mitteilungen der winer mineralogischen gesellschaft

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1931. Nr. 95. Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschas Jahres- und Monatsversammlung am 19. Jiinner 1931 . . . . . . . . S. 64 Jahresbericht, Kassabericht, Wahl des Vorstandes und der Rechnungsprfifer, Festsetzung des Jahresbeitrages. W. Hammer: Stidafrikanisehe Gesteine. Mon'atsversammlung am 9. Februar 1931 . . . . . . . . . . . . S. 68 A. Tschermak-Seysenegg: ~ber elektrische Erseheinungen beim Kristalli- sieren. -- Ausstellung: Neuerwerbungen der mineralogisch-petro- graphischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien. Monatsversammlung am 2. M~rz 1931 . . . . . . . . . . . . . S. 69 A. Schiener: Lievrit von Seriphos. -- Ausstellung: Eisenreiche Kontakt- minerale. Monatsversammlung am 27. April 1931 . . . . . . . . . . . . . S. 72 F. Raaz: R~intgenographische Strukturuntersuchung und ihre Bedeutung ftir die Silikattechnik. -- Ausstellung: Gehlenit- und Skapolith-Gruppe. Jahres- und Monatsversammlung am 19. Ji~nner 1931 im mineralog.-petrograph. Institute der Universit~t. Anwesend 35 Mitglieder und Giiste. Tagesordnung der J:ahresversammlung: 1. Bericht des Vorstandes. 2. Kassabericht. 3. Wahl des u und der Rechnungsprtifer ftir 1931. 4. Festsetzung der Mitgliedsbeitr~tge. 5. Allf~tlliges. Der Jahresbericht wurde vom Sehriftffihrer E. Itarbich gegeben. Jahresbericht der Wiener Mineralogischen Gesellschaft ftir 1930. Die Vereinst~ttigkeit in dem abgelaufenen Jahre 1930 bewegte sich im wesentlichen in den gleichen Bahnen wie in den vorhergehenden Jahren. Die Beteiligung bei den Yortr~gen war eine sehr rege. Es wurden ftinf Monats- versammlungen abgehalten, die yon durchschnittlich 38 Mitgliedern und G~tsten besucht wurden. Wiederum war es mSglich, die Mitglieder mit den Fortschritten auf den verschiedenen Gebieten der Mineralogie und der n~chst verwandten Wissenschaften bekauntzumachem Folgende Vortr~tge wurden gehalten: 13. J~tnner 1930. E. Dittler: Uber die Bauxite der Lagerst~tte G~nt in Ungarn. 3. Februar 1930. F. Raaz: Uber RSntgenanlagen ffir Kristallstmlktur- forschung. 10. M~rz 1930. H. Tertsch: Verbreitung der Spaltbarkeit unter den Mineralen und erste Messungsversuche.

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Page 1: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

1931. Nr. 95.

Mitteilungen der

Wiener Mineralogischen Gesellschas

Jahres- und Monatsversammlung am 19. Jiinner 1931 . . . . . . . . S. 64 Jahresbericht, Kassabericht, Wahl des Vorstandes und der Rechnungsprfifer,

Festsetzung des Jahresbeitrages. W. Hammer: Stidafrikanisehe Gesteine. Mon'atsversammlung am 9. Februar 1931 . . . . . . . . . . . . S. 68

A. Tschermak-Seysenegg: ~ber elektrische Erseheinungen beim Kristalli- sieren. - - Ausstellung: Neuerwerbungen der mineralogisch-petro- graphischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien.

Monatsversammlung am 2. M~rz 1931 . . . . . . . . . . . . . S. 69 A. Schiener: Lievrit von Seriphos. - - Ausstellung: Eisenreiche Kontakt-

minerale. Monatsversammlung am 27. April 1931 . . . . . . . . . . . . . S. 72

F. Raaz: R~intgenographische Strukturuntersuchung und ihre Bedeutung ftir die Silikattechnik. - - Ausstellung: Gehlenit- und Skapolith-Gruppe.

Jahres- und Monatsversammlung am 19. Ji~nner 1931 im mineralog.-petrograph. Institute der Universit~t.

Anwesend 35 Mitglieder und Giiste.

Tagesordnung der J:ahresversammlung: 1. Bericht des Vorstandes. 2. Kassabericht. 3. Wahl des u und der Rechnungsprtifer ftir 1931. 4. Festsetzung der Mitgliedsbeitr~tge. 5. Allf~tlliges.

Der Jahresbericht wurde vom Sehriftffihrer E. Itarbich gegeben.

J a h r e s b e r i c h t

der Wiener Mineralogischen Gesellschaft ftir 1930.

Die Vereinst~ttigkeit in dem abgelaufenen Jahre 1930 bewegte sich im wesentlichen in den gleichen Bahnen wie in den vorhergehenden Jahren. Die Beteiligung bei den Yortr~gen war eine sehr rege. Es wurden ftinf Monats- versammlungen abgehalten, die yon durchschnittlich 38 Mitgliedern und G~tsten besucht wurden. Wiederum war es mSglich, die Mitglieder mit den Fortschritten auf den verschiedenen Gebieten der Mineralogie und der n~chst verwandten Wissenschaften bekauntzumachem Folgende Vortr~tge wurden gehalten:

13. J~tnner 1930. E. Dittler: Uber die Bauxite der Lagerst~tte G~nt in Ungarn. 3. Februar 1930. F. Raaz: Uber RSntgenanlagen ffir Kristallstmlktur-

forschung. 10. M~rz 1930. H. Tertsch: Verbreitung der Spaltbarkeit unter den Mineralen

und erste Messungsversuche.

Page 2: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

Mitteilungen der Wiener 5[ineralogischen Gesellschaft. 65

17. November 1930. Baron Potier" Edelsteine an morgenl~ndischen Waffen und deren Symbolik.

1. Dezember 1930. C. Hlawatsch: Neues Apatit- und Magnetitvorkommen an. den Totenk5pfen im Stubachtal. - - A. Marcher: Ein neues Christobalit- vorkommen bei Gleichenberg in Oststeiermark. - - H. H~eeber: ~ber eine neue Methode zur Bestimmung kleinster Wassermengen in Silikaten.

