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Aus Branche und Unternehmen. Mai 2014 nahdran. www.veolia.de/nahdran Klärschlamm als Energieträger Mehr als nur Abfall

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Mehr als nur Abfall – Klärschlamm als Energieträger.

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Aus Branche und Unternehmen. Mai 2014

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Klärschlamm als Energieträger

Mehr als nur Abfall

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Altpapier, Pflanzen- und Speisereste sind eine wichtige Alternative zu fossilen Energieträgern. Bis zum Jahr 2030 werden nachhaltig verfügbareReststoffe bereits bis zu 16 Prozent des Gesamtkraftstoffbedarfs der Mit-gliedsstaaten sichern. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie »Wasted:Europe’s Untapped Resource« des International Council on Clean Transpor-tation (ICCT) im Auftrag mehrerer Umweltorganisationen, darunter derNaturschutzbund e.V. (NABU). In der Studie wurden Haushaltsabfälle wiebeispielsweise Speiseöle sowie Abfälle aus Industrie und Landwirtschaft aufihre Eignung als Biokraftstoffe untersucht.

www.theicct.org

Aus der Branche

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Abfall kann fossile Energie in Europa ersetzen

Die Anzahl der Emissionszertifikate in Deutschland wurde zu Jahresbeginndrastisch gesenkt. Das so genannte Backloading ist eine europaweite Maß-nahme zur Regulierung des Emissionshandels, der aufgrund der rückläufi-gen Industrieproduktion und Inflation ein Überangebot an Zertifikatenaufwies. Die deutsche Auktionsmenge beträgt für 2014 nun noch rund 127statt 205 Millionen Zertifikate. Europaweit wurde die diesjährige Versteige-rungsmenge um 400 Millionen Zertifikate verringert. Weitere 900 Millioneneigentlich für die Jahre 2014 bis 2016 vorgesehene Zertifikate sollen zudemerst ab 2019 versteigert werden. Ziel der EU ist, mit dem Backloading Zeitfür Strukturreformen zu gewinnen und das Instrument Emissionshandelwieder für den Klimaschutz zu schärfen.

www.bmub.bund.dewww.solarify.eu

Weniger Emissionszertifikate für den Klimaschutz

Ohne funktionierende Produktkreisläufe kann die Wirtschaft des 21. Jahr-hunderts nicht effektiv sein. Dies unterstreicht der in Davos vorgelegte undkürzlich veröffentlichte Bericht »Towards the Circular Economy« des Welt-wirtschaftsforums und der Ellen MacArthur Stiftung. Laut Studie wachse mitsteigender Produktkomplexität und langen Lieferketten die Herausforderung,Materialkreisläufe geschlossen zu halten und natürliche Güter zu regenerie-ren. Eine lineare Marktwirtschaft wäre demnach immer ineffektiver, dieKreislaufwirtschaft erlaube es hingegen, in Zeiten schwindender Ressourcenam internationalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Ziel der Herausgeberist es, den Entscheidern in der Industrie einen gemeinsamen Aktionsplanvorzuschlagen und eine Plattform der Zusammenarbeit zu bieten.

www.weforum.org/issues/circular-economywww.bvse.de

Kreislaufwirtschaft bietet laut Studie Stabilität

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Alles nutzen, nichts vergeuden

Auf diese Idee muss man erst einmal kommen: Brennstoffpellets zu pressen auseinem Gemisch von Klärschlamm und Abfällen. Inzwischen ist aus der Idee eininnovatives Produkt geworden, das Veolia erfolgreich anbietet, denn es ersetzt

dank seiner guten Eigenschaften in hervorragender Weise fossile Brennstoffe in Kraft -werken oder Zementfabriken.

Eine solcher Einsatz übrigens hat mit klassischer ‚Müllverbrennung‘ nicht viel gemeinsam,er nutzt aufgrund der hochwertigen Aufbereitung die enthaltene Energie um ein vielfacheseffizienter und verbessert durch die Substitution etwa von Braunkohle die Klimabilanz.Erst jüngst hat das Öko-Institut Freiburg errechnet, dass das konsequente Nutzen der Mög-lichkeiten von Ersatzbrennstoffen die konventionelle Müllverbrennung in Deutschlandfast vollständig überflüssig machen kann.

Gerade aus umweltpolitischer Sicht ist diese Art der Verwertung deshalb eine wichtigeErgän zung des stofflichen Recyclings. Und sie zeigt auch eine Alternative auf zu der

zunehmend eingeschränkten und mittelfristig politisch nicht mehr erwünschten landwirtschaftlichen Verwertungvon Klärschlamm.

Klärschlamm nicht nur als zu entsorgendes Material sondernals Ressource zu betrachten, das ist für viele vielleicht nochein gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Für uns bei Veolia ist

es seit vielen Jahren selbstverständlich und wird in unterschiedlichster Weise praktiziert.In diesem Heft erfahren Sie mehr darüber, ebenso über die Herausforderungen und Chan-cen für Kommunen und Industriebetriebe in diesem Bereich.

Die bestmögliche Nutzung scheinbar wertloser Stoffe ist ein gutes Beispiel für die globaleAufgabe, der sich unsere Lebens- und Wirtschaftsweise insgesamt stellen muss: den Umbau zu einer echten Kreislaufwirtschaft. Veolia hat sich mehr denn je der Aufgabe ver-schrieben, diesen Umbau mitzugestalten und Städte und Unternehmen dabei mit innova-tiven Lösungen rund um den nachhaltigen Ressourceneinsatz zu unterstützen. „Resourcingthe world – Ressourcen für die Welt“ ist deshalb das neue Leitmotiv, mit dem sich Veoliapräsentiert, mit den drei Geschäftsbereichen Wasser, Entsorgung und Energie, weltweitund auch hier in Deutschland.

Ressourcen für die Welt – das ist ein Angebot und ein Versprechen: Wir stehen als Partnerin allen Aspekten des Kreislaufs der natürlichen Ressourcen zur Verfügung. Vom sozial-und umweltverträglichen Fördern und Bereitstellen über ihre sparsame und effiziente Nut-zung bis hin zu ihrer Rückgewinnung, Wiederverwertung oder sogar Erneuerung.

Etienne Petit,Veolia-Landesdirektor Deutschland

Auf ein Wort

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»Gerade aus umweltpolitischer Sicht ist diese Art der Verwertung eine wichtige Ergänzung des stofflichen Recyclings.«

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Die Bundesregierung novelliert die Klärschlammverordnung – nach mehr als 20 Jahren

Klärschlamm ist schon lange kein Abfall mehr, sondern ein Rohstoff, um den herum sich eine ganzeVerwertungsindustrie gebildet hat. Doch das komplexe Zusammenspiel von Entsorgern, Logisti -kern,Verwertern und Forschern steht vor einem Umbruch: Die Bundesregierung bereitet derzeit

eine Novellierung der Klärschlammverordnung von 1992 vor. nahdran nimmt das Thema, seine Heraus-forderungen und Chancen in den Fokus und beginnt mit der Frage: Klärschlamm – was ist das eigentlich?

Zeit des Umbruchs

Alle Weblinks und die wichtigsten Materialienzu unserem Titelthema finden Sie unterwww.veolia.de/nahdran

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EU-Kommissar Janez Potočnik, zuständig für das Umwelt -ressort, hat das Jahr 2014 zum „Jahr des Abfalls“ erklärt. Dabeihat er wohl vor allem an die 500 Kilogramm Abfall gedacht, diejeder EU-Bürger im Jahr produziert. Gemeinsam mit den USAund Wachstumsländern wie China, Brasilien und Mexiko führtdie Europäische Union die Rangliste der Abfallproduzenten an.Doch in dieser Tabelle möchte niemand ganz oben stehen. DasZiel der EU-Initiative ist deshalb: Abfallvermeidung.

