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Illustriertes Buch über menschliche Mimik. Autorin und Illustratorin: Anna Deeva

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Vorwort ............................................................. 5

Basisemotionen ................................................. 8

Angst .................................................................. 16

Überraschung .................................................... 20

Zorn .................................................................. 24

Ekel ................................................................... 28

Freude ............................................................... 32

Trauer ................................................................ 38

Mimik der Kinder ............................................... 42

Mimik der Lüge .................................................. 52

Gesichter der alten Menschen ............................. 59

Nachwort ............................................................ 68

Quellen .............................................................. 72

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Hallo liebe Leserinnen und Leser,

zunächst möche ich mich vorstellen. Ich heiße Anna Deeva und schließe in Kürze mein Designstudium mit Schwerpunkt Illustration ab. Dieses Buch habe ich im Rahmen mei-ner Bachelor-Arbeit verfasst. Das Buch befasst sich mit menschlichen Gesichtern und der Mimik – ein Thema, das mich schon immer fasziniert hat.

Diese besondere „Redensart“ benutzen wir ständig. Manchmal vervollständigt sie unse-re Sprache wie die Satzzeichen unsere Schrift vervollständigen. Manchmal vermittelt die Mimik auch ohne Worte ein enormes Ausmaß an Informationen. Sie wird nicht in der Schule gelehrt. Wir denken nicht daran, wie wir unsere Gedanken mit Hilfe der Mimik genauer ausdrücken könnten. Dies geschieht automatisch. Es hat den Anschein, dass wir uns immer miteinander verständigen können. Doch es ist nicht immer der Fall. Die Fähigkeit, Gesichter zu lesen, ist nicht angeboren. Wir lernen die Mimik-Signale von un-seren Eltern und anderen Personen, die wir in unserer Kindheit sehen. Im Laufe unseres ganzen Lebens erweitern sich unsere Kenntnisse in diesem Bereich. Wenn wir die Ge-sichter unserer Gesprächspartner, Freunde und Kollegen genauer betrachten, ziehen wir vollkommen unbeabsichtigt Schlüsse, deren Ursache uns unbekannt ist. Wir können es

„fühlen“, dass unser Gesprächspartner, uns angelogen hat, etwas verheimlicht oder sich als jemanden anders ausgibt. Aber auch umgekehrt könnten wir nach dem Gespräch ein Gefühl haben, dass diese Person ehrlich ist und wir uns auf sie verlassen können.

Solche Folgerungen basieren auf einer Kombination von Gesichtsausdrücken, Worten und Handlungen des betrachteten Menschen und werden oft intuitiv gemacht. Leider sind diese Urteile nicht immer richtig und ihre Herkunft bleibt für uns ein Rätsel.

Ich denke, nur wenige Leute machen sich Gedanken darüber und unterschätzen die Wichtigkeit der Gesichtssprache. Doch Sie haben bestimmt schon mal erlebt, wie Sie

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menschliche Mimik erfahren, zum Teil aus eigenen Beobachtungen, zum Teil aus verschiedenen Bü-chern und Artikeln. Diese Entdeckungen werde ich Ihnen im Folgenden mitteilen.

Oft denke ich daran, wie ich mit meinen Arbeiten Aufmerksamkeit erregen kann. Eines Tages bin ich auf die Idee gekommen, meine Werke einfach zu verschenken ohne eine Gegenleistung dafür zu ver-langen. Jeder würde sich über gute Geschenke freu-en und die positive Energie, die in ihnen steckt, wird sich sicherlich gut auf den Empfänger und mich selbst auswirken. Deshalb habe ich entschieden ein Geschenkbuch zu machen. Und wenn Sie es in die Hand bekommen, dann ist es Ihr persönliches Prä-sent von mir.

Für dieses Buch habe ich hauptsächlich Porträts mei-ner Freunde und Bekannten gezeichnet. Jedes Por-trät war auch ein Geschenk. Alle haben sich darü-ber gefreut. Die Einen haben die Bilder zu Hause an die Wand gehängt, die Anderen haben es als Pro-filbild in sozialen Netzwerken benutzt. Das alles hat mir während der gesamten Arbeitszeit viel Spaß ge-macht und ich möchte, dass Sie auch einen Teil mei-ner positiven Emotionen durch mein „Mienenspiel“ empfangen.

Ich wünsche Ihnen eine gute Unterhaltung und viel Lächeln! :o)

in einem Internet-Schriftwechsel falsch verstanden wurden, z.B. wurde ein Scherz als Beleidigung emp-funden und Sie dachten sich, dass so etwas in einem normalen Gespräch nie passiert wäre. Das dach-te sich auch Scott Fahlman und bekam relativ kurz nach der Entstehung des Internets die geniale Idee, im Internet Smiles zu benutzen. Dies bereicherte die virtuelle Unterhaltung wesentlich, brachte sie je-doch kaum näher zu einem lebendigen Gespräch.

Mit seinen 43 Muskeln des Gesichtes kann der Mensch mehr als 10 000 Grimassen machen. Das ist viel mehr als die Anzahl aller Wörter in einer beliebi-gen Sprache, die sie beschreiben können. In unseren Gesichtern zeichnen sich nicht nur die Emotionen, sondern auch die Stärke unserer Empfindungen ab. Außerdem vermischen sich oft mehrere Psychezu-stände, was entsprechende Auswirkung auf die Ge-sichtsausdrücke hat. Unter anderem gibt es eine Reihe von Mienen, die keinen Bezug auf Emotionen haben, sondern gewisse Akzente in unserer Spra-che setzen.

In meiner Arbeit habe ich versucht die Gesichtsspra-che in die Sprache der Farben und Striche zu über-setzen. Ich wollte sozusagen die „Farbnuancen der Emotionen“, die ein Mensch beim Schneiden einer Grimasse empfindet, darstellen. Im Arbeitsprozess habe ich ständig neue interessante Fakten über die

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Ein Mensch hat 43 Gesichtsmuskeln, mit deren Hilfe er über 10 000 Gesichtsausdrücke erzeugen kann. All diese Ausdrücke sind unterschiedlich. Manche sind in keinster Weise mit Emotionen verbunden.

Es gibt z.B. sogenannte Sprachzeichen. Diese Mimikausdrücke begleiten uns beim Reden, verstärken die Betonung und unterstreichen den Sinn des Gesagten wie die Satzzeichen in unserer Schrift. Ein typisches Beispiel dafür ist das fragende Gesicht. Außerdem exis-tieren noch die sogenannten mimischen Embleme wie Zwinkern, der nach unten fallen-de Kiefer oder eine skeptische Grimasse. Das Lippenbeißen und dicke Backen nennt man mimische Manipulationen.

