liz borer lukas

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  Lizentiatsarbeit eingereicht der Wirtschafts- und Sozialwissensch aftlichen Fakultät der Universität Bern Betreuender Professor: Prof. Dr. Norbert Thom Betreuende Assistentin: Joanna Harasymowicz-Birnbach, Magister-Ing. Institut für Organisation und Personal Engehaldestras se 4 CH-3012 Bern von: Lukas Borer Büsserach (SO) Matr.-Nr.: 98-105-729 Fluracker 9, 3065 Bolligen Bolligen, 13.02.2004 Berufliche Neuorientierung und Standortbestimmung Ursachen für eine Neuorientierung, Instrumente der Standortbestimmung Theoretische Grundlagen – Empirische Studie – Handlungsempfeh lungen

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Liz Borer Lukas

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  • Lizentiatsarbeit eingereicht der

    Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultt

    der Universitt Bern

    Betreuender Professor: Prof. Dr. Norbert Thom

    Betreuende Assistentin: Joanna Harasymowicz-Birnbach, Magister-Ing.

    Institut fr Organisation und Personal

    Engehaldestrasse 4

    CH-3012 Bern

    von:

    Lukas Borer

    Bsserach (SO)

    Matr.-Nr.: 98-105-729

    Fluracker 9, 3065 Bolligen

    Bolligen, 13.02.2004

    Berufliche Neuorientierung und Standortbestimmung Ursachen fr eine Neuorientierung, Instrumente der

    Standortbestimmung Theoretische Grundlagen Empirische Studie Handlungsempfehlungen

  • Vorwort I

    Vorwort Ich schreibe diese Arbeit in einer Zeit, in der die Arbeitspltze knapp sind und diverse

    Freunde und Verwandte keine Arbeit finden. Es ist eine sehr schne und motivierende

    Aufgabe, eine Lizentiatsarbeit zu schreiben, die diese Leute bei der Arbeitsplatzsuche

    untersttzen kann. Ich sehe es als Privileg an, in einer solchen Zeit die Thematik Berufliche

    Neuorientierung und Standortbestimmung bearbeiten zu drfen. Es gibt mir das Gefhl in

    einem Gebiet zu forschen, das direkt zum Wohlergehen der Menschen beitrgt und Lsungen

    fr deren Probleme aufzeigt. Ich mchte all jenen Personen herzlich danken, die mir beim Schreiben der Lizentiatsarbeit

    hilfreich zur Seite gestanden sind. Herrn Prof. Dr. Norbert Thom und Frau Joanna Harasymowicz-Birnbach, Magister-Ing.,

    danke ich herzlich fr die fachliche und methodische Untersttzung. Frau Dr. Anita Graf, die das Thema in Auftrag gegeben hat, ist mir als Praxispartnerin stets

    beratend zur Seite gestanden. Ich mchte ihr fr die zahlreichen Inputs und die zur Verfgung

    gestellten Bcher herzlich danken. Ebenfalls danken mchte ich Frau Maya Glur, die mir den

    Einstieg in meine Arbeit, durch Vorbereitung einer Literaturliste, wesentlich erleichtert hat. Ein besonderes Dankeschn mchte ich an die Experten richten, die sich Zeit fr ein

    Interview genommen haben. Diese informativen und aufschlussreichen Gesprche haben den

    empirischen Teil meiner Arbeit erst ermglicht. Eine grosse Hilfe war auch meine Mutter Verena Borer, die mich durch Korrekturlesen

    untersttzt hat.

    Im Folgenden wird zur Vereinfachung bei Funktionsbezeichnungen nur die mnnliche Form

    benutzt. Ausdrcke wie Arbeitnehmer, Berater, Experte u. a. reprsentieren beide

    Geschlechter gleichermassen.

    Bolligen, Februar 2004 Lukas Borer

  • Inhaltsverzeichnis II

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort..................................................................................................I

    Inhaltsverzeichnis ................................................................................. II

    Abbildungsverzeichnis .......................................................................... V

    Tabellenverzeichnis..............................................................................VI

    Anhangverzeichnis ............................................................................. VII

    Abkrzungsverzeichnis .....................................................................VIII 1. Einleitung ....................................................................................... 1

    1.1. Ausgangslage und Problemstellung...................................................... 1

    1.2. Ziel der Arbeit ....................................................................................... 2

    1.3. Abgrenzung des Themas ....................................................................... 2

    1.4. Stand der Forschung.............................................................................. 3

    1.5. Methoden der Arbeit ............................................................................. 5

    1.6. Aufbau der Arbeit .................................................................................. 6

    2. Theoretische Grundlagen ............................................................. 8

    2.1. Begriffsdefinitionen ............................................................................. 8

    2.2. Konzeptioneller Bezugsrahmen ....................................................... 10

    2.2.1. Elemente des konzeptionellen Bezugsrahmens ......................... 10

    2.2.2. Ursachen fr eine Neuorientierung............................................ 12 2.2.2.1. Erkenntnisse aus der Fluktuationsforschung ......................................13

    2.2.2.2. Einflussfaktoren fr eine Neuorientierung .........................................18

    2.2.2.2.1. Umweltfaktoren.............................................................................19

    2.2.2.2.2. Organisationale Faktoren...............................................................20

    2.2.2.2.3. Individuelle Faktoren.....................................................................23

    2.2.2.2.4. Beziehungen zwischen den Faktoren .......................................25

    2.2.2.3. Spezielle Anstze..................................................................................28

    2.2.2.3.1. Karriereplateau .........................................................................28

  • Inhaltsverzeichnis III

    2.2.2.3.2. Lebensphasenmodelle...............................................................29

    2.2.2.3.3. Wertewandel.............................................................................33

    2.2.3. Ziele der Neuorientierung ............................................................ 34

    2.2.4. Standortbestimmung ................................................................... 35 2.2.4.1. Interne Funktionen und externe Institutionen.......................................36

    2.2.4.2. Instrumente der Standortbestimmung...................................................36

    2.2.5. Bewerbung ................................................................................... 38

    3. Empirische Studie........................................................................ 41

    3.1. Ziele und Methodik ................................................................................ 41

    3.1.1. Problemstellung und Studienziele ............................................... 41

    3.1.2. Datenerhebung ............................................................................. 42

    3.1.3. Auswahl der Interviewpartner...................................................... 43

    3.1.4. Datenaufbereitung und -auswertung............................................ 44

    3.2. Ergebnisse der Untersuchung................................................................. 44

    3.2.1. Funktionen innerhalb der Unternehmung .................................... 44 3.2.1.1. Allgemeine Aussagen...........................................................................45

    3.2.1.2. Midlife Power des MGB ..................................................................45

    3.2.1.3. Self-Assessment Instrument der UBS .................................................47

    3.2.2. Funktionen ausserhalb der Unternehmung .................................. 52 3.2.2.1. ffentliche Institute..............................................................................53

    3.2.2.1.1. Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung Bern (BIZ Bern)......54

    3.2.2.1.2. Akademische Berufsberatung Bern (AkBB) ...........................56

    3.2.2.1.3. Generelle Aussagen ..................................................................57

    3.2.2.1.4. Statistiken .................................................................................58

    3.2.2.2. Privatfirmen..........................................................................................60

    3.2.2.2.1. Outplacement-Unternehmungen...............................................60

    3.2.2.2.2. Weitere Coaching- und Beratungsunternehmungen.................64

    3.2.2.3. Vergleich von privaten und ffentlichen Anbietern .............................70

    3.2.2.4. Denkhaltungen zur Standortbestimmung .............................................71

    3.2.2.5. Tests, Arbeitsmittel und bungen........................................................74

    3.2.2.5.1. Hufige Tests und Arbeitsmittel...............................................75

  • Inhaltsverzeichnis IV

    3.2.2.5.2. Spezielle Arbeitsmittel .............................................................85

    3.2.2.5.3. bungen ...................................................................................89 4. Handlungsempfehlungen ............................................................ 94

    4.1. Handlungsempfehlungen fr Personalverantwortliche.......................... 94

    4.2. Handlungsempfehlungen fr Betroffene................................................ 96

    4.3. Zusammenfassung und Schlusswort ...................................................... 98

    Anhang.............................................................................................. 100

    Literaturverzeichnis........................................................................... 105

    Selbststndigkeitserklrung................................................................ 111

  • Abbildungsverzeichnis V

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 1: Aufbau der Lizentiatsarbeit ........................................................................... 7

    Abbildung 2: Konzeptioneller Bezugsrahmen der Arbeit ...................................................12

    Abbildung 3: Haupteinflussfaktoren der Fluktuation .........................................................14

    Abbildung 4: Modell der Disharmonie-Einflussfaktoren ...................................................15

    Abbildung 5: Folgen des Zusammenwirkens der Faktorengruppen ...................................25

    Abbildung 6: Ziele der Neuorientierung .............................................................................35

    Abbildung 7: Ablaufmodell des problemzentrierten Interviews .........................................42

    Abbildung 8: Prozess des Self-Assessment Instrumentes ...................................................48

    Abbildung 9: Vorgehen bei einem Outplacement ...............................................................64

    Abbildung 10: Auswertungsbogen des 16 PF-R ..................................................................79

  • Tabellenverzeichnis VI

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: Phasen eines beruflichen Werdegangs nach SCHEIN .....................................32

    Tabelle 2: Komponenten der Bewerbungsunterlagen .......................................................39

    Tabelle 3: bung des Self-Assessment 1 ..........................................................................49

    Tabelle 4: Standorte in der Schweiz .................................................................................58

    Tabelle 5: Nachfragevernderung in den Dienstleistungen...............................................59

    Tabelle 6: Motive fr eine Beratung .................................................................................59

    Tabelle 7: Drei Dimensionen der Angebote .....................................................................66

    Tabelle 8: Vergleich von Privatfirmen und ffentlichen Instituten ..................................70

    Tabelle 9: Hufige Tests und Arbeitsmittel ......................................................................75

    Tabelle 10: Bewertungsskala des AIST ..............................................................................80

    Tabelle 11: Testitems des AIST . ..81

    Tabelle 12: Items des Karriereanker-Fragebogens .............................................................83

    Tabelle 13: Kern-Faktoren des Alpha Plus Profils .............................................................86

    Tabelle 14: Modulier-Faktoren des Alpha Plus Profils ......................................................86

    Tabelle 15: Hirndominanzen des H.D.I. .............................................................................88

    Tabelle 16: Berufsvorschlge des H.D.I. ............................................................................88

  • Anhangverzeichnis VII

    Anhangverzeichnis

    Anhang .............................................................................................................100 Dokument 1: Kontaktschreiben .................................................................................100

    Dokument 2: Interviewleitfaden ................................................................................102 Anhang 2: Transkripte der Interviews ...............................................................separat

  • Abkrzungsverzeichnis VIII

    Abkrzungsverzeichnis

    AG Aktiengesellschaft

    AIST Allgemeiner Interessen-Struktur-Test

    AkBB Akademische Berufsberatung Bern

    BIZ Berufsinformationszentrum

    BBT Bundesamt fr Berufsbildung und Technologie

    bzw. beziehungsweise

    ca. circa

    ev. eventuell

    DBM Drake Beam Morin

    f. folgende

    ff. fortfolgende

    Fr. Franken

    GAV Gesamtarbeitsvertrag

    H.D.I. Herrmann Dominanz Instrument

    HR Human Ressources

    ILOI Institut fr Lernende Organisationen und Innovation

    IST 2000 R Intelligenz-Struktur-Test 2000 Revised

    inkl. inklusive

    KBSB Schweizerische Konferenz der Leiterinnen und Leiter der Berufs-, Studien- und

    Laufbahnberatung

    MBTI Myers-Briggs Typenindikator

    MGB Migros Genossenschafts Bund

    o. O. ohne Ort

    o. S. ohne Seite

    PAR Projekt, Aktion, Resultat

    PC Personal Computer

    PersPec Personal Perspectives

    16 PF 16-Persnlichkeitsfaktoren-Test

    RAV Regionale Arbeitsvermittlung

    resp. respektive

    SVB Schweizerischer Verband fr Berufsberatung

    u.a. und andere

  • Abkrzungsverzeichnis IX

    URL Uniform Resource Locator

    usw. und so weiter

    vgl. vergleiche

    vs. versus

    www world wide web

    z.B. zum Beispiel

    zit. n. zitiert nach

  • Kapitel 1: Einleitung 1

    1. Einleitung Im einleitenden Kapitel geht es zunchst um die Ausgangslage und die Problemstellung der

    Thematik (1.1.). Danach wird das Ziel dieser Lizentiatsarbeit beschrieben (1.2.) sowie das

    Thema abgegrenzt (1.3.). Anschliessend wird der Stand der Forschung dargelegt (1.4.) und

    die Methoden der Arbeit erlutert (1.5.). Im letzten Abschnitt wird dann der Aufbau der

    Arbeit dargestellt (1.6.).

