interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer parameter auf die fläche

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Technische Universität Dresden Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften Institut für Geographie Lehrstuhl für Physische Geographie / Regionale Geographie Mitteleuropas Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Diplom-Geograph Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche Überblick über verfügbare Systeme, Sensitivitätsstudie und Anwendungsprogrammierung für das System IMMIKART-GIS in ArcGIS eingereicht von: Thomas Becker; Matrikel-Nr.: 2546561 Betreuer: Prof. Dr. habil. Arno Kleber, Technische Universität Dresden Dr. rer. nat. Ingo Düring, Ingenieurbüro Lohmeyer Dresden Dresden, den 7. Januar 2004

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Diplomarbeit - Thomas BeckerInterpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche Überblick über verfügbare Systeme, Sensitivitätsstudie und Anwendungsprogrammierung für das System IMMIKART-GIS in ArcGIS

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Page 1: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Technische Universität Dresden

Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften

Institut für Geographie

Lehrstuhl für Physische Geographie / Regionale Geographie Mitteleuropas

Diplomarbeitzur Erlangung des akademischen Grades

Diplom-Geograph

Interpolationsverfahren für die Übertragungumweltmeteorologischer Parameter

auf die Fläche

Überblick über verfügbare Systeme, Sensitivitätsstudie und

Anwendungsprogrammierung für das System IMMIKART-GIS in ArcGIS

eingereicht von: Thomas Becker; Matrikel-Nr.: 2546561

Betreuer:Prof. Dr. habil. Arno Kleber, Technische Universität Dresden

Dr. rer. nat. Ingo Düring, Ingenieurbüro Lohmeyer Dresden

Dresden, den 7. Januar 2004

Page 2: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche
Page 3: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Doktor habil. Arno Kleber, der die Betreuung

dieser Diplomarbeit, die nicht unbedingt in seinem üblichen Forschungsgebiet angesie-

delt ist, übernommen hat und Herrn Doktor rer. nat. Ingo Düring vom Ingenieurbüro

Lohmeyer.

Weiterer Dank gebührt allen Mitarbeitern des Ingenieurbüros Lohmeyer Dresden, ins-

besondere Diplom-Meteorologin Antje Moldenhauer und Diplom-Ingenieur Helmut Lor-

entz, die stets Zeit für Fragen, Diskussionen und konstruktive Kritik aufbringen konnten.

Dem Landesamt für Umwelt und Geologie, im Speziellen Herrn Wolf, ist für die Bereit-

stellung der Messwerte des sächsischen Immissionsmessnetzes zu danken.

Page 4: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche
Page 5: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Aufgabenstellung für die Diplomarbeit

Geostatistische Verfahren werden in vielfältiger Hinsicht im Bereich der Geoinformatik

und im Gutachterwesen sowie bei der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt. Deshalb existieren

verschiedene Systeme auf dem Markt. Diese sind an die entsprechenden Anwendungs-

gebiete angepasst. Das Ingenieurbüro Lohmeyer z. B. entwickelte und betreibt das Sys-

tem IMMIKART-GIS zur Berechnung und Visualisierung von flächenhaften Luftschad-

stoffkonzentrationen. Das Ziel dieser Arbeit war die Erweiterung des Programmsystems

IMMIKART-GIS um ein Modul zur Abschätzung der Schadstoffbelastungen an Haupt-

verkehrsstraßen außerhalb von Ortschaften.

Die vorzulegende Diplomarbeit umfasst folgende Teilaufgaben:

1. Erarbeitung eines Überblickes und Durchführung eines Vergleiches derzeit primär in

Deutschland, aber auch im benachbarten europäischen Ausland, eingesetzter Ver-

fahren zur Übertragung punktuell gemessener umweltmeteorologischer Parameter

auf die Fläche,

2. Vergleich verschiedener Interpolationsverfahren miteinander einschließlich einer

Sensitivitätsstudie innerhalb IMMIKART-GIS,

3. Erweiterung von IMMIKART-GIS um ein Modul zur Abschätzung von Schadstoff-

belastungen an Hauptverkehrsstraßen außerhalb von Ortschaften,

4. Programmtechnische Umsetzung dieser Erweiterung innerhalb von IMMIKART-

GIS in der Programmiersprache „ObjectPascal“ unter Verwendung der Oberfläche

von „DELPHI™“.

Page 6: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich versichere, dass ich diese Diplomarbeit selbstständig verfasst und keine anderen als

die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die im Wortlaut oder dem

Sinn nach anderen Werken entnommen sind, wurden als solche unter Angabe der Quellen

kenntlich gemacht.

Page 7: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Kurzreferat

Ausgehend von der Beschreibung der Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung,

gibt die Arbeit einen Einblick in die Umsetzung von geostatistischen Interpolationsver-

fahren und Ausbreitungsrechnungen im Rahmen von IMMIKART-GIS.

Anschließend wird die Erweiterung des Programmsystems um ein Modul zur Berechnung

von Schadstoffbelastungen an Hauptverkehrsstraßen außerhalb von Ortschaften, unter

Berücksichtigung von MLuS 02, erläutert.

Abschließend erfolgt ein Vergleich der in IMMIKART-GIS verwendeten Interpolations-

verfahren, einschließlich einer Sensitivitätsstudie innerhalb von IMMIKART-GIS.

Abstract

This work introduces the realisation of geo-statistical interpolation methods and disper-

sal computations within the framework of IMMIKART-GIS. It is based on the descrip-

tion of methods of the area-measured representation of immissions.

Furthermore, the extension of the program system is explained in order to calculate the

concentration of noxious substances on main roads out of cities. Thereby MLuS 02 is

considered.

Finally, a comparison of the interpolation methods used in IMMIKART-GIS follows,

including a study concerning the sensitivity.

Diese Arbeit wurde mit

LATEX2ε gesetzt.

Page 8: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Der geographische Bezug 1

2 Grundlagen der Luftreinhaltung 3

2.1 Erläuterung von Fachausdrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.2 Die natürliche Zusammensetzung der Luft . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2.3 Ausgewählte Primärschadstoffe und deren Wirkung . . . . . . . . . . . . 6

2.3.1 Stickstoffoxide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2.3.2 Schwefeldioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3.3 Benzol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.3.4 Schwebstäube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.4 Der sekundäre Luftschadstoff Ozon und seine Wirkung . . . . . . . . . . 16

2.5 Luftreinhaltevorschriften in der Bundesrepublik Deutschland . . . . . . . 19

2.5.1 Bundes-Immissionsschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

2.5.2 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2.5.3 EU-Richtlinien zum allgemeinen Immissionsschutz . . . . . . . . . 21

3 Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung 24

3.1 Vorbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.2 Geostatistische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

3.3 Ausbreitungsberechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

3.4 Kombinierte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

3.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4 Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS 39

4.1 Das Modul IMMIKART Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4.1.1 Eingangsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

4.1.2 Berechnungsalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

4.2 Das Modul IMMIKART Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4.2.1 Eingangsdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

I

Page 9: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Inhaltsverzeichnis

4.2.2 Emissionsbestimmung für PM10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

4.2.3 Emissionsbestimmung für Ruß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

4.2.4 Berechnungsalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

5 Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS 57

5.1 MLuS 02 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

5.1.1 Abschätzung der mittleren Windgeschwindigkeit . . . . . . . . . . 58

5.2 Erweiterung von IMMIKART-GIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

5.3 Anwendungsprogrammierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

5.3.1 Das Modul IMMIKART Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

5.3.2 Das Modul IMMIKART Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

5.3.3 Das Modul IMMIKART_Außerortsstraßen . . . . . . . . . . . . . 65

5.3.4 Ergebnisdarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

6 Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS 72

6.1 Vorbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

6.2 Kreuzvalidierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

6.2.1 Das Modul IMMIKART Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

6.2.2 Das Modul IMMIKART Teil 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

6.3 Vergleich der Module IMMIKART Teil 1 und Teil 2 . . . . . . . . . . . . 83

6.4 Rechnung mit verbesserter Datengrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

6.5 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

7 Zusammenfassung 89

Literaturverzeichnis 91

A Anhang - Tabellen 98

B Anhang - Abbildungen 103

II

Page 10: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Tabellenverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Die natürliche Zusammensetzung der Luft. . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2 Die NOx-Emissionen nach Emittentengruppen in Deutschland 1999. . . . 7

3 NOx-Emissionen bei PKW und LKW im Jahr 1999. . . . . . . . . . . . . 8

4 Die SO2-Emissionen nach Emittentengruppen in Deutschland 1999. . . . 11

5 Die Benzol-Emissionen der Jahre 1996 und 2000 in Sachsen. . . . . . . . 13

6 Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

7 Übersicht über die Vor- und Nachteile sowie das Einsatzgebiet der Aus-

breitungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

8 Charakteristik der 7 Messstellenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

9 DGM- und Waldkorrekturwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

10 Interpolationsradien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

11 PM10-Emissionsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

12 Rußemissionen aus Reifenabrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

13 Windgeschwindigkeiten Freiland / Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

14 Mittlerer quadratischer Fehler und Mittlere Relative Abweichung bei der

Kreuzvalidierung für NO2 und PM10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

15 Mittlerer quadratischer Fehler und Mittlere Relative Abweichung bei der

Kreuzvalidierung für NO2 und PM10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

16 Mittlerer Fehler entsprechend den Kategoriegruppen für NO2 und PM10 . 82

17 Güte der Berechnung für NO2-I1 unter Verwendung verschiedener Verfahren 83

18 Struktur des Emissionsshape Straße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

19 Struktur des Immissionsshape Straße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

20 gemessene und berechnete Immissionswerte von NO2-I1 der sächsischen

Stationen, die im Jahr 2002 bei der Verschneidung im Modul IMMIKART

Teil 2 berücksichtigt wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

21 gemessene und berechnete Immissionswerte von NO2-I1 der sächsischen

Stationen, als Ergebnis der Radialinterpolation (siehe Kapitel 4.1.2) . . . 100

III

Page 11: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Tabellenverzeichnis

22 gemessene und berechnete Immissionswerte von PM10-I1 der sächsischen

Stationen, die im Jahr 2002 bei der Verschneidung im Modul IMMIKART

Teil 2 berücksichtigt wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

23 Übersicht über die in Europa zum Einsatz kommenden Modelle im Meso-

scale-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

IV

Page 12: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Modellhafte Darstellung des Werdegangs der Umweltdaten von der Erfas-

sung bis zum Landschaftsmodell für Anwender [Leser, 1997] . . . . . . . 1

2 Deposition und Verlagerungsprozesse von Partikeln . . . . . . . . . . . . 15

3 Schematische Prinzipskizze zur Radialinterpolation . . . . . . . . . . . . 46

4 Ausschnitt der GTOPO 30-Daten von Europa . . . . . . . . . . . . . . . 50

5 Überhöhtes Relief des Untersuchungsgebietes . . . . . . . . . . . . . . . . 51

6 Schematischer Programmablauf des Moduls IMMIKART Teil 2 . . . . . . 53

7 Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe . . . . . . . . . . . . 59

8 Dialogfelder des Moduls IMMIKART Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . 63

9 Dialogfelder des Moduls IMMIKART Teil 2/LASAT -Export . . . . . . . . 64

10 Dialogfeld für den LASAT -Import . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

11 Regressionskurve der Umwandlungsrate NO2/NOx . . . . . . . . . . . . . 66

12 Dialogfelder des Moduls IMMIKART_Außerortsstraßen . . . . . . . . . . 67

13 Verschneidungspunkte - Prinzipskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

14 Flussdiagramm für die Berechnung der Zusatzbelastung . . . . . . . . . . 68

15 Dialogfeld des Moduls IMMIKART_Außerortsstraßen/Gesamtbelastung 69

16 Flussdiagramm für die Berechnung der Gesamtbelastung . . . . . . . . . 69

17 Dialogfeld von IMMIKART-GIS 2.0 /Ergebnisdarstellung . . . . . . . . . 70

18 Jahresmittelwerte der NO2-Konzentration in Sachsen 2002 . . . . . . . . 71

19 Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für NO2-I1 . . . . . 75

20 Schwankung der in der Kreuzvalidierung ermittelten Werte für NO2-I1;

Modul IMMIKART Teil 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

21 Schwankung der in der Kreuzvalidierung ermittelten Werte für NO2-I1 . 78

22 Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für NO2-I1 . . . . . 80

23 Schwankung der in der Kreuzvalidierung ermittelten Werte für PM10 I1 . 81

24 Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für PM10 I1 . . . . . 82

25 Gegenüberstellung der flächenhaften Immissionsbelastungen für Sachsen . 84

26 visuelle Plausibilitätsüberprüfung der Immissionssituation in Sachsen . . 85

V

Page 13: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Abbildungsverzeichnis

27 Rastermessstationen die in die Berechnung einbezogen wurden . . . . . . 87

28 Triangulation with linear Interpolation für den Schadstoff NO2-I1 . . . . 103

29 Inverse Distance to a Power; Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . 103

30 Minimum Curvature; Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

31 Radial Basis Function; Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

32 Nearest Neighbor; Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

33 Ordinary Krigging; Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

34 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Collmberg;

Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

35 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Mittlndorf;

Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106

36 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Schwartenberg;

Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

37 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Radebeul-Wahnsdorf;

Schadstoff: NO2-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

38 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Dresden-Mitte;

Schadstoff: PM10-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

39 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Leipzig-West;

Schadstoff: PM10-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

40 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Radebeul-Wahnsdorf;

Schadstoff: PM10-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

41 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Schwartenberg;

Schadstoff: PM10-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

42 Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Zinnwald;

Schadstoff: PM10-I1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

43 Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für NO2-I1 unter Ein-

beziehung der Rasterdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

VI

Page 14: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

σ Standardabweichung

ABl. Amtsblatt

BImSchG Bundesimmissionsschutzgesetzes

BImSchV Bundes-Immissionsschutzverordnung

DGM Digitales Geländemodell

DLM Digitales Landschaftsmodell

erklärungspfl. erklärungspflichtige

GIS Geographische Informations-Systeme

I1 Jahresmittelwert

I2 98-Perzentilwert

LfUG Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie

Mobilev maßnahmenorientiertes Berechnungsinstrumentarium für die lokalen

Schadstoffemissionen des Kraftfahrzeugverkehrs

PM Particulate Matter

RL Richtlinie

TA Lärm Technische Anleitung Lärm

TA Luft Technische Anleitung Luft

VDI Verein Deutscher Ingenieure

VII

Page 15: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Der geographische Bezug

1 Der geographische Bezug

„Das Bereitstellen von Informationen für die Auseinandersetzung von Staat, Wirtschaft

und einzelnen Bürgern mit Fragen ihres eigenen Raumes . . . gehört zweifellos eigenstän-

dig zu den Aufgaben, die in einer Gesellschaft bewältigt werden müssen und stellt eine

historische Wurzel der Angwandten Geographie dar.“ [von Rohr, 1990]

Bis in das 19. Jahrhundert war die Geographie eine deskriptive Wissenschaft. Vom 19.

Jahrhundert an entwickelte sich dann die physische Geographie zu einer Wissenschaft,

die die systemaren Zusammenhänge der Geokomponenten (geologischer Untergrund, Re-

lief, Boden, Klima, Wasserhaushalt, Bios) untersucht. Es soll der Vollständigkeit halber

darauf hingewiesen werden, dass der Mensch mit seinen gestaltenden Aktivitäten unter

diesem Betrachtungswinkel zur Komponente Bios zu zählen ist. Die Geographie betrach-

tet demzufolge die Landschaft, ihren Stoff- und Energiehaushalt und ihre Nutzung durch

den Menschen. Die Resultate der Nutzung sind aber nicht nur positiver, sondern auch

negativer Natur, z. B. in Form des Ausstoßes von Luftschadstoffen im Rahmen des pro-

duktiven Handelns der Menschen.

Abb. 1: Modellhafte Darstellung des Werdegangs der Umweltdaten von der Erfassung

bis zum Landschaftsmodell für Anwender [Leser, 1997]

1

Page 16: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Der geographische Bezug

Um die Auswirkungen der Nutzung quantifizieren zu können, werden Umweltdaten benö-

tigt. Zwar werden diese Umweltdaten meist nicht durch den Geographen selbst, sondern

durch Spezialisten wie Umweltmeteorologen und Verkehrsökologen erhoben, doch gehö-

ren die statistische Analyse dieser Daten, die Ableitung geographischer Grundlagendaten

für Computermodelle und die Erstellung von Karten für das Umweltmanagement in das

Arbeitsspektrum des Geographen (Abbildung 1). Diese Daten und Karten dienen zum

einen der Dokumentation des Umweltzustandes und zum anderen der Ableitung von

Zielen für die Entwicklung von Natur und Landschaft.

Die Analyse und graphische Darstellung von Umweltdaten zur klimatischen und luf-

thygienischen Situation in Sachsen ist Gegenstand dieser Arbeit. Sie dient einer pra-

xisrelevanten Umsetzung von Immissionsschutzmaßnahmen entsprechend dem Bundes-

Immissionsschutzgesetz und der TA Luft, welche gesicherte Kenntnisse über Art und

Ausmaß der Luftbelastungskomponenten voraussetzen. Da sich die unterschiedlichen Be-

lastungen der Luft erst durch ihre eindeutige räumliche Lage definieren, ist diese Arbeit

in die anwendungsorientierte geographische Forschung einzuorndnen.

2

Page 17: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

2 Grundlagen der Luftreinhaltung

2.1 Erläuterung von Fachausdrücken

Schadstoffe

Als Schadstoffe werden nur die Stoffe bezeichnet, die sich schädlich auf den Menschen

oder die Biosphäre auswirken. Im Rahmen der Luftreinhaltung werden Schadstoffe be-

trachtet, die als Gase oder Stäube in die Atmosphäre emittiert werden und die dann

direkt oder indirekt physikalische und biologische Systeme beeinträchtigen oder schädi-

gen. Dabei sind die nassen und trockenen Depositionen die zwei wichtigsten Wege, auf

denen Schadstoffe aus der Atmosphäre wieder zur Erdoberfläche zurückkehren [Well-

burn, 1997]. Die bedeutendsten anthropogenen Quellen der Luftverunreinigungen sind

Industrie, Gewerbe und Verkehr. Luftverunreinigungen können nicht nur anthropogenen

Ursprungs sein. In der Natur kann es z. B. bei Vulkanausbrüchen, Waldbränden und

Sandstürmen zu erheblichen Emissionen kommen. Der alljährliche Pollenflug im Früh-

jahr zählt ebenso zu den natürlichen Luftverunreinigungen.

Abgas

Die gesamte Stoffmenge, die vom Verbrennungsraum des Motors über den Auspuff in

die Atmosphäre abgegeben wird, bezeichnet man als Abgas.

Emissionen

Alle Luftverunreinigungen, die von einer Anlage ausgehen und den Bereich der Ent-

stehungsquelle überschreiten, werden als Emissionen bezeichnet [BImSchG, 2002, § 3

Abs. 3].

Immissionen

Nach der Definition des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) sind Immissionen

alle Einwirkungen von Luftschadstoffen auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Was-

ser, Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter [BImSchG, 2002, § 3 Abs. 2].

3

Page 18: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

PM2,5 bzw. PM10

PM2,5 (PM10) sind diejenigen Partikel der feinen Fraktion des Schwebstaubgehaltes, die

einen größenselektierenden Lufteinlass passieren, der für einen aerodynamischen Durch-

messer von 2,5 µm (10 µm) eine Abscheidewirksamkeit von mindestens 50% aufweist.

Perzentil

Diese Kenngröße ist der zu einer bestimmten Summenhäufigkeit in Prozent gehören-

de Messwert, der sich ergibt, wenn alle Messwerte nach der Größe ihres Zahlenwertes

geordnet sind.

98-Perzentil

Diese Kenngröße stellt den 98 %-Wert der Summenhäufigkeit dar. Er dient der Beurtei-

lung der Spitzenbelastung.

Wirkung

Der Begriff Wirkung wird in der VDI-Richtlinie 2310 Bl. 1 [VDI, 1988] folgendermaßen

definiert: „Wirkungen sind alle Reaktionen des menschlichen, tierischen oder pflanzli-

chen Organismus bzw. anderer Objekte, wie Materialien, Böden oder Ökosysteme, auf

Immissionen. Zur Wirkung gehören auch Veränderungen in der chemischen Zusammen-

setzung, z. B. die Veränderung der Organkonzentration durch die aus der Luft aufgenom-

menen Substanzen.“ Luftschadstoffe werden nach ihrem Verhalten in zwei Gruppen ein-

geteilt: Primärschadstoffe und Sekundärschadstoffe. Als Primärschadstoffe werden von

anthropogenen Quellen vor allem Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffmonoxid (NO), Koh-

lenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2), Kohlenwasserstoffe (KW) und Fluorchlorkoh-

lenwasserstoffe (FCKW) direkt emittiert. Aus diesen Primärschadstoffen und anderen

Vorläufersubstanzen bilden sich dann, durch chemische Reaktionen in der Atmosphä-

re, Sekundärschadstoffe wie z. B. Ozon (O3), Stickstoffdioxid (NO2) oder Sulfate und

Nitrate aus der SO2- und NO2-Emission.

4

Page 19: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

2.2 Die natürliche Zusammensetzung der Luft

Die Atmosphäre besteht in der Nähe der Erdoberfläche aus einem Gemisch verschiedener

permanenter Gase, in dem auch feinste flüssige und feste Bestandteile zu finden sind.

Die Gasbestandteile der natürlich reinen Luft sind in Tabelle 1 angegeben. Neben diesen

Volumenanteil in [%]

bez. auf trockene Luft

Sauerstoff (O2) 20,93

Stickstoff (N2) 78,10

Argon (Ar) 0,9325

Kohlendioxid (CO2) 0,03–0,04

Wasserstoff (H2) 0,01

Neon (Ne) 0,0018

Helium (He) 0,0005

Krypton (Kr) 0,0001

Xenon (Xe) 0,000009

Tabelle 1: Die natürliche Zusammensetzung der Luft. [Baumbach, 1990]

Stoffen kann die Luft natürlicherweise noch weitere Komponenten wie Wasserdampf und

Spuren anderer Gase enthalten, z. B. Methan (CH4), Ammoniak (NH3), Kohlenmonoxid

(CO) und Distickstoffoxid (N2O) aus Fäulnisprozessen, sowie geringe Konzentrationen

von Ozon (O3), die aus stratosphärischen Einbrüchen oder Neubildungen herrühren kön-

nen. Als Luftverunreinigungen werden ganz allgemein alle Stoffe angesehen, welche die

natürliche Zusammensetzung der Luft verändern [Baumbach, 1990, S. 1]. Stoffe, die zu

Luftverunreinigungen führen, können flüssig, gasförmig oder fest sein. Flüssige Stoffe,

als Rauch oder Nebel emittiert, werden abhängig von ihrer Teilchengröße rasch im Um-

gebungsbereich des Emittenten an entsprechenden Rezeptoren abgeschieden (>10 µm),

als Aerosole (<10 µm) über weite Gebiete, vergleichbar den Gasen, verteilt oder tre-

5

Page 20: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

ten unter bestimmten meteorologischen Bedingungen von der flüssigen in die Gasphase

über und breiten sich wie gasförmige Luftverunreinigungen aus. Stäube mit Korngrößen

>20 µm sedimentieren im Umgebungsbereich des Emittenten, während Feinstäube mit

Korngrößen <20 µm (Schwebstaub) ähnlich wie Gase über weite Gebiete verteilt werden

können [Dreyhaupt, 1996, S. 225]. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich hauptsächlich

mit anthropogenen Luftschadstoffen und deren Konzentration in Abhängigkeit von der

Entfernung zum Emittenten.

2.3 Ausgewählte Primärschadstoffe und deren Wirkung

Der Großteil der Primärschadstoffe entsteht bei Verbrennungsprozessen in Industrie, pri-

vaten Feuerungsanlagen und Verkehr sowie in der Tierhaltung (Stallemissionen), dem

Schüttgutumschlag und der Abfallwirtschaft. Die aus der Verbrennung fossiler Brenn-

stoffe entstehenden Schadstoffe und deren Menge ist abhängig von der Art des Verbren-

nungsprozesses, vom Brennstoff und der Verbrennungsführung [Baumbach, 1990, S. 14].

2.3.1 Stickstoffoxide

Charakteristik

Stickstoffoxide, umgangssprachlich auch Stickoxide (NOx) genannt, entstehen fast aus-

schließlich als unerwünschte Nebenprodukte bei Verbrennungsvorgängen durch die Oxi-

dation des in der Verbrennungsluft und dem Brennstoff enthaltenen Stickstoffs bei hohen

Temperaturen. Je höher die Verbrennungstemperatur ist, desto höher ist die Stickstof-

foxidbildung. Bei ansteigendem Stickstoffgehalt des Brennstoffes geht die NO-Bildung

zurück, aber je niedriger der Schwefelanteil ist, desto mehr NO wird gebildet.