Aber es gibt auch die einfachen Emotionsausdrücke. Das sind die universellen Grimassen. Menschen jeden Alters und Geschlechts aus allen Ecken der Erde drücken Glück, Trau-er, Angst, Ärger und Abscheu gleich aus. Dies hat schon Charles Darwin vermutet. Er hat zudem den Zusammenhang zwischen Emotionsausdrücken der Menschen und hö-herer Tiere bewiesen. Daraus schloss er, dass unsere Mimik im Laufe der Evolution ent-standen und ein wichtiges Instrument für die Übermittlung von Informationen ist. Bis vor kurzem war diese Theorie sehr umstritten. Es gab auch Meinungen, dass der Mensch Mimik durch Erziehung lernt.

Diese Meinungen sind auch verständlich. Ehrlich gesagt habe ich nach der Katastrophe in Japan selbst daran geglaubt. In den Nachrichten wurden Menschen gezeigt, die an den Folgen der Katastrophe litten, ihr Haus oder Familie verloren haben. Fast alle haben mit einem gleichgültigen Gesicht und einem leichten Lächeln die Fragen der Journalis-ten beantwortet. Im Januar 2010 erschütterte ein starkes Erdbeben die Haiti-Insel. Die Menschen, die damals interviewt worden sind, hatten sich ganz anders verhalten. In ihren Gesichtern konnte man die Verzweiflung eindeutig erkennen. Der berühmte Psy-chologe Paul Ekman erforschte die Gesichtsausdrücke der Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Er hat eine bemerkenswerte Entdeckung gemacht als er Freiwillige ge-filmt hat. Beim Anschauen schrecklicher und trauriger Filme drücken Japaner ihre Emo-

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tionen genau so aus wie Europäer oder Amerikaner, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Doch wenn sie sich in Gesellschaft befinden, verhalten sie sich eher zurückhaltend. In unterschiedlichen Kulturen gibt es unterschiedliche Mimikregeln, wie Etikette- oder Höf-lichkeitsregeln, die wir tatsächlich in der Kindheit lernen. In unserer Kultur wird es zum Beispiel ungern gesehen, wenn ein Mann weint. Genau so schlecht oder genau so gut kommt bei den Japanern das Ausdrücken eigener Emotionen an. Von besonderem In-teresse ist auch die Tatsache, dass die Asiaten beim Lesen der Emotionen hauptsächlich auf die Augen des Gesprächspartner achten. Die Europäer konzentrieren sich dagegen auf das ganze Gesicht. Vielleicht schauen asiatische Smiles deswegen anders aus als eu-ropäische. Wir schreiben ein lächelndes Gesicht so :-) , ein erschrockenes Gesicht so :-o Die Japaner benutzen andere Zeichen nämlich ^.^ und O.O. Die Trauer zeichnen wir als :-( und die Japaner als ;_; .

Um die Existenz der universellen Mimik eindeutig zu beweisen, erforschte Ekman die Ge-sichter der Menschen aus schwach entwickelten Kulturen in Indonesien und Neuguinea. Diese Menschen kennen kein Fernsehen und haben keinen Kontakt zur westlichen Zivi-lisation. Trotz dieser Tatsachen hat Ekman keinen unbekannten Gesichtsausdruck gefun-den. Er hat verschiedene Experimente durchgeführt. In einem dieser Experimente erzähl-te er den Menschen eine Geschichte und zeigte Photos mit unterschiedlichen Miene. Die Befragten sollten erraten, welches Photo der Emotion entspricht, die der Protagonist der jeweiligen Geschichte empfunden hat. Meistens haben sie richtig geraten. Dies gilt als ein weiterer Beweis dafür, dass es universelle Mienen gibt.

Zurecht kann man folgende Frage stellen: wozu brauchen wir Emotionen und entspre-chende Gesichtsausdrücke? Paul Ekman behauptet, Emotionen seien eine Art Vorberei-tung auf Handlungen, die für unseres Leben von großer Bedeutung sind.

Meistens entstehen sie, wenn wir spüren (unabhängig davon, ob dieses Ereignis eintref-fen wird oder nicht), dass ein für uns positives oder negatives Ereignis passieren wird. In diesem Moment startet ein Mechanismus, der die Emotionen auf das Gesicht projiziert

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um die Mitmenschen über die möglichen Ereignisse zu benachrichtigen.

Derartige Kenntnisse erwerben wir nicht nur durch Lebenserfahrungen. Manche von denen sind angeboren. Diese Sensibilität ist nicht immer hilfreich. Manche haben z.B. Angst vor Spinnen. Noch viel früher in der Vergangenheit, als Sammeln zu den wichtigs-ten Aufgaben des menschlichen Alltags gehörte, mussten sie zweifellos besonders vor-sichtig sein, um nicht von giftigen Insekten gebissen zu werden. Dieses Wissen konnte vererbt werden. Es steckt im Unterbewusstsein einiger Menschen und zeigt sich durch die Furcht vor harmlosen Spinnen, die in unserer Region leben. Oder betrachten wir die Kinderängste. Kinder haben oft Angst vor der Dunkelheit und erschrecken sich wegen der Schattenrisse einiger Gegenstände. So ersteht aus der Kleidung, die gefaltet auf dem Stuhl liegt, ein wildes Tier auf. Angsterzeuger sind auch verschiedene Schlitze, Löcher und Lüftungen. Viele Kinder trauen sich nicht auf dem Bett sitzend die Beine hängen zu lassen, weil das „Monster“, das unter dem Bett wohnt, danach greifen könnte. Wir Er-wachsenen erachten solche Ängste als erheiternd und lustig. Man kann sich jedoch vor-stellen, was für eine Bedeutung diese Ängste für die Menschen, die in wilder Natur leb-ten, hatten. Je älter wir werden, desto besser verstehen wir, dass derartige Vorsicht in der modernen Welt nicht von Nutzen ist. Dafür erwerben wir neue Kenntnisse über die po-tenziellen Bedrohungen wie ein heißer Ofen oder Waffen.

