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E. Jensen-Jarolim & E. Untersmayr 1 Intoleranzen und Allergien gegen Nahrungsmittel 1) Prof. Dr. Erika Jensen-Jarolim Inst. für Pathophysiologie Universität Wien Quellenangabe Abbildungen und Texte: Immunologie (Charles A. Janeway and P. Travers) Atlas of Dermatology (Eds. Diepgen, Simon, Bittdorf, Fartasch und Schuler) http://www.gesundheit.de/roche/ http://www2.ratiopharm.com/index.cfm?ft=1&p=de/de /pub/ratgeber/experten_verstehen.cfm (siehe auch Unterlagen mcw Block 8: 2.3.1 „Natürliche Abwehr“ von Jensen-Jarolim, http://www.univie.ac.at/mcw-block8/Lernunterlagen-Index.htm). 1) Die Inhalte dieser Präsentation sind ausschliesslich für Lehrzwecke bestimmt. Das Skriptum wurden unter Mitarbeit von Dr. Eva Untersmayr, Institut für Pathophysiologie, gestaltet.

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E. Jensen-Jarolim & E. Untersmayr 1

Intoleranzen und Allergiengegen Nahrungsmittel 1)

Prof. Dr. Erika Jensen-JarolimInst. für PathophysiologieUniversität Wien

Quellenangabe Abbildungen und Texte:

Immunologie (Charles A. Janeway and P. Travers)

Atlas of Dermatology (Eds. Diepgen, Simon, Bittdorf, Fartasch und Schuler)

http://www.gesundheit.de/roche/

http://www2.ratiopharm.com/index.cfm?ft=1&p=de/de/pub/ratgeber/experten_verstehen.cfm

(siehe auch Unterlagen mcw Block 8: 2.3.1 „Natürliche Abwehr“ von Jensen-Jarolim, http://www.univie.ac.at/mcw-block8/Lernunterlagen-Index.htm).

1) Die Inhalte dieser Präsentation sind ausschliesslich für Lehrzwecke bestimmt.

Das Skriptum wurden unter Mitarbeit

von Dr. Eva Untersmayr,

Institut für Pathophysiologie,gestaltet.

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Inhaltsverzeichnis

Seite1) Übersicht und Einleitung 32) Toxische Nahrungsmittel (NM) 43) Intoleranzen: Überblick 54) Enzymatische NM-Intoleranzen 65) Enzymatische Intoleranzen, Mechanismen und Klinik, Tests 76) Pharmakologische NM-Intoleranzen 87) Pseudoallergische Reaktionen 98) Immunologische NM-Überempfindlichkeiten 109) Die Typ III Überempfindlichkeit, Beispiel Serumkrankheit 1110) Die Typ III Reaktion und Nahrungsmittel. Heidelberger Kurve. 1211) Die Typ IV Reaktion: Mechanismen und Klinik 1312) Die Sofort-Typ Reaktion 1413) Typ I Allergie: Sensibilisierungs- und Effektorphase 1514) Symptome der Typ I NM-Allergie 1615) Die NM-Allergene 1716) Routen der Sensibilisierung 1817) Kreuzreaktivität zwischen inhalativen und NM-Allergenen 1918) Der Stammbaum allergener Pflanzen 2019) Der anaphylaktische Schock und Maßnahmen 2120) Anaphylaxie: Betroffene Gruppen 2221) Patientenaufklärung 2322) Vorgangsweisen zur Diagnostik 2423) Therapie der Nahrungsmittelallergien 25

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Nahrungsmittelunverträglichkeit

toxisch nicht toxisch

nicht immunologisch immunologisch

Etwa 20 % der Bevölkerung geben an, eine NM-Allergie zu haben, 2 % der Erwachsenen und 6 - 8% der Kinder haben wirklich eine immunologisch bedingte Unverträglichkeit.

Die meisten Berichte von Patienten über NM-Unverträglichkeiten sind daher toxischer oder nicht-immunologischer Ursache.

Oft sind es nur verschwindend kleine Dosen, die zur echten (Typ I vermittelten) Allergie führt. Nicht-immunologisch vermittelte Reaktionen werden oft erst bei Genuss grösserer Mengen ausgelöst (zB. Histaminintoleranz nach Genuss von Käse, Pseudoallergie mit Nesselausschlag nach Erdbeeren, etc.). Reaktionen die der echten, Soforttyp-Allergie (anaphylaktische Reaktion) sehr ähnlich sind, nennt man anaphylaktoid.

Das Spektrum der NM-Unverträglichkeiten ist sehr gross, am besten man geht nach dem oben gezeigten Schema vor.

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Toxin NM Symptome Cyanide Prunoidae Früchte Neuropathie, VerwirrungGlucosinolite Kohl GichtSolanine Kartoffel (roh), Kopfschmerz, Depression

unreife Tomate gastroint.SymptomeAflatoxine Kontaminationen Reye´s Syndrom, Leber

gastroint. SymptomeColza Toxine Raps Öl gastroint. Sy., ZNSHistidin &Scrombotoxine verdorb. Fisch FischvergiftungAtropine D. stramonium Halluzinationen

Toxische Nahrungsmittel

Diese Thema wird im folgenden Abschnitt in Block 13 behandelt. Vorlesung NAHRUNGSMITTEL UND TOXINE 2.1.4 Grasl-Kraupp(Krebsforschung)

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Nahrungsmittelunverträglichkeit

toxisch nicht toxisch

nicht immunologisch= Intoleranz immunologisch

Pseudoallergie(ASS, Histamin, biogene Amine)

psychische Aversion

(konditioniert, zB Spinat)

Enzymdefektepharmakologisch

IntoleranzWerden bestimmte Stoffe vom Organismus nicht vertragen, spricht man von Intoleranz. Verwechselt der Patient durch Selbstdiagnose Intoleranz mit Allergie, kann es zu Mangel- und Fehlernährung kommen.

