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Leseprobe aus: Haargenau von Eric Standop. Abdruck erfolgt mit
freundlicher Genehmigung des Verlages. Alle Rechte vorbehalten.
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FACE REAding
Eric Standop
gEsiChtlEsEn
gEnau
Was hAARE über gEsundhEit und PERsönliChkEit
verraten Haar
Eric standop:haargenau
Was haare über gesundheit und Persönlichkeit verraten © 2015 schirner Verlag,
darmstadt
satz & umschlag: simone Fleck, schirner,unter Verwendung von # 120690061 (puhhha), # 42970834 (tyler Olson), # 147252587 (MJth), # 302085800 (Volodymyr tverdohlib), # 101868868 (BestPhotostudio), # 37057783 (ussr), www.shutterstock.comlektorat: Janina Vogel, schirnerPrinted by: Ren Medien gmbh, germany
ISBN 978-3-8434-1206-3
www.schirner.com
1. Aulage september 2015
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe
sowie des auszugsweisen nachdrucks vorbehalten
die ratschläge in diesem Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen rat, sondern dienen der Begleitung und der anregung der Selbstheilungskräfte. alle angaben in diesem Buch erfolgen daher ohne gewährleistung oder garantie seitens des autors oder des Verlages. Eine Haftung des autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
inHalt
Hair language: die Sprache der Haare ........................................................................................... 7
Einleitung – Eine haarige geschichte .......................................... 13
Mein Weg zum gesichtleser ................................................................................................................ 14
Begrifsdeinitionen ................................................................................................................................... 18
Haare im gesichtlesen ............................................................................................................................. 22
Bedeutung der haare ........................................................................ 27
Haare in der geschichte ......................................................................................................................... 28
Magie der Haare .......................................................................................................................................... 42
Haare im traum ............................................................................................................................................ 47
haare und gesundheit ...................................................................... 53
arten, aufbau und Wachstum ............................................................................................................ 54
Haaranalyse .................................................................................................................................................... 61
Haarausfall ....................................................................................................................................................... 64
Haarkrankheiten .......................................................................................................................................... 71
graue Haare ................................................................................................................................................... 78
augenbrauen und Wimpern ............................................................................................................... 83
Haarplege ...................................................................................................................................................... 89
haare und Persönlichkeit ................................................................. 99
Ein Spiegelbild der persönlichkeit ................................................................................................. 100
Haarfarben ................................................................................................................................................... 102
Haarstruktur ................................................................................................................................................ 121
Haaransatz ................................................................................................................................................... 124
Haarlänge ..................................................................................................................................................... 129
Scheitel .......................................................................................................................................................... 135
Frisuren .......................................................................................................................................................... 144
Frisur und Stimmung ............................................................................................................................ 183
augenbrauen ............................................................................................................................................. 189
Wimpern ....................................................................................................................................................... 215
Bärte ................................................................................................................................................................. 219
Weitere gesichtshaare .......................................................................................................................... 235
schluss – haare lesen ...................................................................... 239
Zwei Beispiele ............................................................................................................................................ 240
der autor ...................................................................................................................................................... 250
literatur ......................................................................................................................................................... 252
Bildnachweis ............................................................................................................................................... 252
Hair languagE: diE SpracHE dEr HaarE
gesichter faszinieren uns, sie ziehen uns magisch an. Sie sind entscheidend dafür
ob wir jemanden auf den ersten Blick sympathisch inden oder nicht. Mithilfe unse-
res gesichts kommunizieren wir – häuig sogar mehr als über unsere Stimme und
unsere Worte. das menschliche gesicht ist ein nonverbales Kommunikationsmittel.
Es will sich mitteilen, und dabei hat es nicht nur anderen, sondern auch uns selbst
etwas zu sagen. Menschen, besonders diejenigen, die sich für das gesichtlesen in-
teressieren, schenken häuig einzelnen Merkmalen wie Falten besondere aufmerk-
samkeit. andere wiederum glauben, dass in der Form und Struktur der nase, des
Kinns oder des Mundes alle antworten »geschrieben« stünden. nur sehr wenige
achten dagegen ganz bewusst auf die Haare und deren aufbau, Beschafenheit
und darstellung – was mich als gesichtleser überrascht, denn auch unsere Haare
geben uns zahlreiche aufschlussreiche Hinweise, die es nur zu erkennen gilt.