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Angst erzeugt alles, was dem Menschen physischen oder moralischen schaden kann. Das Überleben kann von der Fähigkeit abhängen sol-che Situationen zu vermeiden. Angst ist wahrscheinlich die schäd-lichste aller Emotionen, die Veränderungen in unserem Körper be-wirkt. Wenn wir Angst haben, werden der Atemrhythmus und der Puls schneller und die Haut kann blass und mit kaltem Schweiß be-deckt werden. Typisch für den Angstzustand sind auch Händezittern, Magenreize, Erstarren oder sogar Darm-, und Harnblasenentleerung.

Man kann Angst vor etwas Fremdem, aber auch von etwas Bekann-tem haben. Während meines Studiums habe ich oft Präsentationen machen müssen. Jedes Mal hatte ich dasselbe Gefühl. Meine Hände und Stimme zitterten, das Herz schlug zu schnell. Obwohl ich dieses Gefühl immer überwinden konnte, war jede nächste Präsentationen dadurch nicht leichter.

Angst kann man auch dann haben, wenn die Gefahr schon vorbei ist. Z.B. wenn ein Auto, das schnell vorbeigefahren ist, Sie erschreckt hat, brauchen Sie ein bisschen Zeit um sich zu beruhigen. Die Intensität kann von einer Befürchtung bis zum Grauen varrieren.

Andere Emotionen können die Angst später ersetzen. Ein Beispiel dafür wäre Erleichterung und die mit ihr verbundene Freude. Im oben genannten Beispiel mit dem Auto kann das Erschrecken durch ein an-genehmes Gefühl ersetzt werden. Sie könnten sich denken wie gut es ist, dass Sie nicht überfahren worden sind. Andererseits können Sie sauer auf den Fahrer werden und ihn beschimpfen.

Manche Leute empfinden Angst gerne, beispielsweise die Mutigen, die Extremsport treiben. Weitere Fälle sind das Anschauen von Hor-

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rorfilmen oder extreme Vergnügungseinrichtungen. Einerseits hat fast jeder Mensch dabei Angst, gleichzeitig aber ist er sich sicher, dass eine echte Gefahr für ihn nicht besteht. Es gibt aber auch Leute, die sogar versuchen die kleinsten Pseudoängste zu vermeiden. Spaßeshal-ber habe ich im Wörterbuch das Wort „Phobophobie“ nachgeschla-gen, was nichts anders als „Angst vor Angst oder Phobien“ bedeutet.

Im Gesicht ist die Angst folgendermaßen zu bemerken:

• gehobene und leicht zusammengeschobene Augenbrauen

• breit geöffnete Augenbrauen

• gehobene obere und angespannte untere Augenlider

• offener Mund

• angespannte und nach hinten gezogene Lippen

Oft schreit die erschrockene Person.

Die Angst vermischt sich häufig mit anderen Emotionen. Eine typische Kombination ist die Mischung aus Angst und Überraschung, weil die Ereignisse, die uns erschrecken, plötzlich passieren. Im Gesicht zeich-net sich dementsprechend eine Grimasse, die für beide Gefühle cha-rakteristisch ist, ab.

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Im Gegensatz zur Angst hat die Verwunderung die kürzeste Dauer und verschwindet genau so schnell wie sie eintritt. Augenblicke, Geräusche, Gerüche, Geschmäcker, Berührungen oder sogar eigene Gedanken und Gefühle können uns in Verwunderung versetzen.

Sobald wir die Situation einschätzen können, er-setzt eine andere Emotion die Verwunderung. Das kann zum Beispiel Freude sein, wenn wir im Urlaub einen alten Freund treffen, den wir zehn Jahre lang nicht mehr gesehen haben. Ebenso könnte es Angst sein, wenn der Chef uns beim Spielen auf dem Arbeitsplatz erwischt hat. Au-ßerdem, wenn ein Mensch eine Emotion empfin-det und plötzlich überrascht wird, spiegelt sich in seinem Gesicht eine Mischung aus beiden Emo-tionen. Da die reine Verwunderung nur für den Bruchteil einer Sekunde im Gesicht zu lesen ist, kennen wir diejenigen Grimassen besser, die auch andere Emotionen enthalten.

Selbstverständlich gibt es Menschen, die die Überraschung genießen. Sie suchen ständig nach Neuem und mögen spontane Entscheidun-gen. Von vielen Filmen und Büchern erwarten wir einen interessanten überraschenden Schluss. Ich zähle mich selber zu den Leuten, die sich gerne überraschen lassen. Zum Teil, weil ich mein Leben

ungern durchplane und von ihm ständig neue Über-raschungen erwarte. Klar, manche Leute wollen sich gar nicht wundern und fürchten sich vor Plötz-lichem. Die meisten Autisten z.B. bevorzugen einen monotonen und gut geplanten Tagesablauf.

Wenn ein Mensch überrascht wird, heben sich die Augenbrauen, auf der Stirn bilden sich Falten, die Augen werden breit geöffnet und der Mund wird aufgemacht.

Wie bereits erwähnt, die Emotion dauert nur einen Sekundenbruchteil. Wenn die Augenbrauen ei-nige Sekunden gehoben sind, ist das keine Über-raschung mehr, sondern ein Zeichen des Zweifels. Das Bild rechts zeigt einen skeptischen Ausdruck als Reaktion auf die vom Gesprächspartner gesagten Worte.

Wenn solch eine Grimasse vom Kopfschütteln von rechts nach links begleitet wird, ist es ein Ausruf.

Die gehobenen Augenbrauen und das Kopfnicken können auch bei der Begrüßung beobachtet wer-den. Der deutsche Wissenschaftler Eibl-Eibesfeldt behauptet, dass dieses Emblem universell ist, weil es nicht nur in der europäischen Kultur vorhanden ist. Dasselbe Verhalten findet man bei Melanesiern. Im Übrigen heben manche Leute die Augenbrauen um bestimmte Akzente in ihrer Sprache zu setzten.

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Vielleicht ist der Zorn die gefährlichste aller Emoti-onen. Wer Zorn empfindet, riskiert die Selbstkon-trolle zu verlieren und jemandem absichtlich Scha-den zuzufügen.

Eine Ursache, die Zorn erzeugt, ist die physische Be-drohung. Eine mögliche Folge davon ist eine Schlä-gerei oder ein böser Wortwechsel. Wenn die Kräf-te dabei ungleich sind, kann ein Mensch voller Wut weglaufen, weil er gleichzeitig Angst hat.

