max seltmann heft 18

Upload: norman-hartwigsohn-frenzke

Post on 08-Apr-2018

238 views

Category:

Documents


3 download

TRANSCRIPT

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    1/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Heft 18. Vom Gottesfunken

    I. Warum schweigt Gott zu all den Greueln bser MenschenII. Ursus und Ruth

    III. Die HochzeitsfeierIV. SaulusV. Gesprche ber das Verhltniss Gottes zum MenschenVI. Gibt es Beweise fr das Dasein eines Gottesfunkens imMenschenVII. Unsere Arbeit im Weinberge des HerrnLebet mit mehr Freude

    I. Warum schweigt Gott zu all den Greueln bser Menschen?Wochen waren vergangen, in Bethanien waren alle froh und fleiig, und auch

    die Zuletztangekommenen dankten dem Lazarus von Herzen fr die Aufnahmebei ihm. Auch Jonas zeigte sich freundlich und hilfsbereit gegen alle, abermanche sprten doch, da er innerlich kmpfte und etwas niederringen wollte,da ihm die heitere Ruhe nahm.Eines Morgens, als Lazarus nach der lmhle gehen wollte, bat er Jonas,mitzukommen, da dieser Betrieb ihm noch fremd sei; und auf dem Wege dahinfragte Lazarus: Jonas, du scheinst so bedrckt, du bist innerlich unfrei, dieserZustand ist aber dem Herrn nicht angenehm und lieb, denn es offenbartmangelndes Vertrauen zu Ihm. Bereuest du, nach Bethanien gekommen zu sein?

    Du kennst doch unsere Abmachung: du bist frei, sobald du gehen willst. Ichbitte dich als Bruder, sei offen, und betrachte mich als den, der dir helfen willmit allen zu Gebote stehenden Mitteln."Beide waren stehen geblieben. Jonas senkte den Blick und sagte zaghaft:Lieber Lazarus, du hast recht bemerkt, aber mir zu helfen, bist du auerstande,da es sich hier um eine Frage zwischen mir und meinem Gott handelt. Wenn duin mein Herz blicken knntest und all das Weh erschauen, das immer wieder inmir aufsteigt, wenn ich an all die vielen Greuel denken mu, die von denTemplern tglich an denen begangen werden, die sich zu ihrem Heiland Jesusbekennen so mu ich fragen: Warum bleibt der Herr stumm auf all die

    flehentlichen Gebete Seiner Getreuen? Warum hilft ihnen Gott nicht? HatEr an Seiner Macht und Herrlichkeit eingebt, so da wir uns nun an dieRmer wenden mssen um Hilfe gegen diese verbrecherischen Handlungen desTempels!?Siehe, ich vermag den Anblick der Unglcklichen in dem Keller des alten Judennicht auszulschen, zwischen denen ich Theophil fand. Immer wieder stellt sichdieses grauenhafte Bild vor meine Seele. Ich sehe die verzweifelnden Augen derGefangenen in ihrer bitteren Not anklagend auf mich gerichtet. Ich habegerungen mit dem Herrn in vielen Nchten um eine Klarheit, aber Er gibt mir

    keine Antwort! Doch immer deutlicher kommt das eben Geschilderte zurck,daran ich freilich mir selber auch manche Schuld beimessen mu. Httest dumich nicht nach meinem Kummer gefragt, ich htte auch vor dir geschwiegen."

    09.04.2011 Seite 1 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    2/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Jonas!" entgegnete Lazarus ernst, hier vermag weder ich noch der Herr dir zuhelfen, denn das ist Selbst-Qual, was sich in dir abspielt. Wenn schreckensvolleEindrcke dauernd dich beunruhigen, so ist da Beweis genug, da sie noch indeiner Innenwelt leben und dich vllig beherrschen, und da dein Vertrauen auf

    die weisen gttlichen Fhrungen aller Menschen-Seelen noch nicht festeingewurzelt ist in deinem Gemt.Diese Bilder, die du nicht vergessen kannst, liegen wie eingebrannt in deinerSeele. Sie fesseln den Geistfunken aus Gott in dir und hindern ihn an seinerfreien Ttigkeit, deine Gedanken auf einen hheren Standpunkt zu erheben.Es ist wohl eine Riesen-Aufgabe, Angeborenes, Angelerntes und jahrelang festGeglaubtes pltzlich als falsche Begriffe vom Wirken Gottes zu erkennen undaus der eigenen Gedankenwelt hinauszuschaffen. Aber es ist doch mglichdurch das Licht des aufflammenden Gottesfunkens!Es ist jedoch ganz in unsern freien Willen gelegt, ob wir dem in uns wohnenden

    Funken das Vorrecht einrumen, unsere dunklen Gedanken-Bilder zubeherrschen. Und du kannst erleben, wie die unirdische Klarheit seines Lichtesalle alten Vorstellungen vom Gttlichen durchleuchtet und in ganz neue Begriffeumgestaltet, die dir geben, was jeder Mensch zu seinem Seelen-Frieden braucht.Kommt jedoch deine Seele nicht zur vollen Frei-Werdung von uerenEindrcken, dann ist es nicht weit von allerlei Zweitem; und in einem solchenAugenblick hat der Feind alles harmonischen Innenlebens seine Vorherrschaft indir bernommen!Lieber Jonas, die Menschen knnten zu mir sagen: Lazarus, du lufst einemSchemen nach, denn dein Jesus ist ja lngst tot! Was noch lebt in dir von diesemJesus ist nur Einbildung! Die harte Wirklichkeit zeigt dir doch, da so vielegrausam geopfert werden fr ihre Ideen, die sie sich von ihrem Jesus, der nichtmehr lebt, gemacht hatten, sonst wrde Er Sich doch ein einziges Maloffenbaren! Siehe, da wrde ich ihnen antworten: Jesus lebt! Er hat aber eineunendliche Geduld und Seine weisen Grnde, Sich vor uns noch zu verbergen,um nicht zum Gericht zu werden fr Seiner Kinder Peiniger!" Wie sich besinnend sprach Lazarus nach einer Weile erst weiter:Siehe, ich sage dir, Jonas, jetzt aus meinem Geistes-Leben heraus:Heute aber noch will Sich Jesus als der lebendige Herr vor einem Seiner

    grten Widersacher offenbaren, und alle Welt soll dieses Wunder Seiner Liebeerleben! Dann wird Loben und Danken uns, Seine Kinder, mchtig erfllen,denn wir sehen daran: Jesus lebt!" Jonas konnte nichts erwidern so gingen sie schweigend weiter bis zurlmhle, wo Lazarus manches mit seinen Leuten zu besprechen hatte. Darnachgingen sie zu dem alten Tobias, der ihnen schon entgegen kam und freudig rief:Gelobt sei Jesus Christus!" Bis in Ewigkeit!" erwiderte ihm Lazarus. Tobias sprach: Da ihr in meine Welt einmal den Weg findet, freut michbesonders, denn lange hast du damit gesumt, Bruder Lazarus!"Ohne Absicht, mein Bruder! Ich wei das Vieh in guten Hnden und wei, dadu, mein treuer Tobias, gute Wache hltst. Ich wei aber auch, da der Meisterdich nicht einsam sein lt, und darum bin ich lieber dort, wo ich ntiger bin!

    09.04.2011 Seite 2 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    3/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Wenn du dich etwas mit unserm Bruder Jonas unterhalten willst, ich mchtegern einmal in die Stlle gehen." Als Jonas mit dem Alten allein war, fragte er ihn: Seit wann bist du schon inBethanien?"

    Lieber Freund, ich mu hier geboren sein", antwortete Tobias, denn seit sehrvielen Jahren schon lebe ich in diesem schnen Winkel und habe auch dasHerrlichste erlebt, das es je geben kann hier bin ich Jesum begegnet! So oftder Meister in Bethanien weilte, bin ich geholt worden, weil mein Herz Ihn sosehr liebte.Siehe, Er war wohl ein Mensch wie wir und freute sich auch an unserer Arbeitwie an den Schnheiten der Natur. Aber Seine Worte! wie tief drangen sie inmeine Seele und erweckten ganz neue Vorstellungen ber Gott und Seingttlich-weisheitsvolles Wirken in der Welt! Und diese neuen Begriffe wachsennun in mir und machen mich dauernd so glcklich innerlich."

    Jonas fragte bewegt: Lieber alter Tobias, ich trage ein geheimes Weh in mirund suche diesen groen Meister, um damit in Ordnung zu kommen. Wenn duIhn so intim kennen gelernt hast, sage mir, vermissest du Ihn jetzt? odergengt dir das Bewutsein: Im Geiste ist Er ja stets bei mir!"Tobias belehrte ihn: Freund Jonas, du hast noch eine falsche Vorstellung vonunserm Meister und mchtest Ihn menschlich um dich wissen. Dies wrde dichim Augenblick wohl beglcken, aber wachsen knntest du in deinem Innenlebennicht dabei. Siehe, im Verlaufe unserer Gesprche fragte ich Ihn einmal: Herr,wie kommt es, da Du mit uns sndigen Menschen so beraus gut bist, unddoch meidest du den Tempel?Da sagte der Herr: In wenigen Jahren, wenn Ich heimgekehrt sein werde in Meinewiges Reich, wirst du erst diese Wahrheit erfahren, indem dein Geist dasZeugnis darber von Meinem Geiste empfangen wird. Denn diese Meine dirjetzt noch so unbegreifliche Liebe zu allen Menschen ist eben Mein in Mirwohnender Vater-Geist aus Gott!Denke oft an diese Stunde zurck, wo Ich Mich ganz auf deine Stufe stelle, unddir sage: Auch du trgst einen Funken reinster Gottes-Liebe in dir und bistdadurch gewrdigt, dich zu einem Gottes-Kinde zu entwickeln.Siehe, mein Freund, dieses Sein Wort gengt mir fr Zeit und Ewigkeit. Daran

    bin ich gewachsen, und heiliger Friede ist mein Teil.Dort kommt Lazarus frage ihn, er wird dir bezeugen, da ich in meinemhohen Alter nur noch meiner Seele nach in dieser Erdenweit lebe, in meinerInnenwelt aber bin ich lngst mit Jesum, der mir nun Vater geworden ist, ganzEins. 0 du arme Welt, wie dnkest du dich gro und kannst nicht einmal einenSchatten werfen auf die in mir gewordene Gottes-Welt! Und so mu ich dirgestehen:Jesus lebt! Jesus bleibt der Sieger ber alle Welt!"Lazarus war hinzugekommen und hrte noch die letzten Worte. Willst du nochein greres Zeugnis?" fragte er Jonas, dieser ist bereit, sein Leben fr Ihn zuopfern, und es wrde ihm nicht Schmerz, sondern Freude bedeuten, weil er allesaus den Hnden Gottes empfngt!"