N2 + O2 → 2NO (2.1)

O3 + NO → NO2 + O2 (2.2)

3NO2 + H2O → 2HNO3 + NO (2.3)

Bei den angesprochenen Verbrennungen wird vor allem NO (Reaktionsgleichung 2.1)

gebildet, welches später in einem sauerstoffreicheren Milieu (Abgase oder Atmosphäre),

6

Page 21: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

zu dem giftigeren NO2 oxidiert wird (Reaktionsgleichung 2.2). Diese Aufoxidierung ist

zeitabhängig, so dass letztlich alles NO in NO2 umgewandelt wird. Lediglich ca. 5% der

Stickstoffoxide liegen bereits bei der Emission als NO2 vor. Die Umwandlungsrate wird

anhand einer Vielzahl von Messungen an Messstationen in den alten Bundesländern der

Bundesrepublik Deutschland mit dem Verhältnis NO2/NOx parametrisiert [Romberg et

al., 1996, S. 215–218]. Unter NOx wird allgemein die Summe aus NO und NO2 verstan-

den und als NO2 ausgewiesen, d. h. jedes Mol (auch von NO) wird mit einer Masse

von 46 g gerechnet. Die natürlichen NOx-Emissionen, die bei Blitzschlag oder infolge

von mikrobiellen Umsetzungen im Boden entstehen, spielen in den Industrieländern ei-

ne untergeordnete Rolle. Die aus anthropogenen Quellen stammenden Stickoxide sind

wesentlich bedeutungsvoller, da sie meist in dicht besiedelten Räumen emittiert werden

[Dreyhaupt, 1996, S. 339]. Wie Tabelle 2 zeigt, ist der Verkehr die bedeutendste Quelle

anthropogener NOx-Emissionen. Zwar sind die Emissionen in Deutschland von 1990 bis

Quelle NOx in [kt] Anteil in [%]

Industrieprozesse 12 0,73

Straßenverkehr 833 50,88

übriger Verkehr 212 12,94

Haushalte 82 5,01

Kleinverbraucher 33 2,05

Industriefeuerung 215 13,13

Kraft- und Fernheizwerke 250 15,26

Insgesamt 1637 100

Tabelle 2: Die NO2-Emissionen nach Emittentengruppen in Deutschland 1999. [Umwelt-

bundesamt, 2001, S. 139]

1999 insgesamt um 40% zurückgegangen, am deutlichsten im Straßenverkehr (-35%),

aber der Verkehr stellt weiterhin den größten Anteil mit ca. 64 %. Als Hauptursache für

7

Page 22: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

den Rückgang der Emissionen im Bereich des Verkehrs ist die weitere Durchsetzung des

Drei-Wege-Katalysators bei den PKW mit Ottomotoren zu nennen. Bei Nutzfahrzeugen

hingegen stieg der Ausstoß von NOx zwischen 1990 und 1999 um 14% an und führte

so zu einer Überkompensation der fahrzeugtechnischen Maßnahmen zur Minderung der

Stickstoffoxidemissionen. Der Grund für diesen Anstieg ist die Zunahme der Fahrleistun-

gen (1990 bis 1999 +26 %). Die Tabelle 3 zeigt den überproportionalen Schadstoffausstoß

der Nutzfahrzeuge, bezogen auf die Fahrleistung und den Kfz-Bestand.

NOx in [kt] Kfz-Bestand [Mio.] Fahrleistungen [Mrd. km]

PKW 362,75 ca. 42,3 ca. 587,3

LKW 470,25 ca. 2,6 ca. 76,3

Tabelle 3: NOx-Emissionen bei PKW und LKW im Jahr 1999. [Umweltbundesamt, 2001,

S. 93, S. 149]

Wirkung auf Pflanzen

Stickstoffdioxid wird von Pflanzen zum größten Teil über die Spaltöffnungen aufgenom-

men, geringfügige Mengen werden aber auch über die Cuticula absorbiert. Die Absorp-

tion von NO2 ist an der feuchten Zellwand im Blattinneren, aufgrund der größeren Ober-

fläche, besser möglich als an der äußeren Blattoberfläche. Die Löslichkeit von NO2 in

Wasser ist nur gering. Das Eindringen in die Pflanze ist aber über die Reaktion von NO2

mit Wasser (Reaktionsgleichung 2.3) zu Salpetersäure (HNO3) gut möglich. Pflanzen

reagieren sehr unterschiedlich auf hohe NO2-Konzentrationen. Die Symptome werden in

„sichtbare“ und „unsichtbare“ Symptome unterteilt. Sichtbare Schäden können Wachs-

tumshemmungen und Schädigungen der Blätter sein, sind aber sehr selten [Wellburn,

1997, S. 74 ff.].

8

Page 23: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Wirkung auf den Menschen

Zu der Wirkung von NO2 auf den menschlichen Organismus gibt es widersprüchliche

Untersuchungsergebnisse, die wahrscheinlich aus unterschiedlichen Rahmenbedingungen

bei den Untersuchungen resultieren. Als sicher gilt, dass der Krankheitsverlauf bei einer

Stickstoffoxidvergiftung biphasisch ist. Direkt nach der Intoxikation1 kommt es zu Symp-

tomen wie Husten und Atemnot, bis hin zu akuter Bronchitis oder innerhalb von 24 Stun-

den auch zu einem Lungenödem. Auf diese erste Phase folgt eine Erholungsphase, die

nach zwei bis drei Wochen durch ein erneutes Auftreten der oben genannten Symptome

von einer zweiten Krankheitsphase abgelöst wird. Von dieser kann der Betroffene sich

wieder vollständig erholen, sie kann aber auch tödlich enden [VDI, 1985]. Zu Stickstof-

foxidvergiftung kommt es jedoch nur in Ausnahmen, wie z. B. bei Industrieunfällen. Wie

Konzentrationen, die normalerweise in der Umwelt auftreten, auf den Menschen wirken,

ist bislang unklar. Bei Konzentrationen ab ca. 0,5 mg/m3 wurden am Menschen gering-

fügige Änderungen einzelner Lungenfunktionsparameter festgestellt, wenn der Proband

über mehrere Stunden dieser Konzentration ausgesetzt wurde [FGSV, 2002].

2.3.2 Schwefeldioxid

Charakteristik

Alle fossilen Brenn- und Treibstoffe enthalten neben Stickstoffverbindungen auch Schwe-

felverbindungen, die bei der Entstehung über die Aminosäuren der Pflanzen (z. B. Me-

thionin, Cystein) eingebaut wurden. Bei der Verbrennung von Kohle, Erdgas, Erdöl oder

Materialien, die diese Rohstoffe beinhalten, wird SO2 gebildet (Reaktionsgleichung 2.4).

Das meiste SO2 aus anthropogenen Quellen entsteht bei der Verbrennung von Kohle. Je

größer der Druck bei der Entstehung der Kohlelagerstätten ist, desto mehr organische

Verbindungen werden mineralisiert und der Schwefel kann im Extremfall vollständig

in anorganischer Form vorliegen. Der Anteil der flüchtigen Kohlenwasserstoffe in den

1Intoxikation = Vergiftung durch ein Einbringen von chemischen Substanzen in den Körper

9

Page 24: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Kohlen korrespondiert direkt mit dem Anteil der organischen Schwefelverbindungen.

CH3SH + 3O2 → SO2 + CO2 + 2H2O (2.4)

2CH3SH + O2 → 2H2S + 2HCHO (2.5)

Die Reaktionsgleichung 2.4 stellt die vollständige Verbrennung des Ausgangsproduktes

dar. Kommt es zu einer unvollständigen Verbrennung, wie z. B. bei Schwelbränden, dann

kann in Abhängigkeit von der Temperatur unter reduzierten Bedingungen Schwefelwas-

serstoff (H2S) oder elementarer Schwefel (S) entstehen (Reaktionsgleichung 2.5 und

Reaktionsgleichung 2.6).

2H2S + O2 → 2H2O + 2S (2.6)

SO2 + H2O � H2SO3 (2.7)

Als farbloses, stechend riechendes Gas ist SO2 ab einer Konzentration von 0,6–1 mg/m3 in

der Luft wahrnehmbar. Der typische Geruch von faulen Eiern weist auf H2S-Emissionen

hin. Geruchsbelästigungen im Straßenverkehr können entstehen, wenn überfettete Kraft-

stoffgemische am Katalysator zu H2S reduziert werden [Baumbach, 1990, S. 26 ff.]. In

Tabelle 4 sind die SO2-Emissionen aus dem Jahr 1999 nach den Emittentengruppen

aufgeführt. Laut dem Bericht des Umweltbundesamtes sind die Emissionen von SO2 im

Zeitraum von 1990 bis 1999 um 84 % zurückgegangen. „Gründe hierfür sind insbesondere

im Bereich der neuen Länder der Vollzug der Großfeuerungsanlagenverordnung, der mit

Betriebsstilllegungen und der wirtschaftlichen Umstrukturierung verbundene stark rück-

läufige Energiebedarf, der Einsatz emissionsärmerer Brennstoffe zur Energieerzeugung

und die Änderung von Verbrauchsgewohnheiten der Bevölkerung.“ [Umweltbundesamt,

2001, S. 143]

Wirkung auf Pflanzen

Pflanzen nehmen den Großteil des atmosphärischen SO2 durch die Spaltöffnungen auf.

Dies erfolgt aufgrund von Konzentrationsunterschieden durch die Diffusion von Gas-

molekülen. Die gute Löslichkeit von SO2 in Wasser bewirkt die Aufnahme des SO2 an

10

Page 25: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Quelle SO2 in [kt] Anteil in [%]

Industrieprozesse 78 9,38

Straßenverkehr 5 0,61

übriger Verkehr 26 3,13

Haushalte 76 9,15

Kleinverbraucher 28 3,36

Industriefeuerung 209 25,16

Kraft- und Fernheizwerke 409 49,21

Insgesamt 831 100

Tabelle 4: Die SO2-Emissionen nach Emittentengruppen in Deutschland 1999. [Umwelt-

bundesamt, 2001, S. 139]

den tiefer liegenden, inneren Oberflächen der Zellen der Spaltöffnungen. Lagert sich das

atmosphärische SO2 auf nassen Blättern oder Stämmen ab, so ist über die Reaktions-

gleichung 2.7 mit der Reaktion zu schwefliger Säure (H2SO3) ein Angreifen der Cuticula

möglich und das SO2 kann über diesen Weg in die Blätter gelangen. Von dieser Schädi-

gung sind vor allem immergrüne Pflanzen betroffen, da deren Blätter auch im Winter

den Belastungen ausgesetzt sind. Durch die erhöhten Säurewerte an den geschädigten

Stellen können die Stofftransport- und Stoffwechselfähigkeiten deutlich eingeschränkt

werden [Wellburn, 1997, S. 43 ff.].

Wirkung auf den Menschen

Schwefeldioxid ruft beim Menschen eine starke Reizung der Augen und der Nasengänge

hervor. Wenn hohe Konzentrationen von atmosphärischem SO2 oder wenn Sulfatpartikel

vorliegen, kommt es zu einem unwillkürlichen Hustenreflex. Bei sehr hohen Konzentra-

tionen kann es zum Zusammenziehen der Atemwege und zu örtlichen Entzündungen

kommen [Wellburn, 1997, S. 55 ff.].

11

Page 26: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

2.3.3 Benzol

Charakteristik

Benzol (C6H6) ist der einfachste ringförmige aromatische Kohlenwasserstoff und der che-

mische Grundbaustein der Stoffklasse der Aromaten. Bei der Erdölraffinierung wird der

Hauptteil des Benzols gewonnen, welches dann als Zusatz in Motorkraftstoffen und als

Ausgangsmaterial für viele chemische Prozesse (Nylon-, Synthesekautschuk- und Insekti-

zidherstellung) zum Einsatz kommt. Geringere Mengen C6H6 werden auch aus Steinkohle

und aus Kokereigasen erzeugt. Großflächig wird die Benzolemission nahezu ausschließlich

durch den Straßenverkehr verursacht. Lokal sind aber auch große industrielle Einzele-

mittenten (z. B. Kokereien) von Bedeutung [Katalyse e. V., 1993, S. 84]. Der größte Teil

der Immissionsbelastung entsteht bei der unvollständigen Verbrennung in Fahrzeugmo-

toren. Früher wurde Benzol häufig als Lösungsmittel eingesetzt (z. B. in der chemischen

Industrie). Weitere C6H6-Emissionen können im Straßenverkehr beim Betanken entste-

hen, aber auch durch Neubildung aus eng verwandten Verbindungen in heißen Abgasen.

Benzol ist eine stark giftige, farblose, brennbare Flüssigkeit, die in Wasser schlecht löslich

ist. Als Benzol-Luft-Gemisch ist es explosiv. Wie die Tabelle 5 zeigt, sind die Emissionen

in Sachsen seit 1996 erheblich zurück gegangen, so dass der Grenzwert der Konzentrati-

on in der Außenluft (5 µg/m3) nicht überschritten wird [LfUG, 2002]. Dieser Rückgang

beruht auf der Begrenzung des Höchstgehaltes an Benzol in Kraftstoffen, sowie auf dem

Einsatz von Aktivkohlefiltern und Dreiwegekatalysatoren in PKW.

Wirkung auf Pflanzen

Direkte phytotoxische Wirkungen von „realistischen“ Benzolkonzentrationen sind unbe-

kannt. Stark erhöhte Benzolkonzentrationen bewirken Verklebungen der epistomatären

Wachsröhrchen und eine Verringerung der photosynthetischen Aktivität [Smidt, 1997,

S. 27].

12

Page 27: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Quelle Jahr 1996 in [t/a] 2000 in [t/a]

Großfeuerungsanlagen 3 1

sonst. Feuerungsanlagen 61 32

erklärungspflicht. Anlagen 30 13

Hausbrand 129 28

Kleinverbraucher 58 11

Verkehr 2044 697

Insgesamt 2326 782

Tabelle 5: Die Benzol-Emissionen der Jahre 1996 und 2000 in Sachsen. [LfUG, 2002]

Wirkung auf den Menschen

Die Wirkung von Benzol auf den menschlichen Organismus ist abhängig von der Dauer

der Belastung und der Intensität. Die schädigende Wirkung erfolgt nicht durch das Ben-

zol selbst, sondern durch die während des Stoffwechsels entstehenden Substanzen. Bei

chronischer Toxizität sind die Symptome relativ unspezifisch, z. B. Müdigkeit, Schwäche,

Schlaflosigkeit, Übelkeit und Sehstörungen. Neben einer narkotisierenden Wirkung schä-

digt Benzol auch die Blutbildung im Knochenmark und wirkt cancerogen. Des Weiteren

ist Benzol als ein Stoff mit erbgutveränderndem Potential eingestuft und wird bei chro-

nischer Exposition im Fettgewebe und Knochenmark angereichert. Da die Außenluftver-

hältnisse aber nur die Hintergrundbelastung widerspiegeln und die toxischen Wirkungen

sich in einem höheren Konzentrationsbereich abspielen, ist lediglich die krebserregende

Wirkung für die Allgemeinbevölkerung relevant [LUA NRW, 2002].

2.3.4 Schwebstäube

Charakteristik

Der Schwebstaub umfasst diejenigen Partikelfraktionen, die in der Atmosphäre quasista-

bil und quasihomogen dispergiert sind und somit zumindest für einen gewissen Zeitraum

13

Page 28: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

in der Schwebe bleiben [Dreyhaupt, 1996]. Die Verweildauer in der Luft ist abhängig von

Korngröße, Gestalt und Masse, sowie von externen Faktoren wie z. B. Windgeschwindig-

keit [Fellenberg, 1999]. In der Fraktion der Schwebstäube überwiegen Partikel mit Korn-

größen <10 µm (PM10), die über sehr weite Distanzen transportiert werden können. Diese

feine Fraktion des Schwebstaubgehaltes der Luft umfasst Partikel, die einen größenselek-

tierenden Lufteinlass passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 10 µm

eine Abscheidewirksamkeit von 50 % aufweist. Chemisch lassen sich luftgetragene Parti-

kel in organische und anorganische Bestandteile gliedern. Den organischen Anteil bilden

u. a. Pollen und Mikroorganismen sowie höher siedende Kohlenwasserstoffe; der anorga-

nische Teil setzt sich beispielsweise aus feinen mineralischen Bestandteilen der Erdkruste

und Schwermetallen zusammen. Elementarer Kohlenstoff tritt je nach Standort in unter-

schiedlichen Konzentrationen auf. Die Entstehung von Stäuben folgt unterschiedlichen

Mechanismen (Abbildung 2). Man unterscheidet primäre Schwebstäube (auch Primär-

aerosole), also direkt emittierte Partikel, sowie sekundär gebildete Anteile (auch Sekun-

däraerosole), die aus gasförmigen Vorläufersubstanzen durch chemische Umwandlung in

der Atmosphäre entstehen. Solche Umwandlungsvorgänge sind beispielsweise:

• Verdampfung und Kondensation fester und flüssiger Stoffe aus Hochtemperatur-

prozessen (Vulkanismus, Metallgewinnung und -verarbeitung etc.),

• Verbrennungsvorgänge (Waldbrände, Verkehr),

• Gas-Partikelumwandlung (wie Oxidation bzw. Neutralisation von als Gas emittier-

ten NOx, SO2, NH3, zu Nitraten, Sulfaten und Ammoniumverbindungen) [Schulze,

2002] sowie

• Freisetzung der Kondensationskeime nach Verdunstung von Wolken- und Nebel-

tröpfchen [LfU, 2000].

Primär und sekundär gebildete Schwebstäube können natürlichen Ursprungs sein, wie

durch Wind ausgeblasene natürliche Mineralstäube, Meersalz, biologische Partikel oder

aus biogen emittierten Kohlenwasserstoffen gebildeten sekundären Partikeln resultie-

14

Page 29: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

ren [BUWAL, 2000]. Als Hauptverursacher von Schwebstäuben mit anthropogenem Ur-

sprung sind z. B. Kraftwerks- und Industrieanlagen, Bergbau und Verkehr anzusehen.

Ruß entsteht hauptsächlich bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff. Dieselbetriebene

Kfz und Maschinen stellen die wichtigsten Emittenten für Dieselrußpartikel dar. Die

typische Größe von Dieselrußpartikeln liegt zwischen 0,1 und 1 Mikrometer, womit sie

vollständig zu den alveolengängigen Komponenten der PM10-Fraktion gehören.

Abb. 2: Deposition und Verlagerungsprozesse von Partikeln [EPA, 1995]

Wirkung auf Pflanzen

Durch das Ausregnen von Feinstpartikeln bei Niederschlägen kommt es im Boden zur

Anreicherung der an die Aerosole gebundenen Schadstoffe und so zu einer Herabsetzung

der Keimfähigkeit und/oder der Wachstumsleistung der Pflanzen. Lagert sich der Staub

auf den Blättern ab, so kommt es zu einer Einschränkung der Photosynthese. Über die

15

Page 30: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Verbindung mit Wasser ist es auch möglich, dass sich Säuren bilden, die die Cuticula

der Blätter angreifen und phytotoxisch wirken können.

Wirkung auf den Menschen

Durch die Lungengängigkeit der Feinstäube (insbes. PM2,5), die den größten Anteil an

den Schwebstäuben haben, sind sie hinsichtlich einer Gesundheitsgefährdung von großer

Bedeutung. Die PM10-Fraktion ist Trägerstoff von verschiedensten Umweltgiften (z. B.

Schwermetalle oder polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) und hat eine kanzero-

gene und erbgutschädigende Wirkung. Weitere Krankheitsbilder sind chronische Atem-

wegserkrankungen und eine allgemeine Verschlechterung der Lungenfunktion, was in

Kombination mit hohen Konzentrationen an Schwefeloxiden zu einem Anstieg der To-

desfälle führt [BUWAL, 2000].

2.4 Der sekundäre Luftschadstoff Ozon und seine Wirkung

Die meisten emittierten Schadstoffe sind instabil und werden in der Atmosphäre durch

chemische Reaktionsprozesse, teilweise über eine Vielzahl von Zwischenprodukten, um-

gewandelt. Der überwiegende Teil dieser Reaktionen wird durch die Sonnenstrahlung in

Gang gesetzt oder beschleunigt [Baumbach, 1990]. Hierbei entstehen sogenannte Pho-

tooxidantien wie Ozon (O3) und Peroxyacetylnitrate (PAN), die hochreaktiv sind und

einen wesentlichen Bestandteil des Sommersmogs darstellen. Die Bezeichnung „Los An-

geles Type Smog“ geht auf die häufigen Beobachtungen von Photosmog im Bereich von

Los Angeles zurück und bezeichnet das gleiche Phänomen wie der Begriff Sommersmog.

Für die sekundären Luftschadstoffe soll an dieser Stelle beispielhaft der Schadstoff Ozon

betrachtet werden.

Charakteristik

Ozon ist eines der wichtigsten Spurengase in der Atmosphäre. Circa 90 % des in der

Atmosphäre enthaltenen O3 befinden sich in der Stratosphäre und bilden hier die „Ozon-

schicht“. Die Entstehung der Ozonschicht basiert auf der Photolyse molekularen Sauer-

16

Page 31: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

stoffes mit nachfolgender Anlagerung der Sauerstoffatome an den molekularen Sauerstoff

(Reaktionsgleichung 2.8).

O + O2 + M2 → O3 + M (2.8)

Die so entstandene Schicht absorbiert die UV-B-Strahlung der Sonne und verhindert,

dass sie bis auf die Erdoberfläche gelangt. Die UV-B-Strahlung tritt in einem Spektrum

von 280–320 nm auf und wird, im Gegensatz zur UV-C-Strahlung (200–280 nm), nicht

vollständig in der Atmosphäre absorbiert. Die Schädigungen durch UV-B-Strahlung kön-

nen von Sonnenbrand und Schneeblindheit bis hin zu malignen Melanomen und Schwä-

chungen des Immunsystems gehen. Die restlichen 10% des atmosphärischen O3 befinden

sich in der Troposphäre. Die atmosphärische Ozonverteilung weist als Folge des In-

einandergreifens photochemischer und meteorologischer Prozesse starke Variationen in

Abhängigkeit von der geographischen Breite und der Jahreszeit auf. Aus dem Haupt-

quellgebiet, das sich in etwa 30–35 km Höhe über den Tropen befindet, wird mit der allge-

meinen Zirkulation ständig Ozon polwärts und in niedrigere Höhen transportiert. Dieser

Transport, der im Spätwinter am stärksten ist, bewirkt auf der Nordhalbkugel, dass

die untere Stratosphäre (10–25 km Höhe) mit wachsender geographischer Breite zuneh-

mend mit O3 aufgefüllt ist. Mit der Entwicklung des individuellen Kraftverkehrs in den

Ballungsgebieten nach dem Zweiten Weltkrieg schenkte man dem Phänomen des „Pho-

tosmog“ größere Beachtung [Dreyhaupt, 1996]. Da die Ozonbildung aus verschiedensten

Vorläufergemischen zeitlich verzögert stattfindet, treten die Höchstbelastungen meist

nicht im Quellgebiet der Vorläufersubstanz auf. Zu den wichtigsten Vorläufersubstanzen

gehören die Stickoxide, was auch die große Bedeutung des Straßenverkehres in Zusam-

menhang mit der bodennahen Ozonkonzentration erklärt. Heute wird in Deutschland

bei einem Stundenmittelwert von über 180 µg/m3 als Informationswert die Situation der

Luftqualität im weiteren Tagesverlauf sorgfältig analysiert. Der Zielwert liegt nach der

EU-Tochterrichtlinie vom 12.02.2002 bei 120 µg/m3 als höchster 8-Stunden-Mittelwert

eines Tages.

2M ist eine dritte Größe, wie zum Beispiel eine Oberfläche oder ein anderes Gasmolekül, die durch die

Bildung der neuen Bindung frei gewordene Energie aufnehmen kann.

17

Page 32: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Wirkung auf Pflanzen

Ozon gilt als Leitkomponente der Photooxidantien und wird wie die anderen Luftschad-

stoffe auch über die Stomata der Blätter und Nadeln aufgenommen [Dreyhaupt, 1996].

Eine Schädigung der Blattoberfläche ist jedoch ebenso möglich. Die Windgeschwindig-

keit hat einen bedeutenden Einfluss auf die Aufnahme von O3 durch die Pflanzen, da die

Luftbewegung den Grenzwiderstand für die O3-Diffusion herabsetzt. Die Reaktionen der

Pflanze auf das Ozon werden durch eine Reihe weiterer Faktoren beeinflusst (z. B. Alter

der Zelle, Bodenverhältnisse und Dauer der Belastungsepisoden). Beim Eindringen von

Ozon in die Stomata und bei Kontakt mit extrazellulären Flüssigkeiten kommt es zur

Bildung von unterschiedlich reaktiven Derivaten. Es ist nicht wahrscheinlich, dass eine

große Menge Ozon tiefer in die Zellen gelangt, ohne vorher eine Reaktion einzugehen.

