korrespondenz

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47 Zum Beitrag ,,Chemie und Liebe: ein Gleichnis." in Heft 6/96 der ChiuZ erreichten uns folgende Briefe, sicherlich eine gute Anre- gung zur weiteren Lekture. Zunachst mochte ich Ihnen mei- nen Dank ausdriicken fur die Berucksichtigung einer eher un- gewohnlichen Erweiterung der Chemie als Naturwissenschaft in der letzten Ausgabe von ChiuZ 6/96 a. Soentgen: Chemie und Liebe: ein Gleichnis). Soentgen greift allerdings viel- leicht etwas kurz, wenn er sich in seiner Interpretation auf den zwi- schenmenschlichen Bereich be- schrankt und die Liebe als Syn- onym der Wahlverwandtschaft der ,,Triebkraft" chemischer Reaktionen gegenuberstellt, gleichzeitig dies als den Kernge- danken in Goethes Roman postulierend. Ein unbedingt lesenswerter, tiefer schurfender Zugang zu diesem chemisch-naturwissenschaftli- chen Aspekt findet sich bei C. Hoffmann in seinem Beitrag ,,Goethes Wahlverwandtschaften im Fokus des chemischen Para- digmenwechsels" (Deutsche Vier- teljahresschrift fur Literaturwis- senschaft und Geistesgeschichte 67,417 -450 (1993)). Hoffmanns Ansatz besteht zum einen darin, den Ubergang des rein qualitati- ven, ,,stofflichen" Prinzips der chemischen Affinitat (Tobern Bergman) hin zu Berthollets Konzept der quantitativ modifi- zierten Affinitatstheorie als das zentrale Element des Goethe- schen Ansatzes herauszuarbeiten. Zum zweiten bringt er diesen Wechsel des gultigen chemischen Paradigmas in einen das Individu- um transzendierenden sozialhi- storischen Kontext. Die vier Protagonisten stellen also auch Chiffren dar fur den gesellschaft- lichen Wandel einer aristokratisch (qualitative Affinitat) strukturier- ten Gesellschaft hin zu einer mehr burgerlichen (quantitative Affinitat). Hoffmanns Untersuchung der Beziehungsentwicklung der Per- sonenkonstellation Charlotte / Eduard / Ottilie / Hauptmann ergibt eine Vielzahl an Belegen fur diese Interpretationstheorie und zudem, quasi nebenbei, wer- den einige sachliche (beabsichtig- te ?) Unstimmigkeiten der litera- rischen Umsetzung Goethes auf- gezeigt. Michael Bauel; Wittnau Der interessierte Leser der ,,Che- mie in unserer Zeit", der sich uber die Chemie hinaus auch fur Grenzbereiche der Disziplin in- teressiert, stellt mit Genugtuung fest, dai3 in der ,,Chemie in unse- rer Zeit" seit Jahren immer wie- der Beitrage publiziert werden, in denen auch wissenschaftstheore- tisch hochinteressante Themen aus dem Grenzbereich zwischen Philosophie, Geistes- und Natur- wissenschaften aufgegriffen wer- den. Das lobenswerte Motto lau- tet: Diskurs, nicht Ignoranz bzw. Abschottung zwischen Geistes- wissenschaften und Naturwissen- schaften. Dafur ist dem Kuratori- um und der Redaktion der Zeit- schrift ,,Chemie in unserer Zeit" Lob und Anerkennung auszu- sprechen. Diese Erfahrung kann man beim Lesen des Aufsatzes ,,Chemie und Liebe: Ein Gleichnis" von J. Soentgen machen, vorausgesetzt, man erinnert sich auch noch an die Beitrage von G. Boehme ,,Was ist Natur - Charaktere der Natur aus der Sicht der moder- nen Naturwissenschaften" (ChiuZ 24,1990,167-175) sowie ,,Am Ende des Bacon'schen Zeit- alters" (ChiuZ 26, 1992,129 - 137). Der Begriff Wahlverwandschaft aus Goethes Roman erweist sich als Naturcharaktere im Sinne G. Boehmes, denn solche ,,intuitiv verstandene Grundzuge der Na- tur werden fur die konkrete wis- senschaftliche Arbeit in der Regel implizit vorausgesetzt. Sie stecken den Rahmen dessen ab, was uberhaupt erwartet werden kann, welche Fragen gestellt wer- den konnen" (G. Boehme in ChiuZ 24,1990, S. 169 Abs. 2). Diesen Sachverhalt hat Soentgen in seinem Aufsatz sehr gut her- ausgearbeitet. Andererseits sind die Aussagen zweier aufeinanderfolgender Textabschnitte in Soentgens Auf- satz nicht eindeutig: So heii3t es auf S. 298 im vorletz- ten Absatz: ,,Die Entscheidung bleibt offen und ganz entspre- chend fuhren auch die Entwick- lungen des Romans nicht zu ein- deutigen Verhaltnissen zwischen den Personen", und gleich da- nach, ,,Man sieht: Das Gleichnis zwischen chemischem ProzeB und menschlichen Verstrickun- gen ist