Der Abfall, der weiterhin anfällt, wird zunehmend alsRessource entdeckt – das gilt auch für den unscheinbaren StoffKlärschlamm. Fieberhaft wird an neuen Verfahren gearbeitet,ihn nicht nur zu entsorgen, sondern ihn nutzbar zu machenund mit Hilfe neuer Technologien dabei sein Potenzial best-möglich auszuschöpfen. Doch Klärschlamm ist nicht gleichKlärschlamm: Man unterscheidet zwischen Schlämmen auskommunalen Anlagen und denen aus industrieller Abwasser-behandlung. Erstere sind wegen ihres höheren Gehalts an or-ganischen Stoffen als Ressource besonders attraktiv. Sie fallenals sogenannte Rohschlämme bei der bio logischen Abwasser-behandlung oder als anaerob ausgefaulte Schlämme in kom-munalen Kläranlagen an. Industrielle Schlämme hingegen sindteilweise für Mensch und Umwelt problematisch, zum Beispielwenn sie mit gesundheitsgefährdenden Schwermetallen,Chemikalien oder Hormonen belastet sind. Das schränkt ihreNutzungsmöglichkeiten ein. Auch sie enthalten häufigwertvolle Rohstoffe, die sich zurückgewinnen und nachhaltignutzen lassen.

Klärschlamm als RessourceDer Schlamm mit etwa drei bis fünf Prozent Feststoffgehalt wirdin unterschiedlichen Verfahren und je nach späterer Verwen-dung entwässert und getrocknet. Von dem Verfahren, das zumEinsatz kommt, hängen der Wassergehalt, die spätere Verwen-dung, aber auch Kosten und CO2-Bilanz ab (vgl. auch den Bei-trag auf Seite 8/9 dieser Ausgabe). Das Spektrum zur Trocknungumfasst Methoden des Verdampfens, Auspressens und Schleuderns. Schlämme, die bestimmte Grenzwerte für Schad-stoffe nicht überschreiten, werden derzeit noch als Düngemittelauf Ackerflächen eingesetzt, so dass der enthaltene NährstoffPhosphor in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt wird. Bundesweit gilt das für etwa ein Drittel der Schlämme aus kommunalen Anlagen. In den landwirtschaftlich geprägten Län-dern Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern ist der Anteil deutlich höher. Die humusähnlicheKlärschlammerde wird zudem als Pflanzensubstrat im Garten-und Landschaftsbau verwendet. Stärker belastete Schlämme wer-den in Kohlekraftwerken verbrannt und tragen ihren Teil zurStrom- und Wärmegewinnung bei. In den Stadtstaaten Berlinund Bremen beispielsweise wird Klärschlamm ausschließlichthermisch entsorgt. In neuester Zeit werden einzelne, kostbareBestandteile des Klärschlamms auch extrahiert und so wiedernutzbar gemacht, darunter neben Stickstoff und Magnesium auchPhosphor. Die Politik unterstützt die weitere Forschung, auch umsich in Zukunft unabhängiger von phosphor exportierenden Län-

dern außerhalb der Europäischen Union zu machen (vgl. nah-dran September 2012). Klärschlamm ist also mehr als nur Abfall.Aber dennoch gilt: Die Betreiber von Kläranlagen sind in derPflicht, die anfallenden Mengen umweltgerecht und vorschrifts-gemäß zu entsorgen – und brauchen dafür langfristig verlässlicheLösungen.

Ein Verbot sorgt für AufregungUmso mehr sorgt es für Aufregung, wenn sich nun die Rahmenbedingungen ändern: Die Bundesregierung hat dieAbsicht erklärt, den Einsatz von Klärschlamm als Düngemittelzu beenden. Bis zur Umsetzung sieht das Bundesumwelt -ministerium eine Frist von fünf Jahren vor. Ausgebaut werdendagegen die Bemühungen, Phosphor und andere Nährstoffeaus Klärschlamm zurückzugewinnen. Hierbei will Deutsch-land, wie überhaupt beim Thema Wiederverwertung, eine Vorreiterrolle übernehmen. Ziel der Novellierung ist es, denpositiven Trend bei der Schadstoffentlastung der Bödenaufrecht zu erhalten. Das Thema ist nicht neu: Die Klär -schlamm verordnung gilt seit 1992, stammt also aus einer Zeit, in der Helmut Kohl Bundeskanzler und Klaus TöpferBundesumweltminister waren. Da seit damals große Anteiledes Klärschlamms als Düngemittel verwendet wurden, griffenhier Grenzwerte und Verwendungsvorschriften der Dünge -mittelverordnung. Dies reicht heute nach Ansicht der Bun-desregierung nicht mehr aus, um die Verwendung vonKlärschlamm gesetzlich zu regeln. Ein weiterer Grund für diegeplante Novellierung der Klärschlammverordnung ist auchdie Überproduktion in Deutschland. Vereinfacht gesagt stehteiner übergroßen Menge Schlamm zu wenig Fläche für dielandwirtschaftliche Ausbringung zur Verfügung. Für diesenSchlamm werden also ohnehin andere Ent sorgungs mög lich -keiten gebraucht.

Doch was geschieht mit den rund 550 000 Tonnen Klär-schlamm, der bisher zu Düngezwecken verwendet wurde? Gibtes hier ein Entsorgungsproblem? Zunächst einmal ist davonauszugehen, dass der Klärschlamm mit dem fortschreitendenRückgang der Bevölkerung in Deutschland weniger wird.Weniger Menschen bedeuten weniger Abwasser. Dennoch: DerMarkt und seine Infrastruktur geraten mit einem Verbot der landwirtschaftlichen Verwertung durcheinander. Entsorger, Logistiker, private Haushalte, Gewerbe und Kommunen müssensich auf Veränderungen einstellen (mehr dazu im Interview Seite 6/7).

Bundesumweltamt www.umweltbundesamt.deKlärschlammverordnung (Stand 1992) www.gesetze-im-internet.deBundesumweltministerium www.bmub.bund.de

Seite 5

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Wenn die Novellierung der Klärschlammverordnung kommt, betrifft das nicht nur die Betreiber von Kläranlagen. Auch Kommunen, Entsorger und Logistiker wollen wissen: Was kommt da auf uns zu? Dr. Matthias Staub von der TVF Waste Solutions GmbH, einem Unternehmen der Veolia-Gruppe, hat Antworten auf einige Fragen.

Die Bundesregierung will nun die Ausbringung von Klärschlammzu Düngezwecken verbieten. So jedenfalls steht es im Koalitions-vertrag. Was kommt da auf die Kommunen zu?

Dr. Matthias Staub: Viele Kommunen müssen sich auf eineUmstellung vorbereiten und mit ihrem Klärschlammentsorgerüber mögliche Anpassungen des Entsorgungskonzepts reden.Im Klartext heißt das: Unter Umständen muss die gesamte Ver-wertungskette völlig neu gedacht werden. Auf jeden Fall heißtes, jetzt zu handeln, denn bis zum Inkrafttreten der neuen Re-gelungen zu warten, könnte riskant sein.

Wie bewerten Sie die Frist, bis das geplante Verbot in Kraft tritt?Reicht die Zeit?

Dr. Matthias Staub: Eine empfohlene Frist von fünf Jahrenwird diskutiert – offiziell bestätigt wurde sie noch nicht. Aller-dings gelten schon ab Januar 2015 andere Grenzwerte, bei-spielsweise für Schwermetalle bei der landwirtschaftlichenAusbringung. Deshalb haben viele Kommunen und Industrie-

»Kommunen müssen sich gut vorbereiten«

»Wir müssen die so genannte ‘Klärschlamm -wende’ in Einklang mit den anderen Herausforderungen der Kommunen bringen. Was bringt es, einen Aspekt zu verbessern,wenn sich unter dem Strich alle anderen verschlechtern?«

Dr. Matthias Staub, Vertriebsleiter TVF Waste Solutions GmbH

Eine Novellierung der Klärschlammverordnung steht seit Anfangder 90er Jahre auf der Agenda. Warum ist bisher so wenig pas-siert?