Wenn wir einmal den aufwand betrachten, den wir mit unseren Haaren im Ver-
gleich zu unseren anderen Körperteilen, selbst dem gesicht, betreiben, wird uns
deren Bedeutung vielleicht klarer – und dies gilt nicht nur für die Frisur, sondern
auch für die plege der augenbrauen und des Bartes, der Scham- und Beinbehaa-
rung, ja, selbst der Haare, die aus nase und ohren wachsen. im Verlauf einer Wo-
che kommen bei vielen Menschen auf diese Weise etliche Stunden zusammen.
doch nicht nur wir selbst beschäftigen uns mit unseren Haaren, wir lassen auch
gern Fremde Hand anlegen: Haarentfernungsstudios schießen wie pilze aus dem
Boden, in vielen ländern gibt es »Eye & Eyelash Shops«, in denen sich die Mit-
arbeiter nur um die augenbrauen und Wimpern ihrer Kunden kümmern, und
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von den Millionen Friseuren weltweit brauchen wir gar nicht
erst zu sprechen – allein in deutschland zählen wir etwa 74 000
Friseursalons. Wir inden sie an nahezu jeder Straßenecke, und
selbst im entlegensten dorf ist die Wahrscheinlichkeit groß,
zumindest einen Friseursalon zu inden. Friseure oder Friseurin-
nen sind dabei häuig nicht nur Fachmann bzw. -frau in Sachen
Haare, sie sind unterhalter, Vertrauensperson, psychologe und
gesundheitsberater in einem. nur wenige Berufe sind derart
vielschichtig.
dennoch zeigt sich, dass Haare nur sehr
oberlächlich wahrgenommen werden.
abseits des Friseurhandwerks besteht
wenig interesse an der tiefen aussa-
gekraft der Haare. die publikationen
zum thema beschränken sich meist
auf einzelne redaktionelle Beiträge, die
über Mittel und produkte der Haar-
veränderung informieren, und in den
Veröfentlichungen rund um das ge-
sichtlesen werden sie ebenso stiefmüt-
terlich behandelt wie in den wenigen
wissenschaftlichen publikationen. und
ganz nebenbei: ist es nicht höchst inte-
ressant, dass wir nahezu für jedes organ
oder jedes anliegen unseres Körpers
einen Spezialisten kennen, der uns im Falle einer Erkrankung
oder eines Mangels weiterhilft? Es gibt neurologen, Zahnärzte,
Hals-nasen-ohren-Ärzte, orthopäden, augenärzte, urologen,
Frauenärzte, proktologen – und selbst für unser unterbewusst-
sein, unsere gedanken und gefühlswelten gibt es mit dem
psychologen einen spezialisierten Heilkundigen. und was gilt
in Bezug auf unsere Haare? Hier gibt es keinen klar deinierten
Spezialisten. Für sie ist der Hautarzt, der
dermatologe, mit zuständig.
Vielleicht liegt es daran, dass Haare genau
wie Federn wissenschaftlich als Haut-
anhangsgebilde (adnexen) bezeichnet
werden – kein sehr schmeichelhafter
Begrif, oder? Wir unterschätzen unsere
Haare, wenn wir sie auf einen solchen
Begrif reduzieren, denn kein vernünfti-
ger Mensch wird bestreiten wollen, dass
es Zusammenhänge zwischen einer Er-
krankung und dem Zustand der Haare
gibt – wie auch immer diese im detail
aussehen mögen. Haare stehen für le-
benskraft und Energie, nicht umsonst sind die Haarwurzeln mit
die empindlichsten Stellen unseres Körpers. unsere Haare spie-
geln unsere lebensgeister wider und sind schon deshalb ein
sehr sensibles thema. Besonders deutlich wird dies, wenn Men-
schen ergrauen oder komplett ihre Haarpracht verlieren. Viele
werden unruhig, nachdenklich oder sogar unglücklich, denn
die Vergänglichkeit, das durchschreiten verschiedener lebens-
abschnitte, möglicherweise das Erreichen eines letzten Kapitels
wird ihnen vor augen geführt.
doch gesundheit und alter sind nur teilaspekte, zu denen sich
noch ein anderer wichtiger aspekt gesellt: unser Haar ist einer
der zentralen auslösenden Faktoren von Sympathie und anti-
pathie. Beim Zustandekommen eines ersten Eindrucks stellt die
Frisur einen der wichtigsten Schlüsselreize dar. Wir drücken un-
sere persönlichkeit gern über die Haare aus. Warum sonst geben
Haare so häuig anlass zum Streit innerhalb einer Familie? Wer
seine Haare färbt, schneidet, rasiert, verlängert oder lechtet, der
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riskiert oder provoziert Kritik oder sogar
ablehnung – je nachdem, in welchem
umfeld er sich bewegt. oder er kann
das genaue gegenteil bewirken und
durchweg Wohlgefallen in seiner um-
gebung auslösen und bewundernde
Blicke auf sich ziehen. doch so oder
so sollte uns klar sein, dass jede Ver-
änderung unserer Haare von unseren
Mitmenschen aufmerksam verfolgt,
eingeordnet und häuig auch bewertet
wird. die art, wie wir unsere Haare tra-
gen, sagt etwas über unser Wesen und
unsere Einstellung zum leben aus. Sie
repräsentieren unsere persönlichkeit,
unsere gedanken und unsere Überzeu-
gungen. Mit einem neuen Haarschnitt
oder einer neuen Haarfarbe markieren
wir hin und wieder sogar einen Wende-
punkt in unserem leben.
