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Montagefreundliche Verbindung für biegesteife Rahmenecken mit Würth-Vollgewindeschrauben | H. Ernst
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Montagefreundliche Verbindung für
biegesteife Rahmenecken mit Würth-
Vollgewindeschrauben
Easy to assemble connection for bending-resistant frame knees using fully threaded screws from Würth
Essemblages facilitant le montage d‘angles d‘ossature rigides avec des vis Würth à filetage total
Un montaggio facile del raccordo per giunzioni resistenti alla flessione dell’angolo del telaio con viti a filettatura completa Würth
Henning Ernst timber construction
Rülzheim, Deutschland
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Montagefreundliche Verbindung für
biegesteife Rahmenecken mit Würth-
Vollgewindeschrauben
1. Selbstbohrende Holzbauschrauben –
Verbindungsmittel mit Potenzial In der Gruppe der stiftförmigen Verbindungsmittel sind die selbstbohrenden Holzschrau-ben das jüngste Mitglied. Diese Schrauben haben in vielen Anwendungen Einzug gefun-den, wobei die Möglichkeiten und das Potenzial der Schrauben bei weitem noch nicht ausgeschöpft werden. Speziell unter Verwendung der Vollgewindeschrauben bietet sich eine Vielzahl an neuen Anwendungsmöglichkeiten. Anhand des folgenden Anwendungsfalles sollen die vielseitigen Anwendungsmöglichkei-ten der Vollgewindeschrauben aufgezeigt werden. Im Mittelpunkt der Entwicklung stehen
dabei immer die effiziente Nutzung der Schraube und der Vorteil für den Anwender.
2. Die Aufgabenstellung
Eine anspruchsvolle, immer wiederkehrende Aufgabe im Holzbau, ist die Konstruktion von biegesteifen Anschlüssen, insbesondere die biegesteifen Rahmenecken von Hallen-konstruktionen. Hierzu gibt es diverse, etablierte Lösungen, die alle unter bestimmten Voraussetzungen die Erfordernisse erfüllen. Diese Varianten sind jedoch nicht vielseitig und universell ein-setzbar bzw. umsetzbar. Somit lassen sich die Voraussetzungen für die Akzeptanz einer „neuen“ Rahmenecke wie folgt zusammenfassen: Möglichst starre Verbindung Geringe Querschnittsschwächungen Optisch ansprechend einsetzbar Hoher Vorfertigungsgrad Einfache und schnelle Montage auf der Baustelle Keine Anforderungen wie Leimgenehmigung, Lizenzgebühren oder dergleichen
3. Varianten der gängigsten Rahmenecken im Holzbau
3.1. Holzbinder an Stahlstütze mit Zug- und Drucklaschen
Aufteilung des Momentes in eine Zug- und Druckkraft die jeweils über die am Binder ober- und unterseitig angeordneten Zug- und Drucklaschen in die Stütze eingeleitet werden. Die Lasten werden über lateral be-
anspruchte, stiftförmige Verbindungsmittel (meist Nägel) vom Binder in die Zug- und Drucklasche eingeleitet. Vorteile: Hoher Vorfertigungsgrad Einfache Endmontage
keine Voraussetzungen an den ausfüh-renden Betrieb
Nachteile: Viele Verbindungsmittel Für kompakte Anschlüsse müssen Löcher
für Verbindungsmittel vorgebohrt werden Ca. 25% Querschnittsschwächung im
Stahl Abbildung 1: Holzbinder an Stahlstütze
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3.2. Holzbinder an Holzstütze mittels Dübelkreis
Das Moment erzeugt eine Scherbeanspru-chung der Verbindungsmittel, die tangential
zum entsprechenden (Dübel-) Kreis gerichtet ist. Der aus der Momentenbeanspruchung resultierende Betrag der Scherbeanspruchung der Dübel bzw. Stabdübel ist proportional zum Abstand des Verbindungsmittels vom Schwerpunkt der Verbindung. Vorteile: keine Voraussetzungen an den ausführen-
den Betrieb Nachteile: Viele Verbindungsmittel Aufwendige Endmontage Aufwendiger Abbund
Abbildung 2: Holz-Holz mit Dübelkreis
3.3. Holzbinder an Holzstütze keilgezinkter Rahmenecke
Die Schnittkräfte werden über ein bis zwei Keilzinkenstöße umgelenkt und übertragen. Vorteile: Hoher Vorfertigungsgrad
Keine Endmontage am Eck erforderlich Keine weiteren Verbindungsmittel erfor-
derlich Keine Querschnittsschwächungen
Nachteile: Bei positiven Eckmomenten müssen u. U.
