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Journal für das Lohnbüro 04|2017 Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht Wer zahlt wo Steuer? Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht Arbeitgeber-Haftungsfallen Teil 1: Mehrarbeit und Überstunden richtig verbeitragen Rentner mit weiteren Einkünften Aktuelles aus dem Arbeitsrecht Kopftuchverbot kann rechtmäßig sein

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Journalfür das Lohnbüro04|2017

Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

� Wer zahlt wo Steuer?

Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

� Arbeitgeber-HaftungsfallenTeil 1: Mehrarbeit und Überstunden richtig verbeitragen

� Rentner mit weiteren Einkünften

Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

� Kopftuchverbot kann rechtmäßig sein

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2 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Editorial

insbesondere bei international tätigenUnternehmen verrichten Arbeitnehmerihre Tätigkeiten wachsend sowohl imInland als auch im Ausland. In diesenFällen stellt sich häufig die Frage, wel-cher Staat das Besteuerungsrecht hat.Unsere Autorin Daniela Karbe-Geßlerweiß Bescheid.

Die Auszahlung von Überstunden beiflexiblen Arbeitszeiten sorgt bei den

Verantwortlichen in den Personalbürosfür viel Arbeit, insbesondere mit Blickauf die richtige sozialversicherungs-rechtliche Beurteilung. Raschid Bouab-ba bietet Ihnen einen Überblick, wie SieMehrarbeit richtig abrechnen.

Bei Rentnern, die auch in dieserLebensphase einer Beschäftigung nach-gehen, lohnt es sich, genau hinzusehen:die gezahlten Kranken- und Pflege-

versicherungsbeiträge können im Ein-zelfall rückerstattet werden; unserAutor Frank Müller klärt auf.

Ich wünsche Ihnen eine informativevorsommerliche Lektüre!

Ihr Markus Matt

Liebe Leserinnen und Leser,

Die digitale Reise

Markus MattChefredakteur

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 3Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

Steuerliche Absetzbarkeit deshäuslichen Arbeitszimmers durchBFH neu entschieden

Nutzen mehrere Steuerpflichtige ge-meinsam ein häusliches Arbeitszimmer,ist die Höchstbetragsgrenze von 1.250Euro personenbezogen anzuwenden, sodass jeder von ihnen seine Aufwendun-gen hierfür bis zu dieser Obergrenzeeinkünftemindernd in seiner Einkom-mensteuererklärung geltend machenkann. Dies hat der Bundesfinanzhof(BFH) mit zwei Urteilen vom 15.12.2016,VI R 53/12 und VI R 86/13, veröffent-licht am 22.02.2017, entschieden und da-bei seine Rechtsprechung zu § 4 Abs. 5Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG zugunsten derSteuerpflichtigen geändert.

Der BFH ist in seiner Rechtsprechungbislang von einem objektbezogenen Ab-zug der Aufwendungen für ein häusli-ches Arbeitszimmer ausgegangen. Dieabziehbaren Aufwendungen warenhiernach unabhängig von der Zahl dernutzenden Personen auf 1.250 Euro (proArbeitszimmer) begrenzt. Nunmehrkann der Höchstbetrag von jedem Steu-erpflichtigen in voller Höhe in An-spruch genommen werden, der das Ar-beitszimmer nutzt, sofern in seiner Per-son die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG erfüllt sind.

Im ersten Fall (VI R 53/12) nutzten dieKläger gemeinsam ein häusliches Ar-beitszimmer in einem Einfamilienhaus,das ihnen jeweils zur Hälfte gehörte. Fi-nanzamt und Finanzgericht (FG) er-kannten die Aufwendungen für dashäusliche Arbeitszimmer von jährlichca. 2.800 Euro nur in Höhe von 1.250 Eu-ro an und ordneten diesen Betrag denKlägern je zur Hälfte zu.

Der BFH hat die Vorentscheidung aufge-hoben. Der auf den Höchstbetrag von1.250 Euro begrenzte Abzug der Auf-wendungen für ein häusliches Arbeits-zimmer ist jedem Steuerpflichtigen zugewähren, dem für seine betrieblicheoder berufliche Tätigkeit kein andererArbeitsplatz zur Verfügung steht, wenner in dem Arbeitszimmer über einen Ar-beitsplatz verfügt und die geltend ge-machten Aufwendungen getragen hat.Der BFH hat zudem klargestellt, dassdie Kosten bei Ehegatten jedem Ehepart-ner grundsätzlich zur Hälfte zuzuord-nen sind, wenn sie bei hälftigem Mitei-gentum ein häusliches Arbeitszimmergemeinsam nutzen. Im Streitfall hatte

das FG jedoch nicht geprüft, ob der Klä-gerin in dem Arbeitszimmer ein eigenerArbeitsplatz in dem für ihre beruflicheTätigkeit konkret erforderlichen Um-fang zur Verfügung stand. Der BFH hatdie Sache deshalb an das FG zur Prü-fung zurückverwiesen.

Im zweiten Fall (VI R 86/13) hat derBFH darüber hinaus betont, dass fürden Abzug der Aufwendungen für einhäusliches Arbeitszimmer feststehenmuss, dass dort überhaupt eine berufli-che oder betriebliche Tätigkeit entfaltetwird. Es muss außerdem der Umfangdieser Tätigkeit es glaubhaft erscheinenlassen, dass der Steuerpflichtige hierfürein häusliches Arbeitszimmer vorhält.Dies hatte das FG nicht aufgeklärt. DerBFH musste die Vorentscheidung daherauch in diesem Verfahren aufheben unddie Sache an das FG zurückverweisen.� BFH-Urteile vom 15.12.2016 – VI R

53/12 und VI R 86/13

Berücksichtigung von Zuzahlungenfür Bereitschaftsdienstzeiten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereitsin einer Entscheidung vom 29.11.2016,die er am 08.03.2017 veröffentlichte,über die Berücksichtigung von Zuzah-lungen für Bereitschaftsdienstzeiten ent-schieden (VI R 61/14). Werden Bereit-schaftsdienste pauschal zusätzlich zumGrundlohn ohne Rücksicht darauf ver-

gütet, ob die Tätigkeit an einem Samstagoder einem Sonntag erbracht wird, han-delt es sich nicht um steuerfreie Zu-schläge für Sonntags-, Feiertags- oderNachtarbeit i. S. des § 3b Abs. 1 EStG.

Dazu führen die Richter des BFH aus:Nach § 3b Abs. 1 EStG sind neben demGrundlohn gewährte Zuschläge steuer-frei, wenn sie für tatsächlich geleisteteSonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitgezahlt werden.

Im zu verhandelnden Fall ist strittig, obdie Vergütungen der Klägerin, die sieAssistenzärzten für deren Bereitschafts-dienst zahlt, steuerfrei sind. Für dieRichter des BFH ist ausschlaggebend,dass die Voraussetzung für die Steuer-befreiung u. a. ist, dass die Zuschlägeneben dem Grundlohn geleistet werden.Sie dürfen nicht Teil einer einheitlichenEntlohnung für die gesamte, auch anSonn- und Feiertagen oder nachts ge-leistete Tätigkeit sein. Erforderlich istdeshalb auch, dass in dem Arbeitsver-trag zwischen der Grundvergütung undden Erschwerniszuschlägen unterschie-den wird und ein Bezug zwischen derzu leistenden Nacht- und Sonntagsar-beit und der Lohnhöhe hergestellt ist.Die gesetzliche Regelung setzt grund-sätzlich Einzelaufstellungen der tatsäch-lich erbrachten Arbeitsstunden anSonntagen, Feiertagen oder zur Nacht-zeit voraus (u. a. BFH-Urteile vom28.11.1990 – VI R 90/87 – und vom08.12.2011 – VI R 18/11).

Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

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Nach den Feststellungen des Finanzge-richts hatte die Klägerin im Streitfall ne-ben dem Grundlohn keine Zuschlägefür Sonntags-, Feiertags- oder Nachtar-beit gezahlt. Vielmehr hat sie die streiti-gen Zusatzzahlungen allgemein, ohneAnsehung der von den Ärzten im Ein-zelnen tatsächlich zu den nach § 3b Abs.2 EStG begünstigten Zeiten geleistetenArbeitsstunden gewährt. Aus den ge-leisteten Bereitschaftsdienstzeiten wur-den lediglich im Nachhinein die Stun-den zu begünstigten Zeiten herausge-rechnet und als steuerfrei behandelt. Diestrittige Vergütung ist somit Teil einereinheitlichen, erhöhten Entlohnung fürdie gesamten Bereitschaftsdienste, dieauch die Erschwernisse der Sonntags-,Feiertags- und Nachtarbeit entgilt. Beiderartigen Zahlungen handelt es sichnicht um Zuschläge i. S. des § 3b Abs. 1EStG.� BFH-Urteil vom 29.11.2016 – VI R

61/14

Altersvorsorgeaufwendungenführen zu keinem Freibetrag

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Ur-teil vom 10.11.2016 – VI R 55/08, veröf-fentlicht am 22.03.2017, entschieden,dass es verfassungsrechtlich nicht zu be-anstanden ist, wenn Altersvorsorgeauf-wendungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2bEStG nicht als Freibetrag eingetragenwerden. Die begehrte Feststellung, dieAblehnung der Eintragung eines Freibe-trags auf der Lohnsteuerkarte des Klä-gers für das Streitjahr sei rechtswidrig,kommt nicht in Betracht. Die vom Klä-ger geleistete Einmalzahlung auf seinenBasisrentenvertrag (Rürup-Rente) istvom Finanzamt zu Recht nicht auf derLohnsteuerkarte des Streitjahres alsFreibetrag eingetragen worden.

Gemäß § 39a Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b EStGsind auf der Lohnsteuerkarte die negati-ve Summe der Einkünfte i. S. des § 2Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3, 6 und 7 EStGund der negativen Einkünfte i.S. des § 2Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG eintragungsfä-hig. Danach sind auch negative sonstigeEinkünfte (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG)zu berücksichtigen. Solche können danngegeben sein, wenn vorab entstandeneWerbungskosten bei dieser Einkunftsart

anfallen. Hierzu zählen Beiträge in ei-nen eigenen Basisrentenvertrag nicht,da der Gesetzgeber die Altersvorsorge-aufwendungen zulässigerweise mitkonstitutiver Wirkung den Sonderaus-gaben zugewiesen hat. Die vom Klägergeleistete Einmalzahlung in den Basis-rentenvertrag (Rürup-Rente) kann auchnicht als Sonderausgaben auf der Lohn-steuerkarte gemäß § 39a EStG eingetra-gen werden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG)hat in seinem Nichtannahmebeschlussdie Regelung des § 39a Abs. 1 EStG, wo-nach für Altersvorsorgeaufwendungenkein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarteeingetragen werden kann, ebenfalls ver-fassungsrechtlich nicht beanstandet. DerBFH schließt sich dieser Auffassungauch für Aufwendungen i. S. des § 10Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG an. Denn Ba-sisrentenverträge wie im Streitfall sindlediglich unter bestimmten Vorausset-zungen begünstigt, um sicherzustellen,dass nur Beiträge zu solchen Vorsorge-produkten gefördert werden, die zu An-sprüchen vergleichbar mit denen der ge-setzlichen Rentenversicherung führenund nicht die sonstige Leistungsfähig-keit und das Konsumpotential erhöhen.

Für den BFH ist ebenfalls nicht zu bean-standen, dass der Gesetzgeber im Rah-men von § 39a EStG und in § 10c Abs. 2EStG auch keine Sonderregelung fürBeiträge i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStGgetroffen hat. Auch insoweit ist – bezo-gen auf die Gesamtheit der Arbeitneh-mer – nur ein kleiner Kreis betroffen.Einmalzahlungen in einen eigenen Ba-sisrentenvertrag in einer Größenord-nung von 35.000 Euro sind, zumal wennsie über mehrere aufeinanderfolgendeJahre getätigt werden, der Mehrheit derArbeitnehmer, an der sich die im Streitstehenden Regelungen ausrichten, nichtmöglich.� BFH-Urteil Urteil vom 10.11.2016 –

VI R 55/08

DBA mit Finnland

Am 10.03.2017 hat der Bundestag dasvon der Bundesrepublik Deutschlandund der Republik Finnland geschlosse-ne Doppelbesteuerungsabkommen

(DBA) beschlossen (BT-Drucksache18/11138). Es löst das bisherige Abkom-men aus dem Jahr 1979 ab, weil diesesdurch die wirtschaftlichen und steuer-lichen Entwicklungen beider Länderüberholt war.

