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nano.DE-Report 2009 Status Quo der Nanotechnologie in Deutschland

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  • nano.DE-Report 2009Status Quo der Nanotechnologie in Deutschland

  • Impressum

    Herausgeber

    Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

    Referat „Nanomaterialien; Neue Werkstoffe“

    53170 Bonn

    Bestellungen

    Schriftlich an den Herausgeber

    Postfach 30 02 35 53182 Bonn

    oder per Tel. : 01805 – 262 302

    Fax: 01805 – 262 303

    (0,14 Euro/Min. aus dem deutschen Festnetz)

    E-Mail: [email protected]

    Internet: http://www.bmbf.de

    Redaktion und Durchführung

    Dr. Wolfgang Luther

    Dr. Gerd Bachmann

    Abt. Zukünftige Technologien Consulting

    VDI Technologiezentrum GmbH, Düsseldorf

    Gestaltung

    Medienpartner Mäurer GmbH, Hückelhoven

    Titelfoto

    medicalpicture/FrerkSPM

    Druck

    WAZ Druck, Duisburg

    Bonn, Berlin 2009

  • nano.DE-Report 2009Status Quo der Nanotechnologie in Deutschland

  • Grußwort

    Grußwort

    Forschung und Innovation sind gerade in konjunkturell schwierigen Zeiten die beste Strategie, um wirtschaftliche Wachstumskräfte zu stärken und langfristig gesellschaftlichen Wohlstand zu sichern. Denn neue Ideen und Kreativität in Wissenschaft und Wirtschaft sind die Schlüssel zu neuen Produkten und sichern Deutschlands internationale Wett-bewerbsfähigkeit. Es gilt deshalb, vor allem Zukunfts-technologien voranzutreiben, die als Wachstumstreiber in vielen Branchen den Weg zu den Innovationen von morgen bereiten können. Damit erschließen wir Leitmärkte und schaffen Arbeitsplätze.

    Die Nanotechnologie ist eine dieser Schlüsseltechnologien. Mit der „NanoInitiative – Aktionsplan 2010“ hat die Bundes-regierung einen ressortübergreifenden Aktionsrahmen für die Nanotechnologien geschaffen. Denn nanotechnologische Anwendungen sind Impulsgeber für zukunftsweisende Inno-vationen – von der Optik über die Textilindustrie bis hin zur Baubranche. Nanotechnologien erarbeiten die Grundlagen für immer kleinere Datenspeicher mit immer größerer Speicher-kapazität, für hochwirksame Filter zur Abwasseraufbereitung, für photovoltaische Fenster, für Werkstoffe, aus denen sich in der Automobilindustrie ultraleichte Motoren und Karosserie-teile fertigen lassen, oder für neue Diagnostik- und Therapie-verfahren, die zielgenauer auf den Patienten abgestimmt und damit auch schonender sind und die langfristig zu einer kostengünstigeren Medizin führen werden.

    Mit dem „nano.DE-Report 2009 – Status Quo der Nanotechno-logie in Deutschland“ legt das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Standortbestimmung für nanotechnolo-gische Anwendungen und deren Potenziale in Deutschland vor. Der Report gibt einen Einblick in die Erfolgsgeschichte dieser noch jungen Technologie und zeigt, wie nanotechnolo-gische Anwendungen zu Innovationen beitragen, mit denen deutsche Unternehmen weltweit neue Märkte und Geschäfts-felder erschließen können.

    Prof. Dr. Annette Schavan, MdB Bundesministerin für Bildung und Forschung

  • INHalT 1

    Inhalt

    Zusammenfassung 3

    1 Einleitung 4

    1.1 Eingrenzung des Technologiefeldes 4

    1.2 Wirtschaftliche Bedeutung der Nanotechnologie 5

    1.3 Nano-Initiative der Bundesregierung 5

    1.4 Ziele des nano.DE-Reportes 6

    1.5 Methodischer ansatz 6

    2 Markt- und anwendungspotenziale der Nanotechnologie 7

    2.1 Chemie 12

    2.2 automobil 18

    2.3 Elektronik 22

    2.4 Medizin/Pharma 25

    2.5 Optik 29

    2.6 Energie- und Umwelttechnik 33

    2.7 Maschinenbau 40

    2.8 Bau 42

    2.9 Textil 46

    2.10 Sicherheitstechnik 52

    3 Nanotechnologie in Deutschland 56

    3.1 Charakterisierung deutscher Nanounternehmen 57

    3.2 Produkt- und leistungsspektrum deutscher Nanounternehmen 61

    3.3 Forschungslandschaft 65

    4 Rahmenbedingungen 68

    4.1 Finanzierung und VC-Situation in Deutschland 69

    4.2 Qualifikationsbedarf und Fachkräfte 70

    4.3 Risikoforschung 73

    4.4 Risikokommunikation und -management 75

    4.5 Nanotechnologieförderung in Deutschland 78

    4.6 Deutsche Beteiligung an der EU-Forschungsförderung 80

    4.7 Internationale Zusammenarbeit und Standardisierung 81

    anhang:

    literatur 82

    Weiterführende Informationen 86

    Glossar 87

  • ZUSaMMENFaSSUNG 3

    Zusammenfassung

    • Die vorliegenden Prognosen berücksichtigen noch nicht

    in vollem Maße die auswirkungen der weltweiten

    Wirtschaftskrise. Dennoch zeigen die analysen, dass der

    Nanotechnologie-Sektor sich auch weiterhin dynamisch

    entwickelt. aktuelle Marktprognosen für nanooptimier-

    te Produkte gehen von einer volkswirtschaftlichen

    Hebelwirkung der Nanotechnologie auf ein Weltmarkt-

    volumen von bis zu 3 Billionen $ bis zum Jahr 2015 aus.

    Dies entspricht ca. 15 % der globalen Güterproduktion.

    Nanotechnologisches Know-how wird mittelfristig einen

    immensen Einfluss auf die Wertschöpfung z.B. in den Be-

    reichen Gesundheit, Informations- und Kommunikations-

    technik sowie der Energie- und Umwelttechnik ausüben.

    • auf der Wertschöpfungsstufe von Nanomaterialien und

    Geräten zur Herstellung oder analyse von Nanostruk-

    turen werden Weltmarktvolumina von ca. 50 Mrd. $ bis

    zum Jahr 2010 prognostiziert. In der Nanoanalytik wird

    ein anstieg von 2,5 Mrd. $ in 2008 auf 3 Mrd. $ in 2010

    vorhergesagt. Im gleichen Zeitraum wird im Bereich

    Nanotools ein Weltmarktwachstum von 35 Mrd. $ auf

    43 Mrd. $ und bei Nanomaterialien von 1,3 Mrd. $ auf

    2,1 Mrd. $ angenommen. Diese abschätzungen liefern

    zwar ein realistisches aber auch ein unvollständiges Bild

    der Marktpotenziale der Nanotechnologie, da jeweils

    nur ein Teilausschnitt der Fülle der unterschiedlichen

    Verfahren und Materialklassen betrachtet wird. Für de-

    tailliertere abschätzungen ist eine aufschlüsselung auf

    einzelne Materialklassen und Verfahren erforderlich, die

    im vorliegenden Report beispielhaft dargestellt werden.

    • Rund 750 Unternehmen in Deutschland befassen sich in

    unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette mit

    der Entwicklung und Vermarktung nanotechnologischer

    Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. Bei rund

    80 % der deutschen Nanotechnologieunternehmen han-

    delt es sich um KMU.

    • Ca. 370 Unternehmen in Deutschland sind als Nano tech-

    nologie-Kernunternehmen zu bezeichnen, bei denen die

    Nanotechnologie einen wesentlichen Teil (mehr als 30 %)

    der Geschäftsaktivitäten ausmacht. Für den restlichen

    anteil der Unternehmen – in erster linie Großunterneh-

    men und mittelständische Unternehmen aus klassischen

    Industriebranchen – stellt die Nanotechnologie eher

    eine ergänzende Neben aktivität dar bzw. repräsentiert

    nur einen relativ geringen Teil an der Wertschöpfung.

    • Sowohl von der thematischen ausrichtung als auch

    von der Positionierung innerhalb der Wertschöpfungs-

    kette her gesehen, ist die deutsche Nanotechnologie-

    Unternehmens landschaft sehr breit aufgestellt und

    umfasst Hersteller im Bereich Nanomaterialien, Nano-

    tools, Nanoanalytik und Zubehör für den Betrieb von

    Nanotools (z.B. Vakuum- und Reinraumtechnik, Plasma-

    quellen etc.), Hersteller und anwender nanooptimierter

    Komponenten und Systeme sowie anbieter von Dienst-

    leistungen im Bereich Beratung, lohnbeschichtung,

    Technologietransfer, auftragsanalytik und -forschung.

    • Bei der Nanotechnologie handelt es sich um ein relativ

    junges Technologiefeld. Ca. 70 % der Nanotechnologie-

    unternehmen sind nach 1985 gegründet worden. Bei ca.

    einem Viertel der Unternehmen spielten bei der Grün-

    dung Fördergelder des BMBF, BMWi sowie der landes-

    und EU-Ebene eine wichtige Rolle. als weitere wichtige

    Faktoren bei der Gründung sind der Know-how Transfer

    aus Forschungsinstitutionen sowie die Finanzierung

    durch Risikokapital zu nennen.

    • Die Gesamtzahl der derzeit im Bereich der Nanotechno-

    logie Beschäftigten in Deutschland wird auf rund

    63.000 geschätzt. Der in Deutschland generierte Um-

    satz in der Nanotechnologie betrug ca. 33 Mrd. Euro im

    Jahr 2007. Der weltweite Nanotechnologie-F&E-aufwand

    der in Deutschland aktiven Nanotechnologieunterneh-

    men im Jahr 2007 lag bei ca. 4,7 Mrd. Euro. Der mit 97 %

    dominierende anteil an den Gesamtforschungsaufwen-

    dungen fällt hierbei auf Großunternehmen mit einem

    Forschungsaufwand von über 1 Mio. Euro. Der F&E auf-

    wand repräsentiert die weltweiten Inves titionen und

    umfasst z.T. auch ausländische Konzerne mit aktivitäten

    in Deutschland.

    • Die Nanotechnologieunternehmen weisen eine relativ

    hohe Exportorientierung auf. Nur für ein Fünftel der

    Unternehmen ist Deutschland der dominierende absatz-

    markt mit einem anteil von > 75 %. Bei ca. der Hälfte der

    Unternehmen macht der deutsche Binnenmarkt weni-

    ger als ein Viertel des absatzes aus. Den nach Deutsch-

    land nächst wichtigsten absatzmarkt stellt Europa dar,

    gefolgt von Nordamerika und asien mit ungefähr gleich

    großen anteilen. Sonstige Regionen spielen in Bezug auf

    absatzmärkte eher eine untergeordnete Rolle.

    • Die große Mehrheit der Nanotechnologieunternehmen

    rechnet bis zum Jahr 2010 mit steigenden Umsatz- und

    Mitarbeiterzahlen sowie Forschungsinvestitionen. Mehr

    als die Hälfte der Unternehmen erwarten Umsatzsteige-

    rungen von über 10 % gegenüber dem Jahr 2007. auch

    wenn zum Zeitpunkt der Befragung das ausmaß der

    weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht

    absehbar war, zeichnet sich hier doch ein deutlich posi-

    tiver Branchentrend für die nächs ten Jahre ab.

  • 4 EINlEITUNG

    1 Einleitung

    Die Nanotechnologie hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten von einem nur in Expertenkreisen bekannten Wissenschafts-feld zu einem viel beachteten internationalen Forschungs- und Technologietrend entwickelt. In den Forschungsagenden der führenden Industrienationen wird der Nanotechnologie eine Schlüsselrolle als eines der aussichtsreichsten Technolo gie-felder mit Innovationspotenzialen in fast allen industriellen Anwendungsfeldern beigemessen. Die dynamische Entwick-lung der Nanotechnologie äußert sich dabei nicht nur in einem starken Anstieg der öffentlichen Fördermittel, der Anzahl der Patente und Publikationen in den letzten Jahren, sondern auch an der zunehmenden Verbreitung nanotechno-logischer Produkte auf den Weltmärkten.