Sehr lehrreich waren auch die Ausstellungen yon Mineralen, die im Zu- sammenhange mit den meisten Vortr~tgen standen. Dank gebfihrt hier vor allem wieder der Direktion der mineralogisch-petrographischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien, besonders Herrn Dr. C. Hlawatsch, welcher zu den ausgestellten Objekten genaue Erl~uterungen gab. Aber auch private Sammler haben wesentlich dazu beigetragen, fiber die Ausstellungs- objekte ein mSglichst vollsgindiges Bild zu liefern. An dieser Stelte mSge allen Herren Vortragenden und Ausstellern ffir ihre Bem[ihungen der w~rmste Dank des Vorstandes ausgesprochen sein. Ausgestellt wurden folgende Minerale-

13. J~nner 1930: Neuerwerbungen der zaineralogisch-petrographischen Ab- tei!ung des Naturhistorischen Museum% 1. Tell.

3. Februar 1930: 2. Teil. 10. 3Iarz 1930: Wasserhaltige Ca-Mg-Phosphate und Arsenate. 17. November 1930: Beryll, insbesondere das neue Beryllvorkommen yon

Teregowa in Rum~nien. 1. Dezember 1930: ~[inerale aus dem Stubachtale.

Am" 21. und 22. Juni 1930 veranstaltete die Wiener ~[ineralogische Ge- sellschaft eine Wandertagung in Linz, um eiae engere Ffihlung mit den Mit- gliedern in OberSsterreich zu nehmen und hielt im oberSsterreichischen Landes- museum eine Wanderversammlung ab~ in welcher Herr H. Michel ,,Neues ~iber Edelsteine" berichtete und Herr H. Graber die Exkursion Linz--Gerling, Mfihl- lacken--Ober-L~ndshag erl~iuterte, die am n~.chsten Tage stattfand.

Im Verlaufe des Jahres erschienen die Hefte Nr. 92 und 93 der Mitteilungen und wurden den 5Iitgliedern zugesendet.

Die Bibliothek der Gesellschaft hat auch in diesem Jahre dutch Zeit- schriftentausch, besonders mit auslSndischen Gesellschaften, einen wesent- lichen Zuw~chs zu verzeichnen.

Die Zahl der Mitglieder betr~gt am Ende dieses Jahres 113, und zwar in Wien 59, in den fibrigen Bundesl~tndern 23 und im Auslande 31. Bei der Angabe tier Veranderungen in dem Mitgliederstande gedenken wir hier des Todes dreier Mitglieder: des Besitzers der Basaltwerke Radebeul, Herrn Robert Malik, des Herrn Bergrates Max Ritter yon Gutmann und des Herrn Hofrates Professor Dr. Cornelius Doelter. Ausgetreten sind die Herren Josef Bribitzer, Sekret~r~ Wien; Dr. Kleophas Hofmann, Gymnasialprofessor, Wien; Ing. Johann Peschl, Oberbaura% Wien; Dr. J. Porsche, Gymnasial- professor, Aussig, Tschechoslowakei.

Die Zusammensetzung des Vorstandes war [olgende: Vorsitzender: Herr Sektionschef Ing. Otto Rotky; I. Vorsitzender-Stellvertreter: Herr Professor Dr. Alfred Himmelbauer; II. Vorsitzender-Stelh'ertreter: Herr Hofrat Direktor

Mineralogische und Petrogmphische Mitteilungen. 42. 5

Page 3: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

66 Mitteilungen der Wiener Nineralogischen Gesellschaft.

Dr. Hermann Michel; Schriftffihrer: Herr Dr. Egon Harbich; Kassier: Herr Univers i t~ tsass is ten t Dr. Franz Raaz; fe rner die Herren Hofrat Prof. Dr. Friedrich Becke, Ministerialrat Dr. Fritz Distler, Prof. Dr. Emil Dittler, Prof. Dr. J. E. Hibsch, Zentra ld i rektor Dr.-Ing. Hans Karabacek, Hofrat Dr. Rudolf Koechlin, Hofrat Prof. Dr. Hermann Tertsch.

Als Rechnungspri i fer ftir das J ah r 1930 waren die Herren Prof. Dr. Hermann Graber und Prof. Dr. Hans Leitmeier gew~ihlt worden.

Nach Genehmigung des Jahresber ich tes verlas der Kass ie r F. Raaz den Kassaber ich t :

J ~ h r e s r e c h n u n g 1930.

E i n n a h m e n S

Kassarest yore Vorjahre*) Mitgliedsbeitrltge und

Spenden . . . . . . Taschenbitcher (2 Sttick)

1314

521 27

g A u s g a b e n

28 Neujahrsremuneration (Ji~nner 1930) . . . .

40 Kleine Ausgaben ftir Post, _ Drucksachen (Vorschui~

fiir Hausauslagen) etc. An Akad. Verl.-Ges., ftir

die ,Mitteilungen" Nr. 92 und 93 . . . . .

An Verlag Springer (ftir 10 Taschenbiicher) .

!1 Sonstige Auslagen .

Summe . . 1862 68 Summe . .

Summe der Einnahmen . . . . . S 1862"68 , , Ausgaben . . . . . . . 410'13

V e r m 0 g e n . . . S 1452"55

Davon in der Postsparkasse . . . . 1210'51 Bargeid . . . . . . . . . . . , 242"04

Gesamtbesitz . . . . . . . . . , 1452"55

W i e n . am 1. J~tnner 1931. Dr. _~ranz l~aaz, m.p. Sitckelwart

Uberpriift und nach Vergleieh mit den Belegen richtig befunden:

W i e n , am 17. J,tnner 1931. Prof. Dr. H. Leitmeier, m. p. Dr. Hermann Graber~ m.p.

Rechnungsprtifer

*) Darin sind enthalten die Betrfige ftir den Verkauf yon 8 Taschenbiichern der Min. Ges.

S g

55 - -

50 - -

106 78

135 63 35

410 13

Nach Genehmigung des Kassaber ich tes durch die Versammlung wurde auf Vorschlag des Vors tandes Herr Hofr~t F. Becke zum Ehrenvors i tzenden der Gesel lschaft gew~thlt. Die Wahl des Vors tandes erfolgte mittels Stimm- zet teln und ergab folgende Vors tandsmi tg l ieder : F. Distler, E. Dittler,

Page 4: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 67

E. Harbich~ J. E. Hibsch, A. Himmelbauer, H. Karabacek, R. Koechlin, L. KOlbl, H. Michel, F. Raaz, O. Rotky, H. Tertsch. Als Rechnungsprfifer fiir 1931 wurden die Herren H. Graber und H. Leitmeier gew~thlt.

Als Mitgliedsbeitr~ige fiir 1931 wurden ffir Mitglieder in Wien S 5.--, fiir Mitglieder auiterhalb Wiens S 3.-- und ftir Studierende S 2.-- festgesetzt.