Dr. Matthias Staub:Das hängt auch damit zusammen, dass dieÜberarbeitung der Düngemittelverordnung (DüMV) vorgezo-gen wurde, da sie im Zweifelsfall über der Klärschlammverord-nung steht. Deren schärfere Grenzwerte wurden nach demgesundheitlichen Vorsorgeprinzip ausgerichtet: Der deutscheVerbraucher will einfach mehr Sicherheit, was vom Acker aufseinen Tisch kommt, und Lebensmittelskandale um Schwer-metalle, Arzneimittelreste und Dioxine haben in der Vergan-genheit zur Verunsicherung beigetragen. In dem Zusammen-hang wurden aber auch irreführende Informationen über dieNutzung von gereinigtem Abwasser oder Klärschlamm verbrei-tet. Man kann nun fragen: Ist eine Novellierung der Klär-schlammverordnung jetzt überhaupt noch nötig? Ich finde ja,denn sie hilft, die Güte und Qualität der stofflichen Verwertungder Klärschlämme zukünftig zu sichern.

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betriebe bereits dieses Jahr eine thermische Verwertung vor-gesehen. Paradoxerweise geht es den Kommunen, die belasteteKlärschlämme haben, vergleichsweise gut, weil die nötige In-frastruktur vorhanden ist und mittelfristig kein weiterer Hand-lungsbedarf besteht. Das gilt aber nur so lange, bis eine Roh -stoffrückgewinnung vorgeschrieben wird.

Welche Auswirkungen hat es auf die Verwertungskette von derEntwässerung über Trocknung und Transport bis hin zur Ver-brennung, wenn viele tausend Tonnen Schlamm verbrannt wer-den müssen, die bisher in der Landwirtschaft verwendet wurden.

Dr. Matthias Staub: Die genauen Auswirkungen sind schwerzu beurteilen, denn die Marktsignale sind noch nicht eindeutig.Beispiel Trocknung: Im Moment gibt es noch keinen eindeuti-gen Trend, obwohl man viel darüber spricht. Da vermutlich diethermische Verwertung in den nächsten Jahren zunehmenwird, kann man jedoch davon ausgehen, dass Klärschlammüber größere Strecken transportiert werden muss, denn Ver-

brennungsanlagen stehen nicht immer in der Nähe zur Verfü-gung. Das schlägt sich dann auch auf die Verbrennungspreisenieder.

Was für Kosten erwarten Sie?

Dr. Matthias Staub: Ich persönlich glaube nicht an Kostenex-plosionen bis zu 100 Euro pro Tonne für den Transport unddie Entsorgung, wie es in manchen Berichten steht. Es ist na-türlich davon auszugehen, dass Kommunen und Gewerbe dieMehrkosten an Privathaushalte und Endverbraucher weiter -berechnen. Aber der deutsche Entsorgungsmarkt ist hart umkämpft, so dass die Entsorger auch bei sich selbst nach Ver-besserungspotenzial suchen.

Was bedeutet das Verbot für die Landwirte? Wie werden Acker-bauflächen in Zukunft gedüngt?

Dr. Matthias Staub: Für die Landwirte bedeutet es kurz- bismittelfristig, dass sie auf vergleichsweise günstigen und verfüg-baren Dünger verzichten müssen. Dieser wird zum Teil durchmineralische Dünger ersetzt, aber auch durch andere organischeReststoffe, zum Beispiel aus Biogasanlagen. Langfristig, wenneine Rohstoffrückgewinnung aus Klärschlamm und anderenAbfällen stattfindet, werden diese Produkte wieder vermehrtin die Landwirtschaft gehen – das ist zumindest der Plan.

Eine für Unternehmen verpflichtende Phosphorrückgewinnungist nach langer Diskussion nun doch nicht Teil der im April beschlossenen Änderung der Abwasserverordnung. Wie bewertenSie das?

Dr. Matthias Staub: Das ist in dem Sinne von Vorteil, als dassbestehende Verfahren noch nicht ausgereift sind und erheb -liche Investitionen nötig gewesen wären, um eine solche Ver-pflichtung umzusetzen. Andererseits wird so die VorreiterrolleDeutschlands in Sachen Umwelt nicht gefördert. Wir leistenhier nämlich bereits einen erheblichen Beitrag zur Rohstoff -erhaltung und Treibhausgasreduzierung. In der vorgesehenenFrist von fünf bis zehn Jahren wäre die Phosphorrückgewin-nung vielleicht technisch ausgereift gewesen. Ungeklärt bleibtnach der aktuellen Entscheidung auch die Frage, wie zukünf-tige Grenzwerte für Phosphor bei der Klärschlammverbren-nung aussehen könnten.

Was würden Sie sich persönlich wünschen?

Dr. Matthias Staub: Wir müssen die so genannte »Klär-schlammwende« in Einklang mit den anderen Herausforde-rungen der Kommunen bringen. Was bringt es, einen Aspektzu verbessern, wenn sich unter dem Strich alle anderen ver-schlechtern? Unsere Herausforderung wird eher sein, die Ener-giewende, die Ressourcenschonung und den Umweltschutz mitder »Klärschlammwende« zu vereinen. Dabei wünsche ich mireine ganzheitliche Betrachtung von Umweltstandards.

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Carbon ist GeldCarbon, also Kohlenstoff, ist Leben, ist Energie, ist – Geld. Carbon is Money, kurz CARISMO, ist ein Projekt, das kom-munale Abwässer als Quelle für erneuerbare Energie erfor-schen und eines Tages zu Geld machen will. Bislang blieb dasEnergiepotenzial des Kohlenstoffs in Abwasser weitgehend un-genutzt. Das Team von CARISMO hat sich dies in den letztendrei Jahren genauer angeschaut. Anstatt zusätzliche Energiedafür aufzuwenden, um den Kohlenstoff im klassischen Bele-bungsverfahren biologisch abzubauen, wird er schon im Zulaufdes Klärwerks isoliert – und so zur wertvollen Ressource. Diesogenannte Mikrosieb-Separationstechnik macht’s möglich.Die Ergebnisse einer umfassenden Energiebilanz zeigen, dass

das CARISMO-Konzept den Biogasertrag im Vergleich zuReferenz verfahren um 80 Prozent steigern kann. Damit wirddas neue Konzept zum »energie-positiven« Klärwerk miteinem Netto-Energieertrag von 0.17 kWh/m³ Abwasser. DasReferenzverfahren dagegen verbraucht auch optimiert noch 0.2 kWh/m³ Abwasser. Das Projekt wurde vom Kompetenz-zentrum Wasser Berlin durchgeführt, mit Finanzierung durchdie Berliner Wasserbetriebe und Veolia.

Kohle im EilverfahrenHTC-Check – Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich derVersuch, Klärschlämme in Biokohle umzuwandeln. Erreicht wirddies über die sogenannte Hydrothermale Carbonisierung (HTC),

Ein Ausblick in Forschung und Praxis

Für Klärschlamm gibt es schon heute zahlreiche Verwendungsmöglichkeiten. Wenn bald verbotenwird, mit Schlamm Ackerflächen zu düngen, stellt sich jedoch die Frage nach den Folgen. Klar ist:Es fallen in Deutschland jedes Jahr 1,8 Millionen Tonnen Klärschlamm an, die transportiert und

entsorgt werden müssen. Damit dies effizient, nachhaltig und wirtschaftlich geschehen kann, forschenTeams auf der ganzen Welt nach Lösungen. Hier ein paar Beispiele.

Was tun mit dem Schlamm?