    Trotz der Fülle einschlägiger Publikationen zu Innovations- und Anwendungspotenzialen der Nanotechnologie mangelt es allerdings oftmals an einer quantifizierbaren Bewertung der wirtschaftlichen Bedeutung der Nanotechologie sowie einer transparenten Darstellung des tatsächlichen Standes der wirtschaftlichen Umsetzung. Dies liegt zum einen daran, dass die Nanotechnologie als sogenannte „enabling technology“ sehr früh in der Wertschöpfungskette einsetzt, wie z.B. bei der Herstellung nanooptimierter Werkstoffe oder nanoskaliger Beschichtungen, daher nur einen kleinen Ausschnitt aus der Wertschöpfungskette repräsentiert und im Endprodukt für den Verbraucher oftmals nicht wahrnehmbar ist. Ein weiterer Grund für die eher diffuse Wahrnehmung der Nanotechno-logie im Außenfeld ist die Fülle unterschiedlicher Verfahren und Anwendungsfelder, die eine definitorische Eingrenzung der Nanotechnologie schwierig machen. Das Spektrum der Nanotechnologie-Anwendungen reicht dabei von Hightech-bereichen wie der Elektronik, Optik, den Life Sciences und Neuer Werkstoffe bis hin zu eher klassischen Branchen wie dem Maschinenbau, dem Textil- und Bauwesen oder auch All-tagsprodukten wie Kosmetika, Sportgeräten oder Haushalts-mitteln. Um eine international abgestimmte Sichtweise und Abgrenzbarkeit der Nanotechnologie zu erreichen, werden derzeit von internationalen Standardisierungsgremien wie dem ISO und dem IEC die Grundlagen für eine vereinheitlichte Nomenklatur und Normierung von nanoskaligen Objekten und Verfahren entwickelt. Allerdings wird dieser Prozess noch einige Jahre in Anspruch nehmen und es ist fraglich, ob sich alle Facetten der Nanotechnologie in einem einheitlichen Definitionsrahmen fassen und von angrenzenden Bereichen wie der Mikrotechnologie oder der Chemie und Werkstoff-technik eindeutig abgrenzen lassen werden.

    1.1 Eingrenzung des Technologiefeldes

    Als pragmatischen Definitionsansatz werden im Rahmen des vorliegenden Reportes als Nanotechnologie sämtliche Verfahren und Prozesse bezeichnet, die sich mit der kontrol-

    lierten Herstellung, Untersuchung und Anwendung von Strukturen und Materialien in einer Größenordnung zwischen 1 und 100 Nanometern befassen. In diesem Größenbereich sind z.T. drastische Eigenschaftsänderungen von Werkstoffen und Komponenten zu verzeichnen, die bei der Nanotechnologie für eine gezielte Funktionsoptimierung technologischer Kom-ponenten eingesetzt werden. Die eigentliche Faszination und technologische Bedeutung der Nanotechnologie resultiert dabei aus der Tatsache, dass beim Übergang zu nanoskaligen Strukturen drastische Änderungen hinsichtlich der physikali-schen, chemischen und biologischen Materialeigenschaften zu verzeichnen sind. Physikalische Materialeigenschaften eines Festkörpers wie elektrische Leitfähigkeit, Magnetismus, Fluoreszenz, Härte oder Festigkeit ändern sich fundamental mit der Anzahl und der Anordnung der wechselwirkenden Materiebausteine. Energiezustände in Nanoclustern sind quantisiert und gehorchen nicht mehr den Gesetzmäßigkeiten der klassischen Festkörperphysik. Im Nanokosmos werden traditionelle wissenschaftliche Lehrmeinungen oftmals auf den Kopf gestellt und neuartige Phänomene und Effekte werden wirksam. So lässt sich Silizium, das als indirekter Halbleiter nur eine sehr schwache Photolumineszenz zeigt, durch Nanostrukturierung in verschiedenen Farben zum Leuchten anregen. Ein weiteres, sehr bekanntes Beispiel ist der Riesenmagneto widerstandseffekt, dessen Entdeckung im Jahr 1989 durch den deutschen Physiker Grünberg im Jahr 2007 mit dem Nobelpreispreis für Physik ausgezeichnet worden ist. Der Effekt beschreibt eine drastische Änderung des elektrischen Widerstandes in bestimmten nanoskaligen magnetischen Schichtstapeln beim Anlegen äußerer magnetischer Felder und bildet die Basis für hochleistungsfähige Leseköpfe in miniaturisierten magnetischen Festplattenspeicherlaufwer-ken. Auch in Bezug auf die chemischen Materialeigenschaften hat die Nanostrukturierung einen wesentlichen Einfluss. Beim Übergang zu nanoskaligen Strukturen steigt das Verhältnis reaktiver Oberflächenatome zu reaktionsträgen Teilchen im Inneren eines Feststoffes drastisch an. So können bestimmte nanoporöse Substanzen spezifische Oberflächen von mehr als Tausend Quadratmetern pro Gramm aufweisen. Dadurch ha-ben nanostrukturierte Materialien ein enormes Anwendungs-potenzial in Bereichen der Katalyse, der Elektrochemie oder auch Stofftrennung. In der Biologie spielen nanostrukturierte Objekte ebenfalls eine entscheidende Rolle, da nahezu alle biologischen Prozesse von nanoskaligen Strukturbausteinen wie Nukleinsäuren, Proteinen und anderen Zellbestandteilen gesteuert werden. Die Nanotechnologie ermöglicht dabei zum einen die Aufklärung von Lebensprozessen durch nano-analytische Verfahren wie z.B. der hochauflösenden optischen Mikroskopie und zum anderen neuartige Ansätze in der me-dizinischen Therapie (z.B. im Bereich intelligenter Systeme für den gezielten Wirkstofftransport), der regenerativen Medizin (verbesserte Implantate oder Haut-/Knochenersatz) und der

  • EINlEITUNG 5

    Diagnostik (optimierte in-vitro-Schnelltests, Kontrastmittel etc.). Ebenfalls ein zukunftsträchtiges Forschungsfeld der Na-notechologie ist die technische Nutzung von Verfahren der Selbstorganisation, bei denen einzelne Moleküle auf Basis che-mischer Wechselwirkungen und molekularer Erkennungsme-chanismen zu größeren Einheiten zusammengesetzt werden. Durch die Nanotechnolgie ergeben sich somit neuartige Mög-lichkeiten für ein intelligentes Materialdesign, um gewünsch-te Material eigenschaften kombinieren und für den jeweiligen techni schen Anwendungszweck gezielt anpassen zu können.

    1.2 Wirtschaftliche Bedeutung der

    Nanotechnologie

    In vielen Wirtschaftszweigen liefert nanotechnologisches Know-how bereits heute entscheidende Beiträge zur wirt-schaftlichen Wettbewerbsfähigkeit – dies insbesondere in den Massenmärkten der Elektronik, der Chemie und der Optischen Industrie. Mittel- bis langfristig werden die Nanotechnologien auch in den Bereichen Automobilbau, den Life Sciences und klassischen Industriezweigen, wie der Bau- und Textilindus-trie, einen erheblichen kommerziellen Einfluss entfalten. Die wirtschaftliche Hebelwirkung der Nanotechnologie ist dabei enorm. Prognosen gehen von einem Weltmarktvolumen nano-optimierter Produkte von bis zu 3 Billionen $ im Jahr 2015 aus (Lux Research 2008 [1]).

    Die kommerzielle Umsetzung und Nutzung nanotechno-logischer Effekte und Prinzipien für innovative und wettbe-werbsfähige Produkte stellen im Hinblick auf eine langfristige Sicherung des Technologie- und Wirtschaftsstandortes in Deutschland eine wichtige Aufgabe dar. Deutschland wird im Bereich der Nanotechnologie im internationalen Vergleich eine führende Position bescheinigt und liegt bezogen auf In-dikatoren wie Patentanmeldungen und F&E-Ausgaben hinter den USA und Japan an dritter Position weltweit. Allerdings verschärft sich die internationale Konkurrenz insbeson dere durch asiatische Nationen wie Südkorea, China oder Taiwan, die erhebliche Ressourcen sowohl von öffentlicher Hand als auch von Seiten der Privatwirtschaft im Nanotecholo-giebereich investieren. Im Bereich der nanowissenschaft-lichen Publikationen ist Deutschland in den letzten Jahren bereits von der 3. Position durch China auf Platz 4 verdrängt worden. Deutschland verfügt über eine stark ausgeprägte Nanotechnologieszene mit derzeit mehr als 1200 Akteuren, zu denen Großunternehmen, KMU, institutionelle und universi-täre Forschungseinrichtungen, Netzwerke und Kompetenz-zentren sowie Finanz- und Beratungsdienstleister gehören. Die hohe Qualität der Grundlagenforschung sowie die gut aus-gebaute F&E-Infrastruktur in Deutschland bieten jedoch nach wie vor eine gute Ausgangsposition für eine wirtschaftliche Umsetzung. Oftmals findet die Vermarktung nanotechnolo-gischer Erkenntnisse jedoch im Ausland schneller statt als in Deutschland. Die kommerzielle Verwertung des GMR-Effektes im Milliardenmarkt der Festplatten-Datenspeicher durch IBM ist eines der bekanntesten Beispiele hierfür. Insbesondere in

    den USA und Südostasien werden nanotechnologische Pro-dukte und Branchenansätze oftmals früher entwickelt als in Deutschland. Die Kommerzialisierung der Nanotechnologie weist in Deutschland demgegenüber noch einige Defizite auf. Auch wenn in einigen Teilbereichen der Nanotechnologie deutsche Firmen zu den Weltmarktführen gehören, wie etwa im Bereich der Nanomaterialien, der Nanoanalytik oder der Na-nooptik, bestehen insbesondere für KMU noch erhebliche An-wendungsbarrieren u. a. aufgrund von Informationsdefiziten bezüglich nanotechnologischer Innovationspotenziale oder mangelnder finanzieller Ressourcen, um investitionsintensive Nanotechnologieentwicklungen auf den Markt zu bringen.

    1.3 Nano-Initiative der Bundesregierung

    Um die Rahmenbedingungen für eine effizientere wirt-schaftliche Umsetzung der Nanotechnologie in Deutschland zu verbessern, hat die Bundesregierung im Jahr 2006 die „Nano-Initiative – Aktionsplan 2010“ ins Leben gerufen. Als eine Maßnahme im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung soll damit eine stärkere Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft, Bildung und Öffentlichkeit erzielt werden und neue Anreize zur Bündelung der Kräfte gesetzt werden. Zum ersten Mal wird über alle Ressorts hinweg eine nationale Strategie entwickelt, um erreichte Positionen zu festigen, auszubauen und Deutschland an die Weltspitze der wichtigsten Zukunftsmärkte zu führen. Zentrale Elemente der Strategie zielen auf den Brückenschlag zwischen Wissen-schaft und Wirtschaft auch international, die Unterstützung des innovativen Mittelstandes, die schnellere Verbreitung neuer Technologien und die Investition in die Köpfe junger Menschen. Erste Erfolge bei der Umsetzung der Nanoinitiative konnten bereits erzielt werden, z.B. im Hinblick auf eine inter-ministerielle Koordination und Verzahnung von Maßnahmen und Aktivitäten der Bundesregierung zu ressortübergreifen-den Fragestellun gen im Bereich der Nanotechnologie u.a. in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz sowie Sicherheits-aspekten von Nanomaterialien. Durch Innovationsallianzen des BMBF werden gemeinsam mit der deutschen Industrie wichtige industrielle Zukunftsfelder erschlossen wie in den Bereichen polymere Solarzellen und Leuchtdioden, Lithium-ionenbatterien für elektrische automobile Antriebe oder der molekularen Bildgebung für die medizinische Diagnostik. Das bewährte BMBF-Förderinstrument der Leitinnovationen zur Nutzbar machung von Nano-Innovationen in für Deutschland volkswirtschaftlich relevanten Bereichen wurde im Rahmen der Hightech-Strategie auf weitere, mittelständisch geprägte Branchen wie den Textil- und Bausektor ausgeweitet. Insbe-sondere KMU erhalten dadurch die Gelegenheit neue Wert-schöpfungsketten aufzubauen und mit innovativen Produkten neue Märkte zu erschließen. Mit dem Förderprogramm „Nano geht in die Produktion“ wird ein entscheidender Beitrag ge-leistet, um Anwendungspotentiale der Nanotechnologien für neue, technologietaugliche Verfahren und Ausrüstungen zu erschließen, mit denen neuartige, leistungsfähigere Produkte prozesssicher und wirtschaftlich in Deutschland hergestellt

  • 6 EINlEITUNG

    werden können. Durch die Initiierung von Forschungspro-jekten zur Untersuchung möglicher Risiken durch Nanopar-tikel im Projektcluster NanoCare erfolgte ein wesentlicher Schritt im Hinblick auf eine verantwortungsvolle Nutzung der Nanotechnologie. Darüber hinaus wird die Erforschung möglicher Risiken als integraler Bestandteil in die fachlichen Förderprogrammen des BMBF integriert. Die Information der Öffentlichkeit u.a. im Rahmen der Informationskampagne nanoTruck sowie ein gesellschaftlicher Dialog zu Chancen und Risiken der Nanotechnologie ist intensiviert worden und bezieht sämtliche relevanten gesellschaftlichen Interessens-vertreter ein. Insgesamt ist mit der Nano-Initiative Aktionsplan 2010 damit ein umfangreiches Maßnahmenbündel initiiert worden, um die Weichen für eine zielgerichtete Verwertung und Stärkung der Nanotechologie in Deutschland zu stellen.