    1.1. Ausgangslage und Problemstellung Die letzten Jahrzehnte haben verschiedene Vernderungen in der Arbeitswelt mit sich

    gebracht. Viele Unternehmen sind in gesttigten Mrkten starkem Wettbewerb ausgesetzt und

    kmpfen ums berleben. Technologische Fortschritte haben die Anforderungen an die

    Arbeitnehmer verndert. Viele klassische Berufe verlieren ihre Existenz, neue Berufe

    entstehen. Globalisierung und Internationalisierung verlangen neue Kompetenzen und

    Fhigkeiten von Mitarbeitern. Ein Wechsel von Organisationsstrukturen in vielen

    Unternehmungen verndert die Karrierewege (vgl. GREENHAUS/CALLANAN/

    GODSHALK 2000: 4 ff.). All dies hat zur Folge, dass aufgrund der schwierigen

    Wirtschaftslage oder aufgrund der neuen Verhltnisse am Arbeitsplatz, vermehrt

    Arbeitnehmer freigestellt werden. Aus Grnden wie z. B. Unter-/berforderung, Stress, oder

    weil die Arbeit keinen Raum mehr fr das Privatleben lsst, sehen sich immer mehr

    Arbeitnehmer gezwungen, sich nach einer neuen Stelle umzusehen. All diese Menschen

    durchlaufen einen Prozess der beruflichen Neuorientierung.1 Dass die Fluktuation in den letzten Jahren in der Schweiz deutlich zugenommen hat, findet

    man beispielsweise in HENNEBERGER/SOUSA-POZA (2002: 15 ff.). Die Fluktuationsrate

    in der Schweiz weist im Jahr 2000 einen Wert von ber 10% aus, womit jhrlich mehr als

    340`000 Personen ihren Arbeitsplatz wechseln. Mit dem Trend einer steigenden

    Fluktuationsrate, kommt der Thematik Berufliche Neuorientierung eine immer grssere

    Bedeutung zu.

    1 Auf die verschiedenen Ursachen einer beruflichen Neuorientierung wird in Kapitel 2.2.2. detailliert

    eingegangen.

  • Kapitel 1: Einleitung 2

    1.2. Ziel der Arbeit Das theoretische Ziel dieser Arbeit ist, anhand eines Bezugsrahmens einen berblick ber die

    Thematik Berufliche Neuorientierung und Standortbestimmung2 zu schaffen. Um dies zu

    bewerkstelligen, werden in einem ersten Schritt die Ursachen und Motive erlutert, die eine

    Person dazu bewegen, sich beruflich neu zu orientieren. Als zweites wird das Ziel einer

    beruflichen Neuorientierung hergeleitet. In einem weiteren Schritt werden die Instrumente fr

    eine berufliche Standortbestimmung beschrieben. Zustzlich soll erlutert werden, welche

    Funktionen innerhalb und ausserhalb einer Unternehmung Untersttzung anbieten, damit

    Personen einen erfolgreichen Prozess der beruflichen Neuorientierung durchlaufen knnen. Das praktische Ziel der Studie ist eine Bestandesaufnahme von denjenigen Instrumenten der

    Standortbestimmung zu erstellen, die in der Praxis von Experten am hufigsten eingesetzt

    werden. Die Instrumente sowie die Vorgehensweisen zu deren Einsatz, sollen detailliert

    beschrieben werden. Ausserdem sollen die Angebote bezglich Standortbestimmung

    aufgefhrt werden, welche von untersttzenden Funktionen innerhalb und ausserhalb der

    Unternehmung dargeboten werden. Das bergeordnete Ziel ist, den von einer Neuorientierung betroffenen Personen den Prozess

    der Neuorientierung nher zu bringen und verschiedene Mglichkeiten einer beruflichen

    Standortbestimmung vorzustellen. Anhand von ausgewhlten Gestaltungsempfehlungen soll

    diesen Menschen aufgezeigt werden, wie sie ihren individuellen Bedrfnissen gerecht eine

    berufliche Standortbestimmung durchfhren knnen. Diese Arbeit soll darber hinaus eine

    Orientierung fr Personalabteilungen von Firmen darstellen. Einerseits wird aufgezeigt,

    welche Ursachen dazu fhren knnen, dass Mitarbeiter die Unternehmung verlassen,

    andererseits werden diverse Instrumente vorgestellt, die im Rahmen eines internen

    Stellenwechsels oder eines Outplacements zum Einsatz kommen knnen.

    1.3. Abgrenzung des Themas Als bedeutendstes Element einer beruflichen Neuorientierung steht die Standortbestimmung

    im Zentrum dieser Studie. Insbesondere richtet sich das Hauptinteresse des Verfassers auf die

    verschiedenen Instrumente einer Standortbestimmung. So umfasst der Untersuchungs-

    2 Zur Vereinfachung wird im Folgenden der Begriff berufliche Neuorientierung mit Neuorientierung

    gleichgesetzt. Der Begriff berufliche Standortbestimmung wird mit Standortbestimmung gleichgesetzt. Es

    knnen je beide Varianten im Text vorkommen.

  • Kapitel 1: Einleitung 3

    gegenstand dieser Arbeit alle bedeutenden, in der Literatur oder der Beratungs-Praxis

    vorkommenden Instrumente, die Personen bei einer beruflichen Standortbestimmung

    untersttzen knnen. Der Begriff Instrument beinhaltet im Rahmen dieser Arbeit von

    Bchern zum Selbststudium, ber Beratungsgesprche bis hin zu psychologischen Tests und

    Seminaren, alle Hilfsmittel, die zum erfolgreichen Durchlaufen einer beruflichen

    Standortbestimmung zur Verfgung stehen. Neben den Instrumenten der

    Standortbestimmung, misst diese Studie auch den Funktionen innerhalb und ausserhalb der

    Unternehmung, die ihre Hilfe zur erfolgreichen Bewltigung des Prozesses anbieten, grosses

    Interesse bei. Die Standortbestimmung wird in einen konzeptionellen Bezugsrahmen eingebettet. Dieser

    Bezugsrahmen geht zustzlich auch auf die Motive zu einer beruflichen Neuorientierung

    sowie auf die Aspekte der Bewerbung fr eine Stelle ein. Die Arbeit bezieht sich ausschliesslich auf Standortbestimmungen im Rahmen einer

    beruflichen Neuorientierung. Das heisst, sie bezieht sich auf Menschen, die entweder

    berufsttig sind oder bereits einmal waren. Berufliche Standortbestimmungen fr Personen,

    die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen haben und neu ins Berufsleben einsteigen, werden

    nicht speziell bercksichtigt.

    1.4. Stand der Forschung Forschung in der Betriebswirtschaft

    Fluktuation ist ein vieldiskutiertes Forschungsgebiet in der Betriebswirtschaft. Es gibt etliche

    Autoren, die sich mit dieser Thematik beschftigen. In diesen Werken werden hufig

    mgliche Motive und Ursachen fr einen Arbeitsplatzwechsel aufgezeigt. Der Begriff

    berufliche Standortbestimmung ist in der Literatur der Betriebswirtschaft jedoch nur

    schwierig zu finden. Es gibt nur einige wenige Autoren, die sich mit Instrumenten der

    Standortbestimmung auseinandersetzen resp. solche Instrumente in Form von bungen und

    Handlungsempfehlungen anbieten. Derartige Instrumente beruhen in der Regel auf einer

    Kombination von psychologischem Wissen und Erkenntnissen aus der Betriebswirtschaft

    (Personalentwicklung, Outplacement usw.). Sie enthalten neben Anleitungen zu einer

  • Kapitel 1: Einleitung 4

    Standortbestimmung hufig auch Ratschlge zur Erstellung von Bewerbungsunterlagen

    sowie Vorbereitungen auf Vorstellungsgesprche.3 Forschung in der Psychologie

    Wie im Kapitel Begriffsdefinitionen (2.1.) noch eingehender erwhnt wird, zielt die

    Standortbestimmung unter anderem darauf ab, die Persnlichkeit eines Menschen zu

    durchleuchten. Fhigkeiten, Interessen und Bedrfnisse einer Person sollen ermittelt werden.

    Die differentielle Psychologie beschftigt sich mit den interindividuellen Differenzen beim

    Menschen. Und zwar mit den Unterschieden im Leistungsbereich und im

    Persnlichkeitsbereich (vgl. AMELANG/BARTUSSEK 1997: XV). Aus diesem Gebiet der

    Psychologie stammen diverse Tests, wie z.B. Persnlichkeitstests und Intelligenztests. An

    psychologischen Instituten der Schweizer Universitten finden sich umfassende Testbatterien.

    Solche Tests sind zwar oft nicht spezifisch fr die Berufswahl konzipiert, knnen jedoch

    wichtige Informationen ber Leistungsfhigkeit und Persnlichkeit eines Menschen bieten

    und sind somit teilweise auch fr eine berufliche Standortbestimmung geeignet.

    Informationen ber die Ursachen einer beruflichen Neuorientierung finden sich in der

    Entwicklungspsychologie4 sowie in der Arbeits- und Organisationspsychologie. Die Arbeits-

    und Organisationspsychologie beschftigt sich damit, wie Verhltnisse am Arbeitsplatz

    (Arbeitszeitenregelungen, Arbeitsplatzgestaltung, Fhrungskraft-Mitarbeiter-Verhltnisse

    usw.) auf die Arbeitnehmer einwirken. Es existieren eine Vielzahl von Motivationstheorien,

    die aufzeigen, welche Arbeitsbedingungen fr die Zufriedenheit eines Arbeitnehmers von

    Bedeutung sind. Weitere Forschungsgebiete

    Nicht nur die Forschung der Betriebswirtschaft und der Psychologie sind fr eine berufliche

    Neuorientierung von Bedeutung, es gibt noch weitere Wissenschaften, die aufschlussreiche

    Erkenntnisse anzubieten haben. So knnen z.B. die Anstze der Astrologie, die

    interindividuellen Unterschiede von Menschen zu erklren, eine wertvolle Ergnzung sein.

    Was die Astrologie zur beruflichen Neuorientierung beitragen kann, wird anhand der

    empirischen Studie erhoben.5 3 Beispiele von Instrumenten der Standortbestimmung: BCHI (2001), SCHEIN (1995), SCHMID/

    BARMETTLER (2001) und SCHMID/BARMETTLER (2001a). Auf die Instrumente der Standortbestimmung

    wird zuerst im Kapitel 2.2.4.2. und dann noch detaillierter im Kapitel 3.2. eingegangen. 4 Aus der Entwicklungspsychologie knnen Modelle der Lebensphasen herangezogen werden, um das Bedrfnis

    nach Neuorientierung zu begrnden. Lebensphasenmodelle werden im Kapitel 2.2.2.3.2. dargestellt. 5 Resultate der Studie werden in Kapitel 3.2. aufgefhrt.

