langzeitwirkungen von kalkung und düngung auf den chemischen zustand im oberboden, die humusformen...

13
Forstw. Cbl. 112 (1993), 334-346 1993 Verlag Paul Parey, Hamburg mxd Berlin ISSN 0015-8003 Aus dem Systematisch-Geobotanischen Institur, dem [nstitut fiir Bodenk~r und der "N'iedersdchsischenForsdichen Versuchsanstah in G6ttingen Langzeitwirkungen von Kalkung und Dfingung auf den chemischen Zustand im Oberboden, die Humusformen und die Bodenvegetation in einem Fichtenforst Von A. IbfMER,W. SCHMIDT, K.J..~IEtWES und E BEESE 1 Einleitung Die Untersuchungen an Waidstandorten unterschiedlichster BodenverMltnisse und Baum- arten der letzten Jahrzehnte zeigen Tendenzen einer fortschreitenden Versat, erung, insbe- sondere der Oberb6den. Das Ausmaf~ der Bodenversauerung wird durch Deposition yon sauren Luftschadstoffen, Standortsfaktoren, die Wahl und die Bewirtschaftung der Bau- marten beeinfluf~t (ULRICH et al. 1979; BREDEMEIER u. ULRICH 1989; BENECKE 1984). Diese Faktoren haben zur Destabilisierung yon Wald6kosystemen beigetragen, wobei gr6t3ere Sickerwasseraustr~ige yon Pflanzenn~ihrstoffen wie Calcium, Magnesium und Kalium und eine zunehmende Freiserzung yon toxisch wisksamem Aluminium, Eisen und Mangan beobachtet wurden (ULRICH et al. 1979; ULRICH 1983). Des in jfngeser Zeit beschleunigt ablaufenden Bodenversauer~dng wird durch oberfiSchige Ausbringung yon Kalk begegnet. Ffir die Fragestellung, wie lange die Wirkung solcher Kalkungen anh~itt, bietet sich die Untersuchung alter Kalkungsversuche an, wie sie beispietsweise von KENK et al. (1984), GRIXls* und RE~IFUESS (1986) oder HILDEI3V, aND (1986) gemacht wurden. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in diese Reihe ein; sie bescMftigt sich mit den VerSndernn- gen des chemischen Zustandes im Oberboden, der Humusformen und der krautigen Vege- tation in einem ca. 40 Jahre alten D/ingungsversuch in Lutter am Barenberge, der bereits 10 Jahre nach seiner Anlage yon WrCrmH und MITSCHERLICH (1963) untersucht wurde. 2 Beschreibung der Versuchsfl~iche Der untersucbte D/ingungsversuch befindet sich in Sfidniedersachsen, im Wuchsbezirk Innerste Bergland, Forstamt Lutter am Barenberge, Abt. 28c. Der lichte, nach einer Stockausschlag-Buche begrfindete 109j~ihrige Fichtenbestand liegt bei einer schwachen Gel~indeneigung in ca. 240 m H6he. Der mitttere j~ihrliche Niederschlag betr~igt 836 Am, die durchschnittliche Jahrestemperamr + 8 ~ (SrAN~)ORTKaRrI~RUNG, 1954). Der Bodentyp is: ein Braunerde-Podsol, der sich aus skelettseichem und sandigem Material des Hils-Sandsteines (Obere Kreide) mit unregelm~il~igem L6f~schieier entwik- kelte. Als Vegetationsausbildung liegt eine farnreiche Variante des Siebenstern-Fichtenforstes (ELLr-NV, ERG et al. 1986) vor. In der Krautschicht dominieren Farne. Besonders des Adler- farn (Pteridium aquih'num) kann Deckungsgrade fiber 50 % erreichen. Daneben ist auch Breitbl~ittriger Dornfarn (Dr),opteris dilatata) regelm~t~ig vertreten. Welter verbreitere krautige Arten sind Siebenstern (Trientalis europaea), Sauerklee (Oxalis acetosella) und in lichteren Bereichen Geschliingelte Schmiele (Avenetla flexuosa). A,ten wie Himbeere U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0015-8003/93/11206-0334 $ 0.2.50/0

Upload: a-immer

Post on 23-Aug-2016

215 views

Category:

Documents


2 download

TRANSCRIPT

Forstw. Cbl. 112 (1993), 334-346 �9 1993 Verlag Paul Parey, Hamburg mxd Berlin ISSN 0015-8003

Aus dem Systematisch-Geobotanischen Institur, dem [nstitut fiir Bodenk~r und der "N'iedersdchsischen Forsdichen Versuchsanstah in G6ttingen

Langzeitwirkungen von Kalkung und Dfingung auf den chemischen Zustand im Oberboden, die Humusformen

und die Bodenvegetation in einem Fichtenforst

Von A. IbfMER, W. SCHMIDT, K.J..~IEtWES und E BEESE

1 Einleitung

Die Untersuchungen an Waidstandorten unterschiedlichster BodenverMltnisse und Baum- arten der letzten Jahrzehnte zeigen Tendenzen einer fortschreitenden Versat, erung, insbe- sondere der Oberb6den. Das Ausmaf~ der Bodenversauerung wird durch Deposition yon sauren Luftschadstoffen, Standortsfaktoren, die Wahl und die Bewirtschaftung der Bau- marten beeinfluf~t (ULRICH et al. 1979; BREDEMEIER u. ULRICH 1989; BENECKE 1984). Diese Faktoren haben zur Destabilisierung yon Wald6kosystemen beigetragen, wobei gr6t3ere Sickerwasseraustr~ige yon Pflanzenn~ihrstoffen wie Calcium, Magnesium und Kalium und eine zunehmende Freiserzung yon toxisch wisksamem Aluminium, Eisen und Mangan beobachtet wurden (ULRICH et al. 1979; ULRICH 1983). Des in jfngeser Zeit beschleunigt ablaufenden Bodenversauer~dng wird durch oberfiSchige Ausbringung yon Kalk begegnet. Ffir die Fragestellung, wie lange die Wirkung solcher Kalkungen anh~itt, bietet sich die Untersuchung alter Kalkungsversuche an, wie sie beispietsweise von KENK et al. (1984), GRIXls* und RE~IFUESS (1986) oder HILDEI3V, aND (1986) gemacht wurden. Die vorliegende Arbeit gliedert sich in diese Reihe ein; sie bescMftigt sich mit den VerSndernn- gen des chemischen Zustandes im Oberboden, der Humusformen und der krautigen Vege- tation in einem ca. 40 Jahre alten D/ingungsversuch in Lutter am Barenberge, der bereits 10 Jahre nach seiner Anlage yon WrCrmH und MITSCHERLICH (1963) untersucht wurde.