auf diese Weise dienen Haare der non-
verbalen Kommunikation: Wir teilen
uns der außenwelt mit. nicht nur mit-
hilfe unserer Stimme oder der Sprache
unseres Körpers, der »Body language«,
sprechen wir, sondern es sind letztlich
auch unsere Haare, die besonders ge-
sprächig sind – und die »Hair langua-
ge« ist keineswegs eine geheimspra-
che. Sie läuft nicht im Verborgenen ab,
sondern ist aussagekräftig und lässt
sich kaum ignorieren. doch obwohl
wir dieses Wissen tief in uns tragen,
verlassen wir uns beim Kennenlernen
eines Menschen lieber auf andere,
eher verstandesorientierte Herange-
hensweisen. dabei ist derjenige, der
die »Hair language« versteht, klar im
Vorteil. Wer sehen und hören kann,
was Haare ihm mitteilen, der hat ei-
nen wertvollen informationsvorsprung.
dieser kann den umgang miteinander
vereinfachen und das Wesen eines
Mitmenschen verständlicher machen –
und das ist ganz im Sinne der tradition
und ursprünglichen Motivation eines
gesichtlesers. Er will den Menschen
nicht kategorisieren, bewerten oder
verurteilen, sondern er möchte das
wahre Wesen eines Menschen sicht-
bar werden lassen – und die Haare
sind hierbei ein nicht zu unterschät-
zendes Hilfsmittel.
ich würde mir von Herzen wünschen,
dass Sie die nun folgenden Seiten un-
ter diesem »gesichtspunkt« lesen und
ihren inhalt als anregung zum bes-
seren Verständnis ihrer Mitmenschen
verstehen.
Herzlichen dank.
ich sehe dich!
Eric Standop
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geschichte
EinehaarigeEinlEitung
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HaarE iM gESicHtlESEn
Würden wir uns an rationalen, nur an Fakten interessierten Zeitgenossen ori-
entieren, würde den Haaren keine große Bedeutung zufallen. Sie seien weder
lebenswichtig noch wirklich vonnöten, denn ihre ursprünglichen aufgaben
wie die Wärmeisolierung, die reibungsminderung und ihre unterstützung des
Berührungssinns können mittlerweile auch gut, vielleicht sogar besser, von an-
deren Hilfsmitteln übernommen werden. nehmen wir z. B. ihre Wärmefunktion:
natürlich schützen längere Kopfhaare in kalten Klimazonen vor dem auskühlen
des mit viel Energie versorgten Kopfes, doch würden unsere Haare wirklich der
Wärmeisolierung dienen, so müssten folglich all unsere Körperhaare so lang
wachsen wir unsere Kopfhaare. Solche und ähnliche rationale Überlegungen
haben durchaus ihre Berechtigung, doch klammern sie aus, dass Haare auch
andere Funktionen ausüben können. gefühlsbetonte Menschen werden sich
diesen Sichtweisen kaum anschließen. Für sie stellen Haare ein Mittel der
Selbstdarstellung dar, über das sich Kreativität ausdrücken lässt und – denken
wir nur an das Spielen mit einer Haarlocke während eines gesprächs – Bot-
schaften aussenden lassen. So ist es wenig überraschend, dass sich nicht nur
Friseure, sondern auch psychologen für unsere Haare interessieren und ihnen
eine gewisse, nahezu übergeordnete Bedeutung zukommen lassen. Beide
Berufsgruppen sehen Haare als ein teil der individuellen darstellung und des
persönlichen auftritts. Haare können geformt, gefärbt, geföhnt, geschnitten,
verlängert, geglättet und in locken gelegt und so individuell dem eigenen
charakter angepasst werden.