    1.4 Ziele des nano.DE-Reportes

    Bislang existieren kaum belastbare Indikatoren und Mess größen zur Einschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung der Nano-technologie für den Standort Deutschland. Ca. 750 Unterneh-men, davon ungefähr 600 KMU befassen sich in Deutschland in unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette mit der Entwicklung und Vermarktung nanotechnologischer Produkte und Verfahren und bilden damit die Basis für die kommerzielle Umsetzung der Nanotechnologie in Deutschland.

    Ein wesentliches Ziel des vorliegenden Reportes ist es, einen fundierten Überblick über die deutschen Nanotechnologieun-ternehmen zu geben, so in Bezug auf Umsatz- und Mitarbeiter-zahlen, den Anteil der Nanotechnologie an den Geschäftsakti-vitäten sowie deren Produktportfolios zu erhöhen. Weiterhin zeigt der Report Beispiele zur Darstellung von Wertschöpfungs-ketten für die jeweiligen Anwendungsbereiche der Nanotech-nologie, eine Abschätzung von Marktpoten zialen in relevanten nanotechnologisch beeinflussten Marktsegmenten sowie eine Analyse der sozioökonomischen Rahmenbedingungen für die Kommerzialisierung der Nanotechnologie in Deutschland.

    1.5 Methodischer ansatz

    Aus allgemeinen statistischen Wirtschaftsdaten (z.B. Umsatz- und Mitarbeiterzahlen) lassen sich kaum Rückschlüsse auf das tatsächliche Ausmaß der wirtschaftlichen Bedeutung und der kommerziellen Umsetzung der Nanotechnologie schlie-ßen, da die Geschäftsaktivitäten vieler Firmen nur zu einem bestimmten Anteil der Nanotechnologie zuzurechnen sind. Während bei den Nanotechnologie-Kernunternehmen, zu denen insbesondere kleinere Unternehmen und Start-ups zäh-len, der Nanotechnologieanteil mit bis zu 100 % angenommen werden kann, gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, für die die Nanotechnologie eher eine Randaktivität darstellt. Nichts-destotrotz repräsentieren letztere Unternehmen auch einen wesentlichen Anteil der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und sind im Hinblick auf die Ermittlung aussagekräftiger Indi-katoren zur wirtschaftlichen Bedeutung der Nanotechnologie mit zu berücksichtigen. Als methodischer Ansatz wurde daher

    eine direkte Datenerhebung bei den deutschen Nanotechno-logieunternehmen durch eine schriftliche Befragung gewählt, um eine unmittelbare Selbsteinschätzung der Unternehmen im Hinblick auf das Ausmaß und die Ausrichtung ihrer Nano-technologieaktivitäten zu erhalten. Für den Report wurde ein Datenbestand von 860 deutschen Unternehmen berücksich-tigt, der zum überwiegenden Teil auf dem vom BMBF ein-gerichteten Internet-Kompetenzatlas Nanotechnologie (www.nano-map.de) basiert. Um ein möglichst vollstän-diges Bild der Nanotechnologie-Unternehmenslandschaft zu erhalten, wurden weitere Unternehmen in die Befragung einbezogen, die sich gemäß einer Auswertung des BMBF-Förderkataloges in den letzten Jahren an BMBF-Verbundpro-jekten im Bereich der Nanotechnologie beteiligt haben. Bei letzteren handelt es sich nicht zwangsläufig um Nanotech-nologieunternehmen, sondern z.T. um weiterverarbeitende Komponenten- und Systemhersteller, die zur Abdeckung der Wertschöpfungskette im Verbundprojekt einbezogen wurden, deren Tätigkeitsschwerpunkte aber nicht der Nanotechnolo-gie zuzurechnen sind. Die Unternehmensbefragung wurde im Zeitraum von Mai bis Juni 2008 durchgeführt.Bei der Befragung wurde ein Rücklauf von 290 Fragebögen er-zielt (Rücklaufquote von 33,7 %). Von den erhaltenen Rückläufen gaben 53 Unternehmen an, nicht im Nanotechnologiebereich aktiv zu sein, so dass insgesamt 237 verwertbare Fragebögen vorlagen. Bezogen auf den derzeit angenommenen Gesamtbe-stand an Nanotechnologie-Unternehmen (740 gemäß Daten-bestand www.nano-map.de vom November 2008) beträgt die Rücklaufquote verwertbarer Fragebögen somit 32 %.

    Um die Datenbasis auszuweiten, wurden zusätzlich zur schriftlichen Befragung Informationen aus der Wirtschafts-datenbank Creditreform hinzugezogen, die Firmenprofile zu 1,3 Mio. handelsregisterlich eingetragenen deutschen Unter-nehmen mit Angaben u.a. zu Umsatz- und Mitarbeiterzahlen sowie der Branchenzugehörigkeit gemäß der Wirtschaftsklas-sifikation WZ93 enthält. Hieraus konnten 626 verwertbare Fir-menprofile deutscher Nanotechnologieunternehmen gewon-nen werden. Weiterhin wurde eine statistische Auswertung des Datenbestandes des Kompetenzatlas www.nano-map.de in Bezug auf spezifische Anwendungs- und Technologieschwer-punkte der erfassten rund 750 Nanotechnologieunternehmen vorgenommen. Ergänzt wurden die Informationen durch sys-tematische Internetrecherchen zum Produkt- und Leistungs-spektrum der Unternehmen. Für die Analyse der Rahmenbedingungen für die Kommer-zialisierung der Nanotechnologie wurden Stellungnahmen ausgewiesener Experten in Deutschland eingeholt. Diese beleuchten die relevanten Aspekte wie die Standardisierung und Normung, den Qualifikationsbedarf, die Situation des Ka-pitalmarktes im Hinblick auf VC-Investitionen im Nanotechno-logiebereich sowie auch Fragestellungen der Risikoforschung, des Risikomanagements und der Risikokommunikation im Zusammenhang mit möglichen öko-toxikologischen Eigen-schaften von Nanomaterialien.

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 7

    2 Markt- und Anwendungspotenziale der Nanotechnologie

    Die Nanotechnologie weist als breite Querschnittstechnologie Innovationspotenziale in fast allen Industriesektoren auf. Das Spektrum des Entwicklungsstandes nanotechnologischer An-wendungen umfasst bereits lange etablierte Nanoprodukte, Entwicklungen in der aktuellen Marktumsetzung bzw. in der Prototypphase sowie langfristige bis visionäre Forschungs-

    ansätze, deren kommerzielle Umsetzung nicht innerhalb der nächsten 10 Jahre zu erwarten ist. In der nachfolgenden Abbil-dung sind Beispiele nanotechnologischer Anwendungen für unterschiedliche Entwicklungsstufen im jeweiligen industriel-len Anwendungsfeld dargestellt.

    Chemische/Biologische (C/B) Schutzsysteme auf Basis sich bei Superabsorbierende Gele zur Selbstheilende Schutzmaterialien

    Ziv

    ile S

    ich

    er-

    ste

    chn

    ik Dekontaminationssysteme auf Druckeinwirkung versteifender Neutralisation radioaktiver Früherkennungssysteme auf Basis Nanopartikelbasis Nanofluide Rückstände vernetzter Nanosensoren/NEMS

    Sicherheitsmerkmale auf Basis von Lab-on-Chip-Systeme zur C/B-Filtersysteme auf Basis Biomonitoring-Systeme mit

    he

    it Nanopartikeln und -pigmenten C/B Diagnostik nanokatalytischer bzw. nano- integrierter molekularer Diagnostik Elektronische Nasen zur Detektion strukturierter Materialien und Medikation

    von C/B-Stoffen Nanoröhren verstärkte Schutzsysteme

    Schmutzabweisende Anstriche und Antibakterielle Farben (Nanosilber) Nanoporöse Isolierschäume Ultraleichtbaustoffe auf CNT-Basis

    Ba

    ute

    chn

    ik Farben Multifunktionale keramische Tapeten Großflächige, flexible Solarzellen als Multifunktionale adaptive IR-reflektierende Nanoschichten für Brandgeschützte Gläser und Baustoffe Fassadenelemente Fassadenelemente (Energiege--

    Wärmeschutzverglasungen Aerogelfassaden, Vakuum - OLED-Beleuchtung winnung, Verschattung, Beleuchtung

    Photokatalytische Beschichtungen Isolationspanele Ultrahochfester Beton Baustoffe mit Selbstreparatur-für Dachziegel, Markisen, PVC-Profile Schaltbare Gläser (elektro-/photochrom) Nanooptimierte Asphaltmischungen mechanismus Nanobasierte Versiegelungsschichten

    Um

    we

    lt/ E

    ne

    rgie Nanostrukturierte Katalysatoren Nanooptimierte Mikrobrennstoff-- Großflächige Polymersolarzellen Künstliche Photosynthese

    Nanoschichten für Korrosions- und zellen/ Batterien Nanosensorik zum Umwelt- Hocheffiziente Quantenpunkt-

    Verschleißschutz Photokatalytische Luft- und monitoring Solarzellen

    Nanomembranen zur Abwasser-- Abwasserreinigung mit nano-TiO2

    Thermoelektrische Abwärmenutzung Ressourcenschonende Produktion

    reinigung Hitzeschutz für effiziente Turbinen Effiziente Wasserstofferzeugung durch Selbstorganisation

    Antireflexschichten für Solarzellen Grundwassersanierung mit durch Nanokatalysatoren Effiziente Stromleitung mit

    Eisennanopartikeln Selektive Schadstoffabtrennung CNT-Kabeln

    Schmutzabweisende Textilien durch UV geschützte Textilien durch Aktive Wärmeregulierung durch Textilintegrierte Sensorik/ Aktorik für

    Nanopartikel nano-TiO2 Phasen-Wechsel-Materialien aktive Bewegungsunterstützung,

    Antibakterielle Textilien durch Thermoschutzbekleidung mit Elektrisch leitfähige Textilfasern für Kontrolle von Körperfunktionen, etc.

    ext

    il

    Nanosilber Aerogelen Smart Textiles, Elektrostatik, etc. Textilintegrierte digitale Assistenz-

    T Duftimprägnierte Textilien auf Basis Abriebbeständige Fasern durch Textilintegrierte OLED systeme (Human Interfaces)von Nanocontainern keramische Nanopartikel Textilintegrierte Stromerzeugung

    (z. B. Cyclodextrine) Nanooptimierte Technische Textilien (z.B. Thermoelektrik, Solar)

    Au

    tom

    ob

    ilba

    u

    Nanostrukturierte Abgaskatalysatoren- Nanopartikel als Dieseladditive Dünnfilmsolarzellen für Schaltbare, selbstheilende Lacke

    Nanobeschichtete Dieselinjektoren LED-Frontscheinwerfer Autodächer Adaptive Außenhaut für optimalen

    Antireflexschichten für Displays Nanohartschichten für Nanooptimierte Brennstoffzellen LuftwiderstandThermoelektrische AbwärmenutzungNanostrukturierte Additive für Reifen Polymerscheiben Intelligente Fahrassisstenz und Ferrofluide für adaptive Magnetoresistive Sensoren Nanostrukturierte VerkehrserkennungStoßdämpferKratzfester Klarlack, Effektlacke Leichtbaukomposite Vernetzte Automobile Nanoklebstoffe in der ProduktionNanooptimierte Li-Ionenbatterien

    Nanopulver/-Dispersionen (TiO2, SiO

    2, ...) Fullerene, Carbon Nanotubes (CNT) Nanoporöse Schaumstoffe Selbstheilende Werkstoffe

    Nanostrukturierte Industrieruße Nano-Polymerkomposite, Schaltbare Klebstoffe Selbstorganisierte komplexe

    Ch

    em

    ie Nanostrukturierte Wirkstoffe und Organische Halbleiter Funktionalisierte Nanomembranen Materialien/ VerbundstoffeVitamine Halbleiterquantenpunkte Künstliche Spinnenseide Molekulare Maschinen

    Polymerdispersionen Anorganisch/ Organische Elektrogesponnene Nanofasern Adaptive Multifunktionswerkstoffe

    Effektpigmente Hybridkomposite

    Ferrofluide Dendrimere

    Nanoschichten für kratzfeste Optische Mikroskope mit EUV Lithographie-Optiken All Optical ComputingKunststoffbrillengläser, Nanoauflösung Quantenpunktlaser Optische Metamaterialien für

    Op

    tik Ultrapräzisionsoptiken für Teleskope, Organische Leuchtdioden (OLED) Quantenkryptografie „Tarnkappenanwendungen“

    etc. CNT-Feldemissionsdisplays 3D photonische Kristalle Datenübertragung durch Antireflektionsschichten für 2D photonische Kristalle für OberflächenplasmonenGlasentspiegelung LichtleiterLED, Diodenlaser

    Festplattenspeicher mit GMR-Lesekopf Siliziumelektronik 32 nm Strukturen MEMS-Speicher („Millipede“) Molekularelektronik

    Ele

    ktro

    nik

    Siliziumelektronik (Strukturen < 100 nm) CNT-Feldemissionsdisplays CNT-Datenspeicher Quantencomputing