    09.04.2011 Seite 3 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    4/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Herzlich war der Abschied von diesem ehrwrdigen Alten. Beide gingen langeschweigend nebeneinander, dann sagte Lazarus: Bruder, ich fhle es, ich werdezu Hause erwartet und will mich beeilen;du hast Mue und kannst dir Zeit nehmen, deine Umwelt mit den Augen der

    Liebe zu betrachten."Erwiderte Jonas: Ich mchte dich lieber begleiten, lieber Lazarus, um das inmir werdende Lichtlein nicht wieder durch eigenes Grbeln zum Verlschen zubringen. Habe Geduld mit mir, ich ringe nach der Frei-Werdung."Inzwischen war groe Freude in Bethanien, indem Demetrius und Ursus mitvieler Begleitung ankamen. Sogleich wurde die Unterbringung der Tiere undWagen von Ursus angeordnet, whrend der alte Enos sich mit seinem FreundeDemetrius unterhielt; dann kam auch schon Lazarus mit Jonas und allebegrten sich herzlich.Als die Rmer erfuhren, da Theophil beinahe ein Opfer der Templer ward,

    wallte in Ursus der alte starre Begriff rmischer Gerechtigkeit auf, aber Enossagte voll Ruhe: Bruder, was uns als hart und schwer ankommt, lt sich auchnur schwer ertragen. Ich aber wute im voraus: Der Herr wird alles zum Bestenlenken und bin nicht enttuscht worden von Seiner ewigen Liebe. Ja, wirhaben noch viele treue Seelen mit ihm erretten knnen! Sehet, htte meinTheophil diese harte Probe seiner Treue nicht gebraucht, wre dieses Schicksalihm bestimmt nicht geschehen. Theophil wird es euch selber bezeugen, denn erist ein anderer geworden."Bis spt in der Nacht blieben heute die Freunde noch beisammen, nur Jonas zogsich bald zurck. Und als Pura ihn fragte: Warum bist du immer noch innerlichtraurig, wo doch alles um uns Freude und lachendes Leben ist?", da antworteteer zuversichtlich: Meine liebe Pura, glaube mir, bald bin auch ich erlst vonden Qualen der dsteren Bilder, mit denen ich in so vielen schlaflosen Nchtengerungen habe. Wie habe ich um Klarheit gefleht doch heute endlich sind mirdurch Lazarus und den alten Tobias diese inneren Vorgnge in einem ganzndern Lichte gezeigt worden. Wenn ich nur ein einziges Mal mit Jesumwirklich sprechen knnte, o wie wrde mich das frei und froh machen."Mein lieber Jonas, da irrst du", rief Pura bewegt, eine Begegnung mit demHeiland ndert dein Innenleben auch nicht! Aber das Heilands-Leben in uns ist

    das Erlsende, und ist so viel wichtiger, als Ihn schauen oder mit Ihm reden.Denn wo Sein Leben gelebt wird, mu Sein Geist ja gegenwrtig sein!Warum suchst du noch nach Rettung durch die Auenwelt? Auf allem ueren,und sei es noch so gut, liegt stets ein Stckchen Schatten. Schatten aber ist stetsder Beweis, da sich etwas ins Licht gestellt hat, das sich nicht vom Lichtedurchdringen lassen will. Die Person Jesu kann uns auch zum Verhngniswerden, wenn wir an Seiner Auenform hngen bleiben und unser Innenlebennicht beachten.Was ich an Lazarus und den Schwestern immer bewundere ist: da Jesusaufgehrt hat, ihnen noch Person zu sein, sondern nur Vater-Geist gewordenist." Frhmorgens hatte David mit seiner Harfe wieder einen kstlichen Psalm alsLoblied dem Herrn dargebracht, und alle befanden sich dadurch in festlicher

    09.04.2011 Seite 4 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    5/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Stimmung. Auch Jonas fhlte sich freier als seit langem und wehrte sich nicht,diese Freudigkeit auch in seine Seele einziehen zu lassen. Als nun Ursus anfingzu erzhlen von den geheimen Regungen, die er als erwachende Krfte in sicherlebte, und von den Segnungen, die der Geist damit durch ihn auslste, lauschte

    Jonas gespannt und tief ergriffen, denn hier fand er Tatkraft mit Heldentumvereint.So fragte er Ursus, ob er ihn auch einmal allein sprechen knnte. Ja gern",antwortete Ursus, aber vielleicht ist es gar nicht mehr ntig, lieber Bruder, dennam Abend beleuchtet die Sonne alles anders als am Morgen! Jetzt aber will ichnach Jerusalem fahren, da kannst du mich mit Theophil begleiten, aber nicht mitzaghaftem Herzen, sondern mit dem Sieges-Bewutsein: Jesus lebt! und wirdurch Ihn!"Bald sa Ursus mit den beiden und einem schwarzen Diener auf seinem Wagen;er lenkte selbst die feurigen Pferde, und rasch ging es nach Jerusalem.

    Inzwischen hatte der reiche Kaufherr Demetrius mit Enos und Lazarus eineernste Unterredung; er warb fr seinen Pflegesohn Ursus um Ruth, die jungeTochter des Enos, damit sie ihm folge als Weib, mit Vater und Mutter nachRom.Langes Schweigen folgte bis Lazarus sagte: Lieber Enos, warum so feierlichstill? Wenn Ruth bereit ist, und wahre Herzensneigung zum Ursus empfindet,ich wrde es als ein Glck ansehen!"Da sprach Enos: Mein lieber Demetrius! Wenn unsere Kinder sich darbereinig sind, gebe ich freudig meinen Segen dazu. Ich will mit meinem Weibeund mit Ruth darber sprechen ich aber bleibe hier in Bethanien."Enos hat recht", sprach Lazarus, erst mag er sich mit den Seinen aussprechen,wir warten gern bis zur reifen Antwort.Zugleich aber, lieber Enos, mchte ich dich darauf vorbereiten, da deinTheophil auch bald seiner greren Bestimmung zugefhrt werden wird. In denneuen Gemeinden bei Achibald und Bernhart braucht das erwachte Gotteslebenbesondere Unterweisung, und Theophil wird der rechte Gottesdiener bei ihnensein. Ich sprach schon mit ihm. Er geht gern, und wartet nur noch auf denbesonderen Ruf."Enos sprach langsam: Ich wei die Tchter ziehen mit dem Mann ihrer

    Wahl, und dort grnden sie ihre neue Heimat. Auch die Shne suchen sich ihrenBeruf. Ich aber bin festgewurzelt in der Nhe der Stadt Gottes und habe hiermeine Heimat gefunden."Unterdessen lenkte Ursus sein Gefhrt nach dem Hause Marias, die mit ihrerMagd allein anwesend war. Die Jnger blieben nur selten zu Hause, denn ihreLiebe drngte darnach, den hungernden Seelen weitere Geistesnahrung zugeben.Ursus bat: Liebe Mutter, komme mit nach Bethanien, damit wir, solange wirnoch hier sind, uns nicht mehr zu trennen brauchen. Komme mit, ich erwarteheute noch eine besondere Freude, die mut du mit erleben!"Ursus, ich komme gern mit, doch besuche erst deine Freunde hier. Theophilund Jonas bleiben inzwischen bei mir, denn auch wir haben noch manchesWichtige zu besprechen."

    09.04.2011 Seite 5 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    6/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Dies war zwar nicht so recht nach seinem Wunsch, aber Ursus betrachtete dieseAnregung als Gottesruf, darum sagte er: Ja, Mutter, es ist recht so. Ich werdemich aber doch beeilen, denn es ist noch viel heute zu erledigen."Maria bot den beiden eine kleine Erfrischung an, dann sagte sie:

    Dein Auge blickt so trbe, Bruder Jonas, willst du noch mehr Beweisegttlicher Liebe und Erbarmung? Oder hast du vergessen. welchen herrlichenDienst du deinem Bruder Theophil durch die Gnade Gottes erweisen durftest?Siehe, wer ein einziges Mal erwhlet ward, Gott und seinen Brdern zu dienen,ist fr ewig erwhlt. Gott in Seiner Liebe, wei um alles, Er kennt auch deinenKummer. Darum schaue nur auf Gottes Reine Liebe, und Seine groeBarmherzigkeit mit allen Irrenden wird dir immer mehr offenbar!"Sprach Jonas: Liebe Mutter Maria, niemand ersehnt die Ruhe und den Friedendes Herzens mehr denn ich. Da Gott wahrhaft Gott ist, stehet auer allemZweifel; da aber Gott, als Vater Seiner Kinder, das groe Leid und die

    Drangsal Seiner Getreuen mit ansehen kann, wo Er nur zu wollen braucht, undalle Feinde wren zunichte, siehe, dieses macht mich zum leidenden Menschen.Seit in mir die Liebe zum Menschenbruder so mchtig geworden ist, werde ichvon dem ihnen zugefgten Leid schwer bedrckt. Ich mchte helfen aus meinerLiebe, bin aber zu schwach, und Gott, der die Macht besitzt, warum hlt Er sichverborgen?"Sprach Maria: Mein Sohn, was du sagst hat wohl, menschlich genommen,vieles fr sich. Du bist noch Mensch, und mchtest nach deinen einfachen undschnen Begriffen keinen unglcklich sehen, und fragst dich: Wo bleibt denndie gttliche Hilfe? Ich knnte dir antworten: Gott sieht und wei um alles undknnte wohl im Augenblick allem Leid und Weh Einhalt gebieten; aber Er tut esnicht und will es nicht!Der Mensch fragt erstaunt: Warum denn nicht? Und dazu mu ich dir erklren:Weil die Erhaltung aller Menschen-Seelen Seiner unendlichen Liebe herrlichsterWesenszug ist! Sag, gilt es nur die zu erhalten, die sich zu Ihm bekennen? Odergilt Seine Erhaltung allem Geschaffenen? Wenn Gott nur die erhalten wollte, diesich zu Ihm bekennen und wrde Seine Allmacht gebrauchen, um diePeiniger zu schlagen, sag, mein Sohn, wo wrest heute du? Genau wie du selbst noch gerettet werden konntest, knnten nicht auch noch

    andere gewonnen und zu Seinen Mitarbeitern werden? Was der Herr im RateSeines Heils-Planes beschlossen hat, wird wohl allem menschlichen Verstehenein ewiges Rtsel bleiben. Aber ein von Seiner groen, erbarmenden Liebedurchdrungener Mensch kann doch um manches davon wissen, indem Gott esihm offenbart."Maria schwieg eine Weile dann fuhr sie fort: Siehe, du hast gestern schondurch Lazarus die Verheiung erhalten, da der Herr, um den vielen BittenSeiner Kinder gerecht zu werden, Sich offenbaren will und ihrem grtenPeiniger Sein heiliges Angesicht zeigen wird zum Zeichen, da Er der Herrist! Und ich darf dir sagen: dieses ist heute geschehen!Noch ist es freilich ungewi, ob es ihm zum Segen oder zum Fluch ausschlagenwird, denn jedes Menschen freier Wille mu aufs Genaueste gewahrt bleiben.

    09.04.2011 Seite 6 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    7/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    So lange du nun die Vorstellung dieser ewig klaren Gottes-Liebe in dir trbstdurch mancherlei unverstandene Vorgnge, wird dir auch vieles in derAuenwelt trb erscheinen. Die herrlichsten Wahrheiten und Verheiungenwerden in deinem Zustande dunkel und hoffnungslos aussehen. Und wenn dir

    Gott Selbst entgegentreten wrde, bliebest du doch in dir derselbe, weil diesesdein bel nicht von Auen kam, sondern noch Reste deiner alten, verworrenenGottes- und Glaubens-Begriffe sind."Nimm dir Theophil zum Vorbild. Er murrte nicht im Gefngnis. In glubigemVerharren wartete er auf den Herrn, und sein Vertrauen wurde herrlich belohnt,dafr bist du selber ja der Beweis. Gehe nun in deine eigene Herzensstille, unddu wirst die heilige Liebe erkennen, die durch mich um dich wirbt!"Jonas war im Tiefsten erschttert, denn die letzten Worte hatten denGottesfunken in ihm berhrt. Erst nach einer Weile bekannte er leise: Liebe Mutter, wie Hammerschlge

    sind deine Worte in meine Seele eingedrungen es wird Licht in mir! 0 ichblinder Tor! Wie Schleier fllt es von meinen Augen; berall sehe ich nun Liebewalten Seine Liebe! 0 Du mein Gott! Wie ganz anders sehe ich Dich nun an!Wie viel herrlicher sind doch Deine hohen Absichten mit uns Menschen, als ichje zu denken wagte. 0 Mutter, verzeihe mir mein strrisches Herz!"Komm in meine Arme, mein Sohn", entgegnete Maria, da du dichdurchgerungen hast zur Klarheit. Wer diese Liebe erfat hat in seinem innerstenWesen, will ihr auch ein freier und williger Diener sein. Und wer dieser Liebeheiliges Leben in sich pulsieren fhlt, ist schon ein Brger der Himmel. Wer zuseiner Beseligung noch Liebe sucht, strebt wohl in himmlische Reiche. Wer aberLiebe geben kann, weil sein in ihm erwachter Gottesfunke strahlendes Lebenaussenden mu ist Sein wahres Kind geworden und kann und wird sich nurfreuen ber all das, was Sein heiliger Vater will!"Theophil hatte still und sehr aufmerksam zugehrt. Jonas weinte an der BrustMarias, dann sagte er leise: Mutter! nie mehr sollst du Grund haben, mitbedrcktem Herzen auf mich zu schauen."Maria sagte: Nun, wo die Kluft in dir beseitigt ist, wollen wir recht stillewerden im Herzen und danken, damit sich unser Blick weite fr die eigeneinnere Welt, und unsere Seele erfllt werde von all den Schnheiten, die der

    herrliche Vater Seinen werdenden Kindern schenkt. Ihr brauchet wohl nochrechte bung, ehe ihr in Wahrheit eure Innenwelt beschauen lernet. Abergeeintes Wollen, geeintes Bitten und Danken wlzt auch von eurer Herzens-Trden Stein, den ein alter, aber verkehrter Gottes-Begriff davor lagerte."So wurde es still im Zimmer bei Maria, und Jonas und Theophil erlebtenherrliche Vorgnge der immer lebendiger machenden Liebe Jesu.Dann kam Ursus zurck, und Maria sprach: Lieber Ursus, heute ist ein soschner Tag, wie er sich nicht oft gestaltet! Wir wollen ihn recht dankbarerleben, weil die Freude so selten wird in dieser Zeit."Ursus aber mute bekennen: Mutter, fr mich waren diese Stunden wenigerschn, ja, ich kann es noch nicht ganz berwinden, da unser rmisches Gerichtden falschen Priester Abia, der Theophil gefangen nahm, freisprechen mute,und alle beteiligten Templer frei ausgingen. Auch der Hauptmann Benno war

