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LICEO LINGUISTICO CLASSE V PROGRAMMA DI STUDIO TEDESCO Indice: - Die Industrielle Revolution - Naturalismus, Symbolismus und Impressionismus - Der Erste Weltkrieg - Gründung der Weimarer Republik - Entstehung des Expressionismus - Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) - Hitlers Aufstieg zur Macht - Die Nationalsozialistischen Ideologie - Errichtung der Besatzungsherrschaft - Der Marshall-Plan und die Folgen

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Page 1: LICEO LINGUISTICO CLASSE V PROGRAMMA DI STUDIO TEDESCO · Realität, die Wahren, die Erbmassen, die Schattenseiten und das Hässliche. Die neuen Erneuerungen und Entdeckungen beeinflussten

LICEO LINGUISTICO

CLASSE V

PROGRAMMA DI STUDIO TEDESCO

Indice:

- Die Industrielle Revolution

- Naturalismus, Symbolismus und Impressionismus

- Der Erste Weltkrieg

- Gründung der Weimarer Republik

- Entstehung des Expressionismus

- Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP)

- Hitlers Aufstieg zur Macht

- Die Nationalsozialistischen Ideologie

- Errichtung der Besatzungsherrschaft

- Der Marshall-Plan und die Folgen

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DIE INDUSTRIELLE REVOLUTION

Die erste industrielle Revolution ging in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von

Großbritannien aus. Viele zukunftsweisende Erfindungen fielen in diesen Zeitraum,

wie die der Dampfmaschine und des mechanischen Webstuhls. Der Einsatz dieser

Technik bedeutete letztendlich die Ablösung der Agrarwirtschaft und der

Manufakturen und die schrittweise Einführung einer arbeitsteiligen Groß- und

Massenfertigung in Fabriken. Zunächst war die englische Textilindustrie der

Ausgangspunkt für die technologischen Neuerungen. Doch auch andere Bereiche der

Wirtschaft, wie der Bergbau, die Hütten- und Stahlindustrie und der Maschinenbau

wurden von den technischen Neuerungen nachhaltig beeinflusst.

Im Bereich des deutschen Bundes setzte die Industrialisierung erst Mitte des 19.

Jahrhunderts ein. Der Entwicklungsrückstand wurde rasch aufgeholt. Besonders

durch den Eisenbahnbau konnte sich eine starke Eisen- und Stahlindustrie etablieren.

Den Zeitraum nach 1920 kann man als zweite und den nach etwa 1970 als dritte

industrielle Revolution bezeichnen.

Als industrielle Revolution wird der Prozess der Einführung der Massenproduktion in

Fabriken und die damit einhergehende Ablösung der Agrarwirtschaft bezeichnet.

Die erste industrielle Revolution begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Sie war durch viele bedeutende und zukunftsweisende Erfindungen und Innovationen

gekennzeichnet

• 1764: JAMES HARGREAVES baut den traditionellen Spinnstuhl zur

Spinnmaschine („Spinning Jenny“) um.

• 1769: RICHARD ARKWRIGHT fertigt einen mit Wasserdampf betriebenen

Spinnstuhl an.

• 1769: JAMES WATT erfindet die Dampfmaschine.

• 1785: EDMUND CARTWRIGHT baut den ersten mechanischen Webstuhl.

• 1814: GEORGE STEVENSON gelingt die Erfindung der Dampflokomotive.

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• 1829: Zwischen Liverpool und Manchester wird die erste Eisenbahnlinie

gebaut.

• 1838: von Prof. J.A. SCHUBERT wird in Deutschland die erste

Dampflokomotive gebaut, die „Saxonia" (Bild 1).

Die Neuerungen in der Produktion ermöglichten die Mechanisierung ganzer

Fertigungsabschnitte als ersten Schritt des Übergangs von der Manufaktur zur

fabrikmäßigen Produktion von Gütern. Im weiteren Verlauf der Industrialisierung

wurde mit dem Einsatz von Dampfmaschinen die Muskelkraft des Menschen als

Antriebsquelle ersetzt. Der immer breitere Einsatz neuer Maschinen und Anlagen in

den Fabriken führte zu einer bedeutenden Steigerung der Produktion und zur

Erhöhung der Qualität ihrer Erzeugnisse.

Mutterland Großbritannien

Als Ursprungsland der industriellen Revolution gilt Großbritannien. Das Land war im

18. Jahrhundert der weltweit bedeutendste Hersteller von Textilien. Den Grundstoff

Wolle lieferten große Schafherden, die auf den ausgedehnten Weideflächen der

Britischen Inseln gehalten wurden. Die Baumwolle für die Herstellung von Tuchen

kam aus den Kolonien, denn England verfügte in dieser Zeit noch über einen riesigen

Kolonialbesitz. Die meisten Erfindungen und technologischen Neuerungen kamen

deshalb auch in der englischen Textilindustrie zum Einsatz und führten dort zu einem

gewaltigen Produktivitätszuwachs. Die Vielzahl kleiner Manufakturen, in denen noch

an handbetriebenen Spinn- und Webstühlen produziert wurde, musste immer mehr

großen, mit neuen Maschinen ausgerüsteten Fabriken Platz machen. In ihnen ließen

sich in arbeitsteiliger Groß- und Massenfertigung bedeutend mehr Textilien viel

schneller und viel billiger herstellen. Dort, wo die Unternehmen die günstigsten

Standortbedingungen vorfanden, entstanden große Industriestädte. So entwickelten

sich z. B. die englischen Ortschaften Leeds und Manchester zu bedeutenden Zentren

der Textilindustrie. Viele Menschen, die in den ländlichen Gebieten in großer Armut

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lebten, wanderten in die Städte ab, was zu ihrem weiteren raschen Wachstum führte.

Während die Städte einerseits Arbeit und Brot boten, verschärften sich in ihnen die

sozialen Gegensätze bzw.

Klassenunterschiede zwischen der großen Zahl besitzloser Arbeiter und den wenigen,

meist reichen Besitzern der kapitalistischen Betriebe. Brutale Ausbeutung und soziale

Missstände, wie niedrigste Löhne, Arbeitszeiten von bis zu 17 Stunden, Kinderarbeit

und menschenunwürdige Wohnverhältnisse, die heute als Manchester-Kapitalismus

bezeichnet werden, führten zum wachsenden Widerstand der Proletarier und zur

Gründung von Gewerkschaften. Diese erkämpften in der Folgezeit bedeutende

Verbesserungen der Arbeits- und Lebensbedingungen.

Der Aufschwung der Textilindustrie und die Revolutionierung des Verkehrswesens

führten auch zu Entwicklungen im Bergbau und in der Eisen- und Stahlindustrie: Die

wachsende Nachfrage nach Maschinen sowie der Brücken-, Schienen- und

Eisenbahnbau forderten zum einen die rasche Steigerung der Kohle- und

Eisenerzförderung, zum anderen die rasche Entwicklung der Hütten- und

Stahlindustrie. Grundlage dieser Entwicklungen waren die reichen Kohle- und

Eisenerzlagerstätten in Mittelengland. Hier wurden auch die ersten Hochöfen des

Landes errichtet. Das war wiederum die Grundlage für die Ansiedlung von Betrieben

der metallverarbeitenden Industrie und des Maschinenbaus. Auf diese Weise

entwickelten sich beispielsweise die Städte Birmingham und Sheffield zu den damals

weltweit bedeutendsten Industriestandorten.

Ausdehnung auf Deutschland

Die technischen und technologischen Neuerungen der industriellen Revolution in

Großbritannien wirkten sich zunehmend auf den europäischen Raum einschließlich

Deutschland aus. Zunächst profitierte die Industrie in West- und Mitteleuropa vom

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Import britischer Industrieprodukte. Hier wurde auch relativ schnell die industrielle

Fertigung nach britischem Vorbild eingeführt. Im damaligen Deutschen Bund

erfolgte jedoch die Industrialisierung mit etwa 100 Jahren Verspätung, weil

technische Neuerungen lange Zeit aus den verschiedensten Gründe gescheitert waren.

Beispielsweise fehlte durch die staatliche Zersplitterung Deutschlands ein

einheitlicher aufnahme- und nachfragekräftiger Markt. Aber auch der Mangel eines

leistungsfähigen Verkehrsnetzes, die weitverbreitete Technologiefeindlichkeit in

Adelskreisen und vor allem das Fehlen des erforderlichen Kapitals für große

Investitionen blockierten in Deutschland zunächst den technischen Fortschritt. Erst in

den Jahren nach 1830 begannen sich hier technische Neuerungen durchzusetzen.

Im Vergleich zu Großbritannien ging die industrielle Entwicklung in Deutschland

allerdings rascher vonstatten, denn die grundlegenden Erfindungen waren bereits

erfolgt.

So konnten technisches und technologisches Wissen sowie Maschinen und Anlagen

importiert oder nachgebaut werden: Der Bau von Eisenbahnen war eine wichtige

Voraussetzung für das Wachstum der Eisen- und Stahlindustrie, denn die Nachfrage

nach Stahl, Kohle und Lokomotiven wuchs sprunghaft an. Große Bedeutung erlangte

die Eisenbahn als Transportmittel. Da im Vergleich zu Großbritannien die

deutschen Staaten kein leistungsfähiges Transportnetz hatten, kam dem

Eisenbahnbau die Mittlerrolle für die flächenhafte Industrialisierung zu. Doch erst

ab 1860 konnte schließlich die zunehmende Vernetzung erfolgen, nachdem zuvor

kleinstaatliche Konflikte die Verbindung einzelner Strecken erschwert hatten.

Neue Fabriken und Industriestandorte wurden schwerpunktmäßig in Gebieten mit

Kohle- und Erzlagerstätten angesiedelt, z. B. im Ruhrgebiet, im Saarland und in

Oberschlesien, das heute in Polen liegt. Damit war die Industrialisierung von großer

Bedeutung für die Herausbildung industrieller Ballungsräume. Der

Entwicklungsrückstand gegenüber Großbritannien wurde ab Mitte des 19.

Jahrhunderts aufgeholt. Insbesondere nach der Gründung des Deutschen Reiches

im Jahr 1871 kam es zu einer Vielzahl von Erfindungen, vor allem in den Bereichen

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Elektrotechnik und Chemie. Zugleich entwickelte sich Großbritannien zum

wichtigsten Exportmarkt für die deutsche Industrie.

Weitere „industrielle Revolutionen“

Etwa ab dem Jahr 1920 wurde weltweit die zweite industrielle Revolution eingeleitet.

Der Grad der Arbeitsteilung und Rationalisierung von Fertigungsprozessen nahm

durch die Halb- und Vollautomatisierung immer weiter zu. Ermöglicht wurde das u.

a. durch die Erfindungen des Berliners WERNER VON SIEMENS. Er hatte 1865 das

dynamoelektrische Prinzip entdeckt und baute im Jahr 1866 die erste

Dynamomaschine, aus welcher man später leistungsfähige Elektromotoren

entwickelte.

In den 1970er-Jahren setzte die dritte industrielle Revolution ein, getrieben von den

Entwicklungen in der Mikroelektronik und Computertechnik. Das führte zu einer

hochgradig computergesteuerten, vollautomatischen Produktionsweise in großen

Teilen der Industrieproduktion, mit Fertigungsrobotern in der Automobilindustrie.

Merkmale sind insbesondere ein hoher Stand der Arbeitsteilung, ein Strukturwandel

zugunsten des tertiären Sektors sowie eine zunehmende Internationalisierung der

wirtschaftlichen Beziehungen.

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NATURALISMUS, SYMBOLISMUS UND IMPRESSIONISMUS

Der Naturalismus ist eine Brücke: wir können diese Bewegung als ein Aufbruch in

die Moderne betrachten. Der Naturalismus (der man als einen gesteigerten Realismus

ansehen kann) erlebte in Deutschland in den Jahren 1889/1890 seine Blüte. Wir

finden diese Bewegung auch in Frankreich, in Italien (wo er wird Verismus bekannt)

in Skandinavien und in Russland. Er ist so eine europäische Bewegung. In dem

Naturalismus spielen eine große Rolle die neuen Ideen wie Darwins

Selektionstheorie, Heines Vererbungstheorie, Freuds Psychoanalyse und so weiter.

Das ist die Zeit der Industrialisierung. Auf politischem Gebiet finden wir die Figur

von Otto von Bismarck. Er wollte die Sozialistengesetze, die den ersten Sozialisten

jede Versammlungsfreiheit verboten. Der Klassenunterschied zwischen Bürgern und

Proletariern stieg. Auf literarischem Gebiet haben wir als wichtigstes Merkmal die

treue Reproduktion der Wirklichkeit. Naturalismus Ich lebe grad, da das Jahrhundert

geht, man fühlt dem Wind von einem großen Blatt das Gott und du und ich

beschrieben hat und das sich hoch in fremden Händen dreht. Man fühlt den Glanz

von einer neuen Seite Auf der noch alles werden kann. R.M.Rilke Der Naturalismus

ist eine Brücke: wir können diese Bewegung als ein Aufbruch in die Moderne

betrachten.

Der Naturalismus (der man als einen gesteigerten Realismus ansehen kann) erlebte in

Deutschland in den Jahren 1889/1890 seine Blüte. Wir finden diese Bewegung auch

in Frankreich, in Italien (wo er wird Verismus bekannt) in Skandinavien und in

Russland. Er ist so eine europäische Bewegung. In dem Naturalismus spielen eine

große Rolle die neuen Ideen wie Darwins Selektionstheorie, Heines

Vererbungstheorie, Freuds Psychoanalyse und so weiter. Das ist die Zeit der

Industrialisierung. Auf politischem Gebiet finden wir die Figur von Otto von

Bismarck. Er wollte die Sozialistengesetze, die den ersten Sozialisten jede

Versammlungsfreiheit verboten. Der Klassenunterschied zwischen Bürgern und

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Proletariern stieg. Auf literarischem Gebiet haben wir als wichtigstes Merkmal die

treue Reproduktion der Wirklichkeit. Bevorzugten Themen waren in dieser Zeit die

Realität, die Wahren, die Erbmassen, die Schattenseiten und das Hässliche. Die

neuen Erneuerungen und Entdeckungen beeinflussten auch die Literatur: die

naturwissentschaftliche Methode lieferte der Kunst die passenden Stilmittel, die mit

analytischer Strenge angewandt wurden, nach der Auffassung, dass die Regeln der

Natur auch für das Leben der Menschen gelten würden. Daher wurde die Formel

abgeleitet: KUNST=NATUR-X, wobei, x einen variablen Wert darstellt. Dieser

variablen Wert ist die Subjektivität des Kunstlers. Die Gattung, die in dieser Periode

eine große Blüte erfuhr, war das sogenannte ,,analytischer Drama". Bei den

deutschen Dramen kamen die Charaktere, ihre soziale Umwelt und ihre

psychologische Veranlagung durch die dialogische Formam besten zum Ausdruck.

Die Helden hatten keine innere Entwicklung und keine Willensfreiheit, sondern sie

blieben passiv und sie strebten nicht an etwas Besonderes. Das Schicksal beherrschte

sein Leben. Man spicht von einen Sekundenstil: nach seinem Begriff soll der Autor

die kleinsten Details und die Bewegungen wie Fotogramme reproduzieren. Auch die

Sprache wurde beeinfflusst: man benutze die Umgangssprache und sogar die Dialekt.

Die wichtgsten Vertreter des Naturalismus sind Arno Holz, Johannes Schlaf und

Gerhart Hauptmann.

Hauptmann schrieb das bekannte Drama ,,Die Weber". Als priviligierter Ort vieler

naturalistischer Aufführungen galt sie ,, Freie Bühne", die 1889 in Berlin gegründet

wurde. DIE WEBER (G. Hauptmann) Das ist der größte Erfolg Hauptmanns. Hier

erschien das Proletariat (eigentlich das vorindustrielle Landproletariat), zum ersten

Mal als kollektiver Held. Die Weber arbeiten zu Hause und sie werden ausgebeut.

Unter den Webern verbreitet sich ein revolutionäres Lied und plötzlich bricht der

Aufstand los. Soldaten suchen, die Aufrührer niederzuschlagen. Sie stellen die Ruhe

wieder her und alles bleibt wie zuvor.

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REALISMUS UND NATURALISMUS IM VERGLEICH A) Sowohl der

Naturalismus als auch der Realismus interessieren sich für die konkreten Aspekte der

Wirklichkeit. B) Die Autoren des Realismus darstellen vor allem die schönen und

positiven Seiten des Lebens, die Naturalisten beschreiben auch die hässlichen und

dunklen Seiten. Sie haben so eine pessimistische Weltanschauung, die in ihren

Werken sich spiegelt wider. C) Der Helden des Realismus hat ein aktives Leben und

zeigt Selbstbewusstsein.

Der Held des Naturalismus zeigt dagegen Passivität und Resignation. Der Mensch ist

von seinem Milieu und von den erebten Eigenschaften vollkommen abhängig und hat

keine Chancen zur Erlösung oder zur Verbesserung. D) Die Hauptfiguren des

Realismus waren Bürger, Bauern und Handwerker, die auf dem Land oder in der

Stadt wohnten. Die Hauptfiguren des Naturalismus sind meistens Proletarier oder

Arbeiter der Großstädte: sie sind Vertreter des vierten Standes, die tragische

Lebensbedingungen haben. E) Die realistischen Schriftsteller verwendeten eine

gehoben, literarische Sprache; die naturalistischen Schriftsteller ahmen die Sprache

nac, die mn in der Wirklichkeit spricht (so Dialekten oder die Umgangssprache). Die

Jahrhundertwende Um die Jahrhundertwende gewinnt die deutsche Literatur nach

einem Jahrhundert des Provinzialismus und der Verschlossenheit gegenüber der

europäischen eine führende Rolle zurück. Ein Beweis dafür waren die zahlreichen

Freundschaften und Kontakte im Ausland. In dieser Epoche überschneiden sich auch

solche kulturellen Tendenzen und Ausdrucksforme, wie der Ausklang der

Naturalismus, der Impressionismus und der Symbolismus. In dieser Epoche haben

wir einigen sozialpolitische Ereignisse: die Aufstieg der preußischen Macht, die

brachte eine schnelle Entwicklung von Technik und Industrie mit sich. Aber

gleichzeitig rief eine geistige Krise, ein Wertevacuum hervor. So kam es in manchem

elitären Kreisen zu einer Suche nach raffiniertem Lebenstil und exklusiver

Ausdrucksweise. Wir haben eine übertriebene Eleganzsuchevon manchem Dandy.