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Enzymatische NM Intoleranzen

Andere Defekte StörungGalaktose-1-Phosphat Uridyl Transf. GalaktosämiePhenylalanin Hydroxylase PhenylketonurieAldehyd Dehydrogenase Defizienz AlkoholintoleranzGlucose-6 Phospho Dehydrogenase Favismus

Am häufigsten: Die LaktoseAm häufigsten: Die Laktose-- IntoleranzIntoleranz• physiologisch: bei 10-15% der adulten• primär: kongenital, Symptome bei erster Milchfütterung

Ursache für die Milchzuckerunverträglichkeit ist das Fehlen bzw. die unzureichende Produktion des Verdauungsenzyms Laktase. Dieses ist notwendig, um den Milchzucker in seine Einzelbestandteile (Glucose + Galaktose) zu spalten, die dann in das Blut aufgenommen werden können. Das Verdauungsenzym Laktase kommt in der Dünndarmschleimhaut vor. Wird der Milchzucker nicht gespalten und gelangen größere Mengen in untere, mit Bakterien besiedelte Darmabschnitte, dient der Milchzucker den Bakterien als Nährsubstrat. Es entstehen große Mengen an Gasen und organischen Säuren. Diese bewirken ein Einströmen von Wasser in den Darm sowie vermehrte Darmbewegungen.

sekundär: bei gastrointestinalen Infektionen, Entzündungen

Galaktos|ämie: Das – vermehrte – Vorkommen von Galaktose im Blut; G. I: Galaktosediabetes, als G. II: hereditäre Galaktoseintoleranz, G. III: (infolge Galaktoseepimerase-Mangels mit Übelkeit, Erbrechen, Hepatomegalie oder asymptomatisch). Galaktosediabetes: autosomal-rezessiv erbliche Kohlenhydrat-Stoffwechselstörung als Enzymopathie infolge Mangels an Galaktokinase; bedeutet Galaktoseunverträglichkeit wegen Unfähigkeit zur Bildung von Galaktose-1-phosphat; führt zu Galaktosämie mit Galaktosurie (Spätfolge bei Nicht-Diät: Leberzirrhose durch Akkumulation). Ein Teil der Galaktose wird zu D-Xylulose-5-phosphat u. Dulcit abgebaut (letzteres gilt als Verursacher der hierbei auftretenden Katarakt u. von Intelligenzdefekten); ist gutartiger als die erbliche Galaktoseintoleranz. Behandlung: galaktosearme Diät, v.a. Vermeiden der Muttermilch.Phenylketonurie: Seltene erbliche Störung des Stoffwechsels (1:10.000). Aufgrund eines Enzymmangels (Phenylalanin-Hydroxylase) kann Phenylalanin im Körper nicht abgebaut, fällt daher in großen Mengen an und wird in Phenylpyruvat, Phenyllaktat, Phenylacetat etc. umgewandelt. Dies führt zu Schwachsinn, stark verzögerter Entwicklung der geistigen und motorischen Fähigkeiten, mit einer Neigung zu Krämpfen. Heute wird im Rahmen der Routineuntersuchung bei Neugeborenen (am 4.–6. Lebenstag) festgestellt (Guthrietest: Bluttropfen auf Nährboden mit Bakterium subtilis: Bei Wachstum ist Phenylalanin in Blut erhöht), ob möglicherweise eine Phenylketonurie vorliegt. Die Behandlung besteht in einer lebenslangen Diät, die nahezu frei von Phenylalanin ist. Phenylalanin ist auch im Süßstoff Aspartam enthalten, der auch in Arzneimitteln Verwendung findet. Alkoholintoleranz: Durch Interferenz von Pharmaka oder Speisen (zB Pilze: Schopftintling) mit alkoholabbauenden Enzymen, oder durch absolute Defizienz der Aldehyddehydrogenase (Enzym (v.a. der Leberzellen), das aliphatische u. aromatische Aldehyde NAD-abhängig zu Säure oxidiert z.B. Acetaldehyd zu Essigsäure und/oder Defizienz der Alkoholdehydrogenase ADH: Oxidoreductase, die primäre u. sekundäre Alkohole NAD-spezifisch reversibel zu Aldehyden oder Ketonen umsetzt (dehydriert); Die L-ADH ist am Alkoholabbau beteiligt, die ADH der Hefe an der alkoholischen Gärung.Favismus, Fabismus, Bohnenkrankheit; v.a. im Mittelmeerraum vorkommende X-chromosomalvererbte Krankheit mit Mangel an aktiver Glucose-6-phosphat-dehydrogenase u. Unterproduktion von NADPH u. reduziertem Glutathion in den Erythro- u. Thrombozyten. Es treten einige Std. bis 2 Tg. nach Genuß roher Saubohnen (Vicia faba) oder nach Einatmen des Blütenstaubes krisenhafte Hämolysen(mit Anämie) auf sowie allgemeines Unwohlsein, Fieber, Erbrechen, Durchfälle, Leberschmerz, Subikterus, Hämoglobinurie (in 8% letale Anurie), Haut-Schleimhaut-Blutungen. – Auslösung der Krisen außer durch das Aglykon des Convicins u. durch Anthrachinone der Fababohne auch durch best. Heilmittel, z.B. Malariamittel, Sulfonamide, Nitrofurane, Chloramphenicol, Phenacetin.