2 Beschreibung der Versuchsfl~iche

Der untersucbte D/ingungsversuch befindet sich in Sfidniedersachsen, im Wuchsbezirk Innerste Bergland, Forstamt Lutter am Barenberge, Abt. 28c. Der lichte, nach einer Stockausschlag-Buche begrfindete 109j~ihrige Fichtenbestand liegt bei einer schwachen Gel~indeneigung in ca. 240 m H6he. Der mitttere j~ihrliche Niederschlag betr~igt 836 Am, die durchschnittliche Jahrestemperamr + 8 ~ (SrAN~)ORTKaRrI~RUNG, 1954).

Der Bodentyp is: ein Braunerde-Podsol, der sich aus skelettseichem und sandigem Material des Hils-Sandsteines (Obere Kreide) mit unregelm~il~igem L6f~schieier entwik- kelte.

Als Vegetationsausbildung liegt eine farnreiche Variante des Siebenstern-Fichtenforstes (ELLr-NV, ERG et al. 1986) vor. In der Krautschicht dominieren Farne. Besonders des Adler- farn (Pteridium aquih'num) kann Deckungsgrade fiber 50 % erreichen. Daneben ist auch Breitbl~ittriger Dornfarn (Dr),opteris dilatata) regelm~t~ig vertreten. Welter verbreitere krautige Arten sind Siebenstern (Trientalis europaea), Sauerklee (Oxalis acetosella) und in lichteren Bereichen Geschliingelte Schmiele (Avenetla flexuosa). A,ten wie Himbeere

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0015-8003/93/11206-0334 $ 0.2.50/0

Langzeitwirkungen yon Kalkung und Diingung in einem Fichtenforst 335

(Rubus idaeus), Waldbrombeere (Rubus fruticosus agg.), Traubenholunder (Sambucus racemc)sa) und Schmalbl~ittriges Weidenr6schen (Epilobium angustifolium) weisen auf besser stickstoffversorgte und aufgelichtete Bereiche hin.

Als Moose treten besonders das Zypressen-Schlafmoos (7typnum cupressiforme), Gol- denes Frauenhaarmoos (Polytrichum commune) und Gez~hneites Plattmoos (Plagiothe- cium denticulatum) hervor. Auffallend sind Bereiche mit h6heren Deckungsgraden von Weif~moos (Leucobryum glaucum). Die Pr~isenz dieses Mooses deutet auf eine in frfiherer Zeit stattgefundene Oberbodendegradation bin. Historische Quellen belegen dies: Seit dem 12. Jahrhundert begann die Nutzung der Buchenwiilder fiir die Gewinnung von Bau-, Gruben- und Kohlholz f(ir Erz- und Glashiitten. Noch heute sind im Staatsforst Lutter Grundfl~ichen ehemaliger Kohlenrneiler zu finden. Diese intensive Holznutzung f~hrte zur Bildung yon Mittelw~ildern, zu hainbuchenreichen Buchen-Eichenwiildern. Die Degrada- tion der Oberb6den wurde dutch Waldweide und das Streurechen fiir die Stallungen verst~.rkt. Das Ergebnis war eine grot~flS.chige Verheidung im Bereich des Unter- suchungsgebietes vom 16. his zum 18. Jahrhundert (EtNRICHTU~C;SXV~RK 1931).

3 M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

3.1 Einrichtung und D~ingung der VersuchsfFiche

Der D(ingungsversuch wurde 1949 yon WII-TICH und NIITSCttEICLICFI (1963) mit sechs je ca. 550 m 2 umfassende Parzellen eingerichtet, in Tabelle l sind Dfingermengen und Zeitplan der Mal~nahmen aufgefiihrt. Als Kaik wurde BraTmtkalk verwendet, Phosphor wurde in Form yon Thomasmehl und N als Natronsaipeter bzw. Kalkammonsalpeter gegeben; P und N wurden in den Jahren 1949-1956 in vier Gaben gegeben. Der Kalk wurde 1949 in einer Gabe ausgebracht.

Die Ca-Mengen entsprechen Colgenden CaCO3-A.quivalenten: 2 t/ha in Parzeile 4, 5 t/ha in den Parze[len 1 und 2 kind 7 t/ha in den Parzellen 5 und 6.

Parallel zu dem Versuch wurde 1949 in der gleichen Abteiiung eine Bestandes-Kalkung mit ca. 8 t/ha grobem, dolomitischen Gesteinsschotter, der unregelm~ilgig verteilt wurde, durchgefiihrt.

3.2 Beprobung und Analyse von Humus- und Bodenproben im Jahr 1988

Die Entnahme yon Boden- und Humusproben erfolgte in einera systematisch angelegten Raster (5 x5 m) volt, metrisch mittels eines Kammerbohrers im April/Mai 1988. Dabei wurden jeweils 21 Humus- bzw. 12 Mineralbodenproben je Tiefenstufe und Parzelle entnommen. Die Unterteilung der Mineralbodenproben in die Tiefenstufen 0-5 cm (All) und 5-17 crn (A,./Bh~) erfolgte parallel zu der Probennahme von 1957 (WITTICH U.

Tabelle 1. Diingungsplan des Versuchs Lutter am Barenberg, Abt. 28 c

Table 1. Application of lime and fertilizer in the experiment Luther am Barenberg

Dfingungsvariante Parzeile Nr. Elementmengen Ca (t/ha) P (kg/ha) N (kg/ha)

Ca 2 1,94 - Ca/N 1 2,00 150

P 4 0,90 210 - Ca/P 5 2,83 210 - Ca/P/N 6 2,90 150 Kontrolle 3 - - -

336 A. Immer, W. Schmidt, K. J. Meiwes und F. Beese

MlrscHEarrc~ 1963). Fiir Analysen der organischen Auflage wurde die H-Lage bzw. bei der Humusform Mull die F-Lage verwendet. Die getrockneten Proben wurden durch ein 2-mm4ieb gesiebt, wobei grobe Holzteile, Grobwurzeln und Skelettanteile >_ 2 mm abgetrennt wurden.

Die Proben der H- bzw. F-Lage der organischen Auflage wurden fiir die Besdmmung der Elemente Ca und P trocken verascht (550~ Ca wurde mittels Atomabsorptions- spektroskopie (AAS) bestimmt (HEINRICIt et al. 1985), Phosphor mittels dem kolorimetri- schen Vanadat-Gdb-Verfahren (FASSBENDZI~ 1973), C und N mit einem C-N-Analysator (Fa. Heraeus) bestimmt, lm Mineralboden wurden die Kationen im PerkolationsveHahren mit 1 N NH4C1-L6sung extrahiert (MEIwES et al. 1984) und mittels AAS bestimmt (HEINRSCHS et al. 1985). Die pH-Messung erfoigte in Wasser und 1 N KC1-L6sung.

Die makroskopische und mikroskopische Ansprache des Humusprofils und der Humusformen erfolgte nach BABEL (1971; 1972) und AaBEIVSKRr;S STANDOi~rSKaR'rIE- RUNC (1980).