  • Kapitel 1: Einleitung 5

    1.5. Methode der Arbeit Anhand einer Literaturanalyse werden die zentralen Begriffe Neuorientierung,

    Standortbestimmung und Fluktuation definiert sowie die Grundlagen zur Erstellung eines

    konzeptionellen Bezugsrahmens erarbeitet. Die Elemente dieses Bezugsrahmens, sind

    - die Ursachen einer Neuorientierung

    - die Ziele der Neuorientierung

    - die Standortbestimmung

    (Diese enthlt zwei Elemente: Einerseits die unternehmungsinternen und -externen

    Funktionen, die Standortbestimmungen anbieten, andererseits die Instrumente fr eine

    Standortbestimmung.)

    - und die Bewerbung.

    Die Instrumente und untersttzenden Funktionen werden als Erluterung des Bezugsrahmens

    nur punktuell beschrieben, da ein Grossteil der Informationen darber erst im empirischen

    Teil der Arbeit erhoben und erlutert wird. Anhand einer empirischen Studie in Form von

    halbstandardisierten Interviews, sollen ausgewhlte Experten ber die in der Praxis

    angewandten Instrumente der Standortbestimmung und die unterschiedlichen Ablufe und

    Vorgehensweisen bei deren Anwendung, befragt werden. Das genaue methodische Vorgehen

    mit den Elementen Problemstellung und Studienziele, Datenerhebung, Auswahl der

    Interviewpartner und Datenaufbereitung und -auswertung wird in Kapitel 3.1. dargestellt.

    Die Interviewpartner werden gebeten, Dokumente mit Informationen zum Thema

    Neuorientierung/Standortbestimmung zur Verfgung zu stellen. Anhand einer

    Dokumentenanalyse sollen anschliessend ergnzende Informationen ber die Angebote der

    befragten Unternehmungen bezglich beruflicher Neuorientierung erarbeitet werden. Um eine

    bessere bersicht ber die Instrumente der Standortbestimmung zu gewhrleisten und eine

    umfassende Gliederung zu ermglichen, werden die in der Literatur gefundenen Instrumente

    zusammen mit den Ergebnissen der empirischen Studie prsentiert. Aus den Erkenntnissen

    der empirischen Studie und der Dokumentenanalyse werden in einem letzten Schritt

    Handlungsempfehlungen abgeleitet. Reprsentativitt in der empirischen Studie als auch

    Vollstndigkeit von Ursachen der Neuorientierung oder Instrumenten der

    Standortbestimmung werden nicht angestrebt.

  • Kapitel 1: Einleitung 6

    1.6. Aufbau der Arbeit Die Lizentiatsarbeit ist in vier Kapitel gegliedert. Nach den einleitenden Erluterungen im

    Kapitel 1, werden im Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen der Arbeit errtert. Zum einen

    werden die fr das Thema zentralen Begriffe Fluktuation, Standortbestimmung und

    Neuorientierung definiert, zum anderen werden diese Begriffe in einen konzeptionellen

    Bezugsrahmen eingebettet. Der Hauptbestandteil des Kapitels stellt die Beschreibung der

    einzelnen Elemente des Bezugsrahmens dar (Ursachen fr eine Neuorientierung / Ziele der

    Neuorientierung / Standortbestimmung / Bewerbung). Das nchste Kapitel befasst sich mit den empirischen Untersuchungen. Kapitel 3 beinhaltet

    sowohl die Ziele und die Methodik der empirischen Studie als auch die Ergebnisse der

    Untersuchung. Die verschiedenen Angebote an Standortbestimmungen, die anhand von

    halbstandardisierten Interviews erhoben wurden, werden aufgezhlt. Einige ausgewhlte

    Instrumente der Standortbestimmung werden detailliert beschrieben. Im Kapitel 4 werden Handlungsempfehlungen fr die zwei Zielgruppen dieser Arbeit

    abgegeben. Dies sind einerseits Personalverantwortliche in Unternehmungen, andererseits von

    einer Neuorientierung betroffene Personen. Abschliessend wird eine Zusammenfassung der

    Inhalte der Arbeit aufgefhrt sowie ein Schlusswort angefgt. Der Aufbau der Arbeit wird in Abbildung 1 dargestellt.

  • Kapitel 1: Einleitung 7

    Abbildung 1: Aufbau der Lizentiatsarbeit

    Kapitel 1: Einleitung

    -Ausgangslage und Problemstellung -Stand der Forschung-Ziel der Arbeit -Methoden der Arbeit-Abgrenzung des Themas -Aufbau der Arbeit

    -Handlungempfehlungen -Zusammenfassung und Schlusswort

    -Ziele und Methodik -Ergebnisse der Untersuchung:-Interne Funktionen-Externe Institutionen

    Kapitel 3: Empirische Studie

    Kapitel 1: Einleitung

    Kapitel 4: Handlungsempfehlungen

    Begriffsdefinitionen: Konzeptioneller Bezugsrahmen:-Fluktuation -Ursachen fr eine Neuorientierung-Standortbestimmung -Zielsystem-Neuorientierung Standortbestimmung

    -Bewerbung

    Kapitel 2: Theoretische Grundlagen

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 8

    2. Theoretische Grundlagen Als erstes werden in diesem Kapitel die zentralen Begriffe der Arbeit definiert (2.1.). In einem

    zweiten Teil wird die Thematik berufliche Neuorientierung und Standortbestimmung in

    einen konzeptionellen Bezugsrahmen eingebettet und dessen Elemente detailliert beschrieben

    (2.2.).

    2.1. Begriffsdefinitionen Damit man sich mit der Thematik dieser Arbeit auseinandersetzen kann, ist es unerlsslich,

    einige zentrale Begriffe so zu definieren, wie sie im Rahmen dieser Studie Verwendung

    finden. Es ist an dieser Stelle zu vermerken, dass diese Arbeit einen hohen Neuigkeitsgrad

    aufweist. Die Begriffe berufliche Neuorientierung und Standortbestimmung werden in

    der Literatur nur selten erwhnt und noch seltener definiert. So obliegt es dem Autor, die

    Begriffe adquat zu definieren.

    Fluktuation

    Der Begriff Fluktuation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Schwankung. In der

    Betriebswirtschaft wird unter Fluktuation Personalschwankung verstanden. In der Praxis

    des Personalmanagements wird der Begriff enger gefasst und meint lediglich die Summe aller

    Personalabgnge (vgl. FLUCK 1992: 10f.). FLUCK nennt mehrere Unterscheidungskriterien,

    nach denen sich der Begriff Fluktuation weiter unterteilen lsst. Relevant ist fr diese

    Arbeit die Unterscheidung nach der Initiative:

    - Organisationsinitiierter Austritt: Entlassung durch die Unternehmung

    - Mitarbeiterinitiierter Austritt: Der Mitarbeiter kndigt den Vertrag Je nachdem auf welche Art der Austritt aus der Unternehmung erfolgt, treten andere

    Mglichkeiten fr eine Neuorientierung in den Vordergrund. Wird ein Mitarbeiter von der

    Unternehmung freigestellt, untersttzt ihn diese mglicherweise durch Outplacement oder

    Beratung bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Ein Arbeitnehmer, der aus eigener

    Initiative eine Unternehmung verlassen will, wird sich eher an externe Institutionen (Berufs-

    und Laufbahnberatungen, Coaching-Unternehmen, Personalentwicklungsunternehmen usw.)

    wenden und vorerst seine Absicht geheim halten. In SEMMER/BAILLOD (1993: 180) wird

    neben der organisationsinitiierten und individuumsinitiierten auch noch die unvermeidbare

    Fluktuation aufgefhrt. Diese Form tritt bei Pensionierung, Todesfall, schwerwiegender

    Krankheit u. a. auf. Hinsichtlich der Thematik dieser Arbeit, wird man sich auf die beiden

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 9

    Begriffe von FLUCK beschrnken. Ein organisationsinitiierter Austritt fhrt in der Regel zu

    einer Neuorientierung, ein individuumsinitiierter Austritt erfolgt aufgrund einer

    Neuorientierung. Beide Arten der Fluktuation fhren zu einer beruflichen

    Standortbestimmung.

    Berufliche Standortbestimmung

    Eine berufliche Standortbestimmung kann einzeln oder in Gruppen, als Selbst- oder auch

    als Fremdbeurteilung, anhand eines Fragebogens, im Rahmen eines Gesprchs, mittels Tests

    oder mit Hilfe von bungen vorgenommen werden. Das Ziel einer Standortbestimmung ist,

    dass die betroffene Person mglichst viele Informationen ber sich selbst sammelt. Es geht

    darum, die eigenen Strken und Schwchen, Fhigkeiten, Interessen, Werte, Bedrfnisse,

    Einstellungen, Antriebsfaktoren, Verhaltensweisen und Eigenschaften zu erkennen. Auf diese

    Weise gelangt man zu einer Selbsterkenntnis, die berufliche Vernderungen ermglicht (vgl.

    Graf 2002: 251). Eine Standortbestimmung liefert die Informationen, um die ideale Ttigkeit

    fr einen Menschen zu umschreiben (vgl. Bchi 2001: 16). Damit im Rahmen einer

    Standortbestimmung die ideale Ttigkeit fr eine Person ermittelt werden kann, sind neben

    Fhigkeiten und Interessen auch das persnliche und berufliche Umfeld zu bercksichtigen.

    Vorhandene finanzielle Mittel, Mobilitt, Familie, gesundheitliche Verfassung sowie

    Ausbildungsstand sind wichtige Rahmenbedingungen, welche die Mglichkeiten fr die

    persnliche Laufbahn einschrnken.

    Berufliche Neuorientierung

    Sich orientieren kommt aus dem Lateinisch-Franzsischen und bedeutet sich

    zurechtfinden, eine Richtung suchen (vgl. Wermke u. a. 2001: 706). Der Autor bertrgt

    dies auf sich beruflich neu orientieren, was gleichbedeutend ist mit eine neue berufliche

    Richtung suchen. Berufliche Neuorientierung ist als Begriff in der Literatur kaum

    anzutreffen. Die definitorischen Grenzen sind nicht starr vorgegeben.

    Der Verfasser definiert berufliche Neuorientierung als einen Prozess, den eine Person vom

    Zeitpunkt des Entscheids eines Stellenwechsels, bis zum Vertragsabschluss fr eine neue

    Ttigkeit, durchluft. Dieser Prozess beginnt bei der Standortbestimmung, enthlt die Analyse

    der verschiedenen Arbeitsangebote sowie die Bewerbung und endet mit dem Unterzeichnen

    eines Arbeitsvertrages. Neuorientierung findet sowohl bei organisationsinitiierter- und

    individuumsinitiierter Fluktuation als auch bei Stellenwechseln innerhalb eines Unternehmens

    statt.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 10

    2.2. Konzeptioneller Bezugsrahmen Nach den begrifflichen Aussagen im ersten Teil des 2. Kapitels gilt es, die Thematik

    berufliche Neuorientierung und Standortbestimmung in einen konzeptionellen

    Bezugsrahmen einzubetten (2.2.1.), die Elemente dieses Bezugsrahmens zu beschreiben sowie

    die Beziehungen zwischen diesen Elementen aufzuzeigen (2.2.2. bis 2.2.5). Zuerst prsentiert

    der Autor eine kurze bersicht des Bezugsrahmens, die dann in den nachfolgenden

    Abschnitten detailliert dargestellt und ergnzt wird.