Eine weitere Ursache für den Zorn ist der morali-sche Schaden, der infolge bestimmter Repliken oder Handlungen angerichtet wurde. Es ist merkwürdig, aber je wichtiger die Person für uns ist, von der der Schaden kam, desto stärker kann der Zorn sein. Eine Bekannte von mir sagt scherzhaft, dass es nicht kor-rekt ist, jemandem die Liebe zu gestehen. Es wäre richtiger zu sagen, dass er/sie Sie rührt. Es kann ja sozusagen zwischen Liebe und Zorn hin und her-gerissen werden, denn keiner kann uns so tief ver-letzen wie der/die Geliebte, beste(r) Freund(in) oder ein Familienangehöriger.

Frustration ist auch eine häufige Ursache für den Zorn. Oft streben wir nach einem Ziel und scheitern daran. Mein Freund hat mir eine Geschichte erzählt. Während seiner Abschlussprüfung im Fach Deutsch hatte ein Junge aus der Parallelklassen einen Ner-venzusammenbruch. Er hat laut geschrien und die

Wände in der Schule mit seinem Stuhl angeschla-gen. Dann ist er herausgelaufen und begann damit, den Inhalt seiner Schultasche um sich herumzu-schmeißen. Vermutlich wurde er im Folgenden von Polizisten und Psychologen behandelt. Wahrschein-lich war er so lange auf dem Weg zu seinem Ziel, dass er in der Vorbereitungsphase alle Kräfte ver-loren hat und kurz vor der Explosion war. Vielleicht hat er an seinen eigenen Fähigkeiten gezweifelt, als er die Aufgaben durchgelesen hat. Vielleicht dach-te er, dass sein Ziel gefährdet ist und hat die Selbst-kontrolle vollkommen verloren.

Zorn kann man auch empfinden, wenn man eine andere Person beobachtet, die Etwas macht, was man nicht akzeptieren will bzw. kann. In so einer Si-tuation ist jeder in der Regel davon überzeugt, dass er Recht hat. Wenn jemand das Staatssystem oder Verhältnisse innerhalb einer Gesellschaftsgruppe ungerecht findet, kann es zum Zorn und anschlie-ßend zu einem Aufstand oder sogar Terrorismus führen. Ein bedrückendes Beispiel dafür ist das Ent-stehen der RAF in Deutschland. Erstaunlich ist auch, dass diese Organisation trotz der Gewalt sehr viele Sympathisanten gewonnen hat.

Wir können uns ärgern, wenn jemand unsere Er-wartungen nicht erfüllt: ein Kind, das schlechte Noten in der Schule bekommt, ein Freund, der sein Versprechen nicht hält, ein Kollege, der sich zum

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wichtigen Treffen verspätet. Wenn jemand Zorn wegen uns empfindet, was uns allerdings unge-recht erscheint, ärgern wir uns auch.

Bei einem Zorn empfindenden Menschen erhöht sich der Blutdruck. Die Venen auf der Stirn und auf dem Hals werden deswegen sichtbar und das Ge-sicht kann rot anlaufen. Die Atmung wird schneller, die Muskeln werden angespannt. Wie bereits an-gesprochen, können eine Schlägerei oder ein böser Wortwechsel die Folgen davon sein. Jedoch nicht immer. Manche Leute drücken den eigenen Zorn fast nie aus und und fressen ihn in sich hinein. Es gibt eine Theorie, dass eine derartige Kaltblütigkeit die Ursache für viele Krankheiten werden kann.

Die Intensität des Zorns kann zwischen leichtem Ärger und der vollen Wut variieren. Er kann stufen-weise steigen oder plötzlich ausbrechen.

Es gibt Menschen, die auch den Zorn oder Ärger genießen können. Eine Konfliktsituation regt sie an-genehm an. In meiner Nachbarwohnung lebte bis vor kurzem ein Familienpaar. Sie haben sich oft laut gestritten und dann war wieder Frieden. So sind ganze Jahre vergangen und ich konnte es einfach nicht fassen, wie es den beiden gelingt, sich gegen-seitig zu dulden. Ich dachte, sie sollten sich hassen. Irgendwann habe ich verstanden, dass es sich dabei wahrscheinlich um eine Lebensweise handelt. Es

muss genau das gewesen sein, was die beiden woll-ten – eine emotionale Beziehung. Alles andere wäre für sie langweilig.

Im Gesicht zeigt sich der Zorn durch die zusammen-geschobenen Augenbrauen, angespannten Augen-lider, zusammengepressten oder offenen schrei-enden Lippen und einen starren Augenblick, die Nasenlöcher können aufgebläht sein.

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Wenn etwas schlecht riecht, schlecht schmeckt oder schlecht aussieht, können wir Ekel empfinden. Ekelhaft kann auch eine Berührung sein. Was bei den einen negative Emotionen erzeugt, löst bei den Anderen positive Gefühle aus. Ein typisches Beispiel dafür sind verschiedene Speisen, die in unterschiedlichen Kulturen unterschiedliche Reaktio-nen bewirken. Vor kurzem habe ich eine Sendung gesehen, in der von einem philippinischen Gericht namens Balut erzählt wurde, das als De-likatesse gilt und gerne in Südostasien gegessen wird. Das ist ein ge-kochtes Enten- oder Hühnerei, das allerdings so alt ist, dass der Emb-ryo eindeutig erkannt werden kann. Leider war ich nicht in der Lage mein Gesicht zu sehen, als das Gericht gezeigt wurde aber ich glaube, dass man in diesem Moment den Ekel in meinem Gesicht sehen konn-te. Für viele Leute sind auch Blut oder Wunden ekelhaft. Wenn man bei den ekelhaften Erscheinungen den eigenen Körper nicht beherr-schen kann, führt es oft zu Übelkeit und evtl. Erbrechen. Aus unserer Sicht perverse Handlungen können ebenfalls Ekel auslösen.

Lebenseinstellungen anderer Menschen (wenn sie uns asozial erschei-nen) können bei uns Abscheu verursachen und in der Kombination mit Verachtung und Wut den Wunsch erregen, dagegen zu kämpfen und den Anstoß zu Handlungen geben.

Verachtung ist eine Emotion, die mit Abscheu eng verbunden ist, sie kann aber nur im Bezug auf Menschen und deren Handlungen emp-funden werden. Wir können z.B. einen unangenehmen Geschmack oder Geruch nicht verachten. Verachtung wird häufig durch das Aus-lachen der Person ausgedrückt, auf die sie gerichtet ist.