    Flash-Speicher MRAM-Speicher Siliziumelektronik 22 nm Strukturen Spintronik-Logiken

    Polymerelektronik z. B. für Phase-Change-Speicher CNT-Interconnects in Schaltkreisen DNA-Computing

    Funketiketten

    Nanopartikel als Kontrastmittel in Nano-Krebstherapie (Hyperthermie) Biokompatible, optimierte Künstliche Organe durch

    der Diagnostik Nanostrukturiertes Hydroxylapatit Implantate Tissue-Engineering

    Me

    dM

    ed

    izin Nanoskalige Drug-Carrier als Knochenersatzmaterialien Nanosonden und -marker für Theranostics

    Quantenpunktmarker für die Neurogekoppelte Elektronik für Biochips zur in-Vitro-Diagnostik molekulare Bildgebung/ DiagnostikDiagnostik Mensch-Maschine-Schnittstellen Nanomembranen für die Dialyse Selektive Drug-Carrier

    und aktive ImplantateKontroll. Wirkstoffabgabe bei

    Implantaten

    Etablierte Nanoprodukte Markteintritt Prototyp Konzept

    Jahre bis zur Kommerzialisierung0 - 3 Jahre 4 - 10 Jahre > 10 Jahre

    Beispiele für Anwendungsspektrum und Zeitperspektiven nanotechnologischer Entwicklungen. (Quelle: VDI TZ)

  • 8 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    Übersicht zu nanotechnologisch beeinflussten

    Marktpotenzialen

    Die wirtschaftliche Bedeutung der Nanotechnologie anhand des Volumens eines „Nanotechnologieweltmarktes“ abzu-schätzen, ist aufgrund des Querschnittscharakters und der unscharfen Eingrenzbarkeit weder sinnvoll noch praktikabel. Weder lassen sich sämtliche nanooptimierte Komponenten in der Vielzahl der Anwendungsfelder vollständig erfassen, geschweige denn mit Marktwerten quantifizieren, noch ist der Anteil der Nanotechnologie an der Wertschöpfung der jewei-ligen Komponenten und Produkte transparent ableitbar.

    Die Nanotechnologie sorgt oftmals für die Optimierung einzelner Komponenten eines Produktes z.B. durch leistungs-fähigere Materialien oder die Nutzung nanoskaliger Effekte, die für die Wettbewerbsfähigkeit des Produktes entscheidend, für den Anteil am Gesamtwert des Produktes aber eher ver-nachlässigbar sind. Ohne Anwendung nanotechnologischer Verfahren und Komponenten wären Produkte in vielen In-dustriezweigen jedoch häufig nicht konkurrenzfähig (z.B. Festplattenspeicher, Computerchips, Ultrapräzisionsoptiken etc.). Der Einsatz nanotechnologischer Verfahren (z.B. Litho-grafieverfahren zur Herstellung von Nanostrukturen in der Elektronik) ist hier zwingend erforderlich und wird z.T. auch schon seit Jahren praktiziert und weiterentwickelt. In anderen Anwendungsfeldern bietet die Nanotechnologie einen Mehr-wert für den Kunden durch hochwertige Zusatzfunktionen und Leistungsmerkmale, die mit konventionellen Verfah-ren nicht erreicht werden können. Ein Beispiel hierfür sind nano-optimierte Komponenten in einem Automobil, wie z.B. verschleißfeste Motorbauteile, kratzfeste Lacke, effiziente Ab-gaskatalysatoren oder rollwiderstandsoptimierte Gummimi-schungen in Reifen.

    Für eine genaue Angabe des Marktpotenzials der Nano-technologie stellt sich also die Schwierigkeit, dass einzelne nanoskalige Komponenten wie Nanoschichten oder Nanofüll-stoffe kaum monetär quantifiziert werden können. Gleiches gilt für deren Einfluss auf die Alleinstellungsmerkmale der optimierten Produkte sowie den daraus resultierenden Mehr-wert für den Kunden. Bei Berücksichtigung des einfach zu be-stimmenden Marktwertes des gesamten Produktes (z.B. eines Automobils oder eines Computers) als „Nanoprodukt“ wird die wirtschaftliche Bedeutung der Nanotechnologie sicherlich überbewertet. Auf der anderen Seite würde bei einer bloßen Aufsummierung des Marktwertes einzelner Nanomaterialien und -Komponen ten die wirtschaftliche Bedeutung der Nano-technologie unterschätzt, da ihre Hebelwirkung als „enabling technology“ unberücksichtigt bliebe.

    Für eine praktikable Abschätzung des wirtschaftlichen Potenzials der Nanotechnologie bietet sich daher ein differen-zierter Ansatz an, der zum einen konkrete Marktsegmente auf der Wertschöpfungsstufe marktgängiger Nanomaterialien und Tools/Equipment zur Herstellung von Nanostrukturen

    quantifiziert und zum anderen die Hebelwirkung auf die Marktvolumina nanotechnologisch beeinflusster Komponen-ten und Anwendungen beschreibt. Ein Beispiel für die Ein-schätzung der volkswirtschaftlichen Hebelwirkung der Nano-technologie stellt die Marktprognose von Lux Research dar, die für die Wertschöpfungsstufe nanooptimierter Produkte einen Anstieg des Weltmarktvolumens von 147 Mrd. $ im Jahr 2007 auf ca. 3 Billionen $ im Jahr 2015 prognostiziert bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 46 % [1]. Den größten Einfluss soll die Nanotechnologie dabei auf den Bereich der Materialien und der Produktionstechnik aus-üben (Anstieg von 97 Mrd. in 2007 auf 1700 Mrd. in 2015), gefolgt vom Elektronikbereich (u.a. Halbleiter, Displays, Batterien) mit einem Wachstum von 35 Mrd. $ in 2007 auf 970 Mrd. $ in 2015 sowie dem Gesundheitsbereich (Pharmazie, Medizintechnik und Diagnostik) mit einem Anstieg von 15 Mrd. $ in 2007 auf 310 Mrd. $ in 2015.

    Entwicklung des Weltmarktes nanooptimierter Produkte. (Quelle: Lux Research 2008)

    Das Marktpotenzial der Nanotechnologie im Jahr 2015 entspräche ca. 5 % des Weltsozialproduktes bzw. 15 % des Indus-triegütermarktes und würde bedeuten, dass ein großer Teil der globalen Güterproduktion z.B. in den Bereichen Gesundheit, Informations- und Kommunikationstechnik sowie der Ener-gie- und Umwelttechnik auf der Anwendung nanotechnologi-schen Know-hows basieren würde. Andere Abschätzungen ge-hen für den genannten Zeitraum von Weltmarktpotenzialen nanotechnologisch optimierter Produkte in einer Größenord-nung von 1 bis 1,5 Billionen $ aus (vgl. z.B. NSF 2001[2]).

    Die zitierten Prognosen können sicherlich nur als grobe und pauschale Schätzgröße gewertet werden, da unklar ist, welche konkreten Komponenten mit welchen Marktvolumina in die Bewertung einfließen. Während die genannten Zahlen jedoch zumindest eine Orientierungshilfe zur Bewertung der volkswirtschaftlichen Hebelwirkung der Nanotechnologie geben können, erfordern marktwirtschaftlich orientierte Po-tenzialanalysen wesentlich detailliertere und differenziertere Aufschlüsselungen nach den jeweiligen Marktsegmenten. Beispiele für Abschätzungen von Marktvolumina nanotech-nologischer Produkte auf der Wertschöpfungsstufe von Nano-materialien, Nanotools und nanotechnologisch optimierter Komponenten sind in den nachfolgenden Tabellen

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 9

    zusammengefasst. Auf der Ebene der Nanomaterialien und Nanotools lassen sich hierbei sehr konkrete Abschätzungen der Marktpotenziale vornehmen, die von Nanotechnologie-unternehmen realisiert werden können. Im Bereich der Na-nomaterialien wird von BCC ein Anstieg des Marktvolumens von 1,3 Mrd. $ auf 2,1 Mrd. $ in 2010 prognostiziert. Die Zahlen von Freedonia liegen in einer ähnlichen Größenordnung und sagen einen Anstieg von 1 Mrd. $ in 2006 auf 4 Mrd. $ in 2011 bei einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 32 % voraus. Insbesondere im Bereich neuer Nanomaterialien wie Fullerenen, Kompositen und Quantenpunkten werden teilweise hohe zweistellige jährliche Wachstumsraten in den nächsten Jahren prognostiziert, die eine dynamische Entwick-lung und Verbreitung neuer nanobasierter Komponenten und Produkte erwarten lassen.

    Im Bereich der Nanoanalytik (Elektronen-, Ionen- und Raster-sondenmikroskopie, optische Mikroskopie und Zubehör) wird ein moderates Wachstum von 2 Mrd. $ in 2008 auf 3 Mrd. $ in 2010 prognostiziert. Das Marktsegment der Nanotools (CVD, PVD, Lithografie und Nanopositionierungssysteme) wird auf 35 Mrd. $ in 2008 und 43 Mrd. $ in 2010 geschätzt.

    Diese Marktabschätzungen liefern zwar ein realistisches aber auch ein unvollständiges Bild der Nanotechnologiepotenziale, da jeweils nur ein Teilausschnitt der Fülle der unterschiedli-chen Verfahren und Materialklassen betrachtet wird. Für noch detailliertere Abschätzungen ist eine Aufschlüsselung auf einzelne Materialklassen und Verfahren erforderlich. In den nachfolgenden Tabellen sind einige Beispiele auf der Ebene der Nanomaterialien, Nanoanalytik, Nanotools und nanoopti-mierter Komponenten zusammengestellt.

    Prognosen zur Entwicklung der Marktpotenziale im Bereich Nanotools. (Quellen: BCC 2007 [21], Frost 2007[26], Innoresearch 2007 [28], BCC 2008 [29])

    Prognosen zur Entwicklung der Marktpotenziale im Bereich Nanomaterialien. (Quellen: BCC 2007[4], [5], [6])

    Entwicklung der Marktpotenziale im Bereich Nanoanalytik. (Quellen: BCC 2007[22],[25])

  • 10 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    Übersicht zu Marktpotenzialen im Bereich Nanomaterialien, Nanoanalytik und Nanotools

    Marktsegment Weltmarktvolumen/Bezugsjahr CaGR Quelle

    Nanomaterialien und -beschichtungen

    Nanomaterialien (Gesamtmarkt) 1 Mrd. $/2006 4 Mrd. $/2011 32 % Freedonia 2007 [3]

    Nanomaterialien für energetische, katalytische und 365 Mio. $/2007 1,3 Mrd. $/2012 30 % BCC 2007 [4]

    strukturelle Applikationen

    Nanomaterialien für elektronische, magnetische und 522 Mio. $/2007 1,1 Mrd. $/2012 17 % BCC 2007 [5]

    optoelektronische Applikationen

    Nanomaterialien für biomedizinische, pharmazeu- 205 Mio. $/2007 684 Mio. $/2012 27 % BCC 2007 [6]

    tische und kosmetische Applikationen

    Sol-Gel basierte Materialien 1 Mrd. $/2006 1,4 Mrd. $/2011 9 % BCC 2006 [7]

    Kohlenstoffnanoröhren /CNT) 79 Mio.$/2007 807 Mio. $/2011 78 % BCC 2007 [8]

    181 Mio. $/2006 1,9 Mrd. $/2010 80 % Electronics ca. 2007 [9]

    Einwandige CNT 78 Mio. $/2006 5 Mrd. $/2012 200 % Electronics ca. 2007 [9]

    Mehrwandige CNT 290 Mio. $/2006 650 Mio. $/2010 22 % Electronics ca. 2007 [9]

    C60 Fullerene 3 Mio. $/2005 60 Mio. $/2010 82 % Lux Research 2007 [10]

    CNT-Komposite 43 Mio. $/2006 451 Mio. $/2006 80 % BCC 2007 [8]

    Metallische Nanopulver (Silber etc.) 89 Mio. $/2005 770 Mio. $/2010 53 % Lux Research 2007 [10]

    Keramische Nanopulver (US-Markt) 220 Mio. $/2006 580 Mio. $/2011 21 % BCC 2006 [11]

    Nanofasern (ohne CNT) 48 Mio. $/2007 176 Mio. $/2012 30 % BCC 2007 [12]

    Zeolithe 2,5 Mrd. $/2007 2,9 Mrd. $/2010 5 % UTM 2003 [13]

    Quantum Dots 4 Mio. $/2005 38 Mio. $/2010 56 % Lux Research 2007 [10]

    25 Mio. $/2008 700 Mio. $/2013 94 % BCC 2008 [14]

    Aerogele 62 Mio. $/2006 950 Mio. $/2011 72 % BCC 2006 [15]

    Elektrisch leitfähige Polymerkomposite 1,4 Mrd. $/2007 1,9 Mrd. $/2013 5 % BCC 2008 [16]

    Elektrisch leitfähige Polymere 146 Mio. $/2007 361 Mio. $/2013 16 % BCC 2008 [16]