    2.2.1. Elemente des konzeptionellen Bezugsrahmens Anhand eines Bezugsrahmens sollen die Elemente, die einen Einfluss auf die berufliche

    Neuorientierung und Standortbestimmung ausben, zueinander in Verbindung gebracht

    werden. Da in der betriebswirtschaftlichen Fachliteratur keine Arbeiten bestehen, die sowohl

    die Ursachen fr einen Stellenwechsel (diese Thematik wird in der Fluktuationsforschung

    behandelt) als auch die Instrumente fr eine Standortbestimmung umfassen, wird der Autor

    einen eigenen Bezugsrahmen aufstellen, der nicht auf einer Vorlage beruht. Der

    Bezugsrahmen enthlt drei Elemente: a) Ursachen fr eine Neuorientierung

    Die Ursachen fr eine Neuorientierung sind einerseits die Beweggrnde, die eine

    Person dazu fhren, sich beruflich neu orientieren zu wollen, andererseits die

    Beweggrnde, die Firmen dazu veranlassen, Leute freizustellen. Es wird eine

    Gliederung in Umweltfaktoren, betriebliche Faktoren und individuelle Faktoren

    verwendet. b) Ziele der Neuorientierung

    Aufgrund von ungnstigem Zusammenwirken von Umweltfaktoren, betrieblichen und

    individuellen Faktoren resultiert der Wunsch oder die Notwendigkeit fr ein

    Individuum, sich nach einer neuen Stelle oder sogar nach einem neuen Beruf

    umzusehen. Es entsteht das Ziel der beruflichen Neuorientierung. Dieses Ziel gilt als

    erreicht, wenn ein Vertragsabschluss fr eine neue Stelle (ev. in einem neuen Beruf)

    erfolgt ist, welche den Interessen, den Fhigkeiten und der Persnlichkeit des

    Individuums entspricht. Die Zielsetzung ist das Kernelement des Bezugsrahmens. Die

    anderen Elemente tragen zur Erreichung des Zieles bei.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 11

    c) Aktionsparameter Der Prozess der beruflichen Neuorientierung enthlt zwei Aktionsparameter, die direkt

    zur Zielerreichung beitragen.

    Standortbestimmung Durch das Durchfhren einer Standortbestimmung rckt die betroffene Person der

    Zielerreichung einen bedeutenden Schritt nher. Erst wer sich im Klaren ist ber

    eigene Strken, Schwchen, Interessen usw., kann zielgerichtet eine neue Stelle

    suchen. Die Elemente einer Standortbestimmung sind einerseits die

    untersttzenden Funktionen in den Unternehmungen selbst sowie die externen

    Berater, welche Standortbestimmungen anbieten, andererseits die Instrumente der

    Standortbestimmung.

    Bewerbung Nach Abschluss der Standortbestimmung sind idealerweise alle Informationen

    vorhanden, um die optimale Ttigkeit fr eine Person zu umschreiben. Der letzte

    Schritt zur Zielerreichung liegt nun darin, geeignete Stelleninserate zu finden, sich

    fr die Bewerbung vorzubereiten und ein erfolgreiches Bewerbungsgesprch zu

    fhren.

    In der Theorie existiert eine Aufteilung in mittelbare und unmittelbare

    Aktionsparameter. Die mittelbaren Handlungsgrssen sind eher langfristig angelegt und

    wirken oft indirekt, whrend die unmittelbaren Handlungsgrssen direkt zur

    Zielerreichung beitragen (vgl. Zaugg 2002: 8). Die unmittelbaren Aktionsparameter

    wurden bereits erwhnt (Standortbestimmung und Bewerbung), die mittelbaren

    Aktionsparameter werden in dieser Arbeit als Ursachen fr eine Neuorientierung

    bezeichnet. Die verschiedenen Faktoren, die eine Person dazu bewegen, sich nach einer

    neuen Stelle umzusehen, wirken meist ber lngere Zeit und tragen indirekt zum Ziel

    der Neuorientierung bei. Die Elemente des konzeptionellen Bezugsrahmens und ihre Beziehungen zueinander werden

    in Abbildung 2 dargestellt.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 12

    Abbildung 2: Konzeptioneller Bezugsrahmen der Arbeit6

    2.2.2. Ursachen fr eine Neuorientierung In diesem Unterkapitel sollen die wichtigsten Ursachen, die zu einer beruflichen

    Neuorientierung fhren knnen, dargestellt werden. Es wurde in der Begriffsdefinition

    festgelegt, dass eine Neuorientierung sowohl bei individuumsinitiierter Fluktuation, aufgrund

    von organisationsinitiierter Fluktuation sowie bei internem Stellenwechsel durchschritten 6 Eigene Abbildung.

    Ursachen einer beruflichen Neuorientierung

    Ziele der Neuorientierung

    Prozess der Neuorientierung

    Berufliche Standortbestimmung

    Bewerbung

    Untersttzende Funktioneninnerhalb der Unternehmung

    Untersttzende Funktionen ausserhalb der Unternehmung

    (Externe Institutionen)

    Instrumente der Standortbestimmung

    Umweltfaktoren Individuelle Faktoren

    Organisationale Faktoren

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 13

    wird. Die Fluktuationsforschung bietet wichtige Erkenntnisse ber die Einflussfaktoren und

    Prdiktoren von individuumsinitiierter Fluktuation7. Die Thematisierung von

    organisationsinitiierter Fluktuation und internem Stellenwechsel wird hingegen weitgehend

    vernachlssigt. Im Folgenden werden einige Erkenntnisse aus der Fluktuationsforschung

    erlutert (2.2.2.1.). Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, werden die

    verschiedenen Anstze stark zusammengefasst dargestellt. Es soll ersichtlich werden, welche

    Faktoren einen Einfluss auf die Fluktuation haben, und welche Mglichkeiten zur Gliederung

    dieser Faktoren bestehen. Anschliessend werden die gewonnenen Erkenntnisse dazu benutzt,

    die Ursachen einer Neuorientierung so zu gliedern, wie dies fr diese Arbeit angebracht

    erscheint (2.2.2.2.). Ergnzend wird dann auf weitere spezielle Anstze eingegangen, welche

    die Motive fr einen Arbeitsplatzwechsel zu erklren versuchen.

    2.2.2.1. Erkenntnisse aus der Fluktuationsforschung Gliederung der Einflussfaktoren

    Eine der ersten umfassenden Untersuchungen, die sich ausschliesslich mit dem Thema

    Fluktuation auseinandersetzt, wurde von SABATHIL durchgefhrt. Er unterscheidet drei

    Kategorien von Ursachen fr eine Fluktuation (vgl. SABATHIL 1976: 35):8

    Rahmenbedingungen Dies sind einerseits gesellschaftssystembezogene Faktoren, wie Arbeitsrecht und

    Wirtschaftssystem, andererseits situative Rahmenbedingungen, wie die allgemeine

    Wirtschaftslage und die berufsbezogene Arbeitsmarktsituation.

    Organisationale Faktoren Die organisationalen Faktoren werden in fnf Gruppen unterteilt. Unter den

    allgemeinen betrieblichen Faktoren werden insbesondere die

    Branchenzugehrigkeit und der Standort genannt. Die techno-organisationalen

    Faktoren beinhalten den Produktionsvollzug sowie die Arbeitsplatzgestaltung und

    Arbeitszeitregelung. Die sozio-organisationalen Faktoren umfassen die

    Beziehungsstrukturen und die Organisationsstruktur. Als vierte Gruppe werden die

    monetren Faktoren erwhnt. Die Rede ist hier unter anderem vom Lohnsatz und

    7 Fluktuation bedeutet im Zusammenhang mit Ergebnissen aus der Fluktuationsforschung stets

    individuumsinitiierte Fluktuation. 8 Die meisten Einflussgrssen oder Faktoren, die in 2.2.2.1. erwhnt werden, werden in 2.2.2.2. nochmals

    aufgefhrt und erlutert.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 14

    den Sozialleistungen. Unter sonstige Faktoren fllt z. B. der wirtschaftliche Schutz

    vor Verlust des Arbeitsplatzes.

    Individuelle Faktoren Diese Gruppe von Faktoren wurde in drei Kategorien eingeteilt. Die

    personenbezogenen Faktoren sind insbesondere die Persnlichkeit und

    demographische Angaben. Die zweite Kategorie sind die berufsbezogenen

    Faktoren. Sie beinhalten z. B. das Ausbildungsniveau wie auch die

    Betriebszugehrigkeitsdauer. Neben den genannten, existieren noch eine Reihe

    weiterer Faktoren, die jedoch nur am Rande erwhnt werden. So wird z. B. die

    Erziehung als mgliche Determinante fr Fluktuation angesehen.

    Abbildung 3: Haupteinflussfaktoren der Fluktuation9

    Spter hat man erkannt, dass die Ursachen einer Fluktuation ebenfalls die Ursachen anderer

    Symptome sein knnen (z. B. innerer Kndigung). In FLUCK (1992: 67ff) wird ein Modell

    verwendet, in welchem verschiedene organisatorische Faktoren unter Einfluss von

    konstitutiven Rahmenbedingungen eine Disharmonie zwischen Mitarbeiter- und

    Betriebsinteressen bewirken knnen. Diese Disharmonie endet je nach individuellen Faktoren

    9 Vereinfachte Darstellung der Vorlage von Sabathil (1976: 36).

    Rahmenbedingungen/Umweltfaktoren

    Konstitutive Rahmenbedingungen

    Situative Rahmenbedingungen

    Organisationale Faktoren

    Allgemeine betriebliche Faktoren

    Techno - organisationale Faktoren

    Sozio - organisationaleFaktoren

    Montre Faktoren

    Sonstige Faktoren

    Individuelle Faktoren

    Personenbezogene Faktoren

    Berufsbezogene Faktoren

    Sonstige Faktoren

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 15

    des Mitarbeiters und situativen Rahmenbedingungen in einer Fluktuation oder in einer

    inneren Kndigung.

    Abbildung 4: Modell der Disharmonie-Einflussfaktoren10

    Die in der Abbildung 4 erwhnten Faktoren werden nun kurz erlutert:

    Organisatorische Faktoren Diese Gruppe umfasst das Betriebsumfeld, die technisch-organisatorische

    Struktur, die Anreizstruktur sowie die soziale Struktur in einem Unternehmen.

    Auch der Arbeitsinhalt wird hier erwhnt. Stimmen in einem oder in mehreren

    dieser Faktoren die Bedingungen nicht mit den Vorstellungen eines Arbeitnehmers

    berein, kann eine Disharmonie zwischen Mitarbeiter- und Betriebsinteressen

    ausgelst oder verstrkt werden.

    Konstitutive Rahmenbedingungen Die konstitutiven Rahmenbedingungen unserer Volkswirtschaft sind die

    Verfassung, die Gesetze und die Verordnungen. Ein gutes Beispiel ist das

    Arbeitsrecht, welches einen bedeutenden Einfluss auf die Fluktuation hat. Diese

    10 Vereinfachung der Darstellung aus Fluck (1992: 67) zur Entstehung von Fluktuation und innerer Kndigung.

    Organisatorische Faktoren

    Verstrker und Auslser der Disharmonie Konstitutive

    Rahmenbedingungen

    Individuelle Faktoren

    Intensitt der Disharmonie

    Situative Rahmenbedingungen

    Art des Symptomes

    Innere Kndigung Sy mptom

    Fluktuation Symptom

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 16

    Rahmenbedingungen sind von Unternehmungen oder Einzelpersonen nur durch

    langzeitliche Bemhungen zu beeinflussen und werden in der Arbeit von FLUCK

    als statisch betrachtet. Verfassung, Gesetze und Verordnungen haben einen

    Einfluss auf die organisationalen Faktoren einer Unternehmung.

    Individuelle Faktoren Unter individuelle Faktoren, werden personenbezogene Faktoren (z. B.

    Geschlecht, Lebensalter, Familienstand, Persnlichkeit), berufsbezogene Faktoren

    (z. B. berufliche Stellung, Dienstalter) und die Sozialisation neuer Mitarbeiter

    verstanden. All diese Faktoren haben einen Einfluss darauf, wie intensiv eine

    Disharmonie von dem Individuum wahrgenommen wird.

    Situative Rahmenbedingungen Diese Faktorengruppe hat einen wesentlichen Einfluss auf die

    Fluktuationsentscheidfindung eines Arbeitnehmers. Je nach allgemeiner oder

    branchnenspezifischer Wirtschaftslage, Arbeitsmarktbedingungen und

    demographischer Situation, resultiert die entstandene Disharmonie in einer inneren

    Kndigung oder einer Fluktuation.