doch was stimmt nun: Über- oder unterschätzen wir die Haare,
diese sogenannten Hautanhangsgebilde? Sind sie in unserer
heutigen Zeit wirklich nicht mehr nötig? ist die Haarpracht nur
noch dekoration im gesamtbild eines Menschen, oder kann
sie uns etwas über dessen charakter und Wesen verraten? Es
scheint, als würden Haare in ihrer körperlichen Funktion über-
bewertet, in ihrer inhaltlichen aussagekraft jedoch unterbewer-
tet werden.
diese uneinigkeit in Bezug auf das thema indet sich auch im
gesichtlesen wieder. So umfassend die vielen verschiedenen
gesichtlesetechniken auch sind, nicht jede beschäftigt sich
mit der Bedeutung der Haare und sieht sie als hilfreichen Fak-
tor beim Erkennen, beim prozess des »Sichtbar-Werdens« eines
Menschen an. noch im vorigen Jahrhundert propagierten ei-
nige europäische gesichtleser, dass Haare nur ein Spiegelbild
der Mode seien und einzig der Verschönerung dienen würden.
Vergessen waren alte Weisheiten und Beobachtungen, die
generationen zuvor angestellt und dabei festgestellt hatten,
dass wir über die Haare unterbewusst
unsere persönlichkeit ausdrücken und
dass uns unser Körper mithilfe der Haa-
re sehr bewusst auf Mängel, deizite
und Krankheiten, auch seelischer natur,
aufmerksam machen kann. Heute neh-
men aufmerksame gesichtleser in aller
Welt wieder notiz von den Haaren und
schätzen ihre aussagekraft – und dies
gilt nicht nur für die Kopfhaare, sondern
auch für den Bart, die augenbrauen, die
Wimpern, für einfach jede art von ge-
sichtsbehaarung.
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Warum unsere Haare so bedeutsam sind, lässt sich leicht mithilfe
des chinesischen gesichtlesens, des Siang Miens, erklären. Seine
Meister ordnen die unterschiedlichen Merkmale des gesichtes
bildhaft in Flüsse und Berge ein. Ein Fluss kann seinen lauf, sei-
ne Eigenschaften, seine Bewegung stetig, manchmal äußerst
schnell verändern. Ein Berg ist dagegen nahezu starr. aber nur
nahezu, denn tatsächlich kann auch er seinen »auftritt« ändern.
denken wir nur an die Kräfte von Erdbeben, gerölllawinen oder
Stürmen, die Schneisen in die Waldhänge eines Berges treiben.
doch diese Veränderungen geschehen
nicht ganz so häuig und müssen oft
im detail wahrgenommen werden. Zu
den Flüssen zählen chinesische gesicht-
leser deshalb jene gesichtsmerkmale,
die kurzfristig starke Veränderung erfah-
ren oder selbstständig zeigen können.
dazu gehören besonders die augen
und der Mund, weswegen ich meinen
Schülern zum genauen Studieren dieser
gesichtspartien rate – denn was immer
man im gesicht wahrnehmen kann, au-
gen und Mund haben sozusagen das
letzte Wort. Sie sind durch unsere ge-
sichtsmuskulatur in ihrer darstellungs-
kraft äußerst lexibel und reagieren auf
eine Stimulanz durch den gesichtsnerv
(nervus facialis) mit mikrosekunden-
schnellen reaktionen. ihre aussagekraft überstimmt alles. unsere
gesichtsform, das Kinn, der Kiefer, die Stirn, die nase und die oh-
ren sind für chinesische gesichtleser hingegen Berge. ihre Verän-
derungen sind nur schemenhaft, punktuell oder erst im Verlauf
von Jahren erkennbar. nur wenn sich etwas tief greifendes ereig-
net, sind sie auch zu einer zügigen Veränderung »bereit«.
Wo sehen gesichtleser aber nun die
Haare in dieser bildhaften Zuordnung?
tatsächlich fällt den Haaren eine Son-
derrolle zu, und so können sie sowohl
Flüsse als auch Berge darstellen. dabei
benötigen sie weder so viel Zeit zur
Veränderung und anpassung wie Ber-
ge, noch sind sie so variabel und wan-
delbar wie Flüsse.
So ändert z. B. mancher Mann im laufe
seines Erwachsenenlebens kein ein-
ziges Mal seinen Haarschnitt. Er hat
seine passende Frisur gefunden und
möchte diese nicht mehr verändern.
