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SRF auf Facebook und Twitter – mit System SRF Warum SRF keinen Halt vor Facebook und Co. macht. Seite 4 SRF Medienanwalt Rudolf Mayr von Baldegg im Porträt. Seite 7 SRG SSR So tickt die Messung der Radionutzung. Seite 8 Publikumsrat Beobachtungen: SF 1 «Tagesschau» DRS 1 «Schnabelweid». Seite 10 Ombudsstelle Das Publikum schützen – und die Medienfreiheit achten. Seite 12 Carte blanche Timur Acemoglu: Soziale Netzwerke als Garanten für Demokratie? Seite 13 Bild: istockphoto.com (Montage) Zürich Schaffhausen Die Prosumenten kommen – Radio und TV im Wandel. Seite 14 Neuer Korrespondent für Zürich und Schaffhausen. Seite 16 Magazin des Publikumsrats und der Mitgliedgesellschaften der SRG Deutschschweiz Ausgabe 2/2011

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LINK 2/11 - SRG Deutschschweiz, Social media

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SRF auf Facebook und Twitter – mit System

SRFWarum SRF keinen Halt vor Facebook und Co. macht. Seite 4

SRF Medienanwalt Rudolf Mayr von Baldegg im Porträt. Seite 7

SRG SSRSo tickt die Messung der Radionutzung. Seite 8

PublikumsratBeobachtungen: SF 1 «Tagesschau»DRS 1 «Schnabelweid». Seite 10

OmbudsstelleDas Publikum schützen – und die Medienfreiheit achten. Seite 12

Carte blancheTimur Acemoglu:Soziale Netzwerke als Garanten für Demokratie? Seite 13

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Zürich Schaffhausen

Die Prosumenten kommen – Radio und TV im Wandel. Seite 14

Neuer Korrespondent für Zürich und Schaffhausen. Seite 16

Magazin des Publikumsrats und der Mitgliedgesellschaften der SRG DeutschschweizAusgabe 2/2011

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Die Fernsehsen-der der SRG SSR haben für Hörbe-hinderte im ver-gangenen Jahr erstmals einen Drittel der Sende-zeit in allen drei Sprachregionen

untertitelt. Gesamtschweizerisch sind 35,1 Prozent der Sendezeit untertitelt worden, was 20 397 Stunden entspricht. In Abspra-che mit den Hörbehinderten-Organisatio-nen wurde in erster Linie die Hauptsende-

Ausgabe 2/2011

in kürze

editorial

Susanne Wille gibt die Moderation von «10vor10» ab und wechselt ins Reporter-team. Wille, 36, arbeitete während der letz-ten zehn Jahre hauptsächlich als Mode-ratorin und Redaktorin für «10vor10». Nun übernimmt sie eine neue Aufgabe: Die ausgebildete Historikerin berichtet schwer-gewichtig über Inlandpolitik aus dem Bun-deshaus, vor allem während der Sessionen der eidgenössischen Räte. Susanne Wille dazu: «Die Moderation von ‹10vor10› ist ein Traumjob. Aber es gehört zu meinem Leben, immer wieder aufzubrechen. Nach zehn Jahren ist für mich nun definitiv der richtige Zeitpunkt gekommen, weiterzuge-hen. Ich habe Lust, als Journalistin im Bun-deshaus noch näher am politischen Ge-schehen zu sein und wieder verstärkt als Reporterin zu arbeiten.»

SRF vernetzt sich mit dem Publikum

«Niemand kann es aufhalten, es wird einfach passieren.» Mit diesen Worten trat vor gut einem Jahr Peter Horrocks sein Amt als neuer Leiter BBC World Services an. Gemeint hat er die «Social Media», die internetbasierten sozialen Netzwerke: Face-book, Twitter, Xing, Ping, MySpace usw. Schleichend, aber dennoch explosionsartig hat sich eine virtuelle Welt entwickelt, die nicht länger wegzudenken ist. Facebook, wie das meist besuchte der Netzwerke heisst, ist zugleich User-Homepage, E-Mail- System, Einkaufsmeile, Kommunikationsplattform, Spielkonsole, Fotogalerie. Kurz: Es ist zum Zentrum des Internets geworden. Laut Statistiken nutzt jeder dritte Einwohner der Schweiz den Dienst, weltweit über ein Zwölftel der Gesamtbevölkerung. Tendenz schnell steigend.

Facebook ist ein Zug, den niemand verpassen darf. Das gilt auch – oder besonders – für das grösste Medienunternehmen der Schweiz. «Facebook entwickelt sich zu einem neuen Vektor», sagt dazu Ramon Bill, Online-Verantwortlicher DRS 3. Was er damit meint, wie die SRF-Leitung auf die Entwicklungen reagiert und was das Publikum davon hat, lesen Sie auf Seite 4 bis 6.Pernille Budtz.

Die SRG SSR erfüllt mit ihren Online- An-geboten die Konzessionsbestimmungen weitgehend. Dies zeigen die Ergebnisse ei-ner Studie der Universität Zürich im Auf-trag des Bundesamtes für Kommunikation (Bakom).Bei ungefähr acht Prozent der untersuchten Fälle sei laut der Studie die Einhaltung der Konzession fraglich – bei einem Prozent weniger als im Vorjahr. Dabei handle es sich vor allem um Blogs und Verkaufsangeboten im Internet, die keinen direkt ersichtlichen Bezug zu einer Sendung haben. Hier bewege sich die SRG

Bakom-Studie überprüft SRG-Online-Angebot Susanne Wille verlässt «10vor10»

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Susanne Wille wird in Zukunft aus dem Bundes-haus berichten.

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Barrierefreies Fernsehen für Hörbehinderte

Immer mehr SRG-Program-me werden für Hörbehin-derte untertitelt.

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in einer «Grauzone». Gemäss Konzessions-vorgaben hat das Online-Angebot der SRG die Funktion, das Fernseh- und Radioange-bot zu ergänzen und zu vertiefen. Haben die Online-Angebote keinen direkten Be-zug zu einer Sendung im Radio oder Fern-sehen, so erfüllen sie die Bedingungen der Konzession nicht. Trotz der festgestellten Mängel sei das Bakom zufrieden mit den Studienergebnissen, sagte Jost Aregger, Forschungsverantwortlicher beim Bakom, gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Die SRG sei auf einem guten Weg.

zeit zwischen 19 und 22 Uhr untertitelt, wobei Sendungen mit einer grossen Re-sonanz wie «Arena» oder «Club» sowie wichtige Sportereignisse ebenfalls mit Untertiteln versehen wurden. Zudem wird in jeder Sprachregion täglich eine der Haupt-News-Sendungen mit Gebärden-sprache gesendet.

Für Sehbehinderte bieten die SRG-Fern-sehsender eine namhafte Zahl von Spiel-filmen mit Audiodeskription. Dabei werden die optischen Eindrücke auf einem akusti-schen Zusatzkanal verbal beschrieben.

3Ausgabe 2/2011

Was beschäftigte die medieninteres sierten Trägerschaftsmitglieder in den vergange-nen Wochen? Besonders die Nachricht zum Rückkehr von Roger Schawinski ins SRG-Programm hat für erhitzte Gemüter gesorgt. Hier ein kleiner Auszug aus zwei der laufenden Diskussionen im Mitgliederforum unter www.mitreden.ch:

Ist «10vor10»-Werbung in der «Tagesschau» deplaziert?

«Ich empfinde es immer wieder als über-triebener Eifer, wie die ‹10vor10›-Mode-ratorinnen und Moderatoren sich in die knappe Sendezeit der ‹Tagesschau› drän-gen, um dort ihre Werbespots zu platzieren.»

Remo Strehler, Winterthur

«Ich finde die Kritik an den Moderatoren völlig falsch. Das ist Werbung in eige-ner Sache, schliesslich ist Vorfreude die schönste Freude.»

Stefan Wildi, Auenstein

«Hinweise und Ankündigungen von nach-folgenden Sendungen können sehr hilf-reich sein. Es ist aber ausreichend, wenn diese Hinweise durch die aktuell moderie-rende Person erfolgen.»

Alfred Wihler, Zürich

«Gottseidank gibt es diese Hinweise, und zwar nicht nur in der ‹Tagesschau›.»

Hannes Hug, Murten

«Traurig, Roger!»

«Dass Roger Schawinski nun auf SF 1 eine Talksendung machen kann, ist sicher gut für das Schweizer Radio und Fernsehenund das Publikum. Aber jahrelang auf die SRG einzuhauen und nun dort eine Sen-dung zu machen, finde ich nicht sehr edel. T raurig, Roger!»