bis in die literarische Mi- krostruktur des Romans hinein durchgefiihrt". Tatsache ist, dai3 nach Auffassung namhafter Goethe-Kenner u. Adler, Eine fast magische Anziehungskraft, C. H. Beck, Miinchen, 1987) das chemische Model1 fur die Bezie- hungen zwischen den Personen absichtlich nicht durchgangig eingehalten ist, so zeichnet sich beispielsweise die Verbindung zwischen Charlotte und dem Hauptmann durch Entsagung aus. Aus diesem Grunde hat Goethe in seinem Gesellschaftsroman ,,Die Wahlverwandtschaften" nicht so sehr das chemische Bei- spiel als solches, sondern viel- mehr den Paradigmenwechsel auf dem Gebiet der Chemie, aber auch im politischen, gesellschaft- lichen und sozialen Bereich, thematisieren wollen. Historisch gesehen stellte C. L. Berthollet (1754 - 1822) im Gegensatz zu T. 0. Bergman (1735 - 1784) bekanntlich fest, da8 neben der chemischen Ver- wandtschaft auch andere Fakto- ren bei chemischen Prozessen von entscheidender Bedeutung sind, so z. B. die Quantitaten, in welchen zwei Stoffe A und B wirken. Dieser wahrhaft revolu- tionare Gedanke war Goethe zum Zeitpunkt der Niederschrift der Wahlverwandtschaften nach- weislich bekannt. Daruber hinaus greift das Ro- mangeschehen auf verschiedenen Ebene die Bedeutung der Quan- titaten auf. So ist die neue gesell- schaftliche Rolle der Quantitat als ,,Masse" seit der Zeit der Franzosischen Revolution ein politischer Faktor, der durch ,,Sitten und Gesetz gebunden werden mug" wie der Landade- lige Eduard es beinahe wortlich mit dem Hinweis auf das Allge- meine Landrecht fur Preui3ische Staaten von 1794 formuliert hat. Auf dem Gebiet der Okonomie lost Quantitat als Kapital den Besitz als Grundlage des Wirt- schaftslebens ab. ,,Wie das revolutionare Konzept Berthollets der Affinitat erweist sich auch Goethes Roman als Werk des Uberganges, in dem sich Altes und Neues, standische und burgerliche Ordnung zu- nachst vermischen und spater ab- losen. Fur einen Moment schim- mert auf, was sonst verborgen bleibt, die Schnittstelle zweier Diskurse". So charakterisiert Martin Stingelin das chemische Gesprach in Goethes Wahlver- wandschaften (FAZ vom 13.7. 1994, Nr. 160, S. N 6). A. Biihler und E. Graf; Freiburg Das von W. Gopel et ai. herausge- gebene Werk ,,Sensors - A Com- prehensive Survey" bietet eine konkurrenzlose Gesamtsicht aller Arten von Sensoren. Vergleichs- weise weit entwickelt sind physi- kalische Sensoren, die sich auf dem Markt bereits etabliert haben. GroRe Entwicklungspotentiale haben dagegen chemische Senso- ren - sowohl in wissenschaftli- cher und technologischer Sicht als auch in der Markteinfuhrung. In dem zu besprechenden Band 8 werden miniaturisierte Sensoren und deren Marktchancen abge- handelt. Der Herausgeber H. Meixner gibt einleitend eine Ubersicht uber die Anwendung von Mikro- und Nanosensoren. Ausgangspunkt sind physikali- sche und chemische Grundlagen; nach Transducer-Bauelementen, Elektronik, Integration und Kombination unterschiedlicher Technologien wird dann ein inte- griertes Sensorsystem erlautert. In den drei folgenden Kapiteln le- gen bedeutende Vertreter der Mi- krosystem-Schwerpunkte in Neuchatel, Zurich und im Kern- forschungszentrum Karlsruhe neueste Perspektiven dar. Sower- den etwa die Lebenscyclen neuer Produkte diskutiert und beispiel- haft Drucksensoren, Beschleuni- gungsmesser und magnetische Schreibkopfe besprochen. Ferner werden die CMOS-Technik und ihre Anwendungen, z. B. die Ent- wicklung von miniaturisierten Feuchtesensoren und magneti- schen Sensoren, vorgestellt. H.-J. Ache et al. diskutieren die epo- chalen Moglichkeiten der LIGA- Techniken und legen dar, wie dreidimensionale Mikrostruktu- ren in der Sensorik genutzt wer- den konnen. Besonders spekta- kular ist ein optisches Spektro- meter, das mit Pumpen zu einem optochemischen Sensormikrosy- stem fur die medizinische Analy- tik und Umweltanalysen kombi- niert werden kann. Im anschliefienden Kapitel wer- den die wohl vielseitigsten Trans- ducersysteme, SAW-Bauteile und Schwingquarze fur die massen- sensitive Detektion, vorgestellt. Chemie in unserer Zeit /31. Jahrg. 1997 / Nt: 1