Erst das Ergrauen oder gar der Haar-
ausfall führt eine Veränderung herbei.
in diesem Fall sind Haare Berge. neh-
men wir auf der anderen Seite eine
dynamische, kreative, junge Frau, die
sich fast wöchentlich die Haare färbt
und unterschiedlich frisiert. Jeden tag
dieselbe Frisur zu tragen, würde sie als
langweilig und als nicht ihrer natur
entsprechend empinden. in diesem
Fall sind Haare Flüsse. dies trift beson-
ders auf lange Haare zu, die sich im Mi-
nutentakt umgestalten und mehrmals
am tag verändern lassen (siehe Kapitel
»Frisur und Stimmung«, S. 183).
Es ist genau diese Schwierigkeit der
Zuordnung, die Haare so besonders
macht, denn dadurch können sie uns
sowohl über gesundheitliche als auch
über seelische probleme auskunft ge-
ben. »Mir stehen die Haare zu Berge«
sagen wir, wenn wir uns über etwas
aufregen, wenn wir »unter Strom ste-
hen«, was sich häuig in abstehenden
Haaren äußert. nicht wenige Men-
schen zeigen nach Schockerlebnissen
schnell Veränderungen in der Haar-
struktur, manche gar in der Haarfar-
be. Eine Krankheit oder eine mangel-
bzw. fehlerhafte Ernährung, die sich
nur mittelfristig oder erst über einen
langen Zeitraum im gesicht manifes-
tieren würde, zeigt sich rasch an den
Haaren. unsere Haare sind dadurch
hilfreiche informationslieferanten, die
der geübte gesichtleser nicht missen
möchte.
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und pErSÖnlicHKEitHaare
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Ein SpiEgElBild dEr pErSÖnlicHKEit
in den Friseursalons, in den Haarstudios, in den »Barbershops« dieser Welt geht
es häuig sehr geschwätzig, sehr unterhaltsam zu. Hier herrscht kein betrofenes
oder banges Schweigen wie wir es aus dem Wartezimmer eines arztes oder einer
Verwaltungsbehörde kennen. das Friseurhandwerk verbindet die Menschen –
und das nicht nur durch die Fachkompetenz, die Friseure in Sachen Haare auf-
bringen, sondern vor allem durch ihre besondere rolle, die sie einnehmen und
mal als »Freizeit-psychologe«, mal als Menschenkenner, mal als hervorragender
unterhalter fungieren. die aussagen einer Friseurin oder eines Friseurs werden
meist geschätzt. da überrascht es nicht, dass auch das Ergebnis ihrer tätigkeit, die
Frisur, der Haarschnitt, von einer nicht zu unterschätzenden aussagekraft ist. dies
bestätigte bereits vor einigen Jahren dr. Marianne laFrance, leiterin der Studie
»First impressions and Hair impressions« an der Yale university in new Haven,
connecticut. die professorin für psychologie und Frauen- und geschlechterfor-
schung fand heraus, dass verschiedene Frisuren mit bestimmten persönlichkeits-
merkmalen und Wesenszügen in Verbindung gebracht werden, die von sehr po-
sitiven bis hin zu weniger schmeichelhaften Eigenschaften reichen.
ob lang oder kurz, gefärbt oder nicht, rasiert oder verlängert, stirnfrei oder sträh-
nig, ob Scheitelträger links, rechts, mittig oder besser gar nicht – die art, wie wir
Menschen unsere Haare tragen, sagt viel über unsere denk- und Verhaltensweise
und damit über unsere persönlichkeit und Einstellung zum leben aus. natürlich
kann sich die Haarpracht stetig ändern und unterliegt hin und wieder bestimm-
ten trends. doch selbiges gilt auch für unser gefühlsleben: unsere Einstellun-
gen sind ebenfalls wandelbar und
unterliegen Einlüssen, die wir nicht
immer unter Kontrolle haben. unser
inneres drücken wir dann nicht nur
mit unseren Worten, sondern vor al-
lem über unser äußeres Erscheinungs-
bild aus. unsere Kleidung und unsere
Haare dienen dabei im besonderen
Maße der nonverbalen Kommunika-
tion, da wir mit ihnen unterbewusste
Botschaften aussenden und unser in-
nerstes der außenwelt mitteilen. der
Frisur scheint dabei eine Sonderrolle
zuzufallen. So mag die Frage, welchen
Eindruck eine Frisur auf bestimmte
Menschen macht, zwar von Bedeu-
tung sein, doch was jemand mit sei-
nem Haar tatsächlich ausdrücken will,
lässt tiefer in die gedanken- und See-
lenwelt des Menschen blicken, als wir
uns vorstellen können.