Peter Berger, Zürich

«Eigentlich bin ich der Meinung von Peter Berger. Trotzdem begrüsse ich das Enga-gement von Roger Schawinski bei SRF. Denn Roger Schawinski ist unabhängig, intelligent und vermutlich etwas gelas-sener geworden. Warten wir die ersten Sendungen ab!»

Stefan Enz, Hochdorf

«Roger Schawinski ist immer für Über-raschungen zu haben. Ob diese nur positiv sind? Die Antwort möchte ich offen lassen.»

Margrit Naef, Eschenbach

«Mit Relevanz und Glaubwürdigkeit sollen die Programme der SRG punkten. Und jetzt das: Der rechthaberische ‹Schnurri› Schawinski bekommt einen eigenen Sendeplatz. Eine Schande für das neue Führungsteam.»

Ernst Gentsch, Zürich

«Ich freue mich sehr, dass es wieder einen Polittalk gibt. Ich erinnere mich noch an die Zeit mit Heiner Gautschi. Ich hoffe doch sehr, man lasse sich durch die SVP nicht einschüchtern. Ich bin absolut nicht linkslastig und nehme an, dass Schawinski seine Gäste ausgewogen einlädt und be-fragt.»

Beatrice Fischer, Romanshorn

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Seine Rückkehr zur SRG ist nicht für alle nachvollziehbar: Roger Schawinski (links) mit SRF-Direktor Rudolf Matter.

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Hinweis: neuer WettbewerbDie SRG SSR feiert 2011 ihren 80. Ge-burtstag. LINK feiert mit: Bis Ende Jahr folgen Rätselfragen rund um die SRG. Kennen Sie die Antworten noch nicht, schauen Sie doch in die SRG-Unterneh-mensgeschichte unter www.srg.ch.

WettBeWerB

Auflösung und Gewinner aus LINK 1/11

Wie funktioniert das genau mit den Steuern? Sogar ein Schullehrer gerät manchmal in Erklärungsnot. Es gibt Hilfe: «SF mySchool» greift Lehrern unter die Arme. Alois Schläfli aus Altendorf hat (wahrscheinlich) ohne Hilfe die richtige Sen-dung geraten und gewinnt zwei Karten für die Livesendung von «Benissimo».

Talon bis 28. März 2011 einsenden an: SRG Deutschschweiz, Redaktion LINK, Fernsehstrasse 1– 4, 8052 Zürich

Der erste SRG-Generaldirektor hiess:

Name/Vorname:

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SRG-Rätselfragen

Karten für «Benissimo» zu gewinnen!

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A: Marcel Bezençon B: Maurice Rambert C: Alfred W. Glogg

Wer war der erste Generaldirektor der SRG?

4 Ausgabe 2/2011

Ob der Fernsehkanal «arte», die ZDF-Nachrichtensendung «heute» oder die «BBC News» – alle präsentieren sich auf Facebook. Seit November letzten Jahres verfügt auch Schweizer Radio und Fernsehen SRF über eine Social-Media-Strategie und betreibt eine eigene Seite. Warum? Und was hat das Publikum davon?

«Mögen Sie SRF?»

Seit anfang Jahr ist Schweizer radio und Fernsehen auf Facebook und fragt:

Rund 30 SRF-Sendungen und -Programmketten sind heute mit einer eigenen Seite auf Face-book aktiv und laden zum Austausch ein. Ins-gesamt 65 000 Personen haben sich als «Fans» eingeschrieben.

«Radio ist wie ein Haus, das man als Hörer von aussen anschauen kann», sagt Ramon Bill, Online-Verantwortlicher DRS 3, «bei Social Media wie Facebook hingegen ist man im Haus drin – zumindest im Foyer.» Wer als Facebook-Nutzer, als «User», einen Kommentar zum Beispiel auf der Face-book-Seite von DRS 3 platziert, verlässt sei-ne Rolle als passiver Hörer und tritt mit den Radiomachern in Kontakt. Und die Hörer kennen keine Schwellenangst: «38 032 people like this» stand auf der Fa-

cebook-Seite von DRS 3 bei Redaktions-schluss – sprich: Bald 40 000 Facebook-User haben per Mausklick bekundet, dass sie den Sender mögen und benachrichtigt werden wollen, wenn von der Redaktion ein neuer Beitrag gepostet wurde.

Es begann mit «jeder Rappen zählt»

DRS 3 machte in der Vorweihnachtszeit 2009 mit der Aktion «Jeder Rappen zählt» erste Erfahrungen mit Facebook. Daraus

entwickelte sich eine regelmässig betreute Seite mit stetig wachsender Anhänger-schaft, die in den täglichen Radioablauf eingebunden wurde. Social Media seien wie ein dritter Vektor neben dem Radio und der Internetseite, sagt Ramon Bill. Er verneint denn auch, dass diese sich we-sentlich vom ursprünglichen Medium Ra-dio unterscheiden würden: «Sie passieren im gleichen Tempo.» Sprich: Wie im klassi-schen Radio können Moderatoren direkt auf Inputs aus dem Publikum reagieren.

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In der Praxis sieht das zum Beispiel so aus: Moderatorin Mona Vetsch postet eine Frage auf Facebook. Am Valentinstag fragte sie die User: «Kennenlernen im Internet – was denkst du: Verzweiflungstat oder Garant fürs perfekte Liebesglück?» 153 Kommentare gingen ein, daraus wurde eine Radiosen-dung gemacht und eine Zusammenfassung für die Internetseite erstellt. Mona Vetsch meldete sich selbst auch noch einmal auf Facebook, um sich für die Kommentare zu bedanken und auf die Sendung und die In-ternetseite hinzuweisen.

Kaum Einfluss auf Fernsehproduktionen

Etwas anders läuft es beim Fernsehen: «Leider geschieht es im Moment noch sel-ten, dass Inputs von den verschiedenen Social-Media-Auftritten in Sendungen ein-fliessen», sagt Lucas Bally, Projektleiter im Multimediazentrum von SRF und verant-wortlich für die Koordination der Face-book-Auftritte von SF-Sendungen. In die-sem Bereich gebe es ein riesiges Potenzial auszuschöpfen. Wichtig hierbei sei insbe-sondere, dass ein Bewusstsein für die neu-en Möglichkeiten auch in den Redaktio-nen geschaffen werde – und Prozesse dahingehend überdacht und angepasst

Mario Torriani, Moderator und Moderationsleiter bei DRS 3:

«Facebook erlaubt uns, bei ausgewähl-ten Themen gezielt mit dem Publikum in Kontakt zu treten und so zusätzliche Hörernähe zu generieren. Für uns Mo-deratoren ermöglicht es zwei Wege: Wir posten etwas, können dann in der Sendung verwenden, was zurück-kommt, und ich reagiere auf Facebook auch wieder mit einem oder zwei eige-nen Posts unter meinem Namen. Face-book ist aber auch so etwas wie eine Blackbox, hat etwas Unkontrolliertes.

Viktor Giacobbo ist mit der SF 1- Satire-Sendung «Giacobbo/Müller» auf Facebook und betreibt einen privaten Twitter-Account:

«Facebook ist für uns letztlich ein In-strument, mit dem wir Fan-Betreuung betreiben. Wir können auf der Seite

Wir betreuen Facebook daher nach unseren journalistischen Standards – sonst wird die Seite schnell zur Müll-halde. Und es ist genauso, wie wenn wir uns im Radio an die Hörer wen-den: je intelligenter unser Post, desto schlauer die Reaktionen.»

Ankündigungen machen, Bilder veröf-fentlichen, Tickets verlosen und in ei-nen lockeren Dialog mit unseren Fans treten. Man sollte die Bedeutung in dieser Hinsicht aber nicht überschät-zen, der Einfluss auf die Sendung ist gering. Interessanter finde ich Twitter: Hier muss man etwas zu sagen haben, damit man wahrgenommen wird. Man muss auf relativ kleinem Raum auf den Punkt kommen. Auf Twitter finden schon eher Debatten statt als auf Face-book. Und ich kann sehr schnell re-agieren – zum Beispiel, wenn jemand etwas über Aktualitäten, die Sendung oder mich geschrieben hat.»

würden. Er verweist aber auch auf den un-gleich grösseren Produktionsaufwand beim Fernsehen. Als weiterer Hemmfaktor kommt dazu, dass die meisten TV-Sendun-gen vorproduziert werden, also ein direk-tes Eingehen auf Facebook-Kommentare gar nicht möglich ist.