    Whrend Fluktuation schon ausreichend definiert wurde, bentigt der Begriff Innere

    Kndigung noch weitere Erklrung. Grundstzlich wird unter Innerer Kndigung eine

    Distanzierung von der Stelle verstanden, die bewusst oder unbewusst vollzogen wird und zu

    einem Verzicht auf Engagement fhrt (vgl. MASSENBACH 2001: 9). Die betroffenen

    Menschen wollen den Konflikt weder offen austragen noch wollen oder knnen sie die

    ussere Kndigung einreichen (vgl. LHNERT 1989: 49). Die innere Kndigung kann als

    Versuch angesehen werden, die frustrierende Arbeitssituation an die eigenen Bedrfnisse

    anzupassen und sie wenigstens halbwegs ertrglich zu gestalten. Dabei entfernt man sich von

    der Arbeitssituation, der Unternehmung oder auch den Vorgesetzten. Das Arbeitsverhalten

    der betroffenen Personen zeichnet sich durch verminderte Beitrags- und Leistungsbereitschaft

    aus (vgl. Faller 1990: 231). Da eine innere Kndigung keine Neuorientierung zur Folge hat,

    ist der Begriff im weiteren Verlauf der Arbeit nicht mehr von Relevanz. Es herrscht eine grosse Vielfalt an Gliederungsversuchen der Einflussgrssen sowie an

    Prozessmodellen der Fluktuation. Nicht nur die Fluktuationsforschung hat Antworten auf die

    Frage nach den Ursachen einer beruflichen Neuorientierung, auch im Gebiet der

    Personalerhaltung stsst man auf Faktoren, die einen Einfluss darauf haben, ob eine Person

    mit ihrer Stelle zufrieden ist.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 17

    Prdiktoren der individuumsinitiierten Fluktuation

    Einige Autoren befassen sich mit der Vorhersage von individuumsinitiierter Fluktuation. Es

    geht darum zu erforschen, anhand welcher Umweltfaktoren, individuellen Faktoren, Werten,

    Einstellungen, Absichten und Verhaltensweisen, Fluktuation vorhergesehen werden kann.

    BAILLOD unterteilt die Prdiktoren der Fluktuation in fnf Gruppen (vgl. BAILLOD

    1992: 23):

    Objektive Faktoren der Umwelt Diese Faktoren werden unabhngig von individuellen Einschtzungen betrachtet.

    Beispiele hierzu sind Arbeitslosigkeit, Betriebsgrsse, Aufstiegsmglichkeiten,

    Arbeitsinhalt usw.

    Individuelle Faktoren Es handelt sich hier um objektive individuelle Faktoren wie Alter, Geschlecht,

    Betriebszugehrigkeit, Ausbildung, Persnlichkeitseigenschaften usw.

    Einstellungen Hier wird die allgemeine Arbeitszufriedenheit11 von spezifischen

    Arbeitszufriedenheiten unterschieden. Beispiele fr spezifische

    Arbeitszufriedenheiten sind Bezahlung, Aufstiegsmglichkeiten, Fhrungsstil/

    Fhrungsverhalten, Arbeitsinhalt usw.

    Absichten Diese Gruppe enthlt die Suchabsicht und die Fluktuationsabsicht.

    Verhaltensweisen Bei den Verhaltensweisen werden das Leistungsniveau und der Absentismus

    genannt. Fr die Entscheidung, die Stelle zu wechseln, sind weniger die objektiven Gegebenheiten

    ausschlaggebend als vielmehr deren Wahrnehmung und Bewertung durch die Person

    (SEMMER/BAILLOD 1993: 181). Diese Aussage bekrftigt, dass die individuellen

    Einstellungen und Absichten eines Menschen fr Fluktuation ausschlaggebend sind. Die

    individuelle Wahrnehmung und Bewertung einer Stelle schlgt sich in der

    Arbeitszufriedenheit einer Person nieder.

    11 Auf die Arbeitszufriedenheit wird nachfolgend noch ausfhrlicher eingegangen.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 18

    Die generalisierten Einstellungen Allgemeine Arbeitszufriedenheit, Organisationale

    Verbundenheit und Normative berzeugungen, eignen sich sehr gut als Prdiktoren von

    Fluktuation. Whrend die Allgemeine Arbeitszufriedenheit als zusammenfassende Einstellung

    gegenber der Arbeit als Ganzes betrachtet werden kann, stellt die Organisationale

    Verbundenheit die Einstellung gegenber dem Unternehmen dar. Die Normativen

    berzeugungen reprsentieren das sozialpsychologische Umfeld einer Person. Die drei

    generalisierten Einstellungen korrelieren miteinander und werden durch das Fhrungsklima,

    den Arbeitsinhalt, das Verhltnis Arbeit-Privatbereich und das Alter der Person bestimmt

    (vgl. BAILLOD/SEMMER 1994: 159). In der Fluktuationsforschung besteht weitgehend Einigkeit darber, dass neben

    demographischen Variablen die Arbeitszufriedenheit und die Organisationale Verbundenheit

    fr das Fluktuationsgeschehen von zentraler Bedeutung sind. Sie haben einen Einfluss auf die

    Fluktuationsabsicht, welche zum Fluktuationsverhalten fhrt (vgl. SEMMER/BAILLOD/

    STADLER/GAIL 1996: 190). Die Allgemeine Arbeitszufriedenheit leistet den grssten

    direkten Beitrag zur Vorhersage der Fluktuationsabsicht (vgl. BAILLOD/SEMMER 1994:

    159). Die wahrgenommenen Alternativen auf dem Arbeitsmarkt spielen bei der

    Fluktuationsentscheidung ebenfalls eine wichtige Rolle.

    2.2.2.2. Einflussfaktoren fr eine Neuorientierung Fr diese Arbeit soll ein mglichst einfaches Schema zur Gliederung der Ursachen einer

    Neuorientierung verwendet werden. Dem verwendeten Schema liegt keine Empirie zugrunde,

    es stellt lediglich ein Versuch des Autors dar, die Erkenntnisse aus der Fluktuationsforschung

    in einer vereinfachten Art und Weise auf die Thematik der beruflichen Neuorientierung zu

    bertragen. Da sich die Fluktuationsforschung nur mit individuumsinitiierter Fluktuation

    auseinandersetzt, mssen zur Vervollstndigung zustzlich die organisationsinitiierte

    Fluktuation und der interne Stellenwechsel in das Schema miteinbezogen werden. Da der Hauptfokus dieser Arbeit auf der Standortbestimmung liegt, wird die Betrachtung der

    Faktoren, die eine Neuorientierung auslsen12, eingeschrnkt. Die Anstze, welche die innere

    Kndigung sowie andere Symptome einbeziehen, sind sehr ausfhrlich. Der Autor mchte

    sich auf diejenigen Kombinationen von Einflussfaktoren beschrnken, die zu einer

    Neuorientierung fhren und wird nicht auf andere mgliche Symptome eingehen. BAILLOD

    12 Faktoren die eine Neuorientierung auslsen werden im weiteren Verlauf der Arbeit zur Vereinfachung mit

    Faktoren abgekrzt.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 19

    (1992: 23) nennt in seiner Studie die Prdiktoren fr eine Fluktuation. Diese Prdiktoren

    unterscheiden sich von den Ursachen einer Neuorientierung, wie sie in diesem Unterkaptitel

    erwhnt werden sollen. Die Absichten beispielweise, werden nicht als Faktoren

    bercksichtigt. Anhand der Fluktuationsabsicht kann man zwar einen Stellenwechsel

    voraussagen, sie entsteht jedoch erst aufgrund einer ungnstigen Kombination von Faktoren.13

    Sie ist also das Ergebnis des Zusammenwirkens verschiedener Faktoren und kennzeichnet den

    Beginn des Prozesses einer Neuorientierung. Die Grundlage des Schemas bildet die Einteilung der Faktoren nach SABATHIL (1976: 35)

    in Rahmenbedingungen, organisationale Faktoren und individuelle Faktoren. Der Begriff

    Rahmenbedingungen wird durch Umweltfaktoren ersetzt. Die Einflussgrssen, die

    SABATHIL nennt, werden um Faktoren aus neueren Anstzen ergnzt. Abschliessend

    werden dann die Faktorengruppen zueinander in Beziehung gebracht.

    2.2.2.2.1. Umweltfaktoren Zu den Umweltfaktoren gehren sowohl die rechtlichen Grundlagen einer Volkswirtschaft als

    auch die wirtschaftliche Lage. Nachfolgend werden Faktoren aufgelistet, welche in diese

    Kategorie gehren und kurz erklrt: Grundrechte wie Berufsfreiheit, Freizgigkeit und Vertragsfreiheit

    Ohne das Grundrecht der Berufsfreiheit, welches die freie Wahl des Arbeitsplatzes garantiert,

    ist eine individuumsinitiierte Fluktuation nicht mglich (vgl. SABATHIL 1976: 42).14 Die

    Freizgigkeit15 erlaubt es Schweizerbrgern frei zu whlen, in welcher Region der Schweiz

    sie sich aufhalten resp. niederlassen wollen. Sie stellt eine grundlegende Rahmenbedingung

    fr einen Stellenwechsel dar. Die Vertragsfreiheit schliesslich, ist die Grundlage fr

    Einzelarbeitsvertrge. Arbeitsrecht

    Das Bundesgesetz ber die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel, bildet das Grundgerst

    fr alle Arbeits- und Angestellten-Verhltnisse (vgl. FLUCK 1992: 71). Arbeitsmarkt

    Der Arbeitsmarkt nimmt eine Koordinations- und Allokationsfunktion der Arbeit wahr (vgl.

    SABATHIL 1976: 44). Nach FLUCK (1992: 100) ist der Arbeitsmarkt die wichtigste 13 Kombinationen von Faktoren werden in 2.2.2.2.4. beschrieben. 14 Die Berufsfreiheit wird im Art. 31 der Bundesverfassung geregelt. 15 Die Freizgigkeit wird im Art. 62 der Bundesverfassung geregelt.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 20

    Rahmenbedingung bezglich einer Fluktuationsentscheidung. Individuumsinitiierte

    Fluktuation wird nur dann erfolgen, wenn innert ntzlicher Frist eine neue Stelle (die den

    Fhigkeiten und Bedrfnissen besser entspricht) gefunden werden kann. Relevant fr die

    Verhltnisse auf dem Arbeitsmarkt ist auch die demographische Situation in einer

    Volkswirtschaft. Wirtschaftslage

    Die allgemeine, die branchenspezifische und die berufsbezogene Wirtschaftslage haben nicht

    nur einen Einfluss auf das Anstellungsverhalten der Unternehmungen, sondern auch auf die

    Fluktuationsbereitschaft der Arbeitnehmer. Entscheidend fr die individuumsinitiierte

    Fluktuation ist die Angebots- Nachfragerelation hinsichtlich eines bestimmten Berufsbildes

    (vgl. SABATHIL 1976: 50). Die Konjunktur beeinflusst die organisationsinitiierte

    Fluktuation.