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Auf der Suche nach dem richtigen VerfahrenIn Zürich beschäftigt sich die Forschungsgruppe »ErneuerbareEnergien« der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen-schaften (ZHAW) mit Methoden der Klärschlammtrocknung.Wegen des großen Wasseranteils braucht es große Energie-mengen, um Klärschlamm zu verbrennen. Hierbei kommenüberwiegend fossile Brennstoffe zum Einsatz. Da in derSchweiz pro Jahr rund 4 Millionen Tonnen ausgefaulter Klär-schlamm entsorgt werden müssen, sind Konzepte zur Verbes-serung der CO2-Bilanz gefragt. Der Energieaufwand für dieVerbrennung lässt sich beispielsweise reduzieren, wenn derSchlamm zuvor zentrifugiert, vergärt oder ausgepresst wird. InZürich wird an Lösungen geforscht, mit welcher Methode sichbei der Trocknung in punkto Energieverbrauch, CO2-Ausstoß,Ressourcenverbrauch und Kosten die besten Ergebnisse erzie-len lassen. Die solare Trocknung beispielsweise hat sich alswirtschaftlich rentables Verfahren erwiesen. Hierbei wird Sonnenenergie benutzt, um den Wassergehalt von ausgefaul-tem Klärschlamm zu senken. Die Folgen: Der getrockneteSchlamm verursacht deutlich weniger Entsorgungskosten fürden Betreiber der Kläranlagen, der Heizwert ist höher und esfallen insgesamt weniger Transporte an.

Das perfekte KlärwerkIn den New Territories, im Westen Hongkongs, baut ein Kon-sortium von Veolia und Leighton Asia eine Klärschlamm-Auf-bereitungsanlage – eine Investition von stolzen 414 MillionenEuro. 2015 soll die Anlage eröffnet und von Veolia betriebenwerden. Die Anlage wandelt zukünftig Klärschlamm aus denelf Hongkonger Anlagen in etwa 20 Megawatt Strom um – proTag. Zum Vergleich: Damit lassen sich in Deutschland rund45 000 Durchschnittshaushalte versorgen. Das Klärwerk ist jedoch nicht nur in Bezug auf Technologie und Nachhaltig-keit zukunftsweisend, sondern setzt auch architektonischMaßstäbe. Das französische Büro Vasconi entwarf ein vomMeer inspiriertes, wellenförmiges Gebäude und eine Dach -bepflanzung, die die Anlage mit ihrer grünen Umgebung ver-schmelzen lässt. Rund um das Gebäude sind Elektrofahrzeugeim Einsatz, um Besucher zu einem Lernzentrum und einerAussichtsplattform zu bringen. Das vor Ort nötige Trinkwasserwird aus Entsalzungsanlagen gewonnen und das Abwasser recycelt. Die Anlage versorgt sich selbst mit Strom und gibtÜberschüsse an das örtliche Netz ab.

www.kompetenz-wasser.dewww.zhaw.ch

bei der vorentwässerte Klärschlämme bei hoher Temperaturund hohem Druck behandelt werden und anschließend in derKammerfilterpresse bis auf mindestens 65 Prozent Trocken -substanz entwässert werden. Diese »Biokohle« kann als regene-rativer Energieträger in Kraftwerken verwendet werden. Dabeiist der Energiegewinn durch die Verbrennung der Biokohle abergegen den zusätzlichen Energieaufwand der HTC abzuwiegen.Ziel des Projekts »HTC-Check« am Kompetenzzentrum WasserBerlin (KWB) ist die Erstellung einer theoretischen Energiebi-lanz verschiedener HTC-Varianten, um die möglichen Vorteiledes HTC im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren derSchlammentwässerung zu untersuchen. Bei optimierter Wär-merückgewinnung und Betrieb der HTC über Abwärme ausdem Blockheizkraftwerk zeigt sich ein potenzieller Vorteil derHTC in Energie- und CO2-Bilanz, der jetzt durch weitereUnter suchungen bestätigt werden muss.

Die hochmoderne Klärschlamm-Aufbereitungsanlage, die derzeit inHongkong gebaut wird, soll 2015 in Betrieb gehen.

Im Fokus der Forschung:Klärwerke werden zuRohstofflieferanten.

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Mehr als nur »Ersatz«

Schon in den 70er Jahren gab es Ansätze, Brennstoffe aus Abfallherzustellen. Mit Einführung des Recyclings verlor dieser Wegjedoch an Bedeutung – Abfälle mit hohem Heizwert, wie Papier oder Kunststoff, standen nicht mehr zur Verfügung.Doch das Bild wandelte sich. Das Kreislaufwirtschaftsgesetzverlieh in den 1990er Jahren der energetischen Nutzung vonAbfällen einen höheren Stellenwert. Und spätestens, seit imJahr 2005 die Entsorgung von unbehandeltem »Rohmüll« ver-boten wurde, erhielt die Herstellung von EBS eine neue Bedeu-tung.

Globale Entwicklungen treiben die Bemühungen zur energeti-schen Verwertung von Abfällen zudem voran: Während dieVorräte an fossilen Brennstoffen weltweit schwinden und dersteigende Energiebedarf neue Konzepte der Energieversorgungerfordert, produziert unsere Industriegesellschaft immer grö-ßere Mengen an Abfall.

Energie mit ZukunftspotenzialDie Nachfrage nach EBS oder auch Sekundärbrennstoffensteigt. Rund sechs Millionen Tonnen EBS wurden 2010 inDeutschland hergestellt. Vor allem in Industrie-, Heiz- und Zementkraftwerken kommen EBS anstelle von Öl, Erdgas undSteinkohle zum Einsatz. Die Zementindustrie ist dabei Spit-zenreiter: 61 Prozent der herkömmlichen Brennstoffe in deut-schen Zementwerken wurden im Jahr 2010 durch EBS ersetzt.Hier, wie auch in Kalk- und Kohlekraftwerken, erfolgt der Ein-satz von EBS in Mitverbrennung: Dem Hauptbrennstoff wirdeine definierte Menge EBS beigemischt.

Die Chemie-, Stahl- und Papierindustrie setzt verstärkt auf eigene EBS-Kraftwerke. Wärme oder Strom wird hier aus-schließlich bei der »Mono-Verbrennung« aufbereiteter Abfällegewonnen. Die Energie treibt Industriekraftwerke am selbenStandort an.

Altreifen, Olivenkerne, Bauschutt, Reishülsen – eines haben diese scheinbar völlig verschiedenenRest- und Abfallstoffe gemeinsam: Sie enthalten so viel Energie, dass sie in der Lage sind, konven-tionelle Brennstoffe wie Kohle oder Gas zu ersetzen. Anders als die konventionelle Müllverbren-

nung ist ihr gezielter Einsatz hocheffizient und klimafreundlich, deshalb gewinnen diese Ersatzbrennstoffe(EBS) gerade für die Industrie eine immer größere Bedeutung.

Energiequelle mit Potenzial: Ersatzbrennstoffe aus Abfällen

Die Einsatzmengen von Ersatzbrennstoffen ausGewerbeabfällen und hochkalorischen Fraktionenin Deutschland steigen kontinuierlich. (Quelle: Chemie Ingenieur Technik, 84 (7), Stand 2010)

Entwicklung der Verwertung1 Mg = 1 t

(t/a)

5 000 000

4 500 000

4 000 000

3 500 000

3 000 000

2 500 000

2 000 000

1 500 000

1 000 000

500 000

Industrie-/EBS-KraftwerkeGroßkraftwerkeZementwerke

1995 2000 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2015

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Verwerten statt entsorgenDie wachsende Nachfrage nach EBS kommt nicht von unge-fähr. Denn was zunächst nach zweitrangigem »Ersatz« klingt,ist ein Brennstoff, der durch komplexe technologische Aufbe-reitung zum hochwertigen Energieträger wird.