Da ffir Punkt 5 der Tagesordnung kein Antrag eingelangt war, wurde die Jahresversammtung geschlossen.

In der anschliel~enden Monatsversammlung wurde ein u gehalten yon W. Hammer:

G e s t e i n e a u s d e n E r u p t i v g e b i e t e n T r a n s v a a l s .

Der Vortragende legte Gesteine aus Transvaal vor, welche er als Teil- nehmer an Exkursionen des XV. Internationalen Geologenkongresses im ,,Bushveld igneous complex" und im Gebiet yon Vredefort gesammelt hatte, und gab einen kurzen t~berblick iiber Zusammensetzung und Struktur tier beiden Eruptivgebiete und fiber einzelne der sich daran knfipfenden Probleme.

In der B u s c h f e l d e r u p t i v m a s s e regt die aulSerordentliche Mannigfaltigkeit der Gesteinsarten, die yon den sauren Graniten fiber Anorthosite und Norite bis zu den Pyroxeniten und Peridotiten und schliel~lich zu Chromiten und 5Iagnetiten reichen und fiberdies noch yon verschieden- a rtigen Alkaligesteinen (Nephelinsyeniten, Alkalisyeniten usw.) und den Kimberliten begleitet werden, besonders zum Studium der Differentiation ein.

Im unteren Teil der Noritzone steigert sich die Differentiation des 5iagmas zu einem bandweisen Wechsel der Gesteinsarten, der auch zur Aus- scheidung der wirtschaftlich so bedeutungsvotlen Platinerzlagerst~ttten (Sierenskihorizont) und der Chromitlager fiihrt. Die Eigenart der Bildung wird noch erh6ht durch die fltizartige Best/indigkeit, mit der manche Differentiate, so auch die Erzlager, sieh fiber viele Kilometer weir erstrecken.

Es erhebt sieh die Frage, ob der Zerfall des Stammagmas erst am Platze oder schon vor der Intrusion erfolgte. E. Reun~Jzg bat in einer kfirzlich ver- 5ffentlichten Arbeit ~) auf Grund des reichen Analysenmaterials, das durch die Arbeiten der sfidafrikanischen Geologen, yon R. Daly und ihm selbst zu- stande gebracht wurde, gezeigt, dag die Gesteine des Buschfeldkomplexes nicht eine einheitliche Differentiationsreihe bilden, sondern jede der be- teiligten Gesteinsgruppen m Granite, Norite und aueh selbst deren Unter- gruppen, Pyroxenite, Dunite, Erze - - selbst~tndige Reihen bilden, deren Kurven im Differentiationsdiagramm sich nicht aneinanderschliei~en; er fiihrt die Be- sonderheiten dieser Differentiationen auf Einschmelzung x on Karbonat- gesteinen zurfick, und zwar arts dem Dolomit der Pretoriaserie, die allseits unter die Eruptivmasse einfallend die flachmuldenfSrmig e Unterlage des Busch- feldkomplexes bildet.

Die Spaltung des Stammagmas in die granitischen und in basische Magmagruppen erfolgte jedenfalls in der Tiefe und obige Umst~tde sowie ge- wisse LagerungsverhliItnisse sprechen dafiir, dal~ auch der noritische Komplex schon in der Tiefe sich spaltete und in wiederholten Intrusionen die grol3e

~) Differentiationen und Differentiationsprobleme sfidagrikanischer Ge- steinsmagmen. Compte rendu des XV. Int. Geol. Congr., II. Bd., S. 37, 1930.

5*

Page 5: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

68 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

Noritzone aufbaute. Sicher hat aber auch am Platze noch eine Sonderung des Magmas nach der Schwere stattgefunden, wie dies sehr schSn an den Magnetitlagern im Anorthosit (Magnet Heights) und auch an dem Merenskireef zu sehen ist, wogegen die in Vielzah! parallel tibereinander im Anorthosolit liegenden dtinnen Chromitb~inder (Devars river) noch keine befriedigende Deutung gefunden haben. Im ganzen fiberblickt, liegen die schwersten, basischen Gesteine zu unterst, al$ tiefster Teil der Noritzone; nach obea folgen die normalen Norite und die ,uppermost norites", welche sieh petro- graphisch und chemisch schon an die Granite ann~hern (Hornblendequarz- syenite und andere). Darfiber breitet sich dann der rote Granit aus, der den Norit durchbricht.

Betrachtet man ein in gleichem H(ihen- und Liingenmat~stab gezeichnetes Profil des Buschfeldkomplexes, so fitllt zunlichst die sehr flache Ausbreitung der Magmen bei relativ geringer Dicke der Masse auf. Bemerkenswert ist aber dabei, dal~ die Autoren - - bei sonstiger Verschiedenheit der Meinungen fiber die Altersfolge der MagmafSrderungen - - in der Annahme iibereinstimmen, dal~ der Granit entweder frei an der Oberfl~tche unter seiner eigenen ersten Erstarrungshaut (Daly) oder sehr nahe unter tier Oberflliche, nut mit einer diinnen Sedimentdecke tiber sich (Hall): also ein salisches Magma auf oder nahe unter der Erdoberfl~iche mlt der Struktur eines grobkSrnigen Tie[en- gesteins erstarrte, allerdings fiber einem grol~en Magmaherd und einer von zahlreichen Intrusionen durchtriinkten Sedimentfolge.

Die Alkaligesteine, welche als letzte MagmafSrderung des Buschfeld- herdes als vulkanisehe Durchbrfiche am Rand des Komplexes auftreten, ver- binden ihn mit dem V r e d e f o r t g e b i e t. Hier ist durch eine grSl3tenteils noch in der Tiefe verborgen liegende Masse yon Alkaligranit eine ~ltere Granitmasse in einem kreisrunden Aufbruch emporgehoben worden und hat die Sedimentdecke nach allen Seiten gegen aul~en umgestfilpt. Die jfingeren Granite haben die Sedimentdecke im Kontakt stark metamorphosiert. Durcb die Emportreibung ist eine intensive Zerklfiftung des alten Granits und aueh der Sedimentdecke erzeugt worden. Dabei ist an den Klfiften Gesteinsmaterial fein zermalmt und dutch die Reibungswltrme, vielleicht auch unter Mitwirkung yon Durchgasung (Shand), geschmolzen worden. In der Schmelze sind mehr oder weniger weitgehende Neukristallisationen erfolgt: Es sind die so- genannten Pseudotachylite, wie sie in gleieher Ausbildung auch yon den Hebriden und aus den Alpen bekannt geworden sind.