    Dendrimere 12 Mio. $/2005 42 Mio. $/2010 28 % Lux Research 2007 [10]

    Nanomaterialien für die Nanoelektronik 246 Mio. $/2005 1,1 Mrd. $/2010 35 % Sheet 2006 [17]

    Biomarker 5,6 Mrd. $/2007 12,8 Mrd. $/2012 18 % BCC 2007 [18]

    Hartschichten aus Kohlenstoff oder Keramiken 530 Mio. $/2007 1 Mrd. $/2012 14 % BCC 2007 [19]

    (z.B. Diamond-like-Carbon oder Bornitrid)

    Strahlungshärtende Beschichtungen 1,4 Mrd. $/2007 1,8 Mrd. $/2012 6 % Chemark 2007 [20]

    PVD Materialien 1,8 Mrd. $/2008 2,2 Mrd. $/2013 11 % BCC 2005 [21]

    Nanoanalytik

    Mikroskopie und Zubehör 2,3 Mrd. $/2007 3,6 Mrd. $/2012 9 % BCC 2007 [22]

    1,9 Mrd. $/2006 3,5 Mrd. $/2013 9 % Frost 2007 [23]

    Elektronen-(und Ionen-)mikroskopie 1,2 Mrd. $/2007 1,8 Mrd. $/2012 9 % BCC 2007 [22]

    Rasterelektronenmikroskope 390 Mio. $/2007 600 Mio. $/2012 9 % BCC 2007 [25]

    Rastersondenmikroskopie 500 Mio. $/2007 1,2 Mrd. $/2012 19 % BCC 2007 [22]

    Optische Mikroskopie 550 Mio. $/2007 702 Mio. $/2012 5 % BCC 2007 [22]

    SNOM 15 Mio. $/2007 k.A. VDI TZ 2008 [24]

    Nanotools

    Lithografiestepper 7,8 Mrd. $/2006 10 Mrd. $/2010 7 % Frost 2007 [26]

    Nanoimprint 10 Mio. $/2007 k.A. Obducat 2007 [27]

    Piezoelektrische Aktuatoren und Motoren 10,6 Mrd. $/2007 19,5 Mrd. $/2012 13 % Innoresearch 2007 [28]

    Ionenimplantation 2,7 Mrd. $/2008 4,4 Mrd. $/2013 10 % BCC 2008 [29]

    Physikalische Abscheideverfahren (PVD-Equipment) 9,9 Mrd. $/2008 16,7 Mrd. $/2013 10 % BCC 2007 [21]

    MBE-Equipment 475 Mio. $/2008 701 Mio. $/2013 8 % BCC 2008 [29]

    Chemische Abscheideverfahren (CVD-Equipment) 7 Mrd. $/2007 11,8 Mrd. $/2013 10 % BCC 2008 [29]

    Metallorganische CVD (MOCVD Equipment) 250 Mio. $/2007 290 Mio. $/2008 16 % VLSI Research 2007 [30]

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 11

    Übersicht zu Marktpotenzialen nanooptimierter Komponenten und Produkte in verschiedenen anwendungsfeldern

    Marktsegment Weltmarktvolumen/Bezugsjahr CaGR Quelle

    Elektronik

    Druckbare/Organische Elektronik (Logikchips, OLED, 1,2 Mrd. $/2007 48,2 Mrd. $/2017 45 % IDTechEX 2008 [31]

    Solar)

    CMOS Elektronik mit Strukturgrößen < 100 nm 20 Mrd. $/2006 k.A. DIW 2007 [32]

    Medizin

    Nanotechnologie im Gesundheitsmarkt (US-Markt) 8 Mrd. $/2006 119 Mrd. $/2021 20 % Ernst&Young 2007 [33]

    23 Mrd. $/2006 53 Mrd. $/2011 18 % Freedonia 2007 [34]

    Nanomedizin (Monoklonale Antikörper, Medikamente 6 Mrd. $/2006 70 Mrd. $/2021 18 % Ernst&Young 2007 [33]

    mit nanoskaligen Wirkstofftransportern; US-Markt) 18 Mrd. $/2006 39 Mrd. $/2011 17 % Freedonia 2007 [34]

    Nanotechnologische Implantate und Medizinprodukte 430 Mio. $/2006 39 Mrd. $/2021 35 % Ernst&Young 2007 [33]

    (US-Markt; Knochenersatz, Stents, Wundauflagen...) 400 Mio. $/2006 5,2 Mrd. $/2011 67 % Freedonia 2007 [34]

    Nanomedizinische Analytik und Diagnostik 1,9 Mrd. $/2006 6 Mrd. $/2021 8 % Ernst&Young 2007 [33]

    (Kontrastmittel, Biochips, Biomarker; US-Markt) 3,1 Mrd. $/2006 8,4 Mrd. $/2011 9 % Freedonia 2007 [34]

    Optik

    Optische Datenübertragung (Optische Filter/Verstärker, 1,7 Mrd. $/2006 2,5 Mrd. $/2009 13 % BCC/Strategies

    Fasern, Switches und Laserdioden) Unlimited 2006 [25]

    Flach-Displays (OLED, FED, Plasma, LCD) 60 Mrd. $/2006 90 Mrd. $/2009 14 % Display Search 2006 [26]

    LED-Beleuchtung 3,8 Mrd. $/2006 6,8 Mrd. $/2009 21 % BCC 2006 [37]

    OLED 615 Mio. $/2005 2,9 Mrd. $/2011 29 % LEDs Magazine 2005 [38]

    Optische Datenspeicher (Laserdioden, Holografische 3,1 Mrd. $/2006 6,5 Mrd. $/2009 28 % BCC/Strategies

    Speicher) Unlimited 2006 [39]

    Optische Interconnects 400 Mio. $/2006 0,7 Mrd. $/2009 25 % BCC 2006 [40]

    Umwelt-/Energietechnik

    Nanofiltrationsmembranen 89 Mio. $/2006 310 Mio. $/2012 26 % BCC 2007 [41]

    Nanoanwendungen im Energiebereich 2,6 Mrd. $/2007 17 Mrd. $/2011 60 % Cientifica 2007 [42]

    Energiewandlung (Dünnschichtsolarzellen) 114 Mio. $/2007 2,5 Mrd. $/2011 105 % Cientifica 2007 [42]

    Energiespeicherung (Batterien, Superkondensatoren, ...) 823 Mio. $/2007 2,5 Mrd. $/2011 32 % Cientifica 2007 [42]

    Energieeffizienz (CNT-Komposite, Beleuchtung, ...) 1,62 Mrd. $/2007 12 Mrd. $/2011 65 % Cientifica 2007 [42]

    Solarenergie 17,2 Mrd. $/2007 30 Mrd. $/2010 20 % Solarbuzz 2008, [43]

    CLSA 2004 [44]

    Thermoelektrika 1 Mrd. $/2007 k.A. WING 2007 [45]

    Dünnschichtsolarzellen (CdTe, CIGS, Silizium) 800 Mio. $/2007 2 Mrd. $/2010 36 % WTC 2007 [46]

    Brennstoffzellen (SOFC, PEM) 1 Mrd. $/2010 21,5 Mrd. $/2020 36 % BASF Fuel Cells [47]

    Lithiumionenbatterien 4,6 Mrd. $/ 2006 6,3 Mrd. $/ 2012 5 % BCC 2007 [48]

    Superkondensatoren 272 Mio. $/ 2006 560 Mio. $/ 2011 15 % Innoresearch 2006 [49]

  • 12 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    2.1 Chemie

    Branchenstruktur und MärkteDie chemische Industrie ist mit einem Umsatz von ca. 170 Mrd. Euro und ca. 435.000 Beschäftigten (Stand 2007) der viertgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland. Mit einem Außenhandels-anteil von ca. 2/3 des Gesamtumsatzes weist die Chemische Industrie eine starke Exportorientierung auf. Weltweit ist Deutschland nach den USA, China und Japan der viertgrößte Chemikalienproduzent. Nach einem kräftigen Wachstum des weltweiten Chemiemarktes in den Jahren 2006 und 2007 sieht sich die Branche infolge des globalen Konjunkturabschwunges einer kritischen Entwicklung der Absatzmärkte gegenüber. Dementsprechend wichtiger wird es für die deutsche Chemie-industrie in Zukunft sein, sich durch innovative Produktent-wicklungen Wettbewerbsvorteile gegenüber Konkurrenten insbesondere im asiatischen Raum zu verschaffen. Die Aus-gangsposition der deutschen Chemieindustrie ist dabei gut. Im Hinblick auf die Forschungsleistungen und die Umsetzung von Innovationen in der Chemischen Industrie nimmt Deutsch-

    land einen internationalen Spitzenplatz ein. Grundlage dafür sind die umfangreichen Forschungsaktivitäten international führender Chemiekonzerne, einer Vielzahl mittelständischer innovativer Chemieunternehmen sowie ein großes Spektrum an institutionellen und universitären Forschungseinrichtungen. Die chemische Industrie hat dabei als Hersteller innovativer Vorprodukte eine Hebelwirkung auf die Innovationskraft einer Vielzahl weiterer Industriebranchen wie der Automobilindu-strie, der Bauindus trie oder auch des Pharma- und Elektronik-bereiches.

    Beispiele für Innovationspotenziale der NanotechnologieDurch Eigenschaftsänderungen nanostrukturierter Materia-lien lassen sich die Funktionalität und die Eigenschaften nahe-zu sämtlicher Werkstoffklassen optimieren. Von der Fülle der erzielbaren Effekte und Eigenschaftsverbesserungen durch die Anwendung der Nanochemie und Nanomaterialien in verschiedenen Applikationsbereichen sind in der folgenden Tabelle einige Beispiele zusammengestellt.

    Funktionalität anwendungsbeispiele

    Optisch

    – Farbeffekte

    – Selektive Lichtleitung

    – Antireflektion

    – IR-Reflektion/-Absorption

    – Licht-/Stromkonversion (Photovoltaik)

    – Licht-/Wärmekonversion (Solarthermie)

    – Photochromie

    Mechanisch

    – Zugfestigkeit

    – Kratzfestigkeit

    – Härte

    – Reißfestigkeit

    – Schlagzähigkeit

    – Gasdichtigkeit

    • Transparente, hochwirksame UV-Schutzmittel auf Basis von ZnO- oder TiO -2

    Nanopartikeln für Sonnenschutzcremes, Textilien oder Holzoberflächen.

    • Antireflexschichten auf Basis nanoporöser Siliziumdioxidschichten für Solarzellen

    und Architekturglas.

    • Changierende Farbeffekte in Abhängigkeit des Betrachtungswinkels auf Basis von

    nanobeschichteten SiO -Plättchen für Lacke und Kosmetika (Interferenzpigmente) 2

    bzw. durch optische Gitterstrukturen (Interferenzschichten).

    • Transparente nanoskalige IR-Absorber als Hitzeschutz für Plexiglasüber dachungen

    und Wintergärten.

    • Transparente nanoskalige Silber-IR-Reflektionsschichten in Wärmeschutzverglasungen.

    • Photochrome Schichten auf Basis von Wolframtrioxid für abtönbare Fenster.

    • Photonische Kristalle zur selektiven Lichtleitung in der optischen Datenübertragung

    auf Basis regelmäßig angeordneter Nanocluster.

    • Effizientere Photovoltaik durch Optimierung des Lichteintrages (Photonen-

    management) und Lichtkonversion durch Nanostrukturen (z.B. Quantenpunkte)

    sowie kostengünstige Materialien und Verfahren (Dünnschicht-, Farbstoff- und

    Polymerzellen).

    • Nanostrukturierte Absorberschichten zur Maximierung des Energieeintrages bei der

    Solarthermie.

    • Verschleißminderung mechanisch hoch belasteter Komponenten und Werkzeuge

    durch diamantähnliche oder keramische Nanoschichten.

    • Kratzfeste Beschichtungen durch Inkorperation anorganischer Nanopartikel in

    Klarlacke oder transparente Plasmabeschichtungen von Kunststoffoptiken.

    • Leichtbauwerkstoffe mit verbesserten mechanischen Eigenschaften auf Basis

    Nanopartikel/-faser verstärkter Komposite, nanostrukturierter Metall-Matrix-

    Komposite, organisch-anorganischen Hybridmaterialien oder ultra-hochfester

    Betone.

    • Verbesserte Zug- und Bruchfestigkeit durch Einbau von Kohlenstoff nanoröhren

    in Werkstoffmatrizes z.B. zur Verstärkung von Sportgeräten (Tennis-/Golf-/

    Eishockeyschläger, Fahrradrahmen).

    • Gasdichte Folien für Verpackungen im Lebensmittelbereich durch schichtförmige

    Nano-Silikate in Polymerkompositen.

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 13

    Funktionalität anwendungsbeispiele

    Elektronisch/elektrisch • Elektrisch leitfähige Polymere durch Einarbeitung von Kohlenstoffnano röhren

    – Leitfähigkeit in die Polymermatrix für antistatische Anwendungen und elektromagnetische

    – Dielektrische Schichten Abschirmung.