3.3 Standorts6kologische Untersuchungen und Vegetationsaufnahmen

Die Messung der mittleren Beleuchtungsverh~ilmisse erfolgte {n zw61f 25 m 2 grol~en Feldern innerhalb jeder Versuchsvariante. Die Lichtmessungen wurden bei voll bedecktem Himmel und windschwachem Wetter nach der photoelektrischen Methode durchgef/.ihrt (EBER 1972). Die Messung des Strahlungsflusses erfolgte mit LICOR-Photoelementen, die Aufzeichnung und Verrechnung der Daten mit einem Sharp-Rechner nach einem Pro- gramm yon W. Stiekan (Systematisch-Geobotanisches Institut G6ttingen).

Die vegetationskundlichen Aufnahmen wurden in jeweils sechs 50 m 2 umfassenden Fl~ichen je Versuchsvariante im April, Juni und Ende Juli 1988 durchgef~hrt. Die Sch~it- zung der mittleren Deckungsgrade der einzelnen Arten erfolgte nach LO,XDO (1975).

Die Berechnung der mittleren Zeigerwerte (ELLENBERG 1974) wurde mit ,,VEG-BASE" durchgefiihrt (PC-Programm nach PAUI_ISSEN und WERNE~, Universit~it D/isseldorf).

3.4 Statistische Berechnungen

Die Daten wurden mit Hilfe von SAS (PC-Version, Inst. Inc. Cary, USA: 1987) statistisch ausgewertet. Je nach Art der Verteilung der Stichproben wurden verschiedene Testverfah- ren angewandt: bei nicht normalverteilten Stichproben erfolgten nichtparametrische Ver- gleiche nach W~LCOXON, modifiziert nach N~'.~ENYI bei geeignetem Tesmiveau. Bei normalverteilten Stichproben wurde der F-Test sowie zur Sicherung von Unterschieden der ScrI~FE-Test angewendet (SACHS 1978).

4 Ergebnisse

4.1 Oberpr/ifung der Konstanz yon Standortsfaktoren

Bei der Beprobung der Parzelle 1 stethen sich grol~fliichigere St6rungen des Oberbodens durch Holzkohle und Flugasche heraus. In den Parzellen 1 (Ca/N) und 2 (Ca) sind fl~chige Ver~nderungen der organischen Auflage (Abtragung und Verdichtung) auf einen 1973 stattgefundenen Windbruch zuriickzufiihren. Diese Bereiche werden in der Abb. 1 durch kleinr~iumig auftretende hohe Beleuchtungsst~.rken deutlich. Vergleichbar miteinander hinsichtlict~ der mittleren Beleuchtungsverh~.lmisse waren die Parzellen 3-5 (Abb. 1). Die Parzelle 6 unterschied sich dutch Homogenit~.t der Beleuchtungsst~irken und deren signifi- kant niedrigeren Mittetwert gegeniiber den anderen Parzellen (ScHEFFE-Test, C~ = 0.05).

Aufgrund dieser Erkennmisse beschriinkten sich die bodenchemischen und humusmor- phologischen Untersuchungen im wesentlichen auf die Parzellen 3-6 (Kontrolle und die Varianten P, Ca/P, Ca/P/N).

Langzeitwirktr yon Kalkung und Diingung & einem Fichtenforst 337

Abb. l. Darstellung der relativen Beleuchtungsstarken (in %) innerhalb der Parzellen. Angabe yon Mittelwerten, Standardabweichung (n = 12) und Heiligkeitsklassen. �9 = Position der Fichtenst~imme Fig. 1. Spacial distribution of relative lighting within tile plots (mean, standard deviation (n = 12), and classes ot light intensity. �9 = position of the spruces

4.2 Ver'anderung von Humus- und Bodenzustand

4.2.1 A.flageh u m,,s

Die in der Abbildung 2 dargestellten Humusformen steilen die Eckpunkte einer Entwick- lung hinsichtlich Ver~.nderung des I-tumuszustandes innerhalb der Versuchsvarianten dar. Die I/rbergS.nge yon Rohhumus bis lain zu F-Mull wechselten dabei kleinr~umig sehr stark. In der Kontrolle (Parzelle 3) waren zum Tell bis zu 13 cm mS.chtige Humusauflagen yon Rohhumus- und Moderformen vorhanden. Das faserreiche, kompakte Material der H- Lage und die F-Lage waren stark heterogen; h/iufig waren stark verbissene Farnwedel yon Adlerfarn (Pteridium aquilinum) und BreitblS.ttriger Dornfarn (Dryopteris dilatata) zu erkennen. Beim Rohtmmus war hfiufig ein linienscharfer {[i'bergang der H-Lage zum Ah- Horizont ausgebildet (Abb. 2).

In den gedfmgten Varianten war eine Umwandlung der Humusformen bis hin zu F- Mull erfolgt (Arab. 2). Im Humusprofil wt, rde das dutch eine geringe Trennsch~irfe der F- Lage zum raineralischen Oberboden (Ah) deutlich. Dabei war insbesondere aul~erhalb des Versuchs, wo im Rahmen einer Bestandeskalkung grober, dolomitischer Kalk ausgebracht worden war, eine Einarbeitung des Auflagehumus in den Mineralboden erfolgt. Im Humusprofil wurde das dutch eine geringe Trennsch?irfe der F-Lage zum mineralischen Oberboden (Ah-Horizont) deutlich. Bei der mikroskopischen Betrachmng des Auflage- humus waren fiir den Standort typische Vertreter der streuaufbereitenden Fauna wie Hornmilben (Oriba~idae) und Enchytreen (Enchytraeidae) zu erkennen. Zur Zeit der Probennahme waren in der unteren F-Lage bzw. oberen H-Lage die kleineren sS.uretole- ranten Regenwurmarten Dendrobaena octraedra SAv. und gumbricus rubellus HOFFM. anzutreffen. Ein Unterschied hinsichtlich Artenzahl und des Artenspektrums der Lumbri- ciden im Vergleich der D[ingungs- bzw. Kalkungsvarianten zur Kontrolle war nicht zu beobachten.

338 A. Irnmer, W. Schmidt, K. J. Meiwes und F. Beese

Die Ver~.nderung der Humusqualit~it driickt sich auch durch die H~iufigkeiten der Humusformen an den Probennahmepunkten aus (Abb. 3). In der Kontrolle kamen mullartiger Moder oder F-Mull nicht vor. Hingegen traten diese Humusformen insbeson- dere in den Varianten Ca/P und Ca /P /N hS.ufiger auf.