Monatsversammlung am 9. Februar 1931 im mineralog.-petrograph. Institute der Universitlito

Anwesend 44 l~Iitglieder und Giiste.

Zun~tchst wurde die Zusammensetzung des Vorstandes bekanntgegeben: Ehrenvorsitzender: F. Becke; Vorsitzender; F. Distler; I. Stellvertreter: A. Him- melbauer; II. Stellvertreter: H. Michel; Kassier: F. Raaz; Schriftffihrer: L. Har- bich; Mitglieder des Vorstandes: E. Dittler, J. E. Hibsch, H. Karabacek, R. Koechlin, O. Rotky, H. Tertsch.

Page 6: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

Mitteiiungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 69

Vortrag A. Tschermak-Seysenegg:

U b e r e l e k t r i s c h e E r s c h e i n u n ~ e n b e i m K r i s t a l l i - s i e r e n .

Zur AuslSsung des Kristatlisierens ribers~tttigter LSsungen oder Schmelzen yon Natriumazetat mit drei Molekeln Kristallwasser ist als form- spezifischer Keim ein Kristall der wasserreichen Stufe dieser Substanz, also

on Natriumazetat-Trihydrat erforderlich, wahrend die heteromorphen Kristalle der drei wasser~trmeren Stufen derselben Substanz indifferent sind wie die an Form, bzw. Raumgitterstruktur verschiedenen Kristalle einer fremden Substanz - - beispielsweise Kaliumazetat, Kochsalz, Natriumthiosulfat, Kupfervitriol, Salol.

Beim Fortschreiten der Kristallisation einer Strecke tibers~tttigter LSsung yon Natriumazetat-Trihydrat tritt eine wellenfSrmig ablaufende Potentialschwankung auf, welche sich bei leitender Verbindung in Form eines Kristallisationsstromes abgleicht, wobei im Falle bipolarer Ableitung gleich- zeitige Thermo- und Konzentrationsstriime (vom Charakter yon recht geringen Dauerpotentialen) eine unvermeidliche, doch unwesentliche Komplikation be- dingen. Kristallisieren bedeutet also eine Energieabgabe nicht blo5 in Form yon W~rme (und zwar wachsend mit Erniedrigung der Ausgangstemperatur), sondern auch in Form yon Elektrizit~tt. Als Tr~iger positiver Ladung ergibt sich eine betr~tchtlich ausgedehnte Grenzphase des Kristallmagmas selbst gegen die LSsung. Andererseits erweist sich die Grenzphase der L(isung gegen Luft als doppelsinnig: positiv-negativ geladen. Diese Erscheinungen wurden durchwegs photographisch registriert, die kristallelektrischen StrSme am Saitengalvanometer und Kapillarelektrometer nachgewiesen. Die beobachteten Kristallpotentiale kommen als ausl(isendes Agens frir die Ausbreitung der Er- starrung nicht in Betracht, da die ribersltttigte Liisung sowohl bei Zuleitung der verschiedensten elektrischen StrSme (galvanischer, faradischer, Intluenz- Entladungen) als aueh yon KristallaktionsstrOmen einer anderen Ltisungsprobe nicht erstarrt. Wohl aber treten dabei infolge von Wasserverbrauch durch Elektrolyse eventuell indifferente Kristalle der nachsten wasser~rmeren Stufe yon Natriumazetat auf. Bei diesen Versuchen ergab sich auch eine bequeme Methode zur Beobachtung yon Elektrolyse und damit yon Polbestimmung an Gleichstrom wie auch an Wechselstr0men verschiedener Art (Ausfrihrliche Vertiffentlichung: Ztschr. f. Krist. 79, 465 [1931]).

A u s s t e 11 u n g : Neuerwerbungen in der mineralog.-petrograph. Ab- teilung des Naturhistorischen Museums.

Von den teils durch Schenkungen, teils durch Kauf erworbenen Stricken sind bemerkenswert:

HOrnesit: rosarot. Von Nagyag. Titanit: Griesertal, Kanton Uri. Dolomit: eine Gruppe wasserheller Rhomboeder von Sunk bei Trieben (Vor-

kommen ganz ~ihnlich dem aus der Veitsch).

Page 7: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

70 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

Monatsversammlung am 2. M~trz 1931 im mineralog.-petrograph. Institute der Universit~t.

Anwesen4 25 Mitglieder und Giiste.

Vortrag A. Schiener:

L i e v r i t y o n S e r i p h o s .

Gelegentlich eines kurzen Aufenthaltes auf der Kykladeninsel Seriphos im Sommer des Jahres 1929 konnte auch das schon seit Frenzel 1895 bekannte Lievritvorkommen einer kurzen Untersuchung unterzogen werden. Die wegen ihres grol3en Eisenerzreichtums schon seit alters her bertihmte Insel wird yon einem System alterer kristalliner Schiefer (Gneise, Amphibolite, Marmore, Gneisphyllite) aufgebaut, das diskordant yon einem gro~en Granitstock durehbrochen wurde. Die hCichst interessante Lievritlagersti~tte, eine typische Kontakt- (Skarn-) Bildung, ist im Westen der Insel an der Steilktiste der Bucht Kalabatsinas recht gut aufgeschlossen und zeigt folgende Verh~tltnisse: Inl Liegenden der streng konkordant gelagerten Gesteinsk(irper treten feink~irnige Gneise auf, die yon Kalk- und Dolomitmarmoren fiberlagert werden. Auf ihnen liegt in gleich fiacher Lagerung (15 bis 20 ~ eine etwa 30 m starke Pyroxenitmasse, die grol~e Lievr~tmengen eingeschlossen enthi~lt, und dann folgt im Hangenden eine m~tchtige Zone yon ~ul3erst z~then und feinkSrnigen ttornfelsen, die ihrerseits wieder yon konkordant eingedrungenen Granit- g'~tngen durchsetzt werden. Der Lievrit findet sieh nun grSl~tenteils in Form zahlreicher, etwas gestreckter Geoden yon durchschnittlich 1 bis 2 m Dureh- messer in der dunklen, wirrstrahligen Masse des Pyroxenits (Diopsid-Heden- bergit), in welchen viele Kristalle gefunden werden, die yon den aus reinem Lievrit bestehenden Geodenwanden in die Hohlr~tume hineingewachsen waren. Diese Hohlr~tume wurden dann teilweise mit Quarz und Kalkspatsubstanz ausgeftillt, deren lauehgrfine Farbe yon winzigen Strahlsteinnadelchen herrtihrt.