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Laktose (Disaccharid)

bakterielle Fermentation

kurzkettige Fettsäuren (saure Stühle)H2, CO2

Diarrhoe, Flatulenz, Meteorismusosmotische Diarrhoe

H2O

Diagnose der LaktoseDiagnose der Laktose--IntoleranzIntoleranz•• NahrungsanamneseNahrungsanamnese•• Biopsie: Biopsie: DisaccharidasenDisaccharidasen AktivitätAktivität•• HH22--AtemtestAtemtest

Therapie: EliminationsdiätTherapie: Eliminationsdiät

Xylose-H2-AtemtestXylose wird normalerweise zum größten Teil aktiv aus dem Dünndarm resorbiert. Bei einer Resorptionsstörung im oberen Magen-Darm-Trakt wird Xylose aus dem Dünndarm weiter in den Dickdarm transportiert. Dort wird sie bakteriell zu molekularem Wasserstoff (H2) metabolisiert. Der entstehende Wasserstoff diffundiert durch die Wand des Dickdarms und gelangt mit dem Blutkreislauf in die Alveolen (Lungenbläschen), von wo er abgeatmet wird.Infolgedessen kommt es bei Patienten mit intestinalen Resorptionsstörungen nach Xylosegabe zu einem messbaren Anstieg der H2-Konzentration in der Ausatemluft. Da dies auch bei einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms der Fall sein kann, unterscheidet der Xylose-H2-Atemtest nicht zwischen bakterieller Fehlbesiedlung und MalabsorptionDurchführung der Untersuchung: Am Tag vor der Untersuchung sollte die Ernährung möglichst keine sehr kohlenhydratreichen Mahlzeiten enthalten und weitgehend ballaststofffrei sein. Am Untersuchungstag wird zuerst ein Ausgangswert aus der Ausatemluft gewonnen. Danach erfolgt die Gabe des Testzuckers (beim Xylose-Atemtest werden 200 mL einer Xyloselösung getrunken), und anschließend wird regelmäßig alle 10 Minuten eine Atemprobe zur Bestimmung der H2-Konzentration in der Ausatemluftgewonnen. Die Gesamtdauer der Untersuchung beträgt 3-4 Stunden.H2-Atemtests sollten möglichst nicht innerhalb von 4 Wochen nach einer Antibiotikatherapie oder einer Koloskopie bzw. anderen Untersuchungen mit einer Darmlavage durchgeführt werden!

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Substanz enthalten in Nahrungsmittel: Vasoaktive Amine:Histamin, Tyramin Sauerkraut, Weisswein, Käse, Wurst(Histaminintoleranz) Dosenfisch(Thun), PökelfleischTyramin Grapefruits, Kartoffel, KohlPhenylethylamin Schokolade Octopamin, PhenylephinTryptamin Tomaten5-OH-Tryptamin Banane, AvocadoSpermidina Schweinefleisch, WeizenkeimeHistamin-releaser NM: Eiweiss, Shellfisch, Erdbeeren, Tomaten, (Protamin, Diamine, Zitrusfrüchte, Schokolade, SchweinefleischPolyamine, Peptone) FischNM Zusatzstoffe: Sulfite, Azofarbstoffe (Enzyminhibition?)

Pharmakologische NM IntoleranzenGrosse Mengen notwendig oder Diaminooxidase (DAO)-Defizienz

Diaminooxydase-Aktivität bei NahrungsmittelintoleranzNeben der Histamin-N-Methyltransferase ist die Diaminooxidase das wesentliche Histamin abbauende Enzym im menschlichen Körper. Sie ist vornehmlich in der intestinalen Mukosa lokalisiert und wirkt u.a. als protektiver Faktor gegen in vielen Nahrungsbestandteilen enthaltene biogene Amine. Ferner ist sie für den Abbau von zirkulierendem Histamin verantwortlich. Bei Patienten mit Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten liegt häufig eine Intoleranz gegenüber enteral aufgenommenem Histamin vor, so daß bereits seit längerer Zeit über einen Diaminooxidase-Mangel bei diesen Patienten berichtet wird. Ein Wiener Allergieambulatorium führt zur Zeit DAO Bestimmungen durch (Prof. Jarisch).Biogene Amine: Biogene Amine wie Histamin, Tyramin, Phenylethylamin, Tryptamin, Cadaverin, Putrescin entstehen durch Dekarboxylierung von Aminosäuren und können natürlicherweise als Bestandteil in vielen fermentierten Lebensmitteln wie Käse, Sauerkraut oder Wein vorkommen. Hart- und Schnittkäse können besonders hohe Konzentrationen von biogenen Aminen aufweisen; der Gehalt kann aber innerhalb des gleichen Käsetyps in weiten Bereichen variieren. Dabei stehen mengenmässig Histamin und Tyramin im Vordergrund (Sieber & Lavanchy, 1990), wobei bei 2-3% der Käseproben mit Gehalten >1000 mg/kg zu rechnen ist. Phenylethylamin wird gelegentlich in Mengen von 10-100 mg/kg gefunden. Ein Zusammenhang zwischen Gehalt an biogenen Aminen und Käsequalität besteht aufgrund der bisherigen Erfahrung nicht.