    2.2.2.2.2. Organisationale Faktoren Zu dieser Gruppe gehren folgende Faktoren aus der Unternehmung: Branchenzugehrigkeit

    Die Fluktuationsraten verschiedener Branchen sind oft sehr unterschiedlich. In gewissen

    Berufen ist es blich, hufig die Stelle zu wechseln, da dies fr die Entwicklung von

    Kompetenzen und die Gewinnung von Erfahrung notwendig ist. Eine erhhte Fluktuation ist

    bei sehr anstrengender oder monotoner Arbeit zu verzeichnen (vgl. FLUCK 1992: 74 f.). Standort

    Der Wirkungsgrad des Faktors Standort ist nicht eindeutig nachgewiesen. Es wird jedoch

    davon ausgegangen, dass in dichten Agglomerationen die individuumsinitiierte Fluktuation

    hher ist als in sprlich besiedelten Gebieten. Grnde hierfr sind die Anzahl der alternativen

    Arbeitspltze und die Transparenz des Arbeitsmarktes (vgl. FLUCK 1992: 75). Natrlich

    haben auch Einflussgrssen wie die Erreichbarkeit und die Umgebung einen Einfluss auf die

    Attraktivitt einer Unternehmung, was wiederum Auswirkungen auf die Fluktuationsrate hat. Betriebsgrsse

    Verschiedene Studien zeigen, dass zwischen der Betriebsgrsse und der Fluktuation kein

    direkter Zusammenhang besteht (vgl. BAILLOD 1992: 25). Dies wird darin begrndet, dass

    die Attraktivitt grsserer und kleinerer Unternehmen fr die Arbeitnehmer auf

    unterschiedlichen Merkmalen beruht. Welche dieser Merkmale als wichtiger erachtet werden,

    ist individuell verschieden.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 21

    Image

    Das Image einer Unternehmung lsst sich durch eine entsprechende Public-Relations-Politik

    beeinflussen (vgl. SABATHIL 1976: 55). Firmen mit einem guten Image, vermgen die

    Arbeitnehmer lnger zu binden. Produktionsvollzug

    Die Rate der Stellenwechsel hngt auch vom Arbeitsablauf ab. Je reibungsloser der

    Produktionsprozess gestaltet wird, desto angenehmer ist dies fr die Arbeitnehmer (vgl. LUX

    1965: 169, zit. n. SABATHIL 1976: 57). Massnahmen wie job rotation, job enlargement

    und job enrichment knnen den Produktionsprozess fr den Arbeitnehmer bereichern (vgl.

    THOM 2002: 176 ff.). Arbeitsinhalt

    Der Arbeitsinhalt kann zu einem Stellenwechsel bewegen, wenn keine geistige

    Herausforderung besteht, die Arbeit fr den Arbeitnehmer keinen Sinn macht oder keine

    Erfolgserlebnisse erreichbar sind.16 Der Arbeitsinhalt kann dann zu organisationsinitiierter

    Fluktuation fhren, wenn der Arbeitnehmer den Anforderungen der Stelle nicht gengt. Arbeitsplatzgestaltung

    Eine menschengerechte Arbeitsumwelt ist eine weitere bedeutende Fluktuationsdeterminante.

    Die Arbeitsplatzgestaltung bezieht sich nicht nur auf die Grsse des Raumes und die Anzahl

    von Arbeitspltzen im selben Raum, sondern beinhaltet auch Beleuchtung, Lftung, Lrm

    sowie Temperatur und umfasst Anliegen wie Sicherheit und Schutz der Gesundheit (vgl.

    FRIELING/SONNTAG 1999: 265 - 379). Arbeitszeitregelung

    Der Aspekt der Arbeitszeitregelung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Eine moderne

    Arbeitszeitregelung kann zum dominanten Kriterium fr oder gegen eine Fluktuation werden

    (vgl. FLUCK 1992: 80). Technologie

    Mit neuen Technologien verndern sich die Anforderungen an die Arbeitnehmer. Technologie

    fhrt dann zu Stellenwechseln, wenn Arbeitnehmer den neuen Anforderungen nicht mehr

    gewachsen sind oder wenn gewisse Berufe durch neue substituiert werden. Das Anwenden

    von neuen Technologien kann natrlich auch Rationalisierungsmassnahmen nach sich ziehen

    (vgl. GREENHAUS/CALLANAN/GODSHALK 2000: 5).

    16 Die einzelnen Aspekte werden in Fluck (1992: 88 ff.) erlutert.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 22

    Unternehmenskultur

    Die Unternehmenskultur, verstanden als Wertvorstellungen, Denkhaltungen und Normen, die

    das Verhalten von Mitarbeitern einer Unternehmung prgen, beeinflusst das Wohlbefinden

    eines Mitarbeiters. Stimmt die Unternehmenskultur nicht mit den Wertvorstellungen eines

    Individuums berein, kann dies zu Fluktuation fhren. Fhrungsstil

    Der Fhrungsstil des Vorgesetzten beeinflusst ebenfalls das Wohlbefinden des Mitarbeiters.

    Durch die Machtposition des Vorgesetzten, dessen Einfluss auf die Karrieremglichkeiten des

    Mitarbeiters und das Ungleichgewicht an Kompetenzen, Verantwortung und Information,

    kommt der Beziehung zwischen den beiden Parteien eine wichtige Bedeutung zu (vgl.

    FLUCK 1992: 87). Soziale Beziehungen

    Die Interaktionsmglichkeiten, die ein Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz auffindet (z. B. in

    der Arbeitsgruppe), haben einen Einfluss auf die Fluktuationswahrscheinlichkeit. Je mehr

    Mglichkeiten zur Kommunikation einer Person zur Verfgung stehen und je mehr soziale

    Untersttzung sie erhlt, desto kleiner ist das Risiko eines Stellenwechsels (vgl. BAILLOD

    1992: 34). Aufstiegsmglichkeiten

    Nach FLUCK (1992: 81 f.) werden die Aufstiegsmglichkeiten hufig als ein

    ausschlaggebendes Kriterium fr die Attraktivitt einer Stelle angesehen. Durch die grosse

    Bedeutung dieses Faktors, kann sich eine Unternehmung durch Schaffung von Transparenz

    und Konsistenz des Befrderungssystems einen komparativen Vorteil erarbeiten. Neben den

    Aufstiegsmglichkeiten, nehmen auch die Weiterbildungsmglichkeiten an Bedeutung zu. Lohnsatz

    Die subjektive Empfindung eines jeden Menschen entscheidet ber die Wichtigkeit des

    Faktors Geld. Obwohl die finanzielle Entschdigung nicht der zentrale Anreizfaktor fr den

    arbeitenden Menschen ist, gilt es als erwiesen, dass bei Unzufriedenheit mit dem Entgelt

    keine vllige Arbeitszufriedenheit mglich ist (vgl. FLUCK 1992: 82 f.). Der bedeutendste

    Bestimmungsfaktor der Lohnzufriedenheit ist das subjektive Empfinden von Lohn-

    gerechtigkeit. Sozialleistungen

    Die freiwilligen Sozialleistungen werden immer wichtiger fr das Anreizsystem eines

    Betriebes. Diese Zusatzleistungen sind hufig zentral beim Entscheid ber einen

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 23

    Stellenwechsel. Zusatzleistungen wie Firmenfahrzeuge, Spesenvergtungen,

    Sonderkonditionen usw. sind sehr beliebt (vgl. FLUCK 1992: 85).

    2.2.2.2.3. Individuelle Faktoren Die individuellen Faktoren beinhalten einerseits demographische und berufsbezogene Daten

    einer Person und andererseits die Persnlichkeitsmerkmale: Geschlecht

    Der Zusammenhang des Geschlechts einer Person und ihrer Fluktuationstendenz ist eher

    gering (vgl. BAILLOD 1992: 28). Frauen scheinen jedoch tendenziell hufiger zu fluktuieren

    als Mnner. Letztere wechseln die Stelle meistens wegen den Arbeitsbedingungen, die Frauen

    hufig aus familiren Grnden (vgl. SABATHIL 1976: 78). Lebensalter

    In der Literatur besteht Einigkeit, dass sich die Fluktuationsneigung mit zunehmendem Alter

    tendenziell verringert (vgl. SABATHIL 1976: 79). Im Zusammenhang mit dem Lebensalter

    mchte der Autor das Modell der Lebensphasen erwhnen. Nach diesem Ansatz kann die

    Lebensdauer eines Menschen in verschiedene Phasen eingeteilt werden. Je nach Phase, in der

    sich ein Mensch befindet, rcken andere Bedrfnisse und Prioritten in den Vordergrund. Die

    verschiedenen Lebensphasen haben einen unterschiedlichen Einfluss auf das Bedrfnis nach

    Neuorientierung.17 Familienstand

    Mit dem Heiraten und dem Grnden einer Familie, nimmt auch die Wahrscheinlichkeit fr

    einen Stellenwechsel ab. Dies ist durch ein gesteigertes Sicherheitsbedrfnis zu begrnden.

    FLUCK (1992: 94) drckt sich allgemein aus: Grssere Stabilitt im Leben bewirkt eine

    Verminderung der Fluktuationsneigung. Eine Familie kann dann der Grund fr eine

    individuumsinitiierte Fluktuation werden, wenn die Arbeit zu wenig Freiraum fr das

    Privatleben brig lsst. Ausbildungsniveau

    Die Schulbildung scheint positiv mit der Arbeitszufriedenheit zu korrelieren, was damit zu

    begrnden ist, dass Personen mit hherer Ausbildung, interessantere, herausforderndere

    Ttigkeiten verrichten drfen. Eine andere These besagt, dass eine bessere Schulbildung

    17 Auf das Modell der Lebensphasen wird in 2.2.2.3.2. ausfhrlicher eingegangen.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 24

    hhere Ansprche und somit eine grssere Frustrationswahrscheinlichkeit mit sich bringt

    (vgl. FLUCK 1992: 96). Es knnen somit keine allgemeingltigen Aussagen gemacht werden. Betriebszugehrigkeitsdauer

    Mit lngerer Betriebszugehrigkeit nimmt die Neigung fr eine individuumsinitiierte

    Fluktuation ab. Die Dauer der Betriebszugehrigkeit an der vorangegangenen Stelle ist ein

    guter Prdiktor fr das Fluktuationsverhalten auf der aktuellen Stelle (vgl. BAILLOD 1992:

    28 f.). Berufliche Stellung

    Die berufliche Stellung hat einen klar erwiesenen Einfluss auf die Fluktuationsneigung eines

    Mitarbeiters. Mit steigender hierarchischer Stellung nimmt die Fluktuationsrate deutlich ab

    (vgl. FLUCK 1992: 96). Physiologische Faktoren

    Die krperliche Leistungsfhigkeit und Gesundheit sind Faktoren, die man nicht

    vernachlssigen sollte. Personen, die schwerwiegend erkranken, sind eventuell gezwungen,

    eine Stelle mit reduzierten Anforderungen zu suchen. hnliches gilt fr Leute, die einen

    schweren Unfall erleiden und wichtige Ttigkeiten im Berufsalltag durch eine krperliche

    Behinderung nicht mehr wahrnehmen knnen. Persnlichkeitsmerkmale

    Je nach Persnlichkeitsstruktur hat ein Mensch andere Bedrfnisse, Interessen, Einstellungen ,

    Werte usw. Diese Persnlichkeitsmerkmale sind fr den Entscheid fr eine Neuorientierung

    von zentraler Bedeutung. Steht die Situation am Arbeitsplatz im Konflikt mit den

    Bedrfnissen eines Arbeitnehmers oder verstsst die Unternehmungspolitik gegen dessen

    Werte, ist eine individuumsinitiierte Fluktuation absehbar. Geistige Leistungsfhigkeit

    Dieser Faktor enthlt die Kernpotentiale eines Menschen. Intelligenz, Aufnahmefhigkeit,

    Konzentrationsfhigkeit und andere leistungsorientierte Merkmale sind relevant fr die

    Zufriedenheit mit einer Stelle. Sie geben Auskunft darber, ob eine Person in ihrer Ttigkeit

    unter- oder berfordert ist. Eine vollstndige Zufriedenheit ist nur erreichbar, wenn eine

    Person ihre Potentiale nutzen kann.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 25

    2.2.2.2.4. Beziehungen zwischen den Faktoren Nachdem die einzelnen Faktoren genannt und deren Wirkung auf einen Stellenwechsel kurz

    erklrt wurden, sollen nun die Beziehungen zwischen den drei Faktorengruppen aufgezeigt

    werden. Eine berufliche Neuorientierung erfolgt meist aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer

    Faktoren. Je nachdem welche der bereits genannten Faktoren die Auslser fr einen

    Stellenwechsel sind, resultiert eine organisationsinitiierte Fluktuation, eine

    individuumsinitiierte Fluktuation oder ein interner Stellenwechsel.

