katrin kirsch-brunkow kerstin hoffmann jens hielscher...katrin kirsch-brunkow kerstin hoffmann jens...

14
Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg

Upload: others

Post on 17-Oct-2020

10 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

Katrin Kirsch-Brunkow

Kerstin HoffmannJens Hielscher

I C V A r b e i t s k r e i s B e r l i n - B r a n d e n b u r g

Page 2: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

2

Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

Die wohl spannendste Phase in der Vorbereitung der 45. Sitzung des Arbeitskreises Ber-lin-Brandenburg stand am Anfang: Wie gehen wir mit einem Thema um, welches zurZeit die Medien beherrscht wie kein zweites. Von seriösen Beiträgen bis zu wüsten Spe-kulationen, Zukunftsaussichten oder Schwarzmalerei, es ist alles vorhanden.

Uns streitbare Geister bewegen Gedanken wie:§ „Ist die Finanzmarktkrise eine Folge der sogenannten „Wachstumslüge“? § „Wie entsteht Wachstum und woran wird es gemessen?“§ „Ist die Qualität des Wachstums messbar?“

Eins können wir vorwegnehmen – der Verstand des Menschen ist dem Handeln voraus –oftmals wissen wir, dass Dinge, die wir heute tun, uns morgen am Erfolg hindern wer-den.

Auch Arbeitskreis Interna spielten eine Rolle - Die 45. AK-Sitzung sollte etwas Besonde-res, Wegweisendes darstellen - die Idee, Unternehmen einzuladen und mit uns selbstkri-tisch über Vergangenheit und Zukunft zu debattieren, war geboren. Doch genauso inter-essierte uns natürlich die Haltung des ICV – welche Philosophie wird verfolgt – welcheImpulse werden gesetzt. Können die Kernelemente des nachhaltigen Controlling-Ansat-zes des ICV in der Praxis bestehen?

Die Suche nach dem Weg zum Ziel konnte also beginnen und so starteten wir mit Dis-kussionsrunden an der Spree. Die Idee, den Weg der Entstehung und des Umgangs desGeldes über die Jahrhunderte zu verfolgen, führte uns zwangsläufig zu Jacob Fugger; dieNeugierde Nachhaltigkeit zu entdecken zu Wilhelm Malte, First zu Putbus.

Macht ist Kapital – Kapital ist Macht

Natürlich wollten wir nicht einfach die Geschichte der Familie Fugger vortragen, son-dern vielmehr einen Bezug zur Gegenwart darstellen und aufzeigen, dass viele die Krisecharakterisierende Merkmale nicht neu sind, sondern uns schon seit gut 500 Jahren be-gleiten. Wen die Geschichte dennoch interessiert, sei „Der Spiegel Geschichte“ Nr. 4 /2009 mit dem einprägsamen Titel „Geld!“ empfohlen.1

Die Fugger wurden erstmalig 1367 erwähnt „FUKKERADVENIT“ als Hans Fugger, ein Weber, sich in Augs-burg niederließ. Berühmtester Fugger war aber JakobFugger, 1459 – 1525.Die Fugger gaben bald die Weberei auf und wurdeneine erfolgreiche Kaufmannsfamilie, doch wurde dieGeschichte erstmals 1473 interessant, als Enkel UlrichFugger beschloss, auf eigene Kosten Maximilian vonHabsburg in feine Tuche zu kleiden und für eine erfolg-reiche Brautwerbung, um Maria von Burgund zu sor-gen.

1 Die folgenden Abbildungen wurden wikipedia entnommen.

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 3: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

3

Es begann eine intensive finanzielle Beziehung/Abhängigkeit von Herrscher und Ban-kier. Sie sollte über zwei Jahrhunderte dauern. Die Fugger nahmen für diese GeschäfteGeld auf, insbesondere von Melchior von Meckau (später Kardinal). Als dieser 1509starb machten seine Einlagen ¾ des fuggerschen Geschäftskapitals aus. Die wurden,Melchior war ja Kirchenmann, folgerichtig von Rom beansprucht.

Fugger schrieb also Maximilian an, der es sich nicht leisten konnte, den Finanzier seinerFeldzüge zu verlieren und wehrte so die Ansprüche Roms ab. Kennen Sie diese Vorge-hensweise?

Heute würde man sagen „too big to fail“.