Als Grundlage für EBS dienen ähnlich zusammengesetzte Gewerbeabfälle, produktionsspezifische Industrieabfälle, etwaaus der Kunststoffverarbeitung und der Zellstoffindustrie, undnicht-recycelbare Restmaterialien aus dem dualen Wertstoff-system. Auch die Bestandteile von Haushalts- und Siedlungs-abfällen mit hohem Heizwert, Sperrmüll und Klärschlämmewerden zu EBS verarbeitet.

In mechanisch-biologischen Aufbereitungsanlagen (MBA)oder eigens konzipierten EBS-Produktionsanlagen durchlaufendie Abfälle eine mehrstufige Behandlung: Sie werden sortiert,von Schadstoffen, mineralischen Bestandteilen und Metallengetrennt und schließlich mehrfach zerkleinert. Kunststoffesowie wertvolle Eisen- und Nichteisenmetalle werden zurück-gewonnen, etwa Kupfer und Aluminium.

Balance zwischen Klimaschutz und Energieeffizienz Ziel der Behandlung ist es, EBS mit guten Verbrennungs- undgleichzeitig niedrigen Schadstoffeigenschaften herzustellen.Die bei der Verbrennung maximal nutzbare Wärmemenge –der Heizwert – ist zwar immer noch wichtigstes Qualitäts -kriterium für einen Brennstoff, muss aber immer stärker in Balance mit dessen Umweltauswirkungen betrachtet werden.

Beim Einsatz von EBS sparen Kraftwerksbetreiber vor allemfossile Energieträger ein und vermindern damit den CO2-Aus-stoß wesentlich. Denn da der biogene Anteil in EBS mit bis zu60 Prozent sehr hoch sein kann, ist die Verbrennung größten-teils Kohlendioxid-neutral. Laut neuesten Erkenntnissen desÖko-Instituts könnte ein vermehrter Einsatz von EBS dendeutschen CO2-Jahresausstoß um rund sechs Millionen Ton-nen senken und Müllverbrennung so bald schon überflüssigmachen. Klärschlamm führt dabei die Spitze der EBS in SachenKlimaschutz an.

Eine Studie der TU Dresden im Auftrag des Umweltbundesamteskommt zu dem Ergebnis, dass durch Klärschlamm als EBS inZement werken im Jahr 2006 etwa 97 000 Tonnen CO2 einge-spart werden konnten. Als Ersatz fossiler Brennstoffe in Braun-und Steinkohlekraftwerken verringerte Klärschlamm den CO2-Ausstoß im selben Jahr um weitere rund 822 000 Tonnen.

Beispiele für feste Ersatzbrennstoffe

PapierabfälleHolzabfälleHolzkohleKunststoffabfälleGummiabfälleAltreifenReisspreu

Olivenkerne SonnenblumenkernschalenKokosnussschalenAbfälle der FarbenindustrieHausmüllKlärschlamm

Beispiele für flüssige Ersatzbrennstoffe

AltölSäureharz Lösungsmittelrückstände

AsphaltschlammÖlschlammKlärschlamm

Beispiele für gasförmige Ersatzbrennstoffe

Deponiegas Pyrolysegas

Verschiedenste Materialien dienen als Ersatzbrennstoffe.

Ersatzbrennstoffe

Brennstoff Heizwert

SteinkohleHeizöl extra leichtBraunkohleHolz (lufttrocken)Methan (Erdgas)

27 000 – 34 000 kJ/kg42 900 kJ/kg8 400 – 11 300 kJ/kg14 600 – 16 800 kJ/kg50 000 kJ/kg35 900 kJ/m3

Ersatzbrennstoff Heizwert

Restmüll (feucht)Leichtfraktion aus mech. RestabfallaufbereitungAltreifenKlärschlamm ausgefault (Trockensubstanz)Klärschlamm nicht aus-gefault (Trockensubstanz)

8 000 – 11 000 kJ/kg

16 000 – 18 000 kJ/kg

29 500 kJ/kg

11 000 kJ/kg

17 000 kJ/kg

Beispiele von Heizwerten

Durch die intensive Vorbehandlung erreichen Ersatzbrennstoffe aus Abfall sehr gute Verbrennungseigenschaften – ihr Heizwert kanndem von herkömmlichen fossilen Energieträgern gleichkommen. (Quelle: Abfallwirtschaft Land Steiermark, www.abfallwirtschaft.steiermark.at)

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Zwischen Abfall und Energieträger – der Brennstoff ohne Namen So sehr sich EBS insbesondere in der Industrie durchsetzt, soschwer tut sich der Energieträger aktuell noch auf politischerEbene. Denn weder der Begriff »Ersatzbrennstoff« ist klar definiert, noch gibt es gesetzliche Regelungen hinsichtlich Zusammensetzung und Aufbereitung.

Die zwingende Voraussetzung für den Einsatz ist jedoch diegleich bleibende Qualität. Dem entgegen steht die wohl augen-fälligste Eigenschaft von vor allem hausmüllähnlichen Ab -fällen: ihre heterogene chemische Zusammensetzung. Kohlen-stoffanteil, Wassergehalt und somit auch Heizwert und Schad-stoffgehalt schwanken stark. Angesichts der Vielfalt der aus Abfall gewonnenen EBS ist es noch nicht gelungen, einheitlicheund flächendeckende Regelungen zu chemischer Zusammen-setzung, Heizwerten und CO2-Emissionen einzuführen. DieQualitätsanforderungen für EBS ergeben sich daher in der Pra-xis aus den technischen Rahmenbedingungen der jeweiligenAnlage und werden meist in enger Kooperation zwischen EBS-Herstellern und den jeweiligen Abnehmern ermittelt.

Vor diesem Hintergrund setzt sich die Bundesgütegemein-schaft Sekundärbrennstoffe und Recyclingholz e.V. (BGS) füreuropaweite Standards und definierte Gütekriterien ein.Grundlegende Anforderungen an die Qualität sind bereits definiert, ebenso wurden Gewerbe- und Siedlungsabfälle hin-sichtlich unterschiedlicher Zusammensetzung klassifiziert. Eineinheitliches Gütesiegel ist jedoch noch Zukunftsmusik.

Die fehlende gesetzliche Verankerung erschwert auch eine klarePosition im Markt und damit Wettbewerb. Zu viele Müllver-brennungsanlagen (MVA) und EBS-Kraftwerke wetteifern umdie nötigen Verbrennungsmengen. Dadurch sinkt das Preisni-veau der Verbrennung. Teilweise soweit, dass ein Sortieren derAbfälle für ein gezieltes Recycling unwirtschaftlich wird. In derFolge gehen wertvolle Rohstoffressourcen verloren, statt stoff-lich oder energetisch verwertet zu werden. In diesem Zusam-menhang fordert der Bundesverband Sekundärrohstoffe undEntsorgung e.V. (bvse), dass die energetische Verwertung nichtvorbehandelter Abfälle gesetzlich begrenzt wird.

EBS aus der Kläranlage Nicht nur sein Nutzen für Klima und Umwelt macht Klär-schlamm zu einem relevanten Brennstoff. Auch das geplantelandwirtschaftliche Ausbringungsverbot macht alternative Verwertungswege notwendig. Eine Energieerzeugung aus denFaulgasen von Klärschlämmen lohnt dabei nicht immer, dieHerstellung eines Ersatzbrennstoffs kann eine sinnvolle Alter-native sein.

Da in der Kläranlage anfallende Rohschlämme aus über 90 Pro-zent Wasser bestehen, muss der Schlamm zunächst entwässertwerden. Die verbleibende Masse wird mit Sonnenenergie oderAbwärme getrocknet und anschließend zu EBS verarbeitet.Klärschlamm kann so – bei einer mechanischen Entwässerungund Volltrocknung – sogar den Energiegehalt von Braunkohleerreichen (vgl. Seite 4/5 sowie 8/9 in diesem Heft). Sogar aus-gefaulter und getrockneter Klärschlamm kann mit einem geringeren Heizwert noch als EBS verwendet werden.

