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Landtag von Baden-Württemberg15. Wahlperiode
1Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internetabrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeich-net mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“.
Drucksache 15 / 648313. 02. 2015
Antragder Abg. Sabine Kurtz u. a. CDU
und
Stellungnahmedes Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Rücklagen und Arbeitsverhältnisse an Landesmuseen
A n t r a g
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1. in welcher Höhe und zu welchen Zwecken die einzelnen Landesmuseen Rück-lagen gebildet haben;
2. ob geplant ist, diese Rücklagen zum Ausgleich von Tarifsteigerungen einzuset-zen und wenn ja, in welchem Umfang und auf Basis welcher haushaltsrecht-licher Grundlagen dies erfolgen könnte;
3. ob sie zu ihrer Zusage aus der Koalitionsvereinbarung steht, im Rahmen eines „Zukunftspakts Kultur“ Tariferhöhungen für Landeseinrichtungen auszuglei-chen und ob dies auch für Landesmuseen gilt;
4. ob im Rahmen eines Nachtragshaushalts Mittel eingestellt werden sollen, um den Museen die Tarifsteigerungen noch zu erstatten (wenn ja, ist in der Stellung-nahme darauf einzugehen, wieso die entsprechenden Mittel nicht bereits in den regulären Doppelhaushalt 2015/2016 eingestellt wurden);
5. wie viele freie Mitarbeiter an welchen Museen in Trägerschaft des Landes vom Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 2. Oktober 2013 (RS S 8 R 1769/12) betroffen sind;
6.wiederaktuelleVerfahrensstandbezüglichderVersicherungspflichtvonMuse-umsführern ist;
7. ob in dieser Sache Strafzahlungen zu erwarten sind und wer diese ggf. überneh-men würde – die Museen oder das Land;
Eingegangen: 13. 02. 2015 / Ausgegeben: 16. 03. 2015
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8. wie andere Ministerien in vergleichbaren Fällen bei ähnlichen Einrichtungen (z. B. bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg) auf das Urteil des Sozialgerichts Mannheim reagiert haben.
13. 02. 2015
Kurtz, Schütz, Deuschle, Meier-Augenstein,Röhm, Viktoria Schmid, Stächele, Dr. Stolz, Wacker CDU
B e g r ü n d u n g
Im Gegensatz zu beispielsweise den Landestheatern und den Orchestern werden nach Kenntnis der Antragsteller die Tarifsteigerungen bei den Landesmuseen nicht vom Land ausfinanziert. Die Landesregierung begründet dies dem Vernehmennach damit, dass die Museen Landesbetriebe seien und über Rücklagen verfügen würden.
Von den Landesmuseen wurde in verschiedenen Medien, z. B. in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 5. Februar 2015, öffentlich Kritik an diesem Vorgehen geübt. Die Museen seien dringend darauf angewiesen, Rücklagen zu bilden, um z.B. bestimmteVorhaben, Projekte,Ausstellungen undAnkäufe finanzieren zukönnen.Deshalbseiensieauchverpflichtet,dieBildungvonRücklagenmitAnga-ben zu derem konkreten Verwendungszweck zu koppeln. Ein „Griff“ in die Rückla-gen der Landesmuseen zum Ausgleich von Tarifsteigerungen beim Personal würde eine wirtschaftliche Haushaltsführung nicht belohnen, sondern bestrafen. Zudem wird befürchtet, dass dies die Planungssicherheit der Museen beeinträchtigen und sich negativ auf deren weitere Entwicklung hin zu eigenständigen Institutionen auswirken könnte.
Die Antragsteller können die Kritik der Landesmuseen nachvollziehen. Deshalb soll mit diesem Antrag in Erfahrung gebracht werden, ob und wenn ja, in welcher Höhe ggf. für einen Ausgleich der Tarifsteigerungen auf Rücklagen der Landes-museen zurückgegriffen werden soll. Auch die voraussichtlichen Folgen eines sol-chen Vorgehens im Hinblick auf Planungssicherheit und Motivation zu wirtschaft-lichem Handeln der Landesmuseen sollen beleuchtet werden. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob im Rahmen eines Nachtragshaushalts zusätzliche Gelder für einen Ausgleich der Tarifsteigerungen an den Landesmuseen eingestellt werden sollen.
Ebenfalls soll in diesem Antrag die Beschäftigung von freien Mitarbeitern im Rahmen von Werkverträgen bzw. Rahmenverträgen an Museen in den Blick ge-nommen werden. Das Sozialgericht Mannheim hatte in einem Urteil vom 2. Ok-tober 2013 (RS S 8 R 1769/12) festgestellt, dass eine Honorarkraft bei geleisteten Diensten höherer Art als abhängig beschäftigt anzusehen sei, wenn sie in hohem Maße in die Organisation des Unternehmens eingegliedert ist und kein relevantes Unternehmensrisiko trägt. Konkreter Anlass war der Fall von 87 im Rahmen von Werkverträgen bzw. Rahmenverträgen als freie Mitarbeiter angestellten Museums-führern, Vorführern, Tutoren, Betreuern von Kindergeburtstagen und Mitarbeitern von Laborangeboten am Mannheimer Technoseum. Mit diesem Antrag sollen der aktuelle Verfahrensstand sowie die zu erwartenden Konsequenzen für die Museen in Baden-Württemberg erfragt werden.