    – Supraleitung • Verbesserte Hochtemperatur-Supraleiter durch nanoskalige Substrukturen

    – Thermoelektrizität für erhöhte Stromtragfähigkeit sowie kostengünstige Sol-Gel-Materialien zur

    – Elektrochemische Energiespeicherung Schichterzeugung.

    • Effizientere Thermoelektrika zur Stromumwandlung von Wärme durch nanostruktu-

    rierte Halbleiterverbindungen.

    • Nanoporöse „low-k“-Schichten zur Verringerung der Leitungsverzögerung in CMOS-

    Schaltkreisen.

    Chemisch • Antibeschlagschichten durch superhydrophile Titandioxidnanobeschichtungen für

    – Superhydrophilie Gläser und Außenspiegel im Kraftfahrzeug.

    – Superhydrophobie • Schmutzabweisende Beschichtungen u.a. durch Nanopartikel modifizierte Fluor-

    – Korrosionsschutz Siloxan-/Silan-Beschichtungsmittel für Textilien, Einrichtungsgegenstände und

    – Katalyse Fassadenoberflächen.

    – Flammschutz • Brandschutzfenster auf Basis transparenter, nanopartikulärer Brandschutzgele

    – Brandschutz und Schichten, die bei Hitzeeinwirkung ultrafeine Gasbläschen mit stark Hitze

    – Adsorptionsfähigkeit isolierender Wirkung bilden.

    – Adhäsionskraft • Flammhemmende Wirkung bei Kunststoffgehäusen und -kabeln durch Einbau

    – Lösungsvermögen katalytischer Nanopartikel in die Polymermatrix, die durch beschleunigte Bildung

    nichtbrennbarer Verkokungsrückstände ein Ausbreiten von Flammen verhindern.

    • Antifingerprintschichten für Edelstahl- und Metalloberflächen auf Basis dünner

    Glasbeschichtungen.

    • Effiziente Adsorbentien zur Gasspeicherung oder zur Entfernung von Schadstoffen

    durch vergrößerte aktive Oberflächen und einstellbare Porengrößen.

    Thermisch • Nanostrukturierte Hitzeschutzschichten und Legierungen für Turbinenwerkstoffe, um

    – Hitzeschutz bei erhöhten Arbeitstemperaturen bessere Energiewandlungsgrade zu erreichen.

    – Wärmeisolation • Superisolierende Nanoschäume (Aerogele, Polymerschäume) zur Wärmeisolation in

    – Wärmeleitung Gebäuden und Industrieprozessen.

    – Wärmespeicherung • Bessere Wärmeleitung durch Nanofluide und Nanokompositwerkstoffe auf CNT-

    Basis in Industrieprozessen oder der Solarthermie.

    • Effiziente Wärmespeicherung durch mikro-/nanoverkapselte Phasenwechsel-

    materialien, die in Fassadenkomponenten integriert werden.

    Magnetisch • Nanokristalline weichmagnetische Eisenlegierungen, denen sich außergewöhn-

    – Weichmagnetische Materialien liche magnetische Eigenschaften aufprägen lassen u.a. für leistungsfähige

    – Magnetoelektronik Komponenten in Stromnetzen (z.B. Ringbandkern, Transformatoren, Drosselspulen).

    – Magnetorheologie • Magnetische Schichtstapel mit Riesenmagnetowiderstandseigenschaften für

    – Magnetische Induktionserwärmung magnetoelektronische Sensoren und Datenspeicher.

    • Dispersionen oberflächenstabilisierter nanoskaliger Eisenpartikel (Ferrofluide) mit

    magnetisch steuerbarer Viskosität für Dichtungen, Stoßdämpfer etc.

    • Eisennanopartikel zur Wärmeerzeugung mittels elektromagnetischer Wechselfelder

    (z.B. für schaltbare Klebstoffe oder die hyperthermale Krebstherapie).

    Biologisch • Antimikrobielle Ausrüstung von Kunststoffen in der Medizintechnik, Mobiliar-

    – Antimikrobielle Wirkung oberflächen, Textilien durch Silber-Nanopartikel.

    – Bioverfügbarkeit • Höhere Bioverfügbarkeit von medizinischen Wirkstoffen und Nahrungsergän-

    – Biokatalyse zungsstoffen durch liposomale Verkapselung und Nanoemulsionen.

    – Molekulare Erkennung • Nanopartikel als Transportbehälter für die Einschleusung von Genmaterial in Zellen

    – Biokompatibilität (Genvektoren) in der Gentherapie.

    – Zellgängigkeit • Molekulare Erkennung von erkrankten Zellen für effektiven Wirkstofftransport durch

    oberflächenfunktionalisierte Drug-Delivery-Systeme.

    • Nanostrukturierte Implantatoberflächen und nanopartikuläre Knochenersatz ma-

    terialien für erhöhte Biokompatibilität in der regenerativen Medizin.

    • Nanostrukturierte Template und Trägersubstanzen für effiziente Biokatalysatoren.

    Beispiele für mögliche Eigenschaftsoptimierungen durch Nanomaterialien

  • 14 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    Der Fortschritt der Materialwissenschaften und die Ent-wicklung neuer Materialien und Werkstoffe sind eng ver-knüpft mit der Nanotechnologie. Nanomaterialien sind in vielen Bereichen der chemischen Industrie die Basis für die Erzeugung und Weiterentwicklung hochwertiger Spezial-chemikalien. In einigen Bereichen der Chemischen Industrie wie der Herstellung von Industrierußen, Pigmenten, Polymer-dispersionen und Kolloiden ist die Anwendung nanostruktu-rierter Materialien lange etabliert. In den letzten Jahren hat sich das Spektrum kommerziell verfügbarer Nanomaterialien jedoch deutlich erweitert. Die Produktionskapazitäten neuer Materialklassen wie Kohlenstoffnanoröhren oder organischer Halbleiter werden derzeit auf einen industriellen Maßstab hochskaliert. Die Abschätzungen des Weltmarktes für Na-nomaterialien differieren stark, was in erster Linie auf eine unscharfe Abgrenzbarkeit des Begriffes zurückzuführen ist. Zwar existiert mittlerweile eine Definition des ISO, nach der sämtliche Materialien mit äußeren und/oder inneren Dimen-sionen bzw. Oberflächenstrukturen auf der Größenskala zwi-schen 1 und 100 nm dem Begriff Nanomaterialien zuzurechnen sind (vgl. Kapitel 4.7). In der Praxis wird die Zuordnung gemäß dieser Definition allerdings kaum praktikabel sein, da eine Vielzahl von Materialien zumindest einen Anteil an Strukturen aufweist, die prinzipiell der Nanoskala zuzurechnen wären (z.B. Korngrößen- und Phasenverteilung, Oberflächendefekte, Monomerstrukturen). Der vorliegende Report fokussiert daher auf Nanomaterialien, bei denen die Nanostrukturen gezielt hergestellt und unmittelbar auf die Nanoskaligkeit rückführ-bare, technisch nutzbare Material eigenschaften aufweisen, die verbesserte Komponenten und Produkte ermöglichen. Nicht in Betracht gezogen wurden etablierte Industriepro-dukte wie Carbon Black, pyrogene Kieselsäure oder nanoska-lige Polymerdispersionen, mit denen seit Jahren Umsätze in Milliardenhöhe erzielt werden. Zu den neueren Nanomate-rialien mit kommerzieller Bedeutung zählen beispielsweise nanostrukturierte Pulver von Metalloxiden und Metallen, nanostrukturierte Silikate, Fullerene und Kohlenstoffnano-röhren, organische Makromoleküle wie Dendrimere oder Cyclodextrine, organische Halbleiter sowie Quantenpunkte. Nach Abschätzungen von Freedonia wird der Weltmarkt von Nanomaterialien von ca. 1 Mrd. $ in 2006 auf über 4 Mrd. $ im Jahr 2011 ansteigen [3]. Abschätzungen in ähnlicher Größenordnung werden von BCC gemacht. Demnach wird der Weltmarkt nanopartikulärer Materialien im Bereich energetischer, katalytischer und struk-tureller Applikationen von 365 Mio. $ in 2007 auf 1,3 Mrd. $ in 2012, im Bereich elektronischer, magnetischer und optoelek-tronischer Applikationen von 522 Mio. $ in 2007 auf 1,1 Mrd. $ in 2012 sowie im Bereich biomedizinischer, pharmazeutischer und kosmetischer Anwendungen von 205 Mio. $ in 2007 auf 684 Mio. $ im Jahr 2012 ansteigen [4], [5], [6].

    Im Folgenden werden die im Hinblick auf kommerzielleAnwendungsfelder und Märkte relevantesten Nanomaterial-klassen beschrieben.

    Metalloxide Metalloxide zählen zu den etablierten Nanomaterialien, von denen insbesondere Siliziumdioxid, Aluminiumoxid, Zinn-oxid, Titandioxid, Zinkoxid, Eisenoxid, Ceroxid oder Indium-zinnoxid (ITO) kommerziell bedeutsam sind. In Abhängigkeit vom Herstellungsverfahren weisen Metalloxidpulver und -pigmente generell nanoskalige Anteile im Bereich der Primär-partikel auf, die im Herstellungsprozess zu größeren Einheiten aggregieren. Durch Verfahrensoptimierungen im Bereich der Pulversynthese und der Anwendung spezieller Beschichtungs-verfahren lässt sich das Agglomerationsverhalten der Pulver im Produktionsprozess kontrollieren und eine definierte Korngrößenverteilung im Nanobereich erzielen. Eine gute Kontrolle der Partikeldurchmesser gelingt bei Herstellung von Nanopulvern und Dispersionen in Flüssigphasenprozessen z.B. durch Kondensations- oder Fällungsreaktionen. Diese sind als Batchprozesse allerdings nur schlecht auf einen industriellen Maßstab skalierbar. Das Weltmarktvolumen Sol-Gel basierter Materialien und Anwendungen wird auf 1 Mrd. $ im Jahr 2006 geschätzt mit einem Wachstum auf 1,4 Mrd. $ in 2011 (BCC 2006 [7]). Der größte Marktanteil nanostrukturierter Metalloxide ist Siliziumdioxid zuzurechnen, das standardmäßig als Füllstoff in Gummimischungen, Beschichtungen, Tinten, Kunststoffen, Kosmetikartikeln oder Lebensmitteln eingesetzt wird. SiO2-Pulver mit speziellen Anforderungen in der Nanostruktur sind beispielsweise im Bereich des chemisch-mechanischen Polierens von Siliziumwafern in der Elektronik erforderlich. Je feiner die Partikel in den eingesetzten Polierpasten (Slur-ries) sind, umso defektfreiere Waferoberflächen lassen sich erzielen, die angesichts immer kleinerer elektronischer Struk-turgrößen notwendig sind. Auch bei Papierbeschichtungen für Tintenstrahlanwendungen ist ein hoher Nanoanteil der SiO2-Pulver gefragt, um eine schnelle Aufnahme und Fixie-rung der Tintentröpfchen durch nanoporöse Schichten zu ermöglichen. Aluminiumoxid-Nanopulver finden Anwendung in kratzbeständigen Beschichtungen, als Brandschutzmittel sowie als Trägermaterial für Katalysatoren und nanoporöse Filter/Membranen in der Umwelttechnik. Formulierungen aus nanoskaligen Titandioxid- und Zinkoxidpulvern werden schon seit Jahren in kosmetischen Produkten wie transparenten und hochwirksamen Sonnenschutzmitteln eingesetzt. Ein wachsender Markt sind photokatalytische Beschichtungen auf Basis von nanoskaligem Titandioxid für Außenanstriche und -beschichtungen von Fenstern, Gebäudefassaden und Infra-strukturbauten.

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 15

    Nanostrukturiertes Zinkoxid, das in Sonnencremes Schutz vor Sonnenbrand bietet. Das Nanopulver wird als Breitbandfilter in Sonnenschutzmitteln gegen schädliche UVA- und UVB-Strahlung eingesetzt. (Quelle: BASF)

    Nanoskaliges Eisenoxid findet zunehmend Anwendung in der medizinischen Diagnostik als Kontrastmittel in der Magnet resonanztomographie, in der hyperthermischen Krebstherapie sowie in der Umwelttechnik zur Entfernung von Arsenverbindungen aus dem Trinkwasser. Im Bereich von Displays und Solarzellen sind Indium- und Antimonzinn-oxid (ITO bzw. ATO) für transparente leitfähige Schichten von Bedeutung. Aufgrund hoher Rohstoffkosten wird deren Ersatz auf Basis anderer Nanomaterialien wie Kohlenstoffnano-röhren erforscht. Ceroxid findet beispielsweise Einsatz beim Polieren von Wafern oder in einer Prototypanwendung auch als Dieselzusatz für Verbrennungsmotoren, um die Kraftstoff-effizienz durch eine vollständigere katalytische Verbrennung zu ver bessern. Eine Vielzahl weiterer Applikationen auf Basis weiterer Metalloxidverbindungen und Mischoxide befinden sich in Entwicklung.