Auf der anderen Seite bezahlte Fugger im Jahr 1506 auch die erste Schweizer Garde desVatikans. Später kam dann der Ablasshandel…

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 4: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

4

Jedoch mussten sich die Fugger1523 einer Anklage des Reichsfis-kals wegen Monopolvergehens erwehren. Das entspräche heuteder EU-Wettbewerbskommission. Fugger schrieb einen Brief anKarl V. (den er zuvor auf den Thron „gekauft“ hatte), der natürlichschnurstracks erklärte, dass „Große Gesellschaften seien größteGabe und Nutzbarkeit“ - die Klage war vom Tisch.

Nachhaltigkeit

Was bedeutet Nachhaltigkeit – ein Begriff, entsprungen aus dem Umgang mit der Natur,übertragen, eingeordnet in die Bewertung, Führung eines Unternehmens.

„Nachhaltig ist eine Gesellschaft dann, wenn sie den Anforderungen der Gegen-

wart gerecht wird, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu beeinträchti-

gen, ihren eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden.“

(Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen, 1987)

Nicht der ökologische Aspekt sollte bei der Beantwortung der Fragen im Vordergrundstehen, wenngleich er selbstverständlich einen Teil der nachhaltigen Unternehmensfüh-rung darstellt, der langfristige Erfolg der Unternehmung ist der Kern der Beiträge der 3Unternehmen, die sich unseren Fragen stellten.

Unser Leitfaden – 13 Fragen an die Unternehmen

Nachhaltigkeit – Verhalten in der Krise1. Wieso haben wir alle nichts gesehen, oder doch? 2. Müssen wir unser Handeln selbstkritisch beurteilen?3. Was hat funktioniert, was hat nicht gewirkt?4. Ist ständiges Wachstum unabdingbar? 5. Welche Möglichkeiten bietet nachhaltiges Handeln?

Aspekte der Unternehmenssteuerung6. Welche Veränderungen gab es durch die Krise?7. Konnte im Vorfeld gesteuert werden, das Risiko vermindert werden?8. Gab es geeignete Instrumente, um in der Krise zu handeln?

Szenarien zur Krisenbewältigung9. Welche Wege/Szenarien gibt es aus der Krise?10. Welche Auswirkungen hat die Eigentümerstruktur auf das Verhalten in der Kri-

se?11. Wäre ein Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligung besser aufgestellt?12. Wird sich nach der Krise etwas geändert haben oder bleibt alles wie bisher? 13. Welche Möglichkeiten bietet nachhaltiges Handeln?

Die Unternehmen

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 5: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

5

In Vorbereitung der Arbeitskreis-Sitzung erreichten uns viele Vorschläge zur Auswahlder Unternehmen. Um die Vielfalt zu gewährleisten, wählten wir drei Unternehmen ausverschiedenen Branchen, mit unterschiedlicher Größe und Marktumfeld:

1) Tropical Island – unser Gastgeber – Erlebnis- und Freizeitparks2) Avancis – ein Hersteller von Solarmodulen3) Dussmann-Gruppe – ein Globalplayer im Bereich Multidienstleister

Die Ergebnisse unserer Arbeitskreis-Sitzung werden wir im Folgenden am Beispiel derDussmann-Gruppe darstellen. Unser Tagungsort versprach hitzige Diskussionen, Tropi-sche Temperaturen, karibische Klänge und exotische Bedienung :

Willkommen im Tropical Islands

Arbeitskreis Berlin/Brandenburg desICV im Urlaubsparadies Tropical Island

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 6: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

6

Dussmann-Gruppe: Nachhaltigkeit, ein alter Zopf mit vorübergehender Renaissance ?

Die Dussmann-Gruppe ist einer der weltweit größten Multidienstleister mit den Berei-

terentwickelt, verbreitert und bildet heute eine solide Basis für die Unternehmensent-wicklung.

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 7: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

7

Entsprechend dem Ange-botsportfolio agiert dieDussmann-Gruppe in sehrunterschiedlichen Märk-ten. Im Facility Manage-ment-Markt findet einstarker Wettbewerb statt.Jedoch behaupten sichnach wie vor lang imMarkt etablierte Familien-unternehmen.

Niedrige Margen und Ver-drängung erfordern einhohes Maß an Servicequa-lität und innovativenDienstleistungen zur Kundenbindung und Neugewinnung.