Eine andere Frage ist, wie sehr sich die User-Beiträge auf Facebook überhaupt eignen, die Sendungen mit zusätzlichen Inhalten zu bereichern. Eine der SF-Sen-dungen, die schon länger einen Facebook-

Auftritt haben, ist «Giacobbo/Müller» (sie-he auch Kasten unten). Ein kurzer Blick auf die Seite offenbart, dass die meisten Posts spontane Meinungsäusserungen sind, mit denen sich wenig anfangen lässt: Jemand kommentiert veröffentlichte Bil-der mit «Schöne Fotos:)» oder zu einem Video eines misslungenen Sketch-Drehs gibt es Kommentare wie: «aaaaaaaahaha-hahahaha :D» und «wie emmer, ä knaller ehr zwe oder meh..:-D».

«Niemand kann es aufhalten»

Auch wenn Qualität und Verwertbarkeit der Beiträge unterschiedlich sind, die Be-liebtheit von sozialen Netzwerken wie Fa-cebook und Twitter nimmt stetig zu. Und für grosse Medienhäuser ist es heute schlicht eine Notwendigkeit, in den Social Media präsent zu sein. «Wenn man sich im Unternehmen umhört, ist allen klar, dass wir hier vorwärts machen müssen», sagt Bally. Noch deutlichere Worte zum Thema fand Peter Horrocks, Leiter von BBC World Services. Bei seiner Antrittsrede im Febru-ar 2010 sagte er, dass es heute für Journa-listen eine Notwendigkeit sei, mit Social Media umgehen zu können: «Wer es nicht mag oder wer denkt, dass diese Verände-rung oder diese neue Arbeitsweise für ihn zu gross sei, der soll gehen und etwas an-deres tun – weil es einfach passieren wird. Niemand kann es aufhalten.»

6 Ausgabe 2/2011

Glossar Facebook

User: Englisch für «Benutzer» oder «Teilnehmer»

Posten: Englisch für «anschlagen»; eine Mitteilung, ein Video, Foto, usw. auf einer Facebook-Seite anbringen

Like-Button (Bild): Englisch für «Mögen» und «Knopf»; Per Mausklick kann man kundtun, dass man einen Eintrag oder eine ganze Facebook-Seite mag (man wird so «Fan») und über neue Einträge informiert werden möchte.

Bei SF waren es einzelne Redaktionen wie auch diejenigen von «Aeschbacher» oder «glanz & gloria», die in den letzten ein bis zwei Jahren auf eigene Faust auf Facebook aktiv wurden. Um die Social-Media-Aktivitä-ten zu koordinieren, erarbeitete eine Pro-jektgruppe im Verlauf des letzten Jahres ein Strategiepapier für die ganze Unterneh-mung SRF. Damit wird in erster Linie eine Vereinheitlichung des Auftritts angestrebt, wie Bernard Strapp, Mitverfasser des Pa-piers, sagt. So wurden verbindliche Leitli-nien für den Aufbau und die Bewirtschaf-tung der verschiedenen Auftritte definiert. Auch biete das Multimediazentrum Hilfe und Beratung an, sagt Bally, doch man sei weiterhin stark auf die Eigeninitiative der Redaktionen angewiesen.

Nicht nur etwas für Junge

Bally widerspricht der Mutmassung, dass Social Media nur etwas für die ganz Jun-gen seien – und SRF mit der Förderung dieses Bereichs am grössten Teil seines

Publikums vorbeiziele: «Dass das heute nicht mehr stimmt, zeigen verschiedene Untersuchungen eindeutig.» Tatsächlich verzeichnen Internet und Social Media in den letzten Jahren ein starkes Wachstum bei den über 50-Jährigen. Und die grösste Gruppe der rund 12 000 «Fans» der Face-book-Seite der Sendung «Aeschbacher» beispielsweise, sind die 35- bis 44-Jährigen, gefolgt von den 45- bis 54-Jährigen.

Neben der Begeisterung für die neuen Medien sieht man bei SRF aber auch de-ren Grenzen. So fanden sich zwei Monate nach der Lancierung erst gerade 368 Per-sonen, die sich per «Like-Button» dazu be-kannten, SRF, resp. dessen Facebook-Seite, zu mögen. Elias Loretan, bei der Unterneh-menskommunikation für den Betrieb der Seite verantwortlich, betont, dass es erst einmal darum gehe, Präsenz zu markieren und Erfahrungen zu sammeln: «Es ist klar, dass wir niemals so viele ‹Likes› wie ein-zelne TV-Sendungen oder Radioprogram-me haben werden – das ist aber auch nicht das Ziel.» Eine wichtige Funktion der Seite sieht Bernard Strapp darin, dem Publikum vermitteln zu können, Teil des Ganzen zu sein – sie also ins Haus zu bitten, um in Ramon Bills Worten zu sprechen.

Dennoch wird auch mit der neuen Social-Media-Strategie vieles beim Alten bleiben. Die neuen Medien sollen in erster Linie dazu dienen, das Kerngeschäft zu unterstüt-zen, sie sollen die Leute für Radio und Fern-sehen begeistern. Bernard Strapp bringt es mit den folgenden Worten auf den Punkt: «Letztendlich wollen wir, dass die Leute un-sere Sendungen konsumieren.»

Florian Blumer

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Links

Facebook-Seite SRF: www.facebook.com/srf.ch

Facebook-Seite «Giacobbo/Müller»: www.facebook.com/giacobbomueller

Facebook-Seite DRS 3: www.facebook.com/DRS3

Twitter-Seite Viktor Giacobbo: http://twitter.com/viktorgiacobbo

Social Media sind Internet- oder Handy-basierte Medien, die der Kommunikation oder dem Austausch von Informationen dienen. Facebook und Twitter sind die beiden Dienste, die bei SRF in Sachen di-gitaler Interaktion mit dem Publikum im Zentrum stehen – eine kurze Einführung.

Facebook ist eine Website und eine Handy- Applikation, die als soziale Platt-form dient. Mitmachen ist gratis: Man legt sich ein Profil an, gibt Informatio-nen über sich ein und lädt wahlweise Fotos hoch. Diese können von anderen Personen, die man per Knopfdruck als «Freunde» akzeptiert, eingesehen wer-den. Freunde können dann auch auf der Seite «posten». Mittlerweile kann man gewisse Seiten, wie diejenigen von SRF, auch einsehen, ohne dass man selbst über ein Facebook-Profil verfügt.

In der Schweiz ist heute fast jeder Dritte bei Facebook angemeldet. Immer mehr Aktivitäten wie Computerspiele oder Online-Shopping laufen über die Sozial-plattform. Bei SRF gibt es bis heute um die 30 TV-Sendungen und Programm-ketten, die mittels einer eigenen Face-book-Seite mit insgesamt rund 65 000 bekennenden «Fans» kommunizieren.

Twitter ist ein Kurznachrichtendienst, mit dem ein «Twitterer» seinen «Followern» (Anhängern) «Tweets» (Beiträge) zu-kommen lässt: Jemand schreibt an ei-nem Computer oder von seinem Handy aus Kurzmeldungen, und die Personen, die sich als «Follower» angemeldet ha-ben, bekommen die Nachrichten auf ih-rem Computer oder Handy zu sehen.

Twitter ist vor allem im englischsprachi-gen Raum beliebt, in der Schweiz hat der Dienst erst rund 47 000 Mitglieder (Stand Februar 2011). Die Anzahl Nutzer hat sich aber seit Februar 2010 verdreifacht. SRF betreibt heute fünf Twitter-Accounts. Allerdings werden erst die Tweets der Sendung «glanz & gloria» eigens dafür verfasst.

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Social Media

7Ausgabe 2/2011

Der Troubleshooter vor Ort

Menschen im unternehmen, teil 2

SRF-Rechtskonsulent Rudolf Mayr von Baldegg: Fühlt immer noch ein nervöses Kribbeln vor Gericht.

«Früher war ich natürlich nervös, wenn ein Redaktionsleiter oder gar der Direktor sich bei mir gemeldet hat», sagt Rudolf Mayr von Baldegg über seine Anfänge beim Schweizer Fernsehen. Nach 22 Jah-ren aber weiss er genau, was rechtlich möglich ist und was nicht. Ausserdem: «Die Medienschaffenden können auch in kurzer Zeit viel bewegen und sogar Beiträ-ge kurzfristig ändern.» Das beruhige.

Seit 1984 ist der Rechtsanwalt mit Praxis in Luzern für das Schweizer Fernsehen und neu auch für das Radio tätig. Damals revidierte der Bundesrat gerade den Per-sönlichkeitsschutz: Mit einem Mal war es möglich, dass jemand schon vor einer Sen-dung beim Gericht interveniert und so probiert, die Ausstrahlung zu verhindern. Das Fernsehen suchte jemanden, der sich nicht nur um Gegendarstellungsbegehren kümmert, sondern auch bei vorsorglichen Massnahmen – wenn nötig mit einem Pro-zess – eingreift. «Dieser jemand wurde ich», sagt Mayr von Baldegg.