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Zum Beitrag ,,Chemie und Liebe: ein Gleichnis." in Heft 6/96 der ChiuZ erreichten uns folgende Briefe, sicherlich eine gute Anre- gung zur weiteren Lekture.

Zunachst mochte ich Ihnen mei- nen Dank ausdriicken fur die Berucksichtigung einer eher un- gewohnlichen Erweiterung der Chemie als Naturwissenschaft in der letzten Ausgabe von ChiuZ 6/96 a. Soentgen: Chemie und Liebe: ein Gleichnis). Soentgen greift allerdings viel- leicht etwas kurz, wenn er sich in seiner Interpretation auf den zwi- schenmenschlichen Bereich be- schrankt und die Liebe als Syn- onym der Wahlverwandtschaft der ,,Triebkraft" chemischer Reaktionen gegenuberstellt, gleichzeitig dies als den Kernge- danken in Goethes Roman postulierend. Ein unbedingt lesenswerter, tiefer schurfender Zugang zu diesem chemisch-naturwissenschaftli- chen Aspekt findet sich bei C. Hoffmann in seinem Beitrag ,,Goethes Wahlverwandtschaften im Fokus des chemischen Para- digmenwechsels" (Deutsche Vier- teljahresschrift fur Literaturwis- senschaft und Geistesgeschichte 67,417 -450 (1993)). Hoffmanns Ansatz besteht zum einen darin, den Ubergang des rein qualitati- ven, ,,stofflichen" Prinzips der chemischen Affinitat (Tobern Bergman) hin zu Berthollets Konzept der quantitativ modifi- zierten Affinitatstheorie als das zentrale Element des Goethe- schen Ansatzes herauszuarbeiten. Zum zweiten bringt er diesen Wechsel des gultigen chemischen Paradigmas in einen das Individu- um transzendierenden sozialhi- storischen Kontext. Die vier Protagonisten stellen also auch Chiffren dar fur den gesellschaft- lichen Wandel einer aristokratisch (qualitative Affinitat) strukturier- ten Gesellschaft hin zu einer mehr burgerlichen (quantitative Affinitat). Hoffmanns Untersuchung der Beziehungsentwicklung der Per- sonenkonstellation Charlotte / Eduard / Ottilie / Hauptmann ergibt eine Vielzahl an Belegen fur diese Interpretationstheorie und zudem, quasi nebenbei, wer- den einige sachliche (beabsichtig- te ?) Unstimmigkeiten der litera- rischen Umsetzung Goethes auf- gezeigt.

