, THEODOR / MAYER, HANS EBERHARD

(Bearb.): Die Urkunden der burgundischen Ru-dolfinger, München 1977 (MGH Diplomata),Nr. 134.

44 GECHTER: Grablege des Bischofs Rudolf, S. 17–20. – Päffgen, Bernd: Die Gräber der Bischöfevon Brandenburg, in: MÜLLER, JOACHIM / NEIT-MANN, KLAUS / SCHOPPER, FRANZ (Hrsg.): Wiedie Mark entstand. 850 Jahre Mark Branden-burg, Wünsdorf 2009 (Forschungen zur Archä-ologie im Land Brandenburg 11; Einzelveröf-fentlichung des Brandenburgischen Landes-hauptarchivs IX), S. 129–151, hier S. 129.

45 MORITZEN: Ansver, S. 33–51. – MORITZEN: Ans-verus, S. 46.

46 Acta Sancti Ansveri Abbatis Ratzeburgensis, S. 597–598.

47 MINDERMANN, AREND (Bearb.): Urkundenbuchder Bischöfe und des Domkapitels von Verden(Verdener Urkundenbuch, 1. Abteilung), Band2. 1300 bis 1380, Stade 2004, Nr. 585.

48 MINDERMANN, AREND (Bearb.): Urkundenbuchder Bischöfe und des Domkapitels von Verden(Verdener Urkundenbuch, 1. Abteilung), Band1. Von den Anfängen bis 1300, Stade 2001, S. 93–103. – Althoff: Adels- und Königsfami-lien, S. 336.

49 HODENBERG, WILHELM VON: Verdener Ge-schichtsquellen, Heft 2, Celle 1859, Nr. 14 =MINDERMANN (Bearb.): UB Bm. Verden 1, 81.

50 FRITZ, SCHMIDT (Hg.): Lampert von Hersfeld, a.1056, S. 58–59. – STEINDORFF, ERNST: Jahrbücherdes Deutschen Reiches unter Heinrich III.,Zweiter Bd., Leipzig 1881, S. 352–353. – LÜBKE,CHRISTIAN: Regesten zur Geschichte der Slavenan Elbe und Oder (vom Jahr 900 an), Teil 4: Re-gesten 1013–1057, Berlin 1987 (Gießener Ab-handlungen zur Agrar- und Wirtschafts-forschung des Europäischen Ostens, Bd. 152),Nrr. 613–614, S. 16–171; 618, S. 174; 621, S. 177–178; 675–676, S. 231–232; 727, S. 280; 735–737,S. 286–289. – ALTHOFF: Adels- und Königsfami-lien, S. 413. – GIESE, WOLFGANG: Reichsstruk-turprobleme unter den Saliern – der Adel inOstsachsen, in: Weinfurter, Stefan (Hrsg.): Die

Salier und das Reich, Bd. 1, Sigmaringen 1992,S. 273–308., S. 283.

51 STEINDORFF: Jahrbücher des Deutschen Reiches,2, S. 350–354.

52 SCHMID-HECKLAU, ARNE: Slawenzeitliche Fundeim Kreis Herzogtum Lauenburg, Neumünster2002 (Studien zur Siedlungsgeschichte und Ar-chäologie der Ostseegebiete, Bd. 3), S. 267–272.

53 STOOB (Hg.): Helmold von Bosau, cap. 52, S. 196–197.

54 WEDEKIND, ANTON CHRISTIAN (Hrsg.): Nekrolo-gium Monasterii S. Michaelis. Aus dem Origi-nal, im Archive des Klosters S. Michaelis zuLüneburg, vollständig herausgegeben, in:Ders.: Noten zu einigen Geschichtsschreiberndes deutschen Mittelalters, Bd. 3, Braun-schweig 1833, S. 1–98, hier S. 52.

55 TRILLMICH (Hg.): Adam von Bremen, III, 50, S. 390–391. – STOOB (Hg.): Helmold von Bosau,cap. 22, S. 106–107.

56 SCHWENNICKE, Detlef: Europäische Stammta-feln. Stammtafeln zur Geschichte der Europäi-schen Staaten. NF Bd. III, Tl. 1. Herzogs- undGrafenhäuser des Heiligen Römischen Reichesund andere europäische Fürstenhäuser, Mar-burg 1984, Tafel 1.

57 SCHWENNICKE, Europäische Stammtafeln III, 1,Tafel 6.

58 STOOB (Hg.): Helmold von Bosau, cap. 55, S. 204–205.

59 GRASSHOFF, HELMUT / FREYDANK, DIETRICH /STURM, GOTTFRIED (Hrsg. u. Übers.): Rauchspurder Tauben. Radziwiłł-Chronik, Leipzig undWeimar 1986, S. 199, 218–219, 243. – MÜLLER,LUDOLF (Übers.): Die Nestorchronik. Die alt-russische Chronik, zugeschrieben dem Mönchdes Kiever Höhlenklosters Nestor, in der Re-daktion des Abtes Sil'vestr aus dem Jahr 1116, rekonstruiert nach den Handschriften Lavren-t'evskaja, Radziviloskaja, Akademisceskaja,Troickaja, Ipat'evskaja und Chlebnikovskaja,München 2001 (Handbuch zur Nestorchronik4; Forum Slavicum 56), S. 243, 267, 300.

60 STOOB (Hg.): Helmold von Bosau, cap. 37, S. 152–153; 38, S. 152–153; 46, S. 180–181; 48, S. 184–187.

61 STOOB (Hg.): Helmold von Bosau, cap. 34, S. 142–143. – FORSSMAN, JULIUS, BERNHARD

FORSSMAN (Hg.): Die Beziehungen altrussischerFürstengeschlechter zu Westeuropa. Ein Bei-trag zur Geschichte Ost- und Nordeuropas imMittelalter, Bern 1970, Taf. 4, 7.