Verschafen wir unseren Haaren einen
neuen Schnitt, vielleicht sogar eine
neue Farbe, so kann die ursache dafür
eine kleiner Wandel oder gar ein tief
greifender Wendepunkt in unserem
leben sein, den wir so markieren. da-
durch wird unser Haarschopf zu einem
hilfreichen indikator beim Erkennen
des Wesens und der persönlichen Ent-
wicklung eines Menschen.
unsere Frisur ist ein persönliches
Statement, eines, das mindestens so
wichtig ist wie die Kleidung, die wir
tragen. Sie ist ein Spiegelbild unserer
persönlichkeit. natürlich sind wir gut
beraten, einen Menschen nicht aus-
schließlich anhand seiner Haare zu be-
oder gar zu verurteilen – auch wenn
dies häuig genug unterbewusst ge-
schieht –, doch wenn wir wissen, wel-
che gedankenwelt oder lebensauf-
fassung sich hinter welchem Styling
verbirgt, können Haare sehr hilfreich
beim Verstehen der persönlichkeit un-
seres gegenübers sein.
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HaarFarBEn
Blondinen sind angeblich sehr attraktiv, aber naiv. rothaarige sollen ein feuriges
temperament besitzen, können aber auch gefährlich werden. Braunhaarige sei-
en elegant, bodenständig und solide, dabei aber fast schon wieder langweilig.
und Schwarzhaarige gelten entweder als geheimnisvoll und melancholisch oder
aber als rassig und leidenschaftlich. Viele Stereotype sind unseren natürlichen
Haarfarben zugeordnet. obwohl wir von Verstandesseite her wissen, dass es sich
bei diesen aussagen um Vorurteile handelt, lassen wir uns bei unserem ersten
Eindruck von der Haarfarbe eines Menschen beeinlussen. doch die Frage nach
der aussagekraft von Haarfarben ist umstritten und sorgt nicht nur im Freundes-
kreis für diskussionen, sondern spaltet selbst die gesichtlesergemeinde. Je nach
tradition des gesichtlesens messen Face reader in aller Welt der Haarfarbe eine
unterschiedliche Bedeutung bei. Einige meinen, in ihr erste persönlichkeitsmerk-
male ablesen zu können, andere sehen in ihr eine völlig zu vernachlässigende
größe. die Wahrheit liegt vermutlich dazwischen.
Bei meiner arbeit sowohl in der Face reading academy als auch auf meinen
weltweiten reisen als gesichtleser konnte ich für mich Folgendes festhalten: die
natürliche Haarfarbe sagt zwar nicht grundsätzlich etwas über einen Menschen
aus, sie kann jedoch erste Hinweise auf die persönlichkeit, das Wesen und die
charakterzüge geben. anders verhält es sich allerdings mit gefärbten Haaren, die
sehr wohl auskunft über die persönlichkeit eines Menschen geben können. nicht
umsonst ordnen wir Farben bestimmte Eigenschaften zu, wenn wir beispielswei-
se rot mit der liebe oder Weiß mit der unschuld verbinden. Wer also nicht nur
die Form seiner Haare, sondern besonders auch die Farbe verändert, der möchte
gewissen aspekten seiner persönlichkeit ausdruck verleihen:
Seht her, so bin ich wirklich! oder aber: So wäre ich gern. die
Farbe der Haare ist daher mehr als nur ein Element der äußeren
Erscheinung, und ob nun gewollt oder nicht, ofensichtlich wer-
den bestimmte charaktereigenschaften mit ihr in Verbindung
gebracht. nicht wenige Zeitgenossen fällen deshalb ihr urteil
wie z. B. bei der partnerwahl auf der Basis der Haarfarbe einer
person. das muss nicht bewusst geschehen, denn vor allem
das unterbewusstsein spielt dabei eine bedeutende rolle. Es
geht also weniger darum, inwiefern sich die persönlichkeit der
beurteilten personen tatsächlich über die Haarfarbe ofenbart,
sondern vielmehr darum, welchen Eindruck eine Haarfarbe auf
den jeweiligen Betrachter macht.
rote Haare
das Farbspektrum roter Haare reicht
von orange über Kupfer hin zu einem
tiefen Mahagoniton, den viele fälschli-
cherweise bereits als Braunton bezeich-
nen würden. die sehr aufällige Haarfar-
be ist die Variation eines gens auf dem
chromosom 16, die dazu führt, dass sich
phäomelanin (siehe infokasten S. 109)
verstärkt in den Haaren, aber auch in
der Haut beindet, was diese wiederum
empindlich hell werden lässt und zu
vermehrter Sommersprossenbildung
führt. ob dies im Zusammenhang mit
folgendem phänomen steht, ist aller-
dings ungewiss: in Krankenhäusern
wurde beobachtet, dass rothaarige
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schmerzempindlicher sind und in
der anästhesie oft höhere dosen von
Schmerzmitteln benötigen als blonde,
schwarze oder braunhaarige Men-
schen. die Forschung bemüht sich
derzeit um eine Erklärung, doch wur-
de hierzu noch keine abschließende
Studie erstellt.
natürlich rothaarige sind übrigens
keineswegs selten. tatsächlich kom-
men sie häuiger vor als natürlich
blonde Menschen. Zurzeit würde jeder
33. Mensch weltweit als ein natürli-
cher rotschopf gelten, von denen die
meisten aus Schottland (13 % der Ein-
wohner), irland und australien (jeweils
11 %) und England (fast 10 %) stammen.