Der Übergang von Naturalismus zum Symbolismus verwirklicht sich durch

Impressionismus. Diese zwei Bewegungen stellen ab 1890 eine

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idealistischästhetische Reaktion auf den Naturalismus dar, daher kommt die sammeln

Bezeichnung " Ästhetizismus ,, (Impressionismus und Symbolismus). Der

Impressionismus Diese kulturelle Bewegung, die in die Zeit von 1890 bis 1920 und

entstand in Frankreich, umfasste mehrere Kunstbereiche. Zuerst entwickelte sie sich

auf dem Gebiet der Malerei, woher auch der Name stammte (von einem

Landschaftsbild von Monet). Auch in der Literatur zielte man darauf ab, dieselbe

Technik anzuwenden und die vielfachen, aus der Wirklichkeit erworbenen, oft

flüchtigen Empfindungen vereinzelte nuancierte Augenblicke des Lebens, auf dem

Papier zu fixieren. Dabei gahet der Weg von außen nach innen (Eindruckskunst).

Vertrerer dieser Richtung waren Detlev von Liliencron und Richard Dehmel. Ein

hervorrangender Meister der impressionistischen Dichtung und Exponent der Wiener

Kaffeehaus- Kultur war der Schriftsteller Arthur Schnitzler., der die Lebensweise und

die geistige Haltung des Bürgers der ehemaligen Felix Austria in impressionistischen

Novellen und Theaterstücken Wiedergab.

Hier wird die Realität durch eine subjektive Sensibilität wahrgenommen, dass man

sogar von Nervenkunst sprechen kann. Diew Gefühle werden als etwas Flüchtiges

empfunden und ohne jeglichen Anhaltspunkt, also oberflächlich. Schitzler gebraucht

al Erzähltprinzip den inneren Monolog und die erlebte Rede: das Ich steht im

Mittelpunkt, nicht mehr die Istitutionen. Das Gefühl des allmählichen Hinsterbens

der hundertjährigen, vermittelte auch ein Gefühl allgemeiner geistiger Dekadenz, der

Unsicherheit und Melancholie; man flüchtete sich in verfeinerte Formen von

Hedonismus und überempfindlichem Ästhetizismus. Der Symbolismus Diese geistige

Bewegung läuft teilweise parallel zum Impressionismus; schon vom Namen her

(Symbol= Sinnbild) stellt sich der Symbolismus als eine literarische Bewegung dar,

die jenseits der konkreten, sichtbaren Wirklichkeit gelangen wollte, um eine andere

zu entdecken und zu erforschen.

Das Objekte verliert an Interesse und Wert und besteht nur als Symbol für etwas

anders, Höheres und Erhabenes. Sehr wichtig ist das Vorbild Frankreich; hier finden

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wir Dichter wie Verlaine, Mallarmè, Rimbaud, Baudelaire, die Seher oder Verkünden

halten sich. Die dekadente europäische Atmosphäre übte durch englische und

italienische Vorbilder wie Oscar Wilde oder Gabriele D'Annunzio einen großen

Einfluss aus. In der Lyrik kam ein besonderes Verlangen nach Schönheit,

Raffiniertheit, Erlesenheit des Wortes zum Ausdruck. Die Hauptvertreter waren

Stefan Georg, Hugo von Hofmannsthal und Reiner Maria Rilke. Die bildende Kunst

dieser Zeit heißt Jugendstil; ihre wichtigsten Vertreter sind Gustav Klimt und

Ferdinand Hodler. Was den Künstler jetzt interessiert, ist eine idealisierte, rein

ästhtische Welt. Die Natur wird als Projektion des Künstlers empfunden, als

Spiegelung seiner Gefühle. Die graphische Gestaltung ist deshalb symbolisch.

Motive des Traumes und des Phantastischen und Irrealen spielen eine große Rolle.

RAINER MARIA RILKE Er ist der der dritte große deutschsprachige Symbolist. Er

ist in Prag geboren und hatte eine besondere Kindheit: in seinem Leben gab es

nämlich viele schmerzenhaften Erfahrungen (wie die Trennung seiner Eltern oder die

strenge Disziplin der Militärakademie er besuchte oder seine existenzielle Krise). Er

war ein Böhme, dann Österreicher und auch Mitteleuropäischer: er ist so ein

internationaler und kosmopoliter Scriftssteller (wie die anderen seiner Zeit). Er reiste

viel (nach Russland, Italien, Sweden, Spanien, Frankreich...) und so hatte er keine

wahres Zuhause. Er wurde von Impressionisten beeinflusste Er vereinigte in seinem

literarischen Werk die ganze Kultur des alten Dekadenten Europa der

Jahrhundertwende, nicht nur im Bereich der Dichtung sondern auch im Bereich der

Malerei und Bildhauerei. Das Gefühl der Heimatlosigkeit spielt bei Rilke (wie bei

Kafka und Musil) eine entscheidende Rolle. Seine Themenkreise sind die

Gefangenschaft und das Elend der Großstadt; ein anderes Leitmotiv ist der Tod.

Dingegedichten spielen bei Rilke eine wichtige Rolle: es wird ein Gegenstand

beschrieben, hinter dem aber eine tiefere Bedeutung steckt, als seine äussere Rolle

vermuten lässt; diesen Effekts des Ineinandergehens von Plastischem und

Symbolischem hatte Rilke aus der Bildhauerkunst übernommen: er arbeitete nämlich

als Sekretär bei Rohden und wurde beeinflusste. Rilke schrieb ,,der Panther" 1907.

Das ist ein schönes Beispiel der Dingegedicht.

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Der Autor beschreibt nämlich ein Gegenstand und dann versucht er ein tieferer

Bedeutung, nicht nur die Aspekte, den treffen Ausdruck heraus zu finden. In diesem

Gedicht haben wir die Außenwelt und die Innerwelt. Das ist eine sehr bekannteste

Skizze, in der Rilke den Wannsinn von der Menschen beschreibt, solche Tier in einer

Käfig in einem Tiergarzwiengen. Die Gedichte ist in drei Stophen geteilt. In der

ersten Strophe fängt der Dichter die Beschreibung von den Augen: hinter sich kann

man etwas anderes verstehen: der Panther ist müde von des Lebens, weil der Blick

hoffnungslos ist. In der zweiten Strophe beschreibt er der Gang des Panther, der eine

beschrenkte Bewegung ist. In der dritten Strophe passiert etwas: in dem Einleitung

kündigt eine Veränderung an.Manchmal wird der Panther lebendig und so glaubt der

Leser an eine günstige Wendung. Die neue Erwartung ist aber hoffnungslos. Der

Panther hat seine Welt für einen Augenblick aufgenommen. Doch der Eindruck

vergeht; er hinterlässt keine Spüren und die Welt ist wieder versunken.

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DER ERSTE WELTKRIEG

Der Erste Weltkrieg fand in den Jahren 1914 bis 1918 statt. Es starben fast 20

Millionen Menschen. Der Krieg heißt „Weltkrieg“, weil er in mehreren Teilen der

Welt stattfand. Vor allem aber waren Länder in Europa betroffen. Auf der einen Seite

standen Deutschland, Österreich und weitere Staaten. Ihre Gegner waren unter

anderem Russland, Frankreich und Großbritannien. Die Wissenschaftler sind sich

auch viele Jahre später nicht einig, wie es genau zu dem Krieg gekommen war. Man

weiß aber sicher, dass damals die Staaten in Europa viele Waffen und große Armeen

hatten und einander nicht trauten. Alle wollten so stark und mächtig sein wie

möglich.

Deutschland, Österreich und einige befreundete Staaten verloren den Ersten

Weltkrieg. In nur vier Jahren starben über 17 Millionen Menschen. Auch danach

litten viele Menschen noch unter den Folgen des Krieges. Viele von ihnen wurden

verwundet oder hatten sogar ein Bein oder einen Arm verloren. Selbst in den Staaten

der Sieger ging es den meisten Menschen schlecht, als der Krieg zu Ende war. Die

Staaten hatten so viel Geld für ihre Waffen ausgegeben, dass sie danach keines mehr

hatten. Heute werden immer noch viele Bücher über den Ersten Weltkrieg

geschrieben, und es gibt Menschen, die an die Toten von damals denken. Für dieses

Gedenken haben manche Staaten sogar eigene Feiertage. Es ist üblich, dass dazu

Gäste aus anderen Staaten eingeladen werden, sogar solche, die damals Feinde

waren.

Wie kam es zum Krieg?

Schon seit Jahren hatten viele Staaten in Europa ihre Armeen vergrößert. Sie hatten

Angst, dass ein anderer Staat sie überfallen könnte, oder dass er sie zumindest

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bedroht. Manche Staaten hatten miteinander abgesprochen: Wenn dich ein anderer

Staat angreift, dann helfe ich dir. Sie hatten also ein Bündnis, sie waren Verbündete.

Am 28. Juni 1914 wurde in Sarajevo ein österreichischer Prinz erschossen. Sarajevo

gehörte zu Österreich-Ungarn, einem großen, mächtigen Staat. Die Menschen dort

waren sehr wütend. Der Prinzenmörder kam aus Serbien, und es sah so aus, als wenn

die Regierung in Serbien ihm geholfen hätte. Österreich-Ungarn wollte seine eigenen

Polizisten nach Serbien schicken, um die Sache zu untersuchen. Serbien sagte, es

wolle sich selbst darum kümmern.

Österreich-Ungarn hatte Deutschland zum Verbündeten, während Russland hinter

Serbien stand. Russland war aber auch Verbündeter von Frankreich. Ende Juli 1914

machte Russland seine Armee bereit für den Fall eines Krieges, das nennt man

„Mobilisierung“. Die Regierung von Deutschland bekam Angst und sagte, Russland

solle damit aufhören. Als das nicht geschah, verkündete Deutschland am 1. August:

Wir haben jetzt Krieg mit Russland. Deutschland erklärte den Krieg.

Mit welchen Waffen wurde gekämpft?

Der Erste Weltkrieg fand vor allem auf dem Land und auf dem Meer statt, aber noch

nicht in der Luft. Auf dem Meer kämpften Kriegsschiffe gegeneinander. Damals

waren die ersten Unterwasserboote im Einsatz, genannt U-Boote. Sie konnten Schiffe

des Gegners von unten erkennen und sie abschießen. Dieser Krieg war auch der erste

Krieg mit Funkverkehr: Die Schiffskapitäne konnten mit den Offizieren an Land

Informationen austauschen.

Die wichtigsten Waffen im Ersten Weltkrieg waren Gewehre. Die wurden schon in

Kriegen lange vorher eingesetzt, aber erst jetzt konnten sie automatisch mehrere

Schüsse hintereinander abgeben. Solche Waffen heißen Maschinengewehre. Um sich

vor den feindlichen Kugeln zu schützen, hoben die Soldaten beider Seiten Gräben

aus. Der Erste Weltkrieg wird manchmal ein Krieg der Schützengräben genannt.

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Um den Gegner in seinem Schützengraben zu treffen, ohne von ihm selbst erschossen

zu werden, dachten sich Wissenschaftler Giftgas und Panzer aus. Wenn der Wind

Richtung Gegner blies, trug er das Gas zu ihren Schützengräben und tötete viele

Soldaten. Um sich vor dem Gas zumindest etwas zu schützen, erfand man

Gasmasken.

Die Briten setzten im Ersten Weltkrieg die ersten Panzer ein. Sie funktionierten aber

noch nicht gut. Flugzeuge gab es schon, aber sie waren klein, flogen langsam und

niedrig. Man konnte sie also leicht vom Boden aus abschießen. Sie waren vor allem

dazu wichtig, um zu erkunden, wie es beim Feind aussah.

Wie ging der Krieg zu Ende?

Im Krieg standen Deutschland und Österreich-Ungarn auf der einen Seite, später kam

noch das Osmanische Reich hinzu. Ein Teil davon ist heute die Türkei. Gegen

Deutschland waren nicht nur Russland, Frankreich und Großbritannien und später

noch die USA und viele andere Staaten.

Zunächst konnte Russland Teile von Deutschland und Österreich-Ungarn erobern.

Währenddessen wollte Deutschland schnell Frankreich besiegen, um dann stärker

gegen Russland zu kämpfen. Das klappte aber nicht, weil Großbritannien Frankreich

half. Hier im Westen konnten die Armeen oft nur ganz wenig Land erobern. Man

spricht von einem Stellungskrieg oder Grabenkrieg. Erst mit Unterstützung der USA

gelang es Frankreich und seinen Verbündeten im Sommer 1918 wieder viel von

seinem Gebiet zurückzuerobern.

Im Osten hingegen hatte Deutschland mehr Erfolg. Seit 1916 rückten seine Armeen

immer weiter in Russland ein. Anfang 1918 schlossen Deutschland, Österreich-

Ungarn und Russland sogar einen Frieden. Russland musste viel Land und Besitz den

Deutschen lassen. Dort wurden einige neue Staaten gegründet, wie Finnland und die

Ukraine.

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Die Chefs der deutschen Armee mussten einsehen, dass sie den Krieg im Westen

nicht gewinnen konnten. Sie sagten im September 1918 der deutschen Regierung,

dass sie Frankreich und seine Verbündeten um Frieden bitten sollte. Am 11.

November 1918 schlossen sie einen Waffenstillstand: Es wurde nicht mehr gekämpft.

Was ist im Krieg Schlimmes passiert?

Im Ersten Weltkrieg waren über siebzig Millionen Menschen Soldaten. Von ihnen

starben fast zehn Millionen. Außerdem starben fast sieben Millionen Menschen, die

gar nicht Soldaten waren. Viele Menschen wurden totgeschossen oder von

Geschossen getroffen. Andere hatten nichts zu essen oder bekamen Krankheiten und

starben daran.

Nach dem Krieg lebten noch viele Menschen, die verwundet worden waren: Ihnen

fehlte ein Arm oder ein Bein, sie waren blind oder taub geworden, oder sie zitterten

die ganze Zeit. Frauen hatten ihren Ehemann verloren, oder Kinder ihren Vater. Sie

waren meistens arm und brauchten Hilfe vom Staat. Dabei hatten viele Staaten selber

fast nichts mehr.

Im Krieg wurde viel kaputt gemacht: Brücken, Straßen, Häuser. Manchmal gab es ein

ganzes Dorf nicht mehr, wenn Geschosse darauf gefallen waren. Die Staaten hatten

viel Geld verloren. Nach dem Krieg stritten sie heftig, wer für den Krieg eigentlich

bezahlen sollte.

Wer gewann den Krieg?

In den Jahren von 1919 bis 1922 sprachen die Staaten miteinander ab, dass der Krieg

endgültig zu Ende war: Sie unterzeichneten Friedensverträge. Deutschland,

Österreich und Ungarn galten als die Verlierer, vor allem hier lehnten die Menschen

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die Verträge ab. Diese Staaten mussten viel Land an andere Staaten abgeben und

Geld zahlen.

In Russland übernahmen im Jahr 1917 die Kommunisten die Macht. Sie versprachen,

dass der Krieg und der Hunger aufhören. Es kam zu einem Bürgerkrieg in Russland

selbst, zwischen den Kommunisten und ihren Gegnern. Ähnlich war auch in anderen

Ländern die Kriegszeit nicht wirklich vorbei.

Auch die Sieger waren oft unzufrieden mit dem Kriegsende: Viele Italiener zum

Beispiel glaubten, dass sie nicht genug neues Land bekommen hatten. Manche

Menschen in der Welt waren plötzlich gegen alle Kriege, andere hingegen waren

gerade für neue Kriege, um sich zu rächen. Wiederum andere wollten zumindest,

dass ihr eigenes Land eine starke Armee hatte, um in Zukunft besser geschützt zu

sein.

Denken Menschen heute immer noch an den Krieg?

Es gibt in vielen Staaten und Orten Denkmäler, die an den Ersten Weltkrieg erinnern.

Auf so einem Denkmal steht zum Beispiel geschrieben, wer aus dem Ort im Krieg

gestorben ist. In Deutschland zum Beispiel gibt es den Volkstrauertag. An einem

bestimmten Sonntag im November wird der Toten gedacht. In anderen Ländern wie

Großbritannien, Frankreich und Belgien ist der Erinnerungstag am 11. November.

Die Geschichtswissenschaftler wissen sehr viel über den Krieg, aber einige Fragen

können sie immer noch nicht ganz beantworten. Lange Zeit meinte man, dass wohl

Deutschland am meisten Schuld daran hatte, dass der Krieg ausbrach. Jetzt schaut

man auch genauer hin, was andere Staaten falsch gemacht hatten. Es hieß auch: Die

Menschen sind 1914 gerne in den Krieg gezogen. Jetzt weiß man, dass das für viele

nicht stimmte. Die meisten Leute waren eher aufgeregt anstatt begeistert.

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Die Geschichtswissenschaftler sind sich auf jeden Fall einig, dass der Krieg Europa

und die Welt sehr stark verändert hat. Es heißt sogar, dass der Erste Weltkrieg die

Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts gewesen sei. Gemeint ist: Dieser Krieg führte

noch zu anderen Unglücken in den Jahren danach, zu Gewaltherrschaft, Mord und

weiteren Kriegen.

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GRÜNDUNG DER WEIMARER REPUBLIK

1919 wurden im Versailler Vertrag die Kriegsfolgen festgelegt. Deutschland hatte

einen Katalog von Bestimmungen zu erfüllen, darunter das Abtreten von Elsass-

Lothringen, die Aufgabe aller Kolonien und das Zahlen von Reparationen (deren

Höhe allerdings nie wirklich langfristig feststand, da Deutschlands finanzielle

Leistungsfähigkeit unklar blieb). Deutschland wurde außerdem offiziell zum

Kriegsschuldigen. Deutschland unterschrieb erst mit der Drohung der Siegermächte,

die Kriegshandlungen wieder aufzunehmen.

Wenn Deutschland nicht unterschrieben hätte, hätte eine Besatzung sowie eine

Aufteilung in West- und Ostdeutschland stattgefunden- genau das Szenario von 1945.

Unter Betrachtung der Jahre 1933-1945 wäre dies wahrscheinlich nicht die

schlechteste Alternative gewesen. Der Versailler Vertrag hinterließ eine große

Demütigung in der deutschen Mitte, deren Folgen noch viele Jahre anhielten- es

blieb das Gefühl der ungerechten Behandlung und der Wunsch nach „Rache“.

Wirklich großen Schaden nahm das Reich allerdings nicht, innerhalb weniger Jahre

erlangte es seine Großmachtstellung zurück. Das Problem, wegen den Deutschland in

den Krieg gezogen war, hatte sich inzwischen von selbst gelöst: die „Einkreisung“

war nicht mehr vorhanden. Österreich-Ungarn war in seiner alten Form nicht mehr

vorhanden, Russland war eine Sowjetunion geworden und damit isoliert, Amerika

hielt sich fortan aus den europäischen Geschäften heraus, England & Frankreich

hatten Meinungsverschiedenheiten.

