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Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften
Modul: TM 1.1: Bildung und Erziehung – Grundlagen: Themen
Dozent: Dr. Frank Berzbach
Medienrepertoires – Forschungskonzept der Zukunft
für die Medienpädagogik?
Hausarbeit
Eingereicht von:Matthias AndraschMaster-Studiengang Pädagogik und Management in der Sozialen Arbeit
Kontakt: http://www.matthias-andrasch.de
Abgabedatum: 02.03.2015
Dieses Werk von Matthias Andrasch ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz. Cover-Hintergrundbild Too Connected von sean hobson, lizenziert unter einer CC BY 2.0 Lizenz. Cover-Erstellung mit canva.com.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung................................................................................................................................... 5
2. Das Forschungskonzept der Medienrepertoires..........................................................5
2.1. Theoretische Grundlagen............................................................................................................ 6
2.2. Empirische Vorüberlegungen....................................................................................................8
2.3. Das Forschungsprogramm des repertoire-orientierten Ansatzes..............................10
3. Diskussion und Kritik......................................................................................................... 10
4. Fazit........................................................................................................................................... 13
5. Literaturverzeichnis............................................................................................................ 14
6. Tabellenverzeichnis............................................................................................................ 15
1.Einleitung
In der heutigen Zeit stehen dem Einzelnen eine Vielzahl unterschiedlicher Medienangebote
zur Verfügung. Neben einer scheinbar steigenden Komplexität des Medienumfeldes, deuten
sich gesellschaftliche Veränderungsprozesse an, welche mit Begriffen wie
Wissensgesellschaft oder Informationsgesellschaft charakterisiert werden. Im
Forschungskontext stellt sich die Frage, inwiefern die Mediennutzung sowie die Auswahl von
Medien und Medieninhalten zielführend untersucht werden kann. Vor allem die Disziplin der
Medienpädagogik dürfte daran interessiert sein, inwiefern Menschen verschiedenen Medien
und Medieninhalte in ihre Lebenswelt bzw. ihren Alltag integrieren und nutzen.
Diese Arbeit untersucht das Forschungskonzept des repertoire-orientierten Ansatzes,
welcher 2006 von Jutta Popp und Uwe Hasebrink formuliert wurde, hinsichtlich folgender
Forschungsfrage:
Welche Potenziale bietet das Forschungskonzept der Medienrepertoires für die
Medienpädagogik bzw. die medienpädagogische Forschung?
Im ersten Teil der Arbeit werden die theoretischen Grundlagen des Ansatzes sowie die
empirischen Vorüberlegungen vorgestellt. Weiterhin werden die Schritte des
Forschungsprogramms behandelt.
Anschließend werden im zweiten Teil Kritikpunkte sowie die Potenziale diskutiert, welche
das Forschungskonzept für die wissenschaftliche Disziplin der Medienpädagogik bzw. der
medienpädagogischen Forschung bieten könnte.
2.Das Forschungskonzept der Medienrepertoires
Das von Hasebrink und Popp (2006, S.369) vorgeschlagene Forschungskonzept basiert auf
der Kritik, dass die Erforschung von Mediennutzung und der Auswahl von Medien sich
zumeist auf einzelne Aspekte konzentriert: „[L]ittle attention has been paid to the question
what the overall result of all this selectivity is, how media users combine different media
contacts into a comprehensive pattern of exposure or, as we call it, a media repertoire“.
Für Hasebrink und Popp (vgl. 2006, S.369f) existieren für diese Fokusverschiebung der
Forschung auf Medienrepertoires mehrere Beweggründe. Ein wichtiger Punkt ist hierbei die
vieldiskutierte Frage, ob neue Medienangebote, die beispielsweise durch das Internet
entstanden sind, klassische Medien wie TV oder Radio ersetzen.
Weiterhin sehen die Autoren eine Relevanz im Bereich von Cross-Media-Strategien in der
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Fazit
Medienindustrie, welche nur systematisch entwickelt werden können wenn entsprechende
Informationen darüber vorliegen, wie Inhalte aus verschiedenen Medien durch Nutzer_innen
kombiniert werden.
Betroffen ist ebenfalls die Medienwirkungsforschung, welche sich nach Hasebrink und Popp
(ebd.) nicht auf den Einfluss von einzelnen Medien in multimedialen Umgebungen verlassen
kann.