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Rezeptor für IgE (FcεRI)

Mastzelle

Freisetzung vonEntzündungs-

mediatoren

Pseudoallergisch - anaphylaktoid1.) durch FcεRI-mediiertes Triggering:

Lektine (zB. Erdbeeren),anti-FcεRI IgG: Urtikaria2.) Komplementaktivierung: Anaphylatoxine3.) Medikamente: (Codein, Morphin, Mellitin, synthet. ACTH)

C3a, C4a, C5a:Anaphylatoxine

Lektin

CR

Pseudoallergie und "echte" Allergien werden oft miteinander verwechselt. Bei beiden sind die Symptome zwar ähnlich, jedoch unterscheidet sich das ursächliche Krankheitsgeschehen. Bei der Pseudoallergie ist das Immunsystem nicht beteiligt; im Blut der betroffenen Personen werden keine Antikörper gebildet. Wie bei Allergien kommt es ist zur Ausschüttung von Histamin aus den Mastzellen, die zu allergie-ähnlichen Symptomen und Krankheitsverläufen führen. Bei der Pseudoallergie sind es bestimmte, in den Lebensmitteln enthaltene Botenstoffe, die eine Histaminausschüttung auslösen. Anders als Symptome bei Allergien sind pseudoallergische Reaktionen oft dosisabhängig. Daher können betroffene Personen geringe Mengen des jeweiligen pseudoallergischen Stoffes essen, ohne dass Krankheitssysmptome auftreten. Bekannte pseudoallergische Stoffe sind: Acetylsalicylsäure, Geschmacksverstärker Glutaminsäure (E620); bekannt auch unter „China-Restaurant-Syndrom“, da Glutamat gern in der asiatischen Küche verwendet wird. Bei bestimmten Lebensmittelzusatzstoffen werden keine Antikörper gebildet, jedoch Histamin ausgeschüttet wie bei einer „echten Allergie“. Mögliche Auslöser von pseudoallergischen Reaktionen sind etwa Benzoesäure (E210), Sorbinsäure (E200), die Azofarbstoffe oder einige naturidentische Aromastoffe.Krankheitsbilder wie die chronische Nesselsucht (Urtikaria), immer wieder auftretende Schwellungen (Angioödeme, Niesschnupfen oder nicht-allergisches Asthma sind häufig pseudo-allergischer Natur. Trotz der starken Beeinträchtigung und der schwierigeren Behandlungswahl haben pseudo-allergische Reaktionen den Vorteil, in der Regel keine lebensbedrohenden Zwischenfällen - wie allergische Reaktionen - auszulösen.Besondere Situation Urtikaria: Die Urtikaria kann allergische (Nahrungsmittel) aber auch pseudoallergische Ursachen haben, wie zB. Genuss von Lektin-halltigen NM (Erdbeeren, Zitrusfrüchte): Diagnostisch gescreent wird neben einer allergologischen Untersuchung nach Infektionen (Campylobacter, Helicobacter, Salmonellen, etc.) Kürzlich wurde die Beteiligung von Anti-FcεRI Antikörpern als Trigger von Urtikaria beschrieben (also immunologisch, aber nicht NM-abhängig)

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Nahrungsmittelunverträglichkeit

toxisch nicht toxisch

nicht immunologisch= Intoleranz immunologisch

Sofort-Typ (Typ I)(häufig)

Pseudoallergie(ASS, Histamin, biogene Amine)

psychische Aversion

(konditioniert)

Enzymdefekte

pharmakologisch

Verzögert:Typ III, IV

(selten)

Wahrscheinlich sind alle vier bekannten Typen der Hypersensitivitäten (nach Coombsund Gell; 1963 definiert) an immunologischen Nahrungsmittel-unverträglichkeiten beteiligt.

Typ I: anaphylaktische SofortreaktionTyp II. Zytotoxische ReaktionTyp III: ImmunkomplexreaktionTyp IV: verzögerte Immunreaktion

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Typ III: Immunkomplexreaktion

• lokal: Arthusphänomen (hohe Ak.Titer)• generalisiert (viel Antigen, wenig Ak)• Immunkomplexe aus Ak und Antigen - Komplementaktivierung - Entzündung

Beispiele:• all. Alveolitis (Farmerlunge)• Immunkomplexnephritis• Lupus erythematodes• Rheumatoide Arthritis

• Serumkrankheit• Vaskulitis• Gelenksschmerzen• allergischer Medikamenteneffekt

Schon lange ist bekannt, dass nach Nahrungsaufnahme auch Immunkomplexe aus NM und Immunglobulinen zirkulieren (Carini und Brostoff 1987). Ob dies Typ III Hypersensitivitäten hervorrufen, die direkt in Zusammenhang stehen,wurde diskutiert, ist aber zur Zeit kein besonderes Highlight in der Literatur.

Serumkrankheit:

Tierseren als Quelle neutralisierender Antikörper

(früher: Pneumokokken, heute Schlangengifte)

Nicht sensibilisierter Organismus formiert Antikörper

Immunkomplex-Bildung, Phagozyten- und

Komplementaktivierung

Vasculitis, Arthritis, Nephritis, Fieber

Selbstlimitierend

Nach zweiter Serumapplikation Symptome nach 2 Tagen

1 Woche

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Nahrungsmittelallergie: Typ III

Erhöhte Permeabilität?(akute Enteritis)Allergen

ImmunkomplexeIgA, IgE, IgG, IgMAntigenüberschuß: löslichAntigenkarenz: Ausfall

Komplementaktivierung:C3a, C5a

Plättchen:Mikrothrombi

PAF

NCFEndothel

IgA-Mangel?