Abb. 2. Darstellung der Humus- und Oberbodenprofile und der charakteristischen Vegetation auf den Kontroll- und Diingungsparzellen und auf der gekalkten Fl~iche auf~erhalb des Versuchs Fig. 2. Profiles of top organic layers and upper mineral soil, and characteristic vegetation on the control and fertilized plots and on the limed area outsite the experiment

Abb. 3. H~iufigkeitsverteilung der Humusformen innerhalb der Versuehsvarianten (n = 2J) Fig. 3. Frequency distribution of humus types within treat- mcnts (n = 21)

Langzeitwirkungen yon Kalkung und Diingung in einem Fichtenforst 339

Im Vergleich der C-bezogenen P- und N-Werte der H- bzw. F-Lage im Auflagehumus war eine Tendenz zur Verengung der C:P- und C:N-Verhfihnisse dutch DfingungsmaI.~- nahmen erkennbar (Abb. 4). In der Abbildung 4 sind bei den C:P-Verhfflmissen die Mediane und Variationsbreite (R), bei den C:N-Verh~.lmissen die Mittelwerte und Stan- dardabweichung angegeben. Das C:P-Verh~ilmis verengte sich yon 639 in der Kontrolle auf 435 und 412 in den Varianten Ca/P und Ca/P/IN. Parallel dazu verengte sich das C :N- Verh8hnis yon 27 in der Kontro]le auf 24 bzw. 25 in den Varianten Ca/P und Ca/P/N.

Die engeren C:P- bzw. C:N-Verhfflmisse dJeser Varianten unterschieden sich signifi- kant yon denen der Kontrolle und P-Variante (N~,,Exx>Vergleiche, p = 0,05 bzw. SCHtF~-Test, oc = 0,05). Die Ca-Gehalte im Auflagehumus waren in allen Varianten gleich.

4.2.2 Vergleich der p t t -Wer t e 1957 und 1988

Irn Auflagehumvs waren 1957 die h6chsten pH-Werte mit 4,6 bzw. 4,3 in den Varianten Ca/P und Ca /P /N vorhanden (Abb. 5). In der Kontrol]e lag der Wert bei 2,6 ( W ~ l c H u. MvrSCHERLICH 1963). 1988 lagen die pH-Werte aller Varianten im Mittel unter 3. Dabei

Abb. 4. C:P- und C:N-Ver- hiilmisse im Auflagehumus (H- bzw. F-Lage). Varian~en mit gleichem Buchstaben un- terscheiden sich nicht signifi- kant voneinander (n = 21) Fig. 4. C:P- und C:N-rafios in the top organic layer (H- and F-laver respectively) of the control and fertilized plots. Plots with the same let- ter (a and b) are not signifi- cantly different (n = 21)

Abb. 5. Vet'gleich der pH(KCl)-Werte yon 1957 und 1988 im Aufhgehumus. Varianten mit gleichem Buch- staben unterscheiden sich nicht signifikant voneinander (Parzellen 1-2: n = 12, Parzel- len 3-6: n = 21) Fig. 5. Comparison of pH- values (KCI) ,;f/957 and 1988 in the top organic layer of the control and fertilized plots. Plots with the same letter (a and b) are not significantly different (plot I-2: n = 12; plots 3-6: n ~ 21)

340 A. Immer, W. Schmidt, K. J. Meawes und F. Beese

waren die gr6t~ten Absenkungsbetriige (1,5 pH-Einheiten) in den Varianten Ca/P bzw. C a / P ~ zu verzeichnen. 1988 bestanden zwischen den pH-Werten dieser beiden Parzellen und den pH-Werten der andern Behandlungen noch signifikante Unterschiede (Scuewv.-- Test, c~ = 0,05).

Im Mineralboden lagen 1957 in der Tiefenstufe 0-5 cm die pH-Werte mit 3,1 in den gedfingten Varianten nut geringffigig h6her als in der Kontrolle mit 2,8. Keine Unter- schiede gab es in der Tiefenstufe 5-17 cm (Tab. 2). 1988 waren im Vergleich zu den Werten yon 1957 in der Minera]bodentiefe 0-5 cm nur geringe Absenkungen der pt-I-Werte eingetreten (Tab. 2). In der Variante Ca/P/'N war die Absenkung mit 0.5 pH-Einheiten am gr6gten, in der Kontrotle betrug sie 0.3 pH-Einheiten. In der Tiefenstufe 5-17 cm waren in der Kontrolle und in der P-Variante Absenkungsbetr~ige yon 0,5 pH-Einheiten einge- treten.

4.2.3 Effektive dustauschkapazi*at und Elementvorriite im oberen Mineralboden

In den jeweiligen Bodentiefen standen die relativ stark schwankenden Gehaite der effekti- yen Kationenaustauschkapazit~it (AKe) in enger Beziehung zu den Gehalten an organi- schem Kohlenstoff (Tab. 2). In der Tiefenstufe 0--5 cm lag in der Kontrolle eine Austau-- scherbelegung mit Ca von 21% vor. Die Mediane der Ca-S~imgung in den gediingten Varianten unterschieden sich nicht signifikant yon der KontroUe. Hervorzuheben sind die hohen Ma~xima in den Varianten Ca/P und Ca/P/N. Die Protonenbeleg-ang des Austau- schers in der Kontrolle betrug 58 % und lag in den Varianten Ca/P und Ca/P/N bei 43 % und 52 %. Diese Unterschiede waren signifikant (NEMeN'LI-Vergleiche, p = 0.05).

In der Tiefenstufe 5-17 cm war die Ca-Beiegung in der Kolatrolle mit 12 % deut!ich niedriger als in der Tiefenstufe 0-5 cm. Bei den ged/.ingten Parzellen war nur in der Variante Ca/P eine h6here Ca-S~.ttigung vorhanden. Hochsignifikant jedoch war die niedrJgere Protonenbelegung in den Varianten Ca/P und Ca/P/N mit 40 % und 42 % gegenr 61% in der Kontrolle.

Bei Betrachtung der aktuell vorhandenen Elementvorriite waren in allen mit Thomas- mehl gedfingten Parzellen h6here P-Vorr~ite vorhanden. In der Tiefenstufe 0--5 cm waren sie in den Varianten Ca/P und Ca/P/N hochsignifikant (NtMENY>Vergleiclae, p = 0.01). Statistisch absicherbare h6here Vorr~ite an Calcium waren nur in der Variante Ca/P in der Tiefe yon 5-17 cm vorhanden. Bei den Stickstoffvorr~iten gab es zwischen den einzdnen Varianten in beiden Tiefenstufen nut geringe Unterschiede.

4.2.4 Veranderung der Vegetation

In den Varianten Ca/P und Ca/P/N war das flecken- und herdenhafte Auftreten von Waldmeister (Galium odoratum), Wald-Flattergras (Milium eJfusurn) und Einblfitigem Perlgras (Melica uniflora) sehr auffallend (Abb. 2). Die Pr~.senz dieser flachwurzelnden Fagetalia-Arten war eng mit einem mu]lartigen Humuszustand verbunden. Zus~itzlich ~raten begleitend noch Arten wie Riesenschwingel (Festuca gigantea), Brennessei (Urtica dioica), Fuchs-Greiskraut (Senecio fuchsii) und Bingelkraut (Mercurialis perennis) auf. Auf~erhalb des Versuchs, wo dolomitischer Kalkschotter ausgebracht worden war, waren diese Arten in sehr iippig wachsenden Vegetationsinseln vertreten.