Ermittlung des steuerfreien undsteuerpflichtigen Arbeitslohnsnach den DBA sowie nach demAuslandstätigkeitserlass imLohnsteuerabzugsverfahren

Nach den Randnummern 161 und 162des BMF-Schreibens vom 12.11.2014(BStBl Teil 1 Seite 1.467) zur steuerlichenBehandlung des Arbeitslohns nach denDoppelbesteuerungsabkommen (DBA)ist der nicht direkt zuordenbare, verblei-bende Arbeitslohn bei der Veranlagungzur Einkommensteuer und im Lohn-steuerabzugsverfahren stets nach denim In- und Ausland verbrachten tatsäch-lichen Arbeitstagen innerhalb eines Ka-lenderjahres aufzuteilen. Weil beim lau-fenden Lohnsteuerabzug für den einzel-nen Lohnzahlungszeitraum währenddes Kalenderjahres die endgültigenWerte für die Ermittlung des Auftei-lungsmaßstabs noch nicht abschließendbestimmt werden können, lässt diesesBMF-Schreiben Alternativen zu. Es er-gänzt die Rdnr. 162 des o. g. BMF-Schreibens vom 12.11.2014.

Ferner ändert dieses BMF-Schreiben denAuslandstätigkeitserlass und regelt dieAnwendung des § 50d Absatz 8 und Ab-satz 9 EStG im Lohnsteuerabzugsver-fahren.

Sie finden das BMF-Schreiben auf derSeite des Bundesministeriums der Fi-nanzen.

4 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

MARKUS STIERalga-Competence-Center

Leiter diverser DATA-KONTEXT-ARGEnEntgeltabrechnungAutor „Einmaleins derEntgeltabrechnung“

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 5Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

Arbeitgeber beschäftigen Arbeitneh-mer nicht nur in Deutschland. Insbe-sondere bei international tätigenUnternehmen verrichten die Arbeit-nehmer ihre Tätigkeiten sowohl im In-land als auch im Ausland. In diesenFällen stellt sich häufig die Frage, wel-cher Staat das Besteuerungsrecht hat.

Für die Beantwortung regeln Doppel-besteuerungsabkommen (DBA) die Ver-pflichtung, den Arbeitslohn aufzuteilenin einen steuerfreien und steuerpflichti-gen Anteil. Nach welchen Maßstäbender Arbeitgeber die Aufteilung vorzu-nehmen hat, hat die Finanzverwaltungin einem BMF-Schreiben beschlossen.Hier wird unterschieden in direkt zuor-denbaren und nicht zuordenbaren Ar-beitslohn. Gilt kein DBA, so gilt derAuslandstätigkeitserlass.

Mit BMF-Schreiben vom 12. November2014 (BStBl I S. 1.467) zur steuerlichenBehandlung des Arbeitslohns nach denDoppelbesteuerungsabkommen hat dieFinanzverwaltung in Randziffern 161und 162 bestimmt, dass der nicht direktzuordenbare, verbleibende Arbeitslohnnach der Zahl der tatsächlichen Arbeits-tage innerhalb eines Kalenderjahres auf-zuteilen (Jahresbetrachtung) ist. DieseAufteilung führte in der Praxis häufigzu Problemen, weil die Ermittlung vontatsächlichen Arbeitstagen zum Teilschwierig ist, weil die Mitteilung vonUrlaub und Krankheit aus dem Auslanderst zeitversetzt erfolgt.

Das BMF hat daher mit den obersten Fi-nanzbehörden des Bundes und der Län-der erneut zur Randziffer 162 des o. g.BMF-Schreibens im Lohnsteuerabzugs-verfahren für die Aufteilung des Ar-beitslohns nach den Doppelbesteue-rungsabkommen (DBA) in einen steuer-freien und einen steuerpflichtigen Ar-beitslohnteil beraten und mit BMF-Schreiben vom 14. März 2017 Stellunggenommen. Das BMF-Schreiben findenSie hier (www.datakontext.com/32-2017). Die Grundsätze gelten im Lohn-steuerabzugsverfahren für die Auftei-lung des Arbeitslohns nach einem DBAsowie dem Auslandstätigkeitserlass. Siesind spätestens für den laufenden Ar-beitslohn anzuwenden, der ab 1. Januar2019 gezahlt wird. Bis dahin wird es imLohnsteuerabzugsverfahren in DBA-Fällen aus Vereinfachungsgründen nicht

beanstandet, wenn die Aufteilung desverbleibenden Arbeitslohns nach denvereinbarten Arbeitstagen erfolgt. BeiAnwendung des Auslandstätigkeitser-lasses vom 31. Oktober 1983 kann bisdahin das Verhältnis der Kalendertageherangezogen werden.

Ermittlung des steuerfreien unddes steuerpflichtigen Arbeitslohns

Das BMF-Schreiben stellt noch einmalklar, dass Arbeitgeber, die ArbeitnehmerArbeitslohn zahlen, der nach einemDBA teilweise steuerfrei und teilweisesteuerpflichtig ist, für den nach § 38 Abs.3 EStG vorzunehmenden Lohnsteuerab-zug zunächst den im Lohnzahlungszei-traum direkt zuordenbaren Arbeitslohnzu ermitteln und entsprechend als steu-erfrei oder steuerpflichtig zu behandelnhaben. Sodann hat der Arbeitgeber denverbleibenden und nicht direkt zuor-denbaren Arbeitslohn in einen steuer-freien und einen steuerpflichtigen Teilaufzuteilen.Als unmittelbar aufgrund einer konkre-ten inländischen oder ausländischen Ar-beitsleistung direkt zuordenbarer Ar-beitslohn kommen z. B. Reisekosten,Überstundenvergütungen, Zuschlägefür Sonntags-, Feiertags- und Nachtar-beit, Auslandszulagen, die Gestellungeiner Wohnung im Tätigkeitsstaat undUnterstützungsleistungen für die mit-umziehende Familie in Betracht.

Der nicht direkt zuordenbare Arbeits-lohn ergibt sich aus der Differenz vonGesamtarbeitslohn abzüglich der direktzugeordneten Gehaltsbestandteile.Neben den laufenden Vergütungen zäh-len dazu auch Zusatzvergütungen, dieauf die nichtselbständige Arbeit des Ar-beitnehmers innerhalb des gesamtennach dem DBA zu berücksichtigendenZeitraums entfallen (z. B. sonstige Bezü-ge wie Weihnachts- und Urlaubsgeld).

Aufteilung des verbleibendenlaufenden Arbeitslohns(nicht direkt zuordenbar)

Nach dem ursprünglichen BMF-Schrei-ben vom 12. November 2014 ist dernicht direkt zuordenbare, verbleibendeArbeitslohn bei der Veranlagung zurEinkommensteuer und im Lohnsteuer-

abzugsverfahren stets nach den im In-und Ausland verbrachten tatsächlichenArbeitstagen innerhalb eines Kalender-jahres aufzuteilen.

Nach dem nunmehr aktuellen BMF-Schreiben werden beim laufendenLohnsteuerabzug für den einzelnenLohnzahlungszeitraum während desKalenderjahres folgende Alternativenzugelassen:

a) Aufteilung nach tatsächlichen Ar-beitstagen im gesamten Beschäfti-gungszeitraum innerhalb eines Ka-lenderjahresDie Finanzverwaltung lässt zu, dassanhand der am Ende des einzelnenLohnzahlungszeitraums bekanntenTatsachen die voraussichtlichen tat-sächlichen Tage im In- und Auslandmit einer Prognose ermittelt und insVerhältnis zu den Gesamtarbeitsta-gen des gesamten Beschäftigungs-zeitraums innerhalb des Kalender-jahres gesetzt werden.Die maßgeblichen Tage können da-durch ermittelt werden, dass diemöglichen Arbeitstage nach Abzugder bekannten Urlaubstage sowiebereits angefallener Krankheitstageangesetzt werden. Künftige Krank-heitstage sind nur dann zu berück-sichtigen, wenn sie nach den be-kannten Verhältnissen voraussicht-lich anfallen werden, z. B. nach An-gabe in einer vorliegenden Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung. DieserAufteilungsmaßstab wird auf deneinzelnen Lohnzahlungszeitraumangewandt.

b) Aufteilung nach tatsächlichen Ar-beitstagen im einzelnen Lohnzah-lungszeitraumAlternativ können, nach dem BMF-Schreiben, auch die tatsächlichen Ar-beitstage des einzelnen Lohnzah-lungszeitraums für die Aufteilungdes Arbeitslohns herangezogen wer-den.

c) Aufteilung nach vereinbarten Ar-beitstagen im gesamten Beschäfti-gungszeitraum innerhalb eines Ka-lenderjahresAls 3. Variante lässt die Finanzver-waltung zu, dass die für den gesam-ten Beschäftigungszeitraum inner-halb des Kalenderjahres vereinbar-

Wer zahlt wo Steuer?BMF-Schreiben zur Aufteilung des Arbeitslohns nach Doppelbesteuerungsabkommen

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ten Arbeitstage im In- und Auslandmit den tatsächlichen ausgeübtenArbeitstagen im Ausland ins Ver-hältnis gesetzt werden.Dieser Aufteilungsmaßstab wird aufden einzelnen Lohnzahlungszei-traum angewandt. Ändert sich diePrognose zu den vereinbarten Ar-beitstagen (z. B. wegen Änderungder Urlaubsplanung oder Krank-heitstagen nach Wegfall der Lohn-fortzahlung), ist der neu ermittelteAufteilungsmaßstab ab diesemLohnzahlungszeitraum anzuwen-den.

Als vertraglich vereinbarte Arbeits-tage sieht die Finanzverwaltung dieKalendertage pro Jahr abzüglich derTage, an denen der Arbeitnehmerlaut Arbeitsvertrag nicht verpflichtetist, zu arbeiten (z. B. Urlaubs- undWochenendtage), oder für die ein er-krankter Arbeitnehmer keine Lohn-fortzahlung erhält. Es kommt wederauf die Zahl der Kalendertage (365)noch auf die Steuertage im Kalen-derjahr (360) an. In einem anderenStaat verbrachte Tage, die nicht zuden vereinbarten Arbeitstagen zäh-len (z. B. Aufenthalt aus privatenGründen), werden bei der Berech-nung der steuerfreien Einkünftenicht berücksichtigt.

d) Aufteilung nach vereinbarten Ar-beitstagen im einzelnen Lohnzah-lungszeitraumAlternativ können aus Sicht der Fi-nanzverwaltung auch die vereinbar-ten Arbeitstage des einzelnen Lohn-zahlungszeitraums für die Auftei-lung des Arbeitslohns herangezogenwerden.

Hinweis: Innerhalb eines Dienstverhält-nisses während des Kalenderjahres darfder Arbeitgeber nur nach einheitlichenGrundsätzen abrechnen. Zwischen denAlternativen a) bis d) darf nicht unter-jährig gewechselt werden.

Ermittlung der Verhältnisse zurLohnabrechnung

Der Arbeitgeber muss die Ermittlungder Verhältnisse zur Lohnabrechnungam Tag, an dem der Lohnabrechnungs-zeitraum endet (R 39b.5 Abs. 1 Satz 3LStR), vornehmen. Für Lohnabrechnun-gen vor dem Ende des betreffendenLohnzahlungszeitraums können aus

Vereinfachungsgründen die zu diesemZeitpunkt bekannten Verhältnisse zuGrunde gelegt werden.

Hinweis: Ändert sich die Prognose fürdie Anzahl der tatsächlichen oder ver-einbarten Arbeitstage in einem folgen-den Lohnzahlungszeitraum, ist der neuermittelte Aufteilungsmaßstab ab die-sem Lohnzahlungszeitraum anzuwen-den. Die bisher vorgenommenen Lohn-abrechnungen können unverändert blei-ben.

Beginn und Beendigung desDienstverhältnisses währenddes Kalendermonats

Beim Beginn oder bei einer Beendigungdes Dienstverhältnisses im Laufe einesKalendermonats ist nach der Finanzver-waltung regelmäßig ein verkürzterLohnzahlungszeitraum zu beachten.

Solange das Dienstverhältnis jedochfortbesteht, sind bei der Bemessung desLohnzahlungszeitraums auch solche inden Lohnzahlungszeitraum fallendenArbeitstage mitzuzählen, für die der Ar-beitnehmer keinen steuerpflichtigen Ar-beitslohn bezogen hat (R 39b.5 Absatz 2Satz 3 LStR).

