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OKTOBER 2015/GQ.DE 57 „WANN IST EIN MANN EIN MANN“ OKTOBER 2015 Gentlemen HAARE + MAKE-UP: ANA LUCIC; OUTFIT: ANZUG BURBERRY PRORSUM, HEMD CALVIN KLEIN JEANS. NAHAUFNAHME Ein deutscher Traum TEXT: JOSIP RADOVI ´ C FOTOS: DIRK BRUNIECKI ELYAS M’BAREK IST DER BEGEHRTESTE MANN DES LANDES. WIR BEGLEITETEN DEN SUPERSTAR EIN HALBES JAHR LANG

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  • OKTOBER 2015/GQ.DE 5 7

    „ W A N N I S T E I N M A N N E I N M A N N “ OKTOBER 2015

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    N A H A U F N A H M E

    Ein deutscherTraum

    TEXT: JOSIP RADOVIĆ FOTOS: DIRK BRUNIECKI

    ELYAS M’BAREK IST DER BEGEHRTESTE MANN DES LANDES. WIR BEGLEITETEN DEN SUPERSTAR EIN HALBES JAHR LANG

  • „WAS BIN ICH? Ein Star?“ Elyas M’Barek reagiert mit einem gleichgültigen Schulterzucken. Mit der Hyste-rie, die sich in den vergangenen zwei Jahren um ihn herum entwickelt hat, fremdelt er. Oder tut er nur so? Er nimmt den Hype um seine Person einfach hin, so scheint es. Vielleicht ist das aber auch nur seine größte schauspielerische Leistung.

    5 8 GQ.DE /OKTOBER 2015

    Gentlemen

    A P R I L

    26.ELYASSUPERSTAR

    l Durch die Rolle als Zeki Müller in „Fack ju Göhte“ schoss Elyas M’Bareks Karriere 2013 auf ein anderes Level. Der zu diesem Zeitpunkt schon erfolgreiche Schauspieler wur de zum deutschen Superstar. Als er Ende April die letzten Szenen der Fortset-zung in München dreht – zu diesem Zeit-punkt haben wir ihn bereits seit Wochen immer wieder getroffen –, ist er noch ent-spannt und verspürt keinen Druck. Mitte August, die erste Rohfassung von Regisseur Bora Dagtekin hat er da gerade gesehen, ist er schon leicht nervös. Erst jetzt scheint ihm bewusst zu werden, dass er sich an den sieben Millionen Zuschauern des ers-ten Teils messen lassen muss.

  • OKTOBER 2015/GQ.DE 5 9

    l Ob unter Dauerbeschuss durch Smartphone-Kameras in Deutschland oder im engsten Freundeskreis auf einem Boot vor der kroatischen Insel Hvar: Der 33-Jährige ist immer vieles zugleich. Gut aussehender Frauenschwarm, bes ter Kumpel, erfolgreicher Karrieremann – deshalb taugt er so gut als Projektionsfläche für einige populäre Sehnsüchte: meistens lässig, manchmal selbstironisch. Dabei, so scheint es, hat der Privatmensch Elyas auch immer den Star M’Barek im Hinterkopf, was ihn oft sehr kontrolliert wirken lässt.

    NAHAUFNAHME

    J U N I

    07.ELYAS, DERPRIVAT- MENSCH

  • Gentlemen

    Abschalten an der kroatischen

    Adriaküste: M’Barek in der Blauen Grotte

    der Insel Bisevo, beim Essen mit

    Freunden auf Vis und mit Hündin Mimi auf einem

    Schlauchboot

    6 0 GQ.DE /OKTOBER 2015

  • NAHAUFNAHME

    OKTOBER 2015/GQ.DE 6 1

    MAN MUSS ES SO SAGEN: DER MANN IST EIN NORMA-LO, MIT BESCHEIDENEN WÜNSCHEN, ALLTÄG-LICHEN HOBBYS UND TRA-DITIONELLEN WERTEN

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    Gentlemen

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    NAHAUFNAHME

    J U N I

    08.MITDISZIPLIN ERFOLG-REICH

    l Schwitzen für den Er-folg: Elyas M’Barek ist ein disziplinierter Arbeiter – auch am eigenen Körper, sogar im Urlaub. Sein Six-pack ist ein Markenzei-chen, seine Physis eben auch Kapital. Damit das erhalten bleibt, achtet der Schauspieler auf sich. Er trainiert fünfmal die Wo-che, meis tens Kraft- und Cardiotraining im Fitness-studio. Gegessen wird auch nicht einfach so. Vor allem nicht, wenn Rollen anstehen. Auch wenn er Pasta liebt, gibt es dann wochenlang kaum Koh-lenhydrate. In solchen Phasen ist er am liebs ten allein, der Hunger quält ihn, er ist gereizt und lau-nisch. Zum Glück habe er gelernt, damit umzuge-hen, sagt er. Und die Ent-schädigung ist ja nicht die schlechteste: Erfolg. Und gute Gagen gibt’s auch.