2.1. Theoretische Grundlagen
Hasebrink und Popp (vgl. 2006, S.370f) haben die - ihrer Einschätzung nach - erstaunliche
Beobachtung gemacht, dass in der Mediennutzungsforschung oft die Mediennutzung an sich
als einzelne Variable (bspw. Zeit oder Frequenz der Nutzung) operationalisiert wird. Diese
Variable wird dann als abhängige Variable mit einer Auswahl mehr oder weniger komplexer
unabhängigen Variablen erklärt, wie z.B. Bedürfnisse, Interessen, Stimmung oder
Belohnungssuche.
Im Gegensatz hierzu stellt ein repertoire-orientierter Ansatz in Frage, ob Mediennutzung mit
einzelnen Variablen erklärt werden kann. Der von Hasebrink und Popp (2006, S.371)
vorgestellte Ansatz betont die Bedeutung von Mustern anstelle von Variablen und stellt die
folgenden Fragen in den Mittelpunkt der Forschung: „What is the result of different forms of
selectivity, how do media users combine their media contacts into a comprehensive pattern
of media use, into their media repertoire?“.
In Bezug auf existierende theoretische Ansätze stellt sich die Frage, ob diese für einen
repertoire-orientierten Ansatz adaptiert werden können. Hasebrink und Popp (vgl. 2006,
S.371f) formulieren zwei Möglichkeiten der Anpassung des prominenten Nutzen- und
Belohnungsansatzes, schränken diese jedoch wie folgt ein: „[E]ven with an extension of
Uses and Gratifications as outlined, a repertoire-oriented approach as we propose it needs
further theoretical elaboration regarding the question of the social and psychological origins
of needs which lead to the Uses and Gratifications mechanism. In addition, the important
critique regarding the basic assumption of media users being able to reflect and rationally
explain their choices seems to be particularly relevant when it comes to gratifcations on the
meta-level“ (ebd.).
Hasebrink und Popp führen weitere Beispiele für Ansätze an, welche noch stärker auf die
Mediennutzung als abhängige Variable ausgelegt sind. Dazu gehören „mood management
research (Zillmann, 2000)“, „sensation-seeking (Zuckermann, 1988)“ oder „need for cognition
(Henning and Vorderer 2001)“. Diese könnten im repertoire-orientierten Ansatz trotzdem
genutzt werden: „The respective ideas could be adapted [...] by shifting the empirical
approach from single variables (e. g., likeliness to select a specific kind of content) to
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Fazit
patterns of selections (e. g., the degree of diversity or variability of the selected content)“
(Hasebrink & Popp 2006, S.372). Den angesprochenen Ansätzen ist gemein, dass sie
versuchen konkrete Entscheidungen bei der Auswahl von Medieninhalte zu erklären (vgl.
ebd.).
Eine andere Art der Forschung, welche Hasebrink und Popp (vgl. 2006, S.373) als wichtigen
Bestandteil in ihr Konzept miteinbeziehen, legt den Fokus auf Lebensstile oder soziale
Milieus. Diese Forschungsart wird beispielsweise in der Marktforschung für die
Zielgruppenbestimmung genutzt. Auch wenn die dazugehörigen Forschungsansätze
konzeptionelle Unterschiede aufweisen, so haben sie doch laut Hasebrink und Popp (ebd.)
folgende Gemeinsamkeit: „[T]he common aim of the respective studies is to identify
subgroups of the population whose members share certain patterns of behavior“.
Hasebrink und Popp (2006, S.373) beziehen einen Vorschlag von Karl Erik Rosengren mit
ein, um systematische Mängel der Lebensstilforschung zu überwinden: „Rosengren
proposed to deal ‚with the relations between, on the one hand, structural, positional and
individual characteristics, and on the other, patterns of human action’ (14).This approach
seems to be a helpful step towards a pattern-oriented approach, which could help to
integrate the afore-mentioned social and psychological origins of needs, which then leads to
selective exposure as described by the Uses and Gratifications or the mood management
approach“.
Allerdings kritisieren sie, dass Rosengren und seine Gruppe strukturale, positionelle und
individuelle Merkmale als unabhängige Variablen mit Einzelvariablen, die einen bestimmten
Aspekt der Mediennutzung beschreiben, verknüpfen (vgl. ebd.).