    MetalleMetallnanopartikel werden in erster Linie in der Katalyse (z.B. Abgaskatalysatoren, Brennstoffzellen etc.) eingesetzt. Durch eine nanoskalige Verteilung auf entsprechenden Träger-materialien werden die katalytische Effizienz im Verhältnis zur eingesetzten Stoffmenge deutlich erhöht und dadurch Kosten eingespart. In den letzten Jahren hat darüber hinaus die Verwendung von kolloidalem Silber zur antibakteriellen Ausrüs tung von Kunststoffen und Gebrauchsgegenständen ein starkes Wachstum verzeichnet. Das Spektrum kommerzi-eller Produkte reicht mittlerweile von Textilien, Wandfarben, Klarlacken, Kunststoffgehäusen und -verpackungen bis hin zu einer Anwendung in Waschmaschinen, die aufgrund mög-licher umweltbelastender Effekte jedoch wieder vom Markt genommen worden ist. Silbernanopartikel weisen gegenüber gröber strukturierten Materialien eine bessere Dispergierbar-keit und eine höhere Wirksamkeit aufgrund des vergrößerten Oberfläche/Volumen-Verhältnisses auf.

    Fullerene und Kohlenstoffnanoröhren (CNT)CNT sind aufgrund ihrer außergewöhnlichen mechanischen und elektronischen Eigenschaften aus technologischer Sicht ausgesprochen interessant und vielseitig einsetzbar. Die Pro-duktionskapazitäten von CNT werden derzeit massiv ausge-baut, so dass die Herstellungskosten deutlich sinken werden. Erste kommerzielle Anwendungen liegen im Bereich elek-trisch leitfähiger Polymere, bei denen im Vergleich zu anderen Füllstoffen bereits bei einem geringen CNT-Anteil die gefor-derte elektrische Leitfähigkeit erreicht wird. Haupteinsatzge-biet sind antistatische Anwendungen in Elektronikgehäusen, Benzinleitungen oder elektrostatisch lackierte Karosserieteile im Automobil. Weitere Anwendungen wie elektro statische Ab-schirmungen oder transparente Frontscheiben heizungen im Automobil sind in Entwicklung. Die elektronischen Eigenschaften versprechen die er-folgreiche Anwendung von CNT als Feldemitter für Displays oder elektronische Verdrahtungen in Computerchips. Zur mechanischen Verstärkung werden CNT als Füllstoff in Kom-positwerkstoffe eingearbeitet, um beispielsweise die Bruch-zähigkeit und Festigkeit von Sportgeräten wie Tennis-, Eis-hockey- oder Baseballschlägern zu erhöhen. Der Weltmarkt von CNT wird von BCC auf 79 Mio. $ in 2007 geschätzt mit einem starken jährlichen Wachstum von über 70 % auf ca. 807 Mio. $ im Jahr 2011, wobei CNT-Komposite den größten Anteil einnehmen [8].

    Eishockeyschläger aus Kohlenstoffnanoröhren verstärkten Kompositen. (Quelle: BayerMaterials Science)

    Sonstige Fullerene wie die kugelförmigen C60-Moleküle (Buckyballs) haben gegenüber CNT eine geringe kommerzielle Bedeutung. Sie sind überwiegend für energetische Anwen-dungen als Elektrodenmaterial in Batterien, Brennstoffzellen und Superkondensatoren, als Elektronenakzeptor in organi-schen Solarzellen sowie als Füllstoff für elektrisch leitfähige Komposite von Interesse. Der Weltmarkt von Fullerenen in en-ergetischen Anwendungen wird auf 19 Mio. $ in 2007 und auf 205 Mio. $ in 2011 geschätzt. Langfristig könnte Graphen als eine weitere aus einzelnen Graphitlagen bestehende Kohlen-stoffmodifikation an kommerzieller Bedeutung gewinnen, z.B. in der Elektronik für den Aufbau besonders leistungsfähiger Transistoren aufgrund der herausragenden Elektronenbeweg-lichkeit.

  • 16 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    Nanostrukturierte SilikateNanostrukturierte Silikate wie z.B. schichtförmige Montmoril-lonit-Tone oder Halloysite-Nanoröhren sind natürlich vorkom-mende Nanomaterialien, die als Füllstoffe in Polymeren Ein-satz finden beispielsweise zur Verbesserung der mechanischen Eigenschaften (Härte, Schlagzähigkeit), der Gasdichtigkeit oder der Brandschutzeigenschaften. Derzeit gibt es nur weni-ge kommerzielle Anwendungen wie in Polymerkompositen für Automobilkunststoffteile oder gasdichte Folien. Zeolithe stellen ebenfalls eine Stoffklasse nanostrukturierter Silikate dar, deren Weltmarktvolumen in Anwendungen als Kataly-satoren in der Petrochemie, Detergentien, Adsorbentien und Füllstoffe von derzeit ca. 2,5 Mrd. $ auf ca. 2,9 Mrd. $ in 2010 ansteigen soll [13].

    QuantenpunkteQuantenpunkte (englisch quantum dots, QD) sind nanoskalige Halbleiterpartikel mit speziellen optoelektronischen Eigen-schaften, die erstmals in den 70er Jahren synthetisiert worden sind und sich seitdem als dynamisches Forschungsfeld mit derzeit über 3000 wissenschaftlichen Publikationen pro Jahr entwickelt haben. Quantenpunkte lassen sich durch epitak-tische Abscheidung aus der Gasphase auf Halbleitersubstraten oder durch nasschemische Fällungsverfahren als separate Nanocluster herstellen. Anwendungsfelder sind in erster Linie multiplexfähige und stabile Fluoreszenzmarker in der in-vitro-Diagnostik sowie im Produktschutz. In optoelektronischen Komponenten wie Lasern, Dioden oder Solarzellen bieten Quantenpunkte Potenziale für deutliche Effizienzsteige-rungen. Analys ten von BCC prognostizieren für das Jahr 2013 einen Umsatz mit QD-basierten Produkten von 700 Mio. $, vo-rausgesetzt die Kosten von derzeit 3.000 bis 10.000 $/g lassen sich durch Up-Scaling Verfahren drastisch senken [14]. Nach Meinung von Experten sind Preise in der Größenordnung von 250 $/kg bei einer großtechnischen Produktion realistisch.

    Lösungen fluoreszierender Halbleiterquantenpunkte. (Quelle: Flad&Flad)

    Nanoporöse Materialien Materialien mit einer definierten inneren Porenstruktur im Be-reich weniger Nanometer besitzen ein hohes technologisches Potenzial z.B. in der Elektrochemie, in der Gasspeicherung (H2-Speicher) sowie in der thermischen Isolation. Zu den be-kanntesten nanoporösen Materialien zählen die Aerogele, de-

    ren Porenanteil bis zu 95 % des Festkörpervolumens ausmacht. Silika-Aerogele besitzen aufgrund ihrer herausragenden Eigenschaften wie einer hohen spezifischen Oberfläche, sehr guten thermischen und akustischen Isolationseigenschaften sowie Lichtdurchlässigkeit breite Anwendungspotenziale u.a. als Dämmstoff in Fassaden und Kälteschutzkleidung oder als Füllstoff und Trägermaterial für Komposite, Sensoren oder Pharmaka. Das Marktvolumen von Aerogelen wurde von BCC auf 62 Mio. $ in 2006 geschätzt bei einer verkauften Menge von 700 t. Bis 2011 wird mit einem starken Wachstum auf ca. 900 Mio. $ gerechnet. Carbonaerogele finden Einsatz in Elektroden von Superkondensatoren, Batterien oder Brenn-stoffzellen. Hochporöse metallorganische Verbindungen, die beispielsweise von BASF vermarktet werden, werden als aus-sichtsreiche Materialien für eine effiziente Wasserstoffspeiche-rung für den Einsatz in Brennstoffzellen gehandelt.

    Metallorganische Gerüstmaterialien besitzen aufgrund ihrer nanoporösen Struktur eine extrem hohe innere Oberfläche und werden daher als mögliches Speichermedium für Wasserstoff im Bereich mobiler Brennstoffzellensysteme untersucht. (Quelle: BASF)

    Nanoskalige MakromoleküleMakromoleküle mit Strukturgrößen im Nanometerbereich werden in der Regel ebenfalls zum Gebiet der Nanomateri-alien gezählt, sofern durch die Nanostruktur spezifische, tech-nisch nutzbare Eigenschaften entstehen. Ein Beispiel hierfür ist die Substanzklasse der Dendrimere, die aufgrund ihrer verzweigten Struktur nanoskalige Hohlräume ausbilden und beispielsweise in der Biosensorik, der Spezialchemie oder als Wirkstoffträger in der Pharmazie technologische Einsatzpo-tenziale finden. Dendrimere lassen sich sehr flexibel in ihren Bindungseigenschaften, Oberflächenladung, Lösungsvermö-gen und Beladungskapazität variieren. Erste kommerzielle Dendrimer basierte Produkte sind auf dem Markt wie z.B. ein mikrobizides Gel der Firma Star Pharma. Das Marktvolumen von Dendrimeren wird von Lux auf etwa 10 Mio. $ in 2007 geschätzt [10]. Es wird mit einem dynamischen Wachstum gerechnet, falls die Herstellungskosten von derzeit zwischen ca. 10 und einigen 100 $ pro Gramm weiter sinken und neue Produkte insbesondere im Pharmabereich zugelassen werden. Die Variationsbreite von Makromolekülen mit definierten

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 17

    Hohlräumen ist äußert umfangreich und umfasst Substanz-klassen wie Clathrate, Cyclodextrine oder Kryptanden. Tech-nische Einsatzmöglichkeiten liegen u.a. in der spezifischen Adsorption und Abgabe von Gastmolekülen (z.B. Duftstoffen für Textilien), in der Sensorik oder im Medikamententransport. Neben chemischen Verbindungen weisen auch biologische Makromoleküle wie Proteine oder DNA-Partikel ein großes technologisches Anwendungspotenzial auf. Das Protein Bacteriorhodopsin als Sicherheitspigment im Plagiatschutz ist eines der bekannten technischen Anwendungsbeispiele. Eine weitere Substanzklasse sind anorganisch-organische Hy-bridpolymere, die sich beispielsweise durch Copolymerisation organischer Monomere und anorganischer Nanopartikel in Polysiloxannetzwerken herstellen lassen. Zu diesen Verbin-dungen zählen die Ormocere®, die die gute Flexibilität und Verarbeitbarkeit von Polymeren mit Härte und Beständigkeit anorganischer Stoffe kombinieren und Einsatz u.a. in der Mi-krooptik wie Mikrolinsenarrays für Laser, hochauflösenden optischen Arrays von Beamern oder Spezial-Barrierefolien zur Einkapselung von Solarzellen finden.

    Organische HalbleiterIn den letzten Jahren sind enorme Fortschritte in der Entwick-lung hochleitfähiger Polymere und Anwendungen in der Elektronik und Optoelektronik erzielt worden. Dazu gehört die Synthese neuartiger Substanzen, eine verbesserte Rein-heit, eine kontrollierte Schichtherstellung, eine wirksame Verkapselung als Schutz der Substanzen und Bauelemente vor Luft und Feuchtigkeit und vor allem das stetig wachsende Verständnis der zugrunde liegenden physikalischen Prozesse. Der Weltmarkt für Organische Elektronik soll nach Prognosen von IDTechEx von 1,2 Mrd. $ (2007) auf 48,2 Mrd. $ im Jahr 2017 anwachsen. Zur organischen und gedruckten Elektronik zäh-len dabei hauptsächlich kunststoffbasierte Halbleiter inklusive organischer Datenspeicher, RFID-/ORFID-(Organische Radio Frequenz Identifikation) Etiketten und Sensoren, organische Displays (Organische Licht Emittierende Dioden/OLEDS für Computerbildschirme, Fernseher, Werbeflächen und OLED-Beleuchtung) sowie die Organische Photovoltaik. Der OLED Markt soll von 615 Mio. $ im Jahr 2005 auf 2,9 Mrd. im Jahr 2011 ansteigen bei einer jährlichen Wachstumsrate von 29 %. Der Teilmarkt für gedruckte und organische Sensoren erreicht laut einer Studie der US-Marktforscher NanoMarkets im Jahr 2015 ein Volumen von 2,3 Mrd. $ [109].

    Ein Glassubstrat wird durch Spincoating beschichtet. Bei diesem Vorgang wird das Substrat mit einem für die Farbstoffsolarzelle geeigneten Materialfilm überzogen, der wenige Nanometer dünn ist. Das bereits besprühte Substrat wird auf eine Aluminiumplatte gelegt und mit einer Farbstofflösung betropft. (Quelle: BASF)

    NanofasernNanofasern aus Kohlenstoff oder Polymeren können zur mechanischen Verstärkung von Kompositmaterialien, Textil-fasern oder auch Filtrationsmembranen eingesetzt werden. Der Weltmarkt von Nanofasern (ohne Kohlenstoffnanoröhren) wurde für 2007 auf 48 Mio. $ geschätzt mit einem Wachstums-verlauf von 176 Mio. $ in 2012 und 825 Mio. $ in 2017 [12]. Mit Hilfe des Elektro-Spinning-Verfahrens lassen sich aus Poly-merschmelzen definierte nanoskalige Fasern und Hohlfasern herstellen, die Anwendungspotenziale beispielsweise für die kontrollierte Wirkstoffreigabe in medizinischen (z.B. Wund-auflagen) sowie landwirtschaftlichen Anwendungen (z.B. Pestiziddosierung) aufweisen.