Trotz des Auftretens der zuvor genannten Arten ergaben sich bei der Berechnung der mittleren Zeigerwerte kaum Un~erschlede im Vergleich der Varianten untereinander. Insgesamt best~itigten die mittleren Stickstoff- und Feuchtezahlen einen m8f~ig bis reich stickstoffversorgten und frischen Standort.

Langzeit~,irkungen yon Kalkung und Diingung m einem Fichtenforst 3 4 1

0

m

< =

8

u

�9 ~

.~ "r. -

�9 ~ ~ - ' ~ ~ .,7_,

e- ,.. ,.e.

~ . ~ ~ ~

2 ~

~ .~-

e ~ ~ g

g ~

�9 ~, ~

;< ~

M

<

r-,~Q m O corn, ~ ' "7

o o o d

o o o f f ~ ' 7 , . ,qo , : 5 o ~ o o o o o * o ~

" - ~ " " . . ~ r o T : ; r ~ ..r-a . . . r ~ ,.,.q &

t r . a ~ t-.. ,am um 0

% " * ~ q

r.,0 I ,t~ ~ I

0 0

% a":. 0

2-2 "'-~' "" q' ~ ?

~ ~ r ,~, r

~ ~ , .~ -.a o

0 I "-#" : c ) [ ~ t

m m

~..9 ' m 7 ~ ' ~ ""..Y

r,.. .,~ "ar 0

Z-7~ "-,. "7 ' ' - q', ~ ' ? ,:::3 ,::::r o d

~ ea.a_

" 4 r r r

r~ Z ,".. ~ Z ' ,......, "7 &

,::5 ~ g c..2 ~ , ~ :...2

, .a = = a = ,-.,: ," = --. "'

342 A. Irnmer, W. Schmidt, K. J. Meiwes und F. Beese

5 Diskussion und SchluSfolgerung

5.1 Ver~inderung des Auflagehumus nach D/ingung und Ka|kung

Entsprechende Ver~inderungen von Humusprofilen, Humusformen, C/P- und C/N- Verhiiltnissen in Auflagehorizonten (Abb. 4) nach Kalkungs- und D/.ingungsmai~nahmen werden ebenfalls yon FtEDLER und HOFFMANN (1961), CZERNEY (1968) und ULRICH und KEUFFr.L (1970) beschrieben. CZERNEY (1968) wies eine deutliche Verengung der C:N- Verh~lmisse im Fichtenhumus von 33 (Kontrotle) auf 26 in einer ,nit CaO gekalkten Variante nach; gleichzeitig land eine Umwandlung von Rohhumus in mullartigen Moder start. Signifikante Anderungen des C-Vorrates und der C:N-Verh.~ltnisse in H-Lagen yon Rohhumusformen nach Kalkungen beobachteten ULRICH und KEUFFEI. (1970). Im Schwarzwald wurden in 20 Jahre alten Versuchen nach der Kalkung, die zum Tell mit einer Phosphordtingung verbunden war, verbesserte Humusformen gefunden. Die C- und N- Vorr~ite im Auflagehumus hatten sich verringert, jedoch waren die Gesamtvorr~ite bis in 40 cm Tiefe konstant geblieben (ALDIN6ER 1987).

lm geschilderten Diingungsversuch Lutter war durch eine kombinierte Calcium- und Phosphorgabe nach 40 Jalaren eine auffiillige Verschiebung der Humusformen in Richtung Moder und Mull erkennbar; dabei ist zu beriicksichtigen, dat~ in diesen Varianten die Kalkgabe relativ hoch war (~iquivalent zu 7 t CaCO3/ha). Die Ver~inderung der Humusfor- men nach Diingungs- und Kalkungsmat~nahmen wird unter anderem durch eine Ver~inde- rung der Pr~senz und Individuenzahl bei der streuzersetzenden Fauna nnd Mikroflora begriindet (ScHAUERMANN 1985; LANG U. BEt..'S~: 1985). F/it eine erh6hte mikrobielle Aktivit~t im Auflagehumus nach Kalkungsmaf~nahmen gibt es eine ganze Reihe yon Hinweisen (FIEDLER et al. 1963; Laxo 1986; v. PAI'eN et al. 1991). Dies dfirfte, insbeson- dere in den Varianten Ca/P und Ca/P/N, zur teilweisen Umwandlung yon Rohhumus und feinhumusreichen Moder bin zu mullartigen Auflagen geffihrt haben. Hinweise for die bier dutch Kalkung und Diingung erzielten gfinstigen 6kochemischen Verh'a.lmisse im Auflage- humus geben WtTXlCH und MrrscHERLmH (1963). In ihrer Untersuchung aus dem Jahr 1957, ein Jahr nach der letzten Dfingungsmaf~nahme, stellten sie in den ged/.ingten Varianten (Ca/N, Ca/P und Ca/P/N) deutlich h6here pH-Werte fest.

5.2 Ver~inderung des bodenchemischen Zustandes im Mineralboden

Im Gegensatz zu deutlichen pH-Anhebungen im Auflagehumus fanden WITricH und MtXSCHERt.ICH (1963) kaum pH-VerS.nderungen im Mineralboden; eine puffernde Wir- kung des aufgebrachten Branntkalkes und der Diinger konnten sic bier anhand der pH- Werte nicht nachweisen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die beiden untersuchten Bodentiefen in allen Varianten im Bereich der Aluminium- bzw. Eisenpufferung. Der gr6t~te Tell der 1949 ansgebrachten Basizit~t des Branntkalks (4 t CaO/ha, entsprechend einer Neutralisationskapazitf.t yon 140 kmol Ifil/ha) dtirfte durch die im Auflagehumus vorhandenen S~uren sowie durch die S~.ure aus der atmosph~irischen Deposition ver- braucht worden sein. Geht man yon einer S5.urebelastung des Fichtenforstes in einem Bereich yon 3-6,5 kmol H~/ha/a an dem Standort aus (ULRtCH 1986), SO war die ausgebrachte Kalkmenge einem atmosphf.rischen S5.ureeintrag yon 15-33 Jahren 5.quiva- lent.

1988 war der bodenchemische Zustand aller gediingten Varianten dem in der Kontrolle {ihnlich. Eine h6here Calciumbelegung des Austauschers war in den untersuchten Bo- dentiefen in den gedfingten Varianten kaum noch nachweisbar. Dieser Trend einer zeitlichen Nivellierung yon bodenchemischen Eigenschaften wird in Langzeitstudien anderer Dfingeversuche bestS.tigt (GRIMM und R~HFUESS 1986). Die Untersuchungen yon KENK et al. (1984) und HILDEBRAND (1986) zeigen, da~ nach einer Kalkung schon in einem

Langzeit~irkungen yon Kalkung und Diingung in einem Hchtenforst 343

wesentlich ktirzeren Zeitraum als 40 Jahre die Ca-S~ittigung am Austauscher deutlich abnehmen kann.

