kredo 9 – unterwegs zum könig
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Es ist seltsam, ein Fest zu feiern, ohne zu wissen, an was es erinnert. Christen freuen sich, dass der König der Welt als kleines Kind in die Welt kam.TRANSCRIPT
kredoZeitschrift der Evangelisch-reformierten Kirche Westminster Bekenntnisses in Winterthur Dezember 201 4, 9. Ausgabe
Die Weihnachtsbeleuchtungen erhellen den abendlichen Adventshimmel.
Die Geschäfte sind festlich dekoriert. Hier und dort werden Christbäume
aufgestellt. Warm leuchten die Kerzen, die Kugeln funkeln, und verheis-
sungsvoll liegen Geschenke bereit. Jede Strassenecke erinnert uns daran,
dass das Weihnachtsfest vor der Tür steht. Wir können uns dieser An-
kündigung kaum entziehen.
Anders war es, als Christus zur Welt
kam. In der Hauptstadt Israels be-
merkte niemand, dass sich etwas Be-
sonderes ereignet hatte. Der
Gottesdienst im Tempel wurde so ge-
halten, wie es seit Jahrzehnten Tradi-
tion war. Aussergewöhnlich war die
Volkszählung, die der Kaiser durch-
führen liess. Deswegen wurden die
Menschen umhergetrieben. Jeder
musste sich in seiner Heimatstadt
von den römischen Behörden erfas-
sen lassen. Gehetzt von der unge-
l iebten Bürgerpfl icht, bl ieb den
Menschen kaum Zeit für Gedanken
über Gott und die Welt. Die Bevölke-
rung von Jerusalem war geschockt,
als mitten im Trubel drei Fremde in
die Stadt kamen und sich erkundig-
ten, wo sie den neugeborenen König
der Juden finden könnten. Die Män-
ner aus dem Morgenland hatten
einen ausserordentl ichen Stern am
Himmel entdeckt. Sie erkannten,
dass dieser Himmelskörper die Ge-
burt eines besonderen Königs an-
kündigte. Aber das Volk von Judäa,
dem die herrl iche Verheissung galt,
wusste nichts davon. Sie wahren ah-
nungslos.
Unterwegs zum König
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Vorweihnachtszeit ist oft so hek-
tisch, dass man kaum zur Ruhe
kommt. Die Famil ienfeier ist zu pla-
nen, Geschenke müssen besorgt und
ein festl iches Essen muss vor- und
zubereitet werden. Dessen ungeach-
tet, wil l auch am Arbeitsplatz vieles
vor Jahresende erledigt sein.
Wenn wir endlich durchatmen kön-
nen, weil der Weihnachtstag da ist,
haben wir uns noch keine Gedanken
darüber gemacht, warum wir dieses
Fest feiern. Nach der Hektik reicht ein
friedliches und gesell iges Zusam-
mensein. Wenn Sie allerdings nur an
Ihre Famil ie denken, haben Sie das
Wichtigste verpasst: das Kind in der
Krippe, Gottes Sohn.
Der Wunsch nach Ruhe und Gemein-
schaft weist auf etwas Grösseres hin:
Ihre Seele sehnt sich nach ewiger
Ruhe und Gemeinschaft mit Ihrem
Schöpfer. Weihnachten erinnert dar-
an, dass das Kind in der Krippe diese
Sehnsucht sti l lt. Ich wünsche Ihnen,
dass Sie sich in der Weihnachtszeit
darüber freuen, dass Ihr Herz und Ih-
re Seele zur Ruhe gekommen sind.
Pfarrer
Thomas Reiner
Kennen Sie die Geschichte von den
sogenannten heil igen drei Königen?
Jedes Jahr wird das Weihnachtsfest
gefeiert, und am 6. Jänner erinnert
uns der jährl iche Feiertag daran, dass
Männer aus dem Osten das Kind in
der Krippe fanden. Aber Hand aufs
Herz: Erwarten Sie etwas Besonderes
von den Festtagen? Können Sie et-
was damit anfangen, dass gesagt
wird, ein König sei geboren worden?
– Wenn Ihnen Weihnachten bloss eine
liebgewonnene Tradition ist, sind Sie
genauso ahnungslos wie die Einwoh-
ner Jerusalems anno dazumal.