Die Schädigungen durch O3 zeigen sich in einer Veränderung der Permeabilität der Zell-

membrane, was den Verlust wichtiger Kationen zur Folge hat. Schwere Schädigungen

kündigen sich durch anfängliche Symptome wie den Verlust von Chlorophyll und die

Zunahme der Blattfluoreszens an [Wellburn, 1997].

Wirkung auf den Menschen

Bei der Reaktion des Körpers auf die Ozonbelastung spielt die Konzentration des Schad-

stoffes eine wichtigere Rolle als die Expositionszeit. So stellt eine kurzzeitig hohe Kon-

zentration eine höhere Gefahr dar als eine niedrige Ozonkonzentration mit langer Einwir-

kungszeit. Besonders gefährdet sind Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Atem-

wegserkrankungen und/oder einem geschwächten Immunsystem. Bei Smogereignissen

werden Reizungen der Nase, des Rachens und der Brust durch Ozon hervorgerufen. Bei

Überschreitungen der maximalen Arbeitsplatz-Konzentration (MAK) kann es aufgrund

der stark oxidierenden Wirkung von Ozon zu Zellschädigungen (z. B. im Bereich der

pulmonalen Bronchien und Alveolen) kommen. Hohe Konzentrationen können zu Ozon-

vergiftungen führen, wodurch Lungenödeme, Pnoes und Hypoplasien ausgelöst werden

können [Wellburn, 1997].

18

Page 33: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

2.5 Luftreinhaltevorschriften in der Bundesrepublik Deutschland

2.5.1 Bundes-Immissionsschutzgesetz

Der Zweck dieses Gesetzes ist es, Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser,

die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwir-

kungen zu schützen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen.

Insofern es sich um genehmigungspflichtige Anlagen handelt, dient das Gesetz

• der integrierten Vermeidung und Verminderung schädlicher Umwelteinwirkungen

durch Emissionen in Luft, Wasser und Boden unter Einbeziehung der Abfallwirt-

schaft, um ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt zu erreichen, sowie

• dem Schutz und der Vorsorge gegen Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche

Belästigungen, die auf andere Weise herbeigeführt werden [BImSchG, 2002].

Dabei wird mit dem BImSchG der Rahmen für Maßnahmen gesetzt, der durch Rechts-

verordnungen und Verwaltungsvorschriften ausgefüllt wird. Die Paragraphen 38 bis 40

beziehen sich auf die Emissionen von Fahrzeugen. Genauere Festlegungen werden jedoch

in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung und den EU-Richtlinien gemacht [Baum-

bach, 1990]. Neben der TA Luft ist auch die Technische Anleitung Lärm (TA Lärm)

als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift des Bundes hinsichtlich des BImSchG

ergangen. Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch nicht auf die TA Lärm eingegangen

werden.

Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft)

Die TA Luft (Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG vom 24.7.2002)

stellt eine normkonkretisierende und (teilweise) ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift

dar. Sie gilt für genehmigungsbedürftige Anlagen und enthält Anforderungen zum Schutz

vor und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Für die zuständigen Be-

hörden ist sie in Genehmigungsverfahren, bei nachträglichen Anordnungen nach § 17

sowie bei Ermittlungsanordnungen nach § 26, 28 und 29 BImSchG bindend; eine Ab-

weichung ist nur zulässig, wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegt oder wenn der Inhalt

19

Page 34: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

offensichtlich nicht (mehr) den gesetzliche Anforderungen entspricht (z. B. bei einer un-

bestreitbaren Fortentwicklung des Standes der Technik). Von besonderer Bedeutung für

das Genehmigungsverfahren ist Teil 2 der TA Luft. Dieser Teil enthält wichtige Aussa-

gen zur Konkretisierung des Begriffs der schädlichen Umwelteinwirkungen [Dreyhaupt,

1996]. Dazu werden in Kapitel 4 der TA Luft Immissionswerte für Stoffe zum Schutz vor

schädlichen Umwelteinwirkungen festgelegt. Dabei werden in der TA Luft die Immissi-

onswerte unterschieden in:

• Werte zum Schutz der menschlichen Gesundheit (Kapitel 4.2),

• Werte zum Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen (Ka-

pitel 4.3, 4.4, 4.5),

• Werte zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Schadstoffdeposi-

tionen sowie Langzeit- und Kurzzeitwerte (Kapitel 4.7).

Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV)

Die Umsetzung der Richtlinien über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für

Schwefeldioxid, Schwebstaub, Blei (Pb), Stickstoffdioxid, Stickoxide, Partikel, Benzol

und Kohlenmonoxid sowie die Richtlinien über die Luftverschmutzung durch Ozon in

deutsches Recht wird durch die 22. BImSchV geregelt. Beispielhaft sind in Tabelle 6

die Grenzwerte, gültig bis zum 31. Dezember 2004, für Schwefeldioxid dargestellt. Aus

Anlage 4 der 22. BImSchV geht weiterhin hervor, dass die Daten punktbezogen und

kontinuierlich erhoben werden müssen. Bezüglich der erforderlichen Genauigkeit der Be-

urteilungsmethoden, der Mindestzeitdauer und der Messdatenerfassung sollen die erho-

benen Daten als Richtschnur für Qualitätsicherungsprogramme dienen [22. BImSchV,

2002].

Verordnung über die Festlegung von Konzentrationswerten (23. BImSchV)

Bei der 23. BImSchV handelt es sich um die Festlegung der Konzentrationswerte für luft-

verunreinigende Stoffe und die bei Überschreitungen der festgelegten Werte anzuwen-

20

Page 35: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Jahresmittel 98-Perzentil Jahresmittel 98-Perzentil

ab 2002 in [µg/m3] ab 2010 in [µg/m3]

40 200 40 200

Toleranzmargen für obigen Werte

16 80 0 0

seit 2003 wird die Marge des Jahresmittelwertes um jährlich 2 µg/m3

und die des Perzentilwertes um jährlich 10 µg/m3 bis 2010 verringert

Tabelle 6: Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid [22. BImSchV, 2002]

denden Mess- und Beurteilungsverfahren. Dabei beziehen sich die Konzentrationswerte

auf bestimmte Straßen oder bestimmte Gebiete, in denen der Kraftfahrzeugverkehr zur

Überschreitung der festgelegten Immissionswerte beiträgt. Dementsprechend werden in

der Verordnung Schadstoffe berücksichtigt, die vor allem durch Kraftfahrzeuge emittiert

werden (NO2, Ruß und C6H6).

2.5.2 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung

Paragraph 47 der StVZO regelt, welche Kraftfahrzeuge hinsichtlich ihres Abgasverhal-

tens und der Anforderungen in Bezug auf die Kraftstoffe den Vorschriften der Richtlinie

70/220/EWG oder 72/306/EWG bzw. späteren Änderungen dieser Richtlinien entspre-

chen müssen. Weiterhin wird in § 47a festgelegt, welche Kfz zur Verringerung der Schad-

stoffemissionen in regelmäßigen Abständen auf ihr Abgasverhalten untersucht werden

müssen.

2.5.3 EU-Richtlinien zum allgemeinen Immissionsschutz

Die Europäische Union hat am 27. September 1996 in der Richtlinie des Rates über die

Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (RL 96/62/EG) neue Luftqualitätsziele

sowie einheitliche Methoden und Kriterien zur Beurteilung der Luftqualität festgelegt.

21

Page 36: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

Ebenso wurde festgelegt, in welcher Form und mit welcher Häufigkeit die Mitgliedsländer

und die Kommission ihrer Informationspflicht nachzukommen haben. Zur Umsetzung

dieser Richtlinie sind bisher 3 Tochterrichtlinien erlassen worden.

• 1. Tochterrichtlinie (Richtlinie 1999/30/EG)

Diese Richtlinie legt die Grenzwerte und gegebenenfalls die Alarmschwellen für

die Konzentration von Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide sowie

Partikel und Blei in der Luft fest. Die Richtlinie gilt seit dem 19.07.2001.

• 2. Tochterrichtlinie (Richtlinie 2000/69/EG)

Die Erweiterung um die Grenzwerte für die Schadstoffe Benzol und Kohlenmonoxid

erfolgte mit dieser Richtlinie. Die Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaa-

ten hatte bis zum 13.12.2002 zu erfolgen.

• 3. Tochterrichtlinie (Richtlinie 2002/3/EG)

Diese Richtlinie legt langfristige Ziele, Zielwerte, eine Alarmschwelle und eine In-

formationsschwelle für die Ozonkonzentration in der Luft fest. Bis zum 09.09.2003

haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften

in Kraft zu setzten, um dieser Richtlinie nachzukommen. Ab dem 9. September

wird dann die Richtlinie 2003/3/EG die Richtlinie des Rates vom 21.09.1992 über

die Luftverschmutzung durch Ozon (92/72/EWG) ersetzen.

• Vorschlag für die 4. Tochterrichtlinie (COM(2003)423)

Ein Vorschlag für die 4. Tochterrichtlinie wurde am 16.7.2003 durch die Kommissi-

on der Europäischen Gemeinschaften vorgelegt und soll Schwellen- und Grenzwerte

für Nickel, Cadmium, Arsen, Quecksilber und polycyclische aromatische Kohlen-

wasserstoffe (PAK) mit Benzo(a)pyren als Leitkomponente enthalten [KOM, 2003].

Bei Nichteinhaltung der einzelstaatlichen Vorschriften zur Durchführung der genann-

ten Richtlinien treten von den Mitgliedsstaaten erlassene Sanktionen in Kraft. Weitere

Richtlinien der Europäischen Union zur Luftqualität unter Berücksichtigung der Ein-

schränkungen durch die 1. Tochterrichtlinie sind:

22

Page 37: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Grundlagen der Luftreinhaltung

• Richtlinie 80/779/EWG des Rates vom 15.7.1980 über Grenzwerte und Leitwerte

der Luftqualität für SO2 und Schwebstaub (ABl. EG L 229 S. 30, zuletzt geändert

(96/511/EWG) 29.7.1996), gültig bis 1.1.2005

• Richtlinie 82/884/EWG des Rates vom 3.12.1982 betreffend einen Grenzwert für

den Bleigehalt der Luft (ABl. EG L 378 S. 15, zuletzt geändert (96/511/EG)

29.7.1996), gültig bis 1.1.2005

• Richtlinie 85/203/EWG des Rates vom 7.3.1985 über Luftqualitätsnormen für

Stickstoffdioxid (ABl. EG L 87 S. 1, zuletzt geändert (96/511/EG) 29.7.1996),

gültig bis 1.1.2010, sowie die

• Entscheidung 2001/839/EG der Kommission vom 8.11.2001 zur Festlegung eines

Fragebogens, der für die jährliche Berichterstattung über die Beurteilung der Luft-

qualität gemäß der Richtlinien 96/62/EG und 1999/30/EG zu verwenden ist.

23

Page 38: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

3 Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

3.1 Vorbetrachtungen

Für die Ausgangssituation bei flächenhaften Immissionsdarstellungen ist charakteris-

tisch, dass lokal sehr genaue Messwerte vorhanden sind, die in ihrer räumlichen Reprä-

sentativität aber sehr eingeschränkt sind. Dies entspricht auch der Situation in Sachsen,

wo an 30 Messstationen die Immissionsbelastung sehr genau erfasst wird, die Situati-

on in den Bereichen zwischen den einzelnen Messstationen jedoch unbekannt ist. Um

Aussagen für Bereiche zwischen zwei Messpunkten machen zu können, bedient man sich

geostatistischer Interpolationsverfahren, Ausbreitungsrechnungen oder einer Kombinati-

on aus beiden. Allgemein lassen sich die verfügbaren Verfahren in drei große Kategorien

gliedern:

• Geostatistische Verfahren,

• Ausbreitungsrechnungen und

• Geostatistische Verfahren in Kombination mit Ausbreitungsrechnungen.

Welches Verfahren eingesetzt wird, hängt unter anderem von den zur Verfügung stehen-

den Eingangsdaten sowie von der Aufgabenstellung ab. Allgemein kann man feststellen,

dass die Eingangsdaten um so umfangreicher und genauer sein müssen, je höher die

gewünschte räumliche Auflösung der Berechnung sein soll. Eine höhere Auflösung be-

deutet meist aber auch einen höheren Rechenaufwand und komplexere Berechnungsal-

gorithmen, da lokal wesentlich mehr Faktoren beachtet werden müssen. Bei zunehmend

geringeren Auflösungen kommt es verstärkt zu Generalisierungen, die es ermöglichen, die

für kleinräumige Betrachtungen entscheidenden Faktoren zu vernachlässigen, sich aber

nur für Abschätzungen eignen und lokal keine hohe Genauigkeit besitzen.

3.2 Geostatistische Verfahren

Geostatistik untersucht Erscheinungen, die in Raum und/oder Zeit variieren, wobei

ein sehr weites Feld von Daten umspannt wird. Im Speziellen bezieht sie sich auf Da-

24

Page 39: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

ten, die gerade wegen der expliziten Einbeziehung „räumlicher“ Attribute wie Distanz,

Richtung, Nachbarschaft etc. im eigentlichen Sinne als „geographisch“ anzusehen sind.

„Geo“statistik hat also mehr als nur das „Geo“ mit der Geographie gemein [Lorup et al.,

2000].

Geostatistische Verfahren versuchen unter Einbeziehung des Raumbezuges Zusammen-

hänge zwischen den Merkmalen von Objekten zu analysieren. Zu diesen Verfahren zählen

unter anderem die Regressions- und Faktorenanalyse sowie Interpolation und Approxi-

mation [Bill, 1994]. Verfahren wie diese werden z. B. genutzt, um punktuelle Messdaten

der Luftschadstoffbelastungen auf die Fläche eines Betrachtungsgebietes zu übertragen.

Dabei sollte die Ausdehnung der zu betrachtenden Fläche so gewählt werden, dass sie

innerhalb des durch die Messpunkte vorgegebenen Bereiches gelegen ist. Dafür stehen

unterschiedlich aufwendige Verfahren zur Verfügung [Lohmeyer et al., 2003a, S. 2].

Das Programm Surfer bietet eine Fülle verschiedener Interpolationsverfahren an, die

Drüeke in seiner Dissertation [Drüeke, 1995] untersucht hat, um die Ozonimmissionen

im Raum Trier auf die Fläche zu übertragen. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass

die einfachen Interpolationsverfahren nicht in der Lage sind, die Immissionsituation zu-

frieden stellend wiederzugeben. Diese Einschätzung ergibt sich aus der Tatsache, dass

alle von Drüeke untersuchten einfachen geostatistischen Interpolationsverfahren es nicht

ermöglichen, weitere Parameter (z. B. Windgeschwindigkeit oder Orographie) in die Be-

rechnung zu integrieren. Mit seinen Interpolationsberechnungen betrachtete Drüeke ein

Untersuchungsgebiet von 260 km2, in dem sich 20 passive Messstationen befanden. Der

Verfasser stellt fest, dass sich die Messtationsdichte für die geostatistische Auswertung

an der unteren Grenze befindet. Die Abbildungen A 28 bis A 33 stellen beispielhaft

die Ergebnisse der verschiedenen Interpolationsverfahren (Triangulation with linear In-

terpolation, Inverse Distance to a Power, Minimum Curvature etc.) von Surfer für die

NO2-I1-Belastung in Sachsen dar. Dabei wird zwischen exakten Interpolationsverfah-

ren, die die Messdaten an den Messstationen genau wiedergeben und nichtexakten, die

die Messdaten an den entsprechenden Messstationen nicht zwingend exakt wiedergeben,

unterschieden.

25

Page 40: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

Als Eingangsdaten wurden sämtliche zur Verfügung stehenden Messstationen verwendet.

Da es, wie bereits beschrieben, nicht möglich ist weitere Parameter in die Interpolati-

on zu integrieren und so z. B. eine Gewichtung der Stationen zu erreichen, werden die

städtischen Stationen mit hoher Emissionsbelastung und die Stationen mit Verkehrsbe-

einflussung überbewertet. Der gegenteilige Effekt tritt ein, wenn nur die Freilandstatio-

nen und die städtischen Stationen mit geringer Emissionsbelastung in die Interpolations

einbezogen werden - die Stationen aller anderen Messstationskategorien werden unter-

bewertet.

Das Ergebnis der Triangulation with linear Interpolation (Abbildung A 28) stellt ein ex-

aktes Interpolationsverfahren dar, ist aber nicht in der Lage, Berechnungen für Punkte

außerhalb des Messnetzes vorzunehmen. Die Dreiecksformen sind durch die geringe Sta-

tionsdichte gut zu erkennen, zeigen aber auch den fehlenden Einfluss der Orographie. So

lässt sich beispielsweise die Struktur des Elbtals, bei Dresden, nicht in der Interpolation

erkennen, obwohl hier aufgrund der Tallage höhere Belastungen zu erwarten sind.

Die Methode Inverse Distance to a Power (Abbildung A 29) wurde mit den Standard-

einstellungen von Surfer (mittlerer Gewichtung und ohne Glättung) als exaktes Verfah-

ren eingesetzt. Hier zeigt sich die Bedeutung des Power-Parameters in der Ausbildung

des „Bullaugeneffektes“ um die Messstationen, es können aber die Strukturen zwischen

den einzelnen Messstationen nicht korrekt ermittelt werden.

Minimum Curvature (Abbildung A 30) ist ein Spline-Verfahren, mit welchem mög-

lichst alle Messwerte berücksichtigt und die Bereiche zwischen den Messwerten über

eine Glättung ermittelt werden. Bei dieser Methode wird eine zweidimensionale, mini-

mal gekrümmte Oberfläche erzeugt. Ziel ist es, eine möglichst geringfügige Änderung

der Oberflächenkrümmung zu erreichen. Folglich stellt dieses Verfahren ein nichtexak-

tes Verfahren dar, bei dem in den Randbereichen unsinnige Werte auftreten können

(südwestliche und nordöstliche Ecke des Rechengebietes).

Abbildung A 31 zeigt das Ergebnis der Radial Basis Function mit „multiquadratischem“

Ansatz. Laut Drüeke (1995) sind die Funktionen, mit denen bei dieser Methode gearbei-

tet wird, mit den Variogrammen, die beim Krigging verwendet werden, zu vergleichen.

26

Page 41: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

Mit dieser Vorgehensweise soll eine optimale Gewichtung der Messpunkte bei der Be-

rechnung der Gitterpunkte gewährleistet werden.

Die Methode Nearest Neighbor sollte nur verwendet werden, wenn die Messdaten in ei-

nem gleichmäßigen Raster vorliegen und nur wenige Fehlwerte vorhanden sind. Dieses

Verfahren weist jedem Gitterpunkt des Rasters den Wert des jeweilig nächsten Mess-

punktes zu. Durch die geringe Stationsdichte in Sachsen ergeben sich die in Abbil-

dung A 32 dargestellten Blockstrukturen und es wird deutlich, dass auch diese Methode

für die Berechnungen der Immissionswerte in Sachsen nicht geeignet ist. Als Resultat der

durchgeführten Interpolationen lässt sich feststellen, dass keines der verwendeten Ver-

fahren in der Lage ist die Immissionssituation für das Gebiet von Sachsen, entsprechend

der Aufgabenstellung, in hinreichender Qualität zu ermitteln. Als Gründe hierfür können

sowohl die geringe Messnetzdichte als auch das Fehlen von Möglichkeiten zur Einbrin-

gung von Gewichtungen in Abhängigkeit von der Charakteristik der Messstation, der

Höhe über NN, der Windgeschwindigkeit und der Landnutzung angeführt werden.

Ungeachtet der in dieser Arbeit erzielten Ergebnisse ermöglichen geostatistische Verfah-

ren bei entsprechender Aufgabenstellung und Eingangsdaten auf schnelle und einfache

Weise die Übertragung von Punktwerten auf die Fläche und können für eine erste Ab-

schätzung Verwendung finden. In Kombination mit weiteren statistischen Verfahren, wie

z. B. das Einbeziehen der mittleren Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe

über NN oder eine Wichtung der Messdaten auf Basis der Messstellencharakteristik sind

weitere Verbesserungen der Ergebnisse zu erzielen.

Stellen die zuvor aufgeführten Interpolationsverfahren einfache Verfahren dar, so kann

man das folgende Krigging nicht mehr zu dieser Kategorie zählen. Für die Interpolation

mit Krigging sind umfassende Kenntnisse für das Erstellen von Variogrammen erforder-

lich, wobei das Variogramm die statistische Abhängigkeit der regionalisierten Variablen3

beschreibt.

3Die Gesamtheit der an den Messpunkten x ermittelten Werte, wobei x als Koordinatenvektor zu

verstehen ist (z. B. Hoch- und Rechtswert) wird als regionalisierte Variable bezeichnet. [Drüeke,

1995]

27

Page 42: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

Ordinary Krigging (Abbildung A 33) berücksichtigt den statistischen Zusammenhang

zwischen den Messwerten an den verschiedenen Messstationen über das Verfahren der

Variogrammanalyse. Das Verfahren ist ein Vertreter der generalisierten linearen Regress-

sion und schätzt den unbekannten Wert mittels einer gewichteten linearen Kombination

der Messwerte an benachbarten Raumpunkten. Bei diesem Verfahren wird die räum-

liche Struktur des Prozesses als Wichtungsparameter für einzelne Messwerte über ein

Variogramm festgelegt [Drüeke, 1995]. Für weitere Erläuterungen zu den Interpolations-

verfahren soll an dieser Stelle auf diverse Fachliteratur verwiesen werden (z. B. [Schlüter,

1996], [Scherelis et al., 1988] und [Hikmet et al., 1988]).

Neben den genannten geostatistischen Interpolationsverfahren existieren auch rein geo-

statistische Verfahren, die an die Luftschadstoffproblematik angepasst sind. Nachfolgend

sollen einige in Deutschland zur Anwendung kommende Verfahren kurz umrissen wer-

den. Im Rahmen seiner Diplomarbeit entwickelte Thoma (1999) für Baden-Württemberg

ein Verfahren, das auf multiplen Regressionsverfahren basiert und die Messwerte an den

Messstationen bei der flächenhaften Darstellung nicht zwingend erwartungstreu wie-

dergibt. Anwendung findet dieses Verfahren vor allem bei der Darstellung der Jahres-

kennwerte der gemessenen Luftschadstoffkomponenten in Baden-Württemberg [Thoma,

1999].

Ein weiteres geostatistisches Verfahren wurde von Vautz (1990) entwickelt, welches die

Berechnung flächendeckender Immissionskataster aus kontinuierlichen Routinemessun-

gen zum Ziel hat. Bei diesem Verfahren werden Konzentrationsrosen als Grundlage für

die Immissionsbestimmung verwendet, wobei der Immissionswert an einem beliebigen

Punkt im Untersuchungsgebiet durch Mittelwertbildung unter Einbeziehung der Wind-

richtung an diesem Punkt erfolgt. Die von Vautz implementierte Anwendung trägt den

Namen MIMMIKRI [Vautz, 1990].

Um einen Überblick über die im benachbarten europäischen Ausland eingesetzten Ver-

fahren zu bekommen, erfolgte eine Recherche über das Model Documentation System

(MDS) des Europaen Topic Center on Air and Climate Change (ETC/ACC), ein Fachbe-

reich der Europaen Environment Agency (EEA). Über die Homepage der EEA konnten

28

Page 43: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

auch die National Focal Points (NFP) und somit Ansprechpartner in den einzelnen Län-

der ermittelt werden. Die Ansprechpartner wurden per E-Mail angeschrieben, um die in

den Ländern zum Einsatz kommenden Berechnungsverfahren in Erfahrung zu bringen.

Allerdings gelang dies in den seltensten Fällen. Daher wurde die Recherche im Model

Documentation System als Grundlage für die Untersuchungen verwendet. Bei der Su-

che nach geeigneten Modellen über die strukturierte Suche in der Datenbank wurden

folgende Suchkriterien festgelegt:

Application type: air quality assessment

policy support

Model output: concentration

Air pollution source: stack/multiple

areal/general

areal/gridded

Spatial scale: regional to continental

Computer platform: personal computer

workstation

Die Datenbank ist unter http://air-climate.eionet.eu.int/databases/mds.html zu finden

[ETC/ACC, 2003a]. Das Ergebnis dieser Recherche findet sich in der Tabelle 23 im An-

hang, auf Seite 102. In der Tabelle 23 sind nicht nur die Modelle aufgeführt, sondern

auch, welche Emissionsquellen berücksichtigt werden, wie die Art der Schadstofffreiset-

zung geartet sein darf und mit welchem Modell welche Schadstoffausbreitungen berech-

net werden können. Die Recherche und auch die Datenbank erheben keinen Anspruch

auf Vollständigkeit.