Als eines der führenden Unternehmen im Catering-Markt kann die Dussmann-Gruppeden vorhandenen Preisdruck im Lebensmittelmarkt für sich nutzen. Die wachsendenQualitätsanforderungen der Kunden und gleichfalls steigende Preissensibilität werdendurch neue kundenorientierte Verpflegungskonzepte erfüllt und schärfen das Profil alsleistungsstarker Caterer.

Im Markt für Seniorenpflege und -betreuung konkurrieren gemeinnützige und öffentli-che Träger mit privaten Anbietern. In dem stark wachsenden Markt sieht das Unterneh-men Bedarf für neue Betreuungsangebote und eröffnet jährlich sechs bis acht neue Häu-

Page 8: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

8

Einschätzung der Krise (September 09)

Finanzierung

Chancen

Risiken

KundenKursana

BezogeneLeistungen

Mitarbeiter

ÖffentlicheKunden

B & IKunden

durch den verstärkten Kostendruck Outsourcing-Aktivitäten erwartet und damit auchgewisse Chancen im Markt gesehen. Hinzu kamen die Unsicherheiten bezüglich beste-hender Finanzierungen.

Chancen wurden vor allem bei der Gewinnung von Mitarbeitern, günstigerem Einkaufgesehen. Innerhalb des Unternehmensbereiches Kursana wurden keine Veränderungenerwartet. Neben der allgemeinen Krise gab es im Herbst 2008 weitere gravierende Ein-flüsse auf das Unternehmen, dies besonders durch die schwere Erkrankung des Eigentü-mers Peter Dussmann.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren initiierte der Vorstand Maßnahmen, um eine

So wurde für das Jahr 2009ein organischesUmsatzwachstum,Investitionen in Overhead-Bereiche und Optimierungenim operativen Bereichgeplant, die zu einerüberproportionalenErgebnissteigerung führensollten.

Wie sieht es ein Jahr nach derKrise aus? Die Prognose für2009 ist positiv – der Umsatzwird unter Budget liegen,

aber beim Ergebnis wird das Ziel erreicht. Die getroffene Einschätzung zu Chancen undRisiken und die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen wurden kritisch analysiert.

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 9: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

9

Bei den Business- und Industriekunden gab es deutlich weniger Ausfälle und sogar hö-heres Potential. Überraschend war der Effekt im Bereich der Finanzierung – durch lang-jährig erworbenes Vertrauen gab es keine Probleme und auch bei den Mitarbeiternkonnte die Dussmann-Gruppe als Arbeitgeber punkten.

Wilhelm Malte I First zu Putbus

An einem Sommertag im Juli stellte sich ein Mitglied unsererArbeitsgruppeder Herausforderung, seine Höhenangst zu besiegen. Die freitragende Wen-deltreppe des Jagdschlosses Granitz mit ihren 154 gusseisernen Stufen - aufder Insel Rügen im Norden Deutschlands gelegen-, bietet sich dazu geradean – Jede Stufe eine Überwindung und am Ende das Ziel erreicht. Die Kriseüberwunden.

Voller Euphorie über das Erreichte beschäftigte sich unserMitstreiter mit der Geschichte und stieß dabei auf den Erbau-er des Schlosses, Wilhelm Malte I zu Putbus:Ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit!

Unter seiner Herrschaft gab es eine rege Bautätigkeit, die bis heute unüber-

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Unsere Philosophie: Kundenzufriedenheit und langfristiger Erfolg

Dussmann-GruppeSo perfekt kann Dienstleistung sein

Page 10: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

10

sehbare Spuren auf der Insel Rügen hinterließ. Es kam zu einem wirtschaft-lichen und kulturellen Aufschwung: Fürst Putbus war an Zucker- und Krei-defabriken beteiligt, ließ in Seedorf Schiffbau betreiben und gründete mitLauterbach das erste Seebad auf Rügen. Er ließ 655 Hektar Land mit unteil-baren Bauernstellen in Erbpacht aufsiedeln. Darüber hinaus legte er 1836mit der Gründung des Pädagogiums Putbus, einer Lehranstalt für Jungenaus Bürgertum und Adel, den Grundstein für eine bis heute fortdauerndeAus- und Weiterbildungstradition in Putbus.