Zuordnung und Aufteilung vonsonstigen Bezügen

Kann ein sonstiger Bezug entweder demsteuerfreien oder dem steuerpflichtigenTeil direkt zugeordnet werden (z. B. Er-folgsprämie für die nach DBA steuerbe-günstigte Tätigkeit oder eine Sonder-zahlung für die Tätigkeit im Inland), er-folgt eine vollständige Steuerfreistellung(mit Progressionsvorbehalt) oder einevollständige Besteuerung im Inland.

Ist eine solche Zuordnung nicht möglich(z. B. für Urlaubs- oder Weihnachts-geld), ist eine Aufteilung im Kalender-jahr (Anteil an den Gesamtarbeitstagenim Beschäftigungszeitraum des Kalen-derjahres) vorzunehmen. Die sonstigenBezüge sind im Kalenderjahr des Zu-flusses nach den Verhältnissen des Er-dienungszeitraums aufzuteilen.

Maßgeblich für diese Aufteilung sinddie dem Arbeitgeber bekannten Tatsa-chen zum Ende des Kalendermonats desZuflusses (R 39b.6 Abs. 3 Satz 1 LStR).Aus Vereinfachungsgründen können je-

doch auch die im Zeitpunkt der Lohn-abrechnung bekannten Tatsachen zuGrunde gelegt werden.

Überprüfung der im Kalenderjahrdurchgeführten Lohnabrechnungen

Der Arbeitgeber hat den innerhalb einesKalenderjahres durchgeführten Lohn-steuerabzug am Ende des Kalenderjah-res oder bei Beendigung des Dienstver-hältnisses zu überprüfen und bei Ab-weichungen zu korrigieren, so die Fi-nanzverwaltung.Ab diesem Zeitpunkt ist, nach Ansichtder Finanzverwaltung, der Arbeitgeberin der Lage, die tatsächlichen In- undAuslandstage im Beschäftigungszei-traum des Kalenderjahres zu ermitteln,die bei der Überprüfung der Lohn-abrechnungen anzusetzen sind.

Hinweis: Ein Wahlrecht besteht bei der(abschließenden) Überprüfung nicht.

Nach Bestimmung der Finanzverwal-tung ist die Korrektur des bisherigenLohnsteuerabzugs im Grundsatz bei un-beschränkt sowie bei beschränkt Steuer-pflichtigen für den jeweiligen Lohnzah-lungszeitraum vorzunehmen. Dies giltunabhängig davon, ob das Dienstver-hältnis das ganze Kalenderjahr oder nureinen Teil des Kalenderjahres bestandenhat.Bei ganzjähriger Beschäftigung von un-beschränkt Steuerpflichtigen (§ 1 Abs. 1und 3 EStG) wird aus Vereinfachungs-gründen nicht beanstandet, wenn zumEnde des Kalenderjahres vor Übermitt-lung der Lohnsteuerbescheinigung eineeinzige Korrektur nach den Berech-nungsgrundsätzen des § 42b EStG biszum Ablauf des Februars des Folgejah-res vorgenommen wird. Voraussetzungist, dass es im Laufe des Kalenderjahresnicht zu einer Änderung der Steuerklas-se gekommen ist.

Die Finanzverwaltung bestimmt weiter,dass der Arbeitgeber die zu viel erhobe-ne Lohnsteuer an den Arbeitnehmer zuerstatten hat. Noch nicht erhobeneLohnsteuer hat der Arbeitgeber nach-träglich einzubehalten. Soweit der Ar-beitgeber auf Grund einer Änderungdes Lohnsteuerabzugs nach Ablauf desKalenderjahres nachträglich Lohnsteuererstattet oder einbehält, handelt es sichum Lohnsteuer des abgelaufenen Kalen-derjahres, die zusammen mit der übri-gen einbehaltenen Lohnsteuer des abge-laufenen Kalenderjahres in einer Sum-me in der Lohnsteuerbescheinigung zu

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 7Aktuelles aus dem Lohnsteuerrecht

übermitteln oder anzugeben ist. Dienachträglich erstattete bzw. einbehalte-ne Lohnsteuer ist für den Anmeldungs-zeitraum anzugeben und abzuführen, indem sie erstattet oder einbehalten wur-de.

Zusammenfassendes Beispiel nach demBMF-Schreiben (ganzjährige Beschäfti-gung mit Abrechnung nach den voraus-sichtlichen tatsächlichen Arbeitstagenim Kalenderjahr und Überprüfung).

Sachverhalt

Der in Deutschland wohnende Arbeit-nehmer B arbeitet im Kalenderjahr 01 i.d. R. an fünf Tagen pro Woche und er-hält einen Bruttolohn von monatlich5.000 Euro. Darüber hinaus erhält er imJuli 01 eine Erfolgsprämie für das lau-fende Kalenderjahr von 10.000 Euro undim Dezember 01 ein Weihnachtsgeldvon 8.000 Euro. Arbeitsvertraglich ste-hen ihm 30 Urlaubstage zu. Es ist ge-plant, dass B im Kalenderjahr 01 insges-amt an 60 Tagen im Ausland tätig wird.Im Oktober 01 erkrankt B und fällt tat-sächlich an zehn Arbeitstagen aus. Nachseiner Rückkehr im Oktober 01 stelltsich heraus, dass B an zusätzlichen 20Arbeitstagen ins Ausland reisen soll, so-dass im Kalenderjahr voraussichtlich 80Auslandsarbeitstage anfallen. Um beste-hende Projekte abzuschließen, entschei-det sich B im Dezember 01 dazu, fünfUrlaubstage in das Kalenderjahr 02 zuübertragen.

Lösung: Der auf die Tätigkeit im Aus-land entfallende Arbeitslohn ist nachdem einschlägigen DBA im Inland steu-erfrei. Weil der ausgezahlte Arbeitslohnnicht direkt zugeordnet werden kann,ist er durch eine Verhältnisrechnungaufzuteilen.

Im BMF-Schreiben sind weitere Bei-spiele für unterjährige Berechnungenenthalten.Gilt kein DBA, so gilt für die Tätigkeitenim Ausland das BMF-Schreiben für diesteuerliche Behandlung von Arbeitneh-mereinkünften bei Auslandstätigkeiten

(Auslandstätigkeitserlass) vom 31. Ok-tober 1983 (BStBl I S. 470). Danach sindZuwendungen (Gehaltsbestandteile),die nicht gesondert für die begünstigteTätigkeit geleistet werden, bisher imVerhältnis der Kalendertage aufzuteilen(Abschnitt III Satz 2 des Auslandstätig-keitserlasses). Auch hierzu nimmt dasneue BMF-Schreiben vom 14. März 2017Stellung.

� Die in Abschnitt III Satz 1 Nummer 1des Auslandstätigkeitserlasses ge-nannten Zulagen, Prämien und Zu-schüsse des Arbeitgebers für Auf-wendungen des Arbeitnehmers sindregelmäßig der begünstigten Aus-landstätigkeit (steuerfrei) oder dernicht begünstigten Inlandstätigkeit(steuerpflichtig) direkt zuordenbar.Können sie weder der Auslandstä-tigkeit noch der Inlandstätigkeit di-rekt zugeordnet werden, sind sienach den obigen Grundsätzen aufzu-teilen.

� Bei Weihnachtszuwendungen, Ur-laubsgeld und Tantiemen sowie beidem auf Urlaubstage entfallendenArbeitslohn (Urlaubsentgelt und Ur-laubsabgeltung) handelt es sich re-gelmäßig um Gehaltsbestandteile,die weder der begünstigten Aus-landstätigkeit noch der nicht begün-stigten Inlandstätigkeit direkt zuge-ordnet werden können. Solche Zah-lungen sind ebenfalls nach den obi-gen Grundsätzen aufzuteilen.

Bei Lohneinkünften, die nach einemDBA in einem ausländischen Staat be-steuert werden können, wird die unterProgressionsvorbehalt (§ 32b Absatz 1Nummer 3 EStG) erfolgende Freistel-lung von der deutschen Steuer eines un-beschränkt Steuerpflichtigen nur ge-währt, wenn die Voraussetzungen hier-für nach § 50d Absatz 8 und Absatz 9EStG gegeben sind. Der Steuerpflichtigemuss, nach dem BMF-Schreiben, für dieFreistellung regelmäßig nachweisen,dass sämtliche seiner ausländischen Ein-künfte und Einkunftsteile im ausländi-schen Staat besteuert wurden und er dieausländischen Steuern entrichtet hatoder dass der Staat, dem nach dem Ab-

kommen das Besteuerungsrecht zusteht,auf dieses Besteuerungsrecht verzichtethat. § 50d Absatz 8 EStG ist im Lohn-steuerabzugsverfahren grundsätzlichnicht anzuwenden. Auch die sich ausder Anwendung des § 50d Absatz 9EStG ergebenden Änderungen der Be-messungsgrundlage müssen aus Verein-fachungsgründen nicht im Rahmen desLohnsteuerabzugsverfahrens geprüftund durchgeführt werden.

Hinweis: Die einzubehaltenden sowiedie beim zuständigen Betriebsstättenfi-nanzamt anzumeldenden und abzufüh-renden Lohnsteuerbeträge sind stets inEuro auszuweisen. Wird der zu besteu-ernde Arbeitslohn in einer ausländi-schen Währung gezahlt, ist dieser vorErmittlung der Lohnsteuer in einen Eu-ro-Betrag umzurechnen. Lohnzahlun-gen sind bei Zufluss des Arbeitslohnsanhand der von der Europäischen Zen-tralbank veröffentlichten monatlichenEuro-Durchschnittsreferenzkurse umzu-rechnen, denen die im BStBl I veröffent-lichten Umsatzsteuer-Umrechnungskur-se entsprechen. Die mit dem Umtauschverbundenen Kosten und Gebührensind der privaten Lebensführung desArbeitnehmers zuzuordnen und könnendaher nicht arbeitslohnmindernd oderals Werbungskosten berücksichtigt wer-den (BFH-Urteil vom 24. Juni 2009,BStBl II S. 1.000).

DANIELA KARBE-GESSLERRechtsanwältin

Referatsleiterin Arbeit-nehmerbesteuerung(national/international),Reisekosten, betrieblicheAltersvorsorge beimDeutschen Industrie-und Handelskammertage. V. (DIHK)Berlin

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8 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Falsches Abbiegen auf dem Wegzur Arbeit kann zum Verlust desUnfallschutzes führen

Nachdem das Landessozialgericht(LSG) Hessen im Jahr 2015 entschied,dass auch beim falschen Abbiegen ggf.noch Unfallschutz besteht, hat dasBundessozialgericht (BSG) mit Urteilvom 20.12.2016 (B 2 U 16/15) entschie-den, dass ein irrtümliches falsches Ab-biegen vom direkten Weg von der Woh-nung zur Arbeitsstätte zum Verlust desUnfallschutzes führen kann. Ein Arbeit-nehmer ist nur dann unfallversichert,wenn der Irrtum auf äußeren, mit derbesonderen Art des Weges verbundenenGefahren wie etwa schlecht beschilder-ten Wegen oder Sichtbehinderung durchNebel beruht.

Der klagende Arbeitnehmer war als La-gerist bei seinem Arbeitgeber beschäf-tigt. Der übliche Weg von der Wohnungdes Arbeitnehmers zu seiner Arbeits-stätte, einem Lager des Arbeitgebers,führte über zwei Autobahnen bis zurAbfahrt, in unmittelbarer Nähe des La-gers. Nach dieser Abfahrt musste derArbeitnehmer rechts auf eine Bundes-straße abbiegen, um zu seiner Arbeits-stätte zu gelangen. Am 07.01.2011 ver-ließ der Arbeitnehmer am frühen Abendseine Wohnung, um sich zu seinem Ar-beitsplatz in dem Lager zu begeben.Hierfür befuhr er zunächst die beidenAutobahnen bis zur Abfahrt. Dort boger aus unbekannter Ursache auf dieBundesstraße nicht in die auf seine Ar-beitsstelle führende Richtung, sondernnach links in die Gegenrichtung ab undbefuhr die Bundesstraße in dieser Rich-tung ca. 2,5 km. Als er den Fehler be-merkte, wendete er auf der vierspurigenBundesstraße. Bei diesem Wendemanö-ver kollidierte er mit einem hinter ihmauf der Überholspur fahrenden Pkw.Der Arbeitnehmer erlitt dabei erheblicheVerletzungen, u. a. ein Schädel-Hirn-Trauma. Seit der Kollision hat er keineErinnerung an die Gründe für sein Ab-biegen in die falsche Richtung und anden Unfallhergang.