Manche Leute schaffen es irgendwie, Ekel bzw. Abscheu oder Verach-tung zu genießen. Sie atmen absichtlich schlechte Gerüche ein und

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suchen nach etwas, das ekelhaft schmeckt. Oft trifft man auf arrogan-te Menschen, die von der eigenen Überlegenheit überzeugt sind und deswegen Andere verachten. Aber wie paradox es auch scheinen mag, ziehen solche Subjekte die Aufmerksamkeit an und gewinnen Respekt. Ihre Verachtung wird von den anderen als ein Stilelement angesehen und macht sie charismatisch.

Für den Ekel sind folgende Merkmale typisch:

• die Nase verzieht sich

• die Backen heben sich

• die unteren Augenlider heben sich, unter ihnen sind Falten zu sehen

• die Augenbrauen schieben sich nach unten

• die obere Lippe hebt sich hoch

• die untere Lippe kann entweder nach oben oder nach unten geschoben werden

Die Verachtung wird durch die Asymmetrie des Mundes deutlich.

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Es gibt eine ganze Reihe von Erkennungsmerkmalen für die Empfin-dung angenehmer Emotionen. Freude kann man durch das physische Vergnügen fühlen. Angenehme Berührungen, Töne oder Musik kön-nen es anregen. Wir können uns über die Genesung nach einer Krank-heit oder auf ein gut schmeckendes Mittagessen freuen. Ein positives Selbstwertgefühl kann uns auch freudig stimmen, wenn jemand uns respektiert, lobt oder liebt. Doch jeder Mensch freut sich auf seine ei-gene Weise. Wer sich in einer bestimmten Situation auf etwas freut, hängt von der Lebenserfahrung und von den Geschehnissen ab, die in der Kindheit erlebt wurden.

Die Intensität der Freude variiert von Heiterkeit bis Begeisterung, von Lächeln bis zum Lachen mit Tränen in den Augen.

Beim aufrichtigen Lächeln ziehen die Menschen die Mundwinkel hoch und kneifen die Augen ein bisschen zusammen. Bei den Augen sind kleine Falten zu sehen. Bemerkenswert ist, dass man ein Lächeln aus 90 Meter Entfernung erkennen kann. Wenn jemand uns anlächelt, lächeln wir häufig zurück. Wir mögen lächelnde Menschen. Diese Kenntnis benutzen wir in unserem Leben öfters. Ein sogenanntes Höf-lichkeitslächeln ist eine Pflicht für die Mitarbeiter vieler Betriebe. Oder nehmen wir die Werbung: ständig glänzende Gesichter versuchen unser Interesse an einem Produkt zu wecken.

Es gibt unterschiedliches Lächeln. Manchmal drückt das Lächeln reine Freude und manchmal eine Mischung aus verschiedenen Emotionen aus. In einem der obigen Kapitel habe ich bereits ein Beispiel für die Kombination aus Freude und Überraschung genannt. Es existieren aber auch seltenere Formen wie die Schadenfreude - eine Mischung aus Freude und Ärger. Schon der Name deutet auf die Bedeutung hin.

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Bei einem natürlichen Lächeln werden nur die Muskeln zwischen Ba-ckenknochen und Mundwinkel aktiviert. Die Backen werden ein Stück nach oben gezogen und ziehen die unteren Augenlider mit sich, unter denen einige Falten zu erkennen sind. Es ziehen sich weitere Falten von den äußeren Ecken der Augen bis hin zu den Schläfen. Diese wer-den auch „Gänsefüßchen“ genannt.

Der oben genannte Psychologe Paul Ekman entdeckte Dutzende Arten von Lächeln.

Eine von diesen fand ich besonders ungewöhnlich. Ekman hat diesen Gesichtsausdruck als „Charlie-Chaplin-Lächeln“ definiert. Dessen Er-kennungsmerkmal sind die bogenmäßig hochgezogene Lippen. Dabei werden Muskeln aktiviert, die die meisten Menschen nicht beherr-schen können. So lächelte Chaplin wegen seines Lächelns :o)

Für das Lachen sind folgende Merkmale typisch:

• der Mund wird breit geöffnet

• die Mundwinkel werden zurück und nach oben gezogen

• die obere Lippe hebt sich

• das Gesicht wird ein bisschen rot

• die Nase faltet sich

• die Augen glänzen

• beim starken Lachen erscheinen Tränen

• der ganze Körper zittert

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Wenn ein Mensch traurig ist, leidet er still und pas-siv. Die Trauer kann von zwei Sekunden bis zu eini-gen Tagen oder sogar Jahren dauern.

Die Ursache für die Traurigkeit ist meistens ein Ver-lust von einem Menschen, einer Liebe oder der ei-genen Gesundheit. Auch Hoffnungslosigkeit oder eine heftige Enttäuschung können ein Grund für die Trauer sein.

Ein mit der Trauer verwandtes Gefühl ist der Kum-mer . Im Gegensatz zur Trauer wird der Kummer aktiv und laut ausgedrückt. Jemand, der Kummer verspürt, kann weinen oder heulen. Beide Stim-mungen wechseln sich häufig ab. Im Kummer zeigt man die Verleugnung des Verlustes und ein Protest gegen die aktuelle Lage. In der Trauer drückt sich dagegen die Demut aus.

Eine interessante Beobachtung wurde im Buch „Ich weiß, dass du lügst: Was Gesichter verraten“ von Paul Ekman beschrieben. Unsere kulturellen Be-dingtheiten „verbieten“ es den Männern, in aller Öffentlichkeit zu weinen oder, anders gesagt, den eigenen Kummer zu zeigen. Es ist jedoch völlig nor-mal, wenn ein Mann seinen Zorn ausbrechen lässt. Für die Frauen gilt diese Regel umgekehrt. Um den sog. Stereotyp der „Weiblichkeit“ nicht zu brechen, zeigen die meisten Frauen ihren Zorn vor offenem Publikum nicht, dafür können sie sich in schlechter

Lauen zeigen und ggf. weinen.

Die Trauer lässt sich mit jeder anderen Emotion kombinieren, sogar mit der Freude - ihrem direkten Gegensatz. Der Mensch empfindet dabei ein frohes und gleichzeitig trauriges melancholisches Gefühl. Das können Erinnerungen an etwas Angenehmes wie z.B. die Kindheit sein. Einerseits freut er sich über die schönen Erlebnisse, andererseits bedauert er, dass diese Zeit vorbei ist.