    Abbildung 5: Folgen des Zusammenwirkens der Faktorengruppen18

    Aufgrund der Vielzahl von Einzelfaktoren, sind sehr viele Faktorenkombinationen mglich,

    die zu einem Stellenwechsel fhren knnen. Aus der grossen Menge an denkbaren Szenarien,

    wird nun eine Anzahl von typischen Beispielen ausgewhlt, welche die drei Arten des

    Stellenwechsels auslsen knnen:19

    18 Eigene Abbildung. 19 Die Beispiele sind nicht empirisch besttigt. Es geht dem Autor nur darum, mgliche Beziehungen zwischen

    den Faktorengruppen aufzuzeigen. Es wird dargestellt, wie vielseitig die verschiedenen Kombinationen von

    Faktoren sind, die zu einer Neuorientierung fhren knnen.

    Ursachen einer beruflichen Neuorientierung

    Umweltfaktoren Individuelle Faktoren

    Organisationale Faktoren

    Organisationsinitiierte Fluktuation

    Individuumsinitiierte Fluktuation Interner Stellenwechsel

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 26

    Organisationsinitiierte Fluktuation

    Umweltfaktor Wirtschaftslage

    Individuelle Faktoren Betriebszugehrigkeitsdauer, physiologische Faktoren,

    geistige Leistungsfhigkeit

    In einer schwierigen Wirtschaftslage, in der Umsatzeinbussen zu verzeichnen sind, der

    Wettbewerb zwischen Unternehmungen zunimmt, und eventuell sogar ein Konkurs befrchtet

    wird, ist die Kndigung von Arbeitnehmern oft die letzte Mglichkeit, wettbewerbsfhig zu

    bleiben. Es ist denkbar, dass die Kndigung diejenigen Arbeitnehmer betrifft, die dem Betrieb

    noch nicht lange zugehren oder auf deren krperlichen resp. geistigen (je nach Arbeit)

    Fhigkeiten am ehesten verzichtet werden kann. Mitarbeiter mit fr das Unternehmen

    wichtigem Potential und Know-How, werden keine Kndigung erhalten.

    Betrieblicher Faktor Arbeitsinhalt

    Individueller Faktor Geistige Leistungsfhigkeit, Persnlichkeitsmerkmale

    Fr jede Stelle gibt es ein Anforderungsprofil. Ein Mitarbeiter muss ber gewisse Fhigkeiten

    verfgen, um die Arbeit bewltigen zu knnen. Stellt sich heraus, dass ein Mitarbeiter mit

    seiner Arbeit berfordert ist oder keine Bereitschaft fr eine zufriedenstellende

    Leistungserstellung zeigt, wird er wahrscheinlich durch eine leistungsfhigere resp.

    motiviertere Person ersetzt.

    Individuumsinitiierte Fluktuation

    Betriebliche Faktoren Unternehmungskultur, soziale Beziehungen, Fhrungsstil

    Individuelle Faktoren Persnlichkeitsmerkmale

    Ob das soziale Umfeld am Arbeitsplatz stimmt, hngt von der Unternehmenskultur, den

    Arbeitskollegen und dem Fhrungsstil des Vorgesetzten ab. Eine Unternehmenskultur, die

    asoziale Denkhaltungen frdert, unfreundliche Arbeitskollegen oder ein autoritrer

    Vorgesetzter, fhren einen Mitarbeiter jedoch erst dann dazu, die Unternehmung zu verlassen,

    wenn er diese Faktoren als strend empfindet. Wie der Zustand am Arbeitsplatz beurteilt

    wird, hngt also stark von der subjektiven Sicht eines Arbeitnehmers ab. Diese wird durch

    Persnlichkeitsmerkmale wie Einstellungen, Werte und Denkweisen bestimmt.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 27

    Umweltfaktoren Arbeitsmarkt

    Betriebliche Faktoren Lohnsatz

    Die Nachfrage nach Arbeitskrften beeinflusst die auf dem Markt blichen Lohnstze. Ist die

    Nachfrage nach Arbeitskrften gross, steigen die Lohnstze, da Unternehmungen bemht

    sind, den Arbeitnehmern ein mglichst attraktives Angebot zu machen. Dies fhrt zu einem

    Anstieg der individuumsinitiierten Fluktuationsrate. Wenn man bercksichtigt, dass wiederum

    nur Personen mit bestimmten Persnlichkeitsmerkmalen einen Stellenwechsel in Erwgung

    ziehen, knnte man auch noch die Gruppe der Individuellen Faktoren in das Beispiel

    miteinbeziehen.

    Interner Stellenwechsel

    Betriebliche Faktoren Arbeitsinhalt, Unternehmungskultur, soziale Beziehungen

    Individuelle Faktoren Geistige Leistungsfhigkeit, Persnlichkeitsmerkmale

    Ein Arbeitnehmer findet in seiner Ttigkeit keine Erfllung, da ihm die Arbeit nicht vielfltig

    und herausfordernd genug erscheint. Er ist unterfordert und mchte die Stelle wechseln. Da

    die Unternehmungskultur mit seinen eigenen Werten bereinstimmt und er in seiner zehn-

    jhrigen Betriebszugehrigkeit gute soziale Kontakte aufgebaut hat, mchte er die

    Unternehmung nicht verlassen. Er wird intern nach einer passenderen Stelle suchen.

    Umweltfaktor Arbeitsmarkt

    Betrieblicher Faktor Arbeitsinhalt

    Individueller Faktor Geistige Leistungsfhigkeit

    Ein Mitarbeiter, der mit seiner Stelle nicht zufrieden ist (Unter- oder berforderung), kann

    nur dann die Unternehmung verlassen, wenn der Arbeitsmarkt dies zulsst. Ist innert

    ntzlicher Frist keine Arbeit zu finden, die seinen Bedrfnissen besser entspricht, bleibt ihm

    keine andere Wahl, als in der Unternehmung zu bleiben. Er kann dann hchstens nach einer

    passenderen Stelle innerhalb der Unternehmung Ausschau halten.

    In den Beispielen wurden nur diejenigen Faktoren erwhnt, die hauptschlich fr den

    Stellenwechsel verantwortlich sind. Man kann jedoch davon ausgehen, dass alle in den

    vorhergehenden Unterkapiteln erwhnten Einflussfaktoren Auswirkungen auf einen

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 28

    Stellenwechsel haben. Die Umweltfaktoren Grundrechte und Arbeitsrecht wirken nur indirekt.

    Sie beeinflussen die betrieblichen Faktoren (die Bedingungen am Arbeitsplatz).

    2.2.2.3. Spezielle Anstze Bisher wurde gezeigt, welche einzelnen Faktoren zu einer Neuorientierung fhren knnen und

    wie diese Faktoren zusammenwirken. Im Folgenden werden spezielle Anstze zur Erklrung

    von individueller Fluktuation und internem Stellenwechsel dargestellt, die in der

    betriebswirtschaftlichen Fachliteratur thematisiert werden. Zuerst wird auf den Begriff

    Karriereplateau eingegangen (2.2.2.3.1.), dann werden verschiedene Lebensphasenmodelle

    diskutiert (2.2.2.3.2.) und schliesslich wird der Wertewandel unserer Gesellschaft besprochen

    (2.2.2.3.3.).

    2.2.2.3.1. Karriereplateau Der ursprngliche Begriff des Karriereplateaus bezeichnet den Punkt in einer Karriere, an

    dem die Wahrscheinlichkeit einer weiteren hierarchischen Befrderung sehr gering ist (vgl.

    ECKARDSTEIN/ELSIK/NACHBAGAUER 1997: 5). Dieses Begriffsverstndnis wurde von

    weiteren Autoren modifiziert und verndert, so dass mittlerweile eine Vielfalt an

    Definitionsvorschlgen vorliegt. In neueren Studien werden unter Karriereplateau oft zwei Ausprgungen verstanden. Das

    strukturelle Plateau bezieht sich auf eine Positionsimmobilitt, die durch die Struktur einer

    Organisation hervorgerufen wird. In hierarchisch strukturierten Unternehmungen, bleibt es

    einer geringen Anzahl von Arbeitnehmern vorbehalten, die hchste Entscheidungsebene zu

    erreichen. Dies bedeutet, dass alle anderen Arbeitnehmer frher oder spter ein

    Karriereplateau erreichen werden. Das inhaltliche Plateau bezeichnet das Ausbleiben von

    neuen, herausfordernden und abwechslungsreichen Ttigkeiten, sodass die aktuellen

    Arbeitsaufgaben von den Betroffenen voll beherrscht werden und keine weiteren Lernchancen

    mehr enthalten (vgl. ECKARDSTEIN/ELSIK/NACHBAGAUER 1997: 6). ECKARDSTEIN/ELSIK/NACHBAGAUER (1997: 7) fassen zusammen, dass sich

    Mitarbeiter dann auf einem Karriereplateau befinden, wenn

    eine weitere Befrderung unwahrscheinlich ist sie sich zu lange auf derselben Position befinden und/oder die Ttigkeit keine Herausforderung und Lernchance mehr darstellt

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 29

    Aus diesen Definitionen kann man ableiten, dass Personen, die ein Karriereplateau erreichen,

    oft das Bedrfnis entwickeln, neue Herausforderungen (im Sinne von hierarchischem

    Aufstieg oder neuen Ttigkeiten) zu suchen. Bei den betroffenen Personen steigt die

    Wahrscheinlichkeit eines Stellenwechsels. Das Erreichen eines Karriereplateaus, ist also eine

    ernstzunehmende Ursache fr eine berufliche Neuorientierung.

    2.2.2.3.2. Lebensphasenmodelle In der Entwicklung des Menschen von seiner Geburt bis zu seinem Tod, lassen sich gewisse

    Gesetzmssigkeiten erkennen. Aufgrund dieser Gesetzmssigkeiten, kann der Prozess der

    menschlichen Entwicklung in einzelne Phasen (je nach Modell sind diese aufeinanderfolgend

    oder berschneidend) unterteilt werden. Diese Phasen lassen sich durch Unterschiede im

    Lebensstil, den Einstellungen, den Handlungen und den Verhaltensweisen eines Menschen

    unterscheiden. Von Phase zu Phase verndern sich die Bedrfnisse, Ziele, Fhigkeiten,

    Motive und anderen wichtigen Charakteristika eines Individuums (vgl. SATTELBERGER

    1995: 288 f.). Mit dem individuellen Lebenszyklus des Menschen und den verschiedensten

    Teilzyklen befassen sich Autoren aus den Wissenschaftsdisziplinen der

    Betriebswirtschaftslehre, der Psychologie, der Soziologie sowie der Gerontologie (vgl. GRAF

    2002: 11). Einen Einfluss auf die berufliche Karriere und die Entscheidung zu einer

    Neuorientierung haben der biosoziale, der familire und der berufliche Lebenszyklus. Diese

    drei Lebenszyklen, die in gegenseitiger Wechselwirkung zueinander stehen (vgl. KOCH

    1981: 201), sollen nun kurz beschrieben werden.