In den hier untersuchten Mineralboden-Tiefenstufen der gediingten Varianten unter- scheiden sich insbesondere die Varianten Ca/P bzw. Ca/P/N mit ihren relativ hohen Kalkgaben dutch eine niedrigere Protonenbelegung. Mit fortschreitender Versauerung des Bodens ist wieder mit einer Zunahme der Protonenbelegung der Austauscher zu rechnen (HETSCH et al. 1981).

1988 war im oberen Mineralboden ein h6herer Calciumvorrat in den gekalkten Varian- ten gegenfiber der Kontroile nicht mehr nachweisbar. Das gleiche Gilt fiir den Ca-Gehalt im Auflagehumus. Dies l~.gt vermuten, da_g das applizierte Calcium weitgehend mit dem Sickerwasser ausgewaschen wurde. Wann im Laufe der 40 Jahre des Versuchs der heutige Stand der Calciumbelegung des Austauschers erreicht wurde, l~t~t sich nicht sagen, da weder die S~.ureeintr~.ge, die Kationenaustauschglelchgewichte, noch die Calciumaustrags- raten im Sickerwasser tiber den Versuchszeitraum genau bekannt sind. Beziiglich der Wirkungsdauer der Kalkung macht diese nut ungenaue Kennmis der Bedingungen for die Wiederversauerung einen direkten Vergleich mit anderen Versuchen (z.B. A~,Di~G~:R 1987; HILDEBRAND 1986) schwierig. Stoffbilanzstudien von Kalkungsversuchen, in denen Mg-haltige Kalke bzw. Dolomit zur Anwendung kamen, zeigen, daf~ der Sickerwasseraus- trag von Ca plus Mg, der in den gekalkten Varianten zus~itzlich erfoigte, um den Faktor 0,7 bis 2,7 gr6ger war als die Summe der aus der Atmosph{i.re eingetragenen Protonen (MA~rz,~ER et al. 1983; Ti~RI< 1992; SCHaAr 1992; MARSCHNER 1990); d.h., daI~ die Raten der Wiederversauerung in der Gr6t.~enordnung der S~ureeintr~ige aus der Atmosph~ire [iegen; in den genannten Untersuchungen weichen sie um den Faktor vier voneinander ab.

5.3 Ver~inderung der krautigen Vegetation

In Lutter war durch die Dfingemaf~nahmen eine Auderung der Artenzusammensetzung der krautigen Vegetation erfolgt. Schon 1957 beschrieben WrI-rlcH und MITSCHERLICH (1963) ein auffallend fippiges oder fleckiges Auftreten der krautigen Arten Waidmeister (Galium odoratum) und Mauerlattich (Lactuca muralis) in den Diingungsparzellen. Gleichzeitig wurde in diesen Parzellen der stickstoffzeigende Holunder (EI, LENBERO 1974) gef6rdert. Alle genannten Arten stellen spezielle Anspriiche an die HumusqualitSt und Mineralisationsbedingungen (OBr, I~DOI~ER 1983). Dabei 15f~t die kleinr~.umige HSufung dieser ,,D~ngezeiger ~ die ungleichmSgig erfolgte Verteilung der ausgebrachten Dfinger und des Branntkalkes deutlich werden (WrTrlCH u. MITSCHERtlCH 1963). 1988 waren insbesondere in den Varianten Ca, Ca/P und Ca/P/N nur noch kleine, an einen mullarti- gen Humuszustand gebundene Herden yon Waldmeister anzutreffen. Gleichzeitig vor- kommende flachwurzelnde Fagetalia-Arten wie das Flattergras (Milium effusum), Einblii- tiges Perlgras (Melica uni)7ora) und einige n~.hrstoff- und/oder feuchtebediirftige Arten (ELLI-:NBERG I974) wie Riesenschwingel (Festuca gigamea), Brennessel (Urtica dioica), Bingelkraut (Mercurialis perennis) und Fuchs-Greiskraut (Senecio fuchsii) sind bei WIT- TICH und MI'rSCHERLICH (1963) nicht erwShnt worden. Das im Untersuchungsjahr 1988 sp~/.rliche Auftreten dieser Arten deutet anf ein weitgehendes Ausklingen der Wirksamkeit der vor 31-39 Jahren ausgebrachten Diinger bzw. Kalke hin. In den umgebenden Bestan- desfl~.chen, die mit grobem, langsaml6slichen dolomitischen Kalkschotter behandelt wor- den waren, traten die genannten krautigen Arten in iippig wachsenden und markant abgrenzbaren ,,Vegetationsinseln" auf. An diesen Stellen war Mull die vorherrschende Humusform; dabei lagen noch Stficke des ausgebrachten Kalkes vor.

Untersuchungen iiber Ver~inderungen der Artenzusammensetzung yon krautiger Vege- tation nach Dfingungsmaf~nahmen liegen ebenfalls bei G~UHEtU~ (1942) und ELI, Em3ERC, (1986) vor. Dabei werden nach D{ingungs- und Kalkungsmal~nahmen insbesondere nitro- phite Arten gef6rdert. Fiir Lutter traf dies insbesondere ffir die Holunderarten zu

344 A. framer, W. Schmidt, K. J. Meiz~,es und F. Beese

(WrrTICH und MITSCHrI~i.ICH 1963). Im Untersuchungsjahr 1988 war das stetige Auftre- ten von nitrophilen krautigen Arten wie Himbeere (gubus idaeus), Traubenholunder (Sambucus racemosa) und Schmalbi~ittriges Weidenr6schen (Epilobium angustifi)lium) in allen Versuchsvarianten vorrangig durch die Bestandeslichtungen und die damit verbun- dene bessere Wasserversorgung des Waldbodens zu erkl~iren. Die in dem Versuch yon Lutter 1988 gemessenen relativen Beleuchtungsst~irken yon 11-30 % lagen, verglichen mit den Untersuchungen von EBER (1972), relativ hoch. Fiir einen 113 bzw. 86 Jahre alten Fichtenbestand ermittelte EBER (1972) relative Beleuchtungsst~rken von 11% bzw. 4,5-5 %. Das h6here Strahlungsangebot kann im Boden zu einer erh6hten N~hrstoffmine- ralisation fiihren, auf die die Vegetation mit einer ge~.nderten Zusammensetzung und Srr~aktur reagiert (]~HEINHEIMER 1959; SCHt~SDER u. TIETSEN 1970).