Die beklagte Unfallversicherung lehntedie Anerkennung des Unfalls als Ar-beitsunfall ab. Der Arbeitnehmer habesich auf einem nicht versicherten Abwegbefunden, weil er die Bundesstraßenicht in Richtung seiner Arbeitsstätte,sondern in die seiner Arbeitsstelle ent-gegengesetzte Richtung befahren habe,ohne dass hierfür betriebliche oder ver-

kehrstechnische Gründe erkennbar ge-wesen seien. Die Vorinstanz, das Sozial-gericht, hob die Bescheide der Beklagtenauf, mit der Begründung, dass es sichauch bei dem Abweg um einen Arbeits-unfall auf dem Weg zur Arbeitsstättehandele.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Ar-beitsunfälle Unfälle von Versicherten in-folge einer den Versicherungsschutznach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründen-den Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGBVII zeitlich begrenzte, von außen aufden Körper einwirkende Ereignisse, diezu einem Gesundheitsschaden oderzum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setztdaher voraus, dass die Verrichtung zurZeit des Unfalls der versicherten Tätig-keit zuzurechnen ist. Das BSG sah dieseVoraussetzungen als nicht erfüllt an.Der Arbeitnehmer erlitt zwar bei demZusammenstoß mit dem auf der Über-holspur fahrenden Pkw eine zeitlich be-grenzte, von außen kommende Einwir-kung auf seinen Körper und damit ei-nen Unfall i. S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGBVII. Seine Verrichtung zur Zeit des Un-fallereignisses stand jedoch nicht in ei-nem sachlichen Zusammenhang mitdem hier allein als versicherte Tätigkeitin Betracht kommenden Zurücklegendes unmittelbaren Weges von seinerWohnung zu seiner Arbeitsstätte. DieRichter des BSG führen dazu aus, dasszu den in der gesetzlichen Unfallversi-cherung versicherten Tätigkeiten gemäߧ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII das Zurückle-gen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6SGB VII versicherten Tätigkeit zu-

sammenhängenden unmittelbaren We-ges nach und von dem Ort der Tätigkeitzählt. Allerdings legte der Arbeitnehmerzum Unfallzeitpunkt keinen solchendurch die Wegeunfallversicherung ge-schützten Weg zurück.

Der Arbeitnehmer befuhr zum Zeit-punkt des Unfalls nicht die unmittelbarzu seiner Arbeitsstätte führende Weg-strecke, sondern befand sich auf einemAbweg, weil er irrtümlich nach der Ab-fahrt von der Autobahn auf die Bundes-straße in die Gegenrichtung abgebogenwar. Ob der Irrtum damit auf äußeren,mit der besonderen Art des Weges ver-bundenen Gefahren, wie z. B. Dunkel-heit, Sichtbehinderung durch Nebel,schlecht beschilderte Wege oder derglei-chen, beruhte, ist für das BSG nicht fest-stellbar. Den Nachteil aus der tatsäch-lichen Unaufklärbarkeit anspruchsbe-gründender Tatsachen hat nach den Re-geln der objektiven Beweislast der sichauf deren Vorliegen berufende Versi-cherte zu tragen. Der Arbeitnehmer hatdanach den Nachteil der Unaufklärbar-keit der seinen Irrtum verursachendenUmstände, die zu dem eingeschlagenenAbweg führten, zu tragen.

DGUV veröffentlicht Fehlerkatalogzum elektronischen Lohnnach-weisverfahren

Am 01.01.2017 wurde das bisherigeLohnnachweisverfahren der gesetz-lichen Unfallversicherung durch denelektronischen Lohnnachweis abgelöst.Für die Jahre 2016 und 2017 muss zwar

Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 9Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

parallel zum elektronischen Lohnnach-weis auch weiterhin der bisher bekannteLohnnachweis im Online-, Papier- oderFax-Verfahren eingereicht werden. Abdem Beitragsjahr 2018, das heißt ab01.01.2019, ist der elektronische Lohn-nachweis aber die alleinige Grundlagefür den Beitrag zur gesetzlichen Unfall-versicherung.

Im Rahmen der Stammdatenabfrageprüft die DGUV die angenommenenDaten (DSAS) auf Fehler und beantwor-tet sie bei Fehlerfreiheit mit dem Daten-satz Stammdaten (DSSD). Enthält dieStammdatenabfrage Fehler, sendet dieDGUV den DSAS mit speziellen Fehler-datenbausteinen an den Absender zu-rück.

Ebenfalls geprüft werden die Daten imDatensatz DSLN vor der Übernahme.Werden bei den Fehlerprüfungen Män-gel festgestellt, wird der Datensatz mitentsprechenden Fehlermeldungen un-verarbeitet zurückgewiesen. Nach Behe-bung der Mängel ist eine unverzüglicheNeumeldung des DSLN erforderlich.

Die DGUV hat auf ihrer Homepage eineBeschreibung der Fehler, die im Zu-sammenhang mit der Abfrage derStammdaten und der Meldung deselektronischen Lohnnachweises auftre-

ten können, veröffentlicht. Die Fehler-nummern sind den jeweiligen Datensät-zen zugeordnet und auch als PDF abruf-bar. Sie finden den Fehlerkatalog unterder Rubrik Versicherung, UV-Meldever-fahren, Fehlerkatalog.

Die Renten steigen zum01.07.2017!

Ab dem 01.07.2017 steigen für über 20Millionen Rentnerinnen und Rentnerdie Renten spürbar an. Nach den nunvorliegenden Daten des StatistischenBundesamtes und der Deutschen Ren-tenversicherung Bund steht die Renten-anpassung zum 01.07.2017 fest. In West-deutschland steigt die Rente um 1,90Prozent, in den neuen Ländern um 3,59Prozent. Damit beträgt der aktuelle Ren-tenwert (Ost) nun 95,7 Prozent des ak-tuellen Rentenwerts West (bisher: 94,1Prozent).

Die höhere Rentenanpassung im Ostenberuht auf der dort höheren Lohnent-wicklung. Damit verbessert sich dieAusgangslage für ein einheitliches Ren-tenrecht in Ost und West. Nach demEntwurf des Rentenüberleitungs-Ab-schlussgesetzes wird ab dem 01.07.2018die Angleichung des aktuellen Renten-werts (Ost) an den Rentenwert in den al-

ten Ländern in sieben Schritten ange-glichen, bis ab 01.07.2024 ein einheit-licher Rentenwert in ganz Deutschlandgelten wird.

Bundessozialministerin Andrea Nahles(SPD) erklärte: „Die umlagefinanzierteRente ist und bleibt die zentrale Säuleunseres Alterssicherungssystems – gera-de in Zeiten niedriger Zinsen. Gute Löh-ne und ein hoher Beschäftigungsstandsorgen weiter für eine stabile Finanzlageder gesetzlichen Rentenversicherung.Die Renten folgen den Löhnen – im Al-ter profitieren damit die, die die gesetz-liche Rente zuvor erarbeitet und mit ih-ren Beiträgen getragen haben. So funk-tioniert der Generationenvertrag. Wirwerden dieses System auch in Zukunftstabil, verlässlich und gerecht halten.Auch die Generationen der Zukunft sol-len darauf vertrauen können.“

MARKUS STIERalga-Competence-Center

Leiter diverser DATA-KONTEXT-ARGEnEntgeltabrechnungAutor „Einmaleins derEntgeltabrechnung“

Zusammenfassung

Die Auszahlung von Überstunden beiflexiblen Arbeitszeiten sorgt bei den Ver-antwortlichen in den Lohn- und Perso-nalbüros, aber auch in den Steuerkanz-leien immer wieder für viel Arbeit. Hatein Beschäftigter beispielsweise ein fes-tes monatliches Gehalt und leistet er inden einzelnen Monaten unterschiedlichviele Überstunden, so erhöht sich derAbrechnungsaufwand. Die falsche Be-rechnung von SV-Beiträgen stellt ein er-hebliches Haftungsrisiko für Arbeitge-ber dar. Im folgenden Beitrag erhaltenSie einen Überblick, wie Sie Mehrarbeitrichtig abrechnen.

Haftungsrisiken für denArbeitgeber

Werden Mehrarbeits- bzw. Überstun-denvergütungen nicht entsprechendden gesetzlichen Vorgaben laufend ver-

beitragt, so kann dies zu einer Nachver-beitragung im Rahmen einer Betriebs-prüfung gem. § 28p SGB IV der Renten-versicherungsträger (Deutsche Renten-versicherung) führen. Dies hat zur Fol-ge, dass der entstehende geldwerte Vor-teile durch die arbeitgeberseitige Über-nahme der Arbeitnehmeranteile zur ge-setzlichen Sozialversicherung versteuertwerden muss. Bei nachträglicher Aus-zahlung entsteht dann sowohl Lohn-steuer- als auch Sozialversicherungs-pflicht.

ArbeitsrechtlicheBestimmungen

Unter dem Begriff Überstunden verstehtman die Arbeit, die der Arbeitnehmerüber die für sein Beschäftigungsverhält-nis individuell geltende Arbeitszeit hin-aus leistet, wohingegen die Mehrarbeitüber die allgemeinen gesetzlichen Ar-beitszeitgrenzen hinausgeht. Mehrarbeit

und Überstunden können sich über-schneiden. Das Arbeitszeitgesetz(ArbZG) sieht keinen gesetzlichenMehrarbeitszuschlag vor. Die Zulässig-keit von Mehrarbeit ergibt sich aus dengesetzlichen Schutzbestimmungen, ins-besondere dem ArbZG. Die werktägli-che Arbeitszeit beträgt grundsätzlichacht Stunden, in bestimmten Fällen isteine Überschreitung zulässig. In einembestimmten Zeitraum (sog. Ausgleichs-zeitraum) ist sicherzustellen, dass einebestimmte durchschnittliche werktägli-che oder wöchentliche Stundenzahlnicht überschritten wird. Eine gesetzli-che Verpflichtung zur Mehrarbeit gibt esnicht. Häufig finden sich Regelungenüber die Verpflichtung zur Leistung vonMehrarbeit im Arbeitsvertrag, in Be-triebsvereinbarungen oder im Tarifver-trag; zudem kann der Arbeitnehmeraufgrund der Treuepflicht in außerge-wöhnlichen Situationen (ungeplanteAuftragsspitzen, hoher Krankenstand)zur Mehrarbeit verpflichtet sein.

Arbeitgeber-HaftungsfallenTeil 1: Mehrarbeit und Überstunden richtig verbeitragen

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10 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Vergütung der Mehrarbeit

Fehlt im Arbeitsvertrag eine wirksameVergütungsregelung, hat der Arbeitneh-mer nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruchauf Vergütung der geleisteten Mehrar-beit, wenn die Mehrarbeit den Umstän-den nach nur gegen Vergütung zu er-warten ist. Dies ist beispielsweise beiVereinbarung eines geringen Bruttoar-beitsentgelts in Höhe von 1.800 Euro füreine reguläre wöchentliche Arbeitszeitvon 42 Stunden der Fall. Vertragsklau-seln, die Überstunden mit dem monat-lichen Grundgehalt abgelten wollen,sind nur in Arbeitsverhältnissen mitausreichend hoher Grundvergütung wiebspw. bei leitenden Angestellten ange-messen.