62 STOOB (Hg.): Helmold von Bosau, S. 142, Anm.7.

63 OLRIK, JØRGEN / RAEDER, HANS H. (Hrsg.): SaxoGrammaticus, Gesta Danorum, Kjøbenhavn1931, 14, 27, S. 438. – Arnoldi Chronica Slavo-rum, in MGH SS 21, Hannover 1869, S. 101–250, hier II, 7, S. 130–131. – LAURENT, J. C. M.(Übers.): Die Chronik Arnolds von Lübeck,

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Die Hilfe für die in den Kämpfen verwun-deten und im Felde häufig an Seuchen er-krankten Soldaten war bis in die Mitte des19. Jahrhunderts vernachlässigt worden.Das Königreich Preußen wie auch das Kai-serreich Österreich verließen sich 1864 fürihre Soldaten weitgehend auf das Mitleid,das Mitgefühl und die Hilfsbereitschaft derBevölkerung. Die Fürsorge und Pflege derverwundeten und kranken Soldaten hingim dänisch-deutschen Kriege von 1864 aberganz wesentlich von dem Einsatz verschie-

dener religiöser Gemeinschaften und geist-licher Organisationen ab. Auch in der däni-schen Armee waren entsprechende Vor-kehrungen unterblieben.1Bereits in der Anfangsphase des Krieges of-fenbarten sich in dem Gefecht bei Oeverseevom 6. Februar 1864 mit der großen Zahlverwundeter Soldaten die Mängel im Mili-tärsanitätswesen und in dessen Organisa-tion sowie der unerwartet große Material-und Personalbedarf mit der Notwendigkeitfreiwilliger Hilfskräfte in der Verwundeten-

GERD STOLZ

„... es sind Oesterreicher, Ungarn, Polen, Dänen. Freund undFeind wird mit gleicher Liebe gepflegt.“Die Pflege der Verwundeten nach dem Gefecht bei Oeversee1864

Leipzig 31940, S. 47. – MEYER: Grafen von Rat-zeburg und Dannenberg, S. 33, 69.

64 OLRIK, RAEDER (Hg.): Saxo Grammaticus. GestaDanorum, 14, 27, S. 438. – MEYER, WILHELM: Ge-schichte der Grafen von Ratzeburg und Dan-nenberg, in: JbVMG 76 (1911), S. 1–160, hier S. 32–34.

65 BOCK, GÜNTHER: Umbrüche in Polabien wäh-rend des 11. Jahrhunderts. In: FELIX BIERMANN,THOMAS KERSTING, ANNE KLAMMT, THOMAS

WESTPHALEN (Hrsg.): Transformationen undUmbrüche des 12./13. Jahrhunderts. Beiträgeder Sektion zur slawischen Frühgeschichte der19. Jahrestagung des Mittel- und OstdeutschenVerbandes für Altertumsforschung in Görlitz,01. bis 03. März 2010, Langenweißbach 2012(BUFM 64), S. 67–82.

66 TRILLMICH (Hg.): Adam von Bremen, III, 60, S. 406–407. – FRITZ, SCHMIDT (Hg.): Lampertvon Hersfeld, 20–21, S. 216–221. – Brunonis Sa-xonicum bellum, cap. 21, S. 218–221.

67 Chronicon Rosenveldenses, in MGH SS 16,Hannover 1859, S. 99–104, hier S. 101. – NASS,KLAUS (Hrsg.): Die Reichschronik des AnnalistaSaxo, Hannover 2006 (MGH SS 37), S. 724.

68 WEDEKIND (Hrsg.): Nekrologium Monasterii S.Michaelis, S. 40. – BORK: Die Billunger, S. 168-169. – ALTHOFF: Adels- und Königsfamilien, S. 400.

69 Tabula gentis Billingorum et series abbatum S.

Michaelis Luneburgensis, in: MGH SS 13, Han-nover 1881, S. 344.

70 Hamb. UB 1, 118 = May (Bearb.): Regesten, 388.In den Editionen erscheint die Urkunde mitdem falschen Jahr 1091.

71 WURMS, HANS: Das Ratzeburger Zehntregistervon 1230, Lateinisch-deutsch, in: KAACK, HANS-GEORG / WURMS, HANS: Slawen und Deutscheim Lande Lauenburg, Ratzeburg 1983, S. 137–205, hier S. 154–155. – BIEREYE, WILHELM: Überdie Personen im Ratzeburger Zehntenlehnre-gister von 1230, in: Mecklenburg-Strelitzer Ge-schichtsblätter 9 (1933), S. 1–160, S. 84.

72 PRANGE, WOLFGANG: Das Ratzeburger Hufen-register von 1292, in: ZSHG 111 (1986), S. 56–83,hier S. 49, 51.

73 PRANGE: Hufenregister. – PRANGE, WOLFGANG:Vom siedlungsgeschichtlichen Wert der Alt-landschaftskarte im Lande Lauenburg, in: Ar-chaeologia Geographica 7 (1958), S. 20–24, hierKarte 5.

74 WURMS: Ratzeburger Zehntregister, S. 190–191.– LAMMERT, FRIEDRICH. Die älteste Geschichtedes Landes Lauenburg. Von den Anfängen biszum Siege bei Bornhöved, Ratzeburg 1933, S. 132. – PRANGE, WOLFGANG: Siedlungsge-schichte des Landes Lauenburg im Mittelalter,Neumünster 1960 (QuFGSH 41), S. 94.

75 STOOB (Hrsg.): Helmold von Bosau, cap. 6, S. 52–55; 36, S. 150–151.

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