Michael Bauel; Wittnau

Der interessierte Leser der ,,Che- mie in unserer Zeit", der sich uber die Chemie hinaus auch fur Grenzbereiche der Disziplin in- teressiert, stellt mit Genugtuung fest, dai3 in der ,,Chemie in unse- rer Zeit" seit Jahren immer wie- der Beitrage publiziert werden, in denen auch wissenschaftstheore- tisch hochinteressante Themen aus dem Grenzbereich zwischen Philosophie, Geistes- und Natur- wissenschaften aufgegriffen wer- den. Das lobenswerte Motto lau- tet: Diskurs, nicht Ignoranz bzw. Abschottung zwischen Geistes- wissenschaften und Naturwissen- schaften. Dafur ist dem Kuratori- um und der Redaktion der Zeit- schrift ,,Chemie in unserer Zeit" Lob und Anerkennung auszu- sprechen. Diese Erfahrung kann man beim Lesen des Aufsatzes ,,Chemie und Liebe: Ein Gleichnis" von J. Soentgen machen, vorausgesetzt, man erinnert sich auch noch an die Beitrage von G. Boehme ,,Was ist Natur - Charaktere der Natur aus der Sicht der moder- nen Naturwissenschaften" (ChiuZ 24,1990,167-175) sowie ,,Am Ende des Bacon'schen Zeit- alters" (ChiuZ 26, 1992,129 - 137). Der Begriff Wahlverwandschaft aus Goethes Roman erweist sich als Naturcharaktere im Sinne G. Boehmes, denn solche ,,intuitiv verstandene Grundzuge der Na- tur werden fur die konkrete wis- senschaftliche Arbeit in der Regel implizit vorausgesetzt. Sie stecken den Rahmen dessen ab, was uberhaupt erwartet werden kann, welche Fragen gestellt wer- den konnen" (G. Boehme in ChiuZ 24,1990, S. 169 Abs. 2). Diesen Sachverhalt hat Soentgen in seinem Aufsatz sehr gut her- ausgearbeitet. Andererseits sind die Aussagen zweier aufeinanderfolgender Textabschnitte in Soentgens Auf- satz nicht eindeutig: So heii3t es auf S. 298 im vorletz- ten Absatz: ,,Die Entscheidung bleibt offen und ganz entspre- chend fuhren auch die Entwick- lungen des Romans nicht zu ein- deutigen Verhaltnissen zwischen den Personen", und gleich da- nach, ,,Man sieht: Das Gleichnis zwischen chemischem ProzeB und menschlichen Verstrickun- gen ist bis in die literarische Mi- krostruktur des Romans hinein durchgefiihrt". Tatsache ist, dai3 nach Auffassung namhafter Goethe-Kenner u. Adler, Eine fast magische Anziehungskraft,

C. H. Beck, Miinchen, 1987) das chemische Model1 fur die Bezie- hungen zwischen den Personen absichtlich nicht durchgangig eingehalten ist, so zeichnet sich beispielsweise die Verbindung zwischen Charlotte und dem Hauptmann durch Entsagung aus. Aus diesem Grunde hat Goethe in seinem Gesellschaftsroman ,,Die Wahlverwandtschaften" nicht so sehr das chemische Bei- spiel als solches, sondern viel- mehr den Paradigmenwechsel auf dem Gebiet der Chemie, aber auch im politischen, gesellschaft- lichen und sozialen Bereich, thematisieren wollen. Historisch gesehen stellte C. L. Berthollet (1754 - 1822) im Gegensatz zu T. 0. Bergman (1735 - 1784) bekanntlich fest, da8 neben der chemischen Ver- wandtschaft auch andere Fakto- ren bei chemischen Prozessen von entscheidender Bedeutung sind, so z. B. die Quantitaten, in welchen zwei Stoffe A und B wirken. Dieser wahrhaft revolu- tionare Gedanke war Goethe zum Zeitpunkt der Niederschrift der Wahlverwandtschaften nach- weislich bekannt. Daruber hinaus greift das Ro- mangeschehen auf verschiedenen Ebene die Bedeutung der Quan- titaten auf. So ist die neue gesell- schaftliche Rolle der Quantitat als ,,Masse" seit der Zeit der Franzosischen Revolution ein politischer Faktor, der durch ,,Sitten und Gesetz gebunden werden mug" wie der Landade- lige Eduard es beinahe wortlich mit dem Hinweis auf das Allge- meine Landrecht fur Preui3ische Staaten von 1794 formuliert hat. Auf dem Gebiet der Okonomie lost Quantitat als Kapital den Besitz als Grundlage des Wirt- schaftslebens ab. ,,Wie das revolutionare Konzept Berthollets der Affinitat erweist sich auch Goethes Roman als Werk des Uberganges, in dem sich Altes und Neues, standische und burgerliche Ordnung zu- nachst vermischen und spater ab- losen. Fur einen Moment schim- mert auf, was sonst verborgen bleibt, die Schnittstelle zweier Diskurse". So charakterisiert Martin Stingelin das chemische Gesprach in Goethes Wahlver- wandschaften (FAZ vom 13.7. 1994, Nr. 160, S. N 6).