Die Typ III Reaktion gegen NM könnte man sich so vorstellen, dass zB. durch eine erhöhte Permeabilität des Darmes vermehrt Antigen durchkommt, das Antikörperbildung anregt und, wie in den Heidelberger-Kendall Kurven (siehe unten) beschrieben, zu Immunkomplexen führt. Diese sind zuerst löslich, dann ergibt sich ein Bild ähnlich der Serumkrankheit, wenn etwa 10 Tage nach Antigenexposition die IgG Titer so hoch sind, dass es zum Ausfallen der Komplexe in Geweben kommt (Nierenglomerula, bradytropheGewebe wie Gelenke, Haut, Blutgefäße). Es kommt zur Thrombozytenaggregation, sowie Aktivierung des Komplementsystem über den klassischen Weg (siehe mcw Block 8: 2.3.1 „Natürliche Abwehr“, Erika Jensen-Jarolim, http://www.univie.ac.at/mcw-block8/Lernunterlagen-Index.htm). Das bedeutet Entzündung mit lokalen und systemischen Reaktionen (grippeähnliche Symptomatik wie Fieber, Gelenksbeschwerden,....Immunkomplexe werden zumeist über das RES abgeräumt sind. Bei wiederholter Antigenexposition evtl. chron. Schäden wie SLE (siehe dort). Eine Problematik kann sich bei Antigenkarenz ergeben, wobei laut Kurve wieder unlösliche, ausfallende Komplexe und Symptome entstehen können.

Kleine, lösliche Komplexe

Kleine, lösliche Komplexe

Grosse, unlösliche Komplexe

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Typ IV: verzögerte Immunreaktion• Auslöser anorganische Moleküle,

Metalle, oder Proteine • nur zellulär vermittelt, 24 - 48 h nach

Kontakt dichte lymphozytäreInfiltration und Spongiose –Ekzem

• T Zellen vom Typ TH1 (Helfer) und CTL (zytotoxische) beteiligt.

Bei NM-Allergie: Bedeutung der Typ IV Reaktion in Exazerbation der atopischen Dermatitis. Atopische NM wie Milch, Eier, Fisch, Krustentiere, aber auchNM die Nickel enthalten spielen eine Rolle. - Patienten müssen Diäten halten.

Testung durch Atopie-Patch Test, Ablesung nach 24-48h

Kontakt 12h 48h 72 h

Die Neurodermitis (auch: Atopische Dermatitis oder AtopischesEkzem) ist eine der häufigsten Hauterkrankungen. In Österreich leiden schätzungsweise zwischen 2 und 10 % der Bevölkerung unterschiedlich stark unter dieser chronischen Hauterkrankung. Noch 1960 waren lediglich 3 % aller Vorschulkinder von Neurodermitis betroffen - heute sind es bis zu 15 %.

Bei Patienten mit atopischer Dermatitis (Neurodermitis beim Säugling) kann Nahrung einen Schub auslösen. Die Dynamik kann sein: Sofortreaktion mit Pruritus (Typ I), oder Spätreaktion nach etwa 24 Stunden (T-Zellvermittelt). Mögliche Testung: Vorbereitung des Patienten durch Oligoallergene Basiskost (Milchhydrolysate bei Kindern). Dann Provokation mit Kuhmilch, Eiern, Weizenprodukte, Gemüsesorten, Obstsorten, Fleischsorten etc. durch schrittweise Neueinführung (alle 4 –7 Tage).

Definition Atopie: Erhöhtes Gesamt IgE, Neigung zu Ekzemen und inhalativenAllergien, genetische Belastung. Merke: Nicht jeder Atopiker muss Allergie-Symptome entwickeln, und nicht jeder Allergiker ist auch ein Atopiker.

Quelle: Alexanderhausklinik Davos.

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Nahrungsmittelunverträglichkeit

toxisch nicht toxisch

nicht immunologisch= Intoleranz immunologisch

Sofort-Typ (Typ I)

Pseudoallergie(ASS, Histamin, biogene Amine)

psychische Aversion

(konditioniert)

Enzymdefekte

pharmakologisch

Verzögert:Typ III, IV

Unter den immunologischen NM-Intoleranzen ist die Typ I Allergie die häufigste. Charakteristischerweise wird sie durch IgE Antikörper vermittelt und die Symptome setzen Minuten (an der Kontaktstelle) bis 1-2 Stunden nach der Nahrungsaufnahme (bei intestinaler Resorption des Allergens und Verteilung über Blutkreislauf) ein.