Lohnsteuerliche Bestimmungen

Zuschläge für Mehrarbeit (Überstun-den) gehören zum steuerpflichtigen Ar-beitslohn. Mehrarbeitszuschläge zählenzu den laufenden Bezügen, die zusam-men mit den übrigen Monatsbezügennach der Monatstabelle abzurechnensind. Nur Zuschläge für Sonntags-,Feiertags- oder Nachtarbeit sind inner-halb der Grenzen des § 3b EStG steuer-frei. Werden Zuschläge für Mehrarbeitarbeitsrechtlich zusammen mit Zuschlä-gen für Sonntags-, Feiertags- und Nacht-arbeit als einheitlicher Zuschlag ge-zahlt, so ist dieser sog. Mischzuschlagim Verhältnis der in Betracht kommen-den Einzelzuschläge in einen nach § 3bEStG begünstigten Anteil und einen

nicht begünstigten Anteil aufzuteilen.Erhält der Arbeitnehmer bei einem Zu-sammentreffen von Sonntags-, Feier-tags- oder Nachtarbeit mit Mehrarbeitnur Zuschläge für Sonntags-, Feiertags-oder Nachtarbeit ausgezahlt, z. B. weilsie ebenso hoch oder höher sind als dieMehrarbeitszuschläge, so gilt der Betragals Sonntags-, Feiertags- oder Nachtar-beitszuschlag, der dem arbeitsrechtlichjeweils in Betracht kommenden Zu-schlag entspricht. Werden dagegen nurZuschläge für Mehrarbeit gezahlt, z. B.weil diese höher sind, so ist der Mehrar-beitszuschlag in voller Höhe lohnsteuer-pflichtig. Bei der Ermittlung des Stun-dengrundlohns, auf den die steuerlichmaßgebenden Prozentsätze für Sonn-tags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszu-

Starre Arbeitszeiten Flexible Arbeitszeiten

Hohe Kundenbindung Geringe KundenbindungStetig wachsende Auftragslage und Betriebsnutzungszeiten Auslastungsschwankungen und eine Ausdehnung der

BetriebsnutzungszeitenStarre Arbeitsorganisation und Arbeitszeit Flexible Arbeitsorganisation und ArbeitszeitregelungenFeste Wochenarbeitszeit mit Kernarbeitszeiten Funktions- bzw. Rahmenzeitmodelle

(z. B. Projekt-, Jahresarbeitszeit)Einhalten vorgegebener Arbeitszeitregeln Eigenverantwortliche Arbeitszeitflexibilität

Starre Arbeitszeiten Flexible Arbeitszeiten

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 11Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

schläge anzuwendensind, bleiben Mehrar-beitsvergütungen und-zuschläge außer Be-tracht.

Sozialversicherungs-rechtlicheBestimmungen

Mehrarbeitsvergütun-gen (Überstundenvergütungen) stellen alsunmittelbare Zahlungen aus dem Arbeits-verhältnis sozialversicherungspflichtigesArbeitsentgelt dar. Es stellen sich die fol-genden Fragen: Wann müssen Überstun-den ausgezahlt werden? Wie müssen sieabgerechnet werden und kann man sieüber mehrere Monate zusammenfassen?

Beitragsrechtliche Behandlung vonangesparten Entgeltbestandteilen,hier: Überstunden bzw. Mehrarbeits-vergütungen (Auszug aus SV-Prüfung der Deutschen Renten-versicherung)

Überstunden- bzw. Mehrarbeitsvergütun-gen sind im Bereich der Sozialversiche-rung dem sogenannten laufenden Ar-beitsentgelt zuzurechnen. Die der Vergü-tung zugrundeliegende Arbeitsleistungkann in diesen Fällen jeweils einem be-stimmten Kalendermonat zugeordnetwerden. Gemäß BSG-Urteil vom27.10.1989 – 12 RK 9/88 muss die Auszah-lung von Mehrarbeit dem jeweiligen Ent-stehungsmonat zugeordnet und als lau-fendes Entgelt verbeitragt werden. Bei-tragsansprüche der Sozialversicherungs-träger auf laufend gezahltes Arbeitsent-gelt entstehen unter Beachtung des soge-nannten Entstehungs- bzw. Anspruch-sprinzips in dem Zeitpunkt, in dem die je-weilige Arbeitsleistung erbracht wird(§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Dementspre-chend werden diese Beitragsansprüchemit dem drittletzten Bankarbeitstag desMonats fällig, in dem die Arbeitsleistungerbracht worden ist (§ 23 Abs. 1 Satz 2SGB IV). Laufende Arbeitsentgelte kön-nen damit in der Regel nicht angespartund zu einem späteren Zeitpunkt kumu-liert in einer Summe ausgezahlt werden.Die Rentenversicherungsträger beanstan-den es allerdings im Rahmen von Arbeit-geberprüfungen gemäß § 28p Abs. 1 SGBIV nicht, wenn laufende Arbeitsentgeltedennoch (unzulässig) angespart und nochim laufenden Kalenderjahr bzw. späte-stens im März des Folgejahres (Märzre-gel) an den Arbeitnehmer ausgezahlt wer-den und die Beitragsberechnung unterBeachtung der Regelungen für einmalig

gezahltes Arbeitsentgelt (§ 23a Abs. 3 und4 SGB IV) erfolgt.

Bei Überstundenabrechnung alsEinmalzahlung wird Umlage fällig

Obwohl die angesammelte Überstunden-vergütung wie einmalig gezahltes Ar-beitsentgelt verbeitragt werden kann,bleibt deren Charakter der Nachzahlungvon laufendem Arbeitsentgelt unberührt.Deshalb sind von den angesammeltenÜberstundenvergütungen neben den So-zialversicherungsbeiträgen auch U1- undU2-Umlagen zu berechnen und abzufüh-ren. Für „richtiges“ einmalig gezahltesArbeitsentgelt wären keine Umlagen zuentrichten. In dem Besprechungsergebnisder Spitzenverbände der Sozialversiche-rung vom 14./15.11.2012 zur beitrags-rechtlichen Behandlung von angespartenEntgeltbestandteilen wurde diese Verfah-rensweise noch einmal bestätigt.

Überstundenvergütungen:Bei Prüfung der Jahresarbeits-entgeltgrenze irrelevant

Vergütungen für Überstunden sind beider Prüfung des Überschreitens der Jah-resarbeitsentgeltgrenze in der gesetz-lichen Krankenversicherung nicht zu be-rücksichtigen. Das gilt sowohl für denhierfür gezahlten Grundlohn als auch füreinen eventuellen Mehrarbeitszuschlag.Anders verhält es sich jedoch beispiels-weise bei regelmäßig gewährten Bereit-schaftsdienstzulagen eines Schichtarbei-ters oder bei monatlicher, pauschaler Ab-geltung von Mehrarbeitsstunden laut Ar-beits- oder Tarifvertrag. Nur in diesen be-sonderen Fällen sind die Vergütungsbes-tandteile für Mehrarbeitsstunden bei derPrüfung der Jahresentgeltgrenze zu be-rücksichtigen.

Beitragsrechtliche Behandlungvon Arbeitszeiten im Rahmen vonWertguthabenvereinbarungen

Das Ansparen von laufenden Arbeitsent-gelten über mehrere Kalenderjahre hin-

weg ist nur im Rahmen einer flexiblen Ar-beitszeitregelung im Sinne von § 7b SGBIV zulässig. Nur in diesem Fall entstehendie Beitragsansprüche der Sozialversiche-rungsträger erst in dem Zeitpunkt, in demdie angesparten Arbeitsentgelte an denBeschäftigten ausgezahlt werden (§ 22Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Soweit laufende Ar-beitsentgelte, ohne dass eine flexible Ar-beitszeitregelung im Sinne von § 7b SGBIV vorliegt, angespart und die darauf ent-fallenden Gesamtsozialversicherungsbei-träge nicht sofort abgeführt werden, er-füllt dieser Tatbestand bei stringenterAuslegung die strafrechtlichen Tatbe-standsmerkmale des § 266a Abs. 1 StGB(Vorenthalten von Beiträgen).

FFaazziittVergütungen für Überstunden, welcheüber mehrere Monate hinweg erarbeitetworden sind, werden von den Arbeitge-bern aus abrechnungstechnischen Grün-den häufig erst zu einem späteren Zeit-punkt in einem Betrag kumuliert ausge-zahlt. Diese angesammelten Arbeitsent-gelte können aus Vereinfachungsgründenbeitragsrechtlich wie einmalig gezahltesArbeitsentgelt behandelt werden und esist die anteilige Beitragsbemessungsgren-ze des Nachzahlungszeitraums zugrundezu legen. Die angesammelten Überstun-denvergütungen müssen allerdings nochim selben Kalenderjahr oder spätestensbis 31. März des Folgejahres tatsächlichausgezahlt werden, und sämtliche Umla-gen sind entsprechend abzuführen.

RASCHID BOUABBA Geschäftsführer MCGB GmbH

Unternehmensberatung,Berlin

Wertguthabenvereinbarungen (Flexi II) Sonstige flexible Arbeitszeitmodelle Für (längerfristige) Freistellung Flexibler PersonaleinsatzVerwendung von Wertguthaben Ausgleich von ArbeitszeitschwankungenVerzicht auf erarbeitetes Arbeitsentgelt Verstetigtes regelmäßiges ArbeitsentgeltGesetzlicher Insolvenzschutz Kein gesetzlicher InsolvenzschutzFreistellung unbegrenzt möglich Freistellung bis max. 3 MonateGrundlage: § 7 Abs. 1a SGB IV Grundlage: § 7 Abs. 1 SGB IV

Wertguthabenvereinbarungen (Flexi II) Sonstige flexible Arbeitszeitmodelle

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12 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Allgemeines:

Rentner mit einer krankenversiche-rungspflichtigen Beschäftigung erhaltenihre gezahlten Kranken- und Pflegever-sicherungsbeiträge aus der gesetzlichenRentenversicherung (teilweise) zurück,sofern die Gesamteinnahmen des Vor-jahres (2016) die Beitragsbemessungs-grenze (BBG) der Krankenversicherungübersteigen.

§ 226 Sozialgesetzbuch V – GesetzlicheKrankenversicherung (SGB V) nennt fol-gende beitragspflichtige Einnahmenversicherungspflichtig Beschäftigter:

� das Arbeitsentgelt aus einer ver-sicherungspflichtigen Beschäftigung,

� der Zahlbetrag der Rente der gesetz-lichen Rentenversicherung,

� der Zahlbetrag der der Rente ver-gleichbaren Einnahmen (Versor-gungsbezüge),

� das Arbeitseinkommen1, soweit esneben einer Rente der gesetzlichenRentenversicherung oder Versor-gungsbezügen erzielt wird.

Rangfolge der Einnahmearten versicherungspflichtigBeschäftigter:

Erreicht das Arbeitsentgelt nicht die Bei-tragsbemessungsgrenze, werden nach-einander der Zahlbetrag der Versor-gungsbezüge und das Arbeitseinkom-men des Mitglieds bis zur Beitragsbe-messungsgrenze berücksichtigt. DerZahlbetrag der Rente der gesetzlichenRentenversicherung wird getrennt vonden übrigen Einnahmearten bis zur Bei-tragsbemessungsgrenze berücksichtigt.2

Diese Regelung („doppelte“ Beitragsbe-messungsgrenze) kann zur Folge haben,dass insgesamt Beiträge aus einem Be-trag oberhalb der Beitragsbemessungs-grenze entrichtet werden.

Erstattung von Beiträgen aus derRente

Um die Mitglieder nicht mit Beiträgenoberhalb der Beitragsbemessungsgrenzezu belasten, räumt § 231 Abs. 2 SGB Vdie Möglichkeit einer Beitragserstattungein.

Die zuständige Krankenkasse erstattetdem Mitglied auf Antrag die von ihmselbst getragenen Anteile an den Beiträ-gen aus der Rente der gesetzlichen Ren-tenversicherung, soweit sie auf Beträgeentfallen, um die die Rente zusammenmit den übrigen der Beitragsbemessungzugrunde gelegten Einnahmen des Mit-glieds die Beitragsbemessungsgrenzeüberschritten hat.

In den nachfolgenden Beispielen wirdvon folgenden Grunddaten ausgegan-gen:

� Die Beschäftigten sind bei der Er-satzkasse „K“ versichert, Zusatzbei-tragssatz 1,1 Prozent.

� In der Pflegeversicherung fällt keinBeitragszuschlag für Kinderlose an(Nachweis der Elterneigenschaft).

Beispiel 1: Laufende (monatliche) ÜberzahlungDie im Jahr 2016 erzielten laufenden monatlichen Einkünfte des Rentners A. betrugen:

Arbeitsentgelt aus Beschäftigung mtl. 2.850 EuroAltersrente mtl. 1.650 EuroGesamtbetrag mtl. 4.500 Euro

Die zugrunde gelegten Einnahmen (4.500 Euro) überschreiten die maßgebliche monatliche Beitragsbemessungsgrenze des Jahres2016 (4.237,50 Euro) um 262,50 Euro. Aus diesem Wert hat der Rentner zu viel KV- und PV-Beiträge entrichtet.