Aufgeschreckt von den fremden
Sternkundigen wandte sich der Herr-
scher in Jerusalem an die Schriftge-
lehrten und Priester. Diese
durchsuchten ihre Aufzeichnungen.
Im Buch des Propheten Micha fanden
sie einen Hinweis. Mehrere hundert
Jahre vor Christi Geburt hatte dieser
geschrieben, dass ein ewiger König
aus Bethlehem kommen werde. Aus
heutiger Perspektive ist es erstaun-
l ich, dass die Gelehrten des Landes
lange suchen mussten. Bekannter-
massen erwartete das Volk einen
Messias. Wie ist es möglich, dass die
Menschen nur eigene Vorstel lungen
von diesem verheissenen Retter
pflegten und sich nicht erkundigten,
was wirkl ich von ihm vorausgesagt
war?
Besitzen Sie eine Bibel? Wenn nicht,
schenken wir Ihnen gerne ein Exem-
plar. Darin finden Sie das Buch, in
dem die Schriftgelehrten den Hinweis
fanden, wo der einzigartige König zur
Welt kommen sollte. In der Heil igen
Schrift erfahren wir, was Weihnachten
bedeutet: Der Herr der Welt lag als
Säugling in einer Futterkrippe in ei-
nem Stall . Diese Zusammenfassung
der Weihnachtsgeschichte wirft eini-
ge Fragen auf. Warum wird das Kind
an diesem armseligen Ort «Herr der
Welt» genannt? Warum kommt dieser
«Herr der Welt» so heimlich zu den
Menschen? Und schliesslich, was die
wichtigste Frage ist: Was wird aus
diesem Kind werden? Antworten auf
diese Fragen gibt die Bibel. Schlagen
Sie das Matthäusevangelium, das
erste Buch im Neuen Testament, auf
und erfahren Sie selbst, was von die-
sem Jesus berichtet wird. Sie brau-
chen nicht bei ihren Vorstel lungen
und Erwartungen zu bleiben, sondern
können der Sache auf den Grund ge-
hen.
Erstaunlich ist, dass die damaligen
Einwohner von Jerusalem sich damit
zufriedengaben, den drei interessier-
ten Sternforschern aus dem Osten
Auskunft geben zu können. Nach
dem grossen Erstaunen über die Be-
merkung, dass in ihrem Land ein Kö-
nig geboren sei, kehrten sie in ihren
Alltag zurück. Niemand machte sich
auf, um zu erfahren, ob die Fremden
den Himmel richtig gedeutet hatten.
Einzig jene Männer, die bereits eine
lange Reise hinter sich hatten, l iessen
es sich nicht nehmen, den angekün-
digten Herrscher zu treffen. Sie fan-
den ihn tatsächlich. Voller Freude
übergaben sie die Geschenke, die sie
aus ihrer Heimat mitgebracht hatten,
und verehrten den neugeborenen
König, indem sie vor ihm auf ihre
Knie fielen.
Leider verhalten wir uns heutzutage
genauso seltsam wie die Zeitzeugen
dieser Geschichte. Wir tun das im-
mer, wenn wir davon sprechen,
Christen zu sein, aber nur vom Hö-
rensagen von Christus wissen. Es ist
sonderbar, sich damit zu begnügen,
bloss eine Ahnung zu haben, woran
die kommenden Feiertage erinnern.
Und es ist eigenartig, wenn wir zwar
daran denken, dass Männer eine lan-
ge Reise auf sich nahmen, um den
neugeborenen König zu sehen, selbst
aber nicht erfahren wollen, was es
mit diesem Menschen auf sich hat.
Und siehe, der Stern, den sie im
Morgenland gesehen hatten, ging
vor ihnen her, bis er über dem Ort
stand, wo das Kindlein war. Als
sie den Stern sahen, wurden sie
hoch erfreut und gingen in das
Haus und fanden das Kindlein mit
Maria, seiner Mutter, und fielen
nieder und beteten es an und
taten ihre Schätze auf und
schenkten ihm Gold, Weihrauch
und Myrrhe.