A. Biihler und E. Graf; Freiburg

Das von W. Gopel et ai. herausge- gebene Werk ,,Sensors - A Com- prehensive Survey" bietet eine konkurrenzlose Gesamtsicht aller Arten von Sensoren. Vergleichs- weise weit entwickelt sind physi- kalische Sensoren, die sich auf dem Markt bereits etabliert haben. GroRe Entwicklungspotentiale haben dagegen chemische Senso- ren - sowohl in wissenschaftli- cher und technologischer Sicht als auch in der Markteinfuhrung.

In dem zu besprechenden Band 8 werden miniaturisierte Sensoren und deren Marktchancen abge- handelt. Der Herausgeber H. Meixner gibt einleitend eine Ubersicht uber die Anwendung von Mikro- und Nanosensoren. Ausgangspunkt sind physikali- sche und chemische Grundlagen; nach Transducer-Bauelementen, Elektronik, Integration und Kombination unterschiedlicher Technologien wird dann ein inte- griertes Sensorsystem erlautert. In den drei folgenden Kapiteln le- gen bedeutende Vertreter der Mi- krosystem-Schwerpunkte in Neuchatel, Zurich und im Kern- forschungszentrum Karlsruhe neueste Perspektiven dar. Sower- den etwa die Lebenscyclen neuer Produkte diskutiert und beispiel- haft Drucksensoren, Beschleuni- gungsmesser und magnetische Schreibkopfe besprochen. Ferner werden die CMOS-Technik und ihre Anwendungen, z. B. die Ent- wicklung von miniaturisierten Feuchtesensoren und magneti- schen Sensoren, vorgestellt. H.-J. Ache et al. diskutieren die epo- chalen Moglichkeiten der LIGA- Techniken und legen dar, wie dreidimensionale Mikrostruktu- ren in der Sensorik genutzt wer- den konnen. Besonders spekta- kular ist ein optisches Spektro- meter, das mit Pumpen zu einem optochemischen Sensormikrosy- stem fur die medizinische Analy- tik und Umweltanalysen kombi- niert werden kann.

Im anschliefienden Kapitel wer- den die wohl vielseitigsten Trans- ducersysteme, SAW-Bauteile und Schwingquarze fur die massen- sensitive Detektion, vorgestellt.

Chemie in unserer Zeit /31. Jahrg. 1997 / Nt: 1

48 Biicher

Nach millionenfachern Einsatz als frequenzselektives Bauteil wird der SAW nun verstarkt als Massendetektor eingesetzt und kann Substanzen bis hinab in den sub-ppm-Bereich nachweisen. Neben der Messung mechani- scher oder elektrischer Groi3en werden deshalb auch chemische Anwendungen diskutiert. An- schliei3end werden kornmerzielle Anwendungen der Schwing- quarze diskutiert, und es wird er- lautert, wie in Verbindung mit Mustererkennungsmethoden Na- turstoffe nach ihrem Aroma klas- sifiziert werden konnen.

Technisch weit fortgeschritten sind die im folgenden Kapitel von H. Meixner et al. vorgestellten Hochtemperatur-Mikrosensoren vorwiegend auf der Basis von Metalloxiden, die zur Uberwa- chung von Verbrennungsvorgan- gen eingesetzt werden.