Es errechnet sich folgender Erstattungsbetrag:

Wert über BBG KV/PV Anteil des Versicherten Monatlich zu viel gezahlt Erstattungsbetrag mtl. x 12

262,50 Euro 8,40 Prozent KV* 22,05 Euro 264,60 Euro262,50 Euro 2,35 Prozent PV** 6,17 Euro 74,04 Euro

Summe Erstattung: 338,64 Euro

* 7,3 Prozent Arbeitnehmeranteil zur KV zzgl. eines individuellen Zusatzbeitragssatzes (hier: 1,1 Prozent)** Seit 01.04.2004 zahlen Rentner den Beitrag in voller Höhe allein, ggf. zzgl. eines Beitragszuschlags für Kinderlose in Höhe von 0,25 Prozent.

Rentner mit weiteren EinkünftenAuf Antrag teilweise Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen

_________________________1 § 15 Abs. 1 SGB IV: Arbeitseinkommen ist der

nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvor-schriften des Einkommensteuerrechts ermittelteGewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Ein-kommen ist als Arbeitseinkommen zu werten,wenn es als solches nach dem Einkommensteuer-recht zu bewerten ist.

_________________________2 vgl. § 230 SGB V.

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 13Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Beispiel 2: Überzahlung durch einmalig gezahltes Arbeitsentgelt i. S.d. § 23a SGB IV:Bis einschließlich Mai 2016 erzielte die Rentnerin B. folgende laufendeund einmalige Zahlungen:

Arbeitsentgelt aus Beschäftigung mtl. 2.500 EuroWitwenrente mtl. 1.500 EuroUrlaubsgeld im Mai 2016 2.000 Euro

Mit der Entgeltabrechnung für Mai 2016 ermittelt der Arbeitgeber dieSozialversicherungsluft (SV-Luft), um u. a. die Höhe der Beitragspflichtzur KV/PV aus dem gezahlten Urlaubsgeld festzustellen.

Anteilige Jahres-BBG KV/PV Januar – Mai 2016 (4.237,50 Euro x 5) 21.187,50 Euro./. abzüglich bereits verbeitragtes Arbeitsentgelt(2.500 Euro x 5) 12.500,00 Euro= SV-Luft 8.687,50 EuroUrlaubsgeld 2.000,00 Euro= Urlaubsgeld in voller Höhe beitragspflichtig= Verbleibende SV-Luft für Witwenrente(8.687,50 Euro ./. 2.000 Euro) 6.687,50 EuroDurch den RV-Träger bislang verbeitragte Witwenrente(1.500 Euro x 5) 7.500,00 Euro

Über BBG KV/PV liegender Betrag 812,50 Euro

Ergebnis: Wie aus o. g. Tabelle ersichtlich, ist das Urlaubsgeld vom Arbeitgeber involler Höhe zu verbeitragen, da die Einmalzahlung niedriger ist als dieSV-Luft (= Differenz zwischen anteiliger BBG und verbeitragtem Ar-beitsentgelt).

Es verbleibt noch eine „Rest-SV-Luft“ von 6.687,50 Euro. B. hat bis ein-schließlich Mai aus ihrer gesetzlichen Rente von 7.500 Euro Beiträge ent-richtet. Deshalb besteht ein Erstattungsanspruch von KV/PV-Beiträgenaus einem Betrag in Höhe von 812,50 Euro (7.500 Euro abzüglich 6.687,40Euro noch nicht „verbrauchter“ SV- Luft).

Es errechnet sich folgender Erstattungsbetrag:

* 7,3 Prozent Arbeitnehmeranteil zur KV zzgl. eines individuellen Zusatzbei-tragssatzes (hier: 1,1 Prozent)

** Seit 01.04.2004 zahlen Rentner den Beitrag in voller Höhe allein, ggf. zzgl. einesBeitragszuschlags für Kinderlose in Höhe von 0,25 Prozent.

Wert über Anteil des Erstattungs-BBG KV/PV Versicherten betrag

812,50 Euro 8,40 Prozent KV* 68,25 Euro812,50 Euro 2,35 Prozent PV** 19,09 EuroSumme Erstattung: 87,34 Euro

Erstattung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen

In den Fällen, in denen neben Versorgungsbezü-gen noch Arbeitsentgelt bezogen wird, ist vorran-gig das Arbeitsentgelt zur Beitragsberechnung her-anzuziehen. Dies gilt auch in Bezug auf einmaliggezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23aSGB IV. Die Zugrundelegung der anteiligen beson-deren Jahresarbeitsentgeltgrenze (entspricht derHöhe der BBG, vgl. Fußnote 3) für die Berechnungder Beiträge aus einmalig gezahltem Arbeitsent-gelt kann dazu führen, dass sich der Rahmen, biszu dem Versorgungsbezüge der Beitragspflichtunterliegen, nachträglich verringert oder dass dieBeitragspflicht aus den Versorgungsbezügen ganzentfällt.

Für Fälle dieser Art sieht § 231 Absatz 1 SGB V vor,dass dem Mitglied die Beiträge aus Versorgungs-bezügen auf Antrag zu erstatten sind, soweit sievon einem die anteilige Beitragsbemessungsgren-ze übersteigenden Betrag berechnet worden sind.Beiträge aus Versorgungsbezügen oder Arbeitsein-kommen werden dem Mitglied durch die Kran-kenkasse auf Antrag erstattet, soweit sie auf Beträ-ge entfallen, um die die Versorgungsbezüge unddas Arbeitseinkommen zusammen mit dem Ar-beitsentgelt einschließlich des einmalig gezahltenArbeitsentgelts die anteilige Jahresarbeitsentgelt-grenze nach § 6 Abs. 7 überschritten haben.3

Bei Anwendung dieser Vorschrift können nur Bei-träge von kongruenten (= deckungsgleichen) Zeit-räumen verglichen werden, d. h., die Vergleichsbe-rechnung beschränkt sich auf solche Zeiten, für dieeinerseits Beiträge aus laufendem Arbeitsentgeltentrichtet und demzufolge die anteilige Beitrags-bemessungsgrenze angesetzt und andererseits Beiträge aus Versorgungsbezügen oder Arbeitsein-kommen erhoben wurden.

_________________________3 Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsent-

geltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahres-arbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privatenKrankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Kran-kenversicherung versichert waren, im Jahr 2016 50.850 Euro.Der Wert entspricht damit der BeitragsbemessungsgrenzeKV/PV.

_________________________4 vgl. § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV._________________________5 vgl. § 231 Abs. 2 S. 2 SGB V.

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14 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Beispiel 3: Arbeitsentgelt, Einmalzahlung und Betriebsrente (Versor-gungsbezug):

Rentner C:

Arbeitsentgelt aus Beschäftigung mtl. 3.200 EuroVersorgungsbezug mtl. 400 EuroGewinnbeteilugung im April 2016 3.000 Euro

C. entrichtet monatlich u. a. Beiträge zur KV/PV aus dem Arbeitsentgelt(7,3 Prozent zzgl. 1,1 Prozent Zusatzbeitragssatz sowie 1,175 ProzentPV). Aus dem Versorgungsbezug hat der beschäftigte Rentner die Beiträ-ge zur KV und PV allein zu entrichten (14,6 Prozent KV zzgl. eines indi-viduellen Zusatzbeitragssatzes von 1,1 Prozent sowie 2,35 Prozent PV).

Im April 2016 ermittelt der Arbeitgeber die anteilige SV-Luft, um die Hö-he der Beitragspflicht aus der gezahlten Gewinnbeteiligung festzustel-len.

Anteilige Jahres-BBG KV/PV Januar – April 2016 (4.237,50 Euro x 4) 16.950,00 Euro./. abzüglich bereits verbeitragtes Arbeitsentgelt(3.200 Euro x 4) 12.800,00 Euro= SV-Luft 4.150,00 EuroGewinnbeteilung 3.000,00 Euro= Gewinnbeteilung in voller Höhe beitragspflichtig= Verbleibende SV-Luft für Versorgungsbezug(4.150,00 Euro ./. 3.000 Euro) 1.150,00 EuroDurch die KV bislang verbeitragter Versorgungsbezug(400 Euro x 4) 1.600,00 Euro

Über der BBG liegender Betrag 450,00 Euro

Ergebnis: Wie aus o. g. Tabelle ersichtlich, ist die Gewinnbeteiligung vom Arbeitge-ber in voller Höhe zu verbeitragen, da die Einmalzahlung niedriger istals die SV-Luft.Es verbleibt noch eine „Rest-SV-Luft“ von 450 Euro. C. hat bis einschließ-lich April aus seinen Versorgungsbezügen in Höhe von 1.600 Euro Bei-träge entrichtet. Deshalb besteht ein Erstattungsanspruch der gezahlten KV/PV-Beiträgeaus 450 Euro (1.600 Euro abzüglich 1.150 Euro noch nicht „verbrauchter“SV- Luft).

Es errechnet sich folgender Erstattungsbetrag:

Wert über Anteil des Erstattungs-BBG KV/PV Versicherten betrag

450,00 Euro 8,40 Prozent KV* 37,80 Euro450,00 Euro 2,35 Prozent PV** 10,58 EuroSumme Erstattung: 48,38 Euro

* 7,3 Prozent Arbeitnehmeranteil zur KV zzgl. eines individuellen Zusatzbei-tragssatzes (hier: 1,1 Prozent)

** Seit 01.04.2004 zahlen Rentner den Beitrag in voller Höhe allein, ggf. zzgl. einesBeitragszuschlags für Kinderlose in Höhe von 0,25 Prozent.

Antrag, Zuständigkeit und Verfahren

Die Erstattung erfolgt auf Antrag bei der zuständi-gen Krankenkasse. Dies ist die Kasse, an die im er-stattungsfähigen Zeitraum die Beiträge entrichtetwurden. Der Antrag ist an keine bestimmte Formoder Frist gebunden. Der Erstattungsanspruchverjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalender-jahrs, in dem die Beiträge entrichtet worden sind.4Die Satzung der Krankenkasse kann Näheres überdie Durchführung der Erstattung bestimmen.5

Dem Antrag sind hinzuzufügen:

� Verdienstabrechnung der versicherungspflich-tigen Beschäftigung/en,

� Verdienstabrechnung/Zahlungsnachweis derVersorgungsbezüge,

� letzte Rentenanpassungsmitteilung.

Keine Fehler gefunden? Die Abrechnung von Rentnern ist nicht trivial.

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 15Aktuelles aus dem Sozialversicherungsrecht

Fazit

Ein Antrag kann sich für betroffeneRentner mit krankenversicherungs-pflichtiger Beschäftigung und weiterenEinkommensarten durchaus lohnen. ImZweifel sollte ein Antrag gestellt wer-den. Ansonsten besteht die Gefahr, dassbares Geld verschenkt wird, da dieKrankenkassen solche Überzahlungenvon sich aus nicht feststellen können, sozumindest die offizielle Stellungnahme.

In den Beispielen 2 (Überzahlung durcheinmalig gezahltes Arbeitsentgelt) und 3(Überzahlung durch laufendes und ein-malig gezahltes Arbeitsentgelt sowieVersorgungsbezug) mag das nachvoll-ziehbar sein. Im Beispiel 1, in dem dieBeitragsbemessungsgrenze bereitsdurch das laufende Arbeitsentgelt unddie Altersrente monatlich überschrittenwird, sollte dies automatisch möglichsein.

Im Rahmen immer weiter um sich grei-fender elektronischer Meldeverfahren(u. a. KVdR-Zahlstellenverfahren, elek-tronische Entgeltersatzleistung EELoder GKV-Monatsmeldung) wäre es si-cher möglich, auch für diesen Sachver-halt einen entsprechenden Datenfluss si-cherzustellen, damit die betroffenen Per-sonen ihre zu viel gezahlten KV/PV-Bei-träge zurückerhalten. Noch besser wärees natürlich, dass es erst gar nicht zu ei-ner Mehrfachverbeitragung kommt.Meines Erachtens haben aber daran we-der der Gesetzgeber noch die Kranken-kassen ein wirkliches Interesse; es gehtja nicht um Ansprüche gegen das Mit-glied, sondern um einen Anspruch desVersicherten gegen die Krankenkasse.

Ein vereinfachtes Verfahren würde zuder in Deutschland immer wieder dis-kutierten „sozialen Gerechtigkeit“ bei-tragen. Denn mal ehrlich: Welcher „Ot-to-Normal-Bürger“ kann denn über-

haupt erkennen, ob, geschweige denn inwelcher Höhe Kranken- und Pflegever-sicherungsbeiträge zu viel gezahlt wur-den?