Die Lievritkristalle sind nach der c-Axe gestreckt, und zwar tritt diese Streckung bei zunehmender Griil~e immer mehr zugunsten des Dickenwachs- turns zurtick, so dalil sich allnl~thlich aus dem s~uligen ein nahezu isometrischer Typus entwickelt. (Kristalle yon fiber l kg Gewicht sind nieht selten.) Verwachsungen nach (100) oder (010) werden vielfach beobachtet, wobei die Fl~che (101) meist gemeinsam bleibt. Nicht gerade selten sind Verwitterungs- erscheinungen festzustellen, die sich nicht immer nur auf die Oberfl~che (Limonitfiberzfige) beschranken, sondern aueh auf Spalt- und Kluftfl~ichen ins Innere der Kristalle eindringen. So wie an den Elbaner Lievriten ist auch an den untersuchten bisweilen ein farbiger und damaszierter Schimmer zu be- obachten. Der farbige Schimmer tritt fast stets nur auf der Spaltfl~tche (010) auf, und die Untersuchung l~tl~t eine Umwandlung der in buntesten Farben ergl~nzenden Fl~che in Eisenglanz (in submikroskopischen Schichten) wahr- seheinlich erscheinen. Der meist nur auf (101) auftretende seidige Schimmer aber verdankt au~erordentlich feinen :~tzgrttbchen seine Entstehung.

Die ftir Lievrit so charakteristische Riefung der Prismenzone parallel der aufrechten Axe ist an den Kristallen yon Seriphos sehr gut zu sehen und es sind alle ~berg~tnge bis zu einer erst unter dem Mikroskope erkennbaren

Page 8: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

Mitteilungcn der Wiener Mineralogischen Gesellschaft. 71

Feinriefung zu beobachten. In der Zone [101] sind alle Oberg~nge yon der Kombinationsriefung in die Zonenriefung festzusteHen.

Yon fiber 100 vorhandenen Kristallen konnten nur 17 mit dem zwei- kreisigen Goniometer gemessen werden, wobei sich aber Riefung und krumme Fl~chenbildung oft als sehr stOrend erwiesen. Bei der Messung zeigte sich, dab fast alle gemessenen Kristalle keine Einzelindividuen sind, sondern Parallelverwachsungen nach (010) yon zwei oder mehreren Individuen. Die neubestimmten Elemente a : b : c = 0"6690 : 1 : 0"4452 weichen nut um weniges yon den fiir die Elbaner Lievrite bestimmten Werten Descloiceaux' ab. Ob- wohl das Wachstum nur auf die beiden Zonen [001] und [101] beschrltnkt ist, ist die Zahl der entwickelten Fl~tchen aul~erordentlich grol3, deren Identifizierung aber wegen der gro]en Winkelschwankungen nicht immer ein- deutig erfolgen kann. Von den zahlreichen neuen Formen ist nur (12.25.0) fast an alien Kristallen auftretend und zuweilen sogar trachtbestimmend. Die wich- tigsten trachtbestimmenden Formen aber sind: (110), (120) oder (12.25.0), (101) und (111), wobei zu bemerken ist, daI~ die Fl~tche (101) selbst hie auftritt, sondern stet~ durch Vizinale ersetzt wird.

Die Untersuchung nattirlicher und kiinstlicher ~_tzfiguren best~ttigte die ZugehSrigkeit zur Stufe V. des rhombischen Kristallsystems. Die Kristalle sind schwarz, glasgl~nzend, muschelig brechend, ihre H~trte ist 6. Spaltbarkeit ist nur nach (010) zu beobachten. Die Dichte betr~tgt 4"0397 (18~

Die Ergebnisse yon zwei chemischen Analysen entsprechen vollkommen der ~'on Stddeler attfgestellten Formel H2Fe~Ca2Fe~Si~Ols. Auff~tllig ist der geringe MnO-Gehalt (0"27%) und der verh~ltnism~l~ig" grol3e (1"75%) Ton- erdegehalt, der an Stelle des Fen[ in die Verbindung eingeht. Der Lievrit yon Seriphos ist der 5InO-~trmste Lievrit und es konnte gezeigt werden, dab ein direktes Verh~ltnis zwischeu ~fnO-Gehalt und Axenl~tngen bloB auf Grun4 der meist nut unvollkommenen ituBeren Morphologie sich nicht einwandfrei nachweisen l ~ t .

Die An~tzung der kiinstlich angeschliffenen Endfl~iche (001) mit heifer verdtinnter HCI liei~ vielfach einen sehr deutlich ausgepr~tgten Zonarbau zu- tage treten, der auf isomorphe Schichtung zuriickgefiihrt wird. Es ist hSchst- wahrscheinlich der in den einzelnen Schichten wechselnde Tonerdegehalt, der die verschiedene S~urelSslichkeit der einzelnen Zonen bedingt. Der Nachweis ftir diese Annahme konnte jedoch wegen der ganz geringen M~tchtigkeit der Schichten nur indirekt (Dichteunterschiede) erbracht werden.

Es wurde ferner die Neigung dieser Zonen zu den haarscharfen Spuren der Spaltrisse nach (010) gemessen und hiebei festgestellt, dal~ die Anlage vieler schon goniometrisch festgestellter neuer Fl:,tchen (u eine ursprtingliche ist. Eine gauze Reihe der an den griechischen Lievriten neu beobachteten Formen konnte so auch im ~tzbilde ziemlich einwandfrei nach- gewiesen werden.

Von optischen Eigenschaften konnte nur folgende festgelegt werden: Die Axenebene liegt parallel (100). 1. Mittellinie ~ c ~-- y. Der Pleochroismus in ungef~thr 0"01 mm starken Schliffen ist: a ~--lichtes Gelbbraun, b-----Dunkel- braun, c ~ vollst~tndige Absorption.

Page 9: Mitteilungen der Winer Mineralogischen Gesellschaft

72 Mitteilungen der Wiener Mineralogischen Gesellschaft.

A u s s t e 11 u n g : Fe-Kontaktminerale. Aussteller: Mineralogische Abteilung des Naturhistorischen Staatsmuseums und

Mineralogisch-petrographisches Universit~tts-Institut. Magnetkies: derb, in Marmor, Auerbach a. d. Bergstrafie. Hiimatit: verschiedene kristallisierte Stufen, Elba;

gute Kristalle, Dognacka. Pleonast: Oktaeder im Kalksilikatgesteine, Monzoni;

Oktaeder in Hohlr~umen eines Sommakalkblocks, Vesuv. Franklini t : gro~e 0ktaeder, Franklin Fournace (New Jersey). Magnoferrit: kleine KSrner in Marmor, Sehellingen (Kaiserstuhl). Magnetit: derb, mit Granat, Schmiedeberg im Riesengebirge;

kleine Kristalle auf derber Masse, Predazzo; derb, Calamita auf Elba; Kristalle (110), Moravica; Kristalle (110) mit Kupferkies in Marmor, Traversella; Kristalle (111) mit Meroxen in KalkblScken, Vesuv; derb, mit Serpentin~ Pitk~tranta; feinkSrnig, Orij~trvi; kleine Kristalle (111) in derbem Material~ Goroblagodat (Ural).