Was macht eigentlich der Rechtskonsulent des Schweizer Radio und Fernsehen SRF? «Eine Menge», sagt Rudolf Mayr von Baldegg. Zum Beweis klingelt sein Telefon während des Interviews gleich mehrfach. Doch der Gefragte bleibt entspannt. Das war nicht immer so.

Seitdem hilft er seinen Kollegen beim SRF bei rechtlichen Angelegenheiten. Dies aber nicht allein. «Das wäre gar nicht zu schaffen», so der 59-Jährige. Jede Rechts-abteilung verantwortet ihren eigenen Bereich: Während der Rechtsdienst bei der Generaldirektion in Bern für den gesamten Konzern zuständig ist, steht die Rechtsberatung in Zürich den Mitarbei-tern grundsätzlich zur Seite und beschäf-tigt sich mit Standardverträgen und der Klärung von Urheberrechten. Rudolf Mayr von Baldegg hingegen ist der «Trou-bleshooter vor Ort». Er ist immer dann gefragt, wenn es brennt – sei es während der Recherche, beim Dreh oder in der Produktion.

«Manchmal weiss ich am Morgen nicht, was der Tag mir bringt», gibt der Rechtsan-walt zu. Ursprünglich musste er nur am Dienstag ins Studio Leutschenbach kom-men. Wohl, weil man meinte, die Sendung «Kassensturz» sei besonders heikel. Doch auch die kontroversen und kritischen Bei-

träge in der «Rundschau», in «DOK», «Re-porter» oder «10vor10» halten ihn auf Trab. Und selbst bei Unterhaltungsformaten ist sein Rat gefragt. Denn dort kommen unter anderem das Marken- und das Lotterie-recht zur Anwendung. Beispielsweise, wenn bei Zuschauerspielen sogenannte Mehrwerttelefonummern angerufen wer-den können. Arbeit gibt es also genug.

Auch deswegen ist sein Handy nur wäh-rend Gerichtsverhandlungen ausgeschal-tet. Die Journalisten können jederzeit auf ihren Troubleshooter bauen. Der lacht: Was nach Pikettdienst und Stress tönt, wirkt auf Mayr von Baldegg beruhigend. Denn nur wenn er von Anfang an mit-mische, könne er verhindern, dass das Schweizer Radio und Fernsehen vor Ge-richt schlecht aussehe. Und das will er tunlichst vermeiden – auch, weil ihn dort auch heute noch ein nervöses Kribbeln überkomme: «Schliesslich weiss man nie, wie der Fall ausgeht.»

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SchWeizer radio und FernSehen

8 Ausgabe 2/2011

Der kleine «Spion» am Handgelenk

So wird die Radionutzung gemessen

Ob Radiosound, Gespräche oder Lärm: Eine Mediawatch nimmt die Umgebungsgeräusche ihres Trä-gers auf. Doch nur die Radiotöne können ausgewertet werden. Der SRG nützen die Daten bei der Programmstrategie.

«Schweizer Radio DRS erreichte fast drei Millionen Personen pro Tag», so betitelte die SRF-Presseabteilung am 21. Januar 2011 eine Mitteilung. Rund 2,9 Millionen Personen oder 63,4 Prozent der Menschen in der Deutschschweiz hätten im zweiten Semester 2010 die sechs DRS-Programme durchschnittlich täglich rund zwei Stun-den lang genutzt. Schweizer Radio und Fernsehen SRF kennt diese Zahlen natür-lich aus der Marktforschung. Doch wer erhebt eigentlich die Reichweite oder Nutzungsdauer der Sender – und wie?

Lange oblag diese Aufgabe dem SRG-For-schungsdienst, einer früheren Abteilung der SRG SSR. Das neue Radio- und Fernseh-Gesetz (RTVG) von 2007 verlangte dann aber eine Ausgliederung der Forschung in eine unabhängige Stiftung. Deshalb grün-

deten SRG SSR, Privatradios und Werbe-wirtschaft im selben Jahr die Stiftung Mediapulse in Bern.

An der Art, wie man bis dahin die Radio-nutzung mass, änderte sich aber nichts: Mediapulse benützt weiterhin eine Arm-banduhr namens Mediawatch, die quasi Radio hört und die Hördauer speichert. Diese Messmethode ist von Professor Matthias Steinmann, ehemals Leiter des SRG-Forschungsdiensts, erfunden und 2001 eingeführt worden. Heuer kann sie ihr Zehn-Jahr-Jubiläum feiern.

Ausgeklügeltes System

Und so funktioniert das Messsystem der Mediawatch: Täglich wird die Uhr schweiz-weit von gut 1000 Personen getragen, die

nach Geschlecht, Wohnort und Alter reprä-sentativ ausgewählt werden. Äusserlich unterscheidet sie sich kaum von einer mo-dernen Armbanduhr. Doch das Gerät hat es in sich: Es enthält ein eingebautes Mik-rofon, das sich dreimal pro Minute wäh-rend je vier Sekunden öffnet. In dieser Zeit nimmt es alle Umgebungsgeräusche des Uhrenträgers auf und wandelt sie in ab-strakte Zahlenfolgen um – 24 Stunden pro Tag und sieben Tage pro Woche. Völlig orts-unabhängig. Nach einer Woche schickt der Proband die Uhr an die Zentrale zu-rück, wo zurzeit 128 in der Schweiz emp-fangbare Radioprogramme ebenfalls rund um die Uhr aufgezeichnet und auf dieselbe Art abgespeichert werden. Nun werden die Daten auf der Uhr mit jenen der Pro-gramme verglichen. Stimmen die Uhren-daten mit jenen eines Senders überein, lässt sich ableiten, wann und wie lange der Uhrenträger diesen Sender nutzte, wann er ihn wechselte oder das Radio ganz abschaltete.

Privatsphäre gewährleistet

Die Uhr registriert aber nicht nur Geräu-sche, sondern auch (Körper-)Temperatur und Bewegung. So kann festgestellt wer-den, ob und wann die Uhr tatsächlich ge-tragen wurde. Wichtig auch: Der Rechen-vorgang, mit dem die Uhr die Geräusche in Zahlenfolgen abspeichert, ist nicht um-kehrbar. Gespräche können also nicht re-konstruiert werden, die Privatsphäre der Testpersonen bleibt gewahrt.

In der Schweiz werden halbjährlich rund 26 000 Personen für je eine Woche mit ei-ner Mediawatch ausgestattet. Das ergibt pro Semester 182 000 Messtage. Alle sechs

Sie sieht aus wie eine moderne Armbanduhr – doch sie kann weit mehr: Die Rede ist von der «Mediawatch», mit der seit zehn Jahren die Radionutzung in der Schweiz gemessen wird. Die Uhr zeichnet auf, was ihr Träger tut und hört. Minutengenau.

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SRG SSR

9Ausgabe 2/2011

Monate publiziert die Mediapulse-Tochter-firma Publica Data die gemessenen Radio-nutzungsdaten. Die Testpersonen müssen mindestens 15 Jahre alt sein und jene Lan-dessprache verstehen, die an ihrem Wohn-ort gesprochen wird.

Nicht ganz makellos

Natürlich hat das Messsystem auch Gren-zen. So funktioniert es nur, wenn der Ton für die Uhr «hörbar» ist, was etwa beim Ra-diohören mit Kopfhörern nicht der Fall ist. Zudem muss das Gesendete wie bei UKW praktisch ohne Zeitverzögerung beim Hö-rer ankommen. Beim Radiohören via In-ternet (Streaming) birgt genau das noch Probleme: Die Verzögerung ist meist zu gross und sie schwankt stark, dasselbe gilt erst recht für das Abhören von Podcasts. Aber auch der Radiokonsum von Kindern

Irmtraud Oelschläger analysiert für SRF die Zuschauer- und Hörerzahlen.

unter 15 Jahren wird nicht gemessen, des-gleichen jener der fremdsprachigen Bevöl-kerung (inklusive Touristen). Damit ist klar: Was die Mediawatch misst, ist system-bedingt unvollständig. Einige Programme, so etwa der Jugendsender DRS Virus und sein privates Pendant Radio 105, sind be-sonders benachteiligt. Ebenso Kindersen-dungen wie «Zambo» auf DRS 1: Erstens, weil die jüngere Generation vermutlich re-lativ oft Radio via Internet hört, zweitens, weil junge Radiohörer ohnehin keine Mess-uhr erhalten. Manuel Dähler, Geschäfts-führer von Mediapulse, geht davon aus, dass die Mediawatch «derzeit etwa 95 Pro-zent der gesamten Radionutzung erfassen kann.» Dennoch werde das System ver-bessert. «Ende 2012 sollten wir auch das Radio-Live-Streaming ausweisen können», sagt er. Zudem prüfe man, ob die Uhr auch an Kinder abgegeben werden soll.