Die nachsten Kapitel sind opti- schen Methoden gewidmet, also z. B. der Frage, wie Interferome- ter auf optischen Chips generiert werden konnen und sich hiermit etwa physikalische Groflen, aber auch Gase und Dampfe detektie- ren lassen. Anschlieflend be- schreibt H. Schmidt den fur die Herstellung von Sensorschichten in der Nanotechnik so wichtigen Sol-Gel-Prozei3. Den ersten Teil des Buches schliei3t W. Gopel mit der Diskussion einer futuristi- schen Sensorik auf molekularer Ebene ab; er erlautert, wie man etwa in atomarer Auflosung mi- kroskopisch (STM und AFM) Detektionen und Manipulationen durchfiihren kann.

Im zweiten Teil des Werkes wer- den die Marktperspektiven be- schrieben, etwa aus dem Bereich der Raumfahrt, und mechanische, thermische, elektrische, optische u,nd chemische Sensoren fur Uberwachungsaufgaben disku- tiert. Gute Zukunftsperspektiven eroffnen sich der modernen Pro- zeflkontrolle, wobei hier zuneh- mend aufler physikalischen Para- metern wie Druck, Ternperatur und Flieggeschwindigkeit auch chemische Parameter direkt ge- messen werden miissen. Als be- sonders erfolgversprechende Markte werden die Medizin, der Umweltbereich und aufgrund grofler Stuckzahlen der Automo- bilbereich beschrieben. Das Buch schliei3t mit einem Kapitel iiber die Fertigung und Qualitatskon- trolle von Sensoren.

Das von H. Meixner und R. Jones herausgegebene Werk beschreibt eine faszinierende Zukunftsper- spektive einer Basistechnologie, die unterschiedlichste Disziplinen wie Chemie, Physik, Biologie, Medizin und Technik vereint. All jenen, die sich hierfur interessie- ren und daran mitarbeiten moch- ten, kann dieses Buch als Stimu- lans und Fundgrube der neuesten Entwicklungen uneingeschrankt empfohlen werden.

Prof: Franz L. Dickert, Universitat Wien

Ubergangsmetall-vermittelte und -katalysierte Reaktionen gehoren inzwischen zum Standardriist- zeug der organischen Synthese- chemie. Mehrere Biicher in engli- scher Sprache, die sich mit den Anwendungen von Ubergangs- metallen in der organischen Syn- these beschaftigen, reflektieren die rasche Entwicklung auf die- sem Gebiet. Das vorliegende Werk von L. S. Hegedus reiht sich in diese Liste ein. Dieses Buch wurde nun von H.-G. Schmalz und A. Majdalani ins Deutsche iibersetzt und dabei iiberarbeitet und aktualisiert (Stand: Anfang 1995).

In den beiden ersten Kapiteln werden die Grundlagen der Bin- dung in Ubergangsmetall-z- Komplexen und die Mechanis- men metallorganischer Reaktio- nen erlautert. In Kapjtel 3 werden Anwendungen von Ubergangs- metallhydriden in organischen Synthesen beschrieben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Gebiet der homogenen kata- lytischen asymmetrischen Hydrierung rnit chiralen Kata- lysatoren.

Kapitel4 behandelt Komplexe mit einer Metall-Kohlenstoff-o- Bindung sowie deren Anwen- dungen in der organischen Syn- these; es ist das umfangreichste Kapitel des Buches. Hier finden die modernen Aspekte der Orga- nokupferchemie, aber auch zahl- reiche Palladium- katalysierte Prozesse sowie Zirconocen- und

Nickel(0)-vermittelte Cyclodi- merisierungen von Alkenen und Alkinen Berucksichtjgung. Einige Anwendungen von Ubergangs- metallcarbonylkomplexen in der Synthese werden in Kapitel5 behandelt.

Kapitel6 erlautert die Anwen- dungen von Ubergangsmetallcar- benkomplexen in organischen Synthesen. Dabei werden zunachst die elektrophilen, he- teroatomstabilisierten Fischer- Carben-Komplexe und ihre Nutzung in Synthesen vorge- stellt. Dariiber hinaus werden elektrophile, nichtstabilisierte Carbenkomplexe, die metallkata- lysierte Zersetzung von Diazo- verbindungen iiber nichtstabili- sierte, elektrophile Carbenzwi- schenstufen und die nucleophilen Schrock-Carbenkornplexe be- handelt.