zusätzlich Querzugverstärkungen ange-
ordnet werden Aus Transportgründen nur für einge-
schränkte Abmessungen möglich „Nachweis der Eignung zum Kleben von
tragenden Verbindungen“ erforderlich Abbildung 3: Holz-Holz mit Keilzinkung
4. Tragfähigkeit von Vollgewindeschrauben
4.1. Schrägverschraubung
Vollgewindeschrauben können wie alle stiftförmigen Verbindungsmittel auf Abscheren beansprucht werden, jedoch ist deren axiale Tragfähigkeit um ein vielfaches höher. Aus diesem Grund sollten Vollgewindeschrauben möglichst in Axialrichtung beansprucht
werden. Dies ist je nach Lastrichtung durch ein schräges Eindrehen der Schrauben zu erreichen.
4.2. Vergleich laterale und axiale Tragfähigkeit
Befestigt man eine 10 mm dicke Stahllasche mit Vollgewindeschrauben vom Typ Würth ASSY VG plus 10x280, die unter 90° zur Faserrichtung eingedreht wird, auf einem Holz-querschnitt aus Brettschichtholz der Festigkeitsklasse GL24c, so ergibt sich für diese Ver-bindung eine charakteristische Tragfähigkeit von 12,8 kN je Schraube (gem. Zulassung Z-9.1-614 und DIN 1052:2008.12 müssen für eine Scherverbindung mindestens zwei Schrauben angeordnet werden). Längere Schrauben führen in diesem Fall zu keiner weiteren Laststeigerung.
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Wird die Schraube bei diesem Anschluss unter einem Winkel von 30° zwischen Kraft-richtung und Schraubenachse eingedreht, so ergibt sich für diesen Anschluss eine charakteristische Tragfähigkeit von bis zu 22,9 kN je Schraube (bei Anordnung einer
einzelnen Schraube je Verbindung darf die Tragfähigkeit der Schraube nur zu 50% ange-setzt werden).
Das Ersetzen der Schraube der Länge 220mm durch eine Vollgewindeschraube vom Typ Würth ASSY VG plus 10x340, führt zu einer Steigerung der charakteristische Tragfähig-keit auf 27,7 kN je Schraube.
Die Tragfähigkeit der Vollgewindeschraube lässt sich somit durch eine optimierte Anord-nung auf das 2,2-fache steigern. Aus diesem Grund soll die Anordnung der Schrauben mit einem möglichst flachen Winkel zwischen Kraft und Schraubenachse erfolgen.
0
5000
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effektive lef Länge in [mm]
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ASSY VG plus (d=10mm)
ASSY VG plus, 30° (d=10mm)
SDü (d=12mm)
RN (d=6mm)
RN, vorgeb. (d=6mm)
Abbildung 4: Vergleich der charakt. Scher- bzw. Zugschertragfähigkeiten verschiedener Verbindungsmittel
Der Vergleicht der Steifigkeiten der beiden oben beschrieben Varianten des Anschlusses zeigt bei der Zugscherbeanspruchten Variante (Vollgewindeschrauben 10x340, 30°) eine 3,1-fache höher Steifigkeit als bei der Variante der lateral beanspruchten Schrauben.
0
2000
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effektive lef Länge in [mm]
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ASSY VG plus, 30° (d=10mm)
ASSY VG plus, 45° (d=10mm)
ASSY VG plus, 30° (d=10mm)SDü (d=12mm)
RN (d=6mm)ASSY VG plus (d=10mm)
RN, vorgeb. (d=6mm)
Abbildung 5: Vergleich der Steifigkeiten der Verbindungen
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Die Querschnittsschwächung muss bei Schrauben ab 10 mm berücksichtigt werden. Bei den senkrecht eingedrehten Schrauben muss somit die gesamte Schraube als Fehlfläche vom Querschnitt abgezogen werden. Schräg eingedrehte Schrauben hingegen erzeugen nur eine punktuelle Schwächung, deren Vernachlässigung die Nachweisführung nicht signifikant beeinflusst.