Lievrit: mit Quarz, Kupferberg; Gruppe rostiger Kristalle, angeblich Moravica; Kristalle und stengelige, zum Teil zersetzte Massen, Capo di Calamita

(Elba); Drusen kleiner Kristalle, Sierarsuit (GrSnland).

Monatsversammlung am 27. Apri l 1931 im mineralogisch-petrographischen Insti tute der Universit~tt.

Anwesend 42 Mitglieder und G~tste. Vortrag F. Raaz: R ~ i n t g e n o g r a p h i s c h e S t r u k t u r u n t e r s u c h u n g u n d

i h r e B e d e u t u n g f i i r d i e S i l i k a t t e c h n i k . Im folgenden soll das Arbeitsfeld rSntgenographischer Strukturfor-

schung veranschaulicht werden und dabei auch auf die Bedeutung hingewiesen sein, die solche Untersuchungen ffir gewisse Probleme der Praxis haben kSnnen, wie das hier speziell ffir ein Gebiet der Silikattechnik - - die Zemente

- - ausgeftihrt sei. Physikalisch-chemisch handelt es sich demnach in unserem Falle um

das Dreistoffsystem Kalk--Tonerde--Kieselsl iure, das nach den klassischen Untersuchungen der amerikanischen Forscher G. A. Rankin und E. S. Shepherd als Musterbeispiel eines tern~ren Zustandsdiagramms fiber Silikatgleich- gewichte anzusehen ist.

Es mSge daher auch das Wesen rSntgenographischer Strukturanalyse an einer Verbindung aus diesem Dreistoffsystem erlliutert werden und es seien zu diesem Zwecke die Strukturuntersuchungen des Verfassers 2) fiber

~') F. Raaz, ~ber den Feinbau des Gehlenit. Ein Belting zur Kenntnis der Melilithe. Akad. d. Wiss. Wien, Sitz.-Ber. math.-nat. K1, Abt. I, Bd. 139, 1930.

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den synthetischen Gehlenit als einer tern~tren Verbindung aus diesem System hier kurz behandelt, a)

In der Dreiecksprojektion des Systems CaO--AhO~---SiO: (siehe Fig. 1) sind in den Eckpunkten des gleichseitigen Dreiecks die drei Komponenten dargestellt; die drei Seiten bedeuten je eines der drei bin~tren Systeme der betreffenden Oxyde. Auf diesen Dreieckseiten sind, namentlich im System CaO--SiO, und im System CaO--A12Oa, eine Reihe yon Verbindungen ein- getragen, die bei der experimentellen Erforschung dieser Schmelzzusammen- setzungen aufgefunden wurden.

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C~zO.

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Jc o.&oj s gJ1zz j o.s, zzo3 z~zo C~c o. ,4Zz 03 zoso

Fig. 1. System Ca0--AI,~03--SiO~. (naeh t~ankin, revidiert yon Greig) mit Kenn- zeichnung der Konzentrationsgebiete yon Portlandzementen und Aluminatzementen

(naeh K. Endell, G. Agde, Ir Klemm sowie W. Dyckerhoff).

Tern~tre Verbindungen (mit kongruentem Schmelzpunkt) sind in diesem Dreistoffsystem nur zwei vorhanden, n~mlich der Anorthit CaO. A1203.2 Si02 und der Gehlenit 2 CaO. A12Oa. Si02.

Wenn wir das Dreistoffsystem im Hinblick auf den Chemismus der Zemente betrachten, so ergibt sich folgendes Bild:

Im Zustandsdiagramm (Fig. 1) ist das Feld schraffiert gekennzeichnet, das tier Zusammensetzung der Portlandzemente entspricht, und nach der

3) Von der Besprechung der verschiedenen experimentellen Verfahren einer Feinstrukturuntersuchung, wie sie Verfasser in dem gehaltenen Vor- trage gegeben hat, mul~ hier aus Raumgrtinden abgesehen werden.

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tonerdereichen Seite anschliei3end der Bezirk, in dem sich die Zusammen- setzung der Tonerde-(Aluminat-)Zemente bewegt.

Ohne zunlichst auf die verschiedentlichen kristallinen Bestandteile der Zementklinker einzugehen, sei hier nur erw~hnt, daI~ nach mikroskopisehen Untersuchungen yon G. Agde und R. Klemm ~) in den Aluminatzementen auch ein melilithartiger KOrper (Gehlenit!) in glasiger Grundmasse als nicht un- wesentlicher Bestandteil enthalten ist.

Mit der Konstitution, bzw. dem Feinbau des in diesem Dreistoffsystem als stSchiometrisehe Verbindung streng definierten KSrpers 2 CaO. A120~. SiO,_, - - dem Gehlenit - - wollen wir uns etwas n~ther beschliftigen.

Auch mineralogisch ist dieses Gehlenitmolekfil yon grol3em Interesse, da es eine wesentliche Komponente in der Mischkristallreihe der Melilithe vorstellt. Durch mineralsynthetische Untersuchungen von Y. B. Ferguson und A. F. Buddington konnte das dieser Mineralgruppe offenbar zugrunde liegende bin~re System: Gehlenit (Ca2A12SiOT)--Akermanit (Ca._,MgSi~07) hinsichtlich der physikalisch-chemischen Verhiiltnisse genau studiert werden und es wurde die Itickenlose Mischbarkeit dieser beiden Komponenten festgestellt (bin~ire Mischkristallbildung mit Schmelzpunktminimum).

Was die Strukturuntersuchungen an sich anbelangt, so war es noch vor kurzer Zeit aul3erordentlich sehwierig, Strukturen mit mehr als zwei oder drei Parametern zu bestimmen. Es bestand daher wenig Hoffnung, den Bau der Silikate zu ergriinden. Doch gelang es in den letzten Jahren dem englischen Physiker W. L. Bragg, Methoden auszuarbeiten, die es gestatten, auch Struk- turen mit vielen Parametern, wie sie in komplex gebauten Silikaten vor- liegen, zu ermitteln.