Neben dem Aspekt der CO2-Einsparung überzeugt Klär-schlamm besonders durch seine physikalischen Eigenschaften:Mischt man den Klärschlamm mit anderem EBS-Material,beispiels weise verarbeiteten Plastikabfällen, sinkt zwar derHeizwert des EBS-Gemisches, doch die Dichte des sonst sehrstaubigen Materials verbessert sich durch den Wassergehalt imKlärschlamm deutlich, was Transport und Handel erleichtert.EBS-Gemische können sich so die Vorteile unterschiedlicherAbfallstoffe zunutze machen.

Gütegemeinschaft Sekundärbrennstoffe und Recyclingholz e.V.www.bgs-ev.de

Umweltbundesamt www.uba.de TU Dresden > Studie Nutzung der Potenziale des biogenen Anteils im Abfall zur Energieerzeugung http://tu-dresden.deBundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. & Öko-Institut > Studie Beitrag der Kreislaufwirtschaft zur Energiewende www.oeko.de

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Aus dem Unternehmen

Als Premiumpartner der Kieler Woche unterstützt Veolia auch in diesem Jahr das weltgrößte Segelereignis und eines derschönsten Sommerfeste Nordeuropas. Vom 21. bis 29. Juni 2014 heißt es wieder Start frei für das Veolia Sailing Team, das bereits einige nationale Meistertitel gewonnen hat. Weitere Höhepunkte werden das Veolia Feuerwerk sowie die Veolia Loungeauf der Sponsorenmeile sein, die allen interessierten Besuchern und Kunden offen steht. Die Veolia Lounge finden Sie auf derSponsorenmeile in Kiel-Schilksee. Gemeinsam mit dem Partner NABU wird Veolia den Anlass auch nutzen, um die Öffent-lichkeit für das Thema Verschmutzung der Meere zu sensibilisieren.

Veolia ist Sponsor der Kieler Woche 2014

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Aus dem Unternehmen

Im zweitgrößten französischen Ballungsraum Lyon wirdVeolia ab Anfang 2015 allein für die Trinkwasserversorgungder 1,3 Millionen Einwohner zuständig sein. Der auf achtJahre ausgelegte Vertrag enthält mehrere Besonderheiten:So soll etwa ein integriertes Managementzentrum entste-hen, das alle Vorgänge im Trinkwassernetz über Sensorenlückenlos überwacht, Lecks schnell ortet und die Trinkwas-serqualität ständig in Echtzeit überprüft. Mit Hilfe dessmarten Netzwerks können Kunden auch zeitnah ihren aktuellen Verbrauch messen und ihre Rechnungen über dasInternet abrufen. Neben Verbesserungen im Umwelt- undKlimaschutz startet Veolia ein umfassendes Arbeitsplatz-programm und integriert Arbeitslose aus der Region insUnternehmen. Sie werden auf einem eigens eingerichtetenCampus ausgebildet und sollen mittelfristig bis zu 15 Pro-zent aller Arbeitsstunden übernehmen.

Innovative Wasserversorgung kombiniert mit Beschäftigungsprogramm

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Das Zusammenspiel von nachhaltiger Forst- und Landwirt-schaft mit dezentraler Energiegewinnung steht im Mittel-punkt eines neuen Forschungsprojekts im BraunschweigerUmland. Das Julius-Kühn-Institut (Bundesforschungsinstitutfür Kulturpflanzen) pflanzt bei Wendhausen schnellwach-sende Pappelhecken zwischen Ackerstreifen, um den Stand-ort ökologisch zu verbessern. Nach etwa drei bis sechs Jahrenwerden die Pappeln geerntet und als Energieholz im nahenBiomasse-Heizkraftwerk Gliesmarode eingesetzt. Das Heiz-kraftwerk ist ein Gemeinschaftsprojekt von BS|ENERGY undder SH Kraft-Wärme GmbH und deckt vor allem im Win-terhalbjahr den erhöhten Wärmebedarf der Region.

Vom Forschungsacker ins Heizkraftwerk

Wie Wasser effektiv wiederverwertet werden kann, unter -suchen die 26 Forschungspartner des europäischen Gemein-schaftsprojekts »DEMOWARE«, unter ihnen auch das Kom-petenzzentrum Wasser Berlin (KWB). An neun Standorten,an denen bereits aufbereitetes Abwasser für verschiedeneZwecke eingesetzt wird, durchleuchten sie Prozesse, Risikenund Umweltauswirkungen, aber auch Vermarktungs- undLenkungsmechanismen. Das KWB etwa beschäftigt sich amStandort Braunschweig mit der landwirtschaftlichen Wieder-verwertung von gereinigtem Abwasser und prüft darüber hinaus technisch einfache Methoden der Grundwasseran-reicherung für Regionen mit geringer Wasserverfügbarkeit.Ziel des Projekts ist, die Hindernisse für eine effektive Wieder -verwendung abzubauen.

Wasser wiederverwerten

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Grüne Flotte in Braunschweig auf Tour Integriertes Standortmanagement für Novartis

Das Schweizer Pharmazieunternehmen Novartis hat Veoliabeauftragt, seine Dienstleistungen auf 15 der größten Produk-tionsstandorte in Europa auszuweiten. An diesen Standortensorgt Veolia für eine Reihe verschiedener Services aus einerHand, darunter Wasseraufbereitung, Energieversorgung, Facility Management sowie das Entsorgungsmanagement,insbesondere für gefährliche Stoffe. Die beiden Unternehmenarbeiten seit 2001 zusammen. Veolia hat im Rahmen dieserPartnerschaft für Novartis unter anderem ein spezielles Ver-fahren entwickelt, im Produktionsprozess eingesetzte Lö-sungsmittel im großen Stil zu recyceln. Außerdem werdennicht recycelbare Abfälle genutzt, um Strom für die Produk-tion und Wärmeenergie zu erzeugen. Novartis konnte seineCO2-Emissionen in zwei Jahren um 20 Prozent senken undversorgt an einem Standort inzwischen auch ein benachbartesEinkaufszentrum mit Wärme.

Vorbildlicher Klimaschutz auf Rädern: BS|ENERGY hat bis März 2014 ein Drittel seiner Unternehmensflotte durchinsgesamt 55 Elektro- und Erdgasfahrzeuge ersetzt. Der gesamte CO2-Ausstoß liegt nun mit 109,4 Gramm pro Kilo meter deutlich unter dem Bundesdurchschnitt allerNeuzulassungen. Als Teil des bundesweiten Feldversuchs»Fleets go Green«, einem vom BMU geförderten Projektverschiedener Unternehmen und Forschungseinrichtungen,untersucht BS|ENERGY federführend die Alltagsnutzungder umweltfreundlichen Fahrzeuge. Der Versorger will nunseine grüne Flotte nicht nur sicht-, sondern auch erlebbarmachen: Noch bis 12. Mai 2014 sucht er Bürger als Testfah-rer, die andere an ihren persönlichen Erfahrungen teilhabenlassen.