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Irmtraud Oelschläger, Leiterin Markt- und Publikumsforschung SRF, über Nutzen und Lücken der Media-pulse-Zahlen.

LINK: Was machen Sie mit den Radio-daten von Mediapulse?Sie dienen zur Planung von Sendungen und zur Erfolgskontrolle, zudem geben sie wesentliche Informationen für die Programmstrategie.

Können Sie das konkretisieren?Fällt zum Beispiel auf, dass die Hörerinnen und Hörer von DRS 3 vermehrt dann zu-schalten, wenn Kreative der Schweizer Musikszene vorgestellt werden, kann die Redaktion überlegen, ob es ein spezifi-sches Sendegefäss braucht. Oder eine Themenwoche.

2009 wurde die Sendung «Echo der Zeit» täglich rund 9600-mal als Radio-Podcast heruntergeladen. Diese werden von Mediapulse nicht ausgewiesen. Hätten DRS 1 und DRS 2 also viel mehr Hörer?Das wissen wir nicht. Aus der Internetfor-schung erfahren wir zwar, wie oft ein be-stimmter Podcast heruntergeladen wird. Ob er auch wirklich gehört wird und wann, ist aber nicht messbar.

130 000 Personen gehen wöchentlich auf www.drs.ch – doch wie viele hören die DRS-Sender via Internet (Streaming)?Auch das wissen wir nicht. Möglicherwei-se fliesst aber bereits ein kleiner Teil des

Live-Streaming in die Nutzungszahlen der Radios ein, jedoch nur dann, wenn die Zeitverzögerung sehr gering ist. Doch separate Zahlen sind nicht erhält-lich.

Die Mediawatch wird nur an Personen ab 15 Jahren abgegeben. Was wissen Sie dennoch über die Nutzung des Kin-derprogramms «Zambo» auf DRS 1?Wir sind mit der Entwicklung sehr zu-frieden. Aber die Mediawatch misst tat-sächlich die Nutzung in der Zielgruppe «Kinder» nicht. Für das erste trimediale Pionierprojekt der SRG SSR sind des-halb zusätzliche Beurteilungskriterien aus der Fernseh- und Internetforschung unerlässlich. Auch die Mitgliederzahlen der Online-Community und die Anzahl der von Kindern bereitgestellten Beiträ-ge fliessen in die Analyse ein, ebenso Feedbacks der Kinder und Eltern, Beur-teilungen des Publikumsrats und Er-kenntnisse aus Imagestudien.

Interview mk

So oder so – in der Radiobranche will niemand mehr zurück zur Methodik, mit der man vor 2001 die Radionutzung erho-ben hatte: Damals liess man jährlich schweizweit 18 200 Personen zu ihrem Radiokonsum befragen. Deren Angaben basierten auf reinen Erinnerungswerten. 2000 ging man deshalb noch davon aus, dass in der Deutschschweiz täglich 77 Prozent der Bevölkerung 200 Minuten lang Radio hörten. Doch im Jahr darauf zeigten dann die gemessenen Werte ein ziemlich anderes Bild: Nun waren es ganze 92 Pro-zent der Bevölkerung, die täglich das Radio einschalteten, jedoch «nur» 123 Minuten lang – fast eineinhalb Stunden weniger. «Nicht die Radiowelt hat sich verändert, sondern unser Blick darauf», sagte deshalb Professor Matthias Steinmann bei der Präsentation der ersten Messresultate.

Markus Knöpfli

«Wesentliche Infos für die Programmstrategie»

10 Ausgabe 2/2011

«Tagesschau» im deutschsprachigen Vergleich gut

«Tagesschau»-Hauptausgabe auf SF 1

Die stehende Position der Moderatorinnen und Mo deratoren trägt zu einem dynamischen und modernen Erscheinungsbild der «Tagesschau» bei.(Im Bild von links nach rechts: Franz Fischlin, Katja Stauber, Beatrice Müller, Urs Gredig)

Der Publikumsrat hat die Hauptausgabe der «Tagesschau» auf SF 1 beobachtet und mit den Hauptausgaben der Nachrichten-sendungen bei der ARD, beim ZDF und beim ORF verglichen.

Nach dem Vergleich stellt der Publikums-rat der «Tagesschau» von Schweizer Radio und Fernsehen SRF ein gutes Zeug-nis aus. Die «Tagesschau» erscheint den Ratsmitgliedern als die modernste und dynamischste. Dazu trägt die stehende Position der Moderation bei. Die Modera-torinnen und Moderatoren der «Tages-schau» lesen nicht nur Meldungen, sondern führen auch Gespräche bei Live-Schaltungen zu den Korrespondenten. Solche Schaltungen könnte man noch vermehrt herstellen, meint Publikums rätin

Therese Schmid stellvertretend für ihre Ratskolleginnen und -kollegen. Aller dings gelingt laut einer Ratsmehrheit der Wech-sel vom Verlesen zum Fragenstellen nicht immer überzeugend. Die Bildqualität fin-det beim Publikumsrat grosse Anerken-nung. Die selber produzierten Bilder seien ein herausragendes Merkmal der «Tages-schau».

Konkurrenz Internet

Die «Tagesschau» ist nach Ansicht einer Ratsmehrheit professionell gemacht, weist einen guten Themenmix auf und ist abwechslungsreich und kurzweilig. Die Breite der Auslandberichterstattung, die im Vergleich zu den Beiträgen der aus-ländischen Kanälen grösser ist, stösst im

Rat auf Zustimmung. Auch Schweizer Themen würden gut beachtet.

Trotz des guten Abschneidens der «Tages-schau» müsse man sich überlegen, wie man einerseits die klassischen Zuschaue-rinnen und Zuschauer behalten und an-dererseits die Online-Nutzer zurückgewin-nen könne. Gerade für Leute wie zum Beispiel Publikumsrat Franz-Xaver Risi, die sich tagsüber online über die aktuelle Nachrichtenlage informieren, biete die «Tagesschau» am Abend nicht mehr viel Neues. Der Publikumsrat schlägt vor, durch verstärkte Hintergründe und Einordnun-gen einen Mehrwert gegenüber den Kurz-informationen im Internet zu schaffen. Zudem wäre es wünschenswert, die Bilder noch mehr sprechen zu lassen.

Denise Looser Barbera

In einem Vergleich mit Nachrichtenmagazinen aus Deutschland und Österreich schneidet die «Tagesschau» von SRF gut ab. Sie sei professionell gemacht und überzeuge durch einen guten Themenmix. Trotzdem müsse man sich überlegen, wie man Online-Nutzer als Zuschauer behalten bzw. zurückgewinnen könne.

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PuBlikuMSRAT

Ausgabe 2/2011

Als vielseitig, unterhaltend und wertvoll beurteilt der Publikumsrat die Mundartsendung «Schnabelweid» auf DRS 1. Anklang finden die Themen- und Dialektvielfalt sowie Elemente wie der «Briefkasten» oder das «Schnabelweid»-Magazin. Einige Ratsmitglieder wünschen sich allerdings mehr Themen, die politische und soziale Aspekte ansprechen.

Die Mundartsendung «Schnabelweid» auf DRS 1, welche 2011 ihr 20-jähriges Jubilä-um feiern kann, kommt im Publikumsrat mehrheitlich gut an. Einiges wurde im Rat jedoch kontrovers diskutiert. Die meisten Ratsmitglieder attestieren der Sendung ei-nen hohen Nutzwert und finden sie vielsei-tig und unterhaltend. Zudem schätzen sie die vielfältigen Themen und Dialekte. Die einzelnen Regionen würden berücksichtigt. Publikumsrat Frank Worbs und einigen an-deren Ratsmitgliedern fehlen bei den The-men jedoch politische und soziologische Aspekte, der Umgang der Jugendlichen mit der Mundart sowie Einflüsse von deut-schem bzw. englischem Vokabular.

Elemente der Sendung wie der «Briefkas-ten», das «Schnabelweid»-Magazin oder der Schwerpunktbeitrag stossen auf positi-ves Echo. Der «Briefkasten», das Herzstück der Sendung, sei spannend, abwechslungs-reich und nah an den Zuhörerinnen und Zuhörern. Ausserdem sei er ein Garant für Überraschungen und Neuentdeckungen.