Fiir den Bau der Silikatstrukturen ist namentlich die SiO-Gruppie- rung yon grundlegender Bedeutung. In manchen F~llen ergibt sieh die Struk- tur als die einer kubisehen oder hexagonalen diehtesten Paekung yon Sauer- stoffionen, die durch die eingebauten Kationen mehr oder weniger be- einflulSt wird. Bei anderen Gruppen der Silikate ist der Bau aber nicht so einfach zu erkl~tren. Soweit bekannt, ist die Si04-Gruppe immer tetraedrisch gebaut, mit Si im Zentrum.

In unserem Falle des Gehlenit ist nun auch eine vollst~ndige Struktur- bestimmung eines synthetischen Silikates durchgeffihrt worden, yon der Er- w~tgung ausgehend, dai~ die Konstitution so kompliziert gebauter Misch- kristalle, wie sie in den Melilithen vorliegen, nur dann einer Kl~trung ntther- gebracht werden kann, wenn man die synthetisch reinen Verbindungen der Endglieder vorerst genau kennt.

Es wurde daher auf synthetischem Wege reines Gehlenitmaterial fttr die RSntgenuntersuchung hergestellt, um die voile Sicherheit beztiglich der ehemischen Zusammensetzung als einer streng definierten Verbindung zu haben, die im Dreistoffsystem durch ein Maximum, das den kongruenten Schmelzpunkt yon 1590 o C angibt, gekennzeichnet ist.

Das Ergebnis der Strukturuntersuchung ist in der beigegebenen Zeich- hung (Fig. 2) im GrundriI~ dargestelit.

4) G. Agde und R. Klemm, Ztschr. f. angew. Chem. 39, 175--186 (1926).

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Fig. 2. Grundrig der Gehlenitstruktur. Die Ziffern bei den Atompositionen bedeuten die z-Koordinatea in Hundertsteln

v o n O o . )

Der ElementarkSrper ist das te t ragonale Prisma mit den Kantenl~tngen

ao = 7'69 co = 5"10 A.

In diesem ElementarkSrper sind zwei Molektite der untersuchten Ver- bindung Ca..AI,,Si07 enthalten.

Es waren also unterzubringen:

2 Si-Atome 4 A1-Atome 4 Ca-Atome und 14 O-Atome.

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Als Raumgruppe (dies bedeutet eine Kombination yon Symmetrie- elementen des Feinbaues) wurde ~ bestimmt, also gehSrt der Gehlenit in eine mindersymmetrische Klasse des tetragonalen Systems, n~mlich in die Klasse IV a (tetragonal-skalenoedrisch) und ist nicht holoedrisch~ wie man bisher auf Grund der kristallographischen Untersuchungen angenommen hatte.

Wir haben also auch keine vierzS~hligen Deckachsen, sondern nur vier- z~hlige Inversionsachsen, die zweiz~hligen Deckachsen gleichkommen: sie verlaufen in vertikaler Richtung durch die Eckpunkte und durch die Mitre des Raumgitters.

Weiters sind vorhanden horizontale Schraubenachsen [I [100] durch 0 ~ 0 , 0 � 9 0 und 0 �88 �89 0 �90 �89 und analog solche [I [010] sowie zweiz~hlige vertikale Deckachsen durch �89 00, 0 �89 0, ferner vertikale Orthogleitspiegel- ebenen (Gleitkomponente a/s) diagonal durch die Mitte und vertikale Spiegel- ebenen diagonal durch die Quadranten; in diesen Spiegelebenen sind ver- schiedene Atomsorten placiert, n~tmlich A1

Ca und 40, w~ihrend zwei weitere O-Atome

auf den zweiz~hligen Deckachsen liegen; die restlichen acht O-Atome sind in allgemeinster Lage (3 Parameter) angeordnet.

Si nimmt hier die Eckpunkte und die Basismittelpunkte dieses Raum- gitters ein und ist tetraedrisch yon 40-Atomen umgeben. ( 0 - - 0 = 2"70 A.)

Auch das A1 ist tetraedrisch yon 0 umgeben mit einer etwas g r ~e r e n Tetraederkante (2"80 A). Die Basis des A1-Tetraeders ist horizontal und ge- bildet yon zwei O-Atomen in allgemeinster Lage und einem 0 auf der zwei- z~hligen Deckachse; die Tetraederspitze ist durch ein O-Atom in dieser Spieg'elebene gebildet. ~)

Das Ca (ebenfalls in den Spiegelebenen) nimmt die Mitte des freien Raumes ein und ist so yon 8 Sauerstoffatomen (8er Koordination) umgeben; es liegt fast in der HShenmitte.

In dieser Struktur waren 10 Parameter auf Grund von Intensit~ts- berechnungen der reflektierenden Netzebenen zu bestimmen.

Ist durch dieses Beispiel eine Vorstellung yon dem Ziele rein wissen- schaftlicher Strukturforschung gegeben, wie es durch eine solche vollst~ndige Strukturbestimmung - - d. h. sichere Kenntnis der Raumgruppe und weiters durch die Atomlagenbestimmung - - erreicht erscheint, so mSge zum Schlu~ noeh ein anderes Beispiel hier angeftihrt werden, welches zeigen soll, dal~ die R~ntgenuntersuchung auch in vielen F~llen schon mit ganz einfach dureh- zufiihrender vergleichender Ausmessung yon Pulverdiagrammen (Debye- Aufnahmen) wertvolle Dienste ftir den Chemiker und Praktiker leisten kann: Es lassen sich durch solche Bestimmungen oftmals Entscheidungen treffen fiber Fragen, die allein weder dutch chemische Analyse oder krista]loptische Unter- suchung noch durch thermische Analyse zu klitren sind. So sei auf die zahl-

~) Es besteht die MSglichkeit, dal~ die vierzlihlige Punktlage des A1 abwechselnd durch A1 und Si besetzt ist und die restlichen 2 A1 dann die fiir Si angegebenen Positionen einnehmen. Diese Frage wurde often gelassen. (8ieh e F. Raaz,, Ober den Feinbau des Gehlenit etc., 1. c., p. 664.)

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rcichen Bemiihungen verwiesen, die zur Klltrung der Konstitution des Port- landzementklinkers unternommen worden sind.

Seit den grundlegenden Arbeiten yon Le Chatelier, T6rnebohm und Michaelis, die Konstitution der Portlandzementklinker mittels mikroskopisch- petrographischer Untersuehungsmethoden klarzustellen, sind nun schon mehrere Jahrzehnte vergangem ohne dab es seither durch die vielen Arbeiten dieser Art gelungen w~ire, das Problem einer befriedigenden LSsung" zu- zufiihren.