Manchmal lässt sich die Trauer gar nicht am Ge-sicht ablesen, aber meistens sind die Mundwinkel ein Stück nach unten gezogen. Bemerkenswert ist, dass die Mehrheit der Menschen die Muskeln, die für den traurigen Gesichtsausdruck verantwortlich sind, nicht kontrollieren kann. D.h. sie können die Mundwinkel nicht absichtlich herunterziehen ohne das Kinn zu heben, wenn sie nicht traurig sind. Im Moment der Trauer zittern die Lippen ein wenig, das Innere der Augenbrauen ist etwas gehoben und zu-sammengezogen, die unteren und oberen Augen-lider sind ebenfalls hochgezogen . Der Blick eines traurigen Menschen ist nach unten gerichtet, wenn er sich schämt oder ein schlechtes Gewissen hat.

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„Das Kind muss nicht erst Mensch werden, es ist schon einer.“Janusz Korczak

Ein Kind ist am Anfang seines Lebens hilflos und braucht ständige Auf-sicht und Sorge seiner Eltern. Dabei ist ein neugeborenes Baby nicht in der Lage, sich auszusprechen. Doch die Natur hat ihm bereits wich-tige Instrumente gegeben – einen besonderen Gesichtsaufbau und die Mimik.

Allein der Aufbau eines kindlichen Gesichtes sagt vieles aus. Seine Pro-portionen sind uns lieb und rufen den Mutterinstinkt hervor. Konrad Lorenz hat 1943 den Begriff Kindchenschema eingeführt. Er hat es folgendermaßen beschrieben: Relativ großer Kopf, überwiegen des Hirnschädels, großes, tief unten gelegenes Auge, stark verwölbte Wangenpartie [...] sind die Hauptmerkmale, die [...] ein Kindchen oder auch eine „Attrappe“, wie eine Puppe oder ein Tier, „niedlich“ oder

„herzig“ erscheinen lassen.

Darüber hinaus zählen große, runde Augen, eine kleine Nase, ein klei-nes Kinn, rundliche Wangen und eine elastische, weiche Haut zu den Charakteristika. Dank solcher Gesichtslinien machen Kinder den Ein-druck, dass sie hilflose Wesen sind, die Sorge und Schutz brauchen. Es funktioniert nicht nur bei den Menschen so. Die Maulproportionen der jungen Kätzchen, Hündchen und Vögel unterscheiden sich von er-wachsenen Tieren ähnlich wie bei den Menschen. Deswegen scheinen sie ihren Eltern und auch uns lieb zu sein. Manche Tiere wie z.B. Pan-das, Koalas oder Lemuren behalten solche Verhältnisse sogar im reifen Alter. Üblicherweise rühren sie die Menschen irgendwie. Dieses Prin-zip wird oft in der Trickfilmindustrie (wir können uns z.B. an die Disney-

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oder Anime-Gestalte erinnern), bei der Fertigung von Plüschtieren oder Damenautos benutzt. Die Stromlinienform und große Schein-werfer der Wägen regen die potentiellen Käuferinnen besonders an. Genau so erzeugt ein Säugling die Sympathie der Erwachsenen und gewinnt ihre Aufmerksamkeit, die er braucht, ohne ein einzelnes Wort zu sagen. Die Mimik eines Babys ist durch die Reflexe bedingt. Die Fä-higkeit Freude oder Trauer im eigenen Gesicht auszudrucken ist an-geboren. Aber auch solche Emotionen wie Angst, Überraschung oder Ärger sind uns von der Natur gegeben worden. Ein Beweis dafür sind blinde Kinder. Obwohl sie die Gesichter der anderen nicht sehen kön-nen, drücken sie ihre Emotionen wie jeder andere gleichermaßen aus.

Wenn ein Baby mit irgendetwas unzufrieden ist, blinzelt es mit den Augen und runzelt die Nase und die Stirn. Wenn die Eltern in dieser Si-tuation nichts unternehmen, fängt es an zu weinen um die Aufmerk-samkeit sicher zu erregen. Wie die Erwachsenen drückt ein kleines Kind seine Überraschung mit großen Augen und gehobenen Augen-brauen aus. Wenn es lang auf einen Punkt schaut, dann ist es ein Zei-chen dafür, dass es bald einschläft. In diesem Augenblick soll es bes-ser nicht gestört werden.

Doch das Kind benutzt nicht immer die Mimik, um etwas zu mel-den. Manchmal trainiert es. Dies kann man merken, wenn seine Ge-sichtsausdrücke sich schnell abwechseln. Wahrscheinlich versucht es die Mimik seiner Eltern oder der Menschen, die es oft sieht, nachzu-machen.

Im Laufe der Reifung vergehen die Reflexe. Mehr und mehr entwickelt sich die bewusste Mimik. Schon in den ersten Jahren des Lebens ler-nen die Kinder, ihre Gesichtsausdrücke zu kontrollieren und verheim-

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lichen manchmal ihre wahren Gefühle oder zeigen Emotionen, die sie nicht empfinden. Ich habe oftmals gehört, dass Kinder ehrlicher sind als Erwachsene. Ich denke nicht so. Kinder lügen ihre Eltern an, um einer Strafe zu entgehen. Sie lügen ihre Lehrer an, damit sie keine schlechte Note bekommen. Sie lügen ihre Freunde an, um in ihren Augen „cool“ zu erscheinen. Vielleicht sind nur ihre Lügen weniger tückisch und einfacher als die ihrer Eltern. Im Folgenden sehen Sie meine Zeichnungen der kindlichen Gesichter, die dieses Kapitel illust-rieren. Im Anschluss erfahren Sie etwas über die Mimik , die für einen Lügner charakteristisch ist.

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„Solange du sagst, was du nicht denkst, horchst auf etwas, woran du nicht glaubst und machst etwas, wofür du nicht geeignet bist, lebst du gar nicht.“ Sun Tzu

Vor ein Paar Jahren ist im amerikanischen Fernsehen die Serie „Lie to Me“ erschienen. Eine Gruppe von Psychologen, die die Gestik und Mimik während des Lügens analysiert, untersucht darin Verbrechen. Der Prototyp des Protagonisten Dr. Cal Lightman, der über-all Lügen findet, ist Paul Ekman Prof. der Psychologie. Mehr als 30 Jahre befasst er sich mit der „Theorie der Lüge“ und ist ein großer Experte auf diesem Gebiet  Seine Leistun-gen nutzen Politiker, Unternehmer, Firmenleiter, wissenschaftliche Institutionen und Si-cherheitsdienste.