In den Augen einer Ratsmehrheit spricht «Schnabelweid» sowohl ein ländliches als auch ein städtisches Publikum an und bringt Mundartliebhaber zusammen. Andere im Rat sehen das Zielpublikum eher im ländlichen Raum und im oberen

Alterssegment. Ein urbanes, jüngeres Pub-likum werde weniger angesprochen.

Lob erhalten die Moderatorinnen und Moderatoren sowie die Redaktoren von ei-ner Ratsmehrheit. Die Hinführung zu den Themen durch die Moderation sei gut vor-bereitet, abwechslungsreich und lebendig. Hervorgehoben werden ausserdem die Qualitäten der beiden Redaktoren Christian Schmid und Christian Schmutz. Es gelinge ihnen, ihr Wissen auf verständliche, ein-fühlsame und hörerfreundliche Weise zu vermitteln. Für einige Publikumsrätinnen und -räte ist die Moderation teilweise je-doch zu beschaulich.

Innovative Mundartplattform

Die Musikauswahl lässt eine grosse Sorg-falt erkennen. Die Stücke passen zu den

Interessant, aber etwas beschaulich«Schnabelweid» auf DRS 1

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Der Publikumsrat setzt sich aus 26 Mitglie-dern zusammen. Durch Feststellun gen und An re gun gen begleitet er im Austausch mit den Verantwortlichen die Programmarbei-ten von Schweizer Radio und Fernsehen SRF (vgl. auch www.publikumsrat.ch).

Inhalten. Sie seien ein entspannendes Element und belebten die Sendung, die durchaus noch mehr Musikunterbrechun-gen vertragen könnte.

Gefallen findet der Internetauftritt von «Schnabelweid». Er sei attraktiv aufge-macht, aktuell und übersichtlich und bie-te gute Links sowie Hinweise auf andere Sendungen. Als Mehrwert und grosse Inno-vation beurteilt der Publikumsrat die Mundartplattform www.mundart.drs1.ch. Einzig eine Verlinkung auf die bekannten Lexika wäre noch wünschenswert.

Denise Looser Barbera

Die beiden Mundartredaktoren Christian Schmid (links) und Christian Schmutz sind gemäss Publikumsrat nahe bei den Zuhörerinnen und Zuhörern.

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«Schnabelweid», Donnerstag, 21–22 Uhr, DRS 1

12 Ausgabe 2/2011

Auch wenn die Ombudsstelle tendenziell mehr «parteipolitisch» motivierte Bean-standungen zu behandeln hatte, kann man durchaus sagen, dass ihre Tätigkeit im Jahr 2010 in den gewohnten Bahnen verlaufen ist. Schwer zu erklären ist die in den letzten zehn Jahren festgestellte Konstanz in der Anzahl Beanstandungen.

Das Publikum schützen – und die Medienfreiheit achten

Geschäftsbericht 2010 der Ombudsstelle

2010 wurden 134 neue Beanstandungen eingereicht (4 weniger als 2009). Insge-samt konnten 135 Beanstandungen erle-digt werden (10 aus dem Vorjahr, 9 waren Ende Jahr noch hängig). Aus verschiede-nen Gründen war es rechtlich nicht mög-lich, auf 34 Eingaben (Vorjahr 33) formell einzutreten. Von den 101 materiell behan-delten Reklamationen betrafen 17 (Vor-jahr 18) das Schweizer Radio DRS und 84 (Vorjahr 87) das Schweizer Fernsehen.

Beanstandungen widerspiegeln die Polarisierung der Politik

Auch 2010 monierten die meisten Bean-standungen, eine Sendung sei unsachge-recht oder politisch tendenziös (42 Pro-zent) oder würde eine Person, Vereinigung oder Firma diffamieren (37 Prozent). Öf-ters wurde dabei kritisiert, eine Sendung würde eine Partei gegenüber den anderen bevorzugen oder benachteiligen. Die Zu-nahme solcher «parteipolitisch» motivier-

ten Beanstandungen überrascht nicht, spiegelt sie doch die zunehmende Polari-sierung der Politik in der Schweiz wider. Sämtliche dieser Beanstandungen hat die Ombudsstelle als mehr oder weniger un-berechtigt beurteilt. Insgesamt hat die An-zahl der mehr oder weniger berechtigten Beanstandungen wieder abgenommen: 16 Prozent gegenüber 18 Prozent im Vorjahr. Daraus irgendwelche Schlüsse bezüglich der Qualität der Programme zu ziehen, wäre gewagt. Durchschnittlich wurden die Beanstandungen innerhalb von 26 Tagen erledigt. Es wurde keine einzige Beanstan-dung wegen Verweigerung des Zugangs zum Programm eingereicht.

Die Ombudsstellen wurden im Radio- und Fernsehgesetz verankert, um die Unabhän-gige Beschwerdeninstanz für Radio und Fernsehen UBI zu entlasten. Das zweistu-fige Verfahren hat sich auch im Jahr 2010 bewährt, wurden doch lediglich neun Be-anstandungen an die UBI weitergeleitet (genau wie im Vorjahr).

Schwer erklärbare Konstanz

Die statistischen Zahlen beweisen, dass im Jahr 2010 keine signifikanten Veränderungen gegenüber den Vorjahren zu verzeichnen sind. Dies betrifft insbesondere die Anzahl der Reklamationen. Berücksichtigt man da-bei die Serienbeanstandungen – das heisst praktisch gleich formulierte Reklamationen gegenüber einer einzelnen Sendung –, kann man durchaus von einer Kontinuität in der Beanspruchung der Ombudsstelle sprechen. Ohne Serienbeanstandungen wurden in den letzten zehn Jahren zwischen 132 und

149 Beanstandungen pro Jahr eingereicht. Diese Konstanz in der Anzahl der Beanstan-dungen ist eigentlich nicht zu erklären, wa-ren doch sowohl die Sendungen wie auch die Motive der Reklamationen unterschied-lich. Warum seit 2001 durchschnittlich alle zwei Tage eine Beanstandung bei der Om-budsstelle eintrifft, muss somit eine offene Frage bleiben.

Die Programmaufsicht muss so gestaltet werden, um «das Publikum vor Manipulati-on zu schützen und gleichzeitig die Medi-enfreiheit zu achten», wie Professor Roger Blum die Devise der von ihm präsidierten UBI definiert. Diesen Grundsatz darf die Ombudsstelle nie aus den Augen verlie-ren, denn es darf nicht sein, dass durch ihre Beurteilungen die Freiheit der Medi-en in unzulässiger Weise begrenzt wird. Die Ombudsstelle bemüht sich somit stets, mit Mass und Ausgewogenheit zu operie-ren, damit ihre Rolle – Vermittlung zwi-schen Publikum und Radio- und Fernseh-macher sowie Beitrag zur Verbesserung des Journalismus – nicht zur Gefahr für die sogar in der Bundesverfassung veran-kerten Medienfreiheit wird. Ich nehme für die Ombudsstelle in Anspruch, diese Ge-fahr gebührend zu berücksichtigen und die Freiheit der Medien nicht nur immer wieder zu betonen und in Erinnerung zu rufen, sondern sogar vor unzulässigen Be-einflussungsversuchen zu schützen.

Achille Casanova

Achille Casanova, Ombudsmann.

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HinweisDer Jahresbericht 2010 der Ombudsstelle kann unter www.ombudsstelledrs.ch herun-tergeladen werden.

OMBuDSSTelle

Soziale Netzwerke als Garanten für Demokratie?

Wir haben es alle mitverfolgt. Grösstenteils junge Menschen, mo-

bilisiert durch soziale Netzwerke wie Facebook, gingen zu Hun-

derttausenden auf die Strasse und haben Protestwellen losgetre-

ten, die in Tunesien und Ägypten innert kurzer Zeit zwei Diktato-

ren in die Flucht getrieben haben. Zwei Diktatoren wohlgemerkt,

die seit Jahrzehnten ihre Herrschaft durch systematische Verfol-

gung ‹staatsfeindlicher Ideologien› zementiert hatten. Bewerk-

stelligt haben sie dies mittels ihrer Geheimdienste und der Mani-

pulation der öffentlichen Meinung durch die von ihnen direkt

kontrollierten öffentlich-rechtlichen Medien.

Doch die Diktatoren hatten die Rechnung ohne Facebook ge-

macht. Ursprünglich von frustrierten Computerfreaks geschaffen,

um hübsche Studentinnen der amerikanischen Universitäten

dazu zu bringen, freiwillig ihre Fotos im Internet zugänglich zu

machen, hat das soziale Netzwerk in den letzten Jahren einen

Siegeszug um die Welt angetreten. Ausgerechnet dieses aus der-

massen banalen und vielleicht moralisch niedrigen Beweggrün-

den entstandene Netzwerk bildete nun das logistische Rückgrat

der demokratischen Protestbewegungen in einer von autokra-

tischer Herrschaft gebeutelten Region. Aufgrund opportu-

nistischer Interessenwahrnehmung konnte sie nicht mit

tatkräftiger Unterstützung von Seiten des Westens rech-

nen. Soziale Netzwerke wie Facebook sind heute das

Eisen, aus dem das über den Diktaturen dieser Welt

schwebende Damoklesschwert geschmiedet ist.