Um Handlungsmuster besser untersuchen zu können, greifen sie auf einen Ansatz von Weiß
zurück, welcher auf Bourdieus Habituskonzept1 zurückgreift. Der Ansatz von Weiß
beschreibt systematische die wechselseitige Beziehung zwischen der Mediennutzung des
Individuums und seiner Position in einer strukturierten Gesellschaft (vgl. Hasebrink & Popp
2006, S.373). Unter Einbezug dieses Ansatzes definieren Hasebrink und Popp (ebd.) den
Begriff Medienrepertoire wie folgt:
„[M]edia repertoires can be understood as integral part of lifestyles, and they
have to be interpreted with regard to their practical meaning.Moreover, the
collective roots of habitus lead to milieu-specific lifestyles with typical
patterns of action which are also reflected by patterns of media use“
1 Eine simple Erklärung für den Einstieg in Bourdieus Habituskonzept hat die Dozentin Cheryl Reynolds, University of Hudderfield, in Form eines Erklärvideos produziert: https://www.youtube.com/watch?v=87BPL62wyyU [Letzter Zugriff: 27.02.2015]. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Habituskonzept im Rahmen der Cultural Studies liefert Weiß (2009)
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Fazit
Auch wenn die theoretische Grundlage eine Basis bilden kann, die über die individuelle
Ebene der Mediennutzung hinaus gehen kann, existieren für Hasebrink und Popp (vgl. 2006,
S.374) in der theoretische Ausarbeitung des repertoire-orientierten Ansatzes noch mehrere
Herausforderungen, die zukünftig ausgearbeitet werden sollten.
2.2. Empirische Vorüberlegungen
Für Hasebrink und Popp (2006, S.374) ist die abhängige Variable in ihrem
Forschungsprogramm „a pattern of relations between single indicators of media use. In order
to describe and understand patterns of exposure, we propose starting with an analysis of - to
put it metaphorically - the ‘bi-lateral relationships’ between different kinds of media or
content“. Diese „zweiseitigen Beziehungen“2 können durch bivariate Korrelationen untersucht
werden, welche zwischen verschiedenen Medien oder Inhalten berechnet werden können.
Hasebrink und Popp führen das Beispiel der Berechnung der Nutzungsmenge von TV- sowie
Internet an. In diesem Zusammenhang wird ein Koeffizent gebildet, welcher wie folgt
interpretiert werden kann:
Ergebnis der bivariaten Korrelationsberechnung:
Interpretation bzgl. Medienrepertoire (Muster)(vgl. Hasebrink & Popp 2006, S.374)
Negative Korrelation Spannungsverhältnis – passen scheinbar nicht zusammen
die Nutzung eines Mediums geht wohl auf Kosten des anderen
Mediums
wenige Personen kombinieren eine hohe Nutzung von beiden Medien
in ihrem Medienrepertoire
Positive Korrelation werden wahrscheinlich oft in Medienrepertoires kombiniert
Keine Korrelation Beliebige Kombinationen von TV- und Internetnutzung werden in
Medienrepertoires voraussichtlich vorgefunden
Tabelle 1 Interpretation der bivariaten Korrelation zwischen Internet- und TV-Nutzung (Menge)
Die Untersuchung der zweiseitigen Beziehungen von Medien oder verschiedenen
Medieninhalten erachten Hasebrink und Popp als die Grundeinheiten von Medienrepertoires
(vgl. 2006, S.374).
Dennoch geht für Hasebrink und Popp (ebd.) das Konzept der Medienrepertoires für sie über
die bivariaten Korrelationen hinaus: „Media repertoires are conceived as comprehensive
patterns of media use“. Deshalb verweisen auf die ‚configuration frequency analysis’ oder die
2 Ob „Beziehung“ oder eher „Verhältnis“ die korrekte Übersetzung in diesem Kontext ist, müsste noch diskutiert werden.
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Fazit
Cluster-Analyse3. Beide Forschungsansätze werden genutzt, um Fälle mit gleichen
Eigenschaften zu identifizieren und Cluster zu bilden, die eindeutig von anderen Clustern
unterscheidbar sind. So können beispielsweise Mediennutzer_innen in verschiedene
Gruppen oder Typen unterteilt werden, die anhand der Merkmale eindeutig abgrenzbar sind.
Für den repertoire-orientierten Ansatz erachten Hasebrink und Popp dieses Vorgehen als
zweiten empirischen Ansatz ihres Forschungskonzepts (vgl. Hasebrink & Popp 2006, S.374).