Ekman behauptet, dass die Menschen während eines Gesprächs laut Statistik ungefähr drei Mal in zehn Minuten lügen. Als Lüge bezeichnet man in dem Fall eine absichtli-che Verzerrung von Informationen oder das Verschweigen von etwas. Dabei entlarvt die Menschen – auch wenn es kaum zu merken ist - oft das eigene Gesicht. Dabei wird der Mensch - auch wenn es kaum zu sehen ist - oft vom eigenen Gesicht entlarvt. Es über-mittelt zwei Nachrichten: über das, was der Mensch sagen will und das, was er denkt. In einem Moment können wir trügerische Emotionen simulieren, doch im nächsten Au-genblick verrät das Gesicht ungewollt die Wahrheit. Manchmal zeigen sich wahre und vorgetäuschte Emotionen im Gesicht gleichzeitig. Beispielsweise können wir mit den Augenbrauen das wahre Erschrecken und mit dem Mund das maskierende Lächeln de-monstrieren.

Für die bewussten und unbewussten Gesichtsausdrücke sind verschiedene Hirnteile ver-antwortlich. Dies bestätigen Forschungen an Patienten mit beschädigtem Gehirn. Wenn ein bestimmter Teil des Gehirns behindert ist, können sie nicht lächeln, wenn man sie darum bitten würde. Jedoch lächeln sie als Reaktion auf einen Scherz oder wenn sie Freude empfinden. Wahre Gefühle spiegeln sich im Gesicht, genau weil die Mimik

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manchmal nicht kontrolliert werden kann.

Unser Gesicht kann nicht nur unsere Gefühle selbst, sondern auch ihre Intensität erken-nen lassen.

Ein komplettes Bild von versteckten Emotionen lässt sich bisweilen so kurz zeigen, dass keiner es bemerken kann. Die sogenannten Mikroausdrücke treten nur für max. eine Viertel Sekunde auf. Dennoch können trainierte Experten und Leute, die die Mimik be-obachten, diese Mikroausdrücke erkennen. Wenn ein Gespräch bzw. eine Rede aufge-zeichnet wird, kann man diese finden, indem man sich die Aufzeichnung verlangsamt ansieht.

Oftmals entstehen bei einem Lügner undeutliche Gesichtsausdrücke, hervorgerufen durch die Erkenntnis, dass das Gesicht die Wahrheit verraten will. In diesem Moment versucht der Lügner sie zu verheimlichen, meistens durch ein gefälschtes Lächeln.

Im vorherigen Kapitel habe ich das wahre Lächeln beschrieben. Es wird durch die Joch-beinmuskulatur gebildet. Deren starke Kontraktion zieht die Lippen breit, die Backen hoch, wodurch sich die Falten unter den Augen und Augenecken bilden. Keine andere Muskeln in der unteren Gesichtshälfte sind dabei beteiligt. In der oberen Hälfte können noch einige Muskeln um den Augen herum leicht angespannt sein.

Ein Lächeln ist laut Ekman gefälscht, wenn der Mund breit gezogen wird, dabei aber die Augen nicht mitlächeln. Ich würde dieses Lächeln eher als ein wohl gemeintes bzw. Höflichkeitslächeln bezeichnen. Klar, empfindet man keine wahre Freude, wenn man so lächelt. Doch das bedeutet nicht zwingend, dass man unbedingt Freude zeigen will. Manchmal bedeutet ein Lächeln ein freundliches, zustimmendes Zeichen. Manchmal aber verschleiert ein gefälschtes Lächeln die negativen Emotionen. Im Gegensatz zum wahren Lächeln zeigt sich ein gefälschtes Lächeln im Gesicht absichtlich. Außerdem ist es mehr asymmetrisch. Ein Lächeln, dass Freude ausdrückt, entsteht und verschwindet langsam vom Gesicht, ein gefälschtes Lächeln wird dagegen rasch unsichtbar. So bin

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ich auf die Idee gekommen, dass das, was viele Leute als Fotogeni-tät bezeichnen,oft damit verbunden ist wie man lächelt. Ich denke, dass ein wahres Lächeln viel attraktiver und anziehender ist als ein Gefälschtes. Dementsprechend sehen die Menschen, die sich öfter freuen, besser auf Fotos aus. Die Richtung des Blicks kann auch vie-les aussagen. Z. B. bedeutet ein nach unten gerichteter Blick Trauer, der Blick nach links oder nach rechts signalisiert Ekel und ein seitlicher Blick nach unten deutet auf Schuldgefühl bzw. Scham hin. Wenn einer von den genannten Blicken dem Gesichtsausdruck nicht entspricht, verheimlicht man irgendetwas.

Die Zeit einer Grimasse spielt auch eine große Rolle. Wenn ein Ge-sichtsausdruck länger als fünf Sekunden unverändert bleibt, ist er ver-mutlich nicht wahr. Eine echte Überraschung z.B. dauert nicht länger als eine Sekunde.

Nun kommen wir langsam zum Schluss. Wenn Sie die wahren Gefühle des Gesprächspartners erkennen wollen, achten Sie auf die kurzzeiti-gen Gesichtsausdrücke, undeutliche oder asymmetrische Grimassen und auf deren Dauer. Schauen Sie in seine Augen, wenn er lächelt. Bei einem freundlichen Lächeln bilden sich unter ihnen „Säckchen“, an den Augenecken entstehen Falten. Versuchen auch Sie öfter und auf-richtig zu lächeln und sich zu freuen. Das mach Sie schöner und Ihre Mitmenschen glücklich. :o)

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„Jedes Individuum benutzt aufgrund der persönlichen Neigun-gen zum größten Teil nur bestimmte Gesichtsmuskeln. Diese sind stärker entwickelt, was zur Folge hat, dass die Falten, die bei der Muskelarbeit entstehen, tiefer und sichtbarer wer-den. „Charles Darwin

Nicht selten bilden sich die ersten Falten schon im jungen Alter. Dazu kann die übermäßige bzw. mangelhafte Mimik beitragen. Im zweiten Fall führt das seltene Benutzen der Gesichtsmuskeln zur Verschlechte-rung des Blutkreislaufs und schließlich zur früheren Alterung der Haut. Bemerkenswert ist, dass viele Männer und Frauen gegen die Falten im Gesicht außer verschiedener Cremes, Masken und Massagen das Prä-parat „Botox“ benutzen. Dieses Mittel blockiert einige der Gesichts-muskeln, die Mimik des Menschen wird weniger aktiv und die Falten verschwinden.