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minkalender? Vermutlich deutlich mehr. MatthiasArmbrust ist bei Globalis verantwortlich für dasEnergiemanagement. Der gelernte An lagenbauerkontrolliert von seiner Schaltzentrale aus dieStromversorgung des Werks. »Wir reden hier von50 Millionen Kilowattstunden im Jahr. Das istetwa so viel, wie 20 000 Zwei-Personen-Haushalteverbrauchen. Düren hat nicht mal 90 000 Einwoh-ner. Das ist also eine ganze Menge.« Von seinenMonitoren aus bedient er zudem die Heizkessel-temperatur, die Gebläseleistung oder den Kühl-wasserdurchfluss. Multitaskingfähig sind auchseine Kollegen Dimitros Bobolas und Sascha Begerok. Der Mechaniker und der Techniker sindfür eine von drei Schichten eingeteilt und habendabei einen Aktionsradius in der Größenordnungvon 14 Fußballfeldern. Sie sind auf dem Werksge-lände für Instandhaltung und Ad-hoc-Einsätze zu-ständig, vom Austauschen einer Glühbirne bis hinzum Flottmachen einer Pumpe. Der Funk-Beeperam Gürtel zeigt an, wenn es irgendwo klemmt.Objektleiter Mesut Kissa koordiniert die Aufberei-tung von Metallspänen. »Die Späne sind mit Öl,Wasser und Kühlflüssigkeit überzogen. Wir reini-gen sie in Zentrifugen, damit sie wiederverwertetwerden können«, erklärt er.

Für Neapco liegen die Vorteile des Multi-Service-Anbieters auf der Hand: effizientere Abläufe, we-niger Ansprechpartner, sowohl im operativen alsauch im organisatorischen Bereich. Außerdemsind solche Synergieeffekte auch eine Kostenfrage,denn Globalis kann seine Dienstleistungen deutlichgünstiger anbieten als eine Vielzahl einzelner Wett -bewerber – und durch die räumliche Nähe undkurzen Dienstwege auch transparenter. Ein Konzept,das in den vergangenen elf Jahren der Zusammen -arbeit gewachsen ist und sich bewährt hat. »DieBranche ist im Wandel«, stellt auch Arno Graf fest.»Es gibt einen deutlichen Trend hin zu Multi-Service-Unternehmen in den nächsten fünf biszehn Jahren. Darauf sind wir gut vorbereitet.«

Die Alleskönner

Es ist Sonntagmorgen. Auch heute stehen die Ma-schinen bei der Firma Neapco in Düren nicht still.Auf dem Werksgelände produzieren rund 700Mitarbeiter täglich Fahrwerk-Komponenten fürden weltweiten Markt. Und auch beim Dienst -leister Globalis wird rund um die Uhr, sieben Tagedie Woche, gearbeitet. Das Unternehmen küm-mert sich für den Automobil-Zulieferer um dieVersorgung mit Strom, Gas und Wasser. Um In-standhaltung, Reinigung und Abfallentsorgung.Und es übernimmt Lagerung, Recycling und diedazu notwendige Logistik.

Es gibt Dienstleister, die auf jedem einzelnen die-ser Gebiete hervorragende Arbeit leisten. BeiVeolia hat man sich gefragt: Wäre ein Service auseiner Hand nicht effizienter? Können wir das leis-ten? Als man das bejahte, wurde die Tochter Glo-balis vor elf Jahren von Veolia Wasser, VeoliaUmweltservice und dem früheren Energiedienst-leister Dalkia als ein modernes Multi-Service-Unter nehmen gegründet. »Wir wollten nicht nurin einigen Bereichen gute Arbeit leisten, sonderndas ganze Spektrum abdecken. Damit haben wireinen Nerv getroffen«, sagt Arno Graf, zuständi-ger Geschäftsführer bei Veolia Umweltservice Industrie- und Gebäudedienstleistungen.

Für Neapco löst die Zusammenarbeit mit Globalisgleich mehrere Probleme. Nicht einmal 50 Mit -arbeiter kümmern sich um Aufgaben von der In-standhaltung der Gebäudeinfrastruktur über dasAbfallmanagement, die Reinigung der Maschinenund Fahrwege, das Sammeln von Schrott, die In-standhaltung der rund 1 000 Trolleys und Materi-alwagen, die Aufbereitung und Entsorgung vonrecyclingfähigen Abfällen, die Wasserbeschaffung,-verteilung und -aufbereitung bis hin zur Gebäu-dereinigung. Wie viele Mitarbeiter wären es wohl,wenn all diese Aufgaben auf mehrere Unter -nehmen verteilt wären? Wie viele Arbeits abläufewären aufeinander abzustimmen? Wie viele Ter-

Alles eine Frage der Organisation: Multi-Service-Unternehmen leisten heute allein, was zuvorauf viele Schultern verteilt wurde. Kann das gutgehen? Globalis in Nordrhein-Westfalen machtes vor.

(1.) Ad-hoc-Einsatz fürTechniker Sascha Begerok(2.) Effizienz statt Kabel-salat – Globalis und Neapcoarbeiten seit 10 Jahrenzusammen. (3.) Ein Mitarbeiter bereitetdie Aufbereitung von Metallspänen vor.(4.) Matthias Armbrust inder Schaltzentrale

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Aus 151 Einzelteilen besteht dieser han-delsübliche Toaster. Für dieses und an-dere kleinteilige Elektrogeräte geben dieDeutschen jedes Jahr mindestens 3,5Milliarden Euro aus. Früher oder späterlanden sie als Elektroschrott im Abfall –oder vor der Linse des Fotografen ToddMcLellan, der für seinen Bildband»Things Come Apart« Haushaltsgegen-stände zerlegt hat.

Die meist achtlos im Restmüll entsorgtenGeräte bergen neben umweltschädlichenSchwermetallen auch wahre Schätze in sich: viele nützliche Rohstoffe. Diemeisten Bestandteile aus Plastik, Glasoder Metall können recycelt werden. Alu minium, Kupfer und Zinn zählen beispielsweise zu den begehrtestenSekundär rohstoffen weltweit und sind infast allen Elektrogeräten verbaut.

Durch eine Novellierung des Elektroge-setzes (ElektroG) sollen deshalb nun diedeutschen Verbraucher dazu animiertwerden, den wertvollen Elektroschrott»sachgerecht« zu entsorgen. Nicht mehrnur Hersteller und Importeure werdenkünftig in die Entsorgungspflicht ge-nommen, sondern auch die Händler.Vertreiber mit einer Verkaufsfläche über400 Quadratmeter Fläche müssen viel-leicht bald alle Altgeräte, die nicht größerals 25 Zentimeter sind, kostenlos zurück-nehmen. Das sagt zumindest der jüngsteElektroG-Referentenentwurf des Um-weltministeriums. Die Rücknahme solldann auch unabhängig vom Kauf einesneuen Geräts möglich sein. Bis es soweitist, gehören Elektrogeräte auf den Recy -clinghof, oder, falls in der jeweiligenKommune zugelassen, in die Wertstoff-tonne.

151 kleine Schätze

Quelle: Todd McLellan,ThingsComeApart

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Müllgrube Meer

Jedes Jahr gelangen 20 000 Tonnen Müll in die Nordsee. Plastik, Metall und andere nicht verwertbareStoffe machen das Meer zur tödlichen Falle für Tiere und Vögel und auf Umwegen auch zur Gesund-heitsgefahr für den Menschen. Die Europäische Kommission hat deshalb im März die Ergebnisse

einer öffentlichen Konsultation zum Umgang mit Meeresabfällen vorgelegt; Hersteller von Verpackungs-materialien sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Aber auch Verbraucher können durch ihrKonsumverhalten zum Schutz der Gewässer beitragen.

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Meeresmüll ist scheinbar weit weg. Im Pazifik, im Indischen Ozeanund dem Roten Meer. Doch auch in Nord- und Ostsee treiben durch-schnittlich 13 000 Plastikmüllpartikel pro Quadratkilometer Meeres-oberfläche. Lange Zeit gingen Wissenschaftler davon aus, dass einGroßteil dieser Abfälle aus der Hochseefischerei stammt. NeuesteUnter suchungsergebnisse zeigen jedoch, dass rund 80 Prozent vomFestland kommen und über Flüsse in die Meere gelangen. So führtbeispielsweise die Donau mehr Plastikmüll als Fischlarven mit sich.Die Folgen für die Umwelt sind fatal: Für in und am Wasser lebendeTiere werden Metalle, Plastikpartikel und Schadstoffe zur tödlichenFalle. Sie verfangen sich entweder in Abfällen oder verschlucken dieseund verenden. Außerdem tragen zum Verzehr gefangene Meerestiereimmer häufiger persistente toxische Schadstoffe in sich, die nach An-gaben des Umweltbundesamts auch für den Menschen eine Gesund-heitsbedrohung darstellen können.