    09.04.2011 Seite 7 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    8/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    sehr erregt darber, und ich mute mir Mhe geben, ihn nur etwas zu beruhigen.Jetzt soll sich sogar der Hauptmann noch entschuldigen, weil er dem Lazarusund dir, Jonas, hilfreich zur Seite stand!"Ich verstehe nichts von eurem rmischen Recht", sprach Maria, und denke

    mir, dieses Urteil bleibt nur eine Gnadenfrist! Die Templer werden bald einesndern belehrt werden, denn alles ist bei ihnen Lug und Trug.Der Herr aber lebt! und keiner kann sich ber Ihn erheben! Wisset: bald wird einneuer Kmpfer fr den Herrn erstehen, ja du, lieber Ursus, wirst ihn kennenlernen hier in diesem Hause und wirst dich wundern ber seine Umwandlung,die aber nur der groen Gnade Gottes mglich war."Mutter", wandte Jonas ein, du redest so bestimmt davon, als ob es schonTatsache sei, es sollte aber doch nur eine beruhigende Verheiung fr uns sein."Nein, mein Jonas", antwortete ihm Maria, was der Geist aus Gott mir zeigte,

    ist nicht Voraussage, sondern schon Gewiheit geworden! Doch nur umeuretwegen habe ich diese Botschaft erhalten, denn fr meinen Glauben braucheich nicht dergleichen, da ich in der Gnade, Liebe und Erbarmung des Ewigenvllige Genge habe.Ich lebe nur noch zu 6 Teilen fr mich, zu 60 Teilen fr meine vielen Kinder,und zu 600 Teilen schon im Reiche meines Herrn und ewigen Vaters. Darumkann es fr mich keinen Zweifel geben, so ich aus der reinen Gotteswelt eineBotschaft erhalte!Gewi bin ich dem Fleische nach noch Mensch, erhalten aber wird mein Leibaus Gotteskrften. Krankheit kenne ich nicht. Ich fhle mich nie mehr einsam! Doch welche Wonnen und Seligkeiten ich geniee ahnt kein Mensch.Engel aber stehen oft um mich und sind beseligt in meiner Sphre.Was ich vor Jahren als tiefsten Schmerz empfand beim gewaltsamen Todemeines geliebten Sohnes, ist heute die Quelle eines ganz neuen Lebens in mir,das nun verwachsen ist mit Seinem heiligen Erlser-Willen. Der Geist allerWahrheit offenbart meinem Geiste beraus herrliche Dinge; und was eure Seelenoch bis auf den Boden niederdrckt, was euch Schmerz oder viel Kummermacht ist fr mich schon feste Gewiheit.Der Herr und liebevollste Vater aller Menschenkinder hlt schon neue Gnaden-

    Wege offen, denn Er hat ja stets das Wohl aller im Auge! Freilich, brennenderSchmerz durchfurcht oft Sein Herz, so Er Dinge zulassen mu, welche dieMenschen in ihrem blinden Wahn selbst heraufbeschworen haben!Knntest du, Jonas, jene groen Dinge ertragen, die ich in der groen Werkstattder erbarmenden Gottesliebe erschaue, ich wrde sie dich erschauen lassen!Aber wie du als Mensch nicht lange in die strahlende Sonne schauen kannst, sokannst du auch diese Wunder Seiner Liebe noch nicht im Gotteslichtebeschauen. Du wrdest im Geiste erlahmen und untauglich werden fr das groeWerk des Herrn. Wenn aber dein in dir wohnender Geist der Seele beengendeFesseln gesprengt haben wird, dann wird dir dein Geistfunke auch manchesoffenbaren, was dir heute noch als ganz unmglich erscheint.Ihr beide aber, du, Ursus: Liebe aus der Kraft, und du, Theophil: Kraft ausder Liebe, seid ohne Sorge, euer Weg ist geebnet. Ja, eure stillen Wnsche sind

    09.04.2011 Seite 8 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    9/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    von der Liebe Gottes schon gesegnet. Doch vergesset in eurem Glck, in euremglcklichen Wirken nicht die ndern. Denn nur da wird Gott mit vollen Hndengeben, wo Er Gewhr hat, da alles in Seinem heiligen Sinn verwaltet wird.So freuet euch nun, wie ich mich freue! Liebet euch, liebet eure Brder und

    Schwestern, wie ich euch und alle andern liebe! Dann wird Sein Vater-Segendurch euch allen Seinen Kindern wahrhaft offenbar, und die Sttte, die ihrbewohnt, wird zu einer Pflegesttte heiligen Gottes-Segens!"Liebe Mutter Maria", rief Ursus begeistert aus, da du uns heute so vieles ausdeiner Herzensliebe offenbartest, was uns bis ins Innerste beglcken mu, sowage ich es, dich zu fragen, ob du meinen stillen Herzenswunsch gutheienmagst? Oder betrbe ich dein Herz damit, da ich immer noch so viel an meineigenes Glck denken mag?"Mein lieber Ursus, Mutterliebe blieb dir so gut wie fremd, so ist es zuverstehen, da du voll Vertrauen zu mir kommst, um dich in deiner sehnenden

    Liebe anzulehnen an teure Menschen. Fr gewhnlich ist es die Mutter, und ichwill dir gerne das mitfhlende Mutterherz ersetzen! Meine Liebe zu dir sollgleich heiligem Muttersegen deinen Herzenswunsch befruchten, so da fr dichund deine Nachkommen noch dieser mein Segen fhlbar sein soll! Gengt dirdiese Antwort, mein Sohn Ursus?"Ursus fhlte sich pltzlich berglcklich. Das war weit mehr, als er erwartethatte, und so rief er jubelnd: O Mutter! Wie oft schon habe ich mich in bangenNchten nach solchem lieben Wort gesehnt. Doch seit der heilige Vater meinHerz erfllt und mir immer neue Liebes-Anregungen gibt, ist wohl dieseSehnsucht fast erloschen.Aber in dieser Stunde, wo du mich so voll Liebe mein Sohn Ursus nanntest, gibtes kein greres Glck fr mich. Jetzt, wo ich mit meinem ewigen Vaterverkehren kann in einfachster und natrlichster Art, wird mir auch noch eineMutter geschenkt! 0 Du mein Gott und Vater! Mache mein Herz noch strker,damit es diese Flle von Glck und Wonne ertragen kann. Und so bleibe Du derErste und der Letzte in mir!Du aber nun meine Mutter habe Dank fr deine Liebe und fr deinen Segen!Alles, was ich mir an Gutem und Schnem denken kann, soll dich umgeben, undtglich will ich dich beglcken mit einem Gedanken, der dich erfreuen soll wie

    der erste Strahl der aufgehenden Sonne.Aber nun wird mir dieses Zimmer zu eng! Wir wollen zurck nach Bethanien!"Als die Magd meldete, da der Wagen vor dem Hause stehe, sprach Maria nochzu ihr: Kind, hte das Haus recht! Halte das Mahl bereit fr die Brder undsage ihnen: Bethanien erwartet sie!" Viele Neugierige betrachteten das Gefhrt und den schwarzen Diener, auchTempler standen dabei und erkannten Theophil und Jonas. Sie wollten ihnenetwas zurufen, aber Ursus rief laut: In Bethanien sind wir zu Hause, und unserTempel ist unser Herz, das sich nach Liebe sehnt und gerne Liebe spendet! JesusChristus sei mit euch!" Und rasch fuhr er davon.Unterwegs fragte Ursus: Lieber Jonas, willst du noch etwas von mir wissen,oder hat sich meine Ahnung auch mit dir erfllt?"

    09.04.2011 Seite 9 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    10/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    O Ursus", rief Jonas, der Herr hat alle Zweifel in mir geglttet, durch SeineGnade! Warum aber muten wohl erst diese Unruhe, diese Zweifel sein?Knnten wir nicht gleich der Wahrheit und allem Guten dienen? Warum erst alldieser innere Kampf?"

    Lieber Jonas", entgegnete Ursus ernst, diese Fragen mssen durchaus geklrtsein, um nicht wieder in alte Zweifel zu verfallen. Wrde uns das Erglhen desGottesfunkens im Innern wie eine se Frucht ins Herz gelegt, nie wrden wirdie Segnungen des Kampfes erleben! Nie wrdest du ein selbstndiger undselbstbewuter Mann werden, und nie knnten wir dieses Gottesfunkenshchstes Gut, die wahre Kindschaft Gottes als das Wertvollste betrachten unduns zu erhalten suchen!Ohne Kampf wrdest du zum Spielball fremder Einflsse, wrest innerlichweder kalt noch warm, und stndest ohne Interesse vor all den weisheitvollenFhrungen der Menschenseelen durch dieses Erdenleben.

    Erst wer die Nacht und ihre Schrecken, die Snde und ihre Folgen und dieeigene Ohnmacht dagegen durchlebt hat, wei das Licht und die Erlsung vomFalschen und Verkehrten und den Herzensfrieden darnach recht zu achten. Undder wird keinen noch so bitteren Kampf mehr scheuen, um das Hchste undWertvollste sich zu erringen. Oder bist du, Bruder Theophil, anderer Meinung?"O Bruder Ursus, schildere nur weiter das in dir gewachsene neue Leben!" riefTheophil lebhaft. Es ist mir Freude, so ich davon hre!"Und Ursus fuhr fort: Gewi, es kostet viel Mhe; aber sobald die Hheerklommen und die Verbindung mit dem Vater-Geiste hergestellt ist, hrt derKampf mit allen Zweifeln auf. Alle Krfte werden nun angespannt, um dasgroe, herrliche Ziel zu verwirklichen: ganz Kind, Sein Kind zu werden!So wir im Alltag dahin leben, umgeben von sorgender Liebe, ahnen wir nochnicht, welch ein Schatz von starken Willens-Krften in uns liegt. Wrde keineUnruhe, kein Zweifel, kein Kampf in uns sein, knnten nie Beweise erbrachtwerden fr die in uns liegenden Gotteskrfte. Und der Mensch knnte sich auchnicht im Geistigen hher entwickeln.Wo kein Kampf stattfindet, kann auch kein Sieg sein! Wo kein Sieg errungenworden ist, kann auch kein Preis sein! Unserm herrlichen Jesus aber gebhretaller Dank, aller Preis! Er hat gesiegt im Kampf mit der Welt, mit der Snde und

    mit dem Tode! Sein Sieg gehrt auch mir, darum soll mein Leben Ihm ganzgehren! Amen!"II. Ursus und RuthDer alte Enos hatte mit seinem Weibe und Ruth ber die Plne des Ursusgesprochen, und auf die Frage an seine Tochter, ob sie Ursus so liebe, da sieVater und Mutter verlassen knnte, antwortete Ruth:Vater und Mutter! Mit noch keinem Wort ist zwischen uns beiden davongesprochen worden, da wir uns lieben. Ich wei aber Ursus liebt mich, und

    Ursus wei, da ich ihn liebe. Wenn er mich nun zu seinem Weibe begehrt, ichbin bereit, ihm zu folgen. Es wrde eine Trennung von euch mir wohl sehr wehetun, aber diese Liebe im Herzen berragt mit ihrer Kraft auch den Schmerzunserer Trennung. Ich habe noch niemals daran gedacht, da der reiche Rmer