Trotzdem wurde der Vertrag in der Bevölkerung als eine Schande aufgenommen. Vor

allem das Abtreten Elsass-Lothringens an den „Erbfeind“ Frankreich und die

Kriegsschuld kratzte am deutschen Stolz. So wurde die Revision des Versailler

Vertrages bald zum Hauptziel der deutschen Außenpolitik. Wo eine demokratische

Ausgleichspolitik erwartet wurde, verlangte das Volk nun nach einer radikalen

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Politik, deren Ziel die Wiederherstellung von Deutschlands Großmachtstellung sein

sollte.

Das Abschütteln der Reparationen und die Wiederbewaffnung wurden die

wichtigsten Ziele der neuen deutschen Republik. Letzteres wurde 1920 zuerst

erfolgreich in Zusammenarbeit mit Russland versucht. Man wollte in einem Krieg

gegen Polen eine Aufteilung Polens zwischen Russland & Deutschland erreichen.

Das Vorhaben scheiterte am Sieg Polens.

Am 14. August 1919 unterschrieb Reichspräsident Ebert den Verfassungsentwurf,

der abseits vom unruhigen Berlin in Weimar beraten worden war. Er war eine klare

Absage an das Rätemodell und eine Annäherung an den westlichen

Parlamentarismus. Zentrales Organ war der Reichstag (Legislative), der die

Reichsregierung (Kanzler & Minister) überwachen sollte (Exekutive). Der

Reichspräsident sollte das Gegengewicht zum Parlament schaffen, der sehr viel

Macht in sich vereinigte. Er

• – war Oberbefehlshaber der Armee

• – ernannte den Reichskanzler

• – konnte den Reichstag auflösen

• – konnte Notgesetze erlassen

• – durfte die höchsten Richter bestimmen.

Die Deutschen hatten sich einen Ersatzkaiser geschaffen, der alles nach seinem

Belieben ändern konnte (Art. 48). Es wurden Elemente der direkten Demokratie in

die Verfassung mit einbezogen, die allerdings nur selten Anwendung fand. Es gab

Grundrechte, sie waren allerdings daher, weil sie nicht einklagbar waren, nur wenig

gewichtig. Es durften erstmals Frauen wählen und gewählt werden, was für diese Zeit

ein sehr großer Fortschritt war. Das Verhältniswahlrecht wurde eingeführt und löste

das Dreiklassenwahlrecht ab. Es förderte jedoch die Zersplitterung der Mandate. Die

Erwartungen an die neue Regierung waren groß, sie hatte außen- wie innenpolitisch

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mit vielen wirtschaftlichen und politischen Problemen zu kämpfen und war

sozusagen „zum Erfolg verdammt“.

Verlauf & Niedergang der Weimarer Republik

Die Weimarer Koalition bestand aus SPD, DDP und Zentrum. Beinahe alle anderen

Parteien bekämpften dagegen das neue System. Alle Parteien waren

Interessenparteien, waren vollkommen Koalitionsunfähig und vertraten nur ihre

eigenen Standpunkte. Es gab keine Bereitschaft zu Kompromissen.

Die ersten Jahre der Weimarer Republik waren gezeichnet durch wirtschaftliche

Probleme, innenpolitischer Unruhe aufgrund der wachsenden radikalen Parteien und

regimefeindlichen Beamten in der Regierung („Republik ohne Republikaner“). Der

Extremismus nahm links wie rechts zu, jedoch nahm man den linken Extremismus

sehr viel ernster.

1921 hatte man die deutschen Reparationszahlungen auf 132 Milliarden Mark

festgelegt, wogegen die Deutschen protestierten. 1924 wurden mit dem „Dawes-

Plan“ Erleichterungen erreicht.

Als Deutschland 1923 mit den Reparationen für Frankreich zurücklag, besetzten die

Franzosen das Rheinland als „produktives Pfand“, worauf die Regierung zu passivem

Widerstand aufrief- also den Arbeitern befahl, die Arbeit einzustellen. Diese Monate

fügten der deutschen Wirtschaft einen erheblichen Schaden zu. Doch Ebert verfolgte

ein Ziel mit dieser „Verarmung Deutschlands“: Er hoffte so die

Reparationszahlungen abschütteln zu können, also Deutschland „zu arm“ für weitere

Zahlungen zu machen- auf Kosten des Volkes. Tatsächlich wurden die Reparationen

bald darauf eingestellt, allerdings danach auch wieder aufgenommen. Die Frage blieb

die meiste Zeit ungeklärt.

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Erst am Höhepunkt der Hyperinflation im September 1923, als die Reichsmark

geradezu völlig entwertet war, brach Reichskanzler Stresemann den sog.

„Ruhrkampf“ ab. Die Finanzmisere wurde mit der Währungsreform erfolgreich

bekämpft.

Der Locarno-Vertrag von 1924 besiegelte einen neuen europäischen Frieden und

machte Frankreich zu einem reinen „Selbstverteidigungsstaat“. Außenpolitisch

näherten sich Deutschland und Russland wieder an (Rapallo-Vertrag 1922),

versöhnte sich mit Frankreich und wurde 1926 in den Völkerbund aufgenommen.

In den Jahren bis 1929 stabilisierte sich die Wirtschaft wieder, man nennt sie daher

die „goldenen 20er“, die auch wegen den neuen Medien und deren Blendung so

positiv gesehen wurden. Patriotismus und Führerglaube wurden in diesen Jahren

bewusst gestärkt. Das politische System jedoch war und blieb instabil. Seit dem Tod

Eberts 1925 fehlte der Republik der stabilisierende Faktor. Sein Nachfolger war der

monarchistisch-konservative Hindenburg, der den extremen Rechten nahestand und

die Rolle als „Ersatzkaiser“ völlig ausfüllte.

Der „Young-Plan“ von 1930 regelte letztlich die Reparationen und zwang die

Franzosen, das Rheinland zu räumen.

1929 kam es in den USA zu einer Wirtschaftkrise, die Auswirkungen auf die ganze

Welt hatte. Auch in Deutschland mussten Banken schließen, jeder Dritte wurde

arbeitslos und die Löhne halbierten sich. Der damalige Reichskanzler Brüning hoffte,

die Situation nutzen zu können um die Reparationszahlungen hinfällig zu machen-

man wollte Deutschlands Zahlungsunfähigkeit demonstrieren. In dieser Zeit der

außen- und innenpolitischen Spannungen zerstritt sich die große Weimarer Koalition

aufgrund der Frage, ob die Arbeitslosenversicherung gekürzt werden sollte. 1930 trat

die Regierung zurück.

Bei den neuen Wahlen wurde die NSDAP zweitstärkste Fraktion. Reichskanzler

Brüning erreichte keine Mehrheit mehr im Kabinett und herrschte somit völlig

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autonom- nur noch über Notverordnungen. Der Reichspräsident Hindenburg näherte

sich immer mehr der extremen Rechten an. Im Jahre 1932 entließ er Brüning und

setzte von Papen als Reichskanzler ein. Im neuen Kabinett entstammte niemand mehr

der Arbeiterschaft oder dem Mittelstand („Kabinett der Barone“). Das bis dahin

verhängte SS- und SA-Verbot wurde aufgehoben. Bei den folgenden Neuwahlen

gingen beinahe ausschließlich extreme Parteien als Sieger hervor- eine Mehrheit zu

bilden war wegen den verschiedenen Zielen unmöglich. Bei den nächsten Neuwahlen

ging die NSDAP als stärkste Fraktion hervor. Hitler wurde 1933 Reichskanzler.

Warum scheiterte die Weimarer Republik?

1) „Republik ohne Republikaner“ in Beamtenschaft und Justiz- keine Unterstützung von

innen

2) Verfassungsdualismus: Mixtur aus parlamentarischen und plebiszitären Elementen

3) Art.48: Zu starker Reichspräsident, „Ersatzkaiser“

4) Keine Bildung stabiler Mehrheiten im Parlament: Verantwortungsscheu und –

unfähigkeit der Parteien, zu wenig Kompromissbereitschaft (auch durch

Verhältniswahlrecht)

5) Vertrauensverlust der Bevölkerung durch falsche Propaganda, Inflation,

Arbeitslosigkeit, Rechtsruck des Bürgertums durch patriotisch-nationalistische

Kriegspropaganda, obrigkeitsstaatliches Denken passt nicht zur freiheitlichen

Verfassung

6) Belastungen des Versailler Vertrages

7) Spaltung der linken Parteien macht die Republik schwach

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8) Die Verfassung war eine Mixtur aus verschiedenen Einzelinteressen, ein großer

Kompromiss um die vielen kleinen Extreme zu beruhigen

9) Zu wenig Mut zu mehr Demokratie, man vertraute dem System nicht (Erbe des

Bismarckschen Systems)

10) Die politische Auseinandersetzung wurde immer gewaltsamer, Bürgerkrieg satt

Diskussion

11) Verharmlosung von Rechtsextremismus durch die Justiz

12) Fast durchgehend wirtschaftliche Probleme

ð Die Rufe nach einem „starken Mann“, der endlich wieder Ruhe, Ordnung und

Sicherheit schafft, wurden laut.

Vergleich Weimarer Verfassung/ Grundgesetz der BRD

Weimarer Verfassung Grundgesetz der BRD

Mächtigern Reichspräsident,

„Ersatzkaiser“, wird direkt vom Volk

gewählt (7 Jahre)

Bundespräsident hat vorwiegend

repräsentative Aufgaben, ein Vetorecht,

wird von der Bundesversammlung

gewählt (5 Jahre)

Stellung der Grundrechte ist nicht

geschützt (nicht einklagbar sowie

abänderbar)

Stellung der Grundrechte ist geschützt

(Art. 1- 20)

Wahlrecht mit 20, passiv ab 35 Passives & aktives Wahlrecht ab 18

Verhältniswahl Personalisierte Verhältniswahl (Erst- und

Zweitstimme) mit Sperrklausel (5%)

Reichsrat (Ländervertretung) hat wenig Bundesrat hat Vetorecht, große

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Einfluss Beteiligung & Mitbestimmung

Möglichkeit zum Volksentscheid (z.B.

Young-Plan, Fürstenenteignung)

Keine Volksentscheide auf Bundesebene,

nur auf Landesebene

Vergleich Rätesystem/ Parlamentarische Demokratie

Parlamentarische Demokratie Rätesystem

Mehrheitsprinzip

Bestimmung der Vertreter ohne klassen-

oder produktionsspezifische Unterschiede

durch das Wahlvolk

Klassenherrschaft

Organisation des Wahlvolkes in den

Vollversammlungen von Betrieben,

Truppeneinheiten, bäuerlichen Dörfern etc.

Die Souveränität liegt beim gesamten

Staatsvolk

Die Souveränität liegt beim Proletariat

Kompromiss und Koalition Diktatur

allgemeines Wahlrecht beschränktes Wahlrecht

öffentliche und direkte Wahl

Gewaltenteilung und Kontrolle Zusammenfassung aller exekutiven,

legislativen und rechtsprechenden Gewalt

beim Proletariat; Interessenidentität bei

Exekutive, Legislative und Justiz

freies Mandat:

keine Bindung an Weisungen der Wähler

imperatives Mandat:

– Bindung an die Weisungen ihrer Wähler

bei allen Entscheidungen

– Kontrolle

– Jederzeitige Abwählbarkeit

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Unmittelbarkeit der Wahl bis hinauf in die

höchsten Organe parlamentarischer

Vertretung.

Diese Organe sind nach dem Prinzip der

Gewaltenteilung von der Exekutive und

der Justiz getrennt

Bildung eines Rates auf Gemeindeebene,

der alle Befugnisse (s.o.) in sich vereinigt

Entsendung von Deputierten durch die

Räteversammlungen in den Rat der

nächsthöheren Organisationsebene, die

Räte oberhalb der Gemeindeebene sind

also durchweg aus mittelbarer Wahl

hervorgegangen

In der geschichtlichen Wirklichkeit ist die Rätedemokratie ein Mittel, um bisher

benachteiligte Gruppen (Proletariat) gegenüber dem politisch etablierten Bürgertum

Einfluss zu bringen. Daraus erklärt sich die Abkehr vom Prinzip der Gewaltenteilung.

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ENTSTEHUNG DES EXPRESSIONISMUS

Die Werke des Expressionismus sind geprägt von Gefühlen wie Isolation, Tod,

Zerrissenheit und Überreizung. Entstanden sind sie in einer Zeit, in der sich die

Lebenswirklichkeit der Menschen stark veränderte: Urbanisierung und

Technologisierung schritten voran; gleichzeitig behielt das Bürgertum viele veraltete

Wertvorstellungen bei. Sozialkritische Stimmen und der Ruf nach einem neuen

Menschen wurden immer lauter.

Um dieses veränderte Empfinden darzustellen, schufen die expressionistischen

Literaten neue Techniken. Doch nicht nur die gesellschaftlichen Umbrüche spiegeln

sich in ihren Werken wider: Das neue Medium Film beeinflusste ihre Art zu

schreiben ebenfalls. Der Expressionismus zeigt die innere Wirklichkeit der Autoren

und ist gleichzeitig eine Wortkunst. Der Zeitraum des Expressionismus erstreck sich

von etwa 1905 bis 1925.

Inhaltsverzeichnis [Ausblenden]

• 1 Name der Epoche Expressionismus

o 1.1 Merkmale der Literaturepoche Expressionismus

o 1.2 Formen des Expressionismus

o 1.3 Bekannte Autoren der Epoche

o 1.4 Bekannte Werke der Epoche

o 1.5 Eine besondere Vertreterin des Expressionismus: Else Lasker-

Schüler

o 1.6 Weitere Informationen

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Name der Epoche Expressionismus

Die Bezeichnung „Expressionismus“ hat ihren Ursprung in den lateinischen Wörtern

„ex“ und „premere“. Wörtlich übersetzt bedeuten diese „ausdrücken“; sie stehen aber

im weiteren Sinne dafür, dass etwas von innen nach außen gekehrt wird. Diese

Epoche ist eine Zeit der Ausdruckskunst, in welcher die Autoren ihre innere

Wirklichkeit der Außenwelt zeigen. Dies wird nicht nur durch die Inhalte, sondern

auch durch neue Techniken wie assoziative Sprechtechnik und Aufbrechen der

Syntax erreicht.

Merkmale der Literaturepoche Expressionismus

• In vielen expressionistischen Werken wollen die Protagonisten der Rationalität

und Langeweile ihres Alltags entfliehen. Sie suchen stattdessen Rausch- und

Traumwelten sowie ekstatische Erfahrungen, die ein sinnliches Erleben

ermöglichen.

• Die explosionsartige Vergrößerung der Großstädte und daraus resultierende

Reizüberflutung war einer der Katalysatoren dieser Epoche. Die Menschen

fühlten sich oft in der Anonymität der Großstadt verloren und waren von der

fortschreitenden Industrialisierung überfordert. Auch politische Konflikte

beeinflussten die Autoren dieser Zeit in ihrem Wirken. All diese neuen

Entwicklungen führten zu einem Gefühl der Verlorenheit, das viele

expressionistische Werke thematisch dominiert.

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• Der Expressionismus hat auch revolutionäre Züge: Die Wertvorstellungen des

Bürgertums galten als überholt, spießig und verlogen. Darum sollte der alte

Mensch durch einen neuen Menschen ersetzt werden. Dadurch entstand ein

Generationenkonflikt, der gleichzeitig zu einem politischer Konflikt führte.

Krieg war schon fast eine Wunschvorstellung der Expressionisten, bei der

durch einen großen Knall die Lähmung der Gesellschaft aufgehoben werden

sollte. Aus diesem Chaos sollte dann etwas Neues entstehen.

• Oft sind Tod und das Ende der Welt ein Thema in expressionistischen Werken,

da der Wunsch nach einer neuen Welt besonders unter den jüngeren Menschen

immer größer wurde. Die meisten Autoren des Expressionismus entstammten

dem gebildeten Bürgertum. Sie waren frustriert von der erstarrten Denkweise

ihrer Lehrpersonen, welche die Umwälzungen und ständigen Veränderungen

ihrer Lebenswirklichkeit nicht berücksichtigten.

• Das Bekannte sollte in einem verfremdeten Umfeld gezeigt werden, so zu

einem neuen Sehen führen und die Wahrnehmung der Welt verändern. Ziel

war es, so eine Befreiung von den festgefahrenen politischen, sozialen und

ästhetischen Vorstellungen der Vergangenheit zu erreichen.

• Die Ästhetik des Expressionismus bedient sich unter anderem filmischen

Mitteln wie Schnitt und Montage. Die Autoren sammelten verschiedene

Zusammenhänge und Motive, die sie dann auf eine neue Art und Weise

zusammensetzten. Dies betrifft nicht nur Inhalte, sondern auch die sprachliche

Ebene: Durch Worte werden beispielsweise bestimmte Bilder aufgebaut und

im Anschluss wieder zerstört.

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• Bilder werden oft isoliert voneinander dargestellt. Sie sind aneinandergereiht

und befinden sich nicht unbedingt in einem logischen Zusammenhang

zueinander. Die Teile sollten nach einer Empfehlung von Alfred Döblin

ähnlich wie bei einem zerschnittenen Regenwurm selbständig für sich alleine

stehen können. Diese Art der Wortkunst spiegelt die Isolation und

Entfremdung wider, die viele expressionistische Autoren durch die rasende

Urbanisierung und Entwicklung der Technik empfanden.

• Die Sprache in expressionistischen Werken kann teilweise sehr rudimentär sein.

Die Syntax wurde von manchen Autoren missachtet oder sie nutzen nur

bestimmte Wortarten wie Substantive und Verben. Satzzeichen wurden

weggelassen und Texte stattdessen im Telegrammstil geschrieben. Dies sollte

sinnbildlich für eine Abwesenheit von Ordnung und eine Beschleunigung des

Sprechens stehen.

Formen des Expressionismus

Der Expressionismus hat mannigfaltige literarische Kunstformen wie Zeitschriften,

Lyrik, Prosa und Dramen hervorgebracht. Viele dieser Werke zeichnen sich durch die

Anwendung neuer sprachlicher Techniken und Formen aus. Filmische

Darstellungsarten fanden den Weg in die Erzählungen dieser Zeit, indem die

Gedanken der Protagonisten durch eine schnelle Aneinanderreihung von Gedanken,

den sogenannten Bewusstseinsstrom, eingebaut wurden.