Vergleicht man die Tragfähigkeiten und Steifigkeiten der unterschiedlichen Verbindungs-mittel die bei Rahmeneckkonstruktionen zum Einsatz kommen, so werden die großen Vorteile einer Verbindung mit schräg eingedrehten Vollgewindeschrauben deutlich.
4.3. Schraubenkreuze
Werden alle Schrauben parallel zueinander angeordnet so erzeugt die Schrägstellung der Schrauben eine Umlenkkraft. Diese Kraft wirkt bei einer Schraubenneigung in Lastrich-tung als Anpresskraft und bei einer entgegen der Kraftrichtung geneigten Schraube als abhebende Kraft.
Die Anpresskraft wirkt sich auf die Tragfähigkeit günstig aus. Das Aneinanderpressen der Oberflächen erzeugt einen zusätzlichen Reibungswiderstand, der der eigentlichen Einwir-
kung entgegen wirkt. Rechercheergebnisse liefern einen Reibbeiwert für Holz-Stahl-Kontaktflächen von 0,2. Wird dieser Reibbeiwert rechnerisch in Ansatz gebracht, führt dies zu einer Erhöhung der Tragfähigkeit des Anschlusses von ca. 10%. Die durch die Anpresskraft erzeugte Querpressung erzeugt bei einer optimalen Ausnutzung der Rand- und Achsabstände der Schrauben eine Spannung von c,90,k = 5,3 N/mm². Unter der
Annahme einer Schwellenpressung (kc,90 = 1,5), steht der Querpressung eine charakte-ristische Tragfähigkeit von kc,90 · fc,90,k = 3,6 N/mm² entgegen.
Schrauben mit einer Neigung entgegen der Lastrichtung können zur Lastübertragung nicht herangezogen werden, da sie die axial gerichteten Drucklasten ohne entsprechende Vorrichtung nicht über den Schraubenkopf in die Stahlplatte einleiten können.
Eine Anordnung von Schrauben mit dieser Orientierung wird jedoch bei einer Umkehr der Momente erforderlich, um die nun entgegen gerichteten Beanspruchungen aufnehmen zu können.
Bei dieser Variante der Schraubenanordnung (Schrauben gegenläufig angeordnet ohne Sperrfunktion am Schraubenkopf) können bei der Nachweisführung immer nur die Schrauben mit Neigung in Kraftrichtung berücksichtigt werden.
5. ZD-Platten
Bei der ZD-Platte handelt es sich um ein zweiteiliges Stahlteil in Verbindung mit Würth ASSY VG plus Vollge-windeschrauben für die Befestigung von Stahl an Holz. Die ZD-Platte ist auf die optimierte Rand- und Achsabstände der Würth ASSY VG plus Vollgewindeschrauben (Zulas-sung Z-9.1-614) ausgelegt und nur mit diesen im System zu verwenden.
Die ZD-Platte besteht aus einem Deckel und einer trapez-förmigen Grundplatte. Die Grundplatte hat Bohrungen zur Aufnahme von vier Würth ASSY VG Vollgewindeschrauben
10 mm. Nach dem Einbringen der Vollgewindeschrauben wird der Deckel aufgesetzt und mit einer metrischen Schraube M16(10.9) mit der Grundplatte verschraubt.
Der Deckel hat die Aufgabe das Herausschieben der druckbeanspruchten Vollgewindeschrauben zu verhindern.
Die ZD-Platte wird über die metrische Schraube mit einem Stahlteil verbunden. Die Last wird vom Stahlteil über die metrische Schraube in die ZD-Platte eingeleitet. Die ZD-Platte leitet die Lasten über die Vollgewindeschrauben in das Holz ein.
Abbildung 6: ZD-platte
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5.1. Wirkungsweise
Bei der ZD-Platte wirken jeweils zwei Schraubenpaare (Schraubenkreuze) zusammen. Ein Schraubenpaar besteht aus zwei sich kreuzenden Schrauben wobei immer eine Schraube auf Zug und die andere auf Druck beansprucht wird.