Wissenschaftler und Umweltorganisationen machen seit Jahrzehntenauf das Problem aufmerksam. Der Naturschutzbund Deutschland e.V.(NABU) etwa engagiert sich mit dem Projekt »Fishing for Litter« füreine Reinigung der Nord- und Ostsee. Derzeit nehmen fünf Ostsee-und drei Nordseehäfen an dem Projekt teil, möglichst alle weiterensollen ebenfalls Kooperationspartner werden. Fischer, die mitSchleppnetzen arbeiten, werden aufgefordert, Abfälle aus dem Meerzu holen und diese in den anliegenden Häfen abzuliefern. Dort wer-den sie sortiert, auf ihre Zusammensetzung untersucht und umwelt-gerecht entsorgt.

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»Müllreinigungsprojekte wie die Aktionen des NABU machen die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam«, so Dr. Lars Gutow vomAlfred-Wegener-Institut (AWI), der Forschungseinrichtung des Helm-holtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung. Sie könnten jedochnur einen Bruchteil des Mülls beseitigen, so der Experte. Vor allem dieHersteller sind gefragt, betont auch die Europäische Kommission. Siemüssen umweltfreundlichere Materialien zur Produktion verwendenund auch Recyclingtechniken stärker nutzen. Die kürzlich veröffent-lichten Ergebnisse der öffentlichen EU-Konsultation zum Meeresmüllzeigen, dass Politik und Bürger Hersteller künftig stärker in der Pflichtsehen. Ein Ruf, der gehört wird: Einige Hersteller haben sich im Pro-jekt »Waste Free Oceans« (WFO) zusammengeschlossen und damitbegonnen, aus dem Meer und an Stränden gesammelten Müll zu recyceln und daraus neue Verpackungsmaterialien herzustellen. Nochsind solche Industrie-Initiativen jedoch Pionierarbeit.

Auch jeder Verbraucher kann helfen, die Meere vom Müll zu befreien.Statt an der Supermarktkasse die Einkäufe in Plastiktüten zu packen,die schnell auf dem Müll landen, ist die Investition in einen oft wiederverwendbaren Beutel aus Stoff oder Recyclingmaterialien eine umweltfreundliche Alternative. Doch nicht nur Tüten und Ver-packungen sind eine Gefahr für die Meere. Kosmetik- und Hygiene-artikel enthalten sogenannte »Microbeads«, mikroskopisch großeKunststoffpartikel, die über das Abwasser oder den Hausmüll in Ge-wässer gelangen. Wer sie gezielt vermeiden will, der kann die von derInitiative »Beat the Micro Bead« entwickelte Handy-App nutzen:Damit können Produkte vor dem Einkauf gescannt und ihr Gehaltan Mikroplastik abgefragt werden.

Der NABU sorgt mit »Fishing for Litter« für saubere Gewässer.

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Nachdem Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen seit Jahren aufdie Problematik aufmerksam machen, will Brüssel die EU-Mitglieds-staaten zu Monitorings und Maßnahmen verpflichten, um europäischeGewässer sauberer zu machen. In der 2008 vorgelegten Meeres -strategie-Rahmenrichtlinie (kurz MSRL) wurden alle Mitgliedsstaatenaufgefordert, bis 2020 den Zustand der Meeresumwelt zu verbessern.Dr. Onno Groß, erster Vorsitzender der MeeresschutzorganisationDEEPWAVE e.V., begrüßt die Bemühungen der deutschen Regierung,die Richtlinie möglichst schnell umzusetzen. »Einige Mitgliedsstaatenhaben die Bestimmungen noch nicht in nationales Recht umgesetzt«,kritisiert Groß. In Deutschland zeigen jedoch nicht nur die Regierungund das Umweltbundesamt, sondern auch Wissenschaft und Industriegroße Bereitschaft, etwas für die Verbesserung der Situation bis 2020zu tun. Das ist der richtige Weg: Denn das Ziel weitgehend müllfreierGewässer ist nur zu erreichen, wenn Akteure aus allen Bereicheneffektiv zusammenarbeiten.

Das Projekt »Meere ohne Plastik« des NABU, zu dem auch »Fishing forLitter« gehört, präsentiert Veolia auf der Kieler Woche (siehe Seite 13).

Weiterführende Links: Naturschutzbund e.V.

www.nabu.deAlfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung

www.awi.deDEEPWAVE. e.V., Die Meeresschutzorganisation

www.deepwave.orgUmweltbundesamt > Themen > Müll im MeerIndustrie-Initiative Waste Free Oceans (WFO)

www.wastefreeoceans.euInitiative Beat the Micro Bead, Download der Handy-App

www.beatthemicrobead.org

Ein 20-Jähriger mit großer Vision – The Ocean CleanupWohl einer der interessantesten jungen Visionäre auf dem Gebiet derBeseitigung von Meeresmüll ist Boyan Slat. Der 20-jährige Nieder-länder entwickelt in Zusammenarbeit mit der Technischen Univer -sität Delft im Projekt »The Ocean Cleanup« eine Technik, die in der Lage sein soll, innerhalb von fünf Jahren bis zu sieben MillionenTonnen Müll aus den Ozeanen zu holen. Durch weit ausladendeSchranken, die auf der Meeresoberfläche schwimmen, wird der Müllin seinem Fluss gestoppt und vom Gerät aufgesaugt. Schranken stellenanders als Netze keine Gefahr für Tiere dar, die sich einfach um dieBarriere herum bewegen können.

The Ocean Cleanup www.uba.de boyanslat.com/plastic

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28. Mai 2014, BonnVDI-Expertenforum zum Thema LegionellenFachdiskussion des VDI

www.vdi.de

3. – 5. Juni 2014, Brüssel (Belgien)Green Week, Umweltwoche der Europäischen UnionUmweltkonferenz zu Kreislaufwirtschaft und Ressourcen

ec.europa.eu/environment/greenweek

24. – 26. Juni 2014, BerlinBDEW Kongress 2014Kongress zu neuen Geschäftsmodellen für die Energie- und Wasserwirtschaft

www.bdew.de

17. – 18. September 2014, Straubing5. VDI-Fachkonferenz KlärschlammbehandlungEnergetische Verwertung von Klärschlämmen

www.vdi-wissensforum.de

23. – 24. Oktober 2014, München8. Netzwerk21Kongress 2014Bundesweiter Kongress für regionale Nachhaltigkeitsinitiativen

www.netzwerk21kongress.de

Termine

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12. – 14. Mai 2014, Ancona (Italien)Waste Management 20147. Internationale Konferenz zu Abfallbehandlung und Umweltthemen

www.wessex.ac.uk

13. – 15. Mai 2014, Berlin Stadtwerke 2014 18. Europaforum-Jahrestagung

www.stadtwerke-tagung.de

15. – 16. Mai 2014, Essen3. Essener EnergieForumSymposium zu den Bereichen Energiewirtschaft, -politik und -technik

www.essenerenergieforum.de

19. – 21. Mai 2014, BerlinBerliner Energietage 2014Kongress mit begleitender Fachmesse zu Energiethemen

www.berliner-energietage.de

22. – 23. Mai 2014, Amsterdam (Niederlande)Energy and Materials from Waste 2014Zweite Internationale VDI-Konferenz zu den Themen Energie und Abfallverwertung

www.vdi-wissensforum.de

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Veolia in Deutschland Wasser EnergieEntsorgung

12.000 Beschäftigte 1,9 Mrd. Euro Umsatz

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