i!l · 2016. 9. 2. · 36 wim 12114 us-exportkontrolle unsicheres terrain die anti-terror-gesetze...
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US-EXPORTKONTROLLE
Unsicheres Terrain Die Anti-Terror-Gesetze der USA betreffen auch Unternehmen,
die keine Standorte in den USA haben.
I!l ie USA vertreten eine exterritoriale Rechts· I auffassung, sodass der Export von Waren
und Dienstleistungen aus Deutschland
- zusätzlich zum deutschen oder europäischen
Ausfuhrrecht - auch der Kontrolle von US·Behör·
den unterliegen kann. Das kann auch dann der
Fall sein, wenn auf den ersten Blick keine Kon·
takte mit den USA bestehen. Diese Besonderheit
des US·Rechtes ist durch zwei aktuelle Gerichts·
urteile ins Bewusstsein gerückt worden. So be
fand ein New Yorker Bezirksgericht im September
die jordan ische Arab Bank für schuldig, bei der
Finanzierung von Selbstmordattentätern der Ha
mas geholfen zu haben. Grundlage ist der "Anti
Terrorism Act" aus dem Jahre 1990, der es auch
Opfern von Anschlägen außerhalb der Vereinig
ten Staaten gestattet, vor US-Gerichten Klage zu
erheben. Dieses Urteil gilt als das erste, bei dem
sich eine Bank auf Grundlage dieses Gesetzes
verantworten musste. Die Entscheidung machte
auch erstmals eine Bank für Rechtsverletzungen
ihrer Kunden verantwortlich, obwohl sich das
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Kreditinstitut selbst an Bankregeln gehalten hat.
Ein weiterer Prozess zur Höhe des Schadenser
satzes für die klagenden Opfer und deren Ange
hörige steht noch aus.
Beim zweiten Urteil akzeptierte die französische
Bank BNP Paribas eine Rekordstrafe von 8,9 Mrd.
Dollar. Wie das US-Justizministerium mitteilte,
habe die Bank durch Transaktionen in Dollar-Wäh
rung das US-Finanzsystem genutzt, um Personen
und Institutionen