Phase 1: Im lastfreien Zustand besteht zwischen dem Kopf der Druckschraube und dem Deckel der ZD-Platte ein Ab-stand von 1 bis 2 mm. Die Druckschraube wird erst nach einer gewissen Vorverformung aktiviert. Der Lastanteil FZD,1 erzeugt den Zugkraftanteil Ft,ax,1 in den Zugschrauben. Die resultierende Kraft Fc,90 aus der Lastumlenkung wirkt in Richtung der Holzoberfläche und erzeugt somit einen Anpressdruck.
Phase 2: Der Spalt zwischen dem Kopf der Druckschraube und dem Deckel der ZD-Platte ist geschlossen, so dass die Druckschraube anliegt. Der Lastanteil FZD,2 erzeugt den Zugkraftanteil Ft,ax,2 in den Zugschrauben und Fc,ax in den Druckschrauben. Die aus der Zugschraube re-sultierende Umlenkkraft wirkt der aus der Druck-
schraube resultierenden Umlenkkraft entgegen.
Kommt es im System zu einer Lastumkehr (Wechsel der Vorzeichen der Schnittkräfte), so hat dies auf die Tragfähigkeit der ZD-Platten keine Auswirkung. Je ZD-Platte wirken immer zwei Druck- und zwei Zugschrau-ben gemeinsam.
Abildung 7: Wirkungsweise der ZD-Platte
5.2. Tragfähigkeit der ZD-Platte
Eine erste konservative Abschätzung der Tragfähigkeit der ZD-Platte erfolgte über die Tragfähigkeit der Schrauben. Somit ergab sich ein Bemessungswert der Tragfähigkeit je ZD-Platte von FZD,k = 49,1 kN. Auf Grundlage dieses Wertes kamen erste Bauvorhaben zur Ausführung.
Zur Verifizierung dieser Werte und der Wirkungsweise der ZD-Platte wurden von Herrn Prof. Dr. Blaß an der Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine in Karlsruhe zwei Versuchsreihen durchgeführt.
5.3. Versuche zur Ermittlung des Trag- und Verformungs-verhaltens von Zugscherverbindungen mit ZD-Platten
Bei den Zugscherversuchen wurden jeweils drei ZD-
Platten hintereinander angeordnet (Abb. 8). Bei der Prüfung des ersten Probekörpers erfolgte das Versa-gen durch das Abreissen der Stahlbauschrauben M16(8.8). Aufgrund dessen wurden die Stahllaschen in den folgenden Versuchen mit Schrauben M16(10.9) auf den ZD-Platten befestigt. Die
Versagenslasten lagen im Mittel bei ca. 90 kN je ZD-Platte. Die maximale Verschiebung der Stahllaschen in Be-anspruchungsrichtung lag beim Erreichen der Bruch-last bei allen Versuchen unter 10mm. Bei allen Ver-suchen traten folgende Verformungen auf:
Abbildung 8: Versuchsaufbau der Zugscherversuche
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Lochleibungsverformungen in der Zuglasche Eindrückungen der Stahllasche an den Kontaktstellen mit den ZD-Platten Plastische Verformungen der metrischen Schrauben Eindrückungen der Schraubenköpfe der Druckschrauben in die Abdeckung der ZD-
Platte (Abb. 10) Plastische Verformungen der ZD-Platten.
Vereinzelt kam es zu Scherversagen bzw. Zug-/Scherversagen der metrischen Schrau-ben. Auch ein Abreisen der Vollgewindeschrauben konnte z. T. beobachtet werden.
Abbildung 9: Versagen der metrischen Schrauben (linke Abb.) und Abreisen der Vollgewindeschrauben
(rechte Abb.)
Abbildung 10: Plastische Verformung der ZD-Platten nach dem Scherversuch
6. Biegesteife Rahmenecken mit Vollgewindeschrauben
Im Folgenden wird kurz die Wirkungsweise der ZD-Platten und Vollgewindeschrauben an einer biegesteifen Rahmenecke beschrieben. Das Eckmoment teilt sich in eine Zug- und
eine Druckkraft auf. Diese werden jeweils über an der Stützeninnen- und Stützenaussen-
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seite angeordnete Zug- bzw. Drucklaschen in den Binder eingeleitet. Die Befestigung der Zug/Drucklaschen an der Stütze erfolgt gem. Abb. 11 mit ZD-Platten und Vollgewinde-schrauben.