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Typ I Allergie: Die Sofortreaktion1.) Sensibilisierungsphase:

Bildung von IgE Antikörpern2.) Effektorphase: Mastzellen, Basophile

Chronisches Stadium: Eosinophile, Makrophagen, Fibroblasten

Hochaffiner Rezeptor für IgE: FcεRI

Mastzelle

IgE

Allergen

Freisetzung vonEntzündungs-

mediatoren

Sensibilisierungsphase: Dabei spielt das Alter der Antigenexposition eine Rolle (zB. zufrühe Kuhmilchverabreichung), andererseits werden der Zustand des Darmes (erhöhte Permeabilität im Säuglingsalter) für Sensibilisierung verantwortlich gemacht, weil erhöhte Antigenmengen (unverdaut wegen der Unreife des Darmes) passieren können. Um die Geburt herum ist die Immunitätlage in Richtung TH2 verschoben (T Helferzellen dominieren, produzieren IL-4, ein Isotypswitch nach IgE wird erleichtert). Man geht davon aus, dass diese Phase entscheidend für die Entwicklung der kindlichen Allergie ist. Zudem weiss man, dass auch mit der Muttermilch NM-Allergene an das Kind herankommen. Ist die Familie erblich belastet (Atopiker), dann kann man an die Mutter Empfehlungen für Allergenarme Kost während der Stillzeit geben. Andererseits können Patienten, die an einer inhalativen Allergie (Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare,..) leiden, sekundär eine NM-Allergie entwickeln (Stichwort Kreuzreaktivität, siehe unten). Dies können Kinder, aber auch Erwachsene sein. Erwachsene zeigen aber auch manchmal isolierte Allergien, sogar Anaphylaxien gegen relativ exotische NM. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass Patienten deren Magen hypoazidist (zB. Antazidaverabreichung bei Ulcus) vermehrt unverdaute NM passieren lassen, die sensibilisieren können und zur spezifischen IgE Induktion führen.

IgE sensibilisieren Mastzellen, Granulozyten

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Symptome bei NM-Allergie• Lokal: Orales Allergiesyndrom, sporadische Form des Quincke Ödems,Ösophagitis, Gastritis, Erbrechen, Durchfälle, Schmerzen

• Systemisch: Nesselausschlag, Schwellungen, Ekzeme, Heuschnupfen, Asthma, Schock

• Unsicher: Migräne, Gelenksschmerzen, chron.Urtikaria, Verhaltensstörungen

Effektorphase: Das meiste IgE im Patienten ist durch seine hohe Affinität für seinen Rezeptor (FcεRI) an Mastzellen und Basophilen zellgebunden. Die Werte, die wir im Serum bestimmen, spiegeln die Situation an der Mukosa daher nur unzureichend wider (Problem bei NM-Diagnostik). Wenn der sensibilisierte Patient das Allergen zum 2. Mal trifft, kommt es zum Triggering der Effektorzellen durch Kreuzvernetzung von IgE: Symptome innerhalb von Minuten oder sofort nach intestinaler Resorption und Verteilung über das Blut desNahrungsallergens treten ein. Aus Mastzellen werden freigesetzt:präformierte Mediatoren: Machen SOFORTREAKTION. Histamin (H1-Rez.: Gefäße, Glatte Muskulatur Bronchien,…), Serotonin, Heparin, chemotaktische und proteolytischeFaktorenAktivierte Phospholipase A2 macht SPÄTREAKTION ca. 6h nach Provokation!Slow-Reacting Substance of Anaphylaxis (SRS)(siehe mcw Block 8: 2.3.1 „Natürliche Abwehr“, Erika Jensen-Jarolim,http://www.univie.ac.at/mcw-block8/Lernunterlagen-Index.htm). )

Die Symptome bei NM Allergie sind lokaler Natur (entlang der Schluckstraße), das leichteste Symptom ist Juckreiz der Lippen, Ohrenjucken, Heiserkeit, Rhinokonjunktivitis.Wird ein Teil des NM erfolgreich verschluckt, ist die Symptomatik von gastroenterologischenBeschwerden geprägt: Dyspepsie, Erbrechen, Nausea. Nach der lokalen Reaktion an der Eintrittspforte kann eine zweite Welle folgen, die erst nach Resorption der Proteine, und daher zeitlich verzögert, eintritt. Sie ist in der Regel von systemischen Reaktionen geprägt, das heisst Reaktion anderer als gastrointestinaler Organsysteme. Dazu zählen auch Rhinokonjunktivitis, Asthma, Urtikaria, etc. Durch Reaktion von freigesetztem Histamin an der H1-Rezeptoren der vaskulären Endothelien, kann es zu Blutdruckabfall kommen, was zum gefürchteten anaphylaktischen Schock führen kann.

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Nahrungsmittelallergene• Gemüse (Sellerie)• Obst (Äpfel, Nüsse)• Salate• Milch-, Milchprodukte 15-20 %• Hühnereiweiß 10 %• Fisch 7,2 %• Krebse, Muscheln 5,2 %• Fleisch 4,5 %• Gewürze, Samen: 2,5 %

42 %

Die Tabelle zeigt die Prävalenz der Allergene beim Erwachsenen. Pflanzennahrung, der klare Spitzenreiter, verursacht in der Regel aber keine schweren, sondern lokale Symptome. Gefährlicher, aber seltener, sind Schalentiere, Nüsse, Gewürze, besonders durch das „Küchengeheimnis“, bzw. schlechte Deklaration der Inhaltsstoffe an Produkten.

Bei den Kindern sind Milch, Eier und Nüsse die wichtigsten und häufigsten Allergene.