5.4 SchluBfolgerung

Die Ergebnisse der Untersuchungen yon 1988 und der Vergleich mit der Arbeit yon WI~'ICH und MIa'SCHERLICt-I (1963) aus dem Jahr 1957 lassen eine zeitlich und r~.umlich begrenzte Wirkung yon D{ingung und Kalkung auf den Auflagehumus, den bodenchemi- schen Zustand und die krautige Vegetation erkennen. Das 1988 in den ged/.ingten nnd gekalkten Varianten verminderte Auftreten von rohhumusartigen Auflagehumusformen ist nicht mit dem Zustand in Einklang zu bringen, wie ihn die chemische Analyse des Bodens kennzeichnet. Die ver~.nderten Humusformen sind ais Ergebnis der durch die D~ingungs- maf~nahmen induzierten biologisch aktiven Phase au{zufassen, die, wenn man den Daten i~ber den chemischen Bodenzustand folgt, wahrscheinllch abgeklungen 'st. Die Untersu- chungen an anderen Dfingungs- und Kalkungsversuchen best~itigen ebenfalls eine zelttich und r~.umlich begrenzte Wirksamkeit der Mat~nahmen. In Anbetracht der andauernden Deposition yon sauren Luftschadstoffen in Wald6kosysteme werden wiederholte Bestan- deskalkungen in angemessenen Zeitr/iumen vorliiufig die Elastizit~t der Systeme gegen S~.urestref~ erh6hen.

Danksagung

Die Untersuchung wurde vom Bundesministerium f~r Ern~ihrung, Landwirtschaft und Forsten unter der Nr. 86 HS 015 gef6rdert.

Zusammenfassung

In emem 1949 in Lutter am Barenberg in Norddeutschland angelcgten I)(ingeversuch wurden die Humusformen, die Zusammensetzung der Vegetation und die chemischen Eigenschaften des oberen

�9 , , ( ~ . . . . . i Mmeralbodens untersucht. In clem l~eute 1 ~9jahngen Flchtenuesrand waren bis zu 2,9 t Ca/ha, 210 kg P/ha und 150 kg N/ha ausgebrachr worden. Auf den mit Kalk und Phosphord/lnger behandelten Parzel]en konnte eine Verschiebung der Humusformen yon Rohhumus, rohhumusartigen und feinhumusarmen Moder zu femhumusreichem, mullartigem Moder und F-Mull naciagewiesen wer- dcn. hn Auflagehumus lagen die pH-Werte (KCI) zwischen 2,6 und 2,9. Die Varianten mit 2,9 t Ca/ ha batten gegenfiber der Kontrolle noch signifikant h6here pH-Werte. Be, diesen Varianten war in den oberen 17 cm des Mineralbodens der Aquivalentanteii der austauschbaren H-Ionen signifikant niedriger als in der Kontrolle. Be' den iibrigen Kationer~ gab es keine Unterschiede. Die Krautvegeta- tion war durch die Kalkung und Diingung nicht so ver~indert, daI~ sich dies auch in den Zeigerwerten ,qir Sficks~off und Bodenfeuch:e ausdr~ckte.

Summary

Long-term effects of liming and fertilization on the chemical properties #'the topsoil, humus layers, and ground .vegetation of a spruce Jbrest

Type of humus layer, ground vegetation, and chemical properties of the upper mineral-soil horizons were studied in a 40-year-old fertilization and liming experiment at Lutter am Barenberg in Northern Germany. In the today 109-years-old stand of Norway spruce up to 2.9 t Ca/ha, 210 kg P/ha and 150 kg N/ha had been applied. '~ith liming and fertilization (P), raw humus and moder changed to m,~der and mull. In the top organic layer, pH-values (KCI) ranged from 2.6 to 2.9.1,1 the treatment with 2.9 t

Langzeit.wirkungen von Kalkung und Diingung in einem Fichtenforst 345

Ca/ha, pH-values of the top organic layer were significantly different from those on the other plots, and in the upper 17 cm of the mineral soil the equivalent fractions of exchangeable H-ions were significantly lower. Liming and fertilization did not change the composition oi the ground vegetation to such an extent, that the-indicator values for nitrogen and soil moisture were different.

L i te ra tur

AI-r3~NGE~, E., 1987: Elementgehalte im Boden und in Nadeln verschieden stark gesch~idi~er Fichten- Tannenbest~.nde auf Praxiskalkungsversuchsflachen im Buntsandstein-Schwarzwald. Freiburger Bodenk. Abh. 19, 1-266.

ARBEI'rSKREIS STANDORTKaKRTIERUNG iN DER ARBEITSGEMEINSCHAFT FORSTEINRICHTUNG~ 1980: Forstliche Standortsaufnahme. 4. Auft. Landwirtschaftsverlag, Miinster-Hiltrup.

B*BH., U., 1971: Gliederung und Beschreibung des Humusprofils in mitteteuropiischen Wiildern. Geoderma 5, 297-324.

B•i3rL, U., 1972: Moderprofile in W~ildern, Morphologie und Umsetzungsprozesse. Hoher~heimer Arbeiten 60, Ulmer, Stuttgart.

BEN~CilE, P., 1984: Der Wasserumsatz eines Buchen- und Fichtenwald6kosvstems im Hochsoiling. Schriften aus der Forst}. Fak. d. Univ. G6ttingen u. d. Nieders. Forstl. Vers. Anst. 77, 1-150.

BRrI3E.'aEIeR, M.; ULRICH, B., 1989: Depositionsbedingte und 6kosystemare Anteile der S~.ure- belastung yon Waldb6den. AFZ 11,256-239.

CHF_I~,x~.X, P., 1968: l~rber den Einflui~ der Kalkdfingung auf die chemischen Eigenschaften yon Fichtenhumus. Arch. Forstwesen 17, 513-530.

EtheR, W., 1972: Uber das Lichtklima yon W~!dern bad G6ttingen und seinen Einfluf~ auf die Bodenvegetation. Scripta Geobor. 3, 1--150.

E-rlqRICHTO'NGSWERK des staatlichen Forstamtes Lutter am Barenberg, 193l. Manuskript. "ELLENIIERG, H., 1974: Zeigerwerte der Gef~il~pftanzen Mitteleuropas. Scripta Geobot. 9, 1-122. - - 1986: Vegetation M.itteleuropas mit den A!pen in 6kologischer Sicht. 4. Aufl. Uimer, Stuttgart. FASS~EtqDr~, H. W., 1973: Siml;ltane P-Bestimmung im N-Kjeldahl-Aufschiul~ yon Bodenproben.

Die Phosphors~.ure 30, 44-53. FIEDLER, H . J . ; CzI-:~.NEv, P.; FIEDI_E~,, E., 1963: Einf!ug ether Bestandeskalkung auf die Mikroflora

und chemische Zusammensetzung yon Fichtenrohhumus. Archiv f. Forstwesen 12, 568-590. FtEDI~I~, H. J.; Hoffmann, F., 1961: Humusuntersuchungen an einer Kalkungsversuchsfl{iche des

Tharandter Waldes. Archly f. Forstwesen 10, 752--764. G~aBHER~, W., 1942: Bodenkundliche, n~ihrstoff6kologische und pflanzensoziologische Beitr{ige zur

Frage d. Waldbodendiingung. Miaeilungen aus Forstwirtschaft und Forstwisseoschaft 3, 248-278.