Abbildung 11: Explosionszeichnung einer mittels ZD-Platten realisierten biegesteifen Rahmenecke
6.1. Versuche zur Ermittlung des Trag- und Verformungs-verhaltens von biegesteifen Rahmenecken mit ZD-Platten
Um die angenommene Wirkungsweise der ZD-Platten in der Rahmenecke bestätigen zu können und dadurch einen praxistauglichen und wirtschaftlichen Rechenansatz für die Bemessung zu erhalten, wurden zusätzlich sechs Versuche an biegesteifen Rahmenecken durchgeführt. Die von der Firma Schlosser aus Jagstzell hergestellten Versuchskörper wurden in Anlehnung an eine Rahmenecke erstellt, die bereits zuvor in dieser Form in einem Tragwerk zur Ausführung gekom-men ist.
Bei keinem der durchgeführten Versuche war beim Erreichen der Bruchlast die an den Zug- und Drucklaschen gemessene Verschiebung größer als 6 mm. Das Ver-sagen der Prüfkörper erfolgte plötzlich ohne nennenswerte Vorankündigung. Die unterschiedlichen Versagensursachen, die meist in Kombination auftraten waren: Ausknicken der Drucklaschen Versagen der metrischen Schraube Schubrisse im Riegel Abreisen der Vollgewindeschrauben Kombination aus Herausziehen der
Vollgewindeschrauben mit Blocksche-ren
Abbildung 12: Versuchsaufbau der Bauteilversuche
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Abbildung 13: Abreisen der Vollgewindeschrauben bei gleichzeitigem Blockscheren (linke Abb.) und
Ausknicken der Drucklasche (rechtes Bild)
6.2. Der Bemessungsvorschlag
Resultierend aus den gewonnenen Versuchsergebnissen wurde von Herrn Prof. Dr. Blaß im Rahmen einer gutachterlichen Stellungnahme ein Bemessungsvorschlag ausgearbeitet.
Bei entsprechender Dimensionierung der Würth ASSY VG Vollgewindeschrauben und Bau-teile ergibt sich in Richtung der kurzen Oberfläche der ZD-Platte, deren charakteristische Tragfähigkeit zu:
RZD,k = 96 kN
Der Verschiebungsmodul pro ZD-Platte kann dabei mit Kser = 15 kN/mm angenommen werden. Gemäß dem Bemessungsvorschlag sind für die ZD-Platte und deren Schraubverbindun-gen folgende Nachweise zu führen:
(A) Tragfähigkeit der Vollgewindeschrauben vom Typ Würth ASSY VG plus 10 mm
kut
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kax
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,,
122
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,)(cos
34)(sin
1080
Mit Rax,k charakteristische Tragfähigkeit in N einer Vollgewindeschraube auf Herausziehen
Rt,u,k charakteristische Zugtragfähigkeit einer Vollgewindeschraube in N k charakteristischer Wert der Holzrohdichte in kg/m³
Winkel zwischen Schraubenachse und Holzfaserrichtung d1 Nenndurchmesser der Schraube in mm lef effektive, wirksame Einschraublänge in mm
(B) Tragfähigkeit der ZD-Platten – Lasteinleitung in den Holzquerschnitt
kaxZDkZD RnR ,, 3
Mit RZD,k charakteristische Tragfähigkeit der ZD-Platten in Richtung der Zug- und Drucklasche in N
nZD Anzahl der ZD-Platten in der Stahlblech-Holz-Verbindung
(C) Tragfähigkeit der Schrauben M16 (10.9) – Lasteinleitung in die Stahllasche Abscheren der Schraube (DIN 18800 T1, Abs. 8.2.1.2 (804))
kN 111,, kRaV
Lochleibung in der Stahllasche (DIN 18800 T1, Abs. 8.2.1.2 (805))
kylSchZDkRl fdtnV ,,,
Mit t Stärke der Zug- und Drucklasche in mm dSch Schaftdurchmesser der metrischen Schrauben, dSch=16 mm l = 3,0 für eine Stahllaschenbreite von mindestens 51 mm fy,d Streckgrenze des Stahls der Zug- und Drucklasche in N/mm²
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(D) Zugkraft in den Schrauben zur Aufnahme der Beanspruchung aus Exzentrizität
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nRR
ZD
ZDkaxkt
Mit Rt,k charakteristische Zuglast in N, die aus der Exzentrizität der Stahlla-schen resultiert; diese Last wird durch zusätzliche Vollgewinde-schrauben aufgenommen
Rax,k charakteristische Tragfähigkeit (in N) einer Vollgewindeschraube auf
Herausziehen bzw. charakteristische Zugtragfähigkeit einer Vollge-windeschraube
a1 Abstand der ZD-Platten in Lastrichtung a1 100 mm
6.3. Ausführungsvarianten
Die Wahl der Ausführungsvariante obliegt dem Planer. Die Wirkungsweise der ZD-Platte ermöglicht einen vielseitigen Einsatz. Für die folgenden Varianten wurden Lösungsansät-ze und Bemessungsrichtlinien erarbeitet und zum Teil bereits in einer speziellen Software hierfür umgesetzt.