FRANK MÜLLER Betriebswirt (VWA)

selbst. Trainer undUnternehmensberater,www.frag-den-mueller.de

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16 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Aktuelles aus dem ArbeitsrechtAngemessenheitskontrolle bei einer Hinterbliebenenversorgung

Nach Urteil des Bundesarbeitsgerichts(BAG) vom 21.02.2017 – 3 AZR 297/15–, ist eine in Allgemeinen Geschäftsbe-dingungen enthaltene Klausel, mit dernur der „jetzigen“ Ehefrau des Arbeit-nehmers eine Hinterbliebenenversor-gung zugesagt ist, eine unangemesseneBenachteiligung des Arbeitnehmers.Eine solche Einschränkung der Zusageist daher nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGBunwirksam. Bei Versorgungszusagen,die vor dem 01.01.2002 erteilt wurden,führt dies dazu, dass lediglich dann,wenn die Ehe bereits während des Ar-beitsverhältnisses bestand, Rechte gel-tend gemacht werden können.

Das BAG entschied in einem Fall, indem der Kläger von Februar 1974 bisOktober 1986 bei einem Werftunterneh-men, bis zur Eröffnung des Konkurs-verfahrens über dessen Vermögen, be-schäftigt war. Mit Wirkung ab dem01.07.1983 erteilte die Arbeitgeberindem Arbeitnehmer eine Versorgungs-zusage. In deren Allgemeinen Ge-schäftsbedingungen war vorgesehen,dass die „jetzige“ Ehefrau eine lebens-längliche Witwenrente erhalten soll,wenn die Ehe zwischenzeitlich nichtgeschieden wird. Seit April 2006 ist derArbeitnehmer in zweiter Ehe verheira-tet. Der Kläger nimmt den Pensions-Si-cherungs-Verein als Träger der gesetz-lichen Insolvenzsicherung auf Feststel-lung in Anspruch, dass der Ehefrau,mit der er zum Zeitpunkt seines Able-bens verheiratet ist, eine Witwenrentezusteht.

Das BAG hat die Klage – ebenso wieauch die Vorinstanzen – abgewiesen.Die Versorgungszusage bezog sich nurauf die Ehefrau, mit der der Kläger am01.07.1983 verheiratet war. Diese Ein-schränkung ist jedoch nach dem Rechtder Allgemeinen Geschäftsbedingun-gen unangemessen und daher unwirk-sam, weil dafür keine berechtigtenGründe bestehen. Da zum Zeitpunktder Erteilung der Versorgungszusageim Jahr 1983 aber eine AGB-Kontrollegesetzlich noch nicht vorgesehen war,ist eine ergänzende Vertragsauslegunggeboten, um die entstehende Lücke zuschließen. Die Witwenrente ist danachnur zu gewähren, wenn – anders als im

Fall des Klägers – die Ehe bereits wäh-rend des Arbeitsverhältnisses bestan-den hat.� BAG-Urteil vom 21.02.2017 – 3

AZR 297/15

Arbeitnehmerüberlassung bei einer DRK-Schwester

Wird eine Schwester des DeutschenRoten Kreuzes (DRK), die als Mitgliedeiner DRK-Schwesternschaft angehört,von dieser in einem vom Dritten betrie-benen Krankenhaus eingesetzt, umdort nach dessen Weisung gegen Ent-gelt tätig zu sein, handelt es sich umArbeitnehmerüberlassung. DasBundesarbeitsgericht (BAG) entschieddiesen Fall mit Urteil vom 21.02.2017 –1 ABR 62/12. Der Betriebsrat des Kran-kenhauses kann dieser Einstellung dieerforderliche Zustimmung verweigern,wenn der Einsatz gegen das Verbot dernicht vorübergehenden Arbeitnehmer-überlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 2AÜG verstößt.

Die Arbeitgeberin beabsichtigte, zum01.01.2012 eine Krankenschwester inihrem Krankenhausbetrieb einzuset-zen, die Mitglied einer DRK-Schwes-ternschaft ist. Grundlage hierfür ist einmit der DRK-Schwesternschaft ge-schlossener Gestellungsvertrag. DerBetriebsrat der Arbeitgeberin verwei-gerte form- und fristgerecht seine Zu-stimmung zu der Einstellung. Er mach-te geltend, es handele sich um eine ver-botene, weil dauerhafte Arbeitnehmer-überlassung.

Das LAG Düsseldorf hat dem Antragder Arbeitgeberin, die Zustimmungdes Betriebsrats zu ersetzen, stattgege-ben. Auf das vom BAG durch Be-schluss vom 17.03.2015 an den EuGHgerichtete Vorabentscheidungsgesuchhat dieser mit Urteil vom 17.11.2016 –C-216/15 – entschieden:

„Art. 1 Abs. 1 und 2 der Leiharbeits-richtlinie vom 19.11.2008 ist dahin aus-zulegen, dass die durch einen Verein,der keinen Erwerbszweck verfolgt, ge-gen ein Gestellungsentgelt erfolgende

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 17Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Überlassung eines Vereinsmitglieds anein entleihendes Unternehmen, damitdas Mitglied bei diesem hauptberuflichund unter dessen Leitung gegen eineVergütung Arbeitsleistungen erbringt,in den Anwendungsbereich der Richtli-nie fällt, sofern das Mitglied aufgrunddieser Arbeitsleistung in dem betref-fenden Mitgliedstaat geschützt ist, waszu prüfen Sache des vorlegenden Ge-richts ist. Dies gilt auch, wenn das Mit-glied nach nationalem Recht kein Ar-beitnehmer ist, weil es mit dem Vereinkeinen Arbeitsvertrag geschlossenhat.“

Im Hinblick auf diese Entscheidunghat das BAG den Zustimmungserset-zungsantrag der Arbeitgeberin abge-wiesen. Mit Recht hat der Betriebsratdie Zustimmung verweigert. Bei derGestellung der DRK-Schwester handeltes sich um Arbeitnehmerüberlassung.Aufgrund der gebotenen unionsrechts-konformen Auslegung liegt diese auchdann vor, wenn ein Vereinsmitglied ge-gen Entgelt bei einem Dritten wei-sungsabhängig tätig ist und dabei ei-nen Schutz genießt, der – wie bei denDRK-Schwestern – dem eines Arbeit-nehmers entspricht.� BAG-Urteil vom 21.02.2017 – 1 ABR

62/12

Zulässige Privilegierung einschlägiger Berufserfahrungbeim selben Arbeitgeber

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ent-schied mit Urteil vom 23.02.2017 – 6AZR 843/15 –, dass es nicht gegen dieunionsrechtlichen Freizügigkeitsvor-schriften in Art. 45 AEUV und Art. 7der Verordnung (EU) 492/2011 ver-stößt, dass § 16 Abs. 2 TV-L die beimselben Arbeitgeber erworbene ein-schlägige Berufserfahrung gegenüberentsprechenden Zeiten bei anderen Ar-beitgebern privilegiert.

Die klagende Arbeitnehmerin ist seitJanuar 2014 als Erzieherin beim beklag-ten Arbeitgeber (Bundesland) beschäf-tigt. Sie wird nach Entgeltgruppe 8 Stu-fe 2 TV-L vergütet. Die Arbeitnehmerinwar seit 1997 bei verschiedenen ande-ren Arbeitgebern im Deutschland tätig.Sie hält die Privilegierung einschlägi-ger Berufserfahrung beim selben Ar-beitgeber durch § 16 Abs. 2 TV-L unteranderem wegen der unmittelbar wir-kenden unionsrechtlichen Arbeitneh-merfreizügigkeitsbestimmungen fürunzulässig. Deshalb will die Klägerin

festgestellt wissen, dass ihr seit Januar2014 Entgelt aus Stufe 5 der Entgelt-gruppe 8 TV-L zusteht.

Das Arbeitsgericht hat der Klage statt-gegeben, während das Landesarbeits-gericht (LAG) diese abgewiesen hat.Die dagegen gerichtete Revision derArbeitnehmerin hatte auch vor demBAG keinen Erfolg. § 16 Abs. 2 TV-Lweist keinen hinreichenden Auslands-bezug auf, wenn Arbeitnehmer nur inder Bundesrepublik Deutschland be-schäftigt waren und keine Qualifikatio-nen in anderen Mitgliedstaaten der Eu-ropäischen Union erworben haben. Dersachliche Anwendungsbereich der uni-onsrechtlichen Freizügigkeitsvorschrif-ten ist in solchen Fällen nicht eröffnet.Das ist durch die Rechtsprechung desGerichtshofs der Europäischen Uniongeklärt. Auch nationale Regelungenstehen der Privilegierung der beim sel-ben Arbeitgeber erworbenen einschlä-gigen Berufserfahrung nicht entgegen.� BAG-Urteil vom Urteil vom

23.02.2017 – 6 AZR 843/15

Kürze Kündigungsfrist währendder Probezeit muss deutlich imArbeitsvertrag vereinbart werden

Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeitvon längstens sechs Monaten vor, kanndas Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Abs.3 BGB ohne weitere Vereinbarung vonbeiden Seiten mit einer Frist von zweiWochen gekündigt werden. Ist jedochin einem vom Arbeitgeber vorformu-lierten Arbeitsvertrag in einer weiterenKlausel eine längere Kündigungsfristfestgelegt, ohne unmissverständlichdeutlich zu machen, dass diese längereFrist erst nach dem Ende der Probezeitgelten soll, ist dies vom Arbeitnehmerregelmäßig dahin zu verstehen, dassder Arbeitgeber schon während derProbezeit nur mit der vereinbarten län-geren Frist kündigen kann. DasBundesarbeitsgericht (BAG) entschieddies mit Urteil vom 23.03.2017 – 6 AZR705/15.

Der klagende Arbeitnehmer war seitApril 2014 bei der beklagten Flugge-sellschaft als Flugbegleiter beschäftigt.Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den dieFluggesellschaft vorformuliert hatte,war in § 1 pauschal bestimmt, dass sichdie Rechte und Pflichten der Parteiennach einem Manteltarifvertrag richten.Dieser Manteltarifvertrag sah währendder Probezeit besondere Kündigungs-fristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags

war unter der Überschrift „Beginn undDauer des Arbeitsverhältnisses“ vorge-sehen, dass die ersten sechs Monatedes Arbeitsverhältnisses als reine Pro-bezeit gelten. In § 8 des Vertrags, dermit „Beendigung des Arbeitsverhält-nisses“ überschrieben war, war ohneBezugnahme auf § 1 oder § 3 des Ver-trags festgelegt, dass eine Kündigungs-frist von sechs Wochen zum Monatsen-de gelte. Der Arbeitnehmer erhielt am05.09.2014 eine Kündigung seines Ar-beitgebers mit Wirkung zum20.09.2014. Daraufhin begehrte er dieFeststellung, das sein Arbeitsverhältniserst mit Ablauf der in § 8 des Arbeits-vertrags vereinbarten Frist und damitzum 31.10.2014 geendet hat. Aus demVertrag ergebe sich nicht, dass inner-halb der ersten sechs Monate des Ar-beitsverhältnisses eine kürzere Kündi-gungsfrist gelten solle.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage ab-gewiesen. Das LAG hatte auf die Beru-fung des Klägers das Urteil abgeändertund der Klage stattgegeben. Die Revi-sion der beklagten Fluggesellschafthatte vor dem BAG keinen Erfolg. DieBestimmungen des von der Fluggesell-schaft vorformulierten Arbeitsvertragssind als Allgemeine Geschäftsbedin-gungen so auszulegen, wie sie eindurchschnittlicher, regelmäßig nichtrechtskundiger Arbeitnehmer versteht.

Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmerslässt eine Vertragsgestaltung wie dieim Arbeitsvertrag der Parteien nicht er-kennen, dass dem Verweis auf denManteltarifvertrag und der Vereinba-rung einer Probezeit eine Bedeutungfür Kündigungsfristen zukommt. NachWortlaut und Systematik des Vertragsist vielmehr allein die Bestimmung ei-ner sechswöchigen Kündigungsfristmaßgeblich. Diese Frist gilt auch fürKündigungen in der vereinbarten Pro-bezeit.� BAG-Urteil Urteil vom 23.03.2017 –

6 AZR 705/15

Kein Betriebs- bzw. Unterneh-mensübergang beim Erwerb vonAnteilen an einem Unternehmen

Nach Rechtsprechung des Europäi-schen Gerichtshofs (EuGH) ist der blo-ße Erwerb von Anteilen an einemUnternehmen kein Übergang vonUnternehmen, Betrieben oder Unter-nehmensteilen im Sinne der Richtlinie2001/23. Die Richtlinie findet daherkeine Anwendung beim Erwerb von

2017_04_END_Journal:Layout 1 25.04.2017 13:18 Uhr Seite 17

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18 | Journal für das Lohnbüro April 2017 Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Anteilen an einem Unternehmen, ent-schied das Bundesarbeitsgericht (BAG)mit Urteil vom 23.03.2017 – 8 AZR89/15.