Zeitschriften prägten die Lebenswirklichkeit ihrer Leser durch ihren Ruf nach dem

neuen Menschen und ihre Thematisierung des technischen Fortschritts. Sowohl Lyrik

als auch Prosa lösten altbekannte Zusammenhänge auf und erschufen etwas komplett

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Neues; die Dramen bedienten sich der Stationentechnik, um voneinander

unabhängige Handlungen darzustellen. In allen Formen war eine revolutionäre

Aufbruchsstimmung spürbar.

Bekannte Autoren der Epoche

Wichtige Autoren und Vertreter der Epoche Expressionismus sind:

• Gottfried Benn

• Alfred Döblin

• Georg Heym

• Georg Kaiser

• Else Lasker-Schüler

• Filippo T. Marinetti

• Georg Trakl

• Paul Zech

Bekannte Werke der Epoche

Wichtige Werke der Epoche Expressionismus sind:

• Gottfried Benn: Morgue und andere Gedichte (1912)

• Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz (1929)

• Georg Heym: Der Gott der Stadt (1910)

• Georg Kaiser: Von morgens bis mitternachts (1912)

• Else Lasker-Schüler: Ein alter Tibetteppich (1910)

• Filippo T. Marinetti: Futuristisches Manifest (1909)

• Kurt Pinthus: Menschheitsdämmerung (Sammelband, 1919)

• Ernst Toller: Die Wandlung (1919)

• Georg Trakl: Grodek (1914)

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• Jakob van Hoddis: Weltende (1911)

• Herwarth Walden: Der Sturm (Zeitschrift, 1910–1932)

Eine besondere Vertreterin des Expressionismus: Else Lasker-Schüler

Die expressionistische Literatur ist fast ausschließlich von Männern dominiert –

genauso, wie auch der neue Mensch hauptsächlich als Mann dargestellt wird. Eine

besondere Persönlichkeit dieser Epoche ist darum Else Lasker-Schüler (1869-1945):

Sie war eine Bohémienne, die orientalische Motive und Jerusalem faszinierten.

Sowohl Prosa, Dramatik als auch Lyrik entstammen ihre Feder. Ihren Durchbruch in

der expressionistischen Literaturszene hatte sie 1911 mit dem Gedichtband „Meine

Wunder“. Neben den orientalischen Einflüssen sind Liebe und religiöse Erfahrungen

wiederkehrende Motive in ihrem Werk. Else Lasker-Schüler inspirierte die Lyrik des

bedeutenden Expressionisten Gottfried Benn, den sie 1912 traf. Ihre sprachlichen

Neuschöpfungen und freier Umgang mit der lyrischen Form imponierten ihm sehr,

und die beiden verband eine tiefe Freundschaft. Aus dieser Zeit stammen auch einige

ihrer Gedichte, die sie ihm widmete.

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DIE NATIONALSOZIALISTISCHE DEUTSCHE ARBEITERPARTEI (NSDAP)

Die am 5. Januar 1919 in der aufgeheizten politischen Atmosphäre der Revolution von 1918/19 in München gegründete Deutsche Arbeiterpartei (DAP) war zunächst lediglich eine von vielen kleineren antisemitisch-völkischen Splittergruppen in der bayerischen Hauptstadt. Die Wahrnehmung der DAP als unbedeutender Diskussionszirkel änderte sich, nachdem ihr im Herbst 1919 Adolf Hitler beitrat. Als begabter Redner verschaffte er der Partei zunehmende Popularität in den völkischen Kreisen Bayerns, das zu Beginn der 1920er Jahre das Zentrum rechtsextremer Agitation gegen die verhasste Weimarer Republik darstellte. Am 24. Februar 1920 erfolgte auf der mit 2.000 Besuchern ersten Massenveranstaltung der DAP im Münchner Hofbräuhaus die Umbenennung in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP). Innerhalb weniger Monate verstand es Hitler, dank seines Agitationstalents für die Partei unersetzbar zu werden und sie in seinem Sinn zu instrumentalisieren.

Weltanschauung und Propaganda

Unter der Drohung auszutreten, entschied er Auseinandersetzungen innerhalb der NSDAP für sich. Am 29. Juli 1921 übertrug ihm die Generalmitgliederversammlung den Parteivorsitz mit diktatorischen Vollmachten, den Hitler bis zu seinem Selbstmord am 30. April 1945 innehatte und der es ihm bereits zu Beginn der 20er Jahre erlaubte, die Partei auf seine Person auszurichten.

Geprägt von einem aggressiven Antisemitismus und einer radikalen völkischen Weltanschauung blieben die 1920 im 25-Punkte-Programm dargelegten Zielsetzungen der NSDAP bewusst unscharf formuliert. Die Partei verstand sich in erster Linie als "Bewegung" zur Mobilisierung der Massen. Alle "arischen" Deutschen sollten im Sinne einer "Volksgemeinschaft" in ihr erfasst werden. Zutiefst verachtete die NSDAP den Parlamentarismus und die politischen Parteien der

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Weimarer Republik, die sie für soziale Gegensätze und die "widernatürliche Spaltung des Volkes" verantwortlich machte. Ihre wichtigste Aufgabe sah die Partei im Kampf gegen den Versailler Vertrag und das "internationale Judentum". In leidenschaftlichen Reden - zumeist abgehalten in lärmenden Bierhallen - appellierte Hitler als "Heilsbringer" und "Trommler für die nationale Sache" mit schlagkräftigen Parolen an die Emotionen seiner Zuhörer, von denen rund ein Viertel Frauen waren.

Wie keine zweite Partei verstand es die NSDAP, durch pausenlose, geschickt inszenierte Aufmärsche ihres Wehrverbands Sturmabteilung (SA) mit Fahnen und Uniformen eine für viele Menschen verführerische Faszination auszuüben. Provokationen, einprägsame Plakate und Symbole wie das Hakenkreuz als Parteiabzeichen oder das dem linken politischen Gegner entliehene Rot als auffällige Leitfarbe waren zentrale Bestandteile der NS-Propaganda. Wichtiges Agitationsinstrument war die parteieigene Wochenzeitung "Völkischer Beobachter", die ab Februar 1923 als Tageszeitung erschien. Im Oktober 1922 hatte sich die von Julius Streicher geführte "Deutsch-Sozialistische Partei" mit ihren 2.000 Mitgliedern der NSDAP angeschlossen.

Obwohl sich in vielen Orten des Deutschen Reichs nationalsozialistische Gruppierungen sammelten, war die NSDAP Anfang der 20er Jahre weitgehend auf Bayern mit dem Parteizentrum München beschränkt. Hier erfreute sie sich bester Verbindungen zu rechten Kreisen aus Reichswehr, Politik und Wirtschaft. Da Hitler zur Erlangung der politischen Macht die Teilnahme an Wahlen ablehnte und stattdessen unverhohlen Putschpläne gegen die verhasste "Judenrepublik" äußerte, war die NSDAP ab November 1922 in Preußen verboten. In Bayern hingegen konnte die rund 20.000 Mitglieder zählende NSDAP Ende Januar 1923 ihren ersten Reichsparteitag durchführen.

Inflation und Hitler-Putsch

Die Inflation im Deutschen Reich brachte Millionen von Menschen 1923 um ihre Ersparnisse. Offiziell noch gültige, aber eigentlich wertlose Geldscheine bedruckten die Nationalsozialisten auf der Rückseite mit antijüdischen Karikaturen und führten so vor Augen, wen sie für die wirtschaftliche und finanzielle Katastrophe verantwortlich machten. Als Deutschland schließlich auch im politischen Chaos zu

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versinken drohte und über das Deutsche Reich der Ausnahmezustand verhängt wurde, schien die Situation für den ersehnten Putsch gegen die Republik günstig. Wie die Nationalsozialisten verachteten viele Menschen in Deutschland zutiefst die "verjudete" Weimarer Republik, deren Repräsentanten den Versailler Vertrag unterzeichnet hatten und der man die wirtschaftlichen und sozialen Missstände der ersten Nachkriegsjahre anlastete.

Ein großer Teil der deutschen Bevölkerung war aufgrund von Inflation, Not und ungesicherter Zukunft unzufrieden mit den demokratischen Verhältnissen und damit empfänglich für radikale Parolen und vermeintlich einfache politische Lösungen. Diese systemfeindliche Stimmung wollten Hitler und seine Anhänger ausnutzen, als sie nach Vorbild von Benito Mussolinis "Marsch auf Rom" von 1922 am 9. November 1923 den "Marsch auf Berlin" zu initiieren versuchten. Der Hitler-Putsch endete allerdings nach nur wenigen hundert Metern an der Münchner Feldherrnhalle in einem Desaster. Vier Polizisten und 14 Demonstranten kamen bei Schusswechseln ums Leben. Die NSDAP wurde im November 1923 reichsweit verboten und Hitler im April 1924 wegen "Hochverrats" zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Die letztlich rund achtmonatige Haft in Landsberg nutzte Hitler, um in dem programmatischen Werk "Mein Kampf" seine von Rassendoktrin und Sozialdarwinismus geprägte Weltanschauung zu beschreiben.

Als Hitler wegen "guter Führung" am 20. Dezember 1924 vorzeitig aus der Haft entlassen wurde, befanden sich die Reste der NSDAP in einer schweren Krise. Mitputschisten wie Gregor Strasser und Erich Ludendorff hatten sich in der Nationalsozialistischen Freiheitspartei gesammelt, andere wie Julius Streicher und Alfred Rosenberg waren Mitbegründer der "Großdeutschen Volksgemeinschaft". Hitler lehnte nach der Haftentlassung den Beitritt zu einer der beiden miteinander konkurrierenden Splittergruppierungen ab und erreichte am 26. Februar 1925 die Neugründung der NSDAP. Auf der "Bamberger Führertagung" ein Jahr später gelang es ihm, die Verankerung antikapitalistischer Forderungen nach einem "nationalen Sozialismus" und Verstaatlichung der Wirtschaft, wie es vor allem die Brüder Gregor und Otto Strasser sowie anfänglich auch Joseph Goebbels forderten, in das Parteiprogramm zu unterbinden und seine parteiinterne Machtstellung endgültig zu manifestieren.

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Der Aufstieg zur Massenpartei

Als Konsequenz aus dem gescheiterten Hitler-Putsch von 1923 verfolgte die NSDAP ab 1925 eine Taktik der Legalität. Nicht durch einen gewaltsamen Umsturz sollte die Republik beseitigt werden, sondern durch Teilnahme an Wahlen und durch Vergrößerung der nationalsozialistischen Bewegung, die in der Konsolidierungsphase ab Mitte der zwanziger Jahre zunehmend in eine Hitler-Bewegung überging, in der Hitler - nun auch im offiziellen Sprachgebrauch der Partei als "Führer" bezeichnet - die uneingeschränkte Autorität besaß. Der "Führerkult" und Hitlers Charisma wurden zu zentralen Elementen der NSDAP, die 1926 für Parteigenossen den Hitlergruß einführte. Zwischen 1925 und 1930 stieg die Mitgliederzahl der Partei von 27.000 auf rund 130.000. Trotz des beträchtlichen Mitgliederzuwachses waren die Wahlergebnisse aufgrund der relativen politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung in der zweiten Hälfte der 20er Jahre für die Führung der NSDAP enttäuschend. Bei der Reichstagswahl 1928 erreichte sie lediglich 2,6 Prozent der Stimmen.

Begleitet vom Straßenterror der SA avancierte die NSDAP nach 1930 zu einem Auffangbecken für alle Gegner der nicht vom Volk durch Wahlen legitimierten Präsidialkabinette. Bis Januar 1933 erhöhte sich ihre Mitgliederstärke auf rund 850.000. Aufmärsche und pausenlose Agitation lockten vor allem Jugendliche und junge Männer an die NSDAP oder ihre Gliederungen wie Hitler-Jugend (HJ) oder SA. Obwohl sich die Parteimitglieder zu einem Großteil aus dem Mittelstand rekrutierten, wies die NSDAP mit einem starken Arbeiteranteil eine ausgewogenere Sozialstruktur als alle anderen Parteien der Weimarer Republik auf. Als neuartige und sich modern darstellende "Volkspartei" warb sie in allen sozialen Schichten erfolgreich um Mitglieder und Wähler.

Der Weg zur Macht

Die von der NSDAP mit der DNVP, dem Stahlhelm und dem Alldeutschen Verband 1929 initiierte Kampagne für den Volksentscheid gegen den Young-Plan steigerte das Ansehen der Nationalsozialisten im rechten Lager enorm. Schließlich profitierte die NSDAP wie keine andere Partei von der Weltwirtschaftskrise, die einen fruchtbaren Nährboden für antikapitalistische, antiliberale und vor allem für antisemitische Propaganda gegen das "internationale Finanzjudentum" bot. Unter den Auswirkungen

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der Wirtschaftskrise und der Massenverelendung feierte die NSDAP bei der Reichstagswahl vom 14. September 1930 einen erdrutschartigen Wahlerfolg: Mit 18,3 Prozent wurde sie zweitstärkste Partei und konnte die Zahl ihrer Reichstagsmandate von 12 auf 107 erhöhen. Kurz nach der Wahl trat Hitler Gerüchten über nationalsozialistische Putschpläne entgegen und legte am 25. September 1930 einen "Legalitätseid" ab, wonach die NSDAP nur legal um die Macht kämpfe. Doch ließ er keinen Zweifel daran aufkommen, dass er das politische System nach Erhalt der Macht radikal ändern würde. Um ihre Geschlossenheit im Kampf gegen die Weimarer Republik zu demonstrieren, schlossen sich im Oktober 1931auf Betreiben Hitlers und Alfred Hugenbergs die NSDAP und die DNVP mit einer Reihe nationalistischer Verbände zur "Harzburger Front" zusammen.

Als die Leitartikel großer deutscher Tageszeitungen zum Jahreswechsel 1932/33 bereits das nahe Ende der Hitler-Bewegung prophezeiten, mobilisierte die Partei noch einmal alles, um bei der Landtagswahl in Lippe Mitte Januar 1933 den Wählertrend umzubiegen. Mit 39,5 Prozent konnte die NSDAP in Lippe gegenüber der Reichstagswahl im November 1932 fünf Prozent zulegen. Von der NS-Propaganda wurde die Stimmenzunahme als Trendwende gefeiert, um die Hoffnung der NSDAP-Anhänger auf die ersehnte Machtübernahme auf Reichsebene am Leben zu erhalten. Tatsächlich bot im Januar 1933 der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen - von Hindenburg mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt - Hitler in einem Geheimtreffen die Kanzlerschaft in einem national-konservativen Kabinett an. Nur für wenige Monate, so die verhängnisvolle Fehleinschätzung vieler konservativer Politiker, sollte die NSDAP mit ihrer Massenbasis dem am 30. Januar 1933 eingesetzten Kabinett der "nationalen Konzentration" unter Reichskanzler Hitler parlamentarisch den Rücken freihalten, bevor die NSDAP politisch verschlissen sei.

Vor allem Nichtwähler wurden bei der Reichspräsidentenwahl 1932 und der Reichstagswahl vom 31. Juli 1932 mobilisiert. Eine starke Wählerbewegung zu der politisch noch unverbrauchten NSDAP kam von den konservativ-liberalen Parteien, denen immer weniger Menschen zutrauten, der katastrophalen Wirtschaftskrise Herr werden zu können. Viele Wähler waren überzeugt, in Hitler ihre "letzte Hoffnung" zu finden. Als überragender Sieger der Reichstagswahl vom Juli 1932, aus der die NSDAP mit 37,4 Prozent als stärkste Partei hervorging, verlangte Hitler kompromisslos die ganze politische Macht, die ihm Reichspräsident Paul von Hindenburg jedoch noch verweigerte. Hitler pokerte hoch, als er die ihm angebotene

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Vizekanzlerschaft ablehnte - denn der frustrierte Massenanhang der NSDAP begann bereits zu bröckeln. Trotz massiver finanzieller Unterstützung durch Großindustrielle wie Fritz Thyssen, Albert Vögler oder Emil Kirdorf war die Parteikasse durch kostspielige Wahlkampfführungen leer, das Geld für weitere Agitation und Propaganda fehlte. Der sich mit der Reichstagswahl vom 6. November 1932 fortsetzende Abwärtstrend stürzte die Partei tief in die Krise.

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HITLERS AUFSTIEG ZUR MACHT

Was machte Adolf Hitler und seine Partei in den Jahren 1929 bis 1932 so

attraktiv?

Warum glaubten so viele, dieser Mann könne sie aus dem Elend der

Weltwirtschaftskrise und des Versailler Diktats erlösen und ihnen den Weg in

eine bessere Zukunft ebnen?

Warum schwärmte der spätere Widerständler, Sozialist und Dissident Robert

Havemann anfangs für die „nationale Bewegung“ und schrieb am 31. März 1933 an

seine Eltern: „Ob es gelingen wird, den Juden ihre unrechtmäßigen Privilegien zu

entreißen? Schließlich ist der Russe sogar mit der ,Bourgeoisie‘ in seinem Lande

fertig geworden, ohne dass das Ausland ihn hätte boykottieren können. Ich glaube,

dass dies der nationalen Bewegung in Deutschland mit der nötigen eisernen Energie

auch in Bezug auf die Juden gelingen wird.“

Wie mein damals 20-jähriger Vater wird auch Havemann 1932 mal linke, mal rechte

politische Versammlungen besucht und deshalb neben der nationalen Bewegung auch

„den Russen“ für die bolschewistische Energie bewundert haben. Totalitäre Utopien

hatten Konjunktur. Die Lust am gewalttätigen politischen Umsturz teilten viele.

Havemann sagte es so: „Deutschland erwartet doch heute von Hitler, dass er sein

gegebenes Versprechen einlöst, auch wenn es Köpfe kosten sollte.“ Junge

Kommunisten verabschiedeten sich 1932 mit dem Gruß „Bis bald in Sowjet-

deutschland“, SA-Männer sangen „Die Knechtschaft dauert nur noch kurze Zeit“.

Bei den Reichstagswahlen im Juli 1932 stimmten knapp 60 Prozent der Wähler gegen

die Republik: 14,5 Prozent für die KPD, 37,4 für die NSDAP und 6,2 Prozent für

Hugenbergs antidemokratische Deutschnationale Volkspartei. Die NSDAP

rekrutierte ihre Stimmen aus allen sozialen Klassen: etwa 60 Prozent aus der alten

Mittelschicht und den neuen Zwischenschichten, den langsam aufsteigenden kleinen

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Angestellten, Beamten und Selbstständigen, immerhin 40 Prozent aus dem

Arbeitermilieu.