    09.04.2011 Seite 10 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    11/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    mich begehren wrde, nun es sich aber verwirklichen will, mchte auch ich euchbitten: Kommet mit! und wir brauchen uns nicht zu trennen!"Enos sprach: Meine Ruth! Die beiden vergangenen Jahre haben uns erst einrechtes Glck gebracht, darum bleiben wir lieber hier in Bethanien. Du aber

    ziehe gern mit dem Manne deiner Wahl. Ursus wird dein Leben inhaltsreichgestalten. Siehe, in fremden Landen wurzele ich und deine Mutter nicht mehrein, whrend ich hier volle Befriedigung darin finde, ganz im Sinne des heiligenVaters ttig zu sein.So ziehe im Namen des Herrn, wohin dich deine Liebe und dein Schicksalfhrt."Ruth fragte noch: Wie denkst du, liebe Mutter? Willst auch du mich gernziehen lassen?"Mein Kind! Mit Schmerzen habe ich dich geboren, doch dein Leben war mirimmerwhrender Sonnenschein. Mit Schmerzen lasse ich dich gehen, doch

    werde ich dich berall segnen, denn dein Glck ist unser Glck! Darum gehe imNamen des Herrn deinen neuen Pflichten entgegen und flle den Platz recht aus,wo dich wahre, reine Liebe hingestellt hat. Jesus ist uns immer nahe und ersetztuns das noch Fehlende. Vergi dies nie, dann wird sich dein Lebens-Himmelnicht trben, sondern wird tglich noch schner, je mehr du an Liebe und Treuegeben wirst."Im Hofe wurde es lebendig. Ursus war mit Maria und den Brdernangekommen, und es gab eine besonders herzliche Begrung, weil alle so vollinnerer Freudigkeit waren. Ursus war so ganz von seligster Freude erfllt, da erallen zurief: Mein Herz ist heute so froh ich knnte die ganze Weltumarmen!"Lazarus suchte ihn zwar weise zu beruhigen: Nur ruhig bleiben, mein Ursus,das Glcklichsein will gepflegt werden, sonst entschwindet es uns gar bald."Aber Ursus entgegnete ihm strahlend: Heute ist deine Warnung nichtangebracht, lieber Lazarus! Alle Saiten klingen und rauschen in mir! MeinGlck ist ein Geschenk aus den Himmeln, und was von meinem Jesus kommt,bleibt fr Zeit und Ewigkeit! Darum will mein Herz sich immer noch mehrfreuen, bis ihr alle meine Freude verstehen und euch mit mir freuen wollt."Und Lazarus lchelte: Ursus, ich kenne dich heute nicht wieder! Du, der ernste

    und manchmal so harte Rmer gleichst heute einem sorglosen Kinde, das inseiner sonnigen Freude alle beschwingt."Inzwischen begrte die Mutter Maria das Weib des Jonas: Dir, meine liebePura, wird noch ein besonderes Geschenk, denn von heute an hast du einenandern Jonas, dessen Herz sich von der Nacht zum Licht, von Zweifeln zumfesten Gottvertrauen durchgerungen hat." O Mutter! Dem Herrn sei Dank! Erallein konnte helfen!" Erwiderte Maria: Kind, das Leben liebt oft wunderlicheUmwege, aber verzagen darf man nie! Der heilige Gott und Vater wei ja umallen Kampf, und wenn du tagelang gebeten hast, so denke beruhigt: Nun istdie Grenze erreicht wo der Gegner nicht mehr seine volle Macht besitzt'." Spter kamen noch Johannes, Petrus und Jakobus an, und Lazarus empfanddieses Zusammentreffen als einen Wink des Herrn, mit ihnen zu sprechen berTheophils Sendung in die neuen Siedlungen bei Achibald.

    09.04.2011 Seite 11 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    12/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Johannes antwortete darauf: Du kennst Theophil, du wirst ihn geprft haben,und die letzte Schule, die er durchmachen mute, wird ihren Zweck nichtverfehlt haben. Darum zgert nicht lnger damit, denn ich wei, in den neuenGemeinden besteht schon die Gefahr, da sie verschiedenen falschen Begriffen

    ber die Persnlichkeit Jesu Raum geben wollen, weil eine einheitliche Leitungvon einem berufenen Gottesdiener ihnen fehlt."Sprach Lazarus: Ja, du wirst recht haben, Johannes! Und siehe, dadurchentsteht in mir ein neuer Plan, der aber von dir, mein lieber Ursus, ein Opferverlangt. Ich wei, dein jetziger Besuch gilt hauptschlich deiner zuknftigenLebensgestaltung; du begehrst Ruth zu deinem Weibe, und dazubeglckwnsche ich dich aufs herzlichste. Wir wissen, du bist wrdig, diesesjunge und reine Mdchen als Weib zu besitzen, wie auch Ruth wrdig ist, dichals Ehegemahl zu erhalten!Ich bin bereit, eure Hochzeit zu richten, da ihr Vater Enos sein betrchtliches

    Vermgen mir zur Verwaltung bereignet hat. Ich mchte vorschlagen, dieseuere Zeremonie nun so bald als mglich vorzunehmen, denn innerlich sindeure Herzen ja schon vereint.Dann knntest du, lieber Ursus, mit deinem angetrauten Weibe unsem BruderTheophil nach seinem neuen Bestimmungsort hinbringen und Ruth damit einegroe Freude machen, denn ich wei, sie liebt ihren Bruder sehr. Auch einigeFamilien von hier mchten sich dort ansiedeln und wren gleich mitzunehmen."Ursus unterbrach ihn: O lieber Lazarus, ein greres Glck kannst du mir garnicht schenken! Ich werde eine Karawane herrichten, unseres Jesus wrdig! Undjeder Tag soll gesegnet sein, wo ich ganz der Liebe dienen darf."Lazarus sah Demetrius an und fragte: Bruder, ist es auch nach deinem Sinn,oder hast du es anders gewollt?"Demetrius lchelte und sprach: Meine Brder, ich bin berrascht durch dieseschne Lsung. Ich freue mich ber diesen Plan, aber was wird Enos undMiriam dazu sagen? Denn nun haben wir wirklich ohne diese und vor allemohne Ruth beschlossen. Enos hat uns ja noch keine Antwort gegeben."Erwiderte Lazarus: Ich wei, auch ohne mit ihnen gesprochen zu haben, siedenken ebenso wie wir. Denn in diesen beiden Menschen lebt nur der Wille, alle

    glcklich zu machen. Wenn dann nach 45 Wochen Ursus und Ruth wiederzurckkommen, wird die Trennung fr immer viel leichter sein, als wenn ihrsofort von hier aus nach Rom zurck reiset. Es ist ja aber nur mein Vorschlag,die Verwirklichung sei ganz der ewigen Liebe anheimgestellt."Sprach Demetrius: Ich werde mit Enos reden, dann ist alle Ungewiheitgeklrt! In aller Stille wollen wir unsere Plne ausfhren und uns freuen, jungenMenschenkindern helfen zu drfen."Als der Abend kam, gab Lazarus das Zeichen, sich im groen Speisezimmereinzufinden, und ordnete an, da Ursus neben Ruth sa, und Theophil nebenSalome, damit ihnen Gelegenheit gegeben werde, sich nher auszusprechen.David stand neben seiner Harfe und wartete bis Enos den Abendsegengesprochen hatte. Dann griff er in die Saiten, immer herrlicher entquollen demInstrument die Tne, und nun sang er mit seiner beseelten Stimme: Was kein

    09.04.2011 Seite 12 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    13/42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    14/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Frsorge fr alle Bedrngten erfllt unsere Herzen, und damit trocknen wirmanche Trne unseres Erlsers. Nun aber prfe noch einmal in dieser Nachtgewissenhaft dein Herz, und der Herr segne dein Beginnen!"Am frhen Morgen schon ging Demetrius zu den Eltern Ruths, um sich

    bestimmte Antwort zu holen, Ursus aber blieb allen noch fern und wollte wartenauf diesen Bescheid.Enos begrte ihn: Lieber Demetrius, ich wei, du willst bestimmten Bescheidvon uns hren. Ruth ist bereit, dir zu antworten ich werde sie rufen."In wenigen Minuten war Ruth bei ihren Lieben und reichte Demetrius die Handzum Grue. Dieser sprach: Liebe Ruth, du weit, warum ich in dieser frhenTagesstunde mit dir reden mchte?"Und Ruth antwortete: Ich wei, darum mchte ich dir die Frage ersparen.Wenn du mich als deine Tochter an dein Herz nehmen willst ich bin bereit.Die Liebe, die meine Eltern von Kindheit an bis heute empfingen, soll auch dir

    werden! Denn ich will Ursus lieben und ihm ein wahrer Weggenosse und dir,Demetrius, eine liebende, dankbare Tochter sein!"Liebe Ruth, du hast mir meine Mission leicht gemacht! Komm an mein Herz,und dein Versprechen will ich besiegeln mit einem feierlichen Ku."Ruth schaute trnenden Auges zu Demetrius auf, als er die Arme ffnete, und ergab ihr einen Ku auf die Stirn sagend: Nun bist du meine Tochter! Und alleRechte eines Kindes habe ich dir im Angesichte Gottes und deiner lieben Elternmit diesem heiligen Kusse bergeben." Dann wandte er sich an die Eltern: Lieber Vater Enos und liebe Mutter Miriam,euer Kind hat entschieden! Nun will ich meinen Ursus rufen, damit wir Altenunsere Kinder gemeinsam segnen knnen."Demetrius holte Ursus, und beide luden noch die Mutter Maria ein, dieserheiligen Handlung beizuwohnen, und sie sprach: Ich habe eure Einladungerwartet, um Zeuge eures Gelbnisses zu sein, weil ich euch doch wie meineKinder liebe." Miriam hatte noch Trnen in den Augen als die drei ins Zimmertraten.Maria nahm die Hand des Ursus, fhrte ihn zu Ruth und sprach feierlich: Ihrmeine Lieben! Als zweite Mutter meines Sohnes Ursus bringe ich dir, meineRuth, deinen, aus eigener Herzensliebe erwhlten Ehegemahl! Hier, in der

    Gegenwart des lebendigen Gottes und Seiner getreuen Engelschar und imBeisein eurer lieben Eltern bitte ich euch um euer gegenseitiges Gelbnis! Treueum Treue! Liebe um Liebe! mge stets das heilige Band sein, das eure Seelenumschlingt. Dann wird eure Ehe ein fruchtbringendes Vorbild sein, und alle eureSegnungen werden noch kommende Geschlechter genieen drfen."Meine Ruth", sprach nun Ursus und ergriff ihre beiden Hnde, Ich gelobe imNamen unseres Herrn und Heilandes Jesus dir und den Deinen unverbrchlicheTreue und Liebe, die nie aufhren soll! Und ich bitte den heiligen Vater um dierechte Kraft dazu. Nie sollst du bereuen, deine Eltern und dein Vaterlandverlassen zu haben, denn meine Liebe will dir alles ersetzen und dein Leben nursonnig gestalten!"Ruth stand auf und antwortete: Ich bin dein Ursus! Bleibe dein in Freud undLeid! Dein Haus sei mein Haus, und dein Wille soll der meine sein! Dazu erbitte

    09.04.2011 Seite 14 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    15/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    ich mir die Kraft von unserem treuen Jesus, unserem ewigen Gott und Herrn!"Nun trat Enos hin zu den beiden, die vor ihm niederknieten, und sprach: Aufsolches Gelbnis hin wollen wir euch segnen aus der Liebe und Kraft unseresheiligen Vaters und Erlsers, damit euer Gelbnis in guten wie in schweren

    Zeiten nie seine Wirkung verliere, und ihr vor Gott und aller Welt wahrhaftbeweiset: Gesegnete des Herrn zu sein!"Bereitet euch vor, in vielleicht kurzer Zeit schon in den Ehestand einzutreten,und bedenket, da eine rechte Ehe, auf Erden geschlossen, auch noch Gltigkeitin der Ewigkeit haben soll. So seid gesegnet als Brautpaar im Geiste Jesu damitihr eure Mission auch in Seinem Geiste erfllen knnet zu eurem und vielerandern Heil! Amen."Nun kam Demetrius, legte ihnen die Hnde aufs Haupt und sagte: Ihr meinelieben beiden Kinder! Ihr wisset nun, fr Zeit und Ewigkeit gehret ihr einanderan; und so segne auch ich euren Bund in vterlicher Liebe. Aber versumet die

    Pflichten eurer Tage nicht, dann bleibet der heilige Segen unseres groen Gottesund Vaters stets bei euch und eurem Hause! Amen!"Alle schwiegen, um den heiligen Ernst dieser Stunde nie zu vergessen. Dannsprach Demetrius noch: Und nun hre, lieber Enos, was wir gestern schon, vonunserer Frsorge getrieben, mit den Brdern geplant haben.Wenn schon in einigen Tagen die Hochzeit stattfinden knnte, dann wrde dasjunge Paar deinen Sohn Theophil nach seinem neuen Bestimmungsorthinbringen, damit Ruth dort ein Bild von der geistigen Arbeit ihres Brudersgewinnt.Darnach kommen beide wieder nach Bethanien zurck, ehe wir die groe Reisenach Rom antreten. Dort will ich mich von den Geschften ganz zurckziehen,und Ursus soll alles bernehmen, so da fr ihn das Wanderleben ein Ende hat.Ich hoffe, ihr kommt mit uns nach dem groen und schnen Rom und brauchteuch um nichts mehr zu sorgen."Hierzu sprach Enos: Mein Bruder, ich bin mit allem einverstanden, nur nichtmit dem, da ich Bethanien verlassen soll. Wir bleiben hier! Die Kinder abermgen ihre Pflichten dort erfllen, wo die weise Fhrung des ewig liebendenVaters sie hinstellt."Demetrius kannte ja schon diesen Entschlu, und so sagte er noch: Nun, liebe