Der Kläger ist seit 1984 als Arbeitneh-mer bei der Beklagten, die eine Rehabi-litationsklinik betreibt, beschäftigt.Nach § 2 des zwischen den Parteien ge-schlossenen Arbeitsvertrags gelten fürdas Arbeitsverhältnis die Vorschriftendes Bundesangestelltentarifvertrags(BAT) vom 23.02.1961, die diesen Tarif-vertrag ergänzenden, ändernden oderersetzenden Tarifverträge in ihrer je-weils gültigen Fassung, soweit in demArbeitsvertrag nicht ausdrückliche Re-gelungen getroffen sind. Die Klinikwar und ist nicht tarifgebunden. Nachden Feststellungen des LAG wurde dasUnternehmen mit Wirkung zum01.01.2002 Gesellschafterin der Beklag-ten. Bereits seit Jahren streiten die Par-teien darüber, ob dem Kläger Entgeltnach den Entgelttabellen des Tarifver-trags für den Öffentlichen Dienst(TVöD) in ihrer jeweils geltenden Fas-sung zusteht. Mit Urteil vom15.02.2007 hat das Arbeitsgericht Essenin einem Vorprozess u. a. festgestellt,dass auf das Arbeitsverhältnis der Par-teien die Vorschriften des TVöD vom13.09.2005 einschließlich der diese Vor-schriften ergänzenden, ändernden undersetzenden Tarifverträge in ihrer je-weils gültigen Fassung Anwendungfinden. Das Urteil ist rechtskräftig.

Der Arbeitnehmer hat die Klinik u. a.auf Zahlung rückständigen Entgeltsfür die Monate Januar bis November2013 auf der Grundlage einer im Jahr2013 geltenden Entgelttabelle desTVöD in Anspruch genommen. Zur Be-gründung hat er sich auf das rechts-kräftige Urteil des Arbeitsgerichts Es-sen in dem Vorprozess berufen. Die Be-klagte hat geltend gemacht, aus demUrteil des EuGH in der RechtssacheAlemo-Herron u. a. (EuGH 18.07.2013– C-426/11) sowie aus Art. 16 der Char-ta der Grundrechte (GRC) folge, dasssie nicht dynamisch an den TVöD ge-bunden sei; vielmehr gelte der BAT sta-tisch mit dem Stand 31.01.2003. Diesführe zu einer Durchbrechung derRechtskraft des arbeitsgerichtlichenUrteils in dem Vorprozess.

Das Arbeitsgericht und das LAG habender Klage stattgegeben. Die hiergegengerichtete Revision der Beklagten hattevor dem BAG Erfolg. Das LAG durftedem Kläger nicht das eingeklagte Ent-gelt zusprechen. Zwar hat der Klägerfür die Monate Januar bis November

2013 nach § 2 des Arbeitsvertrags i. V.m. § 15 TVöD Anspruch auf das mo-natliche Tabellenentgelt nach der fürdiese Zeit für ihn maßgeblichen Tabel-le. Aufgrund des Urteils des AG Essenvom 15.02.2007 steht rechtskräftig fest,dass auf das Arbeitsverhältnis der Par-teien die Vorschriften des TVöD ein-schließlich der diese Vorschriften er-gänzenden, ändernden und ersetzen-den Tarifverträge in ihrer jeweils gülti-gen Fassung Anwendung finden. Dar-an ändern weder das Urteil des EuGHin der Rechtssache Alemo-Herron u. a.noch Art. 16 GRC etwas, da der vorlie-gende Sachverhalt weder in den An-wendungsbereich der Richtlinie2001/23/EG zur Angleichung derRechtsvorschriften der Mitgliedstaatenüber die Wahrung von Ansprüchenbeim Übergang von Unternehmen, Be-trieben oder Unternehmens- und Be-triebsteilen noch in den von Art. 16GRC fällt. Der bloße Erwerb von Antei-len an einem Unternehmen stellt nachder Rechtsprechung des EuGH keinenÜbergang von Unternehmen, Betriebenoder Unternehmens- bzw. Betriebstei-len i. S. d. Richtlinie 2001/23/EG dar.

Das angefochtene Urteil erweist sichallerdings insoweit als rechtsfehlerhaft,als das LAG nicht geprüft hat, ob demKläger Entgelt nach der von ihm rekla-mierten Entgeltgruppe KR 7a Stufe 6zustand. Aufgrund der vom LAG bis-lang getroffenen Feststellungen konntedas BAG nicht abschließend beurteilen,nach welcher Entgeltgruppe und wel-cher Stufe welcher Tabelle sich das mo-natliche Entgelt des Klägers bemisst,und damit nicht entscheiden, in wel-cher Höhe dem Kläger Ansprüche aufrückständiges Entgelt zustehen. Diesführte zur Aufhebung des angefochte-nen Urteils und zur Zurückverweisungdes Rechtsstreits zur erneuten Ver-handlung und Entscheidung an dasLAG.� BAG-Urteil vom Urteil vom

23.03.2017 – 8 AZR 89/15

Kopftuchverbot kann im privatenUnternehmen rechtmäßig sein

Der Europäische Gerichtshof (EuGH)hat in zwei Urteilen vom 14.03.2017 (C-157/15 und C-188/15) entschieden,dass ein Verbot eines privaten Arbeit-gebers, ein islamisches Kopftuch zutragen, zulässig sein kann, wenn es aufeiner unternehmens-internen Regel ba-siert, die das Tragen politischer, philo-sophischer oder religiöser Zeichen

unterschiedslos verbietet. In den bei-den Fällen, aus Belgien und Frank-reich, wurden Arbeitnehmerinnenwegen des Tragens eines Kopftuchs ge-kündigt. Die Richter machen allerdingsauch deutlich, dass der Wille des Ar-beitgebers, einer Kundenbeschwerdenachzukommen, nicht als Grund fürein Verbot ausreicht.

Im April 2006 kündigte Frau Achbitaihrem Arbeitgeber an, dass sie beab-sichtige, während der Arbeitszeitendas islamische Kopftuch zu tragen. DieGeschäftsleitung von G4S antworteteihr, dass das Tragen eines Kopftuchsnicht geduldet werde, da das sichtbareTragen politischer, philosophischeroder religiöser Zeichen der von G4S beiihren Kundenkontakten angestrebtenNeutralität widerspreche. Nach einerkrankheitsbedingten Abwesenheit teil-te Frau Achbita ihrem Arbeitgeber am12.05.2006 mit, dass sie am 15.05.2006ihre Arbeit wieder aufnehmen undkünftig das islamische Kopftuch tragenwerde. Der Betriebsrat von G4S billigte am29.05.2006 eine Anpassung der Arbeits-ordnung des Unternehmens, die am13.06.2006 in Kraft trat. Darin heißt es:„Es ist den Arbeitnehmern verboten,am Arbeitsplatz sichtbare Zeichen ihrerpolitischen, philosophischen oder reli-giösen Überzeugungen zu tragenund/oder jeglichen Ritus, der sich dar-aus ergibt, zum Ausdruck zu bringen.“Am 12.06.2006 wurde Frau Achbitaaufgrund ihrer festen Absicht, an ihremArbeitsplatz das islamische Kopftuchzu tragen, entlassen. Sie hat diese Ent-lassung vor den belgischen Gerichtenangefochten.

Der EuGH stellt fest (C-157/15), dasssich die interne Regel von G4S auf dasTragen sichtbarer Zeichen politischer,philosophischer oder religiöser Über-zeugungen bezieht und damit unter-schiedslos für jede Bekundung solcherÜberzeugungen gilt. Nach dieser Regelwerden alle Arbeitnehmer des Unter-nehmens gleich behandelt, indem ih-nen allgemein und undifferenziert u. a.vorgeschrieben wird, sich neutral zukleiden. Den Akten, die dem EuGHvorliegen, ist nicht zu entnehmen, dassdie interne Regel auf Frau Achbita an-ders angewandt worden wäre als aufandere Arbeitnehmer von G4S. Folg-lich begründet eine solche interne Re-gel keine unmittelbar auf der Religionoder der Weltanschauung beruhendeUngleichbehandlung im Sinne derRichtlinie.

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Journal für das Lohnbüro April 2017 | 19Aktuelles aus dem Arbeitsrecht

Im Ergebnis stellt daher das Verbot, einislamisches Kopftuch zu tragen, dassich aus einer internen Regel eines pri-vaten Unternehmens ergibt, die dassichtbare Tragen jedes politischen,philosophischen oder religiösen Zei-chens am Arbeitsplatz verbietet, keineunmittelbare Diskriminierung wegender Religion oder der Weltanschauungim Sinne der Richtlinie dar.

Frau Asma Bougnaoui traf im Oktober2007 vor ihrer Anstellung durch dasprivate Unternehmen Micropole auf ei-ner Studierendenmesse einen Vertretervon Micropole, der sie darauf hinwies,dass das Tragen des islamischen Kopf-tuchs Probleme bereiten könnte, wennsie mit den Kunden dieses Unterneh-mens in Kontakt trete. Als sich FrauBougnaoui am 04.02.2008 bei Micropo-le vorstellte, um dort ihr Abschluss-praktikum zu absolvieren, trug sie eineinfaches Bandana. Im Anschluss trugsie am Arbeitsplatz ein islamischesKopftuch. Nach Absolvierung desPraktikums stellte Micropole sie ab15.07.2008 mit einem unbefristeten Ar-beitsvertrag als Softwaredesignerinein. Nach einer Beschwerde eines ihr

von Micropole zugewiesenen Kundenbekräftigte Micropole den Grundsatznotwendiger Neutralität im Verhältniszu ihren Kunden und bat Frau Bougna-oui, keinen Schleier mehr zu tragen.Dem kam Frau Bougnaoui nicht nachund wurde daraufhin entlassen. Sie hatihre Entlassung vor den französischenGerichten angefochten.

Im zweiten Urteil (C-188/15) stellt derEuGH zunächst fest, dass der Vorla-geentscheidung nicht zu entnehmenist, ob sich die Frage der Cour de cassa-tion aus der Feststellung einer un-mittelbar oder mittelbar auf der Reli-gion oder der Weltanschauung beru-henden Ungleichbehandlung ergibt.

Insoweit weist der EuGH darauf hin,dass u. a. ein mit der Religion im Zu-sammenhang stehendes Merkmal nurunter sehr begrenzten Bedingungen ei-ne wesentliche und entscheidende be-rufliche Anforderung darstellen kann.Dieser Begriff verweist nämlich auf ei-ne Anforderung, die von der Art derbetreffenden beruflichen Tätigkeit oderden Bedingungen ihrer Ausübung ob-jektiv vorgegeben ist, und erstreckt

sich nicht auf subjektive Erwägungenwie den Willen des Arbeitgebers, be-sonderen Kundenwünschen zu ent-sprechen.

Der EuGH antwortet daher, dass derWille eines Arbeitgebers, den Wün-schen eines Kunden zu entsprechen,seine Leistungen nicht mehr von einerArbeitnehmerin ausführen zu lassen,die ein islamisches Kopftuch trägt,nicht als eine wesentliche und entschei-dende berufliche Anforderung im Sin-ne der Richtlinie angesehen werdenkann. � EuGH-Urteil vom 14.03.2017 – C-

157/15 und C-188/15

MARKUS STIER alga-Competence-Center

Leiter diverser DATA-KONTEXT-ARGEn EntgeltabrechnungAutor „Einmaleins derEntgeltabrechnung“

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Journalfür das Lohnbüro04|2017

Ein Service der VerlagsgruppeHüthig Jehle Rehm GmbH für die Bezieherdes Lexikons für das Lohnbüro 2017 plus, Journal

Verantwortlich im Sinne der PresseMarkus MattTel.: 02234/[email protected]

GeschäftsführerDr. Karl Ulrich, Hermann Damböck, Sabine Meuschke-Walbert

AdresseVerlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH AbonnentenserviceFrau Jutta MüllerHultschiner Straße 881677 MünchenEmail: [email protected] Telefon: +49 89 2183-7110Telefax: +49 89 2183-7620

NachdruckNachdruck nur mit ausdrücklicherGenehmigung des Verlages und untervoller Quellenangabe.

ISSN 2191-625X

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