Besonders fiber den Hauptbestandtei! des Klinkers, den ,,Alit", ~) als Tr:,tger der hydraulischen Eigenschaften, ist ein iiberaus heftiger Streit ge- fiihrt worden, der sich haupts~chlich um die Existenz einer vermuteten tern~ren u 8CaO.AI.~03.2SiO.., (zur Orientierung im Dreistoff- system eingetragen, siehe Fig. 1), des sogenannten ,,J~tnneckeits" drehte, die in isomorpher .:'v[ischung mit 2CaO.SiO.. oder 3CaO.Si02 dem Alit ent- sprechen sollte. Auch dureh dig tiberaus sorgf~Itigen Untersuchungen yon W. Dyckerhoff (1925) ,s den Vertauf der Mineralbildung beim Erhitzen yon Gemengen aus Kalk, Kiesels~iure und Tonerde" kSnnen die gewonnenen Ein- blicke nicht ohneweiters auf die beim Brennen des Zementrohmehles ein- tretenden Reaktionen iibertragen werden.

Zusammenfassend l~il~t sich sagen, dal~ sich im wesentlichen folgende zwei Auffassung'en als wissenschaftlich besser gestfitzt durchgerungen hatten:

Die Ansicht der amerikanischen Forscher Rankin u. a., dal~ der Alit identisch mit der Verbindung 3 CaO. SiO.~ sei

und die Theorie der Mischkristallbildung zwischen 3CaO. SiO.., und 3 CaO. AI.~03.

Nun wurde spezielI durch rSntg'enographische L'ntersuchungen 7) der alte Streit fiber die Konstitution des Hauptklinkerminerals (des Alits) dahin entschieden, da[t im Alit des Por*~landzementklinkers praktisch reines Tri- kalziumsilikat vorliegt. Der Feinbau des A!its, wie er sich in dem zur Iden- tifizierung angefertigten Debyediagramm kundgibt, stimmt im wesentlichen mit jenem des Triealeium~ilikats tiberein, wie Guttmann und Gille s) nach- weisen konnten.

Auch die Frage nach der vermuteten Mischkristallbildung des 3 Ca0. Si02 mit dem 3 CaO. Al.~O3 ist vor allem auf Grund der R(~ntgenuntersuchung gelSst worden. Es wurde n~imlich 3CaO.SiO.. und 3CaO.A1203 in wechsetnden 5fengenverhi~ltnissen bei hohen Temperaturen zusammengebracht, um zu entscheiden, ob es mOglich sei, dais wesentliche Mengen yon 3 CaO.Al:03 in das Tricalciumsilikat eintreten ktinnen. Die Frage ist zu verneinen: denn die

6) Mangels genauerer Kenntnis wurden die Bestandteile der Portland- zementklinker von Tgrnebohm allgemein als Alit, Belit, Celit und Felit be- zeichnet.

7) j . Weyer, Der Verlauf der Reaktion yon Kaolin und Kalk bei stati- scher Erhitzung. Ein Beitrag zur Theorie des Zementbrennens un4 der Kon- stitution des Portlandzementklinkers. Dissertation, Kiel 1930.

s) A. Guttmann und F. Gille, Chemische, mikroskopische und rSntgeno- graphische Alituntersuchungen und ihre Ergebnisse. ,,Zement" 1929, Heft 30.

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!nterferenzlinien des Tricalciumaluminats verschwinden nicht, was eintreten mti~te, falls sich Mischkristalle bildeten.

Mit diesen wenigen Hinweisen auf ein Gebiet der Materialienkunde sollte nur gezeigt werden, dai~ die Heranziehung yon RSntgenmethoden auch ffir die Silikattechnik yon Bedeutung sein kann, wie ja andererseits durch das Interferenzph~nomen der RSntgenstrahlen ein weites Arbeitsgebiet tief- greifendster Forschung der mineraIogischen Wissenschaft neu erschlossen worden ist, das seit der gro~en Entdeckung M. v. Laues eine aul~erordentliche Entwicklung bereits erfahren hat.

A u s s t e 11 u n g : Melilith- und Skapolithgruppe. Aussteller: Mineralogische Abteilung des Naturhistorischen Staatsmuseums. Gehlenit: braune, bis 8ram lange Kristalle in Marmor, Le Selle (Fassatal);

braunes, massiges Sttick, Oravica. Melilith: braune, etwas zersetzte Kristatle mit Nephelin in Kltiften eines

Melilithbasaltes, Podhorn bei Marienbad; kleine, rotbraune Kristalle, Capo di Bove bei Rom.

.~[elilith- und Akermanitschlacken: Friedenshfitte, 0berschlesien (siehe C. Hlawatsch, Min. u. petr. Mitt. XX, 1904);

Gottes-Belohnungshiitte, Mansfeld Bredsj6, Sandwicken (Schweden). (Material J. H. L. Vogt.)

Mizzonit: kleine Kristalle in Sommablock, Vesuv. Dipyr (Couzeranit): Kristalle in Marmor, St. B~at bei Lychon (Pyren~en);

knotige Kristalle in Biotitschiefer, Pic du Midi bei Bagn. de Bigorre (Pyren~ten);

grol~e, bla~griine Stengel, La Hignera Coquimbo (Chile). Skapolith: kurzs~tulige Kristalle, Rosenburg am Kamp;

brSunlichweil~e, trtibe Kristalle mit Meroxen, Fassatal; grol~e, 4 cm lange Kristalle, Tempelstein (M~thren); grol~e Kristalle, Arendal; grol~e Kristalle, Laurinkari (Finnland); Kristalle mit Kupferkies, Kurilaxari (Finnland); dicke, graue Kristalle, Pargas (Finnland); lichtgraue Kristalle mit Diopsid, Akudlek (Gr6niand); groiSer Kristall, Burgas (Kanada); blal~griine Kristalle, St. Lawrence Co., New York.

Mejonit: mehrere Stufen mit farblosen Kristallen, Yesuv. Prehnitoid: derb, mit Hornblende, Solberget (Schweden). Eckebergit: br~tunlich, splitig, Hesselkulla (Schweden). Gabbronit: stengelig, mit Magnetit, Krager~i (Norwegen). Porzellanspat: OberzetI bei Passau. Algerit: in Marmor, Sussex Co, New Jersey. Wilsonit: sp~tig, Templeton (Kanada). Nuttalit: graubraune Stengel in kSrnigem Kalkstein, Boston (Mass.). Glaukolith: Sludianka (stidlich yore Baikalsee). Sarkolith: Kristalle in Sommakalkstein, Vesuv.