    Ruth, sage deinen Schwestern von deinem Glck, whrend wir mit Lazarus allesweitere noch anordnen; denn es wird noch sehr vieles zu erledigen sein, wenn ineinigen Tagen schon die Karawane fertig sein soll zu eurer schnenHochzeitsreise."III. Die HochzeitsfeierDemetrius hatte es fertig gebracht, da schon nach wenigen Tagen im Tempel zuJerusalem ffentlich die Ehe der beiden Kinder geschlossen werden konnte. Vonden rmischen Kaufherren und den Obersten des Militrs in Jerusalem waren die

    nheren Freunde als Gste und Zeugen dieser Tempel-Feier eingeladen, die einOberpriester in der gewohnten Zeremonie vollzog.Nach Beendigung der Trauung fuhren das junge Paar und alle Gste inbereitstellenden Wagen nach Bethamen, begleitet von berittenen rmischen

    09.04.2011 Seite 15 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    16/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Soldaten, und mancher Priester mag gedacht haben: diese unsere Feinde tun, alswren wir ihre Freunde! Sie haben wirklich Mut!Als die Grenze Bethaniens erreicht war, machte der lange Zug halt, dennLazarus, Enos, Theophil und die mnnlichen Bewohner hatten sich dort

    aufgestellt, um den Hochzeitszug zu begren. Und so gingen alle zu Fu nachdem Herrenhause, whrend die Wagen und Soldaten umkehrten, um sich in derHerberge Bethania zu einem frohen Festmahl zu vereinigen.Die Frauen und viele Helferinnen hatten den groen Saal festlich geschmckt,und in allgemeiner Freude ward ein reiches Festmahl eingenommen.Ehe sich die Gste in den schnen Plantagen in angenehmer Unterhaltungzerstreuten, erklrte Lazarus, als der Gastgeber, ihnen noch, da nach demAbendmahl noch ein zweiter Teil dieser Hochzeit gefeiert werde. Der erste Teilgalt dem ueren Leben, dem auch wir als Christen Rechnung tragen, und sogarOpfer dafr zu bringen bereit sind. Und nur deswegen wurde auch diese

    Trauung im Tempel vorgenommen, um vor aller Welt gerecht dazustehen. Aberwir vermgen uns eine rechte Feier wie die heutige ohne den zweiten Teil frdas innere geistige Leben, in Verbundenheit mit unserm Meister Jesus Christus,nicht zu denken. Wenn nun einer oder der andere von euch, liebe Freunde,diesen Teil nicht mitfeiern mchte, strt es uns nicht, so ihr vorzieht, lieber nachJerusalem zurckzufahren; Wagen stehen in jedem Augenblick bereit. Hiergilt nur der freie Wille, und jeden Entschlu respektiere ich als den richtigen."Die Kaufherren, die Bethanien nur vom Geschftlichen her kannten, wurdenneugierig, und keiner wollte gehen; denn wo solche Gastlichkeit und Eintrachtunter den Bewohnern herrscht, wrden sie sicher doch etwas Schnes nocherleben.Nach dem Abendessen lag dann eine erwartungsvolle Weihe ber dem groenSpeisesaal. Leuchter brannten auf allen Tischen;nach den Anweisungen Enos war vorne ein kleiner Altar errichtet, vor dem dasjunge Paar hatte Platz nehmen mssen. Die Gste saen in der Mitte des Saales,und die zu Bethanien Gehrigen umgaben im Halbkreis die ganze Hochzeits-Gemeinde. David bat Lazarus, whrend der Rede leise mitspielen zu drfennach seiner Art, da er um der vielen Rmer willen nicht singen mochte.Johannes, der von den Jungem allein anwesend war, ging an den Altar und

    begann: Ihr lieben Freunde, Brder und Schwestern! Wir stehen hier an heiligerSttte, denn die Liebe hat uns gerufen! Die Liebe, die der Grund- undEckstein alles harmonischen Zusammenlebens ist.So richte ich nun an dich, Ursus, und an dich, Ruth, heute besonders meineWorte, nicht um euch Lehren zu geben, sondern die Freude zu bekunden, die inmeinem Herzen lebt, und die Freude all derer, die heute an eurem Festeteilnehmen. Seid euch bewut, da Liebe ein Geschenk der Himmel ist und vonallem Weltstaub sorgsam freigehalten sein mu! Dann werden euch Frchtehimmlischer Art daraus erwachsen. Ein jeder Gedanke, sei er aus der Liebe oderaus dem Ha geboren, ist gleich einem Samen, und mu nach ewigem Ur-Gesetz Frucht bringen nach seiner Art.Liebe Freunde und Brder! Unser aller Leben, sorgsam behtet und bewacht vonder ewigen Vater-Liebe, ist dennoch oft ein schweres Ringen, ein Kampf, und

    09.04.2011 Seite 16 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    17/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    danach wohl erst ein Ruhen. Im Ruhen sind wir vereint mit all unsern Lieben,doch im Kampfe steht jeder meistens allein! Doch wahres Leben hat den Zug,sich immerwhrend zu offenbaren. Und je inniger und herzlicher unserInnenleben sich gestaltet, um so herrlicher auch seine Offenbarungen! Und so ist

    es fr jeden eine himmlische Wonne, so sich sein Herzensleben in der hchstenFlle offenbaren kann. Darum bleiben wir uns bewut: da, wo echte Liebewohnt, auch der Herr gern Einzug hlt."Die Harfe schwieg pltzlich die Lichter spendeten nur mattes Licht seltsame Stille trat ein doch um Johannes erstrahlte ein groes Leuchten.Aller Augen schauten erwartungsvoll hin, da auf einmal ward Jesus alsherrliche Licht-Gestalt allen sichtbar! Segnend breitete der Herr die Hnde ber die Festgemeinde dann sprachJohannes weiter: Im Namen der ewigen Vater-Liebe spricht jetzt der Herrdurch mich zu euch: Meine Freunde, Brder und Kindlein! Getragen vom Geiste

    der ewigen Liebe, die Mein Leben ist, segne Ich euch, und verknde euchMeinen Frieden und Meine Gnade!Es ist Mir eine hohe Freude, unter denen zu weilen, die Mich lieben und MeinenWillen beachten! Da aber Ich, als der Herr, Mich nicht aus Meinem Ur-Zentrumentfernen kann, ergeht auch an euch alle der Ruf: Entfernet auch ihr euch nichtvon eurem Herzen, sondern achtet auf alles, was darin vorgehet, und ob esbereitet ist fr Den, der euch unvergngliche Seligkeiten bieten kann, oder frden, der euch nur irdische Vorteile verheit?0 Kindlein! Glaubet eurem allmchtigen Vater: Wollte Ich auch euren Kampfverhindern, euer Leid und euer oft schweres Ringen, so wre dieses doch ohneNutzen fr eure Entwicklung! Denn gerade durch den harten Kampf mit demIrdischen wird eure Seele freier und selbstttig, wodurch der in euch noch stillruhende Geistfunke aus Mir erwacht, und seine einstige herrlicheLichtgestaltung sich wieder erringen kann!Wer hinaufsteigen will auf Meines herrlichen Reiches Stufen, mu alle nochhemmenden Fesseln abstreifen knnen, die in den Wnschen eures Fleischesund in eurer noch irdisch gesinnten Seele liegen. Doch wer Bewohner Meinesgeistigen Reiches geworden ist, obgleich er noch Fleisch und Blut trgt, hat sichdurchgerungen zum Sieg ber alle Feinde des inneren Lebens.

    Mag nun die Welt um euch auch noch so dster erscheinen, mag auch derFeinde Wten rger sein denn je, seid dessen gewi: Ich bin bei euch, und trageeuch in Meiner Liebe! Und nur Mein Erbarmen ist es, so Ich die Welt und ihreFreunde noch nicht richte. Denn Mein allliebend Vaterauge ersieht schon denZeitpunkt, wo auch sie ihre Knie beugen und gutmachen mchten, was sie inBlindheit schadeten!Wenn euer geistiges Auge schon alle die Wesen schauen knnte, die euch gernHelfer sein wollen, so wrdet ihr mit Freude kmpfen fr Mein ewiges Reich,dessen Bewohner ihr ja jetzt schon seid! Aber nicht im Schauen, sondern imBewutsein des Erkmpften werde dieses Hchste euer Eigentum!Kindlein! Die Welt braucht euch, seit Ich mich verhllen mu! Um eurer vollenFrei-Werdung willen seid ihr es, die an Meiner Statt dem Bsen Einhalt zugebieten haben und allen Verderbern ein Halt setzen sollen. Mein Geistfunke in

    09.04.2011 Seite 17 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    18/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    euch sei der Fhrer! Mein Leben in euch das erhaltende Prinzip fr alle, undeuer Glaube an Mich sei die Kraft, die Erlsung schafft. Meinen Engelngewhre Ich gern, euch zu strken, euch zu sttzen in diesem Kampf fr MeinReich. Aber bertragen habe Ich euch Mein begonnenes Werk im vollen

    Vertrauen auf eure Liebe zu Mir. Denn Meinen wahren Kindern mu esgelingen."Der Herr geht auf Ursus und Ruth zu legt Seine Hnde auf ihr Haupt undspricht durch Johannes weiter: Gesegnet seid in Meiner Kraft und Liebe, die ihrTreue Mir und euch gelobet habet! So, wie ihr Mich jetzt erschauet, werde Ichimmer bei euch sein und bleiben, wenn ihr zu vollbringen sucht, um was MeineLiebe euch bittet! So bleibet denn in Mir, damit Ich in euch verbleiben kann'.Amen!"Der Herr geht nun wieder an den Altar Johannes spricht dann weiter: Ihraber, Kindlein, Brder und Freunde, vergesset Meiner nicht! Denn Ich, als Vater

    aller, gedenke in Liebe auch derer noch, die Meine Vernichtung wollen. So seigesegnet euer reines Wollen und Lieben, gesegnet euer selbstloses Tun undSchaffen fr Mein Werk, gesegnet eure Bereitwilligkeit und eure Hingabe unddie Demut in euren Herzen! Mein Segen sei euch stets ein herrlicher Beweis!Mein Frieden sei euch Freude und Glck! Meine Liebe gebe euch Leben undKraft und Meine Gnade sei euer ewiger Anteil an Meinem Reiche! Amen!"

    Unsichtbar wurde allen der Herr und erst nach einer lngeren Stille sprachJohannes weiter: Das Wunderbare ist geschehen wir alle durften den Herrnin Seiner unirdischen Licht-Gestalt schauen, und ihr durftet vernehmen, was Er,der bergute, durch meinen Mund euch sagen lie! Glaubet diesen Worten, siesind Brot fr das innere Leben, und reicher Segen wird uns daraus erwachsen.Amen!"Die Leuchter brannten nun wieder so hell wie zuvor, David jubelte in seinerWeise und verga, da noch Fremde zugegen waren. Lazarus lie noch Weinund Frchte reichen, und die Rmer stellten noch viele Fragen an Johannes undLazarus. Auch Maria wurde sehr in Anspruch genommen als bekannt wurde, siesei die Mutter Jesu.Unterdessen sprach Theophil mit Salome und gab ihr kund, da auch er nun bald

    von Bethanien scheiden wrde, um dem Herrn zu dienen bei den Gemeinden amMerom-See. Er fragte sie: Salome, mchtest du nicht auch so glcklich seinwie meine Schwester Ruth?"O Bruder! ein Mdchen wie ich, als Tochter eines fahrenden Sngers, darfkeine solchen Wnsche haben! Bedenke, mein Vater braucht mich, es wrelieblos, wollte ich nur an mich denken!"Theophil bat: O Salome, hre mich an, Lazarus hat fr alle Menschen Hilfe undBeistand bereit, wollen wir nicht mit deinem Vater zu Lazarus gehen und ihn umRat bitten? Denn ich mag nicht viel Worte machen. Sag! Mchtest du meinWeib sein und mir folgen dorthin, wohin mich der Ruf fhrt?" Theophil, ichmchte wohl, aber meine Pflicht ist unumstlich: ich gehre zu meinem Vater!Seit meiner frhesten Jugend wandern wir zusammen, da ich meine Mutter

    09.04.2011 Seite 18 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    19/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    schon sehr frhe verlor. Er kann ohne mich sich nicht behelfen, und diese Pflichthat mich an die Seite meines Vaters gestellt."Theophil bat noch einmal: O Salome, offenbaren wir unsere Wnsche demLazarus, er hilft, so es in seiner Mglichkeit liegt."