Resümee –

Ein Impulspapier und seine Praxistauglichkeit

Eine erfolgreiche Arbeitskreis-Sitzung neigt sich dem Ende – die interessan-ten Beiträge der Unternehmen – die angeregten Diskussionen – Zeit die gu-ten Vorsätze in der Theorie, gefunden im Impulspapier „Die 10 Kernele-mente des nachhaltigen Controlling-Ansatzes des ICV“, auf die Praxis anzu-wenden. Wie das zum Erfolg führen kann, zeigt der Praxistest als Resümeeunserer 45. Arbeitskreis-Sitzung:

1. Element Dauerhafte WertsteigerungControlling hat die dauerhafte Steigerung des Unternehmenswertes und nicht diekurzfristige Ertragsmaximierung zum Ziel.Es gilt dabei, die Balance zwischen dem Aufbau und den Erhalt der Erfolgspoten-ziale als Quelle zukünftiger Gewinne und der laufenden Gewinnrealisierung zu fin-den. Zudem sehen wir Wertsteigerung im Kontext aller Stakeholder.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Überprüft das Produktportfolio in allen Regionen ständig. Dabei wird geschaut, in-wieweit sich neue Chancen ergeben, die bestehende Dienstleistungspalette zu er-gänzen oder in neuen Märkten bzw. Regionen anzubieten. Gleichzeitig werden pro-blematische Bereiche kritisch beleuchtet und auf ihre Zukunftsfähigkeit geprüft.Als Folge dieses Prozesses werden neue Märkte erschlossen, aber auch nicht zu-kunftsfähige Märkte konsequent verlassen.

2. Element über die Kosten hinausUnsere Controlling-Philosophie verfolgt einen ganzheitlichen Zugang zur angepeil-ten Wertsteigerung. Das WEG-Symbol (Wachstum-Entwicklung-Gewinn) gibt da-bei Orientierung. Wir sehen nicht nur Kosten, sondern vor allem auch den Markt.Es gilt das Budget aber auch die Konkurrenz im Blick zu haben.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Hat die Konkurrenz fest im Blick und geht seinen eigenen Weg der Entwicklung

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 11: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

11

des Unternehmens durch „Wachsen am Stamm“. Der Focus liegt nicht auf der Um-satzsteigerung durch Zukauf – vielmehr wird das bestehende Dienstleistungsport-folio gezielt im Markt platziert und weiterentwickelt. Die Mitarbeiter bilden dabeidas größte Potential.

3. Nicht mit Symptomen begnügenIm Verständnis des ICV darf das Controlling nicht bei den finanziellen Symptomenstehen bleiben, sondern muss auch die meist nicht finanziellen Ursachen von Ent-wicklungen betrachten. Ein wirksames Controlling erstreckt sich daher nicht nurauf Ziele und Kennzahlen, sondern auch auf die davor gelagerten Prozesse undMaßnahmen.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt in der Analyse des operativen Geschäftes in al-len Unternehmensbereichen. Dabei stehen die Kalkulation der Objekte vor Ver-tragsunterzeichnung und die Nachkalkulation im Vordergrund. Wie sieht die Kos-tenstruktur aus? Wo liegen die Vertragschancen und -risiken? Wie entwickelt sichder Deckungsbeitrag besonders in der Startphase? Welche Maßnahmen zur Opti-mierung werden ergriffen? Die kritischen Objekte stehen durch besondere Analysen im Focus.

4. Innovation und WettbewerbsvorteileIn unserem Verständnis hat Controlling als Management-Prozess der Zielfindung,Planung und Steuerung nicht das Vermeiden von Abweichungen bzw. unternehme-rischer Flexibilität und Agilität zum Ziel. Es geht vielmehr darum, durch die be-wusste Beschäftigung mit der Zukunft des Unternehmens, Chancen frühzeitig zuerkennen und Wettbewerbsvorteile aufzubauen. Die zielorientierten Controlling-Instrumente erlauben es Führungskräften besser und schneller informiert zu sein.Sie können damit immer komplexer werdende Bedingungen mit größter Sorgfaltanalysieren, gezielter disponieren und schneller aktionsfähig sein.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Die Einflüsse der Krise des Finanzmarktes auf die Unternehmensgruppe wurden ineiner Chancen-/Risiko-Betrachtung bewertet. Die daraus resultierenden Maßnah-men z.B. Konzentration auf die finanzielle Situation - frühzeitige Gespräche mit denBanken als Finanzierungspartner - schafften Vertrauen und gaben die Sicherheit,die Chancen nutzen zu können.