Wie bereits in dieser Arbeit erläutert, beziehen Hasebrink und Popp das Modell von
Rosengren mit ein, welches strukturelle, positionelle und individuelle Charakteristiken mit
Handlungsmustern in Beziehung setzt. Da die beiden eben genannten empirischen Ansätze
jedoch rein deskriptiv sind, stellt sich für Hasebrink und Popp (2006, S.375f) in diesem
Zusammenhang folgende Frage: „[T]he theoretically relevant question will be to what extent
the bi-lateral relations between media as well as the clusters of media exposure are
influenced by structural, positional, or individual factors“.
Ein wichtiger struktureller Faktor ist hierbei das Medienumfeld („media environment“).
Hasebrink und Popp (vgl. 2006, S.375) vermuten, dass beim Auftreten neuer Medien in
diesem Umfeld sich auch die Cluster des Medienkontakts4 verändern. Genutzt werden soll
der Vergleich von Mustern des Medienkontakts über eine längere Zeitspanne. Hiermit soll
folgendes belegt werden: „The results will provide evidence of longterm changes of the
relative functionalities of different media“ (ebd.).
Bezüglich der positionellen Ebene sind Alter, Geschlecht und Bildung wichtige Faktoren, da
sie laut Hasebrink und Popp (2006, S.375) Studien zufolge einen starken Einfluss auf
einzelne Indikatoren der Mediennutzung haben. Insofern formulieren sie die folgende
Forschungsfrage: „the research question will be to what extent a certain position influences
the relations between different media and the respective overall patterns of media use“
(ebd.).
Hasebrink und Popp (2006, S.375) betonen explizit die Offenheit ihres Konzepts auf der
Analyseebene:
„The basic idea of a repertoire-oriented approach to media use does not
specify on which level media use is described. There is just the abstract
principle of analysis to search for patterns of exposure, for combinations of
media behaviors. Thus, a repertoire can be made up by certain portions of 3 Im Bereich der Lebensstilforschung sehr wichtig (vgl. Hasebrink & Popp 2006, S.374)4 Hasebrink und Popp (2006) nutzen in ihrem Text die Begriffe „media use“ und „media exposure“. Letzteren Begriffe werde ich in dieser Arbeit als „Medienkontakt“ übersetzen, Eine explizite Definition liefern Hasebrink und Popp nicht, eine möglich Erklärung der Unterscheidung findet sich aber bei Donald F. Roberts und Ulla G. Foehr (2008). Hier wird unterschieden zwischen konkreter Mediennutzung (Computer spielen) und dem Medienkontakt („media exposure“), welcher auch den laufenden Fernseher neben dem Computer spielen miteinbezieht.
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Fazit
use of media in general (e. g., TV, radio, newspapers, Internet etc.), or by
certain topics used in any media (e. g., politics, economy, sports, culture
etc.), or by certain genres (e. g., drama, comedy, action, romance etc.). In
this respect, a repertoire-oriented approach is not exclusive; i. e., there are
no theoretical arguments in favor or against one of these levels. As a
consequence, any concrete research on media repertoires has to clarify the
respective level of analysis it refers to“
2.3. Das Forschungsprogramm des repertoire-orientierten Ansatzes
Das Forschungsprogramm des repertoire-orientierten Ansatzes besteht aus drei Schritten
(Hasebrink & Popp 2006, S.375f):
1. „Bi-lateral relations between different media. The correlations between the amount of
use of different media will be analyzed using a meta- analysis of existing datasets“
2. „Identification of media repertoires. Starting from the results of the first step, existing
datasets will be analyzed with regard to compre- hensive patterns of media use“
3. „Linking media repertoires to everyday practices. Starting from se- lected media
repertoires as identified in the previous step, qualitative interviews shall be conducted
with individuals who show the respec- tive pattern of media use on the level of
quantitative indicators“
Auf die Einzelheiten und Besonderheiten der einzelnen Schritte kann in dieser Arbeit auf
Grund des Umfangs nicht eingegangen werden.
In ihrer Arbeit aus dem Jahr 2006 stellen Hasebrink und Popp exemplarisch Ergebnisse vor,
welche sie aus der Durchführung der Schritte 1 und 2 erlangt haben. Inzwischen existieren
weitere Untersuchungen, welche den repertoire-orientierten Ansatz genutzt haben und
weiterhin auch systematische Beiträge geleistet haben (Schmidt u. a. 2009; Hasebrink u. a.
2015; Hasebrink & Domeyer 2010b; Hasebrink & Domeyer 2012; Hölig & Hasebrink 2014) .