    Die Gste unterhielten sich noch lebhaft bis zum Morgengrauen und fuhren dannnach Jerusalem zurck.Als die Letzten sich verabschiedet hatten, sagte Lazarus zu Enos und Demetrius:Dieser Tag brachte uns reichen Segen, und ich wnsche, da noch alle dieseGnade erkennen lernen! Gehet nun auch ihr zur Ruhe, ich gehe noch nach denStllen, auch die Tiere brauchen meinen Morgensegen." Dann komme ich mit", sagte Theophil, denn ich knnte doch nicht schlafen."Komme nur mit, ich habe sowieso mit dir zu reden." Lieber Lazarus", begannTheophil, du hast wie ein Vater an mir gehandelt, hast mich, der ich fastverloren war, wieder aufgerichtet und uns allen eine Heimat gegeben. Um was

    ich dich aber heute bitten mchte, ahnst du nicht."Doch, mein Theophil, ich wei, du liebst Salome und mchtest sie als deinWeib mitnehmen. Aber Salome weigert sich wohl, obgleich sie dich auch liebt?"Ja, Lazarus, so ist es! Sie behauptet, ihre Kindespflicht stelle sie an die Seiteihres alten Vaters, der ohne sie dem Herrn nicht so gut dienen knne." Ich musie darob loben", besttigte Lazarus. Wahrlich, solche Kindesliebe mu belohntwerden! Ich werde mit den beiden reden und schon alles in Ordnung bringen.Nun aber mchte ich dir noch mitteilen, da deiner Abreise nach dem Merom-See nichts mehr im Wege steht, und in wenigen Tagen schon Ursus dieKarawane dahin fertig haben wird; du hast inzwischen Zeit, dich daraufvorzubereiten. Bist du mit dieser Weisung einverstanden?"O Lazarus, dein Wort ist mir so gut wie Gottes Wort! Ich knnte mir nichtsbesseres wnschen als das, was du mir anratest." Dann ist es gut und heutenoch rede ich mit David!"Es geschah; Lazarus hatte mit David und Salome eine Unterredung, die beideTeile befriedigte. Ihr bleibt beide in Bethanien, bis die rechte Stundegekommen ist! Und du, liebe Salome, nimmst die Stelle ein, die Ruth bis jetzthatte bei meinen Schwestern und bei Mutter Miriam. Betrachte dich alsgebunden an Theophil, damit er voll Hoffnungsfreudigkeit in sein neues Amt

    eintreten kann. Der Herr wei ja um alles und wird auch eure Sache ordnen zualler Wohlgefallen. Vertrauen wir stets Seinen Fhrungen." Auch Theophil war mit diesem Bescheid sehr zufrieden und konnte in diesenTagen noch viel Freude erleben, denn Salome hatte ein reiches Innenleben undeine grenzenlose Liebe zu dem Heiland und zu allen ihren Mitmenschen.Am letzten Abend vor der Abreise wurde noch eine weihevolle Andachtgehalten zum Abschied des Theophil; und da kein Jnger anwesend war,bernahm der alte Tobias, Bethaniens ltester Bruder, die Abschiedsrede undden Segen. Mit aus dem Herzen quellenden Worten leuchtete er hinein in dieernsten Aufgaben eines rechten Gottes-Dieners, der das Hchste zu verwaltenhat: Das Wort und die Verheiungen des heiligen Vaters.Du gehest nicht von uns, denn im Geiste folgen wir dir, im Geiste weilest auchdu oft bei uns, und in dieser Verbundenheit wirken wir gemeinsam durch die

    09.04.2011 Seite 19 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    20/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Gnade des Herrn an unserm geistigen Fortschreiten. Ziehe hin in Frieden, derHerr gehe dir voran! Amen!"Und dann segnete Tobias noch die 25 Brder und Schwestern, die bei Achibaldeine neue Heimat erhalten sollten.

    Frh am Morgen waren beim Morgenmahl noch einmal alle vereint, dann gabUrsus das Zeichen zur Abfahrt. Er wute, da Mutter Miriam schwer trug andiesem Abschied, denn sie liebte ihre Kinder wie selten eine Mutter. Theophilaber nahm Salome bei der Hand: Hier, Mutter, deine neue Tochter! Sie wirddir Ruth ersetzen und mich, denn sie liebt dich inniglich! In einem Jahre hole ichSalome als mein Weib. Liebe du auch sie, du wirst nur Freude erleben!"Lazarus ging bis an die Grenze seines Besitztums mit, dann blieb er stehen undsegnete den langen Zug, bis er nichts mehr sehen konnte. Und langsamenSchrittes kehrte er zurck nach seinem Hause.Mein Jesus! es ist schwer, alle die Lieben scheiden zu sehen, und doch, mein

    Vater, es mu sein! Dein heiliger Wille geschehe! Ich wei, Du hast schonwieder neue Aufgaben in Bereitschaft, la mich nicht mde werden, Dich zuverkrpern in Liebe und in Geduld um Deines groen Werkes willen! Amen!"

    IV. SaulusDarnach war es in Bethanien recht ruhig geworden. Das Erntefest war vorber,und Lazarus war oft auerhalb beschftigt, so da Demetrius mit Enos vielzusammen war. Eines Tages, als Lazarus am spten Abend noch nicht vonJerusalem zurckgekehrt war, wurden seine Schwestern doch ngstlich und

    sprachen mit Demetrius darber.Er beruhigte sie: Habt ihr vergessen, da der Herr ber ihn wacht? Ich gebe zu,es mu etwas Besonderes geschehen sein, fhle aber, es ist nichts Betrbendes,darum habt Vertrauen, denn ihr wisset, da selbst der kleinste Zweifel an GottesFrsorge die Macht des Feindes in uns strkt! Lazarus wird in der Nacht nichtheimkommen, der gehssig gesinnten Templer wegen. Morgen frh aber werdeich deshalb selbst nach Jerusalem fahren."Doch Ruhe brachte diese Nacht in Bethanien nicht, denn Pura, das Weib desJonas, lag in Kindesnten. Mutter Miriam war bei ihr, aber selbst Jonas, derdoch Arzt war, konnte nicht helfen.

    Schon bei Tagesanbruch rstete Demetrius mit zwei Dienern zur Abfahrt, dakam Jonas, bernchtig, und bat mit angstvollen Augen: Lieber Demetrius, derHerr hat uns heimgesucht, ich kann meinem Weibe keine Hilfe bringen. Bitte,schicke mir durch einen deiner Diener eine Wehemutter, ich bin in groerSorge."Lieber Jonas, in einer Stunde sollst du deine Bitte erfllt sehen."Demetrius hatte es eilig, aber wohin? fragte er sich. Mutter Maria wird mirden besten Bescheid geben.Als der Wagen am frhen Morgen vor ihrem Hause hielt, stand Maria schon

    reisefertig in der Tr und erwartete ihn, sagend: Schon vor einer Stunde hat derHerr mir die Not Puras angezeigt, und ich bin bereit, mit dir zu kommen. Dochum Lazarus habt keine Sorge, er befindet sich mit den Brdern wohlbehaltenhier im Hause."

    09.04.2011 Seite 20 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    21/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Damit ist mein Besuch erledigt", rief Demetrius froh und fuhr mit der MutterMaria sogleich zurck, um Freude und Hilfe zu bringen.Pura lag in leichtem Schlummer auf ihrem Ruhebett. Mutter Miriam weinte leiseals Maria eintrat und meinte: Wie ohnmchtig ist doch der Mensch, man

    mchte so gern helfen und kann nichts!"Ja, wir Menschen knnen freilich nicht helfen, darum mu der Herr undMeister gebeten werden, das uns Fehlende zu ersetzen. Doch wir mssen erstdie Bedingungen dazu erfllen, und diese sind in diesem Falle: groes, festesVertrauen!"Pura war erwacht von den leise gesprochenen Worten, und als sie die MutterMaria gewahrte, schluchzte sie auf, und ihr ganzer Krper wurde aufgerttelt.Aber warum denn weinen, liebe Pura", sprach Maria sanft, wo der Herr dichso unendlich beglcken will! Alle Himmel sind voll seliger Erwartung, harrendauf den Augenblick, wo sich nach ihren Begriffen das grte Wunder vollziehen

    wird. Mein Kind, siehe mich fest an unser Gott und Vater, unser Schpferund Erhalter, unser Heiland und Erlser Er helfe dir! Er vollende SeinWerk in dir durch Seine Liebe und Erbarmung!"Maria drngte den eintretenden Jonas sanft hinaus und bat: La uns allein! Duaber erlebe mit den ndern die Heiligkeit dieser Stunde!" Dann legte sie ihreHand auf den Kopf der Pura und nach wenigen Augenblicken war dasKindlein geboren.Als dann Miriam das Kind in den Arm der Mutter legte, sagte Maria bewegt:So, meine liebe Pura, nun blicke voll Dankbarkeit in deine Umwelt unddann in deine Innenwelt und erlebe all die Freude, die der Herr dich erfahrenlassen will. Wir lassen dich jetzt eine Weile allein, damit du im innigstenVerband mit deinem Heiland und Vater Ihm alle Wnsche fr dein Kindanvertrauen kannst. Denke auch daran: nie kehren solche heiligen Augenblickezurck, nur noch in der Erinnerung kannst du davon zehren. Wir wollen dieFreudenkunde jetzt den ngstlich Harrenden bringen, bald kommen wir wiederzu dir."Im Vorzimmer betete Jonas. Maria sprach zu ihm: Der Herr hat Sein Wortwahr gemacht. Du, Jonas, hast jetzt einen neuen Beweis Seiner nie aufhrendenLiebe erhalten, dein Weib hat dir einen Sohn geschenkt! Doch beide bedrfen

    fr kurze Zeit noch des Alleinseins mit dem allgtigen Vater. Sammle auch dudich und erlebe die Weihe, die da ausgehet von denen, die mit Gott allein seinwollen. Wir aber gehen voll Freude zu den andern."Freuet euch, Kinder! Heil ist uns allen widerfahren", sagte Maria, alle Angstist in Freude und alle Sorge in Dankbarkeit ausgelst. Pura hat einen Sohngeboren, und wir drfen einem werdenden Himmelsbrger unsere volle Liebeangedeihen lassen. Und nun hret weiter, noch eine andere Freude kann ich euch mitteilen: Gesternkamen aus Syrien einige Brder zurck und brachten in ihrer Mitte desHeilandes Jesu grten Gegner mit, Saulus von Tarsen! Es mu wie einTriumphzug gewesen sein, als Saulus vor dem Hohen Rat seine Abkehr vomTempel bekannte und sein Glaubensbekenntnis fr Jesus Christus, denlebendigen Gottessohn, klarlegte. Der Hohepriester war derart betroffen, da er

    09.04.2011 Seite 21 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    22/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Saulus mit den ihn Begleitenden ohne Worte ziehen lie. Bald werdet auch ihrihn begren knnen und mit ihm diese groe Herrlichkeit der sich ihmoffenbarenden Gottesliebe erleben drfen. Dadurch wurde es gestern recht sptbei uns in Jerusalem, und so blieb Lazarus in unserer Mitte. Eure Angst um ihn

    war ganz unbegrndet und war geboren aus eurer Liebe zum Bruder. Wret ihraber im Herzen geeint gewesen mit Dem, der Alles in Allem ist, wahrlich, ineurem Innern htte der Abglanz von Freude sich spiegeln knnen, wie wir siegestern erlebten."Und Maria erzhlte weiter: Noch nie war bei uns soviel Verkehr wie gestern.Ich vermute, da auch heute und in den nchsten Tagen viele bei uns einkehrenwerden; und es ist eine Freude, so viel Begeisterung zu sehen, weil sie vonHerzen kommt."Sprach Martha: Dann will ich noch ein paar Mgde in dein Haus schicken,denn dich mchten wir noch hierbehalten."