Unter den in Tabelle 23 aufgeführten Modellen findet sich keines, das über rein geostatis-

tische Berechnungen die Immissionssituation ermittelt. Die Beispiele von Thoma (1999)

und Vautz (1990) zeigen jedoch, dass derartige Modelle zum Einsatz kommen. Das Re-

chercheergebnis kann aber als derzeitiger Entwicklungstrend von den rein geostatisti-

schen Verfahren hin zu Ausbreitungsmodellen gesehen werden.

29

Page 44: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

3.3 Ausbreitungsberechnungen

Im Bereich der Luftreinhaltung sind verschiedene Ansätze (Modelle) zur Berechnung

der Ausbreitung abiotischer Substanzen verbreitet. So wird in der VDI-Richtlinie 3782,

Blatt 1 ein Gauß´sches Fahnenmodell und in der VDI-Richtlinie 3945, Blatt 3 ein La-

grange´sches Partikelmodell beschrieben. Mit dem Eulermodell (z. B. im Modell Hilatar

aus Seite 32) soll hier ein weiteres Modell genannt sein. In Tabelle 7 sind die drei ge-

nannten Modelltypen stichwortartig beschrieben. Ausbreitungsmodelle werden benutzt,

um flächenhaft qualitative und quantitative Aussagen bezüglich der Schadstoffbelastung

auf der Grundlage von physikalisch-meteorologischen Zusammenhängen zu treffen. Das

erstgenannte Gauß´sche Fahnenmodell wurde in der TA Luft von 1986 als Referenz-

modell verwendet. Bei diesem Modell handelt es sich um ein einfaches Modell, welches

u. a. von einem homogenen Geschwindigkeits- und Turbulenzfeld ausgeht. Eine weitere

Voraussetzung ist ein ebenes unendlich ausgedehntes Gelände. Strömungsberechnungen

werden in diesem Modell nicht vorgenommen. Aus den genannten Voraussetzungen er-

gibt sich, dass dieses Modell in gegliedertem Gelände mit einem in sich differenzierten

Strömungsfeld nur dann eingesetzt werden kann, wenn für die Berechnungen Bereiche mit

homogenen Geländeverhältnissen ausgewiesen werden. Dieses Modell wird noch heute

angewendet und führt bei einfachen Standardsituationen zu realitätsnahen Ergebnissen

[Zenger, 1998]. Bedingt durch diese Einschränkungen wird in der TA Luft (2002) ein La-

grange´sches Partikelmodell als neues Referenzmodell festgelegt, welches eine Anpassung

des Ausbreitungsmodells LASAT darstellt. Die Umsetzung des beschriebenen Partikelm-

odells erfolgt mittels AUSTAL2000, in dem ein diagnostisches Windfeldmodell integriert

ist und die Quellgruppen als Punkt-, Linien-, Flächen- und Volumenquellen mit deren

spezifischen Eigenschaften berücksichtigt werden können. Der Nachteil des Modells liegt

in der wesentlich aufwändigeren Berechnung und Handhabung sowie in der Bereitstel-

lung der benötigten Eingangsdaten gegenüber dem Gauß´schen Fahnenmodell.

Außer dem Gauß-Fahnenmodell, bei dem aufgrund seiner vereinfachten Annahmen kein

Strömungsfeld berechnet werden muss, erfolgt die Ausbreitungsberechnung bei den an-

deren zwei Modellen in zwei Stufen.

30

Page 45: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

Modelltyp Gauß-Modell Lagrange-Modell Euler-Modell

Grundlage numerische Lösung ei-

ner stark vereinfachten

Advektions-Diffusions-

Gleichung ohne Vorgabe

ortsabhängiger Wind-

und Turbulenzfelder

Ermittlung der Bah-

nen (Trajektoren) einer

Vielzahl von Teilchen in

einem dreidimensionalen

Windfeld; durch Aus-

zählen erhält man die

Immissionskonzentration

numerische Lösung der

Advektions-Diffusions-

Gleichung

Vorteil • einfache Handhabung

• geringe Rechenzeiten

• Ankopplung an eine

Vielzahl experimen-

teller Freilanduntersu-

chungen

• realitätsnahe Ausbrei-

tungsmodellierung

• rechenzeitökonomische

Bestimmung auch von

Jahresmittel- und 98-

Perzentilwerten

• Ausbreitungsmodel-

lierung auch in stark

strukturierten Gebieten

Nachteil • nur für „Standard-

situationen“ einsetzbar

• in schwach geglieder-

tem Gelände nur be-

dingt einsetzbar

• rechenzeitintensiv

Anwendungs-

bereich

• Ermittlung von Jah-

resmittel- und 98-Perz-

entilwerten bei „Stand-

ardsituationen“

• je nach Güte des Wind-

feldmodells nahezu al-

le Arten der Ausbreit-

ungsrechnung

• je nach Güte des Wind-

feldmodells nahezu al-

le Arten der Ausbreit-

ungsrechnung

Tabelle 7: Übersicht über die Vor- und Nachteile sowie das Einsatzgebiet der Ausbrei-tungsmodelle, aus [Pütten, 2001]

• Die erste Stufe beinhaltet die Berechnung des Strömungsfeldes. Dabei kommen

entweder diagnostische oder prognostische Strömungsmodelle zum Einsatz. Wel-

ches dieser Modelle verwendet wird, hängt neben der zur Verfügung stehenden

Hardware und Rechenkapazität vor allem davon ab, welche Charakteristik das

31

Page 46: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

zu betrachtende Gelände aufweist. Daher werden diagnostische Strömungsmodelle

zur Windfeldmodellierung im topographisch gegliedertem Gelände unter Berück-

sichtigung von Hindernissen eingesetzt. Prognostische Strömungsmodelle können

außerdem auch für Windfeldmodellierungen in stark strukturierten Stadtgebieten

verwendet werden.

• Der zweite Schritt ist dann die eigentliche Ausbreitungsberechnung. Diese Berech-

nungen beruhen auf den physikalischen Grundsätzen von Advektion (Transport),

Diffusion (Verdünnung) und Turbulenz, wobei die Advektions- und Diffusionsphä-

nomene meistens gekoppelt auftreten. Dieser Zusammenhang läßt sich über die

sog. Advektions-Diffusions-Gleichung beschreiben.

Deterministische Eulermodelle beruhen auf der genannten Advektions-Diffusions-Glei-

chung und lösen diese durch Diskretisierung der Einflussvariablen und die Anwendung

numerischer Lösungsschemata. Voraussetzung ist die vorgeschaltete oder gekoppelte

Strömungs- und Turbulenzmodellierung [Krüger et al., 1999].

Partikelorientierte Lagrange-Modelle verfolgen die Trajektorien4 einer Vielzahl von Par-

tikeln, die an der Quelle ausgesetzt werden. Die Partikelbewegung wird durch das füh-

rende Windfeld und eine Zufallskomponente beschrieben. Die Partikelverteilungen erge-

ben sich aus der numerischen Lösung der Trajektoriengleichung für das Partikelkollektiv

[Krüger et al., 1999].

Wie bereits im Kapitel zuvor festgestellt, werden in Europa vermehrt Ausbreitungs-

modelle eingesetzt, um die Schadstoffbelastungen zu berechnen. An dieser Stelle sollen

stellvertretend für diese Verfahren zwei Modelle kurz umrissen werden.

Hilatar

Hilatar wurde als eine Erweiterung zu dem mesoskaligen Ausbreitungsmodell FINOX

entwickelt, um die Hintergrundbelastung in Finnland abzuschätzen sowie im baltischen

Raum meteorologische und andere Prozesse zu untersuchen, die die Diffusion und den

Transport von Luftschadstoffen beeinflussen. Dabei kann über „Nesting“ die Auflösung4Trajektorien sind die Bahnen der Teilchen in einem dreidimensionalen Windfeld

32

Page 47: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

des Gitters für einzelne Bereiche höher gewählt werden. Hilatar ist ein Vetreter der Euler-

Modelle. Dabei wird die Konzentration (c) zum Zeitpunkt (t) mittels der Advektions-

Diffusions-Gleichung gelöst.

Mit Hilatar ist es möglich, Simulationen für Transport, Dispersion, chemische Transfor-

mation und Deposition von Stickstoff- und Schwefelverbindungen durchzuführen.

Das Windfeld, welches für die Modellrechnung Verwendung, findet wird mit dem Modell

„HIRLAM“ (HIgh Resolution Limited Area Model) berechnet.

Für die Bereiche über Meer kommt die iterative Methode von Lindfors et al. (1991) zum

Einsatz. Diese Bereiche müssen wegen der zu Landflächen verschiedenen diabatischen

Effekte des Feuchtigkeitsstroms und den Zusammenhängen zwischen der Oberflächen-

rauhigkeit und der Windgeschwindigkeit gesondert betrachtet werden. Die vertikale Dif-

fusion wird über die Gradienten-Transport-Theorie bestimmt. Diese Theorie geht davon

aus, dass der turbulente Fluss proportional zum lokalen Konzentrationsgradienten ist.

Die täglichen Durchschnittswerte der Schadstoffe, die durch chemische Konversion ent-

stehen, werden bei Hilatar mit dem Modell EMEP5 des EMEP MSC-W Centre (Nor-

wegen) berechnet, wobei Anpassungen an die Modellstruktur von Hilatar vorgenommen

wurden [ETC/ACC, 2003c].

IVL

IVL (Institutet för Vatten- och Luftvårdsforskning) beinhaltet ein eindimensionales La-

grange´sches Trajektorenmodell und ein chemisches Modell für den Mesoscale-Bereich

(CAM).

Dieses Modell wurde entwickelt, um die photochemischen Transformationen in einer

Luftmasse im Verlauf der Trajektorenbahnen oder Fahnen und das photochemische Re-

aktionspotenzial von Ozon in Schweden berechnen zu können.

Das Trajektorenmodell beschreibt den Abbau von annähernd 80 flüchtigen organischen

Substanzen (VOC)6. Weitere Schadstoffe, die mit IVL berechnet werden können, sind

5EMEP = Programme for Monitoring and Evaluation of the Long-Range Transmission of Air Pollu-

tants in Europe6VOC = volatile organic compounds

33

Page 48: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

SO2, NOx, O3 und CO.

Mit dem CAM-Modell lassen sich die chemischen Verhältnisse innerhalb eines Nebels in

einem Zeitraum von mehreren Tagen beschreiben. Das Modell berücksichtigt dabei Emis-

sionen in und Depositionen aus dem Nebel heraus, Transporte in und aus Nebeltröpfchen

und die chemischen Reaktionen, die in der Gasphase und in den Nebeltröpfchen auftreten

[ETC/ACC, 2003e].

3.4 Kombinierte Verfahren

Unter kombinierten Verfahren versteht man sowohl die Einbeziehung von Zusatzinfor-

mationen bei einer Interpolation als auch die Kopplung von Interpolationsverfahren und

Ausbreitungsrechnungen.

Werden Zusatzinformationen bei Interpolationsverfahren verwendet, so wird nach inhalt-

lichen Zusammenhängen zwischen den Messdaten und den Zusatzinformationen gesucht.

Diese Zusammenhänge werden dann über mathematische Formeln oder Klassifizierungen

der Daten als Gewichtung in die Interpolation eingebracht. Bei den Zusatzinformationen

kann es sich z. B. um Orographie, Meteorologie oder die Landnutzung handeln [Lohmeyer

et al., 2003a].

Am Beispiel der Modellierung der bodennahen Ozonimmission wurde von Drüeke (1995)

das Verfahren Krigging mit externer Drift angewendet. Bei seinen Untersuchungen stellte

Drüeke eine Abhängigkeit der Ozonkonzentration von der Höhe über NN fest, die Höhe

ging als externe Driftvariable ein. Das mit diesem Verfahren erzielte Ergebnis erfüllte

die durch den Autor gestellten Erwartungen vollständig. Für dieses Verfahren sollte die

externe Driftvariable in einer größeren räumlichen Dichte als die regionalisierte Variable

und in einem regelmäßigen Gittersystem vorliegen [Drüeke, 1995].

Im Modul IMMIKART Teil 1 des Programmsystems IMMIKART-GIS kommt ebenfalls

ein Interpolationsverfahren mit Zusatzdaten zum Einsatz, bei dem neben der Analyse

der Zusammenhänge zwischen Messwerten, Höhe über NN und Landnutzung auch ei-

ne Klassifizierung der Messstationen erfolgt. Eine ausführliche Erläuterung des Moduls

findet sich ab der Seite 39 in dieser Arbeit.

34

Page 49: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

Die Ergebnisse dieser Art von Interpolationsverfahren müssen die Messwerte an den

Messpunkten nicht zwingend direkt wiedergeben.

Bei der Kopplung von Interpolationsverfahren und Ausbreitungsrechnungen können die

verschiedensten Verfahren benutzt werden. Beispielhaft soll hier das im Programmsystem

FLADIS der Hessischen Landesanstalt für Umwelt und Geologie (HLfU) enthaltene

Bilanzierungsmodell und IMMIKART-GIS Teil 2 (Kapitel 4.2) angeführt werden.

Das Programmsystem FLADIS wurde von der IVU Umwelt GmbH im Auftrag der Hessi-

schen Landesanstalt für Umwelt und Geologie (HLfU) entwickelt. Innerhalb des Systems

FLADIS besteht die Möglichkeit aus verschiedenen geostatistischen Interpolationsverfah-

ren auszuwählen. Über einen Wichtungsfaktor, der dem Erklärungsfaktor des Modells

entspricht, erfolgt eine Validierung hinsichtlich der Güte des zur Anwendung kommenden

Verfahrens. Durch den Einsatz eines Billanzierungsmodells ist es möglich Anpassungen

der Immissionsdarstellung in Abhängigkeit von Orografie, Meteorologie und Emissionss-

truktur vorzunehmen. Das Bilanzierungsmodell berechnet für jedes Ballungsgebiet eine

Schadstoffwolke unter Einbeziehung der Halbstundenmittelwerte von Windrichtung und

Windgeschwindigkeit. Nach der Addition der Immissionen der einzelnen Gebiete erfolgt

eine Normierung im Vergleich mit den Messwerten. Die Ausbreitungrechnung erfolgt

hier auf der Grundlage eines einfachen Gauß´schen Fahnenmodells. Das Programmsys-

tem FLADIS kommt z. B. im Bayerischen Landesamt für Umwelt und im Hessischen

Landesamt für Umwelt und Geologie zum Einsatz [HLfU, 1996].

Im Modul IMMIKART Teil 2 wird die flächenhafte Interpolationen der Messwerte an

den Freilandstationen unter Berücksichtigung der Geländehöheneinflüsse mit einem, von

der TA Luft geforderten, Lagrange´schen Partikelmodell kombiniert.

Durch die Kombination von Interpolation und Ausbreitungsrechnung ist es möglich, in

den Bereichen, an denen keine Messwerte vorliegen, örtlich differenzierte Aussagen zu

treffen und die flächenhaften Belastungen für unterschiedliche Zeitbezüge darzustellen.

Neben der Analyse der Messwerte für die Interpolation müssen bei diesen Verfahren auch

die Eingangsdaten für die Berechnung des Windfeldmodells bereitgestellt und verarbeitet

werden. Dies bedeutet nicht nur eine größere Datenmenge, die zu verarbeiten ist, es sind

35

Page 50: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

auch detaillierte Fachkenntnisse für die Ausbreitungsrechnung erforderlich.

Von den in Europa zum Einsatz kommenden kombinierten Verfahren sollen im Folgenden

zwei Modelle kurz umrissen werden.

HNS-COUNTRYWIDE

Das Modell HNS-COUNTRYWIDE (Hungarian National Standard Countrywide Model)

wurde in Ungarn entwickelt um, jahreszeitliche und mittlere jährliche Konzentrationen

von gasförmigen Schadstoffen sowie säurehaltigen Substanzen im ländlichen Raum ab-

schätzen zu können. Dabei kommt sowohl ein (einschichtiges) Trajektoren-Box-Modell

als auch ein Bi-Gauß´sches-Fahnenmodell zum Einsatz. Die Eingangsdaten der Emis-

sionen werden bei diesem Modell einem Emissionskataster entnommen. Die horizontale

Auflösung beträgt für die jahreszeitlichen Mittelwerte aus Quellen im Untersuchungsge-

biet 25 km x 25 km und für die Quellen, die sich außerhalb des Untersuchungsgebietes

befinden 100 km x 100 km. Sehr hohe, abgehobene Quellen (z. B. hohe Industrieschorn-

steine mit Höhen über 100 m) werden bei diesem Modell separat gerechnet.

Die Ergebnisse der Berechnungen mit HNS-Coutrywide sind Abschätzungen der Kon-

zentration der Schadstoffe in der Luft und in den Depositionen in einem Raster von

20 km x 20 km für gesamt Ungarn [ETC/ACC, 2003b].

IMSM

IMSM (Integrated Multi-Scale Model) ist ein drei-dimensionales Euler-Modell für die

Schadstoffausbreitungsberechnung von Luftschadstoffen und wurde vom Institut für

Geophysik der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften entwickelt. Das Modell deckt

alle Bereiche der räumlichen Auflösung (lokal, lokal-regional, regional-kontinental) ab,

indem es für jeden Maßstabsbereich eine geeignete Kombination aus dynamischen Model-

len und Transportmodellen bereitstellt. Die Berechnungen für den mesoskaligen Bereich

erfolgen in dem Modul IMSMIMI. Hier können kleinräumige Effekte in einem Gitter und

unter Einbeziehung eines detaillierten Emissionskatasters und der Topographie mittels

„Nesting“ der Standard-EMEP-Funktionen für die chemische Transformation berechnet

werden.

36

Page 51: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

Das diagnostische Modell DIAMO wird verwendet, um im Mesoscale die Interpolati-

on unter Einbeziehung von Winddaten und der Oberfläche durchzuführen [ETC/ACC,

2003d].

3.5 Fazit

Die einfachen geostatistischen Interpolationsverfahren lassen sich, wie schon in Drüeke

(1995) festgestellt, nicht ohne weiteres für die Darstellung flächenhafter Immissions-

belastungen nutzen. Insbesondere die Dichte des Messnetzes und die Verteilung der

Messstationen (optimal wäre ein regelmäßiges Messraster) haben großen Einfluß auf die

Genauigkeit der Interpolation.

Bei allen verwendeten Interpolationsverfahren erfolgt die Berechnung nur für die XYZ-

Datenpaare, ohne dass weitere Einflussgrößen wie die Höhe über NN oder die Wind-

geschwindigkeit berücksichtigt werden können [Drüeke, 1995]. Zwar kann bei Inverse

Distance to a Power der Gültigkeitsbereich der Messdaten in einem bestimmten Radi-

us um die Messstation festgelegt werden, aber dieser Parameter wird gleichmäßig für

alle Stationen gesetzt und ein Differenzierung für einzelnen Stationen ist nicht mög-

lich. Bezugnehmend auf Drüeke (1995) kann unter der Vorraussetzung eines ausreichend

dichten Messnetzes festgestellt werden, dass Ordinary Krigging ein gute und Krigging

mit externer Drift eine sehr gute Interpolation der Immissionsbelastungen im Mesoscale

ermöglichen. Dabei darf der Aufwand und das nötige Fachwissen für die Erstellung des

Semi-Variogramms nicht unterschätzt werden.

Bei der Verwendung von rein geostatistischen Verfahren lassen sich zufriedenstellende

Übereinstimmungen mit gemessenen Immissionswerten feststellen (siehe Thoma (1999)).

Die Verwendung des von Thoma entwickelten Verfahrens zur Erstellung von flächenhaf-

ten Immissionskarten durch Verwendung der multiplen Regressionsanalyse bedarf einer

intensiven Datenanalyse und Zusatzdaten in großem Umfang. Sollen die Immissionskar-

ten fortgeführt werden, müssen die Zusammenhänge zwischen den Zusatzinformationen

und den Messdaten für das jeweilige Jahr erneut überprüft werden.

Ausbreitungsberechnungen und kombinierte Verfahren verlangen von dem Bearbeiter

37

Page 52: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Verfahren zur flächenhaften Immissionsdarstellung

ein umfangreiches Fachwissen und meist auch Hardware mit hoher Rechenleistung. Als

Eingangsdaten für diese Verfahren dienen häufig Emissionskataster und komplexe Wind-

feldmodellierungen. Da die Zeit im Rahmen dieser Arbeit nicht ausgereicht hätte und

kein entsprechender Datensatz zu Verfügung stand, um die Modelle zu testen, konnten

nur einzelne Modelle kurz umrissen werden. Nach der Recherche in der Datenbank der

EEA lässt sich feststellen, dass häufig komplexe Ausbreitungsmodelle (Lagrange´sche

Ausbreitungsmodelle und Euler-Modelle) verwendet werden. Gauß´sche Fahnenmodelle

werden in geringerem Maße eingesetzt. Die Kombination aus geostatistischen Verfah-

ren und Ausbreitungsrechnungen vereint die Genauigkeit der Ausbreitungsmodelle und

die Möglichkeit, statistische Zusammenhänge, die durch die Ausbreitungsrechnung nicht

berücksichtigt werden, einbinden zu können. Die verschiedenen in Deutschland und im

weiteren europäischen Ausland in Anwendung befindlichen Programmsysteme zeugen

von der Qualität dieser Verfahren.

38

Page 53: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

4 Einführung in das Programmsystem

IMMIKART-GIS

Die Luftbelastung in Sachsen wird durch ca. 30 stationäre Multikomponentenstationen,

verschiedene mobile Messungen und drei Messstationen des Umweltbundesamtes konti-

nuierlich erfasst. Ergebnis dieser Messungen sind Angaben über die Luftschadstoffkon-

zentrationen am jeweiligen Messort. Zur Beschreibung der Luftqualität benötigen Um-

weltbehörden geeignete Messsysteme und Modellierungswerkzeuge. Die staatlichen Um-

weltämter betreiben zur Erstellung von Jahresberichten zur Immissionssituation und zur

Erfüllung der Informationspflicht gegenüber der EU (EU-Richtlinie: 96/62/EG des Rates

der Europäischen Union) erheblichen Aufwand. Das Programmsystem IMMIKART-GIS

wurde 1999 im Auftrag des Sächsischen Landesamts für Umwelt und Geologie (LfUG)

vom Ingenieurbüro Lohmeyer entwickelt. Ziel des Gutachtens und des zugehörigen Be-

rechnungssystems IMMIKART-GIS war die Übertragung von Einzelmesswerten mittels

vereinfachter Algorithmen auf die Fläche. Im Zuge jener Arbeit sollte ein Programm-

system entwickelt werden, welches aus den vorhandenen Einzelmesswerten ein Immissi-

onskataster für ganz Sachsen erstellt. Zum Zeitpunkt der Programmentwicklung sollten

die Schadstoffe SO2, O3, NO2 und Schwebstaub sowohl im Jahresmittel als auch im

98-Perzentil betrachtet werden [Lohmeyer et al., 1999]. IMMIKART-GIS wird bei der

Erstellung des Jahresberichtes zur Immissionssituation in Sachsen vom LfUG verwendet

und findet letztlich auch Verwendung bei der Übermittlung von Informationen und Be-

richten entsprechend der Rahmenrichtlinie 96/62/EG des Rates der Europäischen Union.

4.1 Das Modul IMMIKART Teil 1

4.1.1 Eingangsdaten

Das Ergebnis der oben genannten Arbeit war das Programmsystem „IMMIKART-GIS“

zur Berechnung flächenhafter Immissionsdaten für Sachsen. Als Eingangsdaten wurden

39

Page 54: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

• Das Digitale Geländemodell (DGM) von Sachsen mit einer horizontalen Auflösung

von 50m x 50m,

• Das Digitale Landnutzungsmodell (DLM) von Sachsen mit einer horizontalen Auf-

lösung von 25m x 25 m und

• Die Messstationsbeschreibungen und Messergebnisse (Statistische Kenngrößen für

1997) an den sächsischen Stationen sowie an den grenznahen Messstationen der

angrenzenden Bundesländer (Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen) und von

Tschechien

zur Verfügung gestellt. Nach der Festlegung der Auflösung für die Immissionskarten auf

2500 m x 2500m wurden das DGM und das DLM entsprechend dieser Vorgabe aufberei-

tet und so für die Aufgabenstellung nutzbar gemacht. Um die angestrebte Auflösung zu

erhalten, wurde für jede Gitterbox des DGM aus allen Höhenwerten der in den jeweils

2,5 km x 2,5 km großen Boxen liegenden kleineren Boxen der Mittelwert gebildet und an

die übergeordnete Box übertragen. Für das DLM wurde die Klassifizierung der Flächen

gröber gewählt und die ursprünglich 17 Klassen in drei übergeordnete Klassen (Freiland,

Wald und Stadt) eingeordnet. Die prozentualen Anteile der einzelnen Klassen an den

„großen“ Boxen wurden ermittelt und die überwiegende Nutzung auf die Boxen übertra-

gen. Im Rahmen der Datenvorauswertung wurde versucht, bestimmte Gesetzmäßigkei-

ten für die betrachteten Schadstoffe zu ermitteln. Hierbei wurden Abhängigkeiten der

Messwerte von nahegelegenen Emittenten und von der geographischen Höhe festgestellt.