3.Diskussion und Kritik
Hinsichtlich der enormen technischen Innovationsprozesse der letzten Jahrzehnte stellt sich
für die medienpädagogische Forschung die Herausforderung, wie Mediennutzung bzw.
Medienkontakt allumfassend und zielführend erforscht werden kann. Das Konzept der
Medienrepertoires könnte hierfür eine Lösung bieten. Zusammenfassend beschreiben
Hasebrink und Popp (2006: S. 384) das Konzept wie folgt:
„The main argument is that the result of selective exposure to media
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Fazit
accumulates to a specific combination of contacts with different media and
kinds of content, i. e., media repertoires“
Das Forschungskonzept der Medienrepertoires bietet hierbei einen Ansatz, der sowohl auf
quantitative Untersuchungen zurückgreift als auch qualitative Methoden wie Interviews nutzt.
Somit soll die Lücke zwischen Untersuchungen, die beispielsweise versuchen exakte
Zuschauermessungen durchzuführen, und den größtenteils qualitativen wissenschaftlichen
Untersuchungen geschlossen werden, denn:
„Although both paradigms share individual and aggregate patterns of media use
as their main object of investigation, there is no productive cooperation; as a
consequence results of large scale audience measurement studies are generally
highly descriptive and far away from people’s everyday practices and thus
‚meaningless’, while results from qualitative receptions studies have limited
capacity to generalise their concepts and empirical findings to broader
populations“ (Hasebrink & Domeyer 2012, S.758)
Durch die theoretische Fundierung mit Hilfe des Ansatzes von Weiß gelingt auch der
gesellschaftliche bzw. soziale Bezug, welcher eine differenziertere Betrachtungsweise
ermöglicht. So kommen beispielsweise Erkenntnisse zutage, die Belege dafür liefern, dass
die Auswahl von bestimmten Medieninhalten mit niedrigem oder hohen Prestige z.B. auch
von sozialen Normen abhängen kann (vgl. Hasebrink & Domeyer 2012, S.770) – Ergebnisse,
die eine reine quantitative Nutzungsabfrage nur bedingt leisten kann.
Weiterhin bietet die Untersuchung nach Handlungsmustern die Möglichkeit, komplexere
Zusammenhänge zu erfassen und Medien bzw. Medieninhalte ins Verhältnis zu setzen.
Durch das Konzept der individuell zusammengestellten Repertoires, die von mehreren
Faktoren beeinflusst werden können, rückt der Forschungsansatz meiner Einschätzung nach
näher an den lebensweltlichen Alltag heran.
Für eine medienpädagogische Forschung, die die Orientierungsleistung in medial
durchsetzten Lebenswelten erforschen will, kann der repertoire-orientierte Ansatz weiterhin
eine gute Grundlage bieten, da auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und
Veränderungsprozesse nicht außer Acht gelassen werden. Uwe Hasebrink und Hanna
Domeyer (2010a) zeigen beispielsweise, dass der repertoire-orientierte Ansatz für die
Untersuchung von konvergierenden Medienumgebungen genutzt werden kann und
untersuchen dementsprechend Informationsrepertoires. Dabei wird der gesellschaftliche
Bezug hergestellt, indem auf den Begriff „Informationsgesellschaft“ verwiesen wird. Auch
wenn für diesen Begriff unterschiedliche Konzepte existieren, so ist die Forschungsfrage,
„wie sich der Einzelne und die Gesellschaft unter den veränderten medialen Bedingungen
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Fazit
informier[t]“ (Hasebrink & Domeyer 2010a, S.30), wohl eine der wichtigsten Fragen für die
aktuelle medienpädagogische Forschung.
Hinsichtlich der Bildungstheorie der Strukturalen Medienbildung (Jörissen & Marotzki 2009),
welche ebenfalls eine medial durchsetzte Lebenswelt mit Blick auf Bildungsprozesse betont
und Bezug auf das Phänomen der Wissensgesellschaft nimmt, stellt sich die Frage ob der
repertoire-orientierte Ansatz hier ebenfalls eine weitere theoretische Fundierung erfahren
könnte und/oder ob andere Formen der Anschlussfähigkeit bestehen.
Bezüglich des – zumindest in der Vergangenheit - viel diskutierten Begriffs der
Medienkompetenz wäre hier wohl auch zu fragen, welche Kompetenzen notwendig sind, um
ein Informationsrepertoire zu gestalten, welches das Individuum befähigt an einer
(komplexen) (Informations-)Gesellschaft teilzuhaben bzw. sich in dieser zurechtzufinden.