    Demetrius sagte nun: Da mchte ich zu den Brdern fahren und kann dieMgde gleich mitnehmen. Aber zuvor will ich doch zu unserer Kranken gehenund sie und ihr Kindlein begren."Nun wollten auf einmal alle zu Pura, aber Maria bat: Wartet noch damit, ebenist Jonas bei seinem Weibe, dann aber knnet auch ihr eure Freude bekunden."Jonas, der allein im Vorzimmer geblieben war, dankte auf den Knien seinemGott fr die Hilfe und erflehte Seinen Segen fr das Kindlein. Da sah erpltzlich eine lichte, groe Gestalt, die sich verneigte vor der Mutter und demKind und segnend die Hnde ber beide hielt. Er hrte die Worte: Gesegnetsei dein Eintritt auf diese Erde, du Menschenkind, damit du deine dir erbeteneMission erfllen kannst. Du aber, mein Gott und mein Herr, lasse mich, DeinenDiener, meine Aufgabe als Schutzgeist an diesem Kind restlos erfllen! Amen."Vor Jonas entschwand die Gestalt er eilte ans Lager seiner Lieben, und vollDank und Freude kniete er nochmals nieder, in tiefe Andacht versunken. Dann kamen Demetrius und Enos und segneten Mutter und Kind.Ehe Demetrius abfuhr, zwei Mgde hatten schon Platz genommen, kam Jonasund bat, mitfahren zu drfen, da es ihn nach Jerusalem ziehe. So fuhr Demetriusnochmals nach der Stadt und unterhielt sich mit Jonas ber das eben erlebteWunder bei Pura. Jonas war der Meinung, da es Maria gegeben sei, Kranke zu

    heilen, und nur Maria sei es zu danken, denn sie sei die Begnadete!Demetrius sprach: Bruder, ich teile diese Meinung nicht, ich wei, da dieGabe, Kranke zu heilen, Geschenk aller sein knnte. Nur erfllen wir dieBedingungen, die diese Begnadung voraussetzt, nicht. Ich wei von Ursus, daer, ohne viel zu reden, schon wunderbare Heilungen durch die Gnade Jesuerlebte."Du magst recht haben mit den Bedingungen", sprach Jonas, denn wie habe ichgerungen mit Gott in dieser Nacht, aber es hat nicht geholfen, weil ich dienotwendige Glaubenskraft wohl nicht hatte. Maria betet ja auch, legt dann aberim vollen Bewutsein Seiner Gnade die Hnde auf, und das Wunder geschieht."Richtig, Jonas! Gott allein wei, warum sich die Geburt dieses Kindes aufdiese wunderbare Art vollziehen mute. Ich aber denke nicht viel darber nach,sondern bin glcklich, da wir diese Lsung erfahren durften. ber Dinge, fr

    09.04.2011 Seite 22 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    23/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    die ich heute noch keine Erklrung habe, grbele ich nicht, sondern wei: wennZeit und Stunde fr mich da ist, erhalte ich auch die rechte Klarheit. Wohl geheich oft in mein Herz und halte Zwiesprache mit dem in mir lebendenGottesfunken. Erhalte ich Antwort, freue ich mich, bleibt es aber stumm in mir,

    so bin ich auch ruhig, dann ist es eben fr mich noch nicht an der Zeit."Da gehest du leichter durch das Leben, lieber Demetrius! Ich habe nicht eherRuhe, bis ich Beweise habe, und alles sich restlos aufgeklrt hat."Jonas, la dir das Verlangen nach Beweisen nicht zu einem Hindernis werdenauf dem Wege des Herzens zum Herrn. Ist ein kindliches Anlehnen undAnschmiegen an unseren Heiland nicht genug? Ein einziges Mal habe ich dieseWonnen durchlebt und in meine Seele ist jener heilige Augenblick eingebrannt,wo ich Seine Liebe als das Grte und Herrlichste erleben durfte! Nun magkommen was will, ich wei: Er ist mein Heiland und mein ewiger Gott meinguter Vater! Er ist der Fels, an dem sich alle feindlichen Krfte eine Niederlage

    holen werden. Und so bemhe ich mich nur, hinter allem Geschehen doch stetsdie fhrende und leitende Absicht des Herrn zu erkennen."So frchtest du keine Prfungen oder Versuchungen, die dich vielleicht dochschwach oder mutlos machen knnten?"O Bruder Jonas, habe ich frher als blinder Mensch niemand gefrchtet, jederGefahr, selbst dem Tod, furchtlos ins Auge geschaut, was sollte ich jetztfrchten? Ich fhle mich nicht stark, weil ich etwas besitze, sondern weil JesusChristus mich besitzt! Ihm gehre ich! Ihm allein gehrt mein Leben und meinVermgen. Nur als Treuhnder fhle ich mich in Seinen Diensten, und indiesem Sinne wird auch Ursus das Geschft bernehmen. Gewi mu ich alleGeschicklichkeit anwenden, um etwas zu erreichen. Aber Hindernisse undSchwierigkeiten sehe ich nur als Notwendigkeiten an, die eben berwundenwerden mssen, damit ich vor dem eigenen Richter in meiner Brust bestehenkann."Man nherte sich Jerusalem, so schwieg die Unterhaltung. Demetrius fuhr in dieHerberge Bethania, bergab Pferde und Wagen dem Pchter, und dann gingendie vier zum Hause Marias, wo die Mgde freudig als Hilfe aufgenommenwurden. Die Brder waren im eifrigen Gesprch ber Saulus, und als Demetriusund Jonas eintraten, merkten beide, da dessen pltzliche Umkehr doch

    Meinungsverschiedenheiten unter ihnen hervorrief. Johannes war der einzige,der offen und rckhaltlos Saulus von Tarsen schon gestern an seine Brustgezogen hatte und mit einem brderlichen Ku alles Frhere zu berbrckenversuchte, indem er ihm einen neuen Namen gab.Die andern aber befrchteten eine neue Falle der Templer. Demetrius teilte demLazarus das Wunder bei Pura mit, und da Maria einige Tage in Bethanienbleiben werde. Johannes dankte im Herzen dem Herrn fr diese Kunde, brauchtenun Maria doch nicht Zeuge zu sein von diesen Unstimmigkeiten zwischen denJngem.Nach einer Stunde kam nun Saulus selbst in Begleitung von Barnabas, bei demer beherbergt wurde. Jonas, der Saulus schon kannte, begrte ihn sogleich undgab seiner Freude Ausdruck, da auch er sich vom Tempel gelst hatte.Demetrius war berrascht, in dem jungen Mann mit dunkelblondem Haar und

    09.04.2011 Seite 23 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    24/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    hellerem, kleinem Bart, der auf ihn einen so guten Eindruck machte, denberchtigten Saulus kennenzulernen. Die ndern Jnger aber blieben noch rechtzurckhaltend, denn sie wuten um die schrecklichen Dienste, die er denTemplern geleistet hatte.

    Lazarus bat nun Saulus um einen ausfhrlichen Bericht seiner Erlebnisse undfragte, warum Ananias aus Damaskus nicht mit ihm hierher gekommen sei.Saulus, dem man eine seltene innere Freudigkeit ansah, begann mit groemEifer zu erzhlen: Liebe Mnner, es ist freilich berechtigt, so ihr meinemKommen zu euch und meiner pltzlichen Bereitwilligkeit, dem GottessohneChristus Jesus zu dienen, noch Zweifel entgegensetzet. Glaubet mir aber, daich frher in dem Wahn lebte, mit meinem Eifer gegen andersglubige Judenunserm Gott Jehova einen groen Dienst zu erweisen und deshalb solcheMnner und Frauen in die Gefngnisse einlieferte. Die geheimstenVersammlungen wurden mir hinterbracht, und oft habe ich diesen Gemeinden

    schwerstes Leid zugefgt. Auch wute ich, da viele Christen unser Landverlassen hatten und sich in angrenzende Nachbarlande flchteten.Doch der Tempel, der ja ber alle Juden das Verfgungsrecht hat, gab mir dieMacht, auch diese auerhalb des Judenlandes Wohnenden, als dem TempelUntreugewordene, zu strafen, und sie mit Gewalt wieder in ihren alten Glaubenzurckzufhren. So habe ich rcksichtslos, mit steinernem Herzen, dieAnhnger des Gottessohnes Jesus mit willigen Werkzeugen des Tempels in dieGefngnisse schaffen lassen.Dann, an einem Mittage, wir ritten durch Syrien, unser Ziel war Damaskus,berkam uns der bermut. Ich sang Spottverse auf den Gekreuzigten und auf dieso geduldig leidenden Nazarener. Da schlug pltzlich ein Blitz vor meinemPferde in die Erde. Mein Pferd ging hoch, warf mich ab und blieb zitterndstehen. Meine fnf Begleiter konnten ihre Pferde fast nicht halten, so bebtenauch sie an allen Gliedern.Dann wurde vor mir eine ganz unirdische Gestalt sichtbar, heller wie die Sonne,und eine laute Stimme erscholl: Saul! Saul! was verfolgst du Mich?Ich hatte mich etwas aufgerichtet und fragte unter Zittern: Herr! Wer bist Du? Da sagte die hohe Lichtgestalt: Ich bin Jesus! Den du verfolgest! Aber eswird dir schwer werden wider den Stachel zu lsen!" (Apostelgesch. 9, V. 5.)

    Dann wurde es pltzlich finster um mich. Ich stand vom Boden auf, suchtemeine Gefhrten, sah aber niemanden um mich. Ich rief sie, da reichten sie mirdie Hnde und fragten erstaunt: Was ist hier geschehen? Wir hrten eineStimme, dann dich sprechen, und doch sahen wir niemanden." Ich mutebekennen: Ich bin dem gekreuzigten, dem totgeglaubten Jesus begegnet!Ganz deutlich sah ich Seine ernsten Augen auf mich gerichtet, als wollten siemich durchbohren, dann hrte ich Seine Stimme, und wie Donner rauschte es inmir. Und alles Denken war wie ausgelscht, als Sein Mund ausrief: Ich binJesus, den du verfolgest! Dann wurde es um mich Nacht und es ist auch noch Nacht! 0 kommet undfhret mich in die nahe Stadt, ich bin erschttert bis ins Tiefste. Die Begleiterfhrten mich schweigend bis in unsere Herberge. Der Wirt bemhte sich, mir zuhelfen, aber in mir und um mich blieb alles finster. Ich fand keinen Schlaf,

    09.04.2011 Seite 24 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    25/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    konnte nichts essen und wollte allein sein, denn verzerrte Gestalten umgaukeltenmich, ich fhlte mich recht elend. Saul! Saul! was verfolgst du Mich? standmit feurigen Buchstaben vor mir, als ich mit Gewalt diese verzerrten Bilderverscheuchen wollte. Und der Blick Seiner alles durchdringenden Augen lie

    mich immer wieder erschauern.Wenn ich glaubte, etwas Ruhe zu haben, wurde ich wieder aufgescheucht, undhliche, von roter Feuersglut brennende Gestalten wollten mich umarmen, soda ich laut aufschrie! Sie lachten mich aus, umtanzten mein Lager, und dieseQual dauerte fr mich eine Ewigkeit. Ich htte gern meinem Leben ein Endegemacht, aber ich hatte keine Mglichkeit dazu. Da betete ich zu unserm Gottund flehte um Rettung, doch der hlichen Gestalten wurden immer mehr; siestieen mich hohnlachend mit ihren Stangen und glhenden Spieen, so da ichaufhren mute zu beten. Ich jagte im Zimmer herum (trotzdem ich frMaterielles blind war), und mit trotzig nach der Decke erhobenen Hnden wollte

    ich Gott zwingen, Sich mir als Retter zu offenbaren.In meiner grten Herzensangst rief ich dann aus: Herr Jesus! Wenn es eineMglichkeit gibt hilf Du mir! Ich wei, da ich gegen Dich und die Deinenschwer gesndigt habe.Da stand pltzlich vor mir ein lichtes Wesen und sprach freundlich: Saul! Jesus,der Herr, hat deine Bitte gehrt. Er hat deine Reue gesehen und gab mir denAuftrag, dir dein vergangenes Leben mit all den Verkehrtheiten und ihrenschweren Folgen zu zeigen. Erkennest du mich?Ich sah diese Gestalt genauer an und sagte erschrocken: Ja, ich erkenne dich! Dubist Stephanus, an dessen Qualen und Tod ich so viel Wohlgefallen empfand.Da sprach Stephanus: Wohl dir, da du mich und dich erkennest! Nun wird esmir leichter, dich in eine andere Welt zu fhren, vorausgesetzt, da du mit mirgehen willst. Ich gab stumm meine Zustimmung, dann bat ich noch: Stephanus,kannst du mir verzeihen? Mich bedrckt meine Schuld gewaltig. Und erantwortete: Ich habe allen verziehen und den Herrn und heiligen Gott und Vateraller gebeten, keinem die Schuld gegen mich anzurechnen. Darum kannst dudich ruhig meiner Fhrung anvertrauen. Auch ich wnsche ja deine Errettung,damit auch du noch ein brauchbarer und treuer Diener des Herrn werdest.Ich danke dir, antwortete ich, dein Wunsch ist mir die erste Wohltat in meiner

    langen, dunklen Bunacht. Darum tue du weiterhin mit mir nach deinemErmessen, ich folge dir gem.So komm und gib mir deine Hand, sprach Stephanus, und in diesem Augenblickward alles hell um mich und wir schwebten in einer herrlichen Landschaft. Inweien Kleidern lustwandelten schne Menschen durch blhende Grten;liebliche Gesnge drangen an mein Ohr, es mute ein heiliger Feiertag sein, weileine so wunderbare Weihestimmung ber allem lag. Doch mein FhrerStephanus zog mich weiter, vorbei an Blumentempeln, bis auf einen freien Platz,wo viele Menschen saen.Hinten stand ein Altar, daneben sa Jesus, der Herr, und hatte wahrscheinlich zuden Anwesenden gesprochen, denn aller Augen leuchteten. Wir aber stellten unsetwas abseits. Wie von vielen Harfen ertnte jetzt eine liebliche Musik undzarter Gesang, darnach kamen, gefhrt von lieblichen Wesen, zwei Gestalten die