Welche Lehren können wir daraus in medienpoliti-

scher Hinsicht ziehen? Zum einen sicher, dass die elektro-

nischen Medien einigermassen unberechenbar sind.

Was heute als unnötige Banalität erscheint, kann

morgen von enormem Nutzen sein –

und umgekehrt. Andererseits

kann eine gewisse Tendenz zur

Demokratisierung – man mag

auch von Destabilisierung

oder Anarchie sprechen – der Information und ihrer Übermitt-

lung nicht wegdiskutiert werden. Immer mehr ist es möglich,

selbständig und unabhängig zu Informationen zu gelangen und

mit haarsträubend geringem Aufwand Informationen sehr weit

zu verbreiten.

Dies hat für den Mediennutzer eine Unmenge zu bewältigender

Informationsströme zur Folge. Diese Informationsströme in quali-

tativ verlässlicher und unbestechlicher Art bündeln, sortieren

und erklären zu helfen ist in einer Demokratie die hehre Aufga-

be der etablierten Medien. Eine ausgezeichnete Ausbildung der

Journalisten und die notwendigen finanziellen Mittel sind dafür

Grundvoraussetzung. Insbesondere Schweizer Radio und Fernse-

hen hält hier einen hohen Standard, wie Umfragen und Studien

regelmässig ergeben haben. Dieser Standard muss sichergestellt

bleiben. Freiheit und Demokratie sind nicht nur dort bedroht, wo

die Meinungs- und Informationsfreiheit durch Diktatoren unter-

drückt wird, sondern auch überall dort, wo parteiischer oder in-

kompetenter Journalismus den Bürgern den Weg zu objektiver

Informationsbeschaffung versperrt. Leisten wir uns deshalb

auch in Zukunft einen hochstehenden Service public,

an dem sich die privaten Medien in Sachen

Unabhängigkeit, Transparenz und Kompetenz

messen müssen. Damit nicht auch wir eines

T ages die Demokratie mittels sozialer Netz-

werke erkämpfen müssen.

Timur Acemoglu, Rechtsanwalt und Mitglied der Programmkommission SRG Aargau Solothurn.

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13Ausgabe 2/2011

Kommentare zur Carte blanche:[email protected]

14 Ausgabe 2/2011

Grosser Andrang herrschte am Donnerstag-abend des 20. Januars. Im altehrwürdigen Konzertsaal des Radiostudios Zürich staun-ten rund 100 Teilnehmende, darunter eine ganze Schulklasse, was in naher Zukunft in der medialen Welt alles auf uns zukom-men wird. Bertram Gugel, ein junger Vi-deo- und Medienspezialist, erklärte leicht nachvollziehbar und untermalt mit Bei-spielen, wie sich die Medienwelt um uns herum immer schneller dreht und dabei zu neuen Formen findet. Es war ein gelun-gener Anlass, mit dem die SRG Zürich Schaffhausen bewusst ein junges und jung gebliebenes Publikum ansprach. Es darf behauptet werden, dass das Ziel, die Teil-

Die Prosumenten kommen – Radio und TV im Wandel

Informationsanlass im Radiostudio Zürich

Besichtigung des trimedialen «Zambo»-Studios. Mit dem Kinderprogramm werden auch zukünftige mediale Möglichkeiten ausprobiert.

nehmenden zur Wahrnehmung dieser grossen Umbrüche zu sensibilisieren, er-reicht werden konnte. Eine Zusammenfas-sung der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Referat von Bertram Gugel:

Aus dem Referat Gugels

«Lange Zeit hat der Nutzer lediglich konsu-miert. Es gab auch kaum andere Möglich-keiten, denn der klassische Rundfunk (Radio, TV) ist ein Broadcast-Medium, das sendet, aber keinen Rückkanal bietet. In den letzten Jahren stellte sich aber ein fun-damentaler Wandel ein. Jetzt ist es nicht mehr nur der Konsum, der zählt, sondern

Die Medienwelt durchlebt einen immer grösseren Wandel. Technologien, Inhalte, Konzepte ändern, aus Konsumenten werden Produzenten oder eben Prosumenten. Wohin uns der Weg führt und wie überraschend weit wir schon sind, davon über-zeugten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des abendfüllenden Seminars der SRG Zürich Schaffhausen.

plötzlich sollen viele weitere Nutzerbedürf-nisse befriedigt werden.

Zum Beispiel das Handy. Bisher war klar, dass ein Handy zum Telefonieren und SMS-Schreiben gedacht war. Die Geräte waren entsprechend gebaut, Zifferntasten waren das dominierende Element. Mit Ein-führung des iPhones hat sich das gewan-delt. Diese sogenannten Smartphones sind so konzipiert, dass jetzt Internet und ande-re Services die zentralen Elemente eines Handys bilden. Deswegen wird nicht etwa weniger telefoniert. Aber die gestiegene Gesamtnutzungszeit geht zulasten der zur Verfügung stehenden Zeit des Konsumen-ten, was dazu führt, dass weniger klassischer Rundfunk konsumiert wird.

Internet als Videokanal

Einen deutlichen Einfluss auf den klas-sischen Rundfunk üben auch neue Nut-zungsszenarien der letzten Jahre aus. So hat sich die Online-Videosehdauer 2009 verdoppelt und die steigt rasant weiter. Im deutschsprachigen Raum werden heute bereits über 35 Minuten Videokon-sum im Web pro Tag gezählt! Und es gibt keine Anzeichen, dass diese Entwicklung abreisst.

Die persönliche Radiostation

Neben Videos haben sich persönliche Ra-diostationen etabliert, die dem Nutzer das

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SRG ZüRIch SchaffhauSen

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nen werden mehr Feedback auf ihre In-halte bekommen und das oftmals in Echtzeit, so dass sie sich in Zukunft über-legen werden, wie sie dieses Feedbacks live in die Sendungen einbauen können.

Auch die Inhalte werden nicht die glei-chen bleiben. On-Demand-Nutzung, In-teraktion und natürlich auch Eigenpro-duktionen werden dazu führen, dass andere Inhalte und vor allem auch neue Inhalte in den Rundfunk kommen.»

Gerade der letzte Punkt wird sehr spannend, denn wir stehen erst am Anfang, wenn es darum geht, Inhalte und Geschichten über verschiedenen Medien hin zu erzählen.

Und auf, in die reale Zukunft!

Beeindruckt von der präsentierten media-len Zukunft folgte im Anschluss an die Fragen an Bertram Gugel die Vorstellung und Besichtigung des «Zambo»-Studios. Dieses erste trimediale Studio wurde in ei-nem ehemaligen Konzertsaal des Radio-studios Zürich eingerichtet. Hier werden Radio-, Fernsehen und Internetbeiträge von den gleichen Machern unter dem sel-ben Dach produziert und verbreitet. «Das Kinderprogramm ‹Zambo› dient auch als Modell im Kleinen, was die SRG SSR mit der Medienkonvergenz im grossen Stil vor hat bzw. wie an deren Umsetzung gearbei-tet wird», erklärte Christoph Gebel, der SRG-Unterhaltungschef.

Zusammengefasst von Oliver Schaffner

Ausgabe 2/2011

Musikprogramm zusammenstellen, das er gerne hören will. Zum Beispiel die 50 Mil-lionen Nutzer auf Pandora, die selbst defi-nieren, welche Lieder sie hören möchten. Daraufhin spielt Pandora entsprechend verwandte Musik in einem automatisch generierten Programm.

Chance und Gefahr für Radio und TV

Wenn Rundfunkanbieter Inhalte auf den neuen Geräten und Plattformen verfügbar machen, können sie ihr Publikum deutlich erweitern. Auf der anderen Seite können auf bisher klar zugeordneten Empfangsge-räten zunehmend auch andere als klassi-sche Rundfunkinhalte konsumiert werden. So etwa Applikationen, die bisher nur über Internet, Smartphones oder Tablets zugänglich waren. Und wer einmal einen Internet-Fernseher bedient hat weiss, dass YouTube nicht mehr Klicks entfernt ist als der eine Sender vom nächsten. Somit er-wächst eine gänzlich neue Konkurrenz für Rundfunkanbieter im Fernseher. Dies auch aus inhaltlicher Sicht, wie YouTube und Co. zeigen. Die Nutzer konsumieren nicht mehr nur vorgegebene Sendungen, son-dern lernen, dass sie eine Wahl haben. Sie können sich ihr Programm selbst zusam-menstellen und Inhalte auswählen.