5. Das Tun im VordergrundControllinginstrumente sollen so schlank, einfach und verständlich wie möglichsein. Mitarbeiter und Manager müssen die verwendeten Kennzahlen und Instru-mente verstehen und Maßnahmen selbstständig ableiten können. Der Controlling-Fokus muss sich auf das konkrete Handeln richten und nicht auf das System ansich. Es geht um die effektive Zusammenarbeit von Menschen und nicht um dasmodische Gruppieren von Zahlen. Die Rolle des Controllers: initiativ und wirksam.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Das Controlling der internationalen Tochtergesellschaften erfolgt in direkter Zu-

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 12: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

12

sammenarbeit mit den internationalen Geschäftsführern. Neben dem monatlichenStandardreporting suchen die Controller vor allem das Gespräch mit den Verant-wortlichen vor Ort, um die lokalen Gegebenheiten und Probleme im operativen Ge-schäft zu verstehen. Dabei geht es nicht um komplizierte Kennzahlensysteme, son-dern z.B. um konkrete Maßnahmen zur Optimierung bei einzelnen Kunden.

6. Verantwortung übernehmen In unserem Controlling-Ansatz sehen wir den Controller bzw. die Controller-Funk-tion in einer aktiven, initiativen Rolle. Controller sind der positive Unruheherd undzeigen unermüdlich wirtschaftliche Entwicklungs- und Verbesserungsmöglichkei-ten auf. Dies setzt einerseits ein profundes Verständnis des Marktes und der Ge-schäftsprozesse entlang der Wertschöpfungskette (vom Kunden bis zum Einkauf)voraus, andererseits müssen Controller eine eigenständige Position beziehen undihre Meinung vertreten. Controller übernehmen damit Mitverantwortung für denErfolg des Unternehmens bzw. deren Zielerreichung.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Von Kalkulationen, über Angebote, Verträge bis zur Analyse des operativen Ge-schäftes ist der Controller eingebunden. Dies wird im internationalen Bereichdurch die Übernahme der Verantwortlichkeit für einzelne Tochtergesellschaftenerreicht – der Controller ist kaufmännischer Ansprechpartner.

7. Business Partner statt ZahlenknechtController sorgen für Strategie-, Ergebnis-, Finanz- und Prozesstransparenz. Sie er-möglichen damit Führungskräften die überraschungsfreie Steuerung des Unter-nehmens. Controlling im Sinne des ICV beschränkt sich jedoch nicht darauf, dieDinge zu erkennen, sondern entsprechend dieser Erkenntnis auch zu handeln. Fürdie Wirksamkeit der Controller-Tätigkeit ist es entscheidend, sich nicht mit der Er-stellung der Zahlen zu begnügen, sondern sich als Partner des Managements ver-stärkt auf deren Verwendung zu konzentrieren.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Das Erkennen von Risikofaktoren führte zum konkreten Handeln. Durch präventi-ve Bonitätsprüfung bei Neukunden, stärkere vertragliche Absicherung bei Risiko-kunden und ein intensives Forderungsmanagement wurden das Risiko und derEinfluss von Auswirkungen der Krise auf die Unternehmensgruppe minimiert.

8. Die Menschen hinter den Zahlen sehenDer Controller muss die Menschen hinter den Zahlen sehen. Um wirksam zu wer-den, muss er Kommunikator und Netzwerker sein. Neben dem offenen Zugang aufMenschen, setzt dies in unserer globalen Welt ein interkulturelles Verständnis unddie Bereitschaft international zu agieren voraus.

Beispiel Dussmann-Gruppe

„Unsere Mitarbeiter sind unser wertvollstes Gut“ – Maßnahmen wie, weitere Investitionen in Projekte, kein Cost-cutting in den Over-head-Bereichen, Vorbereitung von Prozessoptimierungen und die Verstärkung derKommunikation in der Unternehmung durch internationale Meetings und Mitar-beiterveranstaltungen werden trotz oder gerade wegen der Krise fortgeführt und

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 13: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

13

intensiviert. Das Vertrauen der Mitarbeiter in das Unternehmen konnte so gestärktwerden.

9. Werte des Unternehmens vertretenDer Controller ist dem Wohl des Unternehmens und nicht partikulären Interessenverpflichtet. Er muss in seiner Tätigkeit unpolitisch sein. Erst diese Neutralität er-laubt es ihm, seiner Mitverantwortung für die Zielerreichung gerecht zu werden.Glaubwürdigkeit durch eine ehrliche, offene Haltung des Controllers, die sich anden Werten des Unternehmens orientiert, siegt über die Anpassung an den Main-stream oder maßgebliche Einzelinteressen.