Hitler stand für das Neue

Anders als die linksradikalen Gegner der Republik führte Hitler keine Klassenpartei,

sondern die erste moderne Volkspartei. Bauern und Städter, Arbeiter und Bürger

sprachen ihr zu, Nord- und Süddeutsche, Katholiken und Protestanten, Junge und

Alte, Männer und Frauen. Ebendeshalb hatte die NSDAP früh ihre sozial

weitgefächerten Massenorganisationen aufgebaut: für Frauen und reitende Ärzte, für

Lehrer ebenso wie für Freunde des Kraftfahrzeugs, für Jugendliche, Juristen,

Kulturschaffende, Bierproleten, Studenten oder Bauern.

Dagegen verstanden sich die konkurrierenden Parteien als Organisationen bestimmter

Gruppen. SPD und KPD vertraten die Arbeiter, die liberalen Parteien das gehobene

Bürgertum. Die Deutsche Zentrumspartei war strikt katholisch ausgerichtet, ebenso

wie die Bayerische Volkspartei.

Hitler stand für das Neue. Seine Partei wurde von jungen Kadern getragen, die

zumeist aus den aufstiegsorientierten unteren Schichten des Volkes stammten. Besser

als die überalterten Funktionäre der SPD kannten sie die Not des Alltags. Mit „Mein

Kampf“ hatte Hitler ein Bekenntnisbuch vorgelegt, in dem sich das Programm aus

der eigenen Biographie erklärte. In der Gegenwart veröffentlichen viele Politiker

Bücher nach dem literarischen Strickmuster von „Mein Kampf“. Vorher hatte es

dieses Genre jedoch nicht gegeben. Allenfalls verfassten Politiker am Ende ihrer

Laufbahn Memoiren mit Titeln wie „Ereignisse und Gestalten“.

Unter der Parole „der Führer über Deutschland“ unternahm Hitler 1932 vier

„Deutschlandflüge“ mit rund 200 Auftritten, während die Konkurrenz per Bahn

heranratterte. Seine Reden begann er stets mit „Volksgenossinnen und

Volksgenossen!“. Hitler genderte als einer der Ersten. Seine Konkurrenten schnarrten

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„Meine Herren!“ oder bevorzugten wie Ernst Thälmann ein markiges „Genossen!“.

Während die KPD weit überwiegend von Männern gewählt wurde, fand Hitler unter

Frauen Zuspruch. Bei den Reichstagswahlen im März 1933 votierten in Leipzig 34

Prozent der Männer, aber 39 Prozent der Frauen für die NSDAP. Ähnlich verhielt es

sich in Magdeburg, Bremen und Ansbach – Städten, in denen gleichfalls

Sonderauszählungen vorgenommen wurden.

Nationaler Sozialismus

Anders als die Sozialisten predigte Hitler nicht den internationalen, sondern den

nationalen Sozialismus. In dem von Friedrich Naumann 1897 geprägten Kompositum

Nationalsozialismus verbinden sich zwei egalitäre Ideen: die nationalrevolutionäre,

die Rechtsgleichheit unter denjenigen erstrebt, die zu einem bestimmten

Volkskollektiv gezählt werden, und die soziale Gleichheitsidee. Die zunächst oft

gegensätzlich verstandenen Programme stammten aus dem 19. Jahrhundert. Doch

entstand im Ersten Weltkrieg eine Situation, in der beide Ideen einander

„durchquerten, aufeinander wirkten und letzten Endes sich doch irgendwie zu

vereinigen strebten“. So der Historiker Friedrich Meinecke 1946, der unter Hinweis

auf Hitler hinzufügte: „Die große, in der Luft liegende Idee, die Verschmelzung der

nationalen und der sozialistischen Bewegung, fand in ihm ohne Frage ihren

brünstigsten Verkünder und den entschlossensten Exekutor.“

Wie sich Hitler das vorstellte, erläuterte er Ende 1926 in Stuttgart. Er malte aus,

Deutschland könne der Versailler Knechtschaft entrinnen, „wenn seine 16 Millionen

Menschen von links fanatische Nationalisten und seine 14 Millionen Menschen von

rechts glühende Anhänger einer sozialen Gerechtigkeit geworden sind“. Wer

dazwischen stehe, gehöre zur „politisierenden ,Bourgeois‘-Gilde“, die ohnehin

weggefegt gehöre, und zwar von „Proletariermassen, die zum Äußersten aufgehetzt

und zum Letzten entschlossen sind“.

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Seine magnetischen Kräfte entfaltete das nationalsoziale Projekt erst mit der 1929

beginnenden Weltwirtschaftskrise. Hitler schaffte es nicht, alle lohnabhängigen

Wähler auf seine Seite zu ziehen, doch ausreichend viele, und zudem die KPD zu

nationalisieren. Drei Wochen vor der Reichstagswahl am 14. September 1930

zeichnete sich ein gewaltiger Stimmenzuwachs für die NSDAP ab. Von den Nazis

getrieben, verabschiedete die KPD deshalb Ende August 1930 ihre „Proklamation zur

nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“. Darin warf sie der

mitregierenden SPD „Erfüllungspolitik“ gegenüber Frankreich vor und deshalb

„Hoch- und Landesverrat an den Lebensinteressen der arbeitenden Massen

Deutschlands“.

KPD ähnliches Programm wie NSDAP

Wie die NSDAP erklärte die KPD, „dass wir im Falle unserer Machtergreifung alle

sich aus dem Versailler Vertrag ergebenden Verpflichtungen für null und nichtig

erklären werden“. Zur Herrschaft gelangt, werde man „mit eiserner Faust jede

Spekulation zerschmettern“. Wie Hitler forderte die KPD im Frühjahr 1932 den

Austritt aus dem Völkerbund und die Rückgabe aller – wirklich aller! – Gebiete, die

Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg verloren hatte und so „territorial

verstümmelt“ worden sei. Ebenfalls 1932 veröffentlichte die KPD diesen vom

Zentralkomitee autorisierten Text: „Jüdisches und nichtjüdisches Kapital sind

untrennbar miteinander versippt und verquickt, auf Gedeih und Verderb miteinander

verbunden. Jüdisches Geld nährt auch den Faschismus. Faschistische Streikbrecher

stehen im Sold jüdischer Industrieller.“ Angesicht solcher Programme mochte sich

mancher Schwankende gefragt haben: Warum nicht gleich das Original wählen?

Immer wieder wird gesagt, Hitler habe seine Macht nach dem 30. Januar 1933 mit

den Mitteln des Terrors gefestigt. Das ist nicht falsch, aber nur die halbe Wahrheit.

Nach kaum vierwöchiger Amtszeit senkte die NS-Regierung die

Krankenscheingebühr von 50 auf 25 Pfennige. Im Dezember wurden zudem die

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Rezeptgebühr halbiert, Mindestlöhne für Heimarbeiter eingeführt und die Steuerlast

für Ehepaare mit Kindern deutlich gemindert. Am 10. April 1933 erklärte die

Regierung den 1. Mai zum Feiertag und erfüllte damit eine alte Forderung der

Arbeiterbewegung.

Zuvor hatte die Regierung bereits Zehntausende rechtsgültige Pfändungstitel gestoppt

und den Vollstreckungsschutz für Landwirte, unverschuldet in Geldnot geratene

Mieter und Ratenkäufer verfügt, denen Pfändung, Zwangsversteigerung oder

Exmittierung drohten. Hermann Göring erklärte: „Der Hauseigentümer, der

unbarmherzig und skrupellos arme Volksgenossen um Nichtigkeiten willen

obdachlos macht, hat den Schutz des Staates in diesem seinem Treiben verwirkt.“

Zudem versprach Hitler: Arbeit, Arbeit, Arbeit. Viele Zehnmillionen Deutsche lebten

damals an der Existenzkante. Die Arbeitslosenquote betrug 30 Prozent; die

Reallöhne, Gehälter, Renten und Pensionen waren seit 1929 um mindestens 20

Prozent gefallen.

Die simplen, aber populären sozialpolitischen Geschenke finanzierte die NS-

Regierung mit Hilfe schnell anwachsender Staatsschulden. So konnte Hitler in den

ersten Monaten und Jahren zusätzliches Vertrauen erringen, das weit über den Kreis

seiner ursprünglichen Wähler und Wählerinnen hinausreichte. Die Methoden, die er

insoweit anwandte, gelten gemeinhin nicht als nazistisch – aber anders als die

Tiraden in „Mein Kampf“ funktionieren sie noch immer.

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DIE NATIONALSOZIALISTISCHEN IDEOLOGIE

Der Zweite Weltkrieg liegt über 50 Jahre zurück. Die Folgen des Krieges sind in

seinen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen bis zum

heutigen Tag spürbar. Hauptverantwortlicher für einen Krieg, der über 50 Millionen

Menschenleben gekostet hat, waren die Nationalsozialisten; an Ihrer Spitze: Adolf

Hitler. Der Nationalsozialismus war nach innen totalitär, anerkannte keine

Grundrechte des einzelnen und bekämpfte Kommunismus, Sozialismus,

Liberalismus, Menschen mosaischen Glaubens und auch die christlichen Kirchen;

nach außen war er aggressiv, expansiv mit nihilistischer Prägung.

Die hier angesprochene Thematik behandelt nicht das ganze schreckliche Ausmaß,

die der Nationalsozialismus über die Menschen gebracht hat, sondern gliedert den

Aufbau der Ideologie in seinen fünf wesentlichen Punkten.

Die Ideologie des Nationalsozialismus

Um zum Thema hinzuführen erkläre ich erst mal den Begriff Ideologie: Die Ideologie

ist eine Weltanschauliche Konzeption, in der Ideen der Erreichung politischer und

wirtschaftlicher Ziele dienen. Durch völkisch- antisemitische, nationalistische und

imperialistische, rassenbiologische und sozialdarwinistische, antidemokratische und

antimarxistische Vorstellungen wurde Hitlers persönliches Weltbild geprägt, das von

zwei Ideensträngen zusammen gehalten wurde. Von einem radikalen, universalen

Rassensemitismus und von der Lebensraumtheorie. Da diese beiden Ideenstränge

schon anderswo vielfach vorgetragen wurden, sowie durch entsprechende politische

Bewegungen in der Weimarer Republik, waren sie einem größerem Publikum schon

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vertraut. Als sich Hitler in Gefangenschaft befand, schrieb er sein Werk: "Mein

Kampf", in das er seine Weltanschauungen zusammenfasste.

Der Rassegedanke war ein Teil "seiner" Ideologie. Die Menschheit wurde von ihm in

verschiedene Teile eingestuft. Jede Rasse hatte unterschiedliche Werte. Die höchste

und wertvollste Rasse waren die Arier, sie sind rassisch- hochwertig und allein

kulturfähig. Hitler benutzte Darwins Theorien, die aufs Tierreich bezogen waren, für

seine Zwecke und bezog sie auf den Menschen. Völker und Rassen galten ihm als in

sich abgeschlossene Arten; jede Vermischung war ein Verstoß gegen die Natur und

ein Grund für den Verfall. Zwischen Rassen und Völker herrsche das Gesetz des

ewigen Kampfes, um Selbsterhaltung, Vermehrung, und Erweiterung ihres

Lebensraumes.

Für Hitler gibt es stärkere und schwächere Rassen. Die hochwertige Rasse überlebt

und die minderwertige Rasse stirbt aus. Das ist der aristokratische Grundgedanke der

Natur. Rassisch- hochwertig und allein kulturfähig sei einzig die arische Rasse. Doch

minderwertig und kulturzerstörend sind z.B. die Slawen oder die Juden. Ein Zitat von

" Mein Kampf": "... die Juden sind rassisch- minderwertig und unfähig einen

lebensfähigen Staat zu bilden..."

Der antisemitische Grundgedanke kam nicht von Hitler, denn Antisemitismus gab es

auch schon im Kaiserreich. In dieser Zeit war die Abneigung gegenüber den Juden

bloß noch nicht so stark ausgeprägt. Alle Vorgänge in der Welt, die Hitler

beunruhigten, wurden auf die Juden zurückgeführt. Antisemitismus diente den

Nationalisten als Erklärungsmuster für alles nationale, wirtschaftliche und soziale

Unglück, das die Deutschen seit dem verlorenen Ersten Weltkrieg erlitten hatten, und

Antisemitismus war das Schwungrad mit dem Hitler seine Anhänger in Bewegung

brachte. Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung rassistischer und antisemitischer

Vorstellungen spielte der Wagner- Kreis in Bayreuth, der den Mythos von "Ariern"

und "Germanen" durch Bühnenspiel für gebildetes Publikum hoffähig machte. 1933

wurde mit dem "Gesetz zur Wiederherstellung des Bürgertums" den "Nichtarischen"

Menschen die Stelle als Beamter genommen. Durch die Nürnberger Gesetze

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(Reichsparteitag) 1935 wurden den Juden jegliche Rechte entzogen. Der

nationalsozialistische Antisemitismus verfolgte das Ziel die "nordischen" Rassen

höherzuzüchten und durch Ausmerzung minderwertiger Rassen zu reinigen.

Der Ariermythos; Hitler verfolgte das Menschenbild des Ariers. Der Arier sollte auf

die eigene Meinung verzichten, seine geistige Fähigkeit sollte nicht entscheidend sein

, sondern seine Bereitwilligkeit. Das Blut des Ariers sollte rein sein, das heißt das

keine "minderwertigen Rassen" im Erbgut vorhanden sein dürfen. Der Arier müsse

groß, stark gebaut sein und blonde Haare und blaue Augen haben müssen. Das

Führerprinzip; Hitler hatte auch bestimmte Vorstellungen welche

Charaktereigenschaften ein Führer haben muss. Der Führer ist das Oberhaupt des

Volkes. Er entscheidet über den allgemeinen Volkswillen (keine

Mehrheitsentscheidung). Der Führer symbolisiert in bestimmter Hinsicht das

Ergebnis eines "trägen Volkes", das die Entscheidungen gerne auf die "Regierung"

beruhen lässt und sich selbst nicht, oder nur kaum mit Politik bzw. politischen

Problemen auseinandersetzt. Der Führer hat sich gegen die christliche Religion

auszusprechen, er ist ein "Ersatzgott" und seine Ideologie eine "Ersatzreligion".

Die Lebensraumtheorie ist eng mit dem Rassegedanke verbunden, denn der ewige

Lebenskampf der Rassen und Völker, ist der ewige Lebenskampf um den

Lebensraum. Diese These kann man wieder aufs Darwin Theorien zurückschließen.

Für Hitler ist der Krieg notwendig um Lebensraum zu gewinnen und das vor allem

im Osten (Expansion im Osten). Ein Zitat aus "Mein Kampf":"...Deutschland wird

entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein...".

Welche Gründe führten Hitler zum Erfolg "seiner" Ideologie?

Seine ideologischen Formeln klangen vertraut, zugleich griffig und populistisch

formuliert. Er bot eine einfache Antwort auf eine komplizierte und bedrohliche

Wirklichkeit. Er bot auch eine einfache Erklärung der jüdischen Weltverschwörung,

welche eine mächtige Anziehungskraft auf die breite Masse besaß. Das Volk sah in

Hitler den Retter und sozialen Wohltäter, den sich nach Jahren der politischen und

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sozialen Identitätskrise erwartet hatten. Er berührte sich mit Denkweisen aus der

traditionellen Lebenswelt von Monarchie, Militär und Jugendbewegung, daher

neigten bürgerliche Schichten und auch Unterschichten zur Fehleinschätzung der

politischen und sozialen Wirklichkeit des Führers. Sie nahmen nur das wahr, was sich

mit ihren Einstellungen in Übereinstimmung bringen ließ.

Innenpolitische Grundsätze der NSDAP

Innenpolitische Grundsätze:

• Gleiche Rechte und Pflichten für alle Staatsbürger

• Staatsbürger können nur Menschen deutschen Blutes sein

• Gemeinnutz geht vor Eigennutz

• Abschaffung des mühelosen Einkommens ("Brechung der Zinsknechtschaft")

• erste Pflicht jeden Staatsbürgers ist die geistliche und körperliche Arbeit

Weitere Ziele:

• Ausbau der Altersversorgung

• Schaffung eines dt. Gemeinrechtes, Bodenreform

• Ausbau des Volksbildungswesen

• Hebung der Volksgesundheit

• Bildung eines Volksheeres

Außenpolitische Grundsätze:

• Zusammenschluß aller Deutschen zu einem Großdeutschland

• Gleichberechtigung

• Aufhebung der Versailler Verträge und St. Germain

• Forderung nach mehr Land und Boden (Kolonien)

• Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose

Germanisierung

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• Beherrschung Europas

Mittel der Umsetzung:

• Aufbau einer starken Armee

• suche nach Bündnisspartnern

• Ankurbelung der Wirtschaft

• später: Umstellung auf Kriegswirtschaft (Aufrüstung) -> Krieg

Nationalsozialistische Herrschaft - Absichten und Ziele

Seit dem 30. Januar war Hitler Reichskanzler. Am 3. Februar 1933 legte er den

führenden Offizieren der Reichswehr seine Absichten & Ziele offen:

• Straffe Führung des Staates. Todesstrafe auf Landes- und Volksverrat.

Ertüchtigung der Jugend, Stärkung des Wehrwillens, Ausrottung des

demokratischen/kommunistischen Gedankens.

• Kampf gegen Versailles.

• Alles auf innere Wirtschaft ausrichten. Ausweitung des „Siedlungsgebietes“.

• Aufbau der Wehrmacht. Allgemeine Wehrpflicht. Ausrottung des Pazifismus,

Kommunismus, Bolschewismus. Eroberung neuer Exportmöglichkeiten. Neues

Land. Das Innere ist nicht ihre Aufgabe, keine Verquickung Heer <-> SA.

• Der Reichstagsbrand : Zweierlei Dinge waren wichtig, das hatte Hitler

gemerkt:

Zusammenfassung aller Macht in seiner Hand Die Ausschaltung der Gegner in

Staat und Partei.

Der erste Schritt dazu sollte eine erneute Reichstagswahl sein. Es war die Hoffnung

Hitlers, wirklich die Mehrheit der Deutschen hinter ihn zu bringen. Bisher war er ja

nur der Führer der stärksten Partei. Am 5. März 1933 sollte die Neuwahl stattfinden.

Am 27. Februar stand plötzlich das Gebäude des Reichstages in Flammen. Hitler liess

sofort verkünden, es seien Kommunisten gewesen. Nach in der Nacht unterzeichnete

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von Hindenburg eine Notverordnung „zum Schutz vor kommunistischen

Gewaltakten“, die alle wichtige Verfassungspunkte der Weimarer Republik ausser

Kraft setzte. Nun konnten ganz legal Kommunisten und andere Gegner verhaftet,

Zeitungen verboten, Telefone abgehört werden.

Heute spricht vieles dafür, dass es ein junger Holländer war, ohne Ziel und ohne

Hintermänner. Den Nazis kam dieser Brand jedoch sehr entgegen, musste doch die

Notverordnung auch zehn Jahre nachher noch herhalten, um katholische Priester

verhaften zu lassen. Einige Historiker sind sogar der Meinung, daß der Brand auf

Anordnung Hitlers gelegt wurde.