  • Gentlemen

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    NAHAUFNAHME

    J U L I

    22.DIE ALTE HEIMAT BERLIN

    l Zu Beginn seiner Karri-ere lebte Elyas M’Barek für vier Jahre in Berlin-Mitte. Vor allem, weil er dort bessere Chancen sah, als Schauspieler voranzukommen. Nach-dem 2012 die Kinover-filmung des Serienhits „Türkisch für Anfänger“ sein erster großer Erfolg wurde, orientierte sich der gebürtige Münch- ner wieder in Richtung Süden. Auch, um seiner Familie und den alten Freunden nahe zu sein. Wenn M’Barek in Berlin ist, zieht er am liebs- ten durch Kreuzberg. Ein einfaches, ein berlineri-sches Vergnügen: mit einem Wegbier die Ora-nienstraße herunterlau-fen. Das mag er. Hier ist Berlin so, wie er sich das vorstellt, sagt M’Barek.

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    Gentlemen

    Dass viele Kioske (Spätis) in Berlin-Kreuzberg baye-risches Bier verkaufen, ist ein weiterer Grund für den Schauspieler, seine Freizeit hier zu verbringen – einleuchtend, oder?

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    E Es ist seltsam, sich mit Elyas M’Barek in der Öffentlich-keit zu bewegen, egal, ob man in einem Münchner Biergarten sitzt oder in einer Berliner Szenebar: Der Mann ist immer der Mittelpunkt, auch wenn er sich im Hintergrund hält. Men-schen sprechen ihn an, rufen ihm zu, wollen ständig etwas von ihm. Sie wollen nicht irgendwas. Sie wollen Selfies. Zum Teilen auf Facebook, Instagram, Twitter. Sie wollen Likes, Hashtags, Retweets. Das ist die harte Ego-Währung unserer Zeit. Elyas M’Barek ist wie eine Trophäe auf dem gemein-samen Foto. Er ist ein Allgemeingut, von dem alle profitieren. Die Filmindustrie, er selbst und, klar, das Publikum. Und weil

    sich der Schauspieler als Privatmann frei bewegt und nicht versteckt, ist er eben auch im-mer und jederzeit ein Typ zum Anfassen. So zumindest begreift es das Publikum, das ihn zum Superstar gemacht hat. Es akzeptiert kaum Grenzen, es gibt keine Hemmschwellen. M’Barek selbst kann damit nicht besonders viel anfangen, er muss damit leben. Er spielt das Spiel halt mit, als Prominenter hat er keine Wahl.

    So, wie er hier beim Italiener in Münchens Stadtzentrum sitzt, ist er kein Star, sondern ein ganz gewöhnlicher Typ. Denkt man. Und genau darin liegen Fluch und Segen seines Lebens. Er trägt Slipper, Jeans und T-Shirt. Seine Kleidung ist unauffällig, aber hochwertig. M’Barek ist kein Styler, er will das auch nicht sein. Trotzdem sieht man ihm an, dass er sich seine Gedanken macht. Er bestellt Lachssteak mit gegrilltem Gemüse bei Restaurant- besitzer Mario, der in seinem winzigen Laden nur wenige Sitzplätze hat. Er kocht jeden Tag zwei Gerichte und serviert dazu etwas teurere Weine. Man kennt sich, Stammgäste spricht

    NAHAUFNAHME

  • NAHAUFNAHMEGentlemen

    Mario in einem Mix aus Deutsch und Italie-nisch und mit Vornamen an. Seinem Spezi Elyas bringt er unaufgefordert ein Glas Ape-rol Sprizz. M’Barek ist gut gelaunt, er nimmt einen Schluck und atmet schwer aus. „Ist das geil, oder was!“, sagt er. Er ist braun gebrannt, sein Gesicht glänzt, obwohl dies der erste lauwarme Apriltag des Münchner Frühlings ist. Vor wenigen Tagen ist er aus Thailand zu-rückgekommen, wo er den Großteil des Films „Fack ju Göhte 2“ abgedreht hat. Er erzählt von den Dreharbeiten in Bangkok und im Sü-den des Landes. Alles sehr aufwendig, immer extrem heiß. Was das wieder für eine geile Zeit war, trotz aller Anstrengungen.