G~.I.XiM, R.; REHr-UESS, K. E., 1986: Kurzfristige ]knderungcn yon Bodenreaktion und Kationenaus- tauscherei~,cnschaften in einem Mdiorationsversuch zu Kiefer (Pinus sylv. L.) auf Pseudoglev- Podsol i. a 9. Oberpfalz. Aiigem. Forst- u. ]agdz. 157, 205-214. " "

HeI~sIcHs, H.; KONIG, N.; SCHULVZ, R., 1985: Atomabsorptions- und emissionsspektroskopische Bestimmungsmethodel~ ffir Haupt- trod Spurenelemente in Probel6sungen aus Wald6kosystem- Untersuchungen. Ber. Forschungszentrum Wald6kosysteme/Waidsterben, G6ttingen. 8, 1-92.

HE'rscH, W.; Mrlw~s, K. J., 1981: Anderungen bodenchemischer Standortseigenschaften dutch saure Niederschl~ige. Mitteiiungen der forsdichen Versuchsanstalt Wien 140, 223-230.

HILDEUi<Aal), E. E., 1986: Zustand und En~vicklung der Austauschereigenschaften yon Mineral- b6den aus Standorten mit erkrankten Waldbest~nden. Forstwiss. Cbl. 105, 60-76.

K~:xK, G.; U~i=r/~.D, P.; EVE~S, F. H., 1984: DCmgung zur Minderung der neuartigen Waldsch~iden. Auswertungen eines alten Diingungsversuches zu Fichte im Buntsandstein-Odenwald. Forstwiss. Cbl. 103, 3C,7-320.

L.~xc,, E.; Be~sr, F., 1985: Die Reaktion der mikrobiellen Bodenpopulationen eines Buchenwaldes attf Kaikungsmal'~nahmen. AFZ 43, 1166-1169.

L.<~c-, E., 1986: Heterotrophe und autotrophe Nitriiikation, untersucht an Bodenproben yon drei Buchenstandorten. G6ttinger Bodenk. Ber. 89, 1-119.

I_.ONDO, G., 1975: Dezimaiskala ffir die vegetationskundliche Aufnahme yon Dauerquadraten. In: Sctq,,a~a'r, W. (Ftrsg.): Sukzessionsforsehung. Vaduz: Cramer. 613-617.

N IAi<sci-txe~, B., 1990: Elementu.'ns~tze in einem KJefernforst6kosystem auf Rostbraunerde unter Einflui~ ether Kalkung/Dflngung. Bet. Forschungszentrum Wald6kosysteme, G6ttingen, Reihe A, Bd. 60, 1-192.

M~.TZNI~, E.; Kua.~Na, P. K.; M~Iw~.s, K. J.; UL~ICVi, B., 1983: Effect of fertilization on the fluxes of chemical elements through different forest ecosystems. Plant Soll 74, 343-358.

MHwrs, K. J.; K6r,qG, N.; KHAN..'aa, P. K.; Pt~E.~zrI., J.; UI.I~ICH, B., 1984: Chemische Unter- suchungsverfahren fiir Mineralboden, Auflagehumus und Wurzein zur Charakterisierung und Bewertung der Versauerung in Waldb6dcn. Ber. Forschungszentrums Wald6kosysteme/Wald- sterben, G&tingen 7, 1-67.

346 A. [miner, W. Schmidt, K. J. Meiwes und F. Beese

OBERI~ORV~'R, E., 1983: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. 5. Aufl., Ulmer, Stuttgart. RHEt,Nt~EI.~ER, G., 1959: VerS.nderungen der relativen BeleuchtungsstS.rke und der Bodenvegetation

in einem Fichtenforst. Bet. Dtsch. Bot. Ges. 72, 246-250. SAcHs, L., 1978: Angewandte Stati~tik. Statistische Methoden und ihre Anwendungen. 5. Aufl.,

Springer, Berlin, New York. ScHa.~r, W., 1992: Elementbilanz eines stark ~.eschS.digten Fichren6kosyscems und deren Beeinflus-

sung dutch neuartige basische Magnesiumaunger. Bayreuther Bodenk. Bet. 23, 1-124. SCHAUER~,tANN, J., 1985: Zur Reaktion yon Bodentieren nach D/~ngung yon Hainsimsen-Buchenw~il-

dern u. Siebenstern-Fichtenforsten im Solling. AFZ 43, 1159-116l. SCHRbDER, H.; TIE'rJEN, C., 1970: Statistische Betrachtungen zur Frage tier AbhS.ngigkeit der

/vlineralisation von Temperatur und Bodenfeuchtigkeit. Agric. Meteorol. 9, 77-91. STANDORTKARTIERUNG des staatlichen Forstamtes Lutter a. Barenberg (D. yon Gat)o',v), 1954:

Manuskript. TORK, T., 1992: Die Wasser- und Stoffdynamik in zwei unterschiedlich geschS, digten Fichtensrand-

orten im Fichtelgebirge. Bayreuther Bodenk. Ber. 21, 1-252. ULRICH, B., 1983: Stabi]itSt yon Wald6kosystemen unter dem Einfluf~ des sauren Regens. AFZ 38,

670-677. - - 1986: Die Rolle der Bodenversauerung beim Waldsterben. Langfristige Konsequenzen und

(orstliehe M6glichkeiten. Forstwiss. Cbl. 105, 421--435. ULRICH, B., KEUrFEL, W., 1970: Auswirkungen einer Bestandeskalkung zu Fichte auf den NS.hrstoff-

haushalt des Bodens. Untersuchung an Kalkungsversuchen. Forstarchiv 41, 30-35. UI.RtCH, B.; MAYER, R.; K~rANNA, P. K., 1979: Die Rolle der Bodenversauerung und ihre Auswirkun-

gen in Wald6kosystemen im Soiling. Schriften aus d. Forstl. Fak. Univ. G6ttingen und der Nieders. Forstl. Vers. Anst. Bd. 58, 1-29I.

PAPEN, H.; v. BERG, R.; HELLMANN, B.; RENNENBI-:RG, H., 1991: Einflut~ yon saurer Beregnung und Kalkung auf chemoiithotrophe und heterotrophe Nitrifikation in B6den des H6glwaldes. In: KXEu'rZER, K.; GOT'rLF.m, A.: Okosystemforschung H6glwald. Forstwiss. Forschungen, Heft 39, 111-143. Paul Parey Verlag, Hamburg, Berlin.

W!r-FICH, W.; MITSCHERLICH, g., 1963: D6ngungsversuche in iilteren BesrS.nden des Forstamtes Lutter am Barenberge. Aus dem Walde 6, 7-50.

Anschriften der Ver]asser: Dipl.-Biol. A. IMMER, Prof. Dr. W. SCH,',ttDT, Systematisch-Geobotani- sches Institut, Untere Karspi.ile 2, D-37073 G6ttingen; Dr. K. J. NiEIxvEs, NiedersS.chsiscl",e Forstliche Versuchsanstalt, GrS.tzelstr. 2, 37C79 G6trin- gen; Dr. F. B~:ESE, Institut f6r Boden6kologJe, GSF, [ngolst3dter Landstr. 1, 91465 Neuherberg, Deutschland