Wenn wir eine ältere Person treffen, scheint es uns oft, dass man in

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ihrem Gesicht wie in einem Buch lesen kann. Wir können die Lebens-erfahrung, Emotionen oder sogar manche Krankheiten sehen. Man-che älteren Leute scheinen uns schon auf den ersten Blick düster und traurig zu sein, manche aber lebensfroh oder nachdenklich.

Laut einer alten Lehre kann man durch das Äußerliche, besonders das Gesicht eines Menschen seine Charakterzüge erkennen. Obwohl diese Lehre jedoch keine wissenschaftliche Bestätigung hat, glauben viele Leute daran und suchen nach Zusammenhängen zwischen dem Inneren und dem Äußeren der Menschen. Oft finden Trainings und Seminare statt, die den Teilnehmern angeblich helfen, physiogno-mische Fähigkeiten zu entwickeln. Der deutsche Trainer Kurt-Georg Scheible z.B. behauptet: Wenn bei einem Menschen die Falten durch die ganze Stirn verlaufen, dann bringt er alles, was er anfängt, zu Ende. Es ist schwierig zu sagen, ob derartige Schlussfolgerungen gut begründet sind, wenn überhaupt. Glaubwürdig erscheinen eher die Feststellungen, die durch wissenschaftliche Untersuchung der Mimik bestätigt sind. D.h. häufiges Lächeln oder Lachen erzeugt scharf aus-geprägte Falten an den Augenecken und jemand, der oft traurig war, hat entsprechende Falten an den Mundwinkeln. Mit dem Alter kann sich die Form des Mundes wegen der Muskelnutzung gravierend ver-ändern. Weiche dicke Lippen können dünn und scharf werden. Chro-nischer Pessimismus, Enttäuschung oder Misstrauen können mit der Zeit zum alltäglichen Gesichtsausdruck werden. Die Augen ziehen sich

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ein Stück nach unten und schauen trocken, welk und klein aus. Auf der Nase bilden sich Falten. Auf der Stirn entstehen vertikale Runzeln.

Eine Theorie besagt, dass sich durch die Falten erkennen lässt, ob ein Mensch ein Optimist ist oder nicht. Wenn die Falten an den Augen und am Mund nach oben gerichtet sind, dann ist dieser Mensch wahr-scheinlich optimistisch. Wenn die Falten nach unten gerichtet sind, ist er ein Pessimist.

In diesem Kapitel finden Sie Porträts von älteren Leuten. Sie werden bestimmt etwas von ihren Charaktereigenschaften ahnen können. Vielleicht sind ihre Vermutungen richtig.

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Mit diesen Seiten endet meine Arbeit. Es war ein langer Weg, vier Monate Mühe. Fast jeden Tag habe ich gezeichnet, gelesen, gelernt und experimentiert. Ich bin achtsamer geworden und passe nun besser auf die Gesichter und Mimik der Menschen auf und verstehe sie dementsprechend auch besser. Mienenspiel ist zur Zeit mein größtes Projekt und ich bin sehr froh, dass ich es geschafft habe. Alle 30 Illustrationen sind in dieses Buch eingegangen. Außerdem habe ich als lustige Ergänzung die Seite www.mienenspiel.net erstellt. Dort biete ich Ihnen ein kleines Flash-Spiel an und freue mich auf Ihre Besuche.

Zuletzt möchte ich Ihnen eine bemerkenswerte Beobachtung mitteilen. Als ich Bilder mit verschiedenen Gesichtsausdrücken gezeichnet habe, wechselte ich ungewollt meine ei-gene Mimik und versuchte mich in die Positionen des jeweiligen Menschen zu verset-zen. Es hat mir sehr geholfen. Dabei konnte ich die Form fühlen. Es hat mich aber auch emotional angeschlagen, wenn ich negative Emotionen darstellen wollte. Einerseits de-formiert sich das Gesicht des Menschen, wenn er eine Emotionen empfindet, doch diese Regel gilt auch umgekehrt. Ich werde nicht die Erste sein, die sagt, dass die Laune bes-ser wird, wenn man lächelt. Wie das funktioniert, wird ausführlich und verständlich im Buch „Die Glücksformel“ von Stefan Klein beschrieben. Deshalb wollte ich Sie nochmals bitten, öfter zu lächeln. :o)

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Nun möchte ich meine Arbeit mit Dankesworten abschließen. Vielen Dank an meinen Freund Roman Popov, der mir mit der Verfassung des Textes ge-holfen und mich während der ganzen Arbeit unter-stützt hat. Herzlichen Dank an meinen Bruder Ale-xandr Gnezdilov und Andriy Oblivantsev, die mir beim Programmieren des Spiels für die Projekt-Seite www.mienenspiel.net geholfen haben. Danke an Alexej Terentjev für die von seiner Firma zur Verfü-gung gestellten Domain und Webhostung nkvd.pro. Ich danke auch Katerina Wolkenstein und Stefan Zy-deck, die den Text redigiert haben. Vielen Dank an meine Betreuerin Frau Frauke Lehn, an die Professo-ren Alexandra Kardinar, Burkard Vetter und Holger Ebert, die mich während aller sieben Semestern un-terrichtet und meinen Geschmack für Design entwi-ckelt haben. Zu guter Letzt danke an all meine Mo-delle. Ohne euch hätte diese Arbeit nicht gemacht werden können. Und selbstverständlich danke auch an alle, die dieses Buch lesen oder durchblättern. Ohne Sie hätte es überhaupt keinen Sinn gehabt.

Juhu!:o)

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Paul Ekman: „Ich weiss, dass du lügst“

Paul Ekman: „Gefühle lesen“

Charles Darwin: „Der Ausdruck der Gemüthsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren“

Peter Lauscher: „Menschenkenntnis“

Stefan Klein: „Die Glücksformel“

www.focus.de/wissen/wissenschaft/psychologie-mimik-verraet-gefu-ehle_aid_318754.html

www.focus.de/finanzen/karriere/management/koerpersprache/koer-persprache/mimik_aid_5454.html

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www.stern.de/wissen/mensch/muskeltest/psychologie-asiaten-koen-nen-mimik-schwerer-deuten-1503390.html

www.sueddeutsche.de/reise/bildstrecke-die-sechs-grundemotionen-beim-menschen-1.331729

www.sueddeutsche.de/wissen/mimik-deuten-ins-gesicht-geschrie-ben-1.163426

www.sueddeutsche.de/wissen/emotionen-immer-schoen-cool-blei-ben-1.478140

www.sueddeutsche.de/wissen/luegen-forschung-kleine-momente-der-wahrheit-1.209323

www.cio.com/article/facial-expressions-test

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