Um diese Ergebnisse aus den Daten herauszufiltern, wurden die aufgestellten Landnut-

zungskategorien und die verschiedenen Messstationen in unterschiedlicher Zusammen-

stellung miteinander verglichen und die mittlere Schadstoffkonzentration berechnet. Bei

dem Vergleich der mittleren Messwerte zeigte sich,anders als z. B. bei NO2 und Schweb-

staub, ein geringer Einfluss des Verkehrs auf die SO2-Immissionen. Durch den Vergleich

der innerstädtischen SO2-Immissionen mit denen an Freilandstationen wurde deutlich,

dass die Freilandwerte um ca. 20 % höher liegen als die in den Innenstädten. Dies ist

dadurch bedingt, dass eine Vielzahl der Freilandmessstationen in Sachsen (z. B. Fichtel-

40

Page 55: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

berg, Mittelndorf, Zinnwald, Lückendorf und Lehnmühle) in der Nähe der Staatsgrenze

zu Tschechien liegen und deshalb durch die dortigen hohen SO2-Immissionen relativ stark

belastet sind. Diese Feststellung ließ sich jedoch nicht verallgemeinern. Vielmehr konnte

festgestellt werden, dass sich die SO2-Konzentrationen von Städten und benachbarten

Freilandstationen im Jahr 1997 kaum voneinander unterscheiden. Eine Unterscheidung

zwischen „Stadt“ und „Land“ ist für Schwefeldioxid also nicht mehr notwendig. Vielmehr

wird die SO2-Belastung in Sachsen zum Großteil von der Entfernung zu tschechischen

Großemittenten geprägt, wie der Vergleich der Werte an den Freilandstationen mit denen

an innerstädtischen Stationen zeigt.

Die Abhängigkeit der Schadstoffbelastungen von der geographischen Höhe ergibt sich aus

den allgemein höheren Windgeschwindigkeiten mit zunehmender Höhe über NN. Dieser

Effekt bewirkt eine bessere Verdünnung der Schadstoffe. Es war jedoch zu befürchten,

dass sich solche Effekte in den Messdaten nicht einwandfrei nachweisen lassen, da z. B. die

Windbedingungen an den Messstationen häufig durch lokale Besonderheiten, wie z. B.

Kerben, Dellen und ähnliches geprägt sind. Bei SO2 zeigten die Messdaten allerdings

keine ausgeprägten Trends auf. Die erwartete Abnahme der Schadstoffkonzentration mit

zunehmender Höhe über NN wurde für diesen Schadstoff nicht beobachtet, da ande-

re Faktoren, wie die Lage der Messstellen in Relation zu umliegenden Großemittenten

diesen Effekt überkompensieren. Eine Differenzierung zwischen Tal- und Berglagen war

nach der damaligen Prüfung des Datenmaterials ebenfalls nicht erforderlich. So waren

z. B. kaum Unterschiede zwischen den SO2-Konzentrationen der Stationen Radebeul-

Wahnsdorf und Dresden festzustellen, obwohl sich die Radebeuler Station auf dem Elb-

hang und die Dresdner Station im Elbtal befindet. Dies deutete ebenfalls daraufhin,

dass die SO2-Konzentration in Sachsen im Wesentlichen durch außerhalb von Sachsen

liegende Großemittenten (vor allem in Tschechien) bestimmt wurde. Damit ließ sich

feststellen, dass die Verdünnung des Schadstoffes SO2 innerhalb von Sachsen bereits so

weit fortgeschritten war, dass kaum Konzentrationsunterschiede zwischen benachbarten

Berg- und Talstationen auftraten [Lohmeyer et al., 1999].

41

Page 56: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

4.1.2 Berechnungsalgorithmen

Für das Programmsystem „IMMIKART-GIS“ wurde aufbauend auf dem Verfahren der

Radialinterpolation ein Verfahren entwickelt, um die Messdaten auf die Fläche zu über-

tragen.

Die Methodik der Radialinterpolation besteht darin, dass für jeden Messpunkt eines Kol-

lektives ein oder mehrere Radien festgelegt werden. Mit Hilfe dieser Radien werden ent-

fernungsgewichtet und/oder über eine Abklingfunktion die Zwischenwerte interpoliert.

Die für diese Interpolation verwendeten Algorithmen wurden u. a. aus den Ergebnissen

der Datenvorauswertung abgeleitet. Zur Berechnung der SO2-Belastungen werden, ab-

weichend von der Behandlung der anderen Schadstoffe, programmintern alle Stationen

als Freilandstationen behandelt da, wie oben beschrieben, die Konzentrationsunterschie-

de zwischen den Stationen in den Städten und denen im Umland nur gering bis gar

nicht vorhanden sind. Für die Berechnung der anderen Schadstoffe wurden sämtliche zu

Verfügung stehenden Messstellen in sieben Klassen eingeteilt (Tabelle 8), die auf den

NO/NO2-Verhältnissen an den Stationen sowie den jeweiligen entsprechenden Stations-

beschreibungen basieren.

Die Ermittlung der flächenhaften Immissionsbelastungen erfolgt in vier Schritten. Im

Schritt I werden die Daten für die Radialinterpolation aufbereitet und je nach Lage

der Messstation in Bezug zu Emittenten und zur geographischen Höhe sowie in Ab-

hängigkeit von der betrachteten Schadstoffkomponente Korrekturen an den Messwer-

ten vorgenommen. Die Stationen der Messstellenklassen 3, 4, 6 und 7 sind aufgrund

der Nähe starker Emittenten (zumeist Straßenverkehr) im Vergleich zur unmittelbaren

Umgebung bezüglich der Schwebstaub- und NO2-Konzentration höher bzw. bezüglich

Ozon niedriger belastet. Für diese Stationen werden im Rahmen eines Angleichungsver-

fahrens die Stationskonzentrationen der genannten Schadstoffe um die Zusatzbelastung

durch den unmittelbar angrenzenden Emittenten korrigiert (bei Ozon erhöht bzw. bei

Schwebstaub und NO2 verringert). Die so korrigierten Immissionsbelastungen sind als

charakteristisch für die jeweilige Stadt anzusehen. Die angesetzten Korrekturwerte wur-

den entsprechend der Datenanalyse sowie anhand von Erfahrungswerten aus zahlreichen

42

Page 57: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Klasse Beschreibung NO/NO2- Bemerkung

Verhältnis

1 Freiland < 0, 7 Stationen mit sehr ge-

ringem Emissionseinfluss,

keine oder kaum umlie-

gende Quellen

2 Kleinstadt, wenig Emission 0, 7 < x ≤ 1, 2

3 Kleinstadt, viel Emission 1, 2 < x ≤ 1, 8

4 Großstadt, viel Emission 1, 2 < x ≤ 1, 8

5 Großstadt, relativ wenig

Emission

0, 7 < x ≤ 1, 2

6 Kleinstadt, sehr stark be-

fahrene Straße in unmittel-

barer Nähe

> 1, 8 reine Verkehrsstationen

7 Großstadt, sehr stark befah-

rene Straße in unmittelba-

rer Nähe

> 1, 8 reine Verkehrsstationen

Tabelle 8: Charakteristik der 7 Messstellenklassen (NO/NO2-Verhältnis für Einteilungdominant), verändert nach [Lohmeyer et al., 1999]

Verkehrsgutachten festgelegt. Danach werden die Messwerte von ihrer tatsächlichen Hö-

henlage auf 1 000 m Höhe extrapoliert, um vertikale Trends bei der Mittelwertbildung zu

beseitigen (Tabelle 9). Zur Berechnung der flächenhaften Immissionsbelastungen werden

für jede Messstation sogenannte Interpolationsradien benötigt, die Aussagen zur Gül-

tigkeit bzw. Repräsentanz des Messortes über den Ort der Messstelle hinaus beinhalten

(Tabelle 10). Die Radien wurden anhand der Ergebnisse der Datenvorauswertung sowie

systematischen Sensitivitätsuntersuchungen empirisch ermittelt. Anschließend erfolgt die

Zuweisung der entsprechenden Interpolationsradien.

43

Page 58: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Schadstoffkomponente DGM-Korrektur Waldkorrektur

[(µg/m3)/100 m] [µg/m3]

SO2 − I1 0,0 0,0

SO2 − I2 0,0 0,0

Ozon− I1 -3,0 +5,0

Ozon− I2 -2,0 +5,0

Schwebstaub− I1 1,5 -10,0

Schwebstaub− I2 4,0 -20,0

NO2 − I1 0,5 -5,0

NO2 − I2 1,0 -10,0

Tabelle 9: Korrekturwerte für die einzelnen betrachteten statistischen Kenngrößen

(DGM-Korrektur je 100 m tiefere Höhenlage (Referenzniveau 1 000m)) [Loh-

meyer et al., 1999]

Die Landnutzungsdatei wird in Schritt II nach „Stadtboxen“ durchsucht, die für die

Schadstoffe Ozon, Schwebstaub und SO2 keine Messstationen aufweisen oder die au-

ßerhalb des Gültigkeitsbereiches anderer Stadtstationen liegen. Der Mittelpunkt solcher

Untersuchungsboxen wird als „künstliche“ Stadtstation programmintern in die Mess-

stationsreihe mit aufgenommen. Ihr werden charakteristische Stadtwerte zugeordnet.

Dies erfolgt über die Mittelwertbildung (sowohl der Jahresmittelwert, als auch der 98-

Perzentilwert) für die Komponenten Ozon, Schwebstaub und NO2 an den Stationen der

Messstellenklasse 2 und die anschließende Zuordnung dieser Mittelwerte an die Stadt-

boxen im Landnutzungsmodell, die sich außerhalb der inneren und äußeren Interpolati-

onsradien von „wahren“ Stadtboxen befinden.

Die eigentliche Radialinterpolation (siehe Abbildung 3) erfolgt in Schritt III unter Be-

rücksichtigung der Schritte I und II. Um charakteristische Umlandwerte zu erhalten,

wird ein entfernungsgerichteter Mittelwert aller Freilandstationen gebildet. Alle Statio-

nen, die einer Messstellenklasse > 1 zugeordnet wurden, gelten als Stadtstationen mit

44

Page 59: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Messstellenklasse Radius innen [m] Radius außen [m]

1 1 ∗ 106 1 ∗ 106

(bei SO2 50000) (bei SO2 50000)

2 2600 4000

3 2600 4000

4 3500 7500

5 3500 7500

6 2600 4000

7 3500 7500

Tabelle 10: Innere und äußere Interpolationsradien für die 7 Messstellenklassen [Loh-

meyer et al., 1999]

einem relativ begrenzten Radius. Sie sind zumeist von den Umlandwerten umgeben.

Aus dem Umlandwert und dem Messwert der jeweiligen Stadtstation ergibt sich ein

sogenannter Abklingwert, der in Abhängigkeit vom Schadstoff zwischen dem äußeren

und inneren Interpolationsradius linear zu- bzw. abnimmt. Dies erfolgt entsprechend der

Charakteristik der Schadstoffe (siehe Kapitel 2.3). Die flächenhafte Interpolation der

Daten erfolgt dann boxenweise, wobei für jede Box ermittelt wird, innerhalb welcher

Radien der Messstationen sie sich befindet. Ausschlaggebend für die Zuordnung ist der

Mittelpunkt der jeweiligen Box. Folgende Fälle sind möglich:

• Untersuchungsbox liegt innerhalb eines inneren Radius einer Stadtstation

• Untersuchungsbox liegt innerhalb eines äußeren Radius einer Stadtstation

• Untersuchungsbox liegt sowohl außerhalb der inneren als auch der äußeren Radien

einer Stadtstation

Abschließend werden verschiedene Korrekturen der berechneten Immissionsdaten in

Schritt IV vorgenommen. Zu diesen Korrekturen zählen unter anderem die Höhenkorrek-

tur und eine Waldkorrektur. Bei der Höhenkorrektur wird die in Schritt I vorgenommene

45

Page 60: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Abb. 3: Schematische Prinzipskizze zum in IMMIKART-GIS angewendeten Verfahren

der Radialinterpolation [Lohmeyer et al., 1999]

46

Page 61: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Extrapolation der Messwerte auf ein Höhenniveau von 1 000 m der tatsächlichen geogra-

phischen Höhe angepasst, indem pro 100 m Höhe ein Zuschlag (bei Schwebstaub und

SO2) bzw. ein Abschlag (Ozon) entsprechend den im ersten Schritt angesprochenen Kor-

rekturwerten (Tabelle 9) erfolgt. Die dafür angesetzten Gradienten wurden der Daten-

vorauswertung entnommen. In ausgedehnten Waldgebieten ist davon auszugehen, dass

die Anzahl der Emittenten im Verhältnis zum Umland geringer ist. Aus dieser Annahme

lässt sich eine niedrigere Belastung hinsichtlich der Schadstoffe SO2 und Schwebstaub

bzw. eine Zunahme der Ozonkonzentration ableiten. Daher wird jede einzelne Box, die

überwiegend in ihrer Nutzung aus Wald besteht, mit einem Korrekturfaktor versehen

(Tabelle 9). Dies geschieht unabhängig davon, ob sich die Untersuchungsboxen innerhalb

der Interpolationsradien einer Stadtstation befinden oder nicht.

4.2 Das Modul IMMIKART Teil 2

Im Jahr 2000 erfolgte dann der Auftrag durch das LfUG, das bestehende Programm-

system um die Schadstoffe Benzol, Ruß und PM10 zu erweitern. Hierbei sollten neben

vorhandenen Messdaten die Verkehrsemissionen des dynamischen Emissionskatasters

des LfUG einbezogen werden. Weiterhin wurde das bereits implementierte statistisch-

empirische Verfahren durch Ergebnisse aus Ausbreitungsrechnungen mit dem Lagran-

ge’schen Ausbreitungsmodell LASAT erweitert. Dadurch konnte gegenüber dem Modul

IMMIKART Teil 1 eine höhere und räumlich differenziertere Genauigkeit erreicht wer-

den und auch die Erstellung von Prognosen wurde dadurch ermöglicht. Mit dem Mo-

dul IMMIKART Teil 2 wurde auch die Integration des Programmsystems in das GIS-

System ArcView 3.2 der Firma ESRI vollzogen. Bis auf die LASAT -Berechnungen war

es mit diesem System möglich, alle notwendigen Arbeitschritte zur Erstellung von Im-

missionskarten innerhalb von ArcView 3.2 vorzunehmen. Aufgrund der Komplexität von

LASAT werden in ArcView 3.2 die Inputdatei für LASAT erstellt und die berechneten Da-

ten später wieder in das ArcView-Projekt geladen. LASAT selbst muss extern gestartet

werden [Lohmeyer et al., 2000].

47

Page 62: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

4.2.1 Eingangsdaten

Zusätzlich zu den Daten, die aus dem vorangegangenen Projekt vorhanden waren, wur-

den die folgenden Daten vom LfUG zur Verfügung gestellt.

• Benzol- und Rußmessungen aus dem Jahr 1999 bzw. 2000 entlang der geplanten

A17 in verschiedenen Stadtteilen von Dresden (Ergebnisse aus Stichprobenmes-

sungen)

• Rußmesswerte aus Rastermessungen in der Oberlausitzer Heide- und Teichland-

schaft

• Teile des Emissionskatasters Sachsen 1999

• Windzeitreihen an den sächsischen Schadstoff-Dauermessstellen; Wind- und Aus-

breitungsklassenstatistik an der Station Dresden-Klotzsche

Zusätzlich zu diesen Daten wurden weitere meteorologische Daten verwendet. Aus den

bereitgestellten Daten des Emissionskatasters wurden zusätzlich die Emissionen für die

PM10-Staubaufwirbelungen und die Rußemissionen für die Emissionsraster berechnet.

Die Benzolemissionen wurden unverändert übernommen. Mittels der bereitgestellten

Ausbreitungsklassenstatistiken ist es möglich, die Schadstoffimmissionen zu berechnen.

Ausbreitungsklassenstatistiken geben Auskunft über die Häufigkeit bestimmter Ausbrei-

tungsverhältnisse in den unteren Luftschichten, die durch Windrichtung, Windgeschwin-

digkeit und Stabilität der Atmosphäre definiert sind. Somit geben sie auch Auskunft über

die Verdünnungsfähigkeit der Atmosphäre. Durch die Einbeziehung des Lagrange’schen

Ausbreitungsmodelles, welches ein rechtwinkeliges Rechengebiet voraussetzt, war es nö-

tig die Daten außerhalb von Sachsen zu ergänzen. Diese Daten wurden den zur Verfü-

gung stehenden GTOPO307-Daten entnommen (Abbildung 4). Die Abbildung 5 zeigt

den letztlich für die LASAT -Berechnung verwendeten Ausschnitt. Die Landnutzung wurde

7GTOPO30 ist ein globales digitales Höhenmodell mit einer horizontalen Rasterauflösung von 30

Bogensekunden (ca. 1 km).

48

Page 63: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

im Nahbereich der grenznahen Windmessstellen entsprechend den vorliegenden topogra-

phischen Karten über die Grenzen Sachsens hinaus ergänzt. Nachfolgend wurde mit dem

Ausbreitungsmodell LASAT die straßenverkehrsbedingte Zusatzbelastung flächendeckend

für ganz Sachsen berechnet. Über ein selbstentwickeltes Berechnungsmodul wurden die

großräumigen Vorbelastungen aus den Messdaten des Landesmessnetzes ermittelt und zu

den verkehrsbedingten Zusatzbelastungen hinzuaddiert. Die so ermittelten Immissionen

werden an den Messwerten automatisch abgeglichen. Ein schematischer Programmab-

lauf zum Modul IMMIKART Teil 2 wird in Abbildung 6 dargestellt [Lohmeyer et al.,

2000].

4.2.2 Emissionsbestimmung für PM10

Das Emissionskataster des LfUG macht zwar Angaben zu den im Kfz-Abgas enthaltenen

Partikelmengen, die Emissionen, die aus Straßen-, Kupplungs- und Bremsbelag sowie

Reifenabrieb entstehen, werden jedoch nicht quantifiziert. Da es in Deutschland noch

kein offiziell abgestimmtes Verfahren zur Ermittlung dieser Emissionen gibt, werden

diese über empirische Berechnungsformeln ermittelt.

Neben den abgasbedingten Emissionen von PM10, die unverändert aus dem Emissions-

kataster übernommen wurden, entstehen weitere PM10-Emissionen aus Aufwirbelungen

und dem Abrieb. Die Emissionen aus Aufwirbelung und Abrieb werden durch ein 1984

von der U.S. Environmental Protection Agency veröffentlichtes und 1993 [EPA, 1993]

sowie 1997 [EPA, 1997] fortgeschriebenes Emissionsmodell für befestigte Straßen ermit-

telt. Das Modell geht davon aus, dass sich die Emission wie in Formel 4.1 beschreiben

lässt. Nach der statistischen Verarbeitung der aus Formel 4.1 vorliegenden Informationen

wurde als Endergebnis für die PM10-Emissionen einer befestigten Straße die Formel 4.2

entwickelt, die mit der Weiterentwicklung des Programmsystems durch die Formel 5.8

auf Seite 62 ersetzt wurde. Um der Tatsache gerecht zu werden, dass die Staubbelas-

tung mit abnehmendem Verkehr zunimmt, wurden Emissionsfaktoren für Innerorts- und

Außerortsstraßen aufgestellt. Die Ermittlung der flächendeckenden PM10-Emissionen er-

folgt über die Addition der Emissionen aus den Aufwirbelungen mit denen, die abgasbe-

49

Page 64: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Abb. 4: Ausschnitt aus der Kachel „W020N90“ der GTOPO 30 Daten;

kostenlos zur Verfügung gestellt durch den U.S. Geological Survey

(http://edcdaac.usgs.gov/gtopo30/gtopo30.html) [LP DAAC, 2003]

50

Page 65: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Abb

.5:

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51

Page 66: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

e = k(sL)a(W )b(S)c(w)d (4.1)

e = 4, 6(sL/2)0,65 · (W/3)1,5 (4.2)

e [g/km ·Kfz] = PM10-Emissionsfaktor

k [g/km ·Kfz] = Basisemissionsfaktor

sL [g/m2] = silt Load = PM75-Staubbelegung der Straße

W [t] = Mittleres Fahrzeuggewicht der Flotte (Achtung: Formel darf

nicht separat für z. B. LKW und Pkw verwendet werden)

S [km/h] = Mittlere Fahrzeuggeschwindigkeit

w [-] = Mittlere Anzahl der Räder der Kfz

dingt sind. Durch die Verschneidung der Verkehrsbelegung des Hauptstraßennetzes mit

den Emissionsfaktoren für Innerorts und Außerorts (Tabelle 11) ergeben sich die Emis-

sionen, die aus den Aufwirbelungen resultieren. Da für die explizite Bestimmung der

PM10-Emissionen die Verkehrsstärken (DTV-Werte und LKW-Anteile) sowie die Lage

der Straßen (Innerorts / Außerorts) bekannt sein müssen, konnten auf den Nebenstrecken

im Freistaat Sachsen keine Emissionsbelastungen berechnet werden, da die benötigten

Informationen nicht vorhanden sind. Nach erfolgreicher Verschneidung werden die er-

mittelten Emissionen für die Aufwirbelung entsprechend den vorliegenden Zuordnungs-

kennungen den einzelnen Emissionsrastern zugeordnet und mit den dort angegebenen

abgasbedingten PM10-Emissionswerten addiert. Der mittlere Quotient aus der PM10-

Gesamtemission (Aufwirbelung und Abgase) durch die PM10-Emission aus dem Auspuff

beträgt 23,0. Durch die fehlenden Daten des Nebenstreckennetzes ergeben sich zwangs-

läufig Raster, in denen keine Angaben bezüglich der PM10-Emissionen gemacht werden

können. In diesen Rastern errechnen sich die Emissionen für PM10 aus der Multiplikation

des oben genannten Faktors (23,0) mit der abgasbedingten Partikelemission [Lohmeyer

et al., 2000].

52

Page 67: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Abb

.6:

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53

Page 68: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

a) Innerorts

LKW-Anteil DTV < 10 000 Kfz/24 h ≥ 10 000 Kfz/24 h

10 % 0,5 0,3

20 % 0,8 0,5

b) Außerorts

LKW-Anteil DTV < 10 000 Kfz/24 h ≥ 10 000 Kfz/24 h

10 % 0,8 0,5

20 % 1,6 1,0

Tabelle 11: PM10-Emissionsfaktoren getrennt für Innerorts- und Außerortsstraßen. Alle

Werte in g/(km ∗Kfz) [Lohmeyer et al., 2000]

4.2.3 Emissionsbestimmung für Ruß

Die verkehrsbedingten Rußemissionen entstehen nicht nur aus den Abgasen der Kfz,

sondern auch zu einem erheblichen Teil aus dem Abrieb der Reifen. Die Lauffläche der

Reifen besteht zu ca. 30 % aus Ruß. Da im sächsischen Emissionskataster der Anteil

der Rußemission an der abgasbedingten Partikelemission nicht explizit angegeben wird,

erfolgt eine Berechnung der verkehrsbedingten Rußemissionen nach den Angaben des

Umweltbundesamtes und auf der Grundlage des Handbuches für Emissionsfaktoren. Ba-

sierend auf den Untersuchungen von Rautenberg-Wulf (1999a und 1999b) wurden die

in Tabelle 12 angegebenen Emissionen aus Reifenabrieb für Ruß angesetzt. Für die flä-

chendeckende Emissionsbestimmung von Ruß gilt dasselbe wie für PM10. Das bedeutet,

dass aufgrund der fehlenden Informationen zum Nebenstraßennetz die Emissionen nur

für die Raster berechnet werden können, in denen sich Gemeindeteile befinden, durch die

Hauptstraßen führen. Zur Übertragung der Emissionen auf die Fläche wurde nach dem

gleichen Muster verfahren, wie es für PM10 angewandt wurde. Der mittlere Quotient

aus Rußgesamtemission (Abgase und Reifenabrieb) und Rußemission aus dem Auspuff

beträgt dabei circa 1,12 [Lohmeyer et al., 2000].

54

Page 69: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

Emissionen für Ruß aus Reifenabrieb

[mg/km] je Kfz

PKW LKW

Autobahnen und Außerortsstraßen 1,7 9,0

Innerortsstraßen 6,0 32,0

Tabelle 12: Rußemissionen aus Reifenabrieb nach Rautenberg-Wulf (1999a und 1999b).