Matthäus 2,9–1 1
Ist das neugeborene Kind, das nach
seiner Geburt in Bethlehem von sei-
nen Eltern in eine Futterkrippe gelegt
wurde, ein König? Diese Frage be-
gleitete Jesus von Nazareth sein gan-
zes Leben. Einige seiner
Zeitgenossen erkannten in ihm den
verheissenen König, der Messias ge-
nannt wurde, und setzten grosse
Hoffnungen auf ihn. Andere wiederum
sahen ihre Erwartungen in ihm nicht
bestätigt. Was der erwachsene Jesus
tat und lehrte, passte nicht zu den
Vorstel lungen, die sie sich über den
verheissenen Retter zurecht-
gelegt hatten. Die Frage, ob
Jesus wirkl ich ein König sei,
wurde nicht eindeutig beant-
wortet.
Trotz dieser Ungewissheit
waren die Herren des Lan-
des alarmiert. Herodes, der
Herrscher, den die Weisen
aus dem Morgenland auf-
suchten, wollte kein Risiko eingehen.
Niemand sollte ihm den Thron streitig
machen. Darum liess er alle Knaben
bis zu zwei Jahren in Bethlehem und
der Umgebung töten. Jesus wurde
von seinen Eltern in Sicherheit ge-
bracht. Sie flohen auf einen Traum hin
nach Ägypten. Die religiösen Führer
des Volkes waren alarmiert, als Jesus
auftrat und so von den Dingen Gottes
sprach, dass alle Menschen es ver-
stehen konnten. Der neue Lehrer
klagte Missstände an, die von den
Theologen toleriert und gelehrt wur-
den. Diese wollten nicht akzeptieren,
dass der dahergelaufene Zimmer-
mann das Volk für sich gewann. Dar-
um schwärzten sie ihren Landsmann
beim römischen Statthalter an. Sie
sagten ihm, dass Jesus sich zum Kö-
nig ausrufen lassen wolle, um das
Volk gegen den Kaiser aufzubringen.
Diese Anschuldigung führte zuletzt
zur Verurtei lung und zur Hinrichtung.
Die Frage, ob Jesus ein König sei,
l iess die Menschen nie kalt. Es
scheint so, dass sich jene Gemüter
am meisten erhitzen, die seine Herr-
schaft strikt ablehnten. Jene aber, die
in Jesus von Nazareth den König er-
kannten, fanden Frieden und freuten
sich über ihre Entdeckung. Und für
alle Menschen, die sich darüber freu-
en, dass wahrhaftig ein König in der
Krippe liegt, wird das Weihnachtsfest
ein Fest der Freude, des Friedens
und der Liebe.
Liegt ein König in der Krippe?
Die Zeiten der Könige sind vorbei. Sie
wurden entmachtet. Jeder Mensch
soll ein selbstbestimmtes Leben füh-
ren können. Das ist der Anspruch un-
serer Zeit. Darum kann man nicht
verstehen, was falsch sein sollte,
wenn man sein Leben selbst gestal-
ten wil l . Stolz und gerne sagen wir:
«Ich bin mein eigener Herr und Meis-
ter.»
Können Sie nach diesem Bekenntnis
leben? Wenn dem so wäre, müssten
Sie wirkl ich in jeder Hinsicht für sich
selbst sorgen können. Sie müssten
Ihre Interessen wahren und in jedem
Fall durchsetzen. Sie müssten all Ihre
Bedürfnisse selbstständig sti l len kön-
nen. Sie müssten ohne Unterstützung
alles erforschen, durchdenken und
sich selbst alles beibringen. Es ist da-
her kein Elend, sondern ein Segen,
dass Sie auf Ihre Mitmenschen ange-
wiesen sind. Sie würden rasch ver-
einsamen, wenn Sie alles aus eigener
Kraft tun und ergründen müssten. Mit
dieser Lebenshaltung müssten Sie
davon ausgehen, dass jemand an-
ders Ihnen seinen Wil len aufzwingen
wil l . Ständig misstrauisch könnten
Sie sich auf keinen Menschen einlas-
sen. Kurz gesagt: Es ist nicht gut für
Sie, wenn Sie Ihr eigener Herr und
Meister sind. Sie würden nicht nur
andere Menschen von sich wegstos-
sen, sondern auch sich selbst scha-
den. Um ihre Herrschaft zu sichern,
könnten Sie sich weder Fehler noch
Schwächen leisten. Über kurz oder
lang würden Sie unter diesem Regi-
ment verkümmern – so geht es
Menschen in einer Diktatur.
Weihnachten ist das Fest, an dem wir
daran denken, dass die Diktatur des
Selbst ein Ende hat. Gott wird
Mensch. Er gibt seine Macht und
Herrschaft auf, um seinen Geschöp-
fen den Weg in die Freiheit zu zeigen.