    M’Barek ist der beliebteste deutsche Schauspieler. Seine Bekanntheit kam mit ein paar Fernsehrollen und inzwischen einem Dutzend Kinofilmen. Den deutschen Super-starstatus erreichte er dann 2013 mit dem Film „Fack ju Göhte“. Er spielt darin einen Ex-Knacki, der durch einen blöden Zufall zum Aushilfslehrer wird. Ein bisschen über-zogen, eine irre Komödie halt, aber sehr cha-rismatisch, echt und ungehemmt gespielt. Die Rolle passte zum Privatmensch Elyas M’Barek. Es ist kein Zufall, dass der Dreh-buchautor und Regisseur Bora Dagtekin, der den Kinohit schrieb, auch einer der besten Freunde von Elyas M’Barek ist. Er hat ihm

    diese Rolle auf den Leib geschrieben. Den Film sahen mehr als sieben Millionen Men-schen, es ist der vierterfolgreichste deutsche Film aller Zeiten.

    Während er an seinem Lachssteak kaut, stehen drüben auf der anderen Straßenseite zwei junge Frauen und richten ihre Handys auf den Schauspieler. Sie fotografieren ihn, wollen es aber nicht ganz so offensichtlich zeigen und stellen sich etwas unbeholfen an. M’Barek bemerkt das und wird plötzlich ernst. „Hey! Wir sind nicht im Zoo. Und ich bin kein seltsames Tier“, ruft er den beiden Frauen zu, die schnell, aber grinsend davon-gehen. Die Eigenschaften, die er sich selbst zuschreibt, fordert er auch von den anderen ein. Höflichkeit, Pünktlichkeit, Fleiß, Zu-rückhaltung. Diese Dinge sind M’Barek wichtig, wie er selbst sagt. Deutsche Tugen-den. Dass er seit Jahren hauptsächlich Fra-gen zu seinem „Migrationshintergrund“ be-antworten muss, nervt ihn. Das Publikum, das ihn überall und jederzeit für sich einfor-dert, nervt M’Barek nicht. Er nimmt sich für jeden Zeit, der anständig fragt. Oft für ein Selfie, manchmal sogar für ein Gespräch.

    „Ich bin überpünktlich, gehe immer anstän-dig mit den Menschen um mich herum um und war noch nie unvorbereitet am Set. Ich bin immer ready. So bin ich erzogen, das er-halte ich mir, egal, was das Leben noch bringt“, sagt M’Barek, Sohn einer Österrei-cherin und eines Tunesiers. Münchner. So wurde er zum Vorzeigetyp des modernen Deutschlands.

    M’Bareks Kinohit hat auch ganz spezielle Folgen für sein persönliches Leben. Im Film ist er Unterschicht, einfach, nahbar, unge-hemmt und großmäulig. Der Typ, auf den Frauen seltsame, ja, auch unangenehme Fantasien projizieren.

    Als M’Barek eine Cola light auf der Ter ras-se eines Restaurants trinkt, stellt sich eine Frau direkt an den Tisch und spricht hek-tisch in ihr Handy. „Ja, ja! Er ist es! Er sitzt hier und isst. Warte mal.“ Sie fragt ihn tat-sächlich, ob er mit ihrer Tochter tele fonieren wolle, die in der Leitung ist. M’Barek ist ver-wirrt, lehnt ab. Er kenne die Tochter nicht, außerdem sei er in einem Gespräch, es passe gerade nicht. Die Frau wendet sich ab. „Er hat keine Lust. Arrogant!“, sagt sie ins Tele-fon. M’Barek lacht und schüttelt den Kopf. „Man hat keine Chance“, sagt er. „Ich kann es echt nicht jedem recht machen.“

    Die drei von der Baustelle: Anfang Oktober eröffnet M’Barek (li.) mit seinen Freunden und Geschäfts-partnern Fabio Spagna (re.) und Gregor Myszor ein Res taurant

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    A U G U S T

    06.NEUESBUSINESS

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    NAHAUFNAHMEGentlemen

    Als Jugendlicher machte er es wirklich niemandem recht. Er fiel dreimal durch, wur- de vom Gymnasium verwiesen, auf ein ka-tholisches Internat geschickt, kam zurück, ging auf die Hauptschule, weiter auf die Re-alschule, schaffte es wieder aufs Gymnasium und machte sein Abitur, um dann ein paar Semester lustlos BWL zu studieren. Eine Schauspielagentin entdeckte ihn zufällig. Heute lebt er im Zentrum Münchens in einer Wohnung mit Dachterrasse. In der Garage stehen ein Porsche 911 und ein Jeep Wrang-ler. Urlaub macht er in Thailand. Backpack-Trips mit ein paar Kumpels, eine Übernach-tung darf nicht mehr kosten als 20 Euro. Es sind Insignien des Erfolgs, des Prominenten, aber auch des gewöhnlichen Durchschnitts-typen. Da schaffte es einer vom Problemkind zum Liebling der Massen. Für die sich zuwei-len als an den Rand gedrängt empfindenden Migrantenkinder muss er deshalb auch noch eine weitere Rolle spielen: Vorbild.