Je nach Erfordernissen sind folgende Varianten denkbar: Binder auf Holzstütze – ZD-Platten an Stütze / Kontaktplatte mit Vollgewindeschrau-
ben am Binder Binder an Holz- oder Stahlstütze – ZD-Platten an Binder Binder und Holzstütze mit Winkelhalbierenden – ZD-Platten an Binder und Stützen
6.4. Beispielberechnung
Binder: 18/94, GL24c Stütze: 18/104, GL24c
Bemessungsschnittkräfte in dem Schnittpunkt der Schwerelinien von Binder und Stütze:
Md = 282 kNm
Stütze: Binder: NSt,d = -93,3 kN NBi,d = -87,9 kN QSt,d = -62,2 kN QBi,d = 69,4 kN
Nachweis der Schrauben und ZD-Platten an der Stütze
Die Aufteilung des Momentes in die resultierende Zug und Druckkräfte führt zu folgenden Bemessungsnormalkräfte der Zug- und Drucklaschen:
Gewählte Schraube: Je ZD-Platte 4 x Würth ASSY VG plus 10x400
Rax,d = 80 · 10-6 · 350² · 10 · (400 – 12) · 0,9 / 1,3 = 26,3 kN ≤ 32,0 / 1,25 = 25,6 kN
Zuglasche
Nt,d = 282 · 100 / (104 + 2 · 2,6) – 93,3 / 2 = 211,6 kN erf nZD = 211,6 / (96,0/1,25) 2,8
Drucklasche
Nc,d = 282 · 100 / (104 + 2 · 2,6) + 93,3 / 2 = 304,9 kN erf nZD = 304,9 / (96,0/1,25) 4,0
Nachweis der Schrauben am Binder
Schubspannungsnachweis im Binder
d = 1,5 · (282 · 100 / R – 69,4 / 2) / (18,0 · 94,0) ≤ 0,9 · 0,25 / 1,3 R 99,2 cm R = 104 + 2 · 2,6 = 109,6 cm > 99,2 cm
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Nachweis der Zugschrauben
Gewählte Schraube: 10 x Würth ASSY VG plus 10x700
Rax,t,d = 80 · 10-6 · 350² · 10 · (700 – 15) · 0,9 / 1,3 = 46,5 kN ≤ 32,0 / 1,25 = 25,6 kN erf nt = 211,6 / 25,6 8,3 (Der Nachweis auf Querzug wurde geführt, wird aber hier nicht weiter behandelt)
Nachweis der Druckschrauben
Gewählte Schraube: 12 x Würth ASSY VG plus 10x500
Rax,c,d = 80 · 10-6 · 350² · 10 · (500 – 15) · 0,9 / 1,3 = 32,9 kN ≤ 32,0 / 1,25 = 25,6 kN ≤ = 17,7 kN R90,d = kc,90 · B ·lef,1 · fc,90,d + n · min{Rax,d, Rki,d} ≤ B ·lef,2 · fc,90,d R90,d = 1,75 · 18,0 ·18,0 · 0,9 · 0,24 / 1,3 + 12 · 17,7 = 306,6 kN ≤ 18,0 · (5,0 + 2 · 50,0) · 0,9 · 0,24 / 1,3 = 314,0 kN
6.5. Anmerkung
Zur Unterstützung bei der Bemessung stellen die Firmen SWG und Würth hierzu eine kostenlose Bemessungssoftware zur Verfügung, die alle erforderlichen Nachweise führt. Die Ergebnisse können nach erfolgreicher Bemessung in Form eines prüffähigen stati-schen Nachweises ausgedruckt werden.