Christus ist der gute König. Er sorgt
für die Seinen. Er zeigt den Weg zum
Leben. Er dient den Menschen. Seine
Herrschaft ist viel besser für mich als
meine eigene!
Wollen Sie Ihr eigener König sein?
Nur die Herrschaft eines
demütigen Königs kann Ihnen
die Freiheit geben, nach der Sie
sich sehnen.
Internet
winterthur.erkwb.ch
Mehr zum Evangelium vom Kreuz
und den Ereignissen, an die wir uns
an Karfreitag und Ostern erinnern,
erfahren Sie auch auf
www.facebook.com/kredo.online.
Gottesdienst
Die gemeinsamen Gottesdienste sind
immer ein Hohepunkt in der Woche.
In der Ruhe des Sonntags kann der
Mensch auf den aufmerken, der uber
ihm steht, und es wird klar, dass vor
dem ewigen Gott nicht das zahlt, was
wir leisten, sondern das, was er fur
uns geleistet hat.
Die Gottesdienste finden jeden
Sonntag, um 1 0 Uhr statt. Sie sind
herzl ich dazu eingeladen.
Kontakt
Evangelisch-reformierte Kirche
Westminster Bekenntnisses
Winterthur
Schlachthofstrasse 1 9
8406 Winterthur
Pfarrer Thomas Reiner
052 222 1 3 1 7
Impressum
kredo, 9. Ausgabe
Herausgeber und verantwortl ich fur
den Inhalt: ERKWB Winterthur
Winterthur-Wülfl ingen
Winterthur-Töss
Bus Linie 7Station Nägelseee
Schlosstalstrasse
Schlachthofstrasse
Aus einer Weih-
nachtspredigt von
Martin Luther.
Die göttl iche Ma-
jestät, vor der die
Engel zittern, hat
sich erniedrigt
und wurde wie ein armer Bettler.
Oben im Himmel beten ihn die Engel
an, hier unten auf Erden dient er uns
und legt sich in unseren Schlamm.
Weil nun der Sohn Gottes solches
getan hat, so sollen wir auch lernen,
ihm zum Lob und Ehre, gern demütig
sein. Unser l ieber Herr hat Frost,
Hunger und Kummer gelitten. Beson-
ders elend und armselig ging es zu,
als er auf Erden kam und geboren
wurde. Da war weder Gefäss noch
Stube, weder Kissen, Windel noch
Bettlergewand; er musste in einer
Krippe liegen.
Wenn nun dein l ieber Bruder, der Kö-
nig des Himmels und der Erden und
aller Kreatur, so elend gebettet ist,
warum wil lst du so herrl ich sein und
nichts leiden? Wer bist du denn? Ist
es nicht wahr, dass du armer Sünder,
der du nicht wert bist, auf einem Brett
zu ruhen, in einem weichen Bett
l iegst? Deinem Herrn blieb aber
nichts als hartes Stroh und eine Krip-
pe. Das passt nicht zusammen. Wenn
der Herr in solchem Elend und Armut
uns zu gut geboren wird und zuletzt
für uns am Kreuz stirbt, wie können
wir faule Narren stets in guter Ruhe
und Frieden sitzen wollen? Nein, das
reimt sich nicht: «Der Jünger ist nicht
über seinem Meister, noch der
Knecht über dem Herrn», spricht
Christus.
Darum sollen wir wohl lernen und mit
Ernst bedenken, welche Ehre uns
geschieht, weil Christus Mensch ge-
worden ist. Gott gebe, dass wir es
verstehen, zu Herzen nehmen und
dafür dankbar sind. Zum anderen
sollen wir das Beispiel von Christus
fleissig ansehen. Was hat er, der ein
Herr ist über alle Herren, in seinem
ersten Kommen uns armen Mensch-
en bewiesen und unsertwil len erl it-
ten? Solches würde uns bewegen,
dass wir von Herzen auch anderen
Leuten gerne helfen und dienen, ob-
wohl es uns sauer gehen würde, und
wir deswegen etwas leiden müssten.
Dazu helfe uns Gott mit seinem Heil i-
gen Geist durch unseren lieben Herrn
Jesus Christus. Amen.
Weihnachten lehrt Demut