    Als M’Barek Mitte Juli in Berlin-Kreuz-berg an einem Spätkauf in der Oranienstra-ße nach einem langen Arbeitstag mit einem Freund ein Feierabendbier trinkt, kommt ein junger Türke dazu. Er sieht aus wie eine Miniatur des Rappers Bushido, er will ge-fährlich wirken. „Hey, Elyas! Wie geht’s dir? Ich bin Okan, ich will auch ein Star werden. Wie hast du das geschafft?“ M’Barek antwor-tet, er sei immer fleißig gewesen die letzten Jahre. Was man halt so sagt, eine gute Ant-wort, pädagogisch wertvoll. Er habe auch Glück gehabt, es gäbe da kein Rezept, wie man ein Star wird, es passiere einfach. Es ist so, als lausche er seinen eigenen Worten hinterher, als wolle er den Erfolgsmoment nie mehr loslassen. Verständlich.

    Dann ist da noch der Stratege. Überall dort, wo er seine Marke aufwerten kann, tut er das. Er gibt die Dinge nur aus der Hand, wenn er muss. Während andere Stars ihre Social-Media-Kanäle Werbeagenturen überlassen, postet er immer noch alles selbst. Er sugge-riert 2,3 Millionen Fans auf Facebook oder den 914 000 auf Instagram eine Nähe, die es nicht wirklich gibt. Diese Nahbarkeit ist Teil seines Geschäftsmodells. Sie fällt ihm leicht, weil der Privatmensch Elyas und der Karrie-remann M’Barek ähnlich ticken und han-deln. Aber das führt auch dazu, dass ihn eine Aura der Geheimnislosigkeit umgibt – das widerspricht eigentlich der Definition von Star. Auch wenn man noch so genau hin-guckt, es gibt keinen Aha-Effekt, keine zwei-te Ebene. Keinen Moment, in dem selbst Ely as M’Barek sich in irgendeiner Weise als Mogelpackung entlarvt, als jemand, der sei-ne Rolle als Everybody’s Darling nur spielt,

    DORT, WO ELYAS DIE MARKE M’BAREK AUF-WERTEN KANN, TUT ER ES. ER GIBT DIE DINGE NUR UNGERN AUS DER HAND

    sobald er öffentlichen Raum betritt. Man muss es so sagen: Der Mann ist ein Normalo, mit beschei-denen Wünschen, alltäglichen Hobbys und traditi-onellen Werten. Auch finanziell agiert er konserva-tiv – keine Exzesse, keine eingeflogene Entourage, kein versenkter Rolls. Er investiert sein Geld ganz seriös in Immobilien, eröffnet im Oktober ein Res-taurant in München. Er treibt Sport, liest gern Bü-cher und verbringt seine Freizeit am liebsten mit seinen Freunden. Er guckt hübschen Frauen hin-terher und zahlt auch mal ungefragt die Rechnung für alle. Alles sehr gewöhnlich, unaufgeregt, total bodenständig. Nur, dass bei M’Barek eben alles un-ter Beobachtung passiert. Und wenn es bei ameri-kanischen Superstars die Paparazzi sind, die über-all und jederzeit lauern, sind es beim deutschen Superstar die Smartphones seiner Mitmenschen. Res pektvolle Fotowünsche arbeitet er dann eben routiniert ab. So gut er kann, möchte er das, was

  • NAHAUFNAHMEGentlemen

    über ihn in der Welt verbreitet wird, steuern. Und sei es auch nur das Selfie-Grinsen. Er möchte keine Fotos von sich im Internet sehen, die ihn mit verzerrtem Gesicht und halb vollem Mund dabei zeigen, wie er sein Essen kaut.

    Die seltene Ausnahme im Leben des Kon-trollfetischisten zeigt sich ein paar Wochen später. Anfang Juni ruht er auf einer Strand-liege im „Laganini Beach Club“ auf der kroa-tischen Partyinsel Hvar. Er hat ein paar Tage frei, bevor er nach Barcelona reist, um dort als Testimonial eines Limonadenherstellers einen Werbespot zu drehen. Er hat einen Kumpel dabei.