    09.04.2011 Seite 25 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    26/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    Stufen zum Altar herauf, denen man ansah, da sie Schreckliches erlebt hatten.Ich sah genauer hin und erkannte: es waren zwei Menschen, die ich vor wenigenTagen ins Gefngnis schaffen lie. Jesus, der Herr, stand auf und ging ihnenentgegen. Sie sanken Ihm zu Fen. Jesus aber hob sie auf und sprach: Kindlein,

    ihr habt euch heimgefunden zu mir, eurem himmlischen Vater! Kommet anMeine Brust, damit Ich euch danke fr eure Treue und eure Ausdauer im Leiden.Wie gerne htte Ich euch dieses erspart, aber um des Lebensfeindes freienWillen nicht anzutasten, konnte Ich euch nur strken mit Meinem berwinder-Geiste! Er umarmte beide, die vor Freude weinten. Mich aber durchbohrte eintiefer Sehmerz, weil ich doch die Ursache all ihrer Leiden war.Fest drckte Stephanus meine Hand und sah mich schweigend an.Als die beiden eine Weile an der Brust des Herrn geruht hatten, sagte Er:Kindlein! Lasset euch nun an den Platz fhren, den Meine Liebe fr euchbestimmt hat. Dann bat der Herr die ndern: Bringet nun Brot und Wein, damit

    ihr diese Meine beiden Kindlein strken knnet, da sie fhig werden, dieWonnen und Seligkeiten zu ertragen, die Ich denen bereite, die sich im Kampffr Mein Leben bewhren.In dem Augenblick, wo sie Brot und Wein zu sich nahmen, verklrten sich ihreGestalten und waren im Nu umwandelt. Der Herr sprach weiter: Nun habt ihrdas Hochzeits-Gewand erhalten, und somit wollen wir uns zur herrlichen Feierbegeben.Stephanus zog mich fort, wir schwebten hinweg von dieser schnen Welt." UndSaulus schwieg, wie in Erinnerung daran versunken. Endlich fuhr er fort: Dann ward es Abend, ja Nacht um uns, und Stephanussprach: Saul, was du bis jetzt hier erschauen und erleben durftest, war Gnade,und vollzog sich in meiner, mir vom Herrn geschenkten Innen-Welt. Jetzt aberfhre ich dich in deine Welt, ja, wir sind schon mitten drin in diesem Dunkel umuns, und was du hier erleben wirst, sind Vorgnge, die du selber erleidenmtest, so Gott dir deinen Fleischleib schon jetzt genommen htte. Frchtedich aber nicht, halte dich fester an mich, denn wisse, alle Himmel und ihreBewohner wollen nur deine und aller Verirrten Rettung.Vor uns schien eine Stadt zu liegen. Feuer und Rauch erhellten die Umgebungund gaben ein schauriges, aber auch sehr trauriges Bild. Wir kamen nher, es

    war Jerusalem, wie ich es aber noch nicht gesehen habe. Die Menschen trugenteuflische Masken, ihre Kleidung schien zu brennen, und der Brandgeruch warfast unertrglich. Ein Johlen umgab uns, man schien uns aber nicht zu sehen.Wir kamen an den Tempel, der von Flammen umgeben war, und die Hitzewurde unertrglich. Im Mittelbau glhten die Altre, aber nicht Tiere, sondernMenschen wurden darauf geopfert. Mir ward schwindelig vor diesemGeschehen, aber Stephanus hielt meine Hand fest, ich konnte nicht fort. Da kamein Engel und machte das Zeichen des Kreuzes ber all die Unglcklichen, undpltzlich war alles unsern Blicken entschwunden.Stephanus fhrte midi zurck wir waren wieder in meiner Herberge und ersprach: Saulus, du shest die Welt der Seligen und shest nun auch in dieWelt der Verirrten und in ihr verblendetes, abscheuliches Tun. Mehr kann dieGnade des Herrn dir nicht geben und nun bestimme dir selber dein knftig

    09.04.2011 Seite 26 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    27/42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    28/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    segnete dieses und besprengte mein Haupt damit, sagend: Ich taufe und weihedich im Geiste Jesu Christi, damit du ganz erfllet werdest von Seinem HeiligenGeiste der Liebe und Erbarmung und werdest zu einem berufenen Trger desGottessohnes-Lebens, das Er dahingegeben hat zum Neuen Leben fr alle

    Verirrten. Damit du Erfller werden kannst all der Aufgaben, die in deiner Liebenoch verborgen liegen. Des Herrn Friede sei mit dir! Des Herrn Liebe sei deinLeben, und des Herrn Segen werde all denen zum Segen, denen du noch Dienersein darfst! Amen.Nun fhlte ich mich wunderbar frei und nun erst konnte ich wieder Speiseund Trank zu mir nehmen."Saulus schwieg und keiner wagte diese Stille zu unterbrechen, denn alleHerzen standen unter dem Eindruck dieses ganz auergewhnlichenGotterlebnisses.

    Nach einem tiefen Atemzug fuhr Saulus dann fort: Statt da ich sonst in denSynagogen nach Christen suchte, predigte ich nun in Damaskus von Jesum undbewies ihnen, da Er der so lange von uns erwartete Messias sei! Doch alleentsetzten sich, wie auch ihr euch entsetzt habet, und es entstand unter denJuden viel Verwirrung.Schlielich verfolgten sie mich, und so mute ich fliehen. In der Nacht, beigeschlossenen Toren, lieen mich dann Brder in einem Korbe ber dieStadtmauer hinab, und so kam ich hierher.Getreu meinem Versprechen: gut zu machen, was ich an dem Herrn und SeinenGlubigen verbrochen habe, ging ich sogleich in den Tempel, lste mich vonallen Verpflichtungen und will nun von dem groen Gottes-Sohn predigen, demHerrn, der auch. den Tod berwinden konnte, und nun unser einziges Heil gegenalle Verirrungen ist!Hiermit habt ihr nun meine Erlebnisse und meine Gelbde gehrt, nehmet ihrmich nicht auf in eure Gemeinschaft, so predige ich allein. Denn ich willmeinem Gott dienen, den ich nun erst in Seiner gttlichen Wesenheit erkennendurfte.Mit dieser Beichte vor euch. Seinen Jngern, lege ich nun meinen alten Namenab, und als Paulus will ich, als ein wahrer Gottesdiener, euch, allen Glubigen

    und allen Heiden dienen. Denn Jesus Christus hat mir von Seiner Kraft, vonSeinem Willen und von Seinem Heiligen Geiste gegeben."Stunden waren darber vergangen. Die Brder waren tief ergriffen von diesermchtigen Gnade, die einen Saulus zu einem Paulus umgewandelt hatte.Dann mute Petrus bekennen: Lieber Johannes, wir haben dir wehe getan mitunsern Zweifeln, denn unsere Herzen waren hart, und unsere Gedanken warennur auf unsern Schutz bedacht. Verzeihe uns, denn nun haben wir aufs neue dieGre der Macht und Herrlichkeit in unsern Herrn als Jesus Christus erlebt,Darum, lieber Saulus, sei uns in der Liebe Jesu als unser lieber Bruder Pauluswillkommen, und dieses unser Heim sei nun auch dein Heim. Gesegnet seiendeine Dienste und gesegnet deine Liebe!"Nun war aller Bann gewichen; ein rechter Eifer machte sich bemerkbar, undjeder wollte mit Paulus reden. Dieser aber sagte: Meine Brder! ich mchte

    09.04.2011 Seite 28 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    29/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    noch viel gutmachen an denen, die noch gefangen gehalten werden, und willversuchen, ihnen wieder die Freiheit zu bringen, damit ich das Vertrauen allergewinne!" Damit verabschiedete er sich.Demetrius fuhr mit Lazarus und Jonas nach Bethanien zurck; und alle

    Bewohner waren hocherfreut, als Lazarus ihnen in der Abendstunde diesewunderbare Bekehrung des Paulus schilderte.

    V. Gesprche ber das Verhltnis Gottes zum MenschenAls Jonas am Abend zu seinem Weibe kam, konnte er ihr das gewaltige Erlebnisdes Saulus durch die pltzliche Offenbarung Jesu Christi als dem HerrnHimmels und der Erde nicht genug rhmen, und ebenso die wunderbarenFhrungen des Stephanus mit Saulus durch die verschiedenen geistigen Welten.Pura", sprach er, mein Herz war im Tiefsten erschttert, als wir aus demMunde des Bekehrten sein pltzliches Licht-Erleben aus den geffneten

    Himmeln vernahmen. Wie konnte ich nur so klein sein, und den Allmchtigendort suchen, wo Er doch nie zu finden ist."Pura fragte: O Jonas, warum mutest du erst durch andere erfahren, wie gutund weise unser Gott alles fhrt? Hast du nicht genug berherrliches schon andir und mir erlebt? 0 mein Jonas, ist es nicht genug all der Liebe, die wir hierempfangen durften? Lasse uns auch an das Weitergeben und Dienen solcherLiebe denken, und damit unsern Dank abtragen. Welch ungeheure Arbeit istnoch ntig, um all den Irrenden diese Botschaft von der erlsenden Liebe undGnade Jesu zu bringen! Es ist viel Elend unter den Menschen."

    Und was Jesu Liebe durch Maria jetzt an mir wirkte, wird Er auch durch unswirken wollen, allen Bedrftigen zum Segen. Ich fhle es, mein Jonas, Gottwartet nur auf uns Menschen, ob wir freiwillig Seinen hohen Absichten dienenwollen, um alle Leidenden wieder glcklich zu machen.Als die Mutter Maria heute neben meinem Lager sa und ihre Hand in die meinelegte, fhrte sie mich in meine innere Welt, und ich erlebte Wunderbares!Kind", sagte sie, nun wollen wir mit unserem Gott und Vater reden undEinkehr halten in die geheimnisvolle Welt, die wir durch Seine Gnade selber unsausbauen drfen. So lasse nun tiefe Stille und Ruhe in dich einziehen, damit derGottesfunke in dir sich offenbaren kann."

    So wurde es ruhig in mir, ich glaubte zu schweben, so losgelst von irdischerSchwere fhlte ich mich, und schon war ich in einem schnen Garten. Voreinem groen, weien Hause sah ich viele spielende Kinder; freundlichePflegerinnen begrten mich und fhrten mich umher. In hellen Zimmern wurdeSchule gehalten, auf Spielpltzen sah ich allerlei frhliche Spiele, aber nichtzum Zeitvertreib, sondern zur Belehrung. Z. B. ein Kind war gefallen und hattesich wehe getan, daran wurde gezeigt, wie man helfen und Schmerzen lindemsoll, und diese Aufgabe lste groe Freude aus. Weiter erlebte ich, wie grereKinder zur Wohlttigkeit erzogen wurden, denn es hatten sich welche als arme

    Bettler verkleidet, und alles geschah unter den leitenden Augen der freundlichenPflegerinnen.Als ich aus diesem Zustand erwachte, fragte ich Mutter Maria, ob sie dasselbeerlebt habe wie ich. Sie antwortete: Kind, dasselbe wohl nicht, aber hnliches,

    09.04.2011 Seite 29 von 42

  • 8/7/2019 Max Seltmann Heft 18

    30/42

    Wilhelm Erdmann Georg-Reimann-Str. 3 - 30900 Wedemark - Telefon 05130 - 7227_________________________________________________________________________________________

    denn du warst in deiner, ich aber in meiner Innenwelt. Meine Welt aber ist diegroe Welt meines Sohnes Jesu, dessen Werk ich, als Seine Leibesmutter,fortsetzen will durch den Geist, der Ihn als Menschensohn belebte. Nun ist ErEins in Gott und mit Gott und hat mir, als S