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Welche NM?OAS

1.) Sensibilisierung über Allergen-Inhalation

2.) Sensibilisierung oral: Allergene überstehen gastrischen Verdau

Die Lehrmeinung zur Zeit ist, dass NM-Allergien über Inhalation oder orale Sensibilisierungen entstehen können. Bei der inhalativen Sensibilisierung wird zuerst ein Allergen eingeatmet (zB. Pollen, Tierhaare, organische Stäube), es kommt zur Entstehung von IgE, das primär zur klassischen Typ I Allergie führt (Rhinokonjunktivitis, Asthma, etc.). Weil dieses IgE ähnliche Epitope an Proteinen in der Nahrung erkennt, kommt es zur sogenannten Kreuzreaktivität. Das heisst, dass bei Aufnahme der ähnlichen (homologen) Proteine im NM das bereits vorhandene IgE getriggert werden kann und eben NM-assoziierte Symptome entstehen. In diesen Fällen kommt es aber eher zu schwächeren Reaktionen zu einem OAS (oralen Allergiesyndrom). Die nächste Seite gibt Beispiele für klassische Kreuzreaktivitäten). Sensibilisieren über die orale Route kann a.) ein verdauungsresistentes Protein. zB. Ovalbumin (aus dem Ei) ist sehr verdauungsresistent und daher ein wichtiges NM-Allergen, besondern bei Kindern); Oral sensibilisieren kann aber auch b) ein prinzipiell verdauliches Protein, welches unter Antazidität unverdaut bleibt. Niedrige pH Werte im Magen sind für die Aktivierung von Pepsinogenen in aktive Pepsine verantwortlich. Hypoazidität kann viele Ursachen haben, wichtig ist, dass sie iatrogen induziert werden kann, indem Antazida dem Patienten verabreicht werden. Nimmt er gleichzeitig ein neues Antigen zu sich, dann kann es zurAllergisierung kommen (Eigene Arbeiten: Untersmayr et al., Journal of Allergy and Clin. Immunology, September 2003).Im Umkehrschluss ist die reguläre Degradierung wichtig für die Entstehung oraler Toleranz. Bleiben Proteine intakt, sind sie potentiell allergen.

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Ad 1.) KreuzreaktivitätenInhalation von Symptome mit• Birkenpollen - Äpfel, Nüsse, Gemüse• Beifußpollen - Sellerie, Gewürze• Ragweedpollen - Melone, Banane• Latex - Banane, Avocado, Kiwi• Graspollen - Tomate, Kartoffel• Vögel - Eier• Rinderepithelien - Milch• Fischfutter - Shrimps, Krabben, Kürbiskerne

Birken-pollen

ApfelBirkenallergenBet v I : leicht verdaubar, macht OAS

1: unverdaut2: 5 sec HCl

plus Pepsin

1 2

Lange bevor man Allergenmoleküle genau analysiert hatte, wussten Allergologenvon der Klinik her schon, dass es Kreuzreaktivitäten zwischen Allergenen gibt. Patienten die eine Birkenpollenallergie haben, vertragen oft keine Äpfel, sie reagieren mit Jucken und Schwellungen der Mundschleimhaut (orales Allergiesyndrom, OAS). Serum IgE gegen Birkenpollen lässt sich zB. durchPräabsorption mit Proteinen aus Haselnüssen binden. Viele der beschriebenen Kreuzreaktivitäten haben sich in den letzten Jahren auf molekularer Ebene bestätigen lassen. Es handelt sich bei den Allergenen um Moleküle, deren Funktion in der tierischen oder pflanzlichen Zelle so wichtig ist, dass sie konserviert werden. Sie kommen daher weitverbreitet, nicht ident aber ähnlich in unterschiedlichsten Familien vor. Die bekanntesten Pflanzen-Allergene haben mit der Abwehr von Mikroorganismen oder Viren, Pilzen, etc., also mit Krankheitsabwehr der Pflanzen zu tun (Darumsind sie eben auch konserviert). Sie werden als Pathogenesis-related proteins (PR-proteins) bezeichnet Wir gehen davon aus, dass die Umwelt nicht nur uns, sondern auch die Pflanzen krank macht.. Ist die Pflanze erkrankt (Stress, Abgase, Ozon, Infektion), dann exprimiert sie zu ihrem Schutz diese Proteine vermehrt. Auf der einen Seite sind wir gegen Allergene empfänglicher, weil unsere Schleimhäute der Lungen durch konstante Entzündung (Umweltbelastung, Stäube) permeabler sind. Andererseits produzieren die Pflanzen vermehrt PR Proteine, die eben Allergenedarstellen.

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MAGNOLIATAE (Dicotyledonae)

LILIATAE (Monocotyledoneae)

RosidaeFabales / Fabaceae / Pisum, PhaseolusRosales / Rosaceae / MalusAraliales / Apiaceae / Apium, PetroselinumHamamelididae

Fagales / Betula, Alnus, Corylus

Dilleniidae

Asteridae / Tubillorae / Solanaceae / Solanum

Caryophylidae

MagnoliidaeMagnolianae / Piperaceae

Avecidae

CommelinidaePoales / PoaceaePhleum, Lolium, Secale

LilidaeLiliales / Liliaceae /Asparagus

Alismatidae

Phylogenetischer Stammbaum

Das vielleicht berühmteste Allergen ist das Hauptallergen der Birke, Bet v 1 (Betulaverrucosa, die Warzenbirke) aus der Familie der Fagales. Es ist ein gutes Beispiel für ein konserviertes Protein. Seine Homologen kommen weitverbreitet im phylogenetischen Stammbaum vor, (zweikeimblättrige und einkeimblättrige): Apfel (Rosaceae), Spargel (Liliaceae), Erbse (Fabaceae), Sellerie, Kümmel, Petersil, Karotte (Apiaceae),…Das erklärt, warum Hyposensibilisierungen mit zB. Birkenextrakt positiven Einfluss auf eine gleichzeitige NM-Allergie zu einem homologen Molekül hat.