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S t e l l u n g n a h m e
Mit Schreiben vom 10. März 2015 Nr. 52–7961.0/189/1 nimmt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in Abstimmung mit dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft zu dem Antrag wie folgt Stellung:
Der Landtag wolle beschließen,die Landesregierung zu ersuchenzu berichten,
1. in welcher Höhe und zu welchen Zwecken die einzelnen Landesmuseen Rückla-gen gebildet haben;
Die Landesmuseen haben zum 31. Dezember 2013 folgende Rücklagen gebildet:
in EuroArchäologisches Landesmuseum Ausstellungen 159.480Investitionen 493.014Sonstiges 80.000 732.494
Badisches Landesmuseum KarlsruheAusstellungen 3.043.600Investitionen 360.000Sonstiges 241.700 3.645.300 Haus der Geschichte Baden-WürttembergAusstellungen 524.000Investitionen 470.000Sonstiges 180.000 1.174.000 Kunsthalle Baden-BadenAusstellungen 200.000Investitionen 30.000 230.000 Kunsthalle KarlsruheAusstellungen 97.000Investitionen 304.000Sonstiges 109.000 510.000 Landesmuseum WürttembergAusstellungen 2.450.000Investitionen 1.050.000Sonstiges 100.000 3.600.000
Linden-Museum StuttgartAusstellungen 1.015.000Sonstiges 591.100 1.606.100
Naturkundemuseum Karlsruhe Ausstellungen 1.045.200Investitionen 2.085.500Sonstiges 113.000 3.243.700
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in EuroNaturkundemuseum Stuttgart Ausstellungen 519.773Investitionen 300.263Sonstiges 1.093.774 1.913.810
Staatsgalerie Stuttgart Ausstellungen 313.277Investitionen 629.215Sonstiges 515.930 1.458.422
2. ob geplant ist, diese Rücklagen zum Ausgleich von Tarifsteigerungen einzuset-zen und wenn ja, in welchem Umfang und auf Basis welcher haushaltsrechtli-cher Grundlagen dies erfolgen könnte;
3. ob sie zu ihrer Zusage aus der Koalitionsvereinbarung steht, im Rahmen eines „Zukunftspakts Kultur“ Tariferhöhungen für Landeseinrichtungen auszuglei-chen und ob dies auch für Landesmuseen gilt;
4. ob im Rahmen eines Nachtragshaushalts Mittel eingestellt werden sollen, um den Museen die Tarifsteigerungen noch zu erstatten (wenn ja, ist in der Stellung-nahme darauf einzugehen, wieso die entsprechenden Mittel nicht bereits in den regulären Doppelhaushalt 2015/2016 eingestellt wurden);
Die im Doppelhaushalt 2015/2016 ausgewiesenen Personalbudgets der Landes-museen berücksichtigen die Tarifsteigerungen sowie Besoldungserhöhungen der Jahre 2013/2014. Die momentan noch nicht absehbaren Tarifsteigerungen sowie Besoldungserhöhungen für die Jahre 2015/2016 wurden – wie in allen anderen Be-reichen auch – mit 1,5 % berücksichtigt. Ergibt sich aufgrund der Tarifverhandlun-gen und Besoldungsanpassungen für die Museen ein zusätzlicher Bedarf, werden die erforderlichen Mittel nachträglich bereitgestellt.
Befürchtungen der Landesmuseen zum Ausgleich der Tarifsteigerungen müssten Rücklagen herangezogen werden, sind unbegründet.
5. wie viele freie Mitarbeiter an welchen Museen in Trägerschaft des Landes vom Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 2. Oktober 2013 (RS S 8 R 1769/12) betroffen sind;
Vom Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 2. Oktober 2013 sind 87 im Prü-fungszeitraum 2006 bis 2008 am Technoseum beschäftigte Honorarkräfte betrof-fen. Hinsichtlich dreier Honorarkräfte wurde das Urteil durch das Landessozialge-richt aufgehoben (siehe Antwort auf Frage 6). Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat im Rahmen ihrer Prüfung bei den Landesmuseen insgesamt 309 Fälle beanstandet.
6. wie der aktuelle Verfahrensstand bezüglich der Versicherungspflicht von Muse-umsführern ist;
Gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim wurde hinsichtlich dreier Honor-kräfte Berufung eingelegt. Das Landessozialgericht hat mit Urteil vom 24. Febru-ar 2015 der Berufung stattgegeben und erkannt, dass die drei Honorarkräfte nicht sozialversicherungspflichtigeBeschäftigtedesTechnoseumswaren.Eineschrift-liche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
7. ob in dieser Sache Strafzahlungen zu erwarten sind und wer diese ggf. überneh-men würde – die Museen oder das Land;
SoweitderBerufungstattgegebenwurde,sindkeineZahlungspflichtenzuerwar-ten. Ob im Lichte des Urteils des Landessozialgerichts Strafzahlungen in den an-
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deren noch offenen Fällen zu erwarten sind, kann derzeit nicht abgeschätzt werden.Sollten Nachzahlungen bei der DRV notwendig werden, sind diese von den Lan-desmuseen zu begleichen.
8. wie andere Ministerien in vergleichbaren Fällen bei ähnlichen Einrichtungen (z. B. bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg) auf das Urteil des Sozialgerichts Mannheim reagiert haben.
Die DRV hat bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg (SSG) eine Prüfung des Führungswesens vorgenommen. Nach der versicherungs-rechtlichen Beurteilung der DRV dürfen die zum Kernauftrag der SSG gehörenden sogenannten Standardführungen nur von SSG-Beschäftigten mit Arbeitsverhält-nissen vorgenommen werden. Die Prüfung hat ergeben, dass SSG in den weitaus überwiegenden Fällen die Standardführungen durch festangestellte Schlossführe-rinnen und Schlossführer durchführen lässt. Die übrigen Fälle sind bzw. werden derzeit von SSG in Arbeitsverhältnisse umgewandelt.
BauerMinisterin für Wissenschaft,Forschung und Kunst