Menschen mit roter Haarfarbe inden
sich aber auch in pakistan und weiteren
regionen asiens wie papua neuguinea
oder indien, wenn auch sehr selten.
in alten Zeiten kamen abergläubi-
schen Menschen rote Haare oft ver-
dächtig vor. Weil sie so aufällig waren,
sahen sie dahinter das teulische oder
dämonische. Besonders Frauen mit
roten Haaren und grünen augen litten
unter diesem Verdacht. Sie wurden der
»Hexerei« bezichtigt, und nicht weni-
ge starben qualvoll auf den Scheiter-
haufen der inquisition. dabei waren
rothaarige schon damals ausgiebig
in den Kunstwerken des italienischen
Malers und Bildhauers Michelangelo
(1475–1564) vertreten. auch in der
heutigen Zeit ist ihnen viel aufmerk-
samkeit gewiss, nicht zuletzt in den
Medien. in jedem Fall hatten und ha-
ben rothaarige schon immer eine be-
deutungsvolle Stellung in der gesell-
schaft inne.
Diese äußert sich auch in den We-
senszügen, die wir Rothaarigen
zuordnen, deren Wahrheitsgehalt
wir aber nicht dogmatisch, sondern
vielmehr spielerisch anhand der
Menschen in unserem Bekannten-
kreis überprüfen sollten:
rote Haare sorgen für aufsehen. ihre
träger stechen heraus. ob zu recht
oder zu unrecht, sie sind einfach auf-
fälliger. ihnen wird deshalb auch gern
durchsetzungsfähigkeit nachgesagt.
gesichtleser vermuten hinter dieser
Haarfarbe aber erst einmal nur den
Wunsch nach durchsetzungskraft, für
den das Färben eine art Ersatzhand-
lung darstellt. ob dieser Wunsch da-
rüber hinaus verwirklicht wird, hängt
sicherlich von vielen anderen Fakto-
ren ab.
rothaarige gelten aufgrund ihrer feurigen Haarfarbe als explo-
siv, leidenschaftlich und verführerisch. ihnen wird nachgesagt,
dass sie mit viel Stolz und feurigem temperament zu Werke gin-
gen. Sie würden es hassen, sich zu langweilen, und einen guten
Sinn für Humor besitzen. das Bild, das man von rothaarigen hat,
ist oft auch romantischer natur: Sie seien verliebt in die liebe
und liebten die dramatik, was aber auch zu Wankelmütigkeit in
Beziehungsfragen führen könne. Manchmal nimmt man aber
auch das gegenteil an, und rothaarige gelten als schüchtern
mit einer übergroßen angst vor ablehnung. dies bringt ihnen
den ruf ein, unterschiedliche persönlichkeiten zu besitzen. das
macht sie so geheimnisvoll. Für viele Menschen sind sie häuig
ein rätsel für sich.
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Blonde Haare
Was wir bei Haaren als blond (franz.:
blond(e) = hell) bezeichnen, meint die
gesamte Farbpalette von leicht gelb-
lich über rotstichig, einem dunkleren
Weißtyp bis hin zu einem leicht bräun-
lichen ton, der von helleren Sträh-
nen abgedeckt wird. Kategorien wie
rotblond, Semmelblond, Strohblond,
aschblond, Mittelblond, dunkelblond
und Wasserstofblond zeugen von der
großen Vielfalt. die gruppe der natür-
lich blonden Menschen ist jedoch eher
eine Minderheit, denn nur etwa 2 % der
Erdbevölkerung sind zurzeit blond. Es
ist nur die große anzahl der Blondge-
färbten, die uns in manchen teilen der
Welt einen anderen Eindruck vermit-
telt.
die meisten blondhaarigen Men-
schen inden sich in nord- und Mit-
teleuropa und in nordamerika. doch
auch in argentinien, namibia, Sibirien,
nordafrika und im libanon können
wir auf blonde Einheimische trefen.