Der repertoire-orientierte Ansatz bietet meiner Ansicht nach ein großes Potenzial, über die
simplen Fragen „Welche Medien nutzt du?“ und „Wofür nutzt du diese“ hinauszugehen und
Erkenntnisse darüber zu liefern, warum bestimmte Medien bzw. Medieninhalte ausgewählt
werden bzw. wie bestimmte Medien oder Inhalte im Verhältnis zueinander stehen und wie
sich dieses Verhältnis ändert durch Innovationsprozesse. Durch die beschriebene Offenheit
der Analyseebene können vielfältige Aspekte untersucht werden.
Das Konzept des Medienrepertoires kann in meinen Augen in der medienpädagogischen
Praxis ebenfalls einen guten Reflexionspunkt bieten, welcher nicht die Gefahren oder
Vorteile einzelner Medien oder Medieninhalte betont, sondern die Zusammenstellung und
somit auch die Auswahlmöglichkeit bzw. die Herausforderung der Auswahl in den Blick
nimmt.
Kritisch hinterfragt werden sollte, ob das Geschlecht als positionelle Variable tatsächlich
„einen starken Einfluss auf einzelne Indikatoren der Mediennutzung hat“ (Hasebrink & Popp
2006, S.375). Hasebrink und Popp verweisen auf die Ergebnisse vieler Studien, liefern
hierfür aber keine expliziten Belege im Text.
Perspektivisch gesehen könnten Begrifflichkeiten wie „media exposure“ und „media use“ im
medienpädagogischen Kontext noch weiter differenziert werden, evtl. auch in Bezug auf die
medienpädagogischen Begriffe wie Medienhandeln. Eine Aushandlung der verschiedenen
gebrauchten Begriffe wie Medien, Medieninhalte oder – wie im Fall dieser Arbeit der Begriff -
Medienangebote könnte zu einem weniger unscharfen Gebrauch der Begriffe führen und
erscheint mir somit auch im Kontext des vorgestellten Ansatzes für sinnvoll. Vor allem aus
dem Grund, dass im repertoire-orientierten Ansatz weitere Theoriebezüge – z.B. zur
Lebensstilforschung - hergestellt werden, die eventuell wieder andere Begriffsdefinitionen
gebrauchen.
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Fazit
4.Fazit
Die Darlegung der theoretischen Grundlagen sowie empirischen Vorüberlegungen zeigt,
dass der repertoire-orientierte Ansatz durchaus das Potenzial haben könnte, zukünftig
weiterhin für eine produktive und differenzierte Untersuchung der Mediennutzung eingesetzt
zu werden. Der Ansatz verbindet hierbei quantitative und qualitative Forschungsmethoden
aus mehreren Feldern und greift auch auf bereits bestehende Untersuchungsdaten zurück.
Weiterhin fokussiert sich das Forschungsprogramm auf Handlungsmuster. Hiermit wird
versucht einen allumfassenderen Blick auf die Mediennutzung zu nehmen und bisherige
Schwachpunkte in den verschiedenen Ansätzen der Mediennutzungsforschung
auszubessern.
Das Forschungskonzept der Medienrepertoires berücksichtigt weiterhin auch die sozialen
Rahmenbedingungen, die bei der Zusammenstellung von Medienrepertoires eine Rolle
spielen. Somit kann das Forschungsprogramm auch im Diskurs um eine Informations- oder
Wissensgesellschaft eingesetzt werden.
Vor allem für die Herausforderung der konvergierenden Medienumgebungen, die in den
letzten Jahren in den Blickpunkt gerückt sind, bietet der Ansatz für die Forschung
interessante empirische Ansätze. Dementsprechend bietet sich das Konzept der
Medienrepertoires auch für die medienpädagogische Forschung sowie als
Reflexionsangebot in der Praxis an. Insofern kann der repertoire-orientierte Ansatz als eines
der Forschungsprogramme für die Zukunft der Medienpädagogik angesehen werden. Eine
weitere theoretische Fundierung, welche auch in Bezug auf eher medienpädagogisch
geprägte Theorien geschehen könnte, erscheint hierbei perspektivisch dennoch lohnenswert.
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5.Literaturverzeichnis
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Fazit
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6.Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Interpretation der bivariaten Korrelation zwischen Internet- und TV-Nutzung
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