Die Uniformierung des Lebens

Die Uniformierung des Lebens : Das Bemühen der Nazis war, durch alle Bereiche

des Lebens zu dringen. Braune Uniformen waren das Kennzeichen der Nazis. Es gab

eine Anzahl verschiedene Unterorganisationen:

• Das „Deutsche Jungvolk“ (DJ)

• Die „Hitlerjugend“ (HJ)

• Der „Bund Deutscher Mädel“ (BDM)

• Die „Schutzstaffeln“ (SS)

• Das „Nationalsozialistische Kraftfahrerkorps“ (NSKK)

• Das „Nationalsozialistische Fliegerkorps“ (NSFK)

Das Abzeichen der Partie war ein schwarzes Hakenkreuz in weissem Kreis auf rotem

Grund. Das Hakenkreuz war ein Sonnensymbol aus der Bronzezeit. Die

Hakenkreuzfahne ersetzte das Schwarz-Rot-Gold der Weimarer Republik.

Die „Erfassung“ der Deutschen : Propaganda rieselte nun immer mehr auf die

Deutschen nieder; Das Leben in den Schulen und in den Betrieben wurde

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„gleichgeschaltet“, auf den Führer ausgerichtet. Die Jugend : Es war ein besonderes

Anliegen der Nazis, die Jugend für sich zu gewinnen. In einer staatlichen

Organisation, der „Hitlerjugend“, wurden die Jungen straff zusammengefasst.

Zeltlager und Lagerfeuer, Aufmärsche und Geländeübungen, Kleinkaliberschiessen

und Handgranatenwerfen, das sollte die Jugend „zusammenschweissen“ und sie auf

die Aufgabe als „Garanten der Zukunft“ vorbereiten.

Wichtigste Ideologien der NSDAP

Grundlagen:

• Programm der Partei von 1920

• Hitlers Buch: "Mein Kampf" u.a.

Sozialdarwinismus:

• Anfänge u.a. schon zu Beginn des Imperialismus

• der Stärkere hat das Recht zu Überleben -> Die stärkere Nation kann über die

schwächere herrschen ! (Hitler benutze Darwin Idee, die aufs Tierreich

bezogen war, für seine Zwecke und bezog sie auch auf die Menschen)

Antisemitismus: (Lehre gegen das Judentum)

• gab es schon vorher in kleinerer Form im Kaiserreich

• Juden stehen an der untersten Stelle des Menschentums (mit Negern, Indianern

und Tieren auf einer Stufe) -> unwertes Leben, "kulturzerstörende Rasse" -

> können vernichtet werden

>>>> Judenverfolgung, Holocaust

• Hitler legt in seinem Buch "Mein Kampf" seine Einstellung zum Judentum

offen dar

• verschiedene Aktionen zur Bekämpfung der Juden, z. Bsp.:

o 9./10.11.1938: Reichskristallnacht: Niederbrennung von Synagogen

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o 16.10. 1940: Anlage des Warschauer Ghettos

o 20.1.1942: Wannseekonferenz zur "Endlösung der Judenfrage" etc.

Rassentheorie:

• Menschheit in Rassen eingestuft

• unterschiedliche Werte

• höchste und wertvollste Rasse: "Arier" (nordische Rasse)

• deren wertvollster Teil: Germanen

• sind zum Herrschen auserkoren

Antikommunismus

• war gegen die Kommunisten gerichtet

• Ansatz für die Lebensraumtheorie

Lebensraumtheorie:

• Krieg ist notwendig, um Lebensraum zu gewinnen (vor allem im Osten)

• verbunden mit der Rassentheorie Zitat Hitlers, aus "Mein Kampf":

"...Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein..."

Antikommunismus

Sowohl die Nationalsozialisten, als auch die Kommunisten hatten als ursprüngliche

Wählerschaft die Arbeiterklasse erkoren; die Wähler der NSDAP kamen später aber

zumeist aus den Schichten des alten Mittelstandes und der Bauern. Die

bürgerkriegsähnlichen Bedingungen in Berlin, Hamburg und dem Ruhrgebiet,

verschreckten Kleinbürgertum und Industrielle.

Somit verfehlten die Nationalsozialisten ihr ursprüngliches Ziel, die

Vormachtstellung der KPD und der SPD unter der Arbeiterklasse zu brechen;

nichtsdestotrotz wurde sie damit zum parasitären Nutznießer der massiven

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politischen Reaktion gegen die Linke, welches als wesentlicher Grund für die

erfolgreiche Machtergreifung der NSDAP zu sehen ist; nämlich die parteipolitische

Wahlparole, die ausgegeben wurde: die Kampfansage gegen den Marxismus.

Taktik war aber, die Kommunisten nicht vor der Wahl zu verbieten, um eine

Irritation des Zentrums, der Industriellen und des Militärs über den wahren totalen

Machtanspruch der NSDAP zu vermeiden.

Antikapitalismus

Das Ziel der Nationalsozialisten, eine Vormachtstellung unter der Arbeiterschaft zu

erlangen, war natürlich auch nur mit entsprechenden Thesen anzuvisieren, die

allerdings meist dem Opportunismus der Partei entsprachen - diese Problematik

bezieht sich eigentlich auf das gesamte Programm der NSDAP. Die Partei bediente

sich der Weltwirtschaftskrise und des riesigen Pools von Unzufriedenen, die einem

industriellen Bereich gegenüberstanden, der durch starke Konzentration der großen

Unternehmen und Kapitalgesellschaften geprägt wurde.

Die Weltanschauung der NS-Diktatur in Deutschland

Die Weltanschauung der NS-Diktatur war die Anschauung Hitlers. Zur

Verschleierung seiner Zielsetzung bediente sich Hitler oft einer verharmlosenden,

irreführenden Sprache. Ein grundsätzliches Element der NS-Ideologie war der

unversöhnliche Judenhass - der Antisemitismus. Diese, 1879 von W. Marr geprägte

Bezeichnung ist irreführend, da die Antisemiten nicht die Angehörigen der

semitischen Sprachfamilie, also die Bewohner Nordostafrikas und Vorderasiens

bekämpfen, sondern die Anhänger der jüdischen Religion und Nachkommen dieser.

Die Ursache dafür, dass der Antisemitismus bei so vielen Menschen in Deutschland

Zustimmung fand, muss man auch in der Geschichte suchen.

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Die Juden wurden schon seit dem Mittelalter gehasst. Die ersten organisierten

Massenausschreitungen gegen Juden gab es bereits im 11. Jahrhundert im

Zusammenhang mit den Kreuzzügen. Dieser Hass war sowohl religiös als auch

wirtschaftlich begründet. In den 1880ern wurden die Juden von Politikern und

Journalisten als “Sündenbock” für die wirtschaftliche Krise und der entstehenden

Industriegesellschaft verantwortlich gemacht. Die alte, religiös geprägte

Judenfeindschaft wurde jetzt mit einer neuen Theorie, der “Rassenlehre”, verbunden.

In dieser, von der “Evolutionslehre” des Biologen C. Darwin abgeleiteten und auf

soziale Phänomene übertragenen “Rassenlehre” (“Sozialdarwinismus”), wurden

scheinbar naturwissenschaftliche Behauptungen über die Juden zusammengefasst.

(Darwin sagte z.B., auf die Tierwelt bezogen, das der Stärkere über den Schwächeren

herrscht/ Wirkung der Selektion. Diese Theorie wurde auf die Menschheit

übertragen.) Es wurde z.B. behauptet, dass die “weiße bzw. germanische oder arische

Rasse” der “semitischen Rasse” überlegen sei.

=sanskr. Ärya, "der Edle"; Im Altertum die Selbstbezeichnung von Völkern in Indien

und Iran mit engverwandten indoeuropäischen Sprachen. Die im 19. Jahrhundert

aufkommende Rassenideologie prägte den Begriff "arische Rasse", die mit der

"nordischen Rasse" gleichgesetzt wurde. Im Sprachgebrauch der Antisemiten,

besonders der Nationalsozialisten verengte sich die Bedeutung von Arier auf

"Nichtjude". Auf Grund dieser Trennung in “Arier” und Juden wurde den Juden die

deutsche Nationalität abgesprochen. Dieser Antisemitismus und die “Rassenlehre”

wurden zu einem der wichtigsten Programmpunkte von Adolf Hitler und seiner

NSDAP. Durch sie wurden die Juden zum deutschem Erzfeind gemacht. Die Juden

waren “an allem schuld” und ihre Bekämpfung galt als politische Aufgabe. Diese

“Rassenlehre” wurde sogar im Fach Biologie in der Schule unterrichtet und die

jüdischen Schüler wurden dementsprechend behandelt. Sie wurden zurückgesetzt und

gedemütigt.

Ein weiteres Element in der NS-Ideologie war die “Lebensraumideologie”. Der

Lebensraum war die Bezeichnung für das Landgebiet, das ihrer Ansicht nach

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notwendig war, um dem deutschen Volk die Ernährung aus eigener Landwirtschaft

zu sichern. Ausserdem sollte es wirtschaftlich unabhängig von Importen gemacht

werden. Wo dieser Lebensraum für das deutsche Volk zu erkämpfen sei, wurde von

Hitler mit der Forderung nach der Eroberung neuen Lebenraums im Osten festgelegt.

Er wollte den Osten erobern, um ein kontinentales, von Deutschen besiedeltes Reich

aufzubauen und auf diese Weise der Rasse ihren Platz als “Herrenvolk” in der Welt

zu sichern.

Der größte politische Gegner der NS-Diktatur (sprich Hitlers) war der

“Bolschewismus”. “Bolschewiki” ist der historische Begriff für die Mitglieder der

KPdSU (Komunistische Partei der Sowjetunion). Der Begriff entstand 1903, als

Lenin und seine Genossen die Mehrheit (russ. bolschinstwo) bei den Wahlen zu den

zentralen Parteiinstitutionen gewannen. Da Hitler in der Sowjetunion seinen

Hauptfeind ausmachte, war ein weiteres Element der Weltanschauung der NS-

Diktatur der “Antibolschewismus”. Der Bolschewismus wurde mit der Ideologie des

Judentums in Verbindung gebracht. Vor allem zwischen den beiden Weltkriegen

wurde der Begriff “Bolschewismus” als politisches Kampfmittel der NS-Diktatur

gegen das Programm und die Tätigkeiten Kommunistischer Parteien genutzt. Mit

diesen (und noch einigen anderen) Mitteln ist es Hitler und seinen Gefolgsleuten

gelungen die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung auf ihre Seite zu bringen und

damit den Weg für den 2. Weltkrieg frei zu machen.

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ERRICHTUNG DER BESATZUNGSHERRSCHAFT

Nach seiner Kapitulation teilten die Alliierten Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Rasch wurde eine provisorische Verwaltung eingerichtet, geleitet vom alliierten Kontrollrat. Parallel dazu unterstützten sie die Gründung politischer Gruppierungen, um das Land langfristig an eine eigene deutsche Regierung zu übertragen.

Großbritanniens Feldmarschall Bernard Montgomery, US-General Dwight D.

Eisenhower, der sowjetische Marschall Georgi Schukow und der französische

General Jean de Lattre de Tassigny (von links) vor einer Sitzung des alliierten

Kontrollrates.

Einleitung

Mit der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Reims und

Berlin-Karlshorst am 7./8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg. Zugleich war,

wenige Tage nach Hitlers Selbstmord, die staatliche Existenz des Deutschen Reiches

beendet. Darüber konnte die noch von Hitler eingesetzte Regierung des Großadmirals

Karl Dönitz, die bei Flensburg bis zu ihrer Verhaftung am 23. Mai 1945 ein

Schattendasein führte (ihr einziger Zweck war die Kapitulation) niemanden außer

sich selbst hinwegtäuschen.

Deutschland war weitgehend zerstört, militärisch erobert und von alliierten Truppen

besetzt. Die Niederlage war vollständig. Es gab keine deutsche staatliche Autorität

mehr. Die großen Städte lagen in Trümmern. Flüchtlinge und Vertriebene strömten

aus den Ostgebieten herein, auf der Suche nach Obdach und Nahrung und einer

neuen Heimat. Der Alltag der Deutschen war von Hoffnungslosigkeit und

Erschöpfung, von Apathie und der Sorge um vermisste Angehörige bestimmt. Die

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Sieger fanden unterwürfige und abgestumpfte Menschen vor, die sich auf den Straßen

nach ihren Zigarettenkippen bückten, um die Tabakreste zu Ende zu rauchen.

Besiegte, die sich elend, gedemütigt und als Opfer fühlten.

Die siegreichen Alliierten hatten begeisterte Nationalsozialisten erwartet und

wunderten sich, dass die Deutschen genauso fassungslos wie sie selbst die Überreste

der nationalsozialistischen Verbrechen zur Kenntnis nahmen. Natürlich glaubten sie

das Entsetzen der Menschen von Weimar nicht, die nach Buchenwald befohlen

wurden, um das befreite KZ zu besichtigen, ebensowenig wie sie den Dachauern

glaubten, dass sie nicht gewusst haben wollten, was hinter dem Lagerzaun

vorgegangen war. Niemand hatte Mitleid mit den unterlegenen Deutschen.

Befreiung und Besetzung

Am gleichen Morgen (29. April 1945 - Anm. d. Red.) erhielt das 3. Bataillon des zur

45. Infanteriedivision gehörigen 157. Infanterieregiments der US-Army den Befehl,

das Lager Dachau einzunehmen. Der Zugang zum gesamten Lagerkomplex war

ungefähr einen Kilometer westlich vom Schutzhaftlager gelegen, und es war von dort

nicht sichtbar. Dennoch wurden die Amerikaner unmittelbar und ohne Vorwarnung

mit dem äußersten Grauen der KZ-Welt konfrontiert: An der Zufahrtsstraße zum

Eingang des SS-Lagers stand ein Zug, der eineinhalb Tage zuvor aus Buchenwald

angekommen war - ein langer Zug mit 39 Waggons, und in den meisten lagen

Leichen, die ausgemergelten Körper toter Häftlinge. Einige lagen erschossen neben

dem Gleis. Dieser Anblick verstörte die US-Soldaten zutiefst: "Kampferprobte

Veteranen weinten, starrten mit düsteren, unbewegten Gesichtern vor sich hin, und

der Zorn zerrte an ihren ohnehin schon angespannten Nerven." Beim weiteren

Vormarsch stießen die amerikanischen Soldaten auf die Lazarettgebäude, die sich in

unmittelbarer Nähe des Eingangs befanden.

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Aus dem Lazarett wurden mindestens 100 Deutsche, darunter auch einige Frauen, auf

die Straße herausgeholt. Zwei GIs überprüften, ob die in den Betten

liegengebliebenen Patienten tatsächlich gehunfähig waren. Währenddessen wurden

draußen auf Geheiß des Kompaniechefs die SS-Leute von den übrigen Gefangenen

abgesondert. Dabei half ein polnischer KZ-Häftling, der SS-Leute identifizierte,

welche ihre Uniform gegen andere Kleidungsstücke eingetauscht hatten. Zugleich

hatte das Auftauchen der Amerikaner das ganze Lager in Bewegung gebracht. "Alles

gerät in Bewegung. - Kranke verlassen die Betten, die fast Gesunden und das

Personal rennen auf die Blockstraße, springen aus den Fenstern, klettern über die

Bretterwände. - Alles rennt auf den Appellplatz. - Man hört von weitem bis hierher

das Schreien und Hurrarufen." Die Situation drohte außer Kontrolle zu geraten und

die Amerikaner hatten alle Mühe, einen Massenausbruch zu verhindern und

einigermaßen geordnete Verhältnisse herzustellen. Noch die Freude über die

Befreiung forderte im KZ Todesopfer. Drei Hälftlinge, die achtlos vor Aufregung an

den elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun gerieten, wurden durch Stromschlag

getötet. Jürgen Zarusky, "That is not the American Way of Fighting", in: Wolfgang

Benz/Barbara Distel (Hg.), Gericht und Gerechtigkeit, Dachauer Hefte 13.

(Dezember 1997), S. 35 - 37, 44 - 47.

In einem Hauskeller verborgen erlebte der Schriftsteller Günter Kunert im

April 1945 die Eroberung Berlins durch die Sowjetarmee.

Die Schlacht um Berlin beginnt. Dafür schlägt man nun sein Lager im Keller auf. Die

Lebensmittel werden knapp. Und, weitaus schlimmer, die Zigaretten. Durch die

Kellerräume wabert ein Gerücht, das auch mich erreicht. Am Königstor, am

Abschluß der Greifswalder Straße, käme ein gewaltiger Lagerbestand von

Tabakwaren zur Verteilung, um sie nicht den Russen zu überlassen. Während einer

Feuerpause überqueren wir hakenschlagend die breite Elbinger Straße, springen über

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herabbaumelnde Oberleitungen und landen auf der anderen Seite in einem Hausflur.

Es hagelt Geschosse aller möglichen Kaliber. Sobald meine russischen Freunde ihre

Geschütze und Minenwerfer in Weißensee nachladen müssen, sprinten wir einige

Häuser weiter. Endlich: das Königstor. Ein demolierter, kaum wiedererkennbarer

Platz. Dumpfe Detonationen. Bei verängstigten Hausbewohnern erkundigen wir uns

nach der Quelle unseres Verlangens. Aber hier werden nur Friedhofsplatzkarten

verteilt, sonst nichts. Und wir müssen den gleichen Weg zurück, ohne, wie vorher

durch unsere manische Verblendung, die Gefahr zu mißachten. Im Keller nichts

Neues.

Einer der Mieter hat in weiser Voraussicht seinen Detektorempfänger von 1922 nicht

weggeworfen. Und wir werden sogleich eine Falsettstimme mit dem um zwölf Jahre

verspäteten Satz vernehmen: "Der Führer ist tot!"

Getümmel setzt ein. Papiere werden hervorgezerrt, Dokumente, Ausweise, Fotos,

Indizien für die eigene Schuld, für die Mitverantwortung an dem Komplex "Drittes

Reich". Ab ins Fegefeuer mit dem belastenden Material, auf daß man selber gereinigt

und geläutert aus dem Keller in eine neue Zeit hervorgehe.

Hinaus ins Freie. Etwas macht sich bemerkbar. Etwas ganz Ungewöhnliches. Es ist

die völlige Stille. Die zur Phrase geronnene Stille nach dem Sturm.