4.2.4 Berechnungsalgorithmen

Die Erweiterung von IMMIKART-GIS um drei Schadstoffe ist aufgrund der geringen An-

zahl von Messwerten mit veränderten Berechnungsalgorithmen für diese drei Schadstoffe

verbunden. Bei der Bestimmung der flächendeckenden Belastungen des jeweiligen Schad-

stoffes wurde so vorgegangen, dass mindestens je eine Messung an einer Freilandstation

und mindestens eine an einer städtischen Hintergrundmessstation vorliegen musste. In

dem Falle, dass das Dauermessnetz diese Informationen nicht beinhaltet, müssen zusätz-

liche Messwerte (z. B. aus Rastermessungen) in die Berechnung mit einbezogen werden.

Für die Berechnung der Jahresmittelwerte wurden, entsprechend den Emmissionsbestim-

mungen für Ruß und PM10, flächendeckend für Sachsen Ausbreitungsrechnungen mit

dem Lagrange´schen Ausbreitungsmodell LASAT durchgeführt. Bei diesen Berechnungen

wird der zeitliche Verlauf der Stoffkonzentration in einem vorgegebenen Rechengebiet

ermittelt, wobei alle für die Ausbreitung wichtigen Größen als Zeitreihe vorgegeben wer-

den. Diese berechneten Belastungswerte wurden im nächsten Schritt an die im Freiland

und an den städtischen Hintergrundstationen gemessenen Werte angepasst. Die Anpas-

sung erfolgte durch die Addition einer großräumigen Schadstoffvorbelastung, die für jede

Berechnungsbox aus dem entfernungsgewichteten Mittelwert aller Freiland-Messwerte

ermittelt wurde. Weiterhin wurde das mit LASAT berechnete Immissionsfeld für den Mit-

telwert mit einem Faktor multipliziert. Dieser Faktor ergibt sich aus dem Vergleich der

gemessenen Belastungen an den städtischen Hintergrundmessstationen und denen, die

55

Page 70: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Einführung in das Programmsystem IMMIKART-GIS

mit LASAT berechnet wurden.

Um die 98-Perzentilwerte zu berechnen, wurde davon ausgegangen, dass an den Stellen,

an denen hohe Jahresmittelwerte gemessen wurden, auch die 98-Perzentilwerte hoch

sind. Diese Überlegung, die auch innerhalb anderer Ausbreitungsmodelle umgesetzt ist,

ermöglicht für die 98-Perzentile ein analoges Vorgehen wie für die Jahresmittelwerte.

Weiterer Vorteile aus diesem Vorgehen sind die Zeitersparnis und der minimierte Re-

chenaufwand, der sich aus der Einsparung von weiteren Auswertungsprogrammen, die

der LASAT -Berechnung vor- und nachgeschalten werden müssten, ergibt. Die LASAT -

Ergebnisse für die Jahresmittelwerte werden entsprechend den in Städten gemessenen

Zusatzbelastungen für die 98-Perzentilwerte multipliziert und danach wird eine aus den

Messwerten abgeleitete, für die Kurzzeitbelastung repräsentative großräumige Schad-

stoffvorbelastung hinzuaddiert. Die Vorbelastung ergibt sich aus einer entfernungsge-

wichteten Radialinterpolation aus den Messwerten aller Freilandstationen. Zur Ermitt-

lung der Zusatzbelastung wird die Differenz aus der in den Städten gemessenen Werten

und den Umlandwerten gebildet [Lohmeyer et al., 2000].

56

Page 71: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

5 Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für

IMMIKART-GIS

In den folgenden Kapiteln werden die im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchge-

führten Verfahren, die zur Optimierung bzw. Weiterentwicklung von IMMIKART-GIS

herangezogen wurden kurz erläutert und deren Integration in das Programmsystem im

Kapitel 5.3 beschrieben.

5.1 MLuS 02

MLuS steht für „Merkblatt über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit locke-

rer Randbebauung“. Dieses Merkblatt wurde von der Forschungsgesellschaft für Straßen-

und Verkehrswesen - Arbeitsgruppe Straßenentwurf aufgestellt und ersetzt in der Aus-

gabe 2002 [FGSV, 2002] die 1996 geänderte Fassung von 1992. Die Zielsetzung für dieses

Merkblatt war die Abschätzung der Immissionsbelastungen an Straßenabschnitten. Zu

diesem Zweck wurde ein in diesem Merkblatt angegebenes Ausbreitungsmodell für zwei-

und mehrstreifige Straßen, die keine oder nur aufgelockerte Randbebauung aufweisen

und geländegleich liegen, entwickelt. In der Fassung von 2002 sind auch die Immissi-

onsabschätzungen an Tunnelportalen, Straßenkreuzungen sowie im Einflussbereich von

Lärmschirmen möglich. Die Basis für die Berechnungen ist das „maßnahmenorientierte

Berechnungsinstumentarium für die lokalen Schadstoffemissionen des Kraftfahrzeugver-

kehrs“ (Mobilev). In MLuS integriert ist auch ein parametrisiertes Konversionsmodell,

welches die Umwandlung des primär emittierten NO zu NO2 beschreibt. So erfolgt die

NO2-Berechnung über einen exponentiellen Ansatz mit unterschiedlichen Koeffizienten

für Mittelwert und Perzentil (Formel 5.1). Der NO-Wert berechnet sich dann aus der Dif-

ferenz zwischen NOx und NO2 (Formel 5.2). Die Ergebnisse aus beiden Formeln werden

in mg/m3 angegeben.

K(NO2) = B1 ·KB2(NOx) · e(B3·K(NOx)) (5.1)

K(NO) = K(NOx) −K(NO2) (5.2)

57

Page 72: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

Ki(s) = kn · ei · g(s) + fu (5.3)

g(s) = 1− 0, 166 ln(1 + s) (5.4)

fu = 2, 3/u (5.5)

Ki(s) [mg/m3] = Konzentration des inerten Schadstoffes

kn [h/m2] = bodennahe Konzentration normiert mit dabei vorliegenden

längenspezifischen Emissionen der Straße

ei [mg/m · h] = längenspezifische Emission der Straße für Schadstoff i

g(s) = Ausbreitungsfunktion der Schadstoffe

s = Abstand vom Fahrbahnrand in Metern

fu = Funktion zur Berücksichtigung der Windgeschwindigkeiten

u = mittlere Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe

Außerdem lässt das Merkblatt eine Abschätzung über die Anzahl von Überschreitungen

definierter Schadstoffkonzentrationen für NO2 und PM10 zu. Neben den Verfahren zur

Abschätzung der Immissionen und Hinweisen zur Beurteilungsproblematik werden wei-

terhin Möglichkeiten zur Immissionsminderung aufgezeigt und Ausführungen über die

Wirkung von Luftschadstoffen auf den Menschen gemacht. Die Immissionsbestimmung

mit MLuS 02 erfolgt mittels Formel 5.1 bis Formel 5.5. Mit ihrer Hilfe können Jahresmit-

telwerte und 98-Perzentile der bodennahen Immissionskonzentration (siehe Kapitel 5.3.3

auf Seite 66) für die zu bestimmenden Schadstoffe in Abhängigkeit des Abstandes s vom

Fahrbahnrand berechnet werden [FGSV, 2002].

5.1.1 Abschätzung der mittleren Windgeschwindigkeit

Wie Formel 5.3 und Formel 5.5 auf Seite 58 zeigen, geht die mittlere Windgeschwin-

digkeit unmittelbar in die Immissionsbestimmung mittels MLuS 02 ein und muss somit

zwingend den einzelnen Straßenabschnitten zugewiesen werden. Die mittlere Windge-

schwindigkeit ist neben der Rauhigkeit des Untergrundes auch von der Höhe über NN

58

Page 73: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

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Abb. 7: Windgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe über NN an ausgewählten

sächsischen Stationen

abhängig. Im Mittel nimmt sie um ca. 0,3 m/s je 100m zu [Flemming, 2001]. Um die

Abhängigkeit der mittleren Windgeschwindigkeit von der geographischen Höhe zu er-

mitteln, standen Messdaten von verschiedenen sächsischen Messstationen (vornehmlich

DWD-Stationen) zur Verfügung. Die Stationen decken einen Bereich von 144 m über

NN (Leipzig-Schkeuditz) bis 1213 m über NN (Fichtelberg) ab, wobei die Mehrzahl der

Stationen in einem Bereich von ca. 140 - 450 m über NN liegen. Die Abhängigkeit der

Windgeschwindigkeit von der Höhe über NN wurde mit Hilfe einer linearen Korrelati-

on ermittelt. Der aus den zur Verfügung stehenden Daten ermittelte Korrelationsfaktor

betrug 0,788. Mittels der unten aufgeführten Formel 5.6, die sich aus der Korrelation

ergab,

vw = 2, 3016 + 0, 00545 · h (5.6)

vw = Windgeschwindigkeit [m/s]

h = Höhe [m über NN]

59

Page 74: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

wurde die Windgeschwindigkeit in Höhenabstufungen von 100m berechnet. Durch die

Ergebnisse der Berechnungen mit Formel 5.6 lassen sich die Aussagen von Flemming

(2001) bestätigen. Die Abbildung 7 zeigt die Korrelation der Windgeschwindigkeit in

Abhängigkeit von der Höhe über NN, bei einem Konfidenzintervall von 95%. Deutlich

zu erkennen ist die Häufung der Stationen im Bereich von 150 - 450 m über NN.

Durch die komplexen meteorologischen Bedingungen, die im Bereich von großflächigen

Wäldern herrschen, ist für diese Flächen MLuS 02 im Grunde genommen nicht anwend-

bar. Um für diese Bereiche Aussagen mit dem Algorithmus von MLuS 02 machen zu

können, wurde die Rauhigkeit in Abhängigkeit von der Landnutzung in die Berechnung

der mittleren Windgeschwindigkeit einbezogen. Für die Berechnung nach Formel 5.7

wurde davon ausgegangen, dass sich die mittlere Windgeschwindigkeit in einer Höhe

von 100 m Höhe über Grund bei sonst gleichen Bedingungen über Wald nicht mehr von

der über Freiland in der selben Höhe unterscheidet. Die Angaben der Messstationen be-

züglich der Windgeschwindigkeiten werden üblicherweise für eine Höhe von 10 m über

Grund in Freiland gemacht. Ausgehend von diesen Annahmen erfolgte die Berechnung

mittels der Formel von Davenport.

v1 = v0

(h1

h0

)c

(5.7)

v1 = zu berechnende Windgeschwindigkeit [m/s] in der Höhe h1 [m]

v0 = bekannte Windgeschwindigkeit [m/s] in der Höhe h1 [m]

Der Exponent c repräsentiert eine von der Bodenrauhigkeit bestimmte Konstante. Der

Wert der Konstante für Wald wurde entsprechend Häckel (1999) auf 0,4 und der für

Freiland auf 0,12 gesetzt. Aus den Ergebnissen dieser Berechnungen (Tabelle 13) läßt

sich ein Faktor von ca. 0,5 zwischen der Windgeschwindigkeit im Wald und der Wind-

geschwindigkeit über Freiland in 10m Höhe über Grund ableiten.

60

Page 75: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

Höhe in [m] Windgeschwindigkeit [m/s] Höhe in [m] über Grund

über NN Wald Wald Freiland Freiland

(h = 10m) (h = 100 m) (h = 10m) (h = 100m)

100 1,35 3,39 2,57 3,39

200 1,64 4,11 3,12 4,11

300 1,92 4,83 3,66 4,83...

......

......

1200 4,50 11,30 8,57 11,30

1300 4,78 12,01 9,11 12,01

Tabelle 13: Windgeschwindigkeiten in 10 und 100m Höhe über Freiland und über Wald

(Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden nicht alle Daten dargestellt!)

5.2 Erweiterung von IMMIKART-GIS

Mit der Version 2.0 des Programmsystems IMMIKART-GIS wurde die Integration in

das GIS-System ArcGIS™ 8.x bewerkstelligt. Die Portierung des Programmsystems in

ArcGIS™ 8.x wurde wegen der Migration von ArcView GIS™ 3.2 auf ArcGIS™ 8.2 durch

das LfUG notwendig. Im Rahmen des Projektes wurde die dem Programmsystem zu

Grunde liegende PM10-Emissionsbestimmung entsprechend dem Stand der Technik an-

gepasst. Dies wurde notwendig, da sich die Formel 4.2, wie in Lohmeyer et al. (2001)

beschrieben, nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen läßt. Gründe dafür sind

unter anderem die hohen Staubbelastungen der Straßen während der Durchführung der

Emissionsmessungen. Die in den USA ermittelten Werte lassen sich nicht ohne Korrek-

turen auf Deutschland anwenden, da die Messungen unter amerikanischen Luftfeuchte-

verhältnissen durchgeführt wurden. Ein weiterer entscheidender Nachteil der Formel 4.2

ist ihre Beschränkung auf trockene Straßen [Lohmeyer et al., 2001]. Daher wurde durch

das Ingenieurbüro Lohmeyer ein Berechnungsverfahren entwickelt, welches neben den

Emissionen aus dem Auspuff auch die Emissionen aus Abrieb und Aufwirbelung infolge

61

Page 76: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

von Reifen-, Brems- und Kupplungsabrieb, Straßenabrieb und Aufwirbelung von Stra-

ßenstaub integriert und den Anteil der Regentage berücksichtigt (Formel 5.8) [Lohmeyer

et al., 2001].

eAb+AufPM10

= a · k · (sL)0,52 ·W 2,14

[1

0, 85(1− 0, 5 · r)

]− eAuspuff

PM10(2000) (5.8)

wobei

eAuspuffPM10

(2000)= 0,016 g/km für PKW (inkl. lNfz) und 0,492 g/km für LKW

a [-] = Korrekturfaktor für die Anwendung auf Straßen in Deutschland

r [-] = Anteil der Regentage eines Jahres

Formel 5.8 wird für nicht überdeckelte Straßen verwendet, wobei es wegen der in der

Formel enthaltenen Unsicherheiten ausreichend ist, als Bezugsjahr der Messungen immer

das Jahr 2000 anzusetzen [Lohmeyer et al., 2001].

Das modulare System von IMMIKART-GIS wurde in der Version 2.0 um ein Modul

zur Berechnung von linienhaften Immissionsbelastungen entlang von Bundesstraßen und

Autobahnen außerhalb von Ortschaften erweitert. Die Berechnung der Immissionsbelas-

tungen erfolgt mittels des in MLuS 02 beschriebenen einfachen Ausbreitungsmodells auf

der Basis von linienförmigen Emissionen entsprechend den Daten des Emissionskatasters

Sachsen.

5.3 Anwendungsprogrammierung

Bei der Programmierung von IMMIKART-GIS wurde neben der Integration der neues-

ten wissenschaftlichen Erkenntnisse besonderes Augenmerk auf die Nutzeroberfläche ge-

richtet, um die Bedienung und die Verwaltung von Ergebnisdaten gegenüber den Vor-

läuferversionen weiter zu verbessern und so einfach wie möglich zu gestalten. Ergebnis

dieser Bemühungen ist das Plugin IMMIKART-GIS 2.0, welches in die Oberfläche von

ArcMap™ eingebunden wird.

62

Page 77: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

Durch die Möglichkeit, Funktionserweiterungen in der Produktfamilie von ArcGIS™ über

COM8-Programmierung zu realisieren, war eine der Grundüberlegungen in dem Projekt

die Wahl der Programmiersprache. Die programminterne Makrosprache Visual Basic

for Applications (VBA) schied von Anfang an aus, da ein Plugin erzeugt werden muss-

te, welches unabhängig von ArcMap™-Dokumenten in die Anwendung geladen werden

kann. Visual Basic (VB) als objektorientierte Programmiersprache stellt die am besten

durch ESRI™ dokumentierte Sprache dar. Die zur Programmierung in VB benötigte Pro-

grammierumgebung stand jedoch nicht zur Verfügung und so wurde aus Gründen der

Zweckmäßigkeit Delphi™ 6 mit der Programmiersprache ObjectPascal für die Umsetzung

des Projektes gewählt. Um die Dateistruktur der Eingangs- und Ausgabedateien wei-

testgehend beibehalten zu können, wurden in den Strukturen nur minimale Änderungen

vorgenommen und alle aus den Vorgängerversionen bekannten Dateiformate beibehal-

ten. Durch Veränderungen im Emissionskataster Sachsen änderte sich die Struktur der

Eingangsdateien sowohl für die flächenhaften als auch für die linienhaften Emissionen,

was bei der Programmierung berücksichtigt werden musste.

5.3.1 Das Modul IMMIKART Teil 1

Abb. 8: Dialogfelder des Moduls IMMIKART Teil 1

Im Modul IMMIKART Teil 1 werden, wie in Kapitel 4.1.2 auf Seite 42 beschrieben,

die flächenhaften Immissionsbelastungen für die Jahresmittel- und die 98-Perzentilwerte

8COM steht für Component Object Model, ein von Microsoftr definierter Standard für die Kommu-

nikation und Steuerung von Softwarekomponenten. COM ist unabhängig von Programmiersprachen.

63

Page 78: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

der Schadstoffe SO2, O3 und Schwebstaub berechnet (Abbildung 8). Dabei besteht die

Möglichkeit, die Schadstoffe einzeln oder auch in Kombinationen zu untersuchen. Falls

mehrere Komponenten ausgewählt werden, erfolgt die Berechnung für alle ausgewählten

Komponenten ohne Unterbrechung. Als Eingangsdatei dient eine ASCII-Datei, welche

die Immissionsmesswerte an den Messstationen im jeweiligen Bezugsjahr beinhaltet. Die

Berechnung kann man in einer automatisch geöffneten „DOS-Box“ verfolgen, eventuell

auftretende Fehler werden hier auch ausgegeben. Nach erfolgreicher Berechnung der Im-

missionsbelastungen wird eine Erfolgsmeldung ausgegeben. Die Ergebnisse werden im

Immissionsshape Flächen (ESRI™-Shapefile) abgelegt, wobei für jede Schadstoffkompo-

nente eine Spalte vorgesehen ist. Nicht berechnete Komponenten sind mit einer Ausfall-

kennung (-999) versehen. Falls im gleichen Projekt eine Neuberechnung erfolgt, werden

die entsprechenden Spalten überschrieben [Lohmeyer et al., 2003b].

5.3.2 Das Modul IMMIKART Teil 2

Abb. 9: Dialogfelder des Moduls IMMIKART Teil 2/LASAT -Export

Der zweite Teil von IMMIKART-GIS beinhaltet die Vorbereitung der Eingangsdaten

aus dem Emissionskataster für die Erzeugung und den Export der LASAT -Inputdateien.

Für die Schadstoffe PM10 und Ruß kommen dabei die in Kapitel 5.2 aufgeführten Be-

rechnungen gewichtet nach Innerorts- und Außerorts-Anteil zum Einsatz. Im Ergebnis

des LASAT -Exports werden die Dateien Quellen.def und Staerke.def angelegt. In ih-

nen werden sowohl die Namen, Positionen und Ausdehnungen der Quellen als auch die

Quellstärken angegeben. Wie in Abbildung 9 zu sehen, ist dieser Arbeitsschritt komplett

64

Page 79: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

automatisiert und läuft nach Start des Prozesses völlig im Hintergrund ab. Der Arbeits-

fortschritt läßt sich anhand eines Laufbalkens verfolgen. Nachdem die LASAT -Rechnung

Abb. 10: Dialogfeld für den LASAT -Import

separat durchgeführt wurde, werden die errechneten Schadstoffkonzentrationen im zwei-

ten Schritt des Moduls IMMIKART Teil 2 wieder in das Programm importiert und

entsprechend den in Kapitel 4.2.4 auf Seite 55 beschriebenen Algorithmen an die vorlie-

genden Messwerte angepasst. Da NO2 einen nichtinerten Schadstoff darstellt, muss dabei

die in Kapitel 2.3.1 angeführte Parametrisierung nach Romberg et al. (1996) berücksich-

tigt werden. Der Zusammenhang zwischen der NO2- und der NOx-Gesamtbelastung wird

aus der Regressionskurve für die Umwandlungsrate NO2/NOx (Abbildung 11) ermittelt.

Die Anpassung an die Messwerte erfolgt über eine Verschneidung der LASAT -Ergebnisse

mit den Messwerten in der Messwertedatei. Die Ergebnisse werden in dem schon in

Kapitel 5.3.2 genannten Immissionsshape Flächen gespeichert.

5.3.3 Das Modul IMMIKART_Außerortsstraßen

Während die beiden zuvor vorgestellten Module durch das Ingenieurbüro Lohmeyer pro-

grammiert wurden, erfolgte parallel dazu die Umsetzung des dritten Moduls durch den

Autor selbst. Das Modul IMMIKART_Außerortsstraßen von IMMIKART-GIS gliedert

sich in einen ersten Teil zur Berechnung der Zusatzbelastung (Seite 66) und einen zweiten

Teil zur Berechnung der Gesamtbelastung (Seite 68) an Straßenabschnitten. Innerhalb

dieses Moduls können sowohl die Jahresmittel- als auch die Perzentilwerte der folgenden

Schadstoffkomponenten betrachtet werden: NO2, PM10, Benzol und Ruß.

65

Page 80: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

Abb. 11: NO2/NOx-Verhältnis (Konversionsrate) in Abhängigkeit von der NOx-

Immission für Jahresmittel- (oben) und 98-Perzentilwerte (unten) [Romberg

et al., 1996]

Ermittlung der Zusatzbelastung

Für die Berechnung der Zusatzbelastung an Straßenabschnitten wurde in diesem Mo-

dul der in Kapitel 5.1 beschriebene Algorithmus für die Schadstoffausbreitungsrechnung

implementiert. Mittels dieser Implementierung ist es möglich, die Zusatzbelastung an

Straßen außerhalb von Kreuzungsbereichen und Ortschaften in den Abständen von 10 m,

25m, und 100m zu berechnen. Eine Berechnung der Schadstoffbelastungen entlang von

Straßen ist mit der Gleichung 5.3 für Abstände bis 200 Meter vom Fahrbahnrand mög-

lich. Die in diesem Modul festgelegten Abstände wurden vom LfUG als Auftraggeber

66

Page 81: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

Abb. 12: Dialogfelder des Moduls IMMIKART_Außerortsstraßen

festgelegt. Die Grundlage für die Berechnungen bildet die Datei Emi_S.shp, die wieder-

um aus dem Emissionskataster Sachsen generiert wird. Die Struktur dieser Datei ist im

Anhang auf Seite 98 zu finden. Um die Zusatzbelastung ermitteln zu können, müssen

entsprechend den Kapiteln 4.2.2 und 4.2.3 die verkehrsbedingten Emissionen von PM10

und Ruß ermittelt werden. Im nächsten Schritt erfolgt eine Verschneidung der Geome-

Abb. 13: Verschneidungspunkte - Prinzipskizze aus [Lohmeyer et al., 2003b]

trien, bei der der in ArcGIS™ eingebundene „Geoprozessor“ angesprochen wird. Bei der

Art der Verschneidung handelt es sich um den Typ „Intersection“ (Überschneidung).

Die Abbildung 13 skizziert die Wirkungsweise der Verschneidung. Der Vorteil dieser Art

67

Page 82: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

der Verschneidung liegt darin, dass die Ergebnisdatei die kombinierten Attributdaten

der beiden Ausgangsdateien enthält und dabei die Polygonzüge an den Grenzen der

einzelnen Rasterboxen (siehe Kapitel 4.1.1) zerschnitten werden. Dabei entstehen neue

Geoobjekte, die ihre Attributierung aus den Eingabewerten der Urspungsdateien ent-

nehmen. Durch die Kombination mit den Daten der Rasterfläche ist es möglich, den

Straßenzügen in einer Box die entsprechende mittlere Windgeschwindigkeit zu zuwei-

sen. Die Abbildung 14 zeigt den vereinfachten Prozessablauf für die Berechnung der

Zusatzbelastung an Außerortsstraßen.

Abb. 14: Flussdiagramm für die Berechnung der Zusatzbelastung

Ermittlung der Gesamtbelastung

Die Gesamtbelastung an den einzelnen Straßenabschnitten ergibt sich aus einer Überla-

gerung der Immissionswerte des Flächenrasters und der wie oben berechneten Zusatz-

belastung in Abhängigkeit vom Abstandswert. Die Zuordnung der zu überlagernden

Werte erfolgt eineindeutig über die Zugehörigkeit sowohl des „flächigen“ als auch des „li-

nearen“ Belastungswertes entlang des Straßenabschnittes zu einem bestimmten Raster.

Durch diese einfache Überlagerung der Immissionswerte wird eine konservative Abschät-

zung der Gesamtimmissionen vorgenommen. Konservativ ist diese Abschätzung, da in

68

Page 83: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

Abb. 15: Dialogfeld des Moduls IMMIKART_Außerortsstraßen/Gesamtbelastung

den flächendeckenden Rasteremissionen bereits die Emissionen der betrachteten Straßen

enthalten sind.