Kapitel7 beschreibt Anwendun- gen von Alken-, Dien- und Dienylkornplexen mit Palladium, Eisen und Molybdan als Zentral- metall. In Zusammenhang mit den Alkiniibergangsmetallkom- plexen in Kapitel8 werden unter anderem die Nicholas-Reaktion, die Pauson-Khand-Cyclo- addition und die Cobalt-kataly- sierten Cyclooligomerisierungen von Alkinen (Vollhardt-Reak- tion) sowie deren Anwendungen in Synthesesequenzen beschrie- ben.

Kapitel9 behandelt die Reaktio- nen von q3-Allyliibergangsme- tallkomplexen und ihre Anwen- dungen in der organischen Syn- these. Wie zu erwarten, steht hier das Element Palladium im Mittel- punkt. Aber auch die Allylkom- plexe weiterer Metalle werden er- wahnt. Das letzte Kapitel disku- tiert die Reaktionen von Aren- ubergangsmetallkornplexen und ihre Nutzung fur selektive Syn- thesen.

Sicherlich ist der Versuch drin- gend notwendig, fur Studenten und Neueinsteiger das rasch wachsende Gebiet der Organo- metallchemie und ihre Anwen- dungen in der organischen Syn- these aktuell und qualifiziert dar- zustellen. Dies ist streckenweise auch gelungen, aber leider bei weitem nicht das ganze Buch hin- durch.

An formalen Punkten fallen die uneinheitlichen graphischen Darstellungen der Formeln und

die unterschiedlichen Schriftty- pen, die in den Literaturverzeich- nissen verwendet wurden, auf. Zur deutschen Ubersetzung ist zu sagen, dai3 an einigen Stellen unnotigerweise Anglizismen in den vorliegenden deutschen Text eingeflossen sind; so sollte z. B. ,,Rate" in Gleichung 2.15 auf Seite 22 durch ,,Reaktionsge- schwindigkeit" ersetzt werden.

Auch inhaltlich fallen zahlreiche Unkorrektheiten bis hin zu ekla- tanten Fehlern auf, obwohl laut Vorwort der Ubersetzer ,,eke erhebliche Anzahl von Fehlern und Ungenauigkeiten der ameri- kanischen Originalausgabe beho- ben wurde". So gibt die Darstel- lung in Gleichung 7.64 auf Seite 206 einen vollig falschen Sachver- halt wieder. Es ist eben nicht moglich, durch eine zweite Hy- dridabstraktion an einem 5-exo- substituierten Tricarbonyl(q4- 1,3-cyclohexadien)eisen-Kom- plex das eisenkomplexierte Cy- clohexadienylium-Ion zu gene- rieren, urn so zu einem cts-5,6- disubstituierten 1,3-Cyclohexa- dienderivat (im Text heii3t es hier falschlicherweise ,,cis-IJ-disub- stituiert") zu gelangen. Dies ist ein wesentliches Element der Chemie der Tricarbonyl(q4-1,3- cyc1ohexadien)eisen-Kornplexe und auch der Grund fur zahlrei- che Forschungsaktivitaten auf diesem Gebiet. Neben diesem und weiteren grundlegenden Feh- lern haben sich eine Reihe von Ungenauigkeiten eingeschlichen, von denen hier nur einige bei- spielhaft wiedergegeben werden sollen. So mui3 es sich bei dern Acylkomplex auf Seite 132 in Kapite15.5, zweite Zeile, um [CpFeCO(PPh3)(COCH,] han- deln. Auch der Mechanisrnus der Dotz-Reaktion wird heute nicht mehr so, wie in Gleichung 6.29 auf Seite 150 angegeben, be- schrieben, und auf Seite 208 sind in Gleichung 7.68 die Substituen- ten falsch angeordnet. Die irn Vorwort angekiindigte Aktuali- sierung der Literaturstellen ist haufig doch nur sehr begrenzt.

Eine uneingeschankte Empfeh- lung kann angesichts der Tatsa- che, dai3 einige englischsprachige Biicher iiber Organometallche- rnie dieselbe Thernatik sehr vie1 sorgfaltiger und damit auch kom- petenter behandeln, keinesfalls gegeben werden.

H.-1. Knolker, Professor f u r Organische Chemie, Karlsruhe

Chemie tn unserer Zeit /3l.]ahrg. 1997/ Nu. I