Beispiel Dussmann-Gruppe

Auch in kritischen Zeiten wird nicht von der Strategie abgewichen. Die Dussmann-Gruppe verteidigt ihre Identität als mittelständischer eigentümerorientierter Kon-zern. Wachstum basiert auf Nachhaltigkeit – es wird Wert auf ein ausgewogenesVerhältnis im Angebotsportfolio zur Risikostreuung gelegt. Zukäufe wie sie in derBranche üblich sind, finden zwar selektiv statt. Die Erfahrungen aus der 46-jähri-gen Unternehmensgeschichte, Menschen aus dem Unternehmen weiterentwickelnzu wollen, bleibt das Credo.

10. Integer seinWir verstehen Controller als das kaufmännische Gewissen des Unternehmens.Controller müssen Rückgrat beweisen, Versuchungen widerstehen und die Rolledes „Spielverderbers" positiv wahrnehmen. In dieser Rolle dürfen sich Controllerjedoch nicht einzementieren. Sie müssen Gelerntes berücksichtigen, offen sein fürneue Erfahrungen und Lust auf Neues haben.

Beispiel Dussmann-GruppeDas Aufgabenspektrum im Controlling bei der Dussmann-Gruppe ist sehr vielfältigund abwechslungsreich. Neben den monatlichen Reports und Analysen erfolgt einedirekte kaufmännische Betreuung vor Ort, Projektarbeit und ein Wechsel regiona-ler Zuständigkeiten. Dadurch wird den Mitarbeitern selbst eine Weiterentwick-lung ermöglicht und ihre Fähigkeit als kompetenter Ansprechpartner und Beratergestützt.

Der Wuppertaler Ökonom Paul Welfens: „Es kann noch Jahrhunderte weiteranhaltendes Wirtschaftswachstum in Europa und weltweit geben. So langeeben, wie die Welt in Bewegung bleibt, sich wandelt und entwickelt. Undsolange der Wettbewerb immer wieder erstaunliche Neuerungen hervor-bringt: den Container oder den Computer, den Satelliten oder das Internet.“

Stückzahlen steigen, entscheidend ist vielmehr der Wert der Ware.

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009

Page 14: Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher...Katrin Kirsch-Brunkow Kerstin Hoffmann Jens Hielscher ICV Arbeitskreis Berlin-Brandenburg 2 Finanzmarktkrise und „Wachstumslüge“

14

Danksagung:

Vielen Dank an den Geschäftsführer des Tropical Island Ole Bested Hensingfür den Einblick in das Unternehmens-Controlling und die Möglichkeit, die-se Arbeitskreis-Sitzung in einem so außergewöhnlichen Rahmen stattfin-den zu lassen.

Vielen Dank an Dr. Christiane Jaap, Finanzvorstand der Dussmann-Gruppe,für den interessanten Beitrag zur nachhaltigen Unternehmensführung.

Dank

Danke auch an die Mitglieder der Vorbereitungsgruppe:Kerstin Hoffmann (Dussmann-Gruppe) Bärbel Kuhn (Alba Management GmbH) für die treffende Auswahl der Firmen, die Betreuung vor Ort und die Unterstützung bei der Entstehung dieses Artikels.Maik Lais (SWOT GmbH) für die Organisation.

Die Autoren:Katrin Kirsch-Brunkow. Managerin im Bereich Business Planning & Operations der Avaya Deutsch-land GmbH mit den Kernkompetenzen Management Reporting & Tools undBusiness AnalysenE-Mail: [email protected]

Jens Hielscher, Controller und Projektleiter im Bereich Banksteuerung/Controlling der PSDBank Berlin-Brandenburg eG, Schwerpunkte sind die Weiterentwicklung von Berichts- und Planungstoolsund die Umsetzung aufsichtsrechtlicher Normen.E-Mail: [email protected]

Kerstin Hoffmann, Beteiligungscontrollerin im internationalen Bereich der Dussmann AG & Co.KGaA, E-Mail: [email protected]

"Nachhaltige Unternehmensführung – selbstkritischer Ausblick in die Zukunft"

AK Berlin-Brandenburg 18. Oktober 2009