    Mit Max Vollmar stand er 2008 im Film „Die Welle“ vor der Kamera. Aus Kollegen sind Freunde geworden, auch wenn Max Voll-mar längst nicht mehr als Schauspieler ar-beitet. Freundschaften zu pflegen ist M’Barek sehr wichtig, besonders, wenn es dabei um

    Menschen geht, die ihn schon vor dem Hype kannten. Ihnen vertraut er, sie erwarten nichts von ihm, kein Selfie-Lächeln, keine Oberflächlichkeiten. Am Morgen, bevor die Hitze zuschlägt, hat er Sport getrieben, dann schläft er den halben Tag auf der Strandliege. Anders als viele andere Prominente nimmt M’Barek kaum mal sein Handy in die Hand. Keine Telefonate, keine Nachrichten, keine Fotos. Er ist nicht nur physisch, sondern auch psychisch im Urlaub. Der Schauspieler hat sich ausgeklinkt, er will die freien Tage gut für sich nutzen. Als in der Abenddäm-merung im Restaurant – es liegt in einer ver-steckten Bucht, die man nur mit dem Boot anfahren kann – keine Menschen mehr an-wesend sind, bis auf ein paar Bekannte, wird

    offensichtlich, wie entspannt der Mann sein kann. Er zieht Shorts und T-Shirt aus und springt nackt ins Meer. Er klettert auf ein Surfbrett und lässt sich von einem Motor-boot durch die Bucht ziehen. Kontrolle, Au-ßendarstellung, die Marke M’Barek – alles egal in diesen Momenten. Er ist es schließ-lich sogar, der den GQ-Fotografen auffor-dert, ein paar Bilder zu schießen, während er da nackt auf dem Surfbrett steht. Nur für das Familienalbum, sagt er lachend.

    Ein paar Wochen später bahnt sich M’Barek seinen Weg über die voll besetzte Dachterrasse des „Soho House“ in Berlin. Hier lungern Hotelgäste und Klubmit-glieder, die monatlich dafür bezahlen, am Pool herum. Der Rest macht was mit Medien oder hat zumindest gute Connections, wie man so sagt. Es wird ein bisschen was ge-trunken, über Jobs geredet, Präsenz gezeigt und auf Berlin herabgeschaut. M’Barek ist gern hier. Wann immer er in Berlin zu tun hat, wohnt er in diesem Hotel, nicht zuletzt, weil es hier verboten ist, Fotos zu machen. Er ist noch gar nicht richtig angekommen, da schießt Til Schweiger auf ihn zu und begrüßt ihn überschwänglich mit einer Umarmung. Schweiger lallt M’Barek an. „Hey, Elyas! Wie geht’s dir? Lass uns ein Selfie machen.“ M’Barek ist sichtlich verwundert. „Nicht wieder zuschlagen, Til!“, sagt M’Barek. Da war doch was? Es ist erst zwei Wochen her, da hatte Schweiger M’Barek im Szeneres-taurant „Borchardt“ ins Gesicht geschlagen. Schweiger hörte damals erst auf zu pöbeln, als ein Bodyguard die beiden Schauspieler trennte. M’Barek hatte Wochen zuvor eine Vorstellung von Schweigers Film „Honig im Kopf“ frühzeitig verlassen, was Schweiger so sehr verärgerte, dass er später handgreiflich wurde. M’Barek ließ die peinliche Szene im „Borchardt“ über sich ergehen, wer aus der Rolle fiel, war ja klar. Nun versucht er es mit derselben Taktik im „Soho House“. Er bleibt wieder ganz cool, unnahbar. Er spricht mit Schweiger wie mit einem Fan, der um ein Foto bittet. Nur: Anders als ein M’Barek- Fanatiker soll Schweiger das Selfie nicht pos-ten. „Keine Welle jetzt auf Facebook, ne!“, darauf besteht M’Barek.

    Er hat keine Lust, die nächsten Tage zum Thema des Boulevards zu werden und Inter-views zu geben über eine Versöhnung, gar eine neue Männerfreundschaft, die es gar nicht gibt. Er will seine Ruhe. Der nächste Shitstorm auf Til Schweigers Facebook- Seite bleibt aus. Dann geht M’Barek an die Bar, be-stellt Getränke für sich und seine Freunde. Elyas M’Barek hat alles unter Kontrolle.

    Auch wenn Elyas M’Barek den unbekümmerten Kumpeltypen verkörpert, seine Ziele, den Fokus

    auf das Wesentliche, verliert er nie aus den Augen

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