Kurioserweise sind bis zu 5 % der in-
digenen Bevölkerung der Salomon-
inseln im Südpaziik auch dem blon-
den Haartyp zuzuordnen, obwohl die
Bewohner sonst eine überwiegend
dunkle Hautfarbe besitzen. Eine Er-
klärung hierfür ist, dass die Haarfarbe
ofensichtlich nicht nur das Ergebnis
genetischer Weitergabe wie z. B. durch
die ansiedlung fahrender Händler und
reisender ist, sondern neben der Me-
laninbildung (siehe infokasten rechts)
vermutlich auch die Sonneneinstrah-
lung und eine ischreiche Ernährung
eine rolle spielen.
Bei Kindern ist die anzahl der Blonden
deutlich höher, jedoch verdunkelt sich
bei vielen die Haarfarbe im laufe des
Älterwerdens (»nachdunkeln«), da sich
die produktion der körpereigenen Me-
lanine deutlich steigert.
Einst wurden blonde Männer als »Blon-
din« bezeichnet, heute indet dieser
Begrif jedoch fast keine anwendung
mehr. Blonde Frauen werden hinge-
gen weiterhin gern als »Blondinen«
bezeichnet. Meist schwingt bei dem
Wort anerkennung mit, manchmal
allerdings auch abschätzigkeit. Blon-
de Menschen polarisieren ofensicht-
lich leichter als Menschen mit anderen
Haarfarben.
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Überprüfen wir daher vorurteilsfrei die Stereotype, die auf
blonde Menschen übertragen werden:
Eine Frau mit blonden Haaren, eine Blondine, wird von Frauen
mit anderer Haarfarbe oft als schwach und naiv eingeschätzt.
auch viele Männer sehen in blonden Frauen das Schwache und
das unschuldig Kindliche und nehmen sie häuig nicht wirklich
für voll. denken wir nur einmal an die vielen Blondinenwitze, die
wohl nur von Männern stammen können. aber so, wie Frauen
Blondinen nicht nur unterschätzen, sondern sie interessanter-
weise gleichzeitig auch als Konkurrenz empinden, so schwingt
beim männlichen Betrachter ebenfalls ein zweiter aspekt mit:
auf viele wirkt die Haarfarbe aufreizend
sinnlich, weiblich und dadurch beson-
ders anziehend. Kein Wunder, denn der
angenehme nebenefekt blonder Haare
ist, dass sie ihre trägerinnen nach außen
hin automatisch jünger wirken lassen.
dies hängt mit der oben beschriebenen
Melaninbildung zusammen, die selbst
natürliche Blondschöpfe mit der Zeit
dunkler werden lässt. Blond ist daher die
Haarfarbe, die am stärksten mit Jugend-
lichkeit in Verbindung gebracht wird.
Wenn Männer blonde Haare tragen,
wirken sie feingliedriger, empindsa-
mer, toleranter, aber auch verletzlicher
als Männer mit dunklen Haaren. oft
gelten sie auch als »Sunnyboys« – und
der klassische Surfer wird gern als braun
gebrannte blonde Strandschönheit dar-
gestellt.
ob nun statistisch von relevanz oder nicht:
umfragen in den uSa konnten zeigen, dass
Frauen mit blonder Haarfarbe in der regel eine
höhere Erwartungshaltung an sich und andere
besitzen. Vielleicht ist es nur Zufall, doch mög-
licherweise liegt genau darin ein grund für
die höhere Scheidungsrate bei blondhaarigen
Menschen in den uSa.
MELANIN
Für die Bildung und Ausprägung
der Haarfarbe ist beim Menschen
ein Pigment namens Melanin
verantwortlich. Eine Gruppe spezi-
alisierter Zellen, die Melanozyten,
stellen dies in unmittelbarer Nähe
der Haarwurzel her und befördern
es in die Haare.
Melanine kennen wir in zweierlei
Gestalt: Zum einen als Pigment
Eumelanin, das im braunen und
schwarzen Haar dominiert, und als
Pigment Phäomelanin, das für blon-
de und rote Haare verantwortlich
ist. Die wechselseitige Verbindung
dieser beiden Pigmenttypen erzeugt
die individuelle Haarfarbe. Je nach
Mischverhältnis der beiden Melanin-
typen entstehen die beim Menschen
bekannten Farbvariationen.
ÜBRIGENS: Wenn im zunehmenden
Alter die Produktion von Melanin
abschwächt, entstehen als Folge
die oft unerwünschten grauen oder
weißen Haare. Das Melanin wird in
diesem Fall durch die Einlagerung von
Luftbläschen im Haarschaft ersetzt.
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