Sony hat damit tausende Dollar verdient

Einige Nutzer wollen selbst etwas produ-zieren und verwenden dazu bestehende Inhalte, die sie verändern. Eine Studentin hat etwa Harry-Potter-Filme mit witzigen Sprüchen neu synchronisiert. 60 Millionen Mal wurden diese in YouTube gesehen, und das, obwohl der Filmproduzent Warner aus Copyright-Gründen die Videos laufend wieder löschen liess. Dass solche «Eigenproduktionen» gar zum Nutzen der Urheberrechte-Inhaber sein könnten, verdeutlicht das Beispiel eines privaten Hochzeitsvideos. Es zeigt Tanzszenen in einer Kirche mit Musik von Chris Brown. Das Video wurde auf YouTube millionen-fach abgerufen, worauf der Song einen

zweiten Frühling erlebte und noch einmal in die Charts kam. Sony wäre dumm ge-wesen, das Video zu verbieten.

Immer leichter selber produzieren

Auch die Anzahl der Nutzer, die eigene Inhalte selber produzieren, nimmt zu, denn die Technik wird laufend einfacher, besser und günstiger. Es geht sogar ohne eigenes Zutun, für jedermann auszuprobieren: Einfach auf qwiki.com den Suchbegriff «Zürich» eingeben, worauf sofort ein Video aus automatisch zusammengestellten In-formationen produziert wird. Über die Qualität kann man streiten, aber es zeigt, wohin der Trend läuft.

Fazit

Wenn wir über den Wandel von Fernsehen und Radio sprechen, müssen wir überle-gen, welche Auswirkungen diese Verände-rungen auf den Rundfunk haben: Rundfunk wird auf immer mehr Plattfor-men nachgefragt und kann nicht mehr nur im Radio- oder TV-Gerät, sondern muss genauso auf einen Smartphone oder einem iPad und natürlich im Inter-net stattfinden. Dazu muss sich der Rundfunk auch an die neuen Gegeben-heiten des Internets anpassen. Die Inhal-te und auch die technische Infrastruktur werden sich dahingehend ändern.

Wir werden immer mehr Interaktion mit und im Rundfunk erleben. Die Redaktio-

Bertram Gugel lässt in die mediale Zukunft blicken.

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Ausgabe 2/2011

Sektionsversammlungen 2011Sektion 1: 13. April, 18.30 Uhr, Radiostudio, ZürichSektion 2: 15. April, 18.30 Uhr, Restaurant Dörfli, UitikonSektion 3: 23. März, 19.30 Uhr, Stiftung Wagerenhof, UsterSektion 4: 8. April, 18 Uhr , Restaurant Strauss, Winterthur

Montag, 21. März, 18.00 –21.00 UhrRadio und TV auf Computer und Handy. Pädagogische Hochschule Zürich, Stampfen-bachstr. 121, Zürich. Kosten: CHF 20.–

Computer für Einsteiger, ZürichKurs I: 19./26. April, 3./10./ 17. Mai, 9.30 –11.30 UhrKurs II: 3./10./17./24./31. Mai, 14.00–16.00 UhrPädagogische Hochschule Zürich, Stampfen-bachstr. 121, Zürich. Kostenanteil: CHF 200.–

Computer für Einsteiger, SchaffhausenDaten: 17./24./27./31. Mai, 7./10./14./ 17./21./24. Juni, 9.00 –11.30 Uhr Amsler-Laffonstr. 1 D, Schaffhausen Kostenanteil: CHF 200.–

Mittwoch, 20. April, 19.00–20.30 Uhr«Lesen Sie mal Fernsehen». Wie werden Sendungen untertitelt? Fernsehstudio, Fernsehstrasse 1– 4, 8052 Zürich

Anmeldungen/Infos: Tel. 044 366 15 44, [email protected]

Nach erfolgreich absolviertem Stage in den Redaktionen von «10vor10» und «ECO» ist Stephan Rathgeb seit dem 1. März 2011 als Korrespondent in Zürich tätig. Es folgt eine interne Einführungsphase, so dass er ab Mitte Mai aus den Kantonen Zürich und Schaffhausen berichten wird. Rathgeb er-setzt beim SRF Jonas Projer, der zur Kor-respondentenstelle in Brüssel wechselt.

An vielem interessiert

Schon mit 15 Jahren, noch während der Gymnasialzeit, konnte Stephan Rathgeb als freier Journalist für den «Tages-Anzei-ger», «Zürcher Oberländer» und «die Nach-richten» aus Greifensee schreiben. Als er Chefredaktor der Jugendzeitung «Toaster» wurde und später auch für «Das Magazin», «Weltwoche», «Schweizer Familie», «Schweizer Journalist» und «Annabelle» schrieb, schien seine journalistische Lauf-

bahn klassisch vorgezeichnet. Doch es kam anders. Rathgeb liess sich an der Päda-gogischen Hochschule Zürich zum Se-kundarlehrer ausbilden, war Gunther von Hagens’ Pressesprecher für dessen Anato-mieschau «Körperwelten» und wurde schliesslich selbständiger Unternehmer mit einer Donut-Bäckerei.

Die Idee entstand, während er weiter als freier Journalist für «Das Magazin» in Texas eine aufwändige Reportage über die Todes-strafe schrieb. Ein Abstecher in eine Donut-Bäckerei liess ihn dann nicht mehr los. Die «Berliner mit Loch» hatten es ihm so stark angetan, dass er beschloss, sie auch in der Schweiz einzuführen. Dort kannte man die luftigen Teigringe nämlich noch wenig. Zur Umsetzung fand Rathgeb im Fernsehjour-nalisten Gian Meyerhofer einen Partner, der sich von der Idee ebenso anstecken liess. Nach ersten Versuchen mit der Haushalts-fritteuse wurden die Ergebnisse schon bald runder in Gestalt und feiner im Geschmack. In Obermeilen fand Rathgeb schliesslich eine leer stehende Bäckerei, die er für sei-ne Zwecke umbaute. Während sich Gian Meyerhofer aber bald schon wieder seiner ursprünglichen Tätigkeit zuwandte, baute Rathgeb seine Donatli GmbH weiter aus. Doch inzwischen hat auch Stephan Rathgeb wieder auf seine ursprüngliche journalisti-sche Laufbahn eingespurt. Und die Donatli GmbH wird von einem Ehepaar als Fran-chise-Betrieb weitergeführt.

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Aus der Donut-Bäckerei zurück in die Redaktion

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neuer Korrespondent für Zürich und Schaffhausen

Journalisten sind vielseitig interessiert. Ihre Neugierde verführt manche sogar dazu, ihren Job an den Nagel zu hängen, um Tramführer oder Donut-Bäcker zu werden, so wie Stephan Rathgeb. Und einige finden wieder zurück, so wie Stephan Rathgeb.

Sc2011030801 (swissclimate.ch)

SRG ZüRIch SchaffhauSen

Ausgabe 2/2011 (März 2011),erscheint neun Mal jährlichHerausgeberschaft: Publikumsrat und Mitgliedgesell-schaften der SRG Deutschschweiz Redaktion (S. 1–13): Kurt Nüssli (kn), Pernille Budtz (pb), Denise Looser Barbera (dlb), Christa Arnet (cha)Mitarbeitende dieser Ausgabe (S. 1–13):Florian Blumer, Markus Knöpfli, Fee Riebeling, Achille CasanovaKontakt: SRG Deutschschweiz, Fernsehstrasse 1– 4, 8052 Zürich, Tel.: 044 305 67 03,E-Mail: [email protected], Internet: www.srgd.chRedaktion SRG Zürich Schaffhausen(S. 14–16): Oliver Schaffner (os), Tel.: 044 994 16 61,E-Mail: [email protected]änderung an: SRG Zürich Schaffhausen,Postfach, 8042 ZürichGestaltung und Produktion: Medianovis AG, Kilchberg/ZHDruckvorstufe: Küenzi & Partner mediacheck, AdliswilKorrektorat: Ingrid Essig, WinterthurDruck: rdv Rheintaler Druckerei und Verlag AG, BerneckAuflage: 15 186 Expl. (WEMF-beglaubigt)

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März ist Zügeltermin! Melden Sie uns Ihre neue Adresse an

SRG Zürich Schaffhausen RFZ,

Brunnenhofstrasse 22, 8042 Zürich, oder

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Wieder im Beruf. Stephan Rathgeb wird neuer Kor respondent für Zürich und Schaffhausen.