Warten, abwarten, was kommt. Was soll schon kommen? Die Sieger natürlich. Die

ersten beiden zeigen sich schon. Sechzehnjährige, jeder mit einem Fahrrad versehen,

wie man es "zufällig" auffindet. Die Käppis auf den kahlgeschorenen Schädeln,

Pistolen im Stiefelschaft. Aus ihren weiten Uniformblusen schaufeln die Soldaten

händeweise Machorka, (Tabakersatz - Anm. d. Red.). Was werden uns die Sowjets

sonst noch bescheren? Günter Kunert, Erwachsenenspiele. Erinnerungen, München

1997, S. 79 ff.

Berliner Deklaration

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Die Armeen der Sieger richteten sich in den vier Besatzungszonen ein, in die

Deutschland zum Zweck der Verwaltung und Befreiung verabredungsgemäß

eingeteilt wurde. Soweit es für die militärischen Zwecke erforderlich war, wurde die

zerstörte Infrastruktur notdürftig instand gesetzt: Kanalisation und Behelfsbrücken

sowie Wasser- und Energieversorgung. Für die Militärregierungen und

Besatzungstruppen in den größeren Städten, Landkreisen, Ländern wurden

Wohnungen und Büros beschlagnahmt. Die Sieger etablierten sich auf unbestimmte

Zeit. Die Besatzungszeit, so viel war sicher, würde lange dauern.

Am 5. Juni 1945 machten die Sieger öffentlich bekannt, dass die oberste

Regierungsgewalt in Deutschland von Vertretern der vier alliierten Mächte

übernommen sei und von ihnen gemeinsam ausgeübt werde. Die "Erklärung in

Anbetracht der Niederlage Deutschlands" trug die Unterschrift der vier jetzt in

Deutschland mächtigsten Männer, der Oberbefehlshaber General Dwight D.

Eisenhower (USA), Marschall Georgij Schukow (UdSSR), Feldmarschall Bernhard

Law Montgomery (Großbritannien) und General Jean de Lattre de Tassigny

(Frankreich). Sie hatten sich in Berlin getroffen, um im Namen ihrer Regierungen

neben einigen anderen Dokumenten diese "Berliner Deklaration" zu unterzeichnen,

die dann in den drei künftig in und für Deutschland maßgebenden Sprachen englisch,

russisch und französisch veröffentlicht wurde.

Diese Junideklaration wiederholte die militärischen Kapitulationsbedingungen und

verband sie mit einer Ankündigung der Maßnahmen, die den Deutschen

bevorstanden, darunter Abrüstung und Entmilitarisierung sowie Verhaftung der

Naziführer und Kriegsverbrecher. Der entscheidende Satz lautete, dass die

Regierungen in Washington, London, Moskau und Paris die Hoheitsrechte über

Deutschland übernommen hätten "einschließlich aller Befugnisse der deutschen

Regierung, des Oberkommandos der Wehrmacht und der Regierungen, Verwaltungen

oder Behörden der Länder, Städte und Gemeinden".

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Die vier Oberbefehlshaber setzten mit ihren Unterschriften drei weitere Schriftstücke

in Kraft, in denen die Konturen des Besatzungsregimes über Deutschland festgelegt

waren. Es handelte sich um "Feststellungen" über das Kontrollverfahren, über die

Besatzungszonen und um ein drittes Dokument, in dem die Absicht der Regierungen

der vier Mächte zum Ausdruck gebracht wurde, "sich mit den Regierungen anderer

Nationen gelegentlich der Ausübung der Macht über Deutschland" zu beraten. Alle

diese Papiere waren das Ergebnis interalliierter Beratungen seit Anfang 1944. Die

Unterzeichnung und Verkündung in Berlin war vor allem ein demonstrativer Akt, der

anzeigen sollte, dass Deutschland jetzt unter Besatzungsrecht stand. Das Treffen der

vier Oberbefehlshaber war im Grunde schon die erste Sitzung des Alliierten

Kontrollrats, der offiziell noch während der Potsdamer Konferenz am 30. Juli 1945

erstmals zusammentrat.

Alliierter Kontrollrat

Zwei Grundsätze sollten sich bei der Regierung Deutschlands durch die Alliierten

ergänzen: die Ausübung der obersten Gewalt in der jeweiligen Besatzungszone durch

den dortigen Oberbefehlshaber, der über die Angelegenheiten seiner Zone nur seiner

Regierung Rechenschaft schuldete, und die gemeinsame Herrschaft "in allen

Deutschland als ein Ganzes betreffenden Angelegenheiten". Zu diesem Zweck

bildeten die Oberbefehlshaber zusammen den Kontrollrat als Kollektivorgan. Sie

sollten dort gemeinsam "für eine angemessene Einheitlichkeit des Vorgehens" in

ihren Besatzungszonen Sorge tragen und "im gegenseitigen Einvernehmen

Entscheidungen über alle Deutschland als Ganzes betreffenden wesentlichen Fragen"

fällen. Überstimmt werden konnte keiner der Vertreter der Vier Mächte; für alle

Beschlüsse war Einstimmigkeit vorgeschrieben.

Im Koordinierungsausschuss des Kontrollrats saßen die vier Stellvertreter der

Oberbefehlshaber. Das waren 1945 die Generale Lucius D. Clay (USA), Wassili

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Sokolowski (UdSSR), Brian H. Robertson (Großbritannien) und Louis M. Koeltz

(Frankreich). Ihnen fiel die eigentliche Arbeit zu, nämlich die Vorbereitung der

Kontrollratssitzungen. Diese fanden bis zum März 1948, als der Vertreter der

Sowjetunion die Sitzung verließ und dadurch den ganzen Kontrollapparat zum

Stillstand brachte, immer am 10., 20. und 30. eines jeden Monats statt. Konferenzort

war das Gebäude des Berliner Kammergerichts, in dem zuletzt der

"Volksgerichtshof" unter Roland Freisler die Gegner des NS-Regimes verurteilt hatte.

Inhaltliche Auseinandersetzungen über Probleme, die der Kontrollrat zu regeln hatte,

fanden in der Regel im Vorfeld, im Koordinierungsausschuss statt. Die

Oberbefehlshaber beschränkten sich auf die Beschlussfassung oder, was mit den

zunehmend schlechter werdenden Beziehungen zwischen den Verbündeten zur Regel

wurde, sie konstatierten, dass keine Übereinstimmung erzielt werden konnte. Die

Oberbefehlshaber hatten eine Doppelfunktion: Sie bildeten die militärische Spitze der

Okkupationstruppen, und sie waren als Militärgouverneure für die Verwaltung ihrer

Besatzungszone zuständig.

Aufbau einer Provinzialregierung

Auftrag der britischen Militärregierung an Rudolf Amelunxen (1888 -1969,

Zentrums-Politiker, Oberpräsident von Westfalen 1945, Ministerpräsident von

Nordrhein-Westfalen 1946 -1947 - Anm. d. Red.) zum Aufbau der Verwaltung in der

Provinz Westfalen, 6. Juli 1945.

Der Alliierte Kontrollrat entwickelte sich rasch zu einer umfangreichen Bürokratie.

Zwölf Fachressorts mit den Aufgaben von Ministerien sollten unter der Bezeichnung

"Direktorate" die Geschicke Deutschlands auf unbestimmte Zeit lenken. Die

Direktorate waren aus Gründen der Parität jeweils mit vier Leitern besetzt. Sie

bildeten Kommissionen und Unterausschüsse, die Proklamationen, Befehle und

Verordnungen entwarfen, die - sofern sich die Oberbefehlshaber darüber

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untereinander verständigen konnten - im viersprachigen Amtsblatt des Kontrollrats

veröffentlicht wurden.

Besatzungszonen

Bei der Einrichtung der Besatzungszonen, wie sie in Jalta im Februar 1945 endgültig

festgelegt worden waren, gab es Verzögerungen. Im Südwesten verweigerten die

Franzosen die Räumung der Städte Stuttgart und Karlsruhe, die zur US-Zone

gehörten. Sie waren den Franzosen im April beim Vormarsch in die Hände gefallen,

und es bedurfte ernster amerikanischer Drohungen, um die Franzosen zum Abzug aus

Nordwürttemberg und Nordbaden zu bewegen.

Die Amerikaner standen ihrerseits noch in Thüringen, Sachsen und Mecklenburg, in

Regionen also, die von den Sowjets besetzt werden sollten. Im Gegensatz zu den

Franzosen hatten die Amerikaner aber nicht beabsichtigt, sich über die

Vereinbarungen mit ihren Verbündeten hinwegzusetzen. Sie übergaben Anfang Juli

der Roten Armee diese Gebiete, sehr zum Bedauern der Einwohner, die lieber unter

amerikanischer Besatzung geblieben wären. Die Sowjets hatten als Faustpfand Berlin,

das - in vier Sektoren geteilt - von den Alliierten gemeinsam verwaltetwerden sollte.

Anfang Juli 1945 marschierten amerikanische und britische Truppen in Berlin ein

und nahmen ihre Sektoren in Besitz, im August folgten die Franzosen. Die

gemeinsame Verwaltung Berlins erfolgte in der "Kommandantur", die direkt dem

Kontrollrat unterstand.

Die Präsenz der drei westlichen Alliierten in Berlin war im Grunde eher symbolischer

Natur. Die Militärgouverneure residierten wegen des Kontrollrats zwar offiziell in

Berlin, hatten aber ihre Hauptquartiere und Arbeitsstäbe in ihren Zonen. In Baden-

Baden war General Pierre Koenigs französische Militärregierung etabliert. Die

Amerikaner hatten in Frankfurt im Verwaltungsgebäude der IG Farben Industrie ihre

Dienststelle eingerichtet. Die Briten hatten ihr Hauptquartier auf mehrere Orte

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verteilt. Das militärische Oberkommando befand sich in Bad Oeynhausen, die

britische Militärregierung befand sich in Lübbecke, Herford und Minden. Während

die westalliierten Stäbe ständig zwischen Berlin und den Zonenhauptquartieren

pendeln mussten, hatte es die Sowjetische Militäradministration in Deutschland

(SMAD) bequemer, sie amtierte in Berlin-Karlshorst.

Aufbau der Verwaltungen

Die Deutschen bekamen von dem komplizierten Mechanismus, mit dem sie regiert

wurden, wenig mit. Für sie war die lokale Militärregierung die oberste Instanz, die

ihren Alltag regelte, Befehle erteilte, deutsche Gehilfen und Amtsträger einsetzte und

wieder ablöste, wenn sie nicht den Erwartungen der Besatzungsherrschaft

entsprachen. So geschah es dem Oberbürgermeister von Köln, Konrad Adenauer, den

zuvor schon die Nationalsozialisten 1933 aus dem Amt gejagt hatten. Auf der

"Weißen Liste" der Amerikaner stand er als Nummer 1, Anfang Mai setzten sie ihn

wieder als Oberbürgermeister von Köln ein. Anfang Oktober setzten ihn die

Engländer, in deren Besatzungszone Köln inzwischen lag, wegen angeblicher

"Unfähigkeit und mangelnder Pflichterfüllung" wieder ab. Nicht anders erging es

dem ersten Ministerpräsidenten Bayerns und späteren Bundesfinanzminister, Fritz

Schäffer, den die amerikanische Militärregierung im Mai 1945 ernannte und im

September wieder entließ. Ererschien der Besatzungsmacht zu konservativ. Die

Rekrutierung unbelasteten deutschen Personals erfolgte in allen vier Zonen auf

ähnliche Weise nach "Weißen Listen", die die Namen von Hitlergegnern und

demokratisch gesinnten Politikern aus der Zeit vor 1933 enthielten. Die Listen waren

lange vor der Besetzung Deutschlands zusammengestellt worden.

In der sowjetischen Besatzungszone gab es Kaderpersonal, das aus kommunistischen

Emigranten bestand, die im Gefolge der Roten Armee nach Deutschland

zurückkehrten. Dazu gehörte die "Gruppe Ulbricht", die am 30. April 1945 auf dem

sowjetischen Feldflugplatz Calau (heute Kaława, Polen) landete, um - in Moskau gut

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auf die Aufgabe vorbereitet - der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland

beim Aufbau der Verwaltung in der sowjetischen Besatzungszone zu helfen. Die

"Gruppe Ulbricht" war für Berlin bestimmt. Sachsen und Mecklenburg waren die

Einsatzgebiete zweier weiterer Gruppen mit Anton Ackermann (1905-1973, ab 1946

Mitglied des ZK der SED, 1954 wegen Unterstützung von Rudolf Herrnstadt und

Wilhelm Zaisser aus dem ZK ausgeschlossen) und Gustav Sobottka (1886-1953,

1947/48 Präsident der Zentralverwaltung für Brennstoffindustrie, 1949 - 51 tätig im

Ministerium für Schwerindustrie) an der Spitze. Das politische Leben fand zunächst

in allen Zonen auf der untersten Ebene statt; In denlokalen deutschen

Administrationen, die der Besatzungsmacht verantwortlich waren, spielten Parteien

noch kaum eine Rolle. Nur das Funktionieren der elementaren Notwendigkeiten war

auf dieser Ebene zunächst verlangt.

Parteigründungen

Parallel zur Wiederherstellung einer deutschen Verwaltung, die im Auftrag der

Besatzungsmacht tätig wurde, vollzog sich allmählich die Bildung politischer

Gruppierungen. In der östlichen Besatzungszone waren durch Befehl Nr. 2 der

Sowjetischen Militäradministration schon am 10. Juni 1945 Parteien ganz offiziell

zugelassen und zur politischen Aktivität ermuntert worden. Das war gleichsam ein

Handstreich der sowjetischen Besatzungsmacht gewesen, der in Szene gesetzt wurde,

ehe auf der Potsdamer Konferenz die drei großen Siegermächte zusammenkamen, um

die Grundsätze einer gemeinsamen Deutschlandpolitik zu besprechen. Am 11. Juni

1945 trat in Berlin die KPD mit einem Gründungsaufruf an die Öffentlichkeit, Mitte

Juni folgte die SPD, Ende des Monats die CDU und am 5. Juli wurde die Liberal-

Demokratische Partei (LDP) gegründet. Die Wirksamkeit dieser vier Parteien blieb

auf Berlin und die Sowjetzone beschränkt.

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Aufruf des Zentralkomitees der KPD vom 11. Juni 1945

Wir sind der Auffassung, daß der Weg, Deutschland das Sowjetsystem aufzuzwingen,

falsch wäre, denn dieser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen

Entwicklungsbedingungen in Deutschland.

Forderungen und Ziele der SPD, Mai 1946

Der vorhandene private Großbesitz an Produktionsmitteln und das mögliche

Sozialprodukt der deutschen Volkswirtschaft müssen den Bedürfnissen aller

zugänglich gemacht werden. Der heutige Zustand, bei dem die große Mehrzahl alles

verloren hat, eine Minderheit aber reicher geworden ist, muß durch eine gerechte

Gesellschaftsordnung überwunden werden.

Auszüge aus den Düsseldorfer Leitsätzen der CDU, 15. Juli 1949

Die "soziale Marktwirtschaft" ist die sozial gebundene Verfassung der gewerblichen

Wirtschaft, in der die Leistung freier und tüchtiger Menschen in eine Ordnung

gebracht wird, die ein Höchstmaß von wirtschaftlichem Nutzen und sozialer

Gerechtigkeit für alle erbringt. Diese Ordnung wird geschaffen durch Freiheit und

Bindung, die in der "sozialen Marktwirtschaft" durch echten Leistungswettbewerb

und unabhängige Monopolkontrolle zum Ausdruck kommen. Echter

Leistungswettbewerb liegt vor, wenn durch eine Wettbewerbsordnung sichergestellt

ist, daß bei gleichen Chancen und fairen Wettkampfbedingungen in freier

Konkurrenz die bessere Leistung belohnt wird.

Programmatische Richtlinien der Freien Demokratischen Partei der britischen Zone, 4. Februar 1946

Dieser Staat soll auf breitester Grundlage von unten nach oben aufgebaut werden.

Völlige Rechtssicherheit soll die Freiheit des Staatsbürgers schützen. Es soll nur ein

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Recht in Deutschland geben, ein gleiches Recht für alle. Die Gewerkschaften sollen

zu verantwortlichen Organisationen des Staates ausgebaut werden, die den Schutz der

Arbeit gewährleisten. Erstes Ziel der Wirtschaftspolitik ist entsprechend dem

Bedürfnis der breiten Massen die Steigerung der Erzeugung auf allen Gebieten. Das

Ziel kann nur erreicht werden durch Wiedereinschaltung der freien Initiative unter

Abbau der Wirtschaftsbürokratie. Persönliche Initiative und freier Wettbewerb

steigern die wirtschaftliche Leistung, und persönliches Eigentum ist eine wesentliche

Grundlage gesunder Wirtschaft. Wie die Freiheit der Forschung und Freiheit der

Lehre die Vorbedingung aller wissenschaftlichen Leistungen ist, so kann auch die

Volksbildung nur auf dem Boden der Freiheit und Wahrhaftigkeit gedeihen. Bei der

konfessionellen Zerklüftung unseres Volkes können die Schulen des Staates nicht

einer Konfession dienen. Wir fordern daher die Gemeinschaftsschule, in der die von

ihrer Kirche anerkannten Lehrkräfte konfessionellen Religionsunterricht erteilen.

In der US-Zone wurden die Weichen nicht so rasch gestellt. In der Direktive für den

Oberbefehlshaber der amerikanischen Besatzungstruppen in Deutschland, die

unmittelbar nach Kriegsende galt, hieß es ganz allgemein, dass keine politische

Tätigkeit ohne Genehmigung des Militärgouverneurs begünstigt werden dürfe. Rede-,

Presse- und Religionsfreiheit sei den Deutschen zu gewähren, soweit dadurch nicht

militärische Interessen beeinträchtigt würden. Die Verbreitung von nazistischen,

militaristischen und nationalistischen Lehren sei ebenso zu verbieten wie

"Aufmärsche militärischer, politischer, ziviler oder sportlicher Art". Das

Vorschriften-Handbuch der US-Armee, das die Offiziere der amerikanischen

Militärregierung über Maßgaben der Besatzungspolitik informierte, enthielt unter

dem Stichwort "Politische Aktivitäten" vier Thesen, die ihnen als Richtschnur dienen

sollten:

• Alle demokratischen Parteien sollten unterstützt werden, und zwar möglichst in

ganz Deutschland;

• Träger politischer Mandate sollten sich regelmäßig der öffentlichen Diskussion

ihres Programms und Wahlen stellen müssen;

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• Wahlen waren unter gleichen Bedingungen für alle und mit mindestens zwei

konkurrierenden Parteien durchzuführen;

• politische Parteien sollten demokratisch, durch freiwilligen Zusammenschluss

entstanden und getrennt von den Organen der Regierungsgewalt sein.