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Ad 2.) NM die Schock verursachten

BananeBanane

FalafelburgerFalafelburger

KamilleKamille

CampariCampari KaviarKaviar

FischeFische MilchMilch

SchneckenSchnecken

KustentiereKustentiere

NüsseNüsse

AvocadoAvocado

Die Anaphylaxie ist gefürchtet, weil nur Sofortmassnahmen lebensrettend sein können:

• Lagerung waagrecht• Adrenalin i.v.• Volumen (siehen nächstes Blatt)

Patienten erhalten ein Notfallset verschrieben (Epipen – Adrenalinpen für s.c. Verabreichung)

Die NM welche für Anaphylaxien verantwortlich sind, sind je nach Ernährungsgewohnheiten unterschiedlich. In den USA liegt die Erdnuss an der Spitze, in Europa Milch, Nüsse und Fisch.

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Anaphylaktischer Schock nach NM• 10 - 100 min nach dem Essen - Kollaps

• Pro Jahr in USA ca. 30.000 anaphylaktische Reaktionen

• 125 - 150 davon mit tödlichem Verlauf

• Nussallergie: Frauen 1:1000, Männer 1:2000

Alter 0-5 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50+Milch 2 3 1Erdnuß 2 4 3 2Nüsse 2 5 1 2 1Walnuß 1 1 2 1Seafood 2 1 1 1andere 1 1 1 1 2 1

Besonders die mittlere Altersgruppe ist gefährdet, Anaphalaxien zu entwickeln.Diese Personen sind beruflich gestresst und leiden oft unter dyspeptischen oder gastritischen Beschwerden, oder haben Ulcera. Studien zeigen, dass 10% der mittleren Alterschicht Magensäurehemmer konsumieren, oft auch ohne den Arzt zu konsultieren. Wichtigste Wirksubstanzen sind H2 Rezeptorblocker (Ranitidin), Protonenpumpenhemmer (Omeprazol), und SäurebindendeAluminium- oder Bismuthverbindungen (Sucralfat, etc). Diese Medikamente hindern durch Verminderung der Säureproduktion, oder deren Neutralisation dieProteinverdauung durch Pepsin und machen orale Sensibilisierung und auch ein leichteres Triggern möglich. Wir gehen davon aus, dass Patienten innerhalb dieser Therapie nur bereits bekannte alltägliche Nahrung zu sich nehmen sollten, jedoch keine exotischen neue NM konsumieren sollten.

Therapie der AnaphylaxieInitial:• Stop Allergenexposition• Freihalten der Luftwege und O2-Gabe• Intravaskuläre Volumensubstitution (2-4 l)• Epinephringabe

Sekundär:• Antihistaminika• Katecholamin Infusion• Korticosteroide• Aminophyllin• Albuterol• Na-Bicarbonat

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Aufklärung von Anaphylaxie-gefährdeten Patienten:• Asthmatiker gefährdeter

• Adrenalin-Pen: Training

• Flache Lagerung bei Blutdruckabfall

• Detaillierte Kennzeichnung

von Nahrungsmitteln beachten

Besonders wichtig ist die richtige Lagerung. Im anaphylaktischen Schock ist die terminale Strombahn, das Kapillarbett, maximal erweitert. Zentral besteht daher eine relative Hypovolämie. Zu frühes Aufrichten des Patienten kann einen Kollaps der Vena cava inferior hervorrufen – und zum Herztod führen.

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Vorgangsweise bei NM-Allergie• Anamnese deutlicher Bezug zur Exposition

Besserung bei NM KarenzFamilienanamnese bezügl. AtopieTagebuch

• Serologie PRIST > 100 kU/l, RAST: • Hauttest Skin Prick Test oder Prick-to-Prick• Provokationstest: offen, blind oder DBPCFC

(Doppel-Blind-Plazebo-kontrollierter Food Challenge)• Allergen-freie Diät (Besserung nach 2-6 Wo)• Allergenkarenz – Reintroduktion schrittweise einzelner NM

Serum-IgE

anti-IgE

AllergenPrinzip des RAST (Radio Allergo Sorbent Test)

Die Diagnostik kann schwierig sein, Patienten haben oft einen langen Weg bis zur Diagnose hinter sich und der Leidensdruck ist groß. Bei Allergien und auch bei Intoleranzen, wird Nahrungsaufnahme nicht als etwas Positives empfunden, es können sogar ernste Malnutritionen auftreten. Kinder mit Milchallergie: schwere Hypoproteinämien, Ödeme, Infektanfälligkeit, Hypovitaminosen, psychische Instabilität.

Hautteste und spezifische Serum-IgE Antikörper geben nur ungenügend Aufschluss über die Situation am betroffenen Organ, der gastrointestinalen Mukosa.

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Therapie• Allergenkarenz! Schwierig wenn Patient auf viele NM,bzw. nutritiv wichtige NM allergisch ist! Gefahr: Malnutrition • Deklaration der Inhaltsstoffe (siehe Abbildung)• Medikamentös:

zB. Mastzell Membran-Stabilisatoren (Sodium-Cromoglycat)

• Hyposensibilisierung mit kreuzreaktiven Pollenallergenen: Erste Erfolge.

• Hyposensibilisierung mit NM-Allergen: Kontroversiell, aber optimistisch.