Da das Raster mit einer Auflösung von 2,5 x 2,5 km jedoch recht grob ist, wird in den

Immissionskarten der Beitrag einzelner Straßen auf die große Fläche verteilt, sodass das

Vorgehen im Sinne einer konservativen Abschätzung vertretbar erscheint. Gegebenenfalls

sollte im Einzelfall eine Prüfung auf Plausibilität erfolgen [Lohmeyer et al., 2003c]. Wie

in Abbildung 15 zu sehen, wird die Berechnung der Gesamtbelastung durch Drücken

des Buttons „Start GB“ gestartet. Dabei werden, wie auch bei der Berechnung der Zu-

Abb. 16: Flussdiagramm für die Berechnung der Gesamtbelastung

satzbelastung, keine Schadstoffe explizit ausgewählt, sondern die Gesamtbelastung für

69

Page 84: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

alle Schadstoffe berechnet. Sollte zuvor die Zusatzbelastung im Immissionsshape Straße

oder die Immission im Immissionsshape Fläche nicht berechnet worden sein, wird eine

Ausfallkennung in die Spalte des jeweiligen Schadstoffes geschrieben. Eventuell schon

vorhandene Ergebnisse für die Gesamtbelastung werden bei einer Neuberechnung der-

selben nach einer Sicherheitsabfrage überschrieben. Das Flussdiagramm für diesen Teil

des Moduls IMMIKART_Außerortsstraßen ist in der Abbildung 16 dargestellt.

5.3.4 Ergebnisdarstellung

Abb. 17: Dialogfeld von IMMIKART-GIS 2.0 /Ergebnisdarstellung

Für die Ergebnisdarstellung wurde ein Dialog (Abbildung 17) erstellt, welcher für den

ausgewählten Schadstoff eine mit dem Auftraggebern abgesprochene Legende auf das

entsprechende Shape anwendet (Fläche oder Straße) und innerhalb von ArcMap™ einen

Layer erzeugt. Diese Layer können seperat abgespeichert werden und im Folgenden für

das Berichtswesen oder die Bereitstellung für die Öffentlichkeit im Internet mittels ge-

eigneter Mapserver (z. B. ArcIMS™ oder UMN MapServer9) verwendet werden. Zum

9Bei dem UMN MapServer handelt es sich um eine kostenlose OpenSource-Entwicklung der University

of Minnesota, die die Darstellung von Daten mit Raumbezug im Internet ermöglicht. Als Betriebs-

systeme lassen sich verschiedene UNIX-Derivate sowie Windows NT/98/95 einsetzen.

70

Page 85: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Erweiterung und Anwendungsprogrammierung für IMMIKART-GIS

jetzigen Zeitpunkt (11.11.2003) werden auf der Website des LfUG´s statische Karten

für die Immissionsbelastungen von 2002 zur Verfügung gestellt. Bei der Darstellung der

Immissionsbelastung an Straßen kann zwischen der Gesamtbelastung und der Zusatz-

belastung unterschieden werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Belastungen in

Abhängigkeit vom Abstand zu den entsprechenden Straßenabschnitten darzustellen. Die

Abbildung 18 soll einen Eindruck von den sich ergebenden Immissionskarten vermitteln,

die sich auch im aktuellen Jahresbericht zur Immissionssituation wiederfinden.

Abb. 18: Jahresmittelwerte der NO2-Konzentration in Sachsen 2002

71

Page 86: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

6 Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Modelle sind lediglich ungenaue Abbilder der Wirklichkeit. Bei der Entwicklung von

Modellen wird im Allgemeinen versucht, die reale Situation so genau wie möglich darzu-

stellen, so auch in IMMIKART-GIS. In den früheren Versionen des Programmsystems

IMMIKART-GIS (z. B. Version 1.0) erfolgte die Ausbreitungsberechnung für NO2 mit

Hilfe eines geostatistisch-empirischen Verfahrens (siehe Kapitel 4.1). Dabei wurden al-

le Messstationen in die Interpolation einbezogen, wobei entsprechend Kapitel 4.1.2 an

Verkehrsmessstationen mittlere Korrekturen angebracht wurden. Im Rahmen der Wei-

terentwicklung zur Version 2.0 erfolgte die Umstellung des Berechnungsverfahrens für

die NO2-Belastung auf die in Kapitel 4.2.4 beschriebene Vorgehensweise. Im Kapitel 6.1

werden Möglichkeiten aufgezeigt, um die Güte der Berechnung festzustellen. Das darauf

folgenden Kapitel 6.2 und seine Unterkapitel beschäftigen sich näher mit dem Verfahren

der Kreuzvalidierung.

6.1 Vorbetrachtung

Um die Qualität eines Interpolationsverfahrens oder einer Ausbreitungsrechnung zu

überprüfen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die graphische Darstellung, in Form

der Immissionskarten für Sachsen, als Ergebnis der Berechnungen des Programmsys-

tems IMMIKART-GIS erlaubt zum einen eine visuelle Plausibilitätsprüfung des Kar-

tenmaterials und zum anderen die Überprüfung mittels nummerischer Verfahren, wie

der Kreuzvalidierung. Bei beiden Verfahrensweisen ist eine genaue Kenntnis des Berech-

nungsverfahrens notwendig, um die Immissionssituation richtig einschätzen zu können.

In den beiden folgenden Kapiteln sollen die Ergebnisse der Kreuzvalidierung der Module

IMMIKART Teil 2 und Teil 1 dargestellt werden. Das Kapitel 6.3 beschäftigt sich mit

dem Vergleich der Ergebnisse aus den Modulen IMMIKART Teil 1 und Teil 2, wobei

hier auch eine visuelle Plausibilitätsprüfung erfolgt.

72

Page 87: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

6.2 Kreuzvalidierung

Bei der Bestimmung der Qualität der Berechnungen wurden die Ergebnisse der Mo-

dellierung mit den Ergebnissen der stationären Messungen von 2002 verglichen und die

Abweichungen von den wirklichen Belastungen ermittelt. Das eingesetzte Verfahren wird

als Kreuzvalidierung bezeichnet, da die realisierten Werte an den Messstationen mit den

geschätzten Werten verglichen werden, wenn man die Station bei der Schätzung nicht

berücksichtigt. Im Ergebniss der Kreuzvalidierung wird der mittlere quadratische Fehler,

auch MSE (Mean Squared Error) genannt, ermittelt. Der MSE kann zur Bestimmung

der Unsicherheit der Beurteilungsgrößen der Luftqualität verwendet werden. Die Berech-

nung des MSE erfolgt über die folgende Formel.

MSE =1

N∑i=1

(1

T∑t=1

[Mi,t − R̂i,t

]2)(6.1)

Dabei bedeutet:

N = Anzahl der Messstationen

Mi,t = gemessener Wert an der Messstation i=1,. . . ,N zum Zeitpunkt t=1,. . . ,T

R̂i,t = gewichteter Ergebniswert an der Messstation i=1,. . . ,N zum Zeitpunkt

t=1,. . . ,T

Wie aus der Formel 6.1 zu erkennen ist, werden Zeitreihen der Mess- und Ergebnis-

werte miteinander verglichen. Im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit standen keine

Zeitreihen zur Verfügung. Da das Programmsystem IMMIKART-GIS auf die Berech-

nung von Jahresmittel- und Perzentilwerten ausgerichtet wurde und somit nur jeweils

ein Mess- und Ergebniswert pro Messstation vorliegen, musste die Formel 6.1 angepasst

werden. Das Ergebnis der Anpassung ist die Formel 6.2, die der Varianz v entspricht.

Im Folgenden steht MSE für die Varianz v.

MSE =1

N∑i=1

[Mi −Ri]2 (6.2)

σ =

√√√√ 1

N∑i=1

[Mi −Ri]2 (6.3)

73

Page 88: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Dabei bedeutet:

Mi = gemessener Wert an der Messstation i=1,. . . ,N

Ri = berechneter Wert an der Messstation i=1,. . . ,N

σ = Standardabweichung

Durch Radizieren der Formel 6.2 erhält man die Standardabweichung σ (Formel 6.3),

welche im Folgenden ebenfalls aufgeführt werden soll und ein Maß für die Streuung

darstellt. Die Standardabweichung hat gegenüber der Varianz den Vorteil, dass sie die

gleiche Einheit wie die ursprünglichen Messwerte besitzt.

6.2.1 Das Modul IMMIKART Teil 1

In der Version 1.0 des Programmsystem IMMIKART-GIS wurde die NO2-Belastung im

Modul IMMIKART Teil 1 mit Hilfe eines geostatistisch-empirischen Verfahrens auf die

Fläche übertragen. Bei diesem Verfahren werden, wie in Kapitel 4.1.2 beschrieben, al-

le vorhandenen Messstationen berücksichtigt. Bei der Aufbereitung der Eingangsdaten

erfolgt dabei eine Korrektur der Konzentrationen an den Stationen der Messtellenklas-

sen 3, 4, 6 und 7 entsprechend den empirischen Vorbetrachtungen in Lohmeyer et al.

(1999). Der Schadstoff PM10 konnte an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden, da die-

ser Schadstoff in der Programmversion 1.0 bereits über das Modul IMMIKART Teil 2

berechnet wurde. Mit der Umsetzung von IMMIKART-GIS 2.0 änderte sich das Berech-

nungsverfahren folglich nur für NO2, nicht aber für PM10.

Die Abbildung 19 zeigt eine Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte für das

Jahr 2002. Die berechneten Werte wurden durch das geostatistisch-empirische Verfah-

ren aus dem Modul IMMIKART Teil 1 ermittelt. Wie in der Abbildung 19 zu sehen

ist, werden an allen Messstationen der Klassen 3, 4, 6 und 7 mit dem Modul niedrigere

Konzentrationen berechnet als gemessen wurden. Dies ist auch zu erwarten, da diese

Messstellen durch lokale Emittenten kleinräumig beeinflusst sind, IMMIKART-GIS je-

doch die Hintergrundbelastung in einer 2,5 x 2,5 km großen Rasterfläche berechnet. Im

Mittel liegen die berechneten Hintergrundkonzentrationen in den Rasterflächen für die

74

Page 89: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Abb. 19: Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für NO2-I1, berechnet mit

IMMIKART-GIS 1.0

Stationen der Messstellenklassen 3 und 4 um ca. 17 % und für die Messstellenklassen 6

und 7 um ca. 31% unterhalb der Messwerte. Eine gute Übereinstimmung zwischen den

Mess- und Rechenwerten, wird an den Hintergrundmessstellen (Messstellenklasse 1 für

Freiland, Messstellenklassen 2 und 5 für städtischen Hintergrundwert) erwartet, da die

Rechenwerte eben diese Hintergrundwerte darstellen sollen. Die Abweichungen für die

Stationen Mittelndorf und Zinnwald erklären sich aus den Waldkorrekturfaktoren, die

bei diesen beiden Stationen zum tragen kommen (siehe Tabelle 9). Aus den Stationen

der Messstationsklasse 1 sticht der Rechenwert für die Station Radebeul heraus. Der um

ca. 23 % höhere Messwert resultiert aus der räumlichen Nähe der Station Radebeul zur

Stadt Dresden. Durch die Korrekturen, die in Verbindung mit der Radialinterpolation

für Freilandstationen die sich in der Nähe von verkehrsbeeinflussten Stationen befinden

angewendet werden, ergibt sich der berechnete Wert für die Station Radebeul zu 75 %

aus dem entfernungsgewichteten Mittelwert aller Stadtstationen und zu 25 % aus dem

zugehörigen mittleren Umlandwert der Stadtstationen.

Durch den Einsatz des geostatistisch-empirischen Verfahren gelingt es, die Messwerte

75

Page 90: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Schadstoff Stationen MSE MRA in [%] σ in [µg/m3]

NO2 10 17,47 19,59 4,18

Tabelle 14: Mittlerer quadratischer Fehler (Mean Squared Error MSE) und Mittlere

Relative Abweichung (MRA) bei der Kreuzvalidierung für NO2-I1 im Modul

IMMIKART Teil 1

an den einzelnen Messstationen relativ gut zu treffen. Um die Genauigkeit dieses Ver-

fahrens für das gesamte Gebiet von Sachsen zu überprüfen, wurde die Kreuzvalidierung

durchgeführt (Tabelle 14 und Abbildung 20).

Mit der Abbildung 20 soll die Schwankung der bei der Kreuzvalidierung ermittelten Wer-

te um das Optimum (Funktion y = f(x) = x) dargestellt werden. Aus dieser Abbildung

ist gut zu erkennen, welche Messtellenklassen unter- oder überschätzt werden, wobei die

zuvor getroffenen Aussagen bestätigt werden. Für die Darstellung der Klassen 3, 4, 6

und 7 wurde die Farbe Grau gewählt, da an diesen Stationen die Gesamtbelastungen (in-

kl. Beitrag nahegelegener Emissionsquellen) gemessen werden, die sich nicht direkt mit

den gerechneten Vorbelastungswerten vergleichen lassen. Daher werden diese Messtel-

lenklassen nur informativ aufgeführt. Die Zahlenwerte der Beschriftungen entsprechen

der Reihenfolge der Messtationen in Abbildung 19, gezählt von links nach rechts. Diese

Vorgehensweise findet sich auch bei den nachfolgenden Abbildungen im Rahmen der

Sensitivitätsstudie wieder.

Bei der Analyse der in Abbildung 20 graphisch dargestellten Werte wurden für das in

IMMIKART Teil 1 angewendete Verfahren die in Tabelle 14 aufgeführten Ergebnisse

hinsichtlich der Güte des Verfahrens ermittelt. In Tabelle 21 (im Anhang) sind die be-

rechneten Werte mit und ohne Kreuzvalidierung aufgeführt. Dabei wurden nur diejenigen

Stationen betrachtet, an denen Hintergrundbelastungswerte berechnet werden.

6.2.2 Das Modul IMMIKART Teil 2

Wie in Kapitel 4.1.2 beschrieben, stellen die Stationen der Messstellenklassen 3, 4, 6

und 7 Stationen mit starkem bzw. sehr starkem Einfluss von benachbarten Emittenten

76

Page 91: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Abb. 20: Für das Modul IMMIKART Teil 1 ermittelte Schwankung der mittels Kreuzva-

lidierung berechneten und der gemessenen Werte für NO2-I1 um das Optimum

dar. Da diese Stationen bei dem automatischen Abgleich der berechneten Hintergrund-

belastungswerte mit den gemessenen Werten zu Verzerrungen des Ergebnisses führen

würden, sind diese Stationen von dem Abgleich ausgeschlossen. Weiterhin werden die

Stationen außerhalb von Sachsen nicht abgeglichen, da das Verfahren nur für das Gebiet

von Sachsen Gültigkeit besitzt. Diese Ausschlüsse haben zur Folge, dass von den 26 Sta-

tionen, die für das Jahr 2002 zur Verfügung standen, maximal 13 bei der Verschneidung

der berechneten mit den gemessenen Immissionsdaten berücksichtigt werden. Da jedoch

nicht an allen zur Verfügung stehenden Messstationen die Schadstoffkomponenten NO2

und PM10 gemessen werden, reduziert sich die Anzahl der berücksichtigten Stationen

bei NO2 auf 10 und bei PM10 auf 5. Die an den entsprechenden Stationen gemessenen

als auch berechneten Werte finden sich für NO2 in Tabelle 20 und für PM10 in Tabelle

22, die sich im Anhang befinden. Die Ergebnisse der Kreuzvalidierung sind in Tabelle 15

77

Page 92: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

zu finden.

Schadstoff Stationen MSE MRA in [%] σ in [µg/m3]

NO2 10 15,85 14,03 3,98

PM10 5 3,66 8,82 1,91

Tabelle 15: Mittlerer quadratischer Fehler (Mean Squared Error MSE) und Mittlere

Relative Abweichung (MRA) bei der Kreuzvalidierung für NO2 und PM10

im Modul IMMIKART Teil 2

NO2

Abb. 21: Für das Modul IMMIKART Teil 2 ermittelte Schwankung der mittels Kreuzva-

lidierung berechneten und der gemessenen Werte für NO2-I1 um das Optimum

Abbildung 21 zeigt die Schwankung von gemessenem und mittels Kreuzvalidierung be-

rechnetem Wert der sächsischen Stationen für NO2-I1 um das Optimum, welches sich bei

78

Page 93: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Übereinstimmung der X (gemessene Werte)- und Y-Werte (berechnete Werte) einstel-

len würde. Die Klassifizierung entspricht der in Kapitel 4.1.2 auf Seite 43 aufgeführten

Messstellenklassen. Anhand der Verteilung der Werte läßt sich bereits erkennen, dass

die Rechenwerte an den hier nur informativ dargestellten Stationen der Klassen 3, 4,

6 und 7 im Ergebnis der Berechnung erwartungsgemäß niedriger liegen als die Mess-

werte (siehe Absatz 2 in Kapitel 6.2.1). Mit dem Programmsystem IMMIKART-GIS

wird die Hintergrundbelastung mit einer räumlichen Auflösung von 2,5 x 2,5 km be-

rechnet und Messstellen der Klassen, die Stationen mit Verkehrsbelastungen darstellen,

werden aufgrund der kleinräumigen Konzentrationsänderungen unterschätzt. Die nied-

rigeren Messwerte resultiert aus den mittleren Korrekturen an den Verkehrsmessstatio-

nen entsprechend Kapitel 4.1.2. Das Diagramm zeigt deutlich, dass die Stationen der

Messstellenklassen 1 und 2 am nächsten zum Optimum liegen. Die Werte an den groß-

städtischen Hintergrundstationen (Messstellenklasse 5) werden bei einem Wegfall der

Stationen als zu hoch dargestellt. Ausdruck eines sehr homogenen großräumigen Hin-

tergrundwertes in Sachsen ist, dass die Stationen der Klasse 1 sehr nahe am Optimum

liegen. Die Ergebnisse der Kreuzvalidierung an den Stationen Collmberg, Mittelndorf

und Schwartenberg und die Auswirkungen auf die restlichen sächsischen Stationen sind

im Anhang zu finden (Abbildung A 34 - A 36). Damit erfüllt das Modul die gestellten

Anforderungen. In der Abbildung 22 sind die Messwerte des Jahres 2002 den berechneten

Werten gegenübergestellt.

Eine Ausnahme innerhalb der Klasse 1 stellt die Station Radebeul-Wahnsdorf dar. Diese

Station wurde aufgrund der Messstationscharakteristik und der Landnutzung 1 (Frei-

land) der Klasse 1 zugeordnet. Bedingt durch die Randlage zu Dresden tritt im Verhält-

nis zu den anderen Stationen der Klasse 1 im Nahbereich dieser Stationen ein relativ

hoher Gradient der Emissionswerte und damit auch der Immissionswerte auf. Um in die-

sen Bereichen einen moderate Abschätzung der Immissionswerte zu realisieren, wird aus

den LASAT -Berechnungen von vier umliegenden Rasterboxen der entfernungsgewichtete

Mittelwert gebildet. Der so ermittelte Faktor ist aufgrund des direkten Nebeneinander

von Boxen der Landnutzungskategorie 1 und 3 (Stadt) relativ hoch und führt, da er

79

Page 94: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Abb. 22: Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für NO2-I1

vom realen Messwert subtrahiert wird, zu einer Unterschätzung der Vorbelastung dieser

Rasterbox (10,4 µg/m3 NOx), verglichen mit der Vorbelastung der anderen Freilandbo-

xen (14,2 µg/m3 NOx). Die ermittelte Zusatzbelastung für die Rasterbox, in der sich

die Station Radebeul-Wahnsdorf befindet, beträgt 12,2 µg/m3 NOx, woraus sich eine

Gesamtbelastung von 22,6 µg/m3 NOx ergibt. Bei der Kreuzvalidierung für die Station

Radebeul-Wahnsdorf ergibt sich durch die Auslassung dieser Station eine Vorbelastung

von 14,5 µg/m3 NOx und somit eine Differenz von 4,1 µg/m3 und für die Zusatzbelastung

ein Wert von 13,2 µg/m3. Die Gesamtbelastung beträgt für den Fall der Kreuzvalidie-

rung an der Station Radebeul-Wahnsdorf 27,7 µg/m3 NOx. Nach der Berechnung der

Konversion (siehe Formel 5.1) ergibt sich ein Immissionswert von 15,4 µg/m3 unter Ein-

beziehung der Station und im Rahmen der Kreuzvalidierung ein Wert von 18,2 µg/m3

für den NO2-Jahresmittelwert (Abbildung A 37).

Die Messwerte der Klassen 3, 4 und 6, 7 werden in jedem Fall mit einem niedrigeren

berechneten Wert (Hintergrundwert) als dem Messwert (Gesamtbelastung) belegt. Dies

resultiert aus der Verkehrsbeeinflussung der Messstationen. Die Klassen 6 und 7 zeigen

80

Page 95: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

die höchsten verkehrsbedingten Zusatzbelastungen und auch die höchsten Abweichun-

gen bei der Berechnung auf. Die Stationen dieser Klassen werden durchschnittlich um

14,2 µg/m3 unterschätzt. Mit abnehmender Verkehrsbeeinflussung geht auch der mittlere

Fehler der Berechnung deutlich zurück (siehe Tabelle 16).

PM10

Abb. 23: Für das Modul IMMIKART Teil 2 ermittelte Schwankung der mittels Kreuz-

validierung berechneten und der gemessenen Werte für PM10 I1 um das Opti-

mum

Analog zu Abbildung 21 zeigt die Abbildung 23 die Schwankungen der PM10-Werte um

das Optimum. Wie auch bei NO2 werden an den Stationen mit Messstellenklassen 3,

4 und 6 niedrigere Werte berechnet als gemessen wurden, was in Kapitel 6.2.1 bereits

erläutert wurde. Die Messwerte zeigen hinsichtlich der Kategorien 3, 4, und 6 die gleiche

Charakteristik wie für NO2. Wie auch bei NO2 geht mit abnehmender Verkehrsbeein-

81

Page 96: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

flussung der mittlere Fehler der Berechnung deutlich zurück (siehe Tabelle 16).

Kategorien NO2 [µg/m3] PM10 [µg/m3]

6+7 14,17 10,72

3+4 9,67 6,27

1+2+5 2,52 1,00

Tabelle 16: Mittlerer Fehler entsprechend den Kategoriegruppen für NO2 und PM10

Die hohen mittleren Fehler der Messstellenklassen 3 und 4, sowie 6 und 7 resultieren aus

der Zusatzbelastung, die in disen Messstellenklassen enhalten ist. Da die Zusatzbelastung

an den verkehrsbelasteten städtischen Stationen nicht quantifizert werden kann, ist es

nicht möglich die Vorbelastung zu ermitteln und die Ergebniswerte der Berechnung mit

den Messwerten zu vergleichen (siehe Kapitel 6.2.1).

Abb. 24: Gegenüberstellung der Mess- und Rechenwerte 2002 für PM10 I1

Gut zu erkennen sind hier die hohen gemessenen Gesamtbelastungen an den verkehrsbe-

einflussten Stationen (Dresden-Nord, Görlitz, Leipzig-Mitte und Leipzig-Lützner Stra-

ße). Anhand der Ergebnisse der Kreuzvalidierung lässt sich auch die Bedeutung der

82

Page 97: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

einzelnen Stationen für die übrigen Messstationen darstellen, wobei für PM10 die Bedeu-

tung der einzelnen Station noch höher ist als bei NO2, da die Grundgesamtheit aller zur

Verfügung stehenden Stationen für PM10 deutlich geringer ist. Die graphische Darstel-

lung der Ergebnisse der Kreuzvalidierung für PM10 sind im Anhang zu finden (Abbil-

dung A 38 - A 42). Die Abweichungen der berechneten von den gemessenen Werten für

die einzelnen Stationen sind in Abbildung 24 dargestellt.

Aus der Gegenüberstellung in Abbildung 38 geht hervor, dass die berechneten Werte,

an den Stationen die Hintergrundbelastungen messen, sehr gut getroffen werden. Die

Abweichungen an den Stationen mit Verkehrsbeeinflussung (grau dargestellt) resultieren

aus den Zusatzbelastungen (siehe Begründung in Kapitel 6.2.1).

6.3 Vergleich der Module IMMIKART Teil 1 und Teil 2

Durch die Umstellung des Berechnungsverfahrens für die Immissionsbelastung durch

NO2, welche parallel zu dieser Arbeit durch das Ingenieurbüro Lohmeyer durchgeführt

wurde, sollte eine Verbesserung der Immissionsabschätzung erreicht werden. Der Ver-

gleich der Ergebnisse für die Kreuzvalidierung in den Tabellen 20 und 21 zeigt, dass

dies gelungen ist. Der aus der Kreuzvalidierung resultierende mittlere quadratische Feh-

ler sinkt demnach von 17,5 auf 15,9 und die mittlere relative Abweichung (MRA) von

19,6 % auf 14,0 % durch die Umstellung auf das Verfahren von IMMIKART Teil 2 (Ta-

belle 17). Dieser Wert gibt Auskunft über die Zunahme der Genauigkeit für das gesamte

Rechengebiet an den vorhandenen Hintergrundmessstellen.