Das waren Grundüberlegungen, wie sie in den USA als selbstverständlich galten. In

Deutschland mussten diese Grundsätze aber erst wieder erlernt und eingeübt werden,

und zwar zunächst in den Gemeinden und kleineren Städten.

CDU, CSU und SPD

Auf dieser Ebene waren in der US-Zone ab August 1945 die Aktivitäten deutscher

Parteien zugelassen. Voraussetzung war, wie auch in der britischen und der

französischen Zone, der Erwerb einer Lizenz. Dazu musste ein Antrag bei der

zuständigen Militärregierung gestellt werden, dem außer dem Parteiprogramm, den

Statuten, einem Finanzierungsplan und der Beantwortung vieler Fragen (zum

Beispiel über die beabsichtigte Parteipropaganda) auch die Unterschriften der

Unterstützenden beigefügt sein mussten. Die Anträge wurden, wenn alles seine

Richtigkeit hatte, auf Kreisebene genehmigt. Die Aktivitäten der Parteien wurden

dann von der Militärregierung überwacht.

Die Parteien der 1933 verbotenen Arbeiterbewegung, KPD und SPD, die ihre alten

Organisationsstrukturen und ihr Mitgliederpotenzial wieder beleben konnten,

erschienen ab Sommer 1945 an vielen Orten als erste auf der politischen Bühne,

gefolgt von der neuen Gruppierung der Christlich-Demokratischen Union (CDU)

bzw. in Bayern der Christlich-Sozialen Union (CSU). Diese neue Gruppierung sprach

als bürgerliche Sammlungsbewegung das Wählerpotenzial des katholischen

Zentrums (bzw. der Bayerischen Volkspartei) sowie auch protestantische politische

Schichten an. Das Neuartige war der konfessionelle Pluralismus dieser auf

christlicher Grundlage sozial engagierten Parteien CDU und CSU, die in den drei

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Westzonen ungefähr gleich stark wie die SPD wurden. Der Zusammenschluss in

Landesverbänden wurde erst später erlaubt, die Parteiorganisation auf Zonenebene

war nur in der britischen und sowjetischen Besatzungszone möglich.

Mit dem aus jahrelanger KZ-Haft zurückgekehrten Kurt Schumacher, der ab Frühjahr

1945 die SPD wiederaufbaute, bekam diese Partei außer einem in allen Zonen

einheitlichen Namen eine charismatische Führergestalt, die unbeirrt durch die

alliierten Vorgaben die SPD als überzonale einheitliche Partei verstand. Allerdings

grenzte sich die westliche SPD gegen den Führungsanspruch der ostzonalen SPD

unter Otto Grotewohl ebenso ab wie gegen alle Angebote zur Zusammenarbeit mit

Kommunisten.

Vereinigung der Arbeiterparteien

Die KPD erfreute sich der bevorzugten Förderung durch die Sowjetische

Militäradministration. Sie propagierte den auch von Mitgliedern der SPD geforderten

Zusammenschluss der beiden Arbeiterparteien. Das sollte, im Verständnis der

Sozialdemokraten, eine Lehre aus der Geschichte sein, die Konsequenz aus der

erlittenen Ohnmacht gegenüber Hitler, dem die gespaltene und sich bekämpfende

Arbeiterbewegung trotz ihrer zahlenmäßigen Stärke keinen wirksamen Widerstand

hatte entgegensetzen können. Angesichts der Erfahrungen mit der sowjetischen

Besatzungsherrschaft war die Euphorie aber längst einer tiefen Skepsis gewichen.

Viele Sozialdemokraten waren überzeugt, dass die KPD mit Unterstützung der

sowjetischen Militärregierung die SPD bei einem Zusammenschluss nur für ihre

Absichten gebrauchen würde. Die Propaganda zur Schaffung einer einheitlichen

Arbeiterpartei (die KPD betrieb sie unter dem Eindruck des schlechten Abschneidens

der kommunistischen Parteien bei den Wahlen inÖsterreich und Ungarn) fand

deshalb kaum Resonanz bei der SPD in den Westzonen. In der Ostzone war

erheblicher sowjetischer Druck erforderlich, damit sich am 21. und 22. April 1946

der Gründungsparteitag der Sozialistischen Einheitspartei (SED) im Ost-Berliner

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Admiralspalast vollzog. Otto Grotewohl (SPD) und Wilhelm Pieck (KPD) wurden

einstimmig zu gleichberechtigten Vorsitzenden der SED gewählt.

In den Westzonen und den Westsektoren Berlins lehnten die Sozialdemokraten mit

großer Mehrheit die Vereinigung ab. Die SPD, für die die Fusion in der Ostzone zum

Trauma wurde, steuerte in den folgenden Jahren unter Kurt Schumacher einen strikt

antikommunistischen Kurs.

Überregionale Zusammenschlüsse

Für die christlich-demokratischen Parteien, die im Dezember 1945 in Bad Godesberg

ein "Reichstreffen" veranstaltet hatten, wurde Konrad Adenauer allmählich zur

führenden Figur. Er war Ende Februar 1946 zum Vorsitzenden der CDU der

britischen Zone gewählt worden und benutzte diese Stellung zur Abwehr des

Führungsanspruches der CDU der sowjetischen Besatzungszone.

Die Partei war sowohl programmatisch als auch organisatorisch heterogen. Die

Bandbreite reichte von der Ideenwelt des christlichen Sozialismus (die im

AhlenerProgramm vom Februar 1947 zum Ausdruck kam) bis zu eher konservativen

Auffassungen und zum entschiedenen Föderalismus der bayerischen CSU. Außer

dem gemeinsamen Namen CDU bzw. CSU (in Godesberg im Dezember 1945

beschlossen) bildeten die Christdemokraten bis zum ersten Bundesparteitag im

Oktober 1950 nur eine Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Parteien.

Noch größer war die Vielfalt bei den Liberalen, die in der Ostzone im Juli 1945 die

Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDP) gründeten und die sich in den

Westzonen unter Namen wie Demokratische Volkspartei (Württemberg) oder Freie

Demokratische Partei (FDP) in Nordrhein-Westfalen zusammengefunden hatten.

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Auf regionaler Basis wurden noch weitere Parteien gegründet und von den Alliierten

lizenziert, und zwar neue Vereinigungen wie die Bayernpartei oder die

Niedersächsische Landespartei (später Deutsche Partei) sowie alte Parteien der

Weimarer Republik wie die katholische Zentrumspartei, die wieder auflebten. Auch

entstanden schillernde Gebilde wie die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV)

in Bayern. Sie alle wurden gewählt und waren vorübergehend wichtig.

Zwei Arten von Parteien hatten allerdings keine Chance, eine Lizenz von den

Besatzungsmächten zu bekommen, nämlich rechtsradikale Gruppierungen sowie

solche Parteien, die als Interessenvertretung von Heimatvertriebenen und

Flüchtlingen auftreten wollten.

Die ersteren waren mit dem Demokratisierungsgebot unvereinbar (deshalb wurde

auch der Lizenz-Antrag einer bayerischen Königspartei abgelehnt), und

Flüchtlingsparteien waren nicht erlaubt, weil die Alliierten auf raschestmögliche

volle Integration aller neuen Bürgerinnen und Bürger in ihren Besatzungszonen

drängten.

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DER MARSHALL-PLAN UND DIE FOLGEN

Die Konzeption

Vom General zum Staatsmann aufgestiegen, sollte Außenminister George C.

Marshall nur wenige Monate später eine Rede halten, die die Welt erneut verändern

sollte. Am 5. Juni 1947, auf den Stufen der Gedächtniskirche an der Harvard-

Universität, umriss er seinen ehrgeizigen Europäischen Wiederaufbauplan (ERP), der

bald seinen Namen tragen sollte: Marshall-Plan. Er sagte: „Das moderne System der

Arbeitsteilung, auf dem unser Wirtschaftssystem aufgebaut ist, steht vor dem

Zusammenbruch. Es ist ganz logisch, dass die Vereinigten Staaten alles Mögliche

leisten müssen, um zu gesunden wirtschaftlichen Strukturen zurückzukehren. Ohne

diese kann es keine politische Stabilität und keinen gesicherten Frieden geben.

Unsere Politik ist nicht gegen irgendein Land gerichtet, sondern gegen Hunger, Not,

Armut und Chaos."

Obwohl der Plan hauptsächlich von den Mitarbeitern im Außenministerium William

L. Clayton und George F. Kennan entworfen worden war, wurde das Konzept von

Marshall dem amerikanischen Volk und dem Kongress präsentiert, um in Europa eine

Wiederholung jener Fehler zu vermeiden, die nach dem Ersten Weltkrieg gemacht

worden waren. Es war die Politik der amerikanischen Isolierung, die eine Gefahr für

Europa durch den Versailler Vertrag zugelassen und einen zweiten schlimmen Krieg

auf dem Kontinent begünstigt hatte. Ein solcher Fehler dürfe sich nie wiederholen.

16 Nationen trafen sich im Paris, um zu beraten, welche Hilfen benötigt würden und

wie diese aufgeteilt werden könnten. Im abschließenden Entwurf, der von den

Vertretern vereinbart wurde, wurde eine Hilfe in Höhe von 22 Milliarden Dollar

gefordert - ein Betrag, den Präsident Truman nicht vor dem Kongress rechtfertigen

konnte. Obwohl Truman die Forderungen auf 17 Milliarden Dollar reduzierte, traf

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der Plan immer noch auf heftigen Widerstand. Nach vielen Verhandlungen

genehmigte der Kongress schließlich 12,4 Milliarden. Präsident Truman

unterzeichnete den Marshall-Plan am 3. April 1948, womit er offiziell in Kraft trat.

Ausführung und Folgen

Die Wirtschaftliche Kooperationsverwaltung (The Economic Cooperation

Administration), geleitet von Paul G. Hoffman, wurde gegründet, um die Mittel zu

verwalten. Die ersten Hilfen gingen bereits vor der Unterzeichnung im Januar 1947

an die Türkei und Griechenland. Italien folgte im Jahr 1948.

Ein Großteil der Mittel wurde zum Kauf von Gütern eingesetzt, die überwiegend in

den Vereinigten Staaten produziert wurden. Anfangs waren es vor allem

Lebensmittel und Kraftstoffe. Ein Hauptkritikpunkt an dem Plan war, dass Amerika

mit der Hilfe einen wirtschaftlichen Imperialismus verfolgte, um die ökonomische

Kontrolle über Europa zu erhalten. In der Realität aber konnten die Beträge, die die

USA im Rahmen des Marshall-Planes spendeten, kaum als Imperialismus bezeichnet

werden, da sie nur einen Bruchteil des Bruttoinlandsprodukts betrugen und auch die

Laufzeit des Hilfsprogramms vom Anfang an begrenzt war. Ab April 1948 stellten

die Vereinigten Staaten diese Mittel zur Verfügung, um wirtschaftliche und

technologische Unterstützung für die europäischen Länder zu leisten, die als

Mitglieder der Organisation für Europäische Kooperation beigetreten waren.

In Deutschland wurde ein enormer Betrag in den Wiederaufbau der Industrien

investiert. Die Kohleindustrie allein erhielt rund 40 Prozent dieser Mittel. Das

Konzept war einfach: Firmen, die diese Mittel zur Verfügung gestellt bekamen,

sollten diese Darlehen an den Staat zurückzahlen, um hieraus Förderungen für andere

Unternehmen zu ermöglichen. Nachkriegsdeutschland wurde durch den Alliierten

Kontrollrat gezwungen, einen Großteil seiner Fabriken und Industrien zu

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demontieren. Die Zahlen für die Automobilindustrie allein reduzierten sich auf zehn

Prozent des Vorkriegsniveaus. Mit der Einführung der Deutschen Mark durch die

westlichen Alliierten am 21. Juni 1948 begann eine neue Wirtschaftära in Europa und

insbesondere in Westdeutschland.

Der Vertrag von Petersberg, unterzeichnet in November 1949, steigerte die

Produktionsmengen in der Bundesrepublik erheblich. Daher war die Bundesrepublik

besonders daran interessiert, dieses Konzept am Leben zu halten, auch nachdem der

Marshall-Plan offiziell beendet wurde. Dieser Prozess wird noch heute verfolgt. Die

Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit Hauptsitz in Frankfurt verwaltet seit 1948

diese Mittel. Unter der Leitung von Dr. Hermann-Josef Abs und Dr. Otto Schniewind

hatte die KfW weitere Wunder bewirkt und spielte eine wesentliche Rolle in der

Ankurbelung der Wirtschaft in den Jahren des „Wirtschaftswunders". 1950 wurden

zwölf Prozent der Darlehen für den Wohnungsbau eingesetzt.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands half die KfW zwischen 1990 und 1997

bei der Finanzierung der Modernisierung von 3,2 Million Wohnungen in

Ostdeutschland - fast die Hälfte aller bestehenden Wohnungen in den neuen Ländern.

Diese Institution generiert jährlich 70 Milliarden Euro an Umsatz. Die KfW ist damit

Europas größte Förderbank. Heutzutage fördert die Bank nach dem Vermächtnis des

Marshall-Plans Projekte in Ländern der Dritten Welt. Der neue Hauptfokus ist jetzt

die Mikrofinanzierung; die Herausgabe von Kleinkrediten zur Gründung von kleinen

Unternehmen durch verarmte Menschen in der Dritten Welt. Die anderen

europäischen Länder haben über die Jahre die Rückzahlungen dieser

Wiederaufbauhilfen in ihren nationalen Haushalten absorbiert, und sie sind deshalb

quasi verschwunden. Eine Rückzahlung dieser Mittel an den amerikanischen Staat

war nie geplant.

Der Marshall-Plan beinhaltete zusätzlich ein technisches Unterstützungsprogramm.

Hier wurden Ingenieure und Unternehmer in die Vereinigten Staaten geholt, um

Erfahrung über industriellen Kapitalismus und technologischen Transfer aus erster

Hand zu erhalten. Mit diesem Programm wurden auch amerikanische Ingenieure

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nach Europa entsandt, um zu beraten und technische Unterstützung anzubieten,

insbesondere für die Entwicklung von Industrien. Nach vier Jahren hatte der Plan alle

Erwartungen übertroffen. Jedes Mitgliedsland erwirtschaftete ein größeres

Bruttoinlandsprodukt als in der Vorkriegszeit.

Am 11. Dezember 1953 erhielt George Marshall für seine Arbeit den

Friedensnobelpreis. In seiner Rede sagte er: „Es wurde viel darüber geredet, ob an

einen Soldat der Friedensnobelpreis verliehen werden darf. Mir erscheint dies

weniger bemerkenswert als offensichtlich manch anderen. Ich kenne viele Schrecken

und Tragödien des Krieges. Heute, als Vorsitzender der Kommission für

Amerikanische Kriegsdenkmäler, ist es meine Pflicht, den Bau und Pflege von

Soldatenfriedhöfen in vielen Ländern in Übersee zu beaufsichtigen, vor allem in

Westeuropa. Die Menschenleben, die infolge des Krieges verloren wurden, sehe ich

stets vor mir, ausgebreitet und sauber aufgeschrieben in den vielen Spalten der

Grabmale. Ich bin zutiefst davon ergriffen, Mittel oder Wege gegen weitere

Kriegskatastrophen zu finden. Fast täglich höre ich von Frauen, Mütter oder Familien

der Gefallenen. Die Nachwirkungen der Tragödie sehe ich stets vor mir".

Bilanz aus europäischer Sicht

Innerhalb der kurzen Zeitspanne von 1948 bis 1952 hat Europa ein dramatisches

Wachstum an wirtschaftlicher Produktion erlebt. Hunger und Not, unter denen so

viele entwurzelte Menschen gelitten hatten, verschwanden fast über Nacht. Ob dem

Marshall-Plan alleine die Anerkennung für diesen Erfolg zukommt, ist eine Frage,

die Historiker wahrscheinlich nie wirklich werden beantworten können. Aber sicher

ist, dass der Marshall-Plan diesen Entwicklungsprozess erst ermöglichte.

Die Sowjets und die Ostblockstaaten hatten eine solche Unterstützung durch die

Amerikaner abgelehnt. Hierdurch wurde ein weiterer Keil zwischen die beiden

politischen Systeme getrieben. Darauf folgte in Ostdeutschland im Juli 1948 die

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Einführung der „Ostmark", die Blockade Berlins und die darauf folgende Berliner

Luftbrücke in den Jahren 1948/49. Von Finnland, Ungarn, Rumänien und

insbesondere Ostdeutschland hatten die Sowjets große Beträge und Gütermengen als

Wiedergutmachung gefordert. Dadurch verlangsamte sich ihre wirtschaftliche

Entwicklung in der Nachkriegszeit dramatisch.

Es war ohne Frage der Marshall-Plan, der die Grundlagen für eine europäische

Integration schaffte, für vereinfachtes Handeln zwischen den Mitgliedstaaten und den

Aufbau von Institutionen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in Europa, um eine

wirksame Einheit zu bilden. Er diente als Vorläufer zur Entstehung des heutigen

vereinten Europas.

Nur wenige Jahre nach dem Marshall-Plan vereinten sich mit der Unterzeichnung der

Römischen Verträge 1957 Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande

und die Bundesrepublik Deutschland zur „Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft".

Mit der wachsenden Entwicklung innerhalb Europas, neu hinzu gekommenen

Mitgliedern und dem Vertrag von Maastricht am 1. November 1993 wurde die

Europäische Union geschaffen. Hieraus folgte europaweit eine neue Währung: der

Euro. Die nationalen Währungen vieler Mitgliedsstaaten wurden in 2002 durch diese

einheitliche Währung ersetzt.

Globaler Marshall-Plan

Der frühere US-Vizepräsident Al Gore hat einen „Globalen Marshall-Plan"

vorgeschlagen, um Mittel aus den wohlhabenden Nationen zu verteilen, mit denen

dann umweltfreundliche Industrien in Dritte-Welt-Ländern unterstützt werden.

Bedenkt man, dass jedes Jahr weltweit 15 Millionen Kinder verhungern und einer

von zwölf Menschen unterernährt ist oder dass einer von vier Menschen mit einem

Einkommen von unter einem Dollar pro Tag auskommen muss, wäre ein solches

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Programm vielleicht gut investiertes Geld. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht

mehr ausschließlich auf die Entwicklungsländer, wenn wir uns vergegenwärtigen,

dass eins von acht Kindern unter zwölf Jahren in den Vereinigten Staaten ebenso

hungert oder dass 17 Prozent der Kinder in Deutschland an oder unterhalb der

Armutsgrenze leben.

Das ERP-Konzept war erfolgreich; aber es braucht dazu einen Staatsmann, dem der

nötige Respekt und das Vertrauen entgegengebracht wird wie seinerzeit George

Marshall.