7. Abbund und Montage von Rahmenecken mit
ZD-Platten
Der Aufwand für den Abbund hängt maßgeblich von den Anforderungen an Ästhetik, Brand- und Korrosionsschutz ab.
Lässt man diese Parameter außer Acht, können die ZD-Platten direkt auf den Seitenholz-flächen montiert werden. Alternativ kann für die ZD-Platten eine Ausfräsung angefertigt werden, in welche die ZD-Platten versenkt werden können. Deren Abdeckung erfolgt durch die Zug- bzw. Drucklaschen oder alternativ durch zusätzliche Holzblenden. Durch das Abdecken aller Stahlteile mit entsprechenden Holzverkleidungen ist ein etwaiger Brandschutz zu realisieren.
Abbildung 14: Abbund in der Werkstatt - Einbringen der Zug- und Druckschrauben unter 90° am Binder
(linke Abb.) und Verschraubung der ZD-Platten an der Stütze (rechte Abb.)
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Je nach Ausführungsvariante erfolgt die Montage auf der Baustelle nur noch mittels met-rischer Schrauben oder Gelenkbolzen. Bei einer Ausführung mit Gelenkbolzen ist auch eine Vormontage der Stützen an die Binder denkbar. Dabei wird der innere Bolzen der
Verbindung bereits in der Werkstatt gesetzt und die Stützen nach innen geklappt. Auf der Baustelle klappen die Stützen dann beim Anheben des Binders nach außen, so dass der äußere Gelenkbolzen gesetzt werden und die Rahmenkonstruktion als ganzes auf den Fundamenten montiert werden kann.
Abbildung 15: Montage auf der Baustelle – Einfädeln der Zug-/Drucklaschen des Binders an der Stütze (linke Abb.) und fertig verschraubte Rahmenecke (rechtes Abb.)
8. Weitere Anwendungsmöglichkeiten der ZD-Platte
Durch die Eigenschaft der ZD-Platten große Kräfte in die Seitenfläche eines Querschnitts einzuleiten ergeben sich weitere Anwendungsmöglichkeiten:
Eingespannter Stützenfußanschluss Biegsteifer Trägerstoß Haupt-Nebenträgeranschluss
9. Zusammenfassung
Die vorgestellte ZD-Platte nutzt die hohe axiale Tragfähigkeit der Würth ASSY VG plus Vollgewindeschraube. Dabei werden die entlang der kurzen Oberfläche der ZD-Platte wir-kenden Lasten zu axial gerichteten Zug- und Druckkräfte in den Schrauben umgelenkt. Durch die kreuzweise Anordnung der Schrauben heben sich die aus der Umlenkung der Lasten resultierenden Umlenkkräfte teilweise auf bzw. führen zu einem Anpressen der
Platten an das darunter liegende Holz. Lastrichtungswechsel der Lasteinwirkungsdauer „kurz“ und „sehr kurz“ werden aufgrund der Wirkungsweise der ZD-Platte gleichermaßen kompensiert.
Werden die aus der Exzentrizität der ZD-Platte resultierenden Kräfte durch zusätzlich angeordnete Vollgewindeschrauben aufgenommen, kann die charakteristische Tragfähig-keit einer ZD-Platte mit RZD,k = 96 kN angenommen werden.
Werden die Vollgewindeschrauben, wie im dargestellten Fall für Rahmenecken verwendet so erfüllen sie mehrere Funktionen. Hiezu gehören die Lasteinleitung, Querzug- und Querdruckverstärkung. Dabei werden die hohen Tragfähigkeiten und Steifigkeiten der Schrauben durch deren optimierte Anordnung maximal ausgeschöpft.