Methode entsprechend MSE MRA in [%] σ in [µg/m3]

Modul IMMIKART Teil 1 17,47 19,6 4,18

Modul IMMIKART Teil 2 15,85 14,0 3,98

Tabelle 17: Güte der Berechnung für NO2-I1 unter Verwendung verschiedener Verfahren

Das in IMMIKART Teil 1 eingesetzte Verfahren ist kein exaktes Interpolationsverfahren,

denn durch die Einbeziehung empirischer Korrekturfaktoren für die Landnutzung und

83

Page 98: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

die Mittelwertbildung für Radialbereiche von Stationen, die sich überschneiden, kön-

nen Abweichungen vom Messwert auftreten. Beispiele dafür sind die Stationen Dresden-

Mitte, Zinnwald und Mittelndorf. In der Tabelle 17 sind alle Vergleichswerte zur besse-

ren Übersicht aufgeführt. Der Vorteil des Verfahrens liegt in der Berücksichtigung aller

Messstationen, was über umfangreiche empirische Vorbetrachtungen erreicht wurde.

Abb. 25: Gegenüberstellung der flächenhaften Immissionsbelastungen für Sachsen

(NO2-I1); links das Ergebnis mit Modul IMMIKART Teil 1, rechts das Er-

gebnis Modul IMMIKART Teil 2

Das Ergebnis des Verfahrens ist in der Abbildung 25 auf der linken Seite zu sehen. In

der Karte sind sehr gut die aus der Radialinterpolation resultierenden, fast kreisförmigen

Strukturen der Städte zu erkennen. Durch die modellinterne Übertragung des Mittelwer-

tes der Schadstoffbelastung an den Messstationen der Klasse 2 auf die Rasterzellen mit

der Landnutzungskategorie Stadt, die keine eigene Messstelle besitzen (künstliche Mess-

stationen), wird die Aussagefähigkeit der Karte empirisch hoch gesetzt. Desweiteren sind

auch sehr gut die Raster zu erkennen, die durch Landnutzung als Wald gekennzeichnet

sind und mittels der Korrekturfaktoren (Tabelle 9) niedrigere Belastungswerte zuge-

wiesen bekommen als das Freiland. Raster mit der Landnutzung Wald sind durch ihre

dunkelgrüne (Belastung 10-15 µg/m3) oder hellblaue Farbe (Belastung 5-10 µg/m3), in

Bereichen mit einer allgemein geringeren Belastung für NO2, gekennzeichnet. Es ist in

der Karte auch festzustellen, dass der Freilandwert in der Berechnung mit dem Modul

IMMIKART Teil 1 zum Teil höher liegt als der in der rechten Karte. Der Nachteil des

84

Page 99: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Verfahrens zeigt sich in den Bereichen zwischen den Städten. Im Vergleich zu der Karte

auf der rechten Seite in der Abbildung 25 sind in der Karte auf der linken Seite keine

Strukturen zwischen den Städten zu erkennen.

Abb. 26: visuelle Plausibilitätsüberprüfung der Immissionssituation für NO2 in Sach-

sen 2002;Karte links wie Abb. 25 rechts, Karte rechts inkl. Streckennetz der

Hauptverkehrsstraßen aus [LfUG, 2003]

Auch das in IMMIKART Teil 2 verwendete Verfahren stellt kein exaktes Interpolati-

onsverfahren dar, was aus der Abbildung 22 deutlich hervor geht. Durch die Umstellung

des Berechnungsverfahrens und die Einbeziehung des Ausbreitungsmodells LASAT ist eine

Verbesserung der Genauigkeit der Berechnungen, insbesondere in der räumlichen Diffe-

renzierung, für das gesamte Untersuchungsgebiet festzustellen. Die höhere Genauigkeit

der Berechnung für das gesamte Untersuchungsgebiet durch das Modul IMMIKART

Teil 2 gegenüber IMMIKART Teil 1 findet ihren Ausdruck in der reinen numerischen

Darstellung der Werte (Tabelle 17) und in der Karte auf der rechten Seite der Abbil-

dung 25. Vergleicht man die Karten in der Abbildung 25, so ist in der rechten Karte

eine sehr homogene Schadstoffbelastung der Rasterzellen vom Typ Freiland festzustellen.

Dies resultiert aus der Verwendung des Emissionskatasters für Sachsen bei der Ausbrei-

tungsrechnung im Rahmen von IMMIKART Teil 2. Auf Basis des Emissionskatasters

werden folglich geringere Abweichungen der Schadstoffbelastungen über Wald gegen-

über Freiland berechnet als in Tabelle 9 für die Berechnung in IMMIKART-GIS 1.0

empirisch festgelegt wurden. Ebenso wird das Elbtal im Bereich von Dresden durch die

85

Page 100: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

Berechnung mit dem Modul IMMIKART Teil 2 (rechte Karte in Abbildung 25) besser

wiedergegeben als durch die Berechnung mit Modul IMMIKART Teil 1 (linke Karte in

Abbildung 25).

Beim Vergleich der beiden Karten in Abbildung 26 zeigt sich, dass die erhöhten Schad-

stoffbelastungen im Flächenraster (linke Karte) mit den Straßenzügen der Autobahnen

übereinstimmen. Dies ist dadurch bedingt, dass das Emissionskataster Sachsen explizit

über eine Ausbreitungsrechnung in die Berechnung einfließt. Es können daher die Struk-

turen zwischen den Großstädten in Sachsen für das Modul IMMIKART Teil 2 verifiziert

werden.

6.4 Rechnung mit verbesserter Datengrundlage

Um die Datengrundlage (Messstellendichte) zu verbessern, kann in Sachsen auf Ergeb-

nisse von Rastermessungen zurückgegriffen werden. Rasterimmissionsmessungen sind

mobile Immissionsmessungen mittels Messwagen. Sie werden zur Erfassung der flächen-

haften Verteilung der Immissionen verwendet. In Sachsen wurden seit 1990 verschiede-

ne Rastermessungen durchgeführt. Dabei wurden als Messpunkte die Gitterpunkte des

1 x 1 km Gauß-Krüger-Koordinatensystems gewählt. An jedem Messpunkt wurden über

das Jahr verteilt insgesamt 26 Halbstundenmessungen vorgenommen. Der Flächenwert

der 1 x 1 km großen Boxen ergibt sich aus dem Mittelwert und dem 98-Perzentilwert der

4 Eckpunkte der Box. Jedem Flächenwert liegen somit 104 Halbstundenwerte zugrunde.

Aufgrund der geringen Datendichte können anhand dieser Messungen keine kurzfristigen

Belastungsituationen erfasst werden.

Für die Rechnung mit verbesserter Datengrundlage wurde die Eingangsdatei um 44

Messfelder erweitert, wobei 42 der Messfelder den Kategorien 1, 2 oder 5 entsprachen.

Überwiegend wurden aber Messpunkter der Klasse 1 (ca. 70 %) verwendet. Einzig der

Messpunkt MP 54_1996 entspricht der Kategorie 6 und der Messpunkt MP 64_2000

entspricht der Kategorie 3 (Abbildung 27). Mit diesen 44 Datensätzen wird ein Zeitraum

von 1996 bis 2001 abgedeckt. Frühere Rastermessungen gingen nicht in die Berechnung

ein, da sie als nicht repräsentativ für die Berechnung eingeschätzt wurden. Das Ergebnis

86

Page 101: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

der Berechnung mit diesen Daten in Gegenüberstellung zu den Messdaten in den entspre-

chenden Rasterboxen zeigt die Abbildung A 43. Die höhere Datendichte ließ ein besseres

Ergebnis der Berechnungen erwarten. Um die Ergebnisse der Berechnungen mit und oh-

ne Einbeziehung der Rastermessdaten vergleichen zu können, wurden die Ergebnisse der

Messstellenklassen 1, 2 und 5 miteinander verglichen. Dieser Vergleich ergab für die Be-

rechnung mit den Rastermessdaten eine mittlere relative Abweichung von 11,5% und für

die Berechnung ohne zusätzliche Daten eine MRA von 14,0%. Dieses Ergebnis bestätigt

die Aussage aus Kapitel 6.2.2, dass in Sachsen eine sehr homogene großräumige Hinter-

grundbelastung für NO2 vorliegt. Zwar wird durch die Einbeziehung der rastermessungen

das Datenkollektiv verbessert, da aber eine sehr große Anzahl von „Freilandstationen“

Verwendung finden, besteht die Möglichkeit das der Fehler an den Messstationen 2 und 5

in den Hintergrund tritt. Da die Hintergrundbelastungen im Freiland relativ einheitlich

sind, ist es selbstverständlich, dass die Genauigkeit der Berechnung hoch ist.

Abb. 27: Rastermessstationen die in die Berechnung einbezogen wurden

87

Page 102: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Sensitivitätsstudie für IMMIKART-GIS

6.5 Fazit

Die Sensitivitätstudie hat gezeigt, dass mit der Umstellung der Berechnung für den

Schadstoff NO2 auf das Verfahren von IMMIKART Teil 2 eine höhere Genauigkeit der

Ergebnisse erzielt wird als mit der Berechnung nach den Algorithmen von IMMIKART

Teil 1 (siehe Tabelle 17). Diese Verbesserung wird am deutlichsten bei einem visuellen

Vergleich der Ergebnisdarstellungen (Abbildung 25). Durch die Kreuzvalidierung für das

Modul IMMIKART Teil 2 konnte gezeigt werden, dass die großstädtischen Hintergrund-

werte (Messstellenklasse 5) von großer Bedeutung sind. Wie die Abbildung 21 zeigt,

werden Belastungswerte für die großstädtischen Hintergrundbelastungen bei einem Aus-

fall der Stationen der Messstellenklasse 5 überschätzt. Abschließend lässt sich feststellen,

dass sowohl bei der Berechnung mit dem Modul IMMIKART Teil 1 als auch bei der Be-

rechnung mit dem Modul IMMIKART Teil 2 die Stationen der Messtellenklassen 3, 4,

6 und 7 erwartungsgemäß niedrigere Rechenwerte aufweisen, was jedoch systembedingt

ist. Der Versuch, die Berechnung der NO2-Jahresmittelwerte unter Einbeziehung der

Rastermessdaten für Sachsen vorzunehmen, hat gezeigt, dass diese Daten gut geeignet

sind, um den Fehler bei der Berechnung der Schadstoffbelastung zu verringern. Mit der

Erweiterung der Daten um die Rastermessungen kann aber keine Verbesserung der Aus-

sagegenauigkeit in den städtischen Bereichen erzielt werden, da zumeist Messpunkte der

Messstellenklasse 1 Verwendung finden.

88

Page 103: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Zusammenfassung

7 Zusammenfassung

Im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit wurden zunächst die Grundlagen der Luftrein-

haltung bezüglich der Luftschadstoffkomponenten und der derzeitigen gesetzlichen Rah-

mensituation aufgezeigt. Als derzeitige Luftschadstoffkomponenten können die Stickoxi-

de und die Feinstaubpartikel (PM10) angesehen werden.

Anhand einer Literatur- bzw. Internetrecherche wurden Modelle systematisiert, welche

die Möglichkeit bieten, flächendeckende Immissionskataster zu erstellen. Diese wurden in

die Klassen „Geostatistische Verfahren“, „Ausbreitungsrechnungen“ sowie „Kombinierte

Verfahren“ eingeteilt. Typische Vertreter wurden beschrieben. Darauf aufbauend wird

das vom Ingenieurbüro Lohmeyer entwickelte Programmsystem IMMIKART-GIS, wel-

ches Module zu allen drei Verfahrensklassen beinhaltet, vorgestellt und die Arbeitsweise

erläutert.

Für dieses Programmsystem wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein Modul

zur Berechnung der Schadstoffbelastungen an Hauptverkehrsstraßen außerhalb von Ort-

schaften entwickelt. Dieses stellt die programmtechnische Umsetzung des Ausbreitungs-

modells des Merkblattes über Luftverunreinigungen an Straßen ohne oder mit locke-

rer Randbebauung (MLuS 02) dar. Die Implementierung dieses Moduls erfolgte mit-

tels der Programmiersprache ObjectPascal in der intergrierten Entwicklungsumgebung

(IDE) DELPHI™. Dieses Modul wurde vom Autor erfolgreich in das Programmsystem

IMMIKART-GIS implementiert und kam bereits für die Berechnungen der Immissi-

onsbelastungen an Außerortsstraßen in Sachsen zur Anwendung. Die Ergebnisse dieser

Berechnungen finden sich im Immissionsjahresbericht 2002 [LfUG, 2002] wieder.

Weiterhin wurde im Rahmen dieser Diplomarbeit eine Sensitivitätsstudie für das Pro-

grammsystem IMMIKART-GIS durchgeführt. Hierbei wurden die Ergebnisse der Be-

rechnungen aus den verschiedenen Modulen des Programmsystems (IMMIKART Teil 1

und Teil 2) untersucht und miteinander verglichen. Als Bewertungsmaß für die Ergeb-

nisse wurde der mittlere quadratische Fehler, die mittlere relative Abweichung und die

Standardabweichung verwendet. Im Ergebnis dieser Sensitivitätsstudie lässt sich die Zu-

nahme der Genauigkeit der Schadstoffabschätzung für den Schadstoff NO2 durch die

89

Page 104: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Zusammenfassung

Umstellung der Berechnungen von einem reinen geostatistischen Verfahren (IMMIKART

Teil 1) auf die Kopplung von Ausbreitungsmodellierung und geostatistischen Verfahren

(IMMIKART Teil 2) feststellen.

Die für den Schadstoff PM10 erfolgten Betrachtungen zeigten zum einen, dass nur an sehr

wenigen Stellen in Sachsen dieser Schadstoff gemessen wird und zum anderen, dass keine

der Messstellen, die PM10 messen, und deren Messwerte in die Berechnung einfließen,

zu der Messstellenklasse 2 (Kleinstadt, wenig Emissionen) gehört. Durch das Fehlen von

städtischen Hintergrunddaten in Kleinstädten lassen sich keine Aussagen zur Genauig-

keit der Berechnungen in diesen Bereichen treffen. Um die Genauigkeit der Berechnungen

für diesen Schadstoff zu erhöhen, wäre es deshalb wünschenswert, Messungen aus die-

ser Messstellenklasse einbeziehen zu können. Daten für diese Messstellenklasse könnten

z. B. an den bereits vorhandenen Messstationen Delitzsch und Hoyerswerda, welche den

städtischen Hintergrund von sächsischen Kleinstädten repräsentieren, erhoben werden.

Weiterhin wäre es wünschenswert, Rastermessungen von städtischen Hintergrundwerten

in die Berechnungen integrieren zu können. Städtische Hintergrundwerte könnten aus

bereits vorhandenen Daten der Gesamtbelastung und durch die Berechnung der dort

vorliegenden straßenbedingten Zusatzbelastungen mittels mikroskaligen Ausbreitungs-

modellen (z. B. MISKAM) ermittelt oder mittels Rastermessungen erhoben werden.

90

Page 105: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

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97

Page 112: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Tabellen

A Anhang - Tabellen

Feldname Erläuterung Quelle

Shape Polyline (mehrere Stützpunkte erlaubt)Gauß-Krüger-Koordinatensystem(4. Meridian)

Emissionskataster Sachsen

ID_IKSTR Kennung Emissionskataster Sachsen

DTV_KFZ Durchschnittlich täglicher VerkehrKFZ [Kfz/24 h]

Emissionskataster Sachsen

DTV_LKW Durchschnittlich täglicher VerkehrLKW (> 3, 5 t) [LKW/24 h]

Emissionskataster Sachsen

IK Kennung für Kreuzungsbereich0 = Abschnitte innerorts, 100 m Entfernungvon einfachen Kreuzungen und bis 200 m anKnotenpunkten (z. B. Autobahnkreuzen)

Emissionskataster Sachsen

Kat Kennung für Straßentyp (außerorts)1 = Autobahn 2 = Bundesstraße

Emissionskataster Sachsen

E_nox mittlere spezifische NOx-AbgasemissionKfz [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_blz mittlere spezifische Benzol-AbgasemissionKfz [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_part_p mittlere spezifische PM10-AbgasemissionPKW [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_part_l mittlere spezifische PM10-AbgasemissionLKW (> 3, 5 t) [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_russ mittlere spezifische Ruß-GesamtemissionKfz [g/(m · a)]

IMMIKART-GIS 2.0

E_pm10 mittlere spezifische PM10-GesamtemissionKfz [g/(m · a)]

IMMIKART-GIS 2.0

Tabelle 18: Struktur des Emissionsshape Straße

98

Page 113: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Tabellen

Feldname Erläuterung Quelle

Shape Polyline (mehrere Stützpunkte erlaubt)Gauß-Krüger-Koordinatensystem (4.Meridian)

Emissionskataster Sachsen

ID_IKSTR Kennung Emissionskataster Sachsen

DTV_KFZ Durchschnittlich täglicher VerkehrKFZ [Kfz/24 h]

Emissionskataster Sachsen

DTV_LKW Durchschnittlich täglicher VerkehrLKW (> 3, 5 t) [LKW/24 h]

Emissionskataster Sachsen

IK Kennung für Kreuzungsbereich0 = Abschnitte innerorts, 100m Entfernung von einfachenKreuzungen und bis 200m an Knotenpunkten (z. B. Auto-bahnkreuzen)

Emissionskataster Sachsen

Kat Kennung für Straßentyp (außerorts)1 = Autobahn 2 = Bundesstraße

Emissionskataster Sachsen

E_nox mittlere spezifische NOx-AbgasemissionKfz [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_blz mittlere spezifische Benzol-AbgasemissionKfz [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_part_p mittlere spezifische PM10-AbgasemissionPKW [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_part_l mittlere spezifische PM10-AbgasemissionLKW (> 3, 5 t) [g/(m · a)]

Emissionskataster Sachsen

E_russ mittlere spezifische Ruß-GesamtemissionKfz [g/(m · a)]

IMMIKART-GIS 2.0

E_pm10 mittlere spezifische PM10-GesamtemissionKfz [g/(m · a)]

IMMIKART-GIS 2.0

Nr Kennung IMMIKART-GIS 2.0

LANU mittlere Landnutzung in dem Rastergebiet (Freiland, Wald,Stadt)

IMMIKART-GIS 2.0

WG_m mittlere Windgeschwindigkeit im Rastergebiet [m/s] IMMIKART-GIS 2.0

H_m mittlere Höhe im Rastergebiet [m über NN] IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff]_zb_a1

Immission: Zusatzbelastung im Abstand a1 vom Straßenab-schnitt [µg/m3]

IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff]_zb_a2

Immission: Zusatzbelastung im Abstand a2 vom Straßenab-schnitt [µg/m3]

IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff]_zb_a3

Immission: Zusatzbelastung im Abstand a3 vom Straßenab-schnitt [µg/m3]

IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff]_gb_a1

Immission: Gesamtbelastung im Abstand a1 vom Straßenab-schnitt [µg/m3]

IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff]_gb_a2

Immission: Gesamtbelastung im Abstand a2 vom Straßenab-schnitt [µg/m3]

IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff]_gb_a3

Immission: Gesamtbelastung im Abstand a3 vom Straßenab-schnitt [µg/m3]

IMMIKART-GIS 2.0

[Schadstoff-komponente]

Immission, Belastung im Rastergebiet [µg/m3] IMMIKART-GIS 2.0

Tabelle 19: Struktur des Immissionsshape Straße

99

Page 114: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Tabellen

Station Immissionswerte für NO2 im Jahresmittel [µg/m3]

Berechnete WerteMesswert ohne Kreuzvalidierung mit Kreuzvalidierung

Collmberg 13,5 13,5 13,5Delitzsch 23,3 18,4 16,7Dresden-Mitte 30,5 35,8 36,8Hoyerswerda 17,5 19,3 19,7Leipzig-West 21,1 27,2 28,7Mittelndorf 13,7 13,5 13,3Radebeul-Wahnsdorf 18,2 15,4 18,2Schwartenberg 12,6 12,7 13,0Zinnwald 12,8 14,3 15,1Zittau-Ost 15,5 18,0 18,3

Tabelle 20: gemessene und berechnete Immissionswerte von NO2-I1 der sächsischen Sta-tionen, die im Jahr 2002 bei der Verschneidung im Modul IMMIKART Teil 2berücksichtigt wurden

Station Immissionswerte für NO2 im Jahresmittel [µg/m3]

Berechnete WerteMesswert ohne Kreuzvalidierung mit Kreuzvalidierung

Collmberg 13,5 14,7 15,7Delitzsch 23,3 23,8 17,3Dresden-Mitte 30,5 34,9 38,7Hoyerswerda 17,5 17,5 19,7Leipzig-West 21,1 21,1 18,9Mittelndorf 13,7 9,4 10,0Radebeul-Wahnsdorf 18,2 22,4 21,0Schwartenberg 12,6 13,0 12,9Zinnwald 12,8 8,8 8,8Zittau-Ost 15,5 15,5 19,9

Tabelle 21: gemessene und berechnete Immissionswerte von NO2-I1 der sächsischen Sta-tionen, als Ergebnis der Radialinterpolation (siehe Kapitel 4.1.2)

100

Page 115: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Tabellen

Station Immissionswerte für PM10 im Jahresmittel [µg/m3]

Berechnete WerteMesswert ohne Kreuzvalidierung mit Kreuzvalidierung

Dresden-Mitte 27,3 28,2 28,1Leipzig-West 22,0 21,2 21,2Radebeul-Wahnsdorf 20,8 18,8 17,3Schwartenberg 14,5 14,1 13,1Zinnwald 14,6 15,4 16,3

Tabelle 22: gemessene und berechnete Immissionswerte von PM10-I1 der sächsischen Sta-tionen, die im Jahr 2002 bei der Verschneidung im Modul IMMIKART Teil 2berücksichtigt wurden

101

Page 116: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Tabellen

Kategorie/

Modelle

Quellen: mul-

tiple Punkt-

quellen/ Fläche

allg./im Raster

Art der Freiset-

zung: konstant/

zeitweilig/ unfall-

artig

Simulationscha-

rakter: statis-

tisch, episodisch,

echtzeit

Schadstoffe:

SO2, CO, NOx, O3,

Pb, VOCs, Partikel,

Benzene

Ergebnisse: Konzentration

CALGRID√

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EMAP −/− /√ √

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EPIS −/− /√ √

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FLEXPART√

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FLEXTRA√

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Hilatar√

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HNS-

COUNTRYWIDE

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IMSM −/− /√ √

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LOTOS −/− /√ √

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MLTT√

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TAMOS√

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Tabelle 23: Übersicht über die in Europa zum Einsatz kommenden Modelle im Meso-

scale-Bereich

102

Page 117: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

B Anhang - Abbildungen

Abb. A 28: Triangulation with linear Interpolation für den Schadstoff NO2-I1

Abb. A 29: Inverse Distance to a Power; Schadstoff: NO2-I1

103

Page 118: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 30: Minimum Curvature; Schadstoff: NO2-I1

Abb. A 31: Radial Basis Function; Schadstoff: NO2-I1

104

Page 119: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 32: Nearest Neighbor; Schadstoff: NO2-I1

Abb. A 33: Ordinary Krigging; Schadstoff: NO2-I1

105

Page 120: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 34: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Collmberg;

Schadstoff: NO2-I1 (Kategorie 1)

Abb. A 35: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Mittlndorf;

Schadstoff: NO2-I1 (Kategorie 1)

106

Page 121: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 36: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Schwartenberg;

Schadstoff: NO2-I1 (Kategorie 1)

Abb. A 37: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Radebeul-Wahnsdorf;

Schadstoff: NO2-I1 (Kategorie 1)

107

Page 122: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 38: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Dresden-Mitte;

Schadstoff: PM10-I1 (Kategorie 5)

Abb. A 39: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Leipzig-West;

Schadstoff: PM10-I1 (Kategorie 5)

108

Page 123: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 40: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Radebeul-Wahnsdorf;

Schadstoff: PM10-I1 (Kategorie 1)

Abb. A 41: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Schwartenberg;

Schadstoff: PM10-I1 (Kategorie 1)

109

Page 124: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

Abb. A 42: Ergebnis der Kreuzvalidierung für die Station Zinnwald;

Schadstoff: PM10-I1 (Kategorie 1)

110

Page 125: Interpolationsverfahren für die Übertragung umweltmeteorologischer Parameter auf die Fläche

Anhang - Abbildungen

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