    Relation elektrogesponnener Nanofasern zu einem Haardurchmesser. (Quelle: ITV Denkendorf)

  • 18 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    Materialien zur Herstellung nanoskaliger Funktions-schichtenNanoskalige Funktionsschichten stellen eines der vielseitigs-ten Anwendungsgebiete der Nanotechnologie dar. Durch physikalisch/chemische Abscheideverfahren lassen sich nanoskalige Schichtsysteme aus nahezu beliebigen Material-kombinationen herstellen. Der Gesamtmarkt für Materialien im Bereich der physikalischen Abscheideverfahren (PVD) wird nach Prognosen von BCC von ca. 1 Mrd. $ in 2005 auf 1,8 Mrd. $ in 2010 ansteigen [21]. Der größte Teilmarkt ist der Elektronik-bereich (Datenspeicher und Prozessoren) bei der Abscheidung von Schutz- und Barriereschichten, dieelektrischen Schichten, epitaktischen Halbleiterschichten oder magnetoresistiven Schichten. Auch in anderen Bereichen spielen PVD-Barriere- und Funktionsschichten eine wichtige Rolle (Verpackungen, Schneidwerkzeuge, Glasbeschichtungen für Fenster und Op-tiken etc.). Zu den wirtschaftlich relevanten Einsatzbereichen zählen Hartschichten aus Kohlenstoff (z.B. Diamond Like Carbon, DLC) oder Keramiken (z.B. Bornitrid), deren Welt-markt volumen auf 530 Mio. $ in 2007 geschätzt wurde [19].

    2.2 automobil

    Branchenstruktur und MärkteDie Automobilindustrie ist Deutschlands stärkste Exportbran-che, mit einer Exportquote von 75 % im Jahr 2007 [50]. Nicht nur deshalb ist sie eine der wichtigsten Industriebranchen für die deutsche Wirtschaft. Gemessen am Wert ist Deutschland der stärkste Automobilexporteur; in der Automobilproduktion nimmt Deutschland den dritten Platz ein, hinter den USA und Japan. Das bedeutet eine Stückzahl von gut 12 Mio. Kraftwagen im Jahr 2007, die weltweit von deutschen Herstellern produ-ziert werden. Davon sind etwa 90 % Personenkraftwagen, die den Schwerpunkt der Produk tion ausmachen [51].

    Jahresdurchschnitt der Beschäftigten in den drei Teilbranchen der Automobilindustrie 2007 – dargestellt als prozentualer Anteil der ca. 745.000 Beschäftigten der gesamten deutschen Automobilindustrie. (Quelle: VDA 2008 [53], [54])

    Etwa jeder siebte deutsche Arbeitsplatz steht in direkter oder indirekter Verbindung mit dem Automobil; das sind etwa 14 % des gesamten deutschen Arbeitsmarktes [52]. Insgesamt beschäftigte die deutsche Automobilindustrie im Jahre 2007 durchschnittlich 744.550 Angestellte, im Vergleich zum Vor-jahr ist das ein Rückgang von 0,8 %. Dem entgegen steht der 7,2 % ige Anstieg des Gesamtumsatzes auf 290 Mrd. Euro in 2007. Im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sieht sich die Automobilindustrie einem schwierigen Markt-umfeld mit schrumpfenden Absatzmärkten, z.T. drastischen Umsatzeinbußen und sinkenden Mitarbeiterzahlen gegen-über. Der anhaltende Kosten- und Rationalisierungsdruck der Automobilbranche wird sich dadurch noch verschärfen. Dazu gehört die immer stärkere Verlagerung der Produktion und Entwicklung von den Herstellern auf die Zulieferer. Die anhal-tende Reduzierung der Fertigungstiefe der Automobilherstel-ler, die längst die Grenze von 30 % unterschritten hat, und die damit verbundene erweiterte Übertragung von Aufgaben auf die Zulieferer, machen eine engere Zusammen arbeit zwischen den Unternehmen unumgänglich [55]. Deutsche Automobil-hersteller sind im globalen Innovationswettbewerb gut aufge-stellt und profitieren von ständigen Weiterentwicklungen für hochwertigere Innenausstattungen und intelligente Fahrsys-teme. Deutschlands Automobilzulieferer sind internationale Technologieführer bei Clean-Diesel-Fahrzeugen und Konzep-ten zur Erhöhung der Kraftstoffeffizienz, was sich auch in den kontinuierlich steigenden Auslandsumsätzen der Automobil- und Zulieferindus trie zeigt [54]. Bei den F&E-Aufwendungen gehört der Automobilbau zu den führenden Branchen in Deutschland. Im Jahr 2007 wurden von der deutschen Auto-mobilindustrie etwa 18 Mrd. Euro in Forschungs- und Entwick-lungsarbeit investiert, ca. 7,2 % mehr als im Vorjahr. Faktoren wie rechtliche Herausforderungen in Zusammenhang mit Abgaswerten, Recycling und Sicherheit sind ständige Inno-vationstreiber in der Automobilbranche. Diese Bereiche sind von der Nanotechnologie in vielen Anwendungen adressiert worden und werden auch künftig von entscheidender Be-deutung bei der Entwicklung von umweltfreundlicheren und sichereren Automobilen der kommenden Generation sein.

    Beispiele für Innovationspotenziale der NanotechnologieDer Einsatz von Nanotechnologien bietet Potenziale, um tech-nische Innovationen in fast allen Baugruppen im Automobil voranzutreiben und technologische Alleinstellungsmerkmale zu etablieren. Zielsetzung hierbei ist es, technische und z.T. kostenmäßige Vorteile gegenüber konkurrierenden Lösungen zu erreichen. Die Nanotechnologie wird dabei von den deut-schen Automobilkonzernen als wichtige und zukunftswei-sende Schlüsseltechnologie wahrgenommen und mit eigenen F&E-Aktivitäten verfolgt. Die eigentliche Wertschöpfung im Bereich der Nanotechnologie bzw. deren technologische Umsetzung findet allerdings zu wesentlichen Teilen bei den Zulieferern statt [56].

  • MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE 19

    Beispiele zu Anwendungsmöglichkeiten der Nanotechnologie im Automobilbau. Legende: = Bereits realisierte Anwendungen = Mögliche Anwendungen (angelehnt an Werner 2006 [57])

    Funktionali- außenhaut Karosserie Interieur Fahrwerk und Elektrik und Motor und

    täten Exterieur Reifen Elektronik antrieb

    Effekt

    Mechanische Härte, Nanoklarlack Leichtbau- Carbon Black Reibungsarme

    Funktionalität Reibung, Komposite in Reifen Aggregat-

    tribologische komponenten

    Eigenschaften, Polymer-

    Bruchfestigkeit verscheibung

    Geometrische Großes Nanofilter Supercaps

    Effekte Oberflächen- Brennstoff-

    zu Volumen- zelle

    verhältnis,

    Porengröße

    Elektronische/ Größen- Kleben auf GMR-Sensoren Piezo-

    Magnetische abhängige Kommando injektoren

    Funktionalität elektrische Schaltbare Solarzellen

    und magne- Werkstoffe

    tische (Rheologie)

    Eigenschaften

    Optische Farbe, Ultradünne Antireflex- LED-Rücklicht

    Funktionalität Fluoreszenz, Schichten beschich- LED-Tagfahr-

    Transparenz Effektlacke tungen licht

    Elektrochrome Flexible

    Schichten Displays

    Chemische Reaktivität, Pflege- und Umformung Schutz vor Ver- Katalysatoren

    Funktionalität Selektivität, Versiegelungs- von hoch- schmutzung Rußfilter

    Oberflächen- systeme festen Stählen

    eigenschaften Korrosions- Wohlgeruch Treibstoff-

    schutz im Innenraum zusätze

    Die Umsetzung nanotechnologischer Innovationen im Auto mobilbau erfordert oftmals lange Vorlaufzeiten aufgrund hoher Sicherheits- und Gewährleistungsanforderungen. Den-noch haben bereits einige nanotechnologische Entwicklungen Eingang in die Automobilindustrie gefunden. Das Marktpoten-zial der Nanotechnologie an der Wertschöpfung im Automo-bilbau ist dabei oftmals nicht zu beziffern, da in der Regel nur einzelne Subsysteme von Komponenten durch den Einsatz von Nanomaterialien oder nanofunktionalisierter Oberflächen op-timiert werden, deren Marktwert aber nicht quantifizierbar ist. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über heutige und mögliche zukünftige Anwendungsbereiche von nano-technologischen Komponenten im Automobilbau.

    Seit 2004 fördert das BMBF mit der Leitinnovation „Nano-Mobil“ 18 Verbundprojekte mit insgesamt 99 Partnern zum Thema Nanotechnologie im Automobilbereich – mit einer Gesamtfördersumme von 36,4 Mio. Euro [58]. Fast alle deut-schen Automobilhersteller sind dabei neben Projektpartnern aus Hochschulen, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen an der Leitinnovation beteiligt. Die thematischen Schwerpunkte von „NanoMobil“ sind Entwick-lungen im Motorbereich, die Sensorik, Energiespeicher, die Konstruktion von Leichtbauteilen, die Produktionstechnik, so-wie die Verbesserung der aktiven und passiven Sicherheit.

    LeichtbauVerschärfte Auflagen für den Umweltschutz und einen re-duzierten Kraftstoffverbrauch haben die Nachfrage nach leistungsfähigen und leichtgewichtigen Materialien im Automobilbau weiter gesteigert. Die Verwendung von na-nostrukturierten Aluminium- und Magnesiumlegierungen und -kompositen für Motoren- oder Fahrwerkskomponenten könnten zu einer signifikanten Gewichtsreduktion beitragen. Nanooptimierte Stähle und faserverstärkte Aluminiumwerk-

  • 20 MaRKT- UND aNWENDUNGSPOTENZIalE DER NaNOTECHNOlOGIE

    stoffe bieten Gewichtseinsparpotenziale im Karosseriebau. Polymere Nanokomposite mit verbesserten mechanischen Eigenschaften u.a. auf Basis von nanostrukturierten Schicht-silikaten haben Einsatzmöglichkeiten für Kunststoffbauteile für Gehäuse und Konsolen im Innen- und Außenbereich und wurden beispielsweise in einigen General Motors Fabrikaten bereits serienmäßig umgesetzt. Der Ersatz von Glas durch Polycarbonat für Automobilverscheibungen trägt ebenfalls zur Gewichtsreduktion bei. Die Polycarbonatscheiben werden dabei entweder mittels nasschemischer Flutlackierung oder Vakuumbeschichtungstechnologie mit nanoskaligen trans-parenten Hartschichten versehen, um die Sicherheitsanforde-rungen der Automobilindustrie u.a. bei der Schlagfestigkeit zu erfüllen. Das technisch ausgereifte Verfahren, das zunehmend Verbreitung im Seitenfensterbereich findet, ist prinzipiell auch für Heckscheiben anwendbar, während ein Frontscheibenein-satz aus konstruktiven Gründen der Karosseriesteifigkeit und hohen mechanischen Belastungen durch Abrieb oder Stein-schlag bisher nicht in Frage kommt.

    ReifenfüllstoffeEin viel zitiertes Beispiel für die Anwendung von Nanotechno-logien im Automobil sind Reifen. Heutige Reifen erhalten ihre hohe Laufleistung, Haltbarkeit und Straßenhaftung durch In-dustrieruße (englisch: „Carbon Black“). Durch spezielle Nano-strukturruße und andere nanoskalige Füllstoffe lassen sich die Lebensdauer des Reifens optimieren und gleichzeitig weitere Eigenschaften, wie zum Beispiel die Griffigkeit verbessern. Da-bei sind verschiedene Strukturen und Oberflächen einstellbar und damit die Eigenschaften steuerbar.

    AutomobillackeEin prominentes Beispiel für die Produktattraktivität – in dem Deutschland eine Vorreiterrolle gespielt hat – ist die Entwick-lung von kratzfesten Nano-Klarlacken. Wie kratzfest eine La-ckierung ist, bestimmt im Wesentlichen der als oberste Schicht aufgetragene Klarlack. Grundlage für diesen technologischen Effekt sind die in die Klarlackschicht eingebetteten Nano-Keramikpartikel, die die Stoß- und Abriebbeständigkeit des Lackes erhöhen, ohne die Farbe des Autos zu beeinträchtigen. Selbst nach häufiger Waschstraßennutzung