    Biosozialer Lebenszyklus

    Der biosoziale Lebenszyklus eines Menschen beschreibt den stufenweisen Verlauf der

    Persnlichkeitsentwicklung und ist von biologischen wie auch von sozialen Einflussfaktoren

    abhngig (GRAF 2002: 47). Soziale Einflussfaktoren sind beispielsweise Erziehung, gesellschaftliche bzw. kulturelle

    Wertvorstellungen oder auch soziale Normen und Riten, welche ein Individuum in dessen

    verschiedenen Lebensabschnitten beeinflussen. Ausgehend von sowohl usserlichen

    Vernderungen des Krpers als auch des Verhaltens in verschiedenen Altersabschnitten,

    versuchen diverse entwicklungspsychologische Anstze, die Entwicklung vom Kind zum

    Erwachsenen bis hin ins hohe Alter in aufeinanderfolgende Phasen zu gliedern. Diese

    Phaseneinteilungen ordnen den komplexen menschlichen Entwicklungsverlauf und teilen den

    verschiedenen Lebensabschnitten bestimmte Charakteristika zu (vgl. KOCH 1981: 197). Das

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 30

    lteste Modell der biosozialen Lebensphasen stammt von den Griechen, welche zehn Phasen

    unterschieden. Spter verwendeten die Rmer ein Modell mit fnf Phasen. Vor allem in den

    70er Jahren wurde die Idee der Einteilung des menschlichen Lebens in Phasen wieder aktuell

    (vgl. GRAF 2002: 48). Unterdessen gibt es zahlreiche psychologische Entwicklungstheorien,

    die das Leben in Phasen unterteilen.20 Eine in der Psychologie sehr bekannte Entwicklungstheorie, ist die Theorie der

    psychosozialen Entwicklung von ERIKSON.21 Sie beschreibt acht Phasen der menschlichen

    Entwicklung vom Kleinkind bis ins hohe Alter. In jeder Phase sind bestimmte Konflikte zu

    lsen und Spannungen abzubauen. Der Verlauf der weiteren Entwicklung hngt von der Art

    ab, diese Konflikte zu lsen (vgl. FLAMMER 2003: 85). Die Auseinandersetzungen mit den

    Konflikten und Spannungen haben auch Auswirkungen auf den beruflichen Lebenszyklus und

    sind somit fr die Thematik Neuorientierung und Standortbestimmung von Bedeutung.

    Familirer Lebenszyklus

    Der familire Lebenszyklus bezieht sich primr auf die vom Individuum gegrndete Familie.

    Eine zentrale Bedeutung haben Ehe, Kinder und Grosskinder (vgl. GRAF 2002: 45).

    Entwicklungen im Bereich der Familie beeinflussen den individuellen Lebenszyklus einer

    Person. Das Spannungsfeld Beruf-Familie kann eine Ursache fr eine berufliche

    Neuorientierung darstellen.

    Beruflicher Lebenszyklus

    Aus der Sicht des Einzelnen besteht ein beruflicher Werdegang aus mehreren bedeutenden

    Einheiten oder Phasen, die sowohl vom Betroffenen als auch von der Gesellschaft als solche

    erkannt werden. Die mit den einzelnen Einheiten oder Phasen verbundenen Zeitspannen

    variieren jedoch je nach Beruf oder Person deutlich (SCHEIN 1995: 14). Die wichtigsten Phasen eines beruflichen Werdegangs nach SCHEIN (1995: 14 ff.) werden in

    Tabelle 1 zusammengefasst dargestellt.

    20 Eine breite Auswahl an psychologischen Entwicklungstheorien findet sich in FLAMMER (2003). 21 Die Theorie findet sich in FLAMMER (2003: 83 ff.).

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 31

    Phase 1: Wachsen, Phantasieren und erkennen

    In dieser Zeit (Kindheit/Jugend) existiert erst eine Vorstellung von einer mglichen

    Beschftigung. Zentral ist die Vorbereitung auf die Ausbildung, die fr den gewhlten Beruf

    erforderlich ist.

    Phase 2: Lernen und Berufsausbildung

    Im Verlauf der beruflichen Ausbildung gilt es eine Vielzahl an Entscheidungen zu treffen, um

    die beruflichen Ziele erreichen zu knnen. Es geht darum, die Eignungsvoraussetzungen fr

    den spteren Beruf zu schaffen.

    Phase 3: Eintritt ins Berufsleben

    Fhigkeiten, Motive und Werte werden auf die Probe gestellt. Man wird mit einem neuen

    Umfeld und neuen Leuten auseinandergesetzt. Ein Lernprozess beginnt. Eine Vorstellung des

    beruflichen Werdegangs zeichnet sich ab.

    Phase 4: Grundausbildung und berufliche Sozialisation

    Einfhrung in die Kultur der Organisation. Die Sozialisationsphase ist eine wichtige Quelle

    des persnlichen Lernens. Man muss den gestellten Anforderungen gengen. Es muss

    entschieden werden ob der richtige Beruf und die richtige Organisation gewhlt wurden.

    Phase 5: Akzeptanz

    Man wird als vollwertiger Mitspieler der Leistungsgemeinschaft akzeptiert. Es entwickelt sich

    ein Zugehrigkeitssinn. Arbeitsmotivation und Werte zeichnen sich deutlicher ab. Man

    entwickelt einen Zugang zu den eigenen Fhigkeiten, Strken und Schwchen.

    Phase 6: Dauerhafte Beschftigung und Zugehrigkeit

    In dieser Phase wird klar, ob man auf lange Sicht eine Zukunft im Unternehmen hat. Es

    werden Befrderungen oder Kndigungen gesprochen.

    Phase 7: Krise der mittleren Jahre

    Nach langjhriger Berufsttigkeit nehmen die meisten Menschen irgendeine Art der

    Neuorientierung der eigenen Person vor. Die persnliche Position, die Ziele und die

    Zukunftsaussichten werden hinterfragt.

    Phase 8: Schwung erhalten, wiedergewinnen oder ausklingen lassen

    Erkenntnisse aus der Neuorientierung entscheiden ber das weitere Vorgehen. Es geht darum,

    Beruf, Familie und Interessen unter einen Hut zu bringen.

    Phase 9: Loslsung

    In dieser Phase wird einen Gang zurckgeschaltet. Man bereitet sich langsam auf den

    Ruhestand vor.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 32

    Phase 10: Ruhestand

    Man wird mit der Pensionierung konfrontiert. Es wird Abschied vom Berufsleben genommen.

    Tabelle 1: Phasen eines beruflichen Werdegangs nach SCHEIN22

    In dem Modell von GRAF (2002: 67 ff.) besteht der berufliche Lebenszyklus aus vier Phasen.

    Mit der Berufswahl wird die frhe Karrierephase eingeleitet. Sie umfasst neben der

    Arbeitsplatz- und Betriebswahl auch die Einfhrung in ein Unternehmen. Der weitere Verlauf

    fhrt ber die individuelle Laufbahn eines Mitarbeiters, in der Erfahrungen gesammelt

    werden und eine Karriereorientierung entsteht. Die mittlere Karrierephase ist von

    Vernderungen geprgt. Die Mitarbeiter berprfen ihren beruflichen und persnlichen

    Standort und ziehen Alternativen in Erwgung. Diese Phase wird auch Krise der

    Lebensmitte genannt und erscheint oft im Alter zwischen 35 und 45 Jahren. Die letzte Phase

    ist die spte Karrierephase, in welcher aufgrund des hohen Alters Qualifikationen

    abnehmen und Leistungsmglichkeiten verfallen knnen. In dieser Phase werden hufig

    Karriereplateaus erreicht und die Gefahr von innerer Kndigung erhht sich. Die spte

    Karrierephase wird durch die Pensionierung beendet. Aus den beiden vorgestellten Modellen zum beruflichen Lebenszyklus geht hervor, dass ein

    Wunsch zu einer beruflichen Neuorientierung stark von der Phase abhngt, in der sich eine

    Person befindet. Beide Modelle erwhnen, dass der Wunsch nach einer Neuorientierung in

    der Krise der mittleren Jahre am grssten ist.

    Zusammenfassend mchte der Autor noch einmal erwhnen, dass der biosoziale, der familire

    und der berufliche Lebenszyklus in starkem Zusammenhang zueinander stehen. Je nachdem,

    in welcher Phase seines individuellen Lebenszyklus sich ein Mensch befindet, stehen andere

    Bedrfnisse, Interessen und Motive im Vordergrund. Bei jungen Arbeitnehmern, die sich

    ihrer Berufung noch nicht sicher sind und Arbeitnehmern im mittleren Alter, ist die

    Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Neuorientierung am hchsten.23

    22 Quelle: SCHEIN (1995: 14 ff.) 23 Diese Aussage beruht alleine auf der Interpretation der Lebenszyklusmodelle. Der Autor kann dies nicht mit

    empirischen Daten belegen.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 33

    2.2.2.3.3. Wertewandel FLUCK (1992: 51) definiert Werte als [...] individuelle Leitlinien, Prinzipien und

    Einstellungen, nach denen Menschen ihr Leben und Handeln ausrichten. SCHMID-KAISER

    (1987: 35) beschreibt Werte als ein System kollektiver, meist in Begriffe gefasster

    Lebensinhalte, die als Leitbilder menschliches Handeln bestimmen und in der Motivstruktur

    des Verhaltens von Akteuren massgebend sind. Daneben gibt es jedoch diverse andere

    Definitionen. Gesellschaftliche Vernderungen haben Auswirkungen auf die Werte, welche sich dadurch im

    Verlauf der Zeit einem Wandel unterziehen. Das Einsetzen des Wertewandels liegt in der

    ersten Hlfte der 60er-Jahre.24 ber das Ende der Vernderung der Werthaltungen besteht in

    der Fachliteratur keine Einigkeit (vgl. MASSENBACH 2001: 33 f.). Es haben sich verschiedenste Autoren mit dem Wertewandel auseinandergesetzt.

    INGLEHART (1977: 21 ff.) baut auf der Bedrfnispyramide von MASLOW (1977) auf, aus

    welcher er die Annahme der hierarchischen Abfolge von Bedrfnissen bernimmt. Er geht

    davon aus, dass durch die Befriedigung der materiellen Bedrfnisse, Bedrfnisse einer

    hheren Ebene in den Vordergrund rcken. Seit dem zweiten Weltkrieg hat in den westlichen

    Lndern der Wohlstand und die Sicherheit stark zugenommen. An die Stelle von materiellen

    Bedrfnissen treten Bedrfnisse nach Selbstentfaltung, Zugehrigkeit und Anerkennung

    (postmaterielle Bedrfnisse). Die Werte einer Person sind im Zeitablauf relativ stabil. Die

    Vernderung der Werte erfolgt ber den Generationenwechsel (vgl. INGLEHART 1977: 31

    ff.). NOELLE-NEUMANN (1978: 10 ff.) empfindet den Wandel in den Werthaltungen als

    Wertverlust. Ihre Studien belegen, dass sich die Arbeitsmoral verschlechtert und die

    Leistungsbereitschaft sinkt. Dies sind Symptome fr einen Zerfall der Gesellschaft. Befragungen ber die Wertestruktur in der Schweiz25 haben ergeben, dass die Familie bei

    einem Grossteil der Befragten an oberster Stelle steht. An zweiter Stelle steht die

    Selbstverwirklichung und der Hedonismus (Streben nach Sinneslust). Vor allem junge Leute

    tendieren dazu, ihr Leben auf Spass und Vergngen auszurichten. An vierter Stelle folgt die

    Leistungsorientierung, die noch immer eine grosse Bedeutung fr die Schweizer hat. Aus 24 Die Werte der Menschen haben sich bestimmt schon vor dieser Zeit verndert. Der Begriff Wertewandel

    bezeichnet jedoch die spezifischen Vernderungen in einem bestimmten Zeitabschnitt. 25 Die Aussagen aus FLUCK (1992: 56 ff.) basieren zum Grossteil auf einer Reprsentativerhebung der Gruppe

    Corso im Jahre 1990.

  • Kapitel 2: Theoretische Grundlagen 34

    diesen Erkenntnissen kann man ableiten, dass zwar eine hohe Arbeitsmotivation in der

    Bevlkerung besteht, jedoch nur fr Arbeit, die interessant ist und Spass macht (vgl. FLUCK

    1992: 56 f.). Dieses Streben nach Selbstverwirklichung in der Arbeit stellt fr viele

    Arbeitnehmer den Grund fr einen Stellenwechsel dar.

    2.2.3. Ziele der Neuorientierung Wie der Abschnitt 2.2.2.gezeigt hat, existiert eine Vielzahl an Mglichkeiten, wie der Wunsch

    nach einer beruflichen Neuorientierung entsteht. Das oberste Ziel einer beruflichen

    Neuorientierung ist eine passende Stelle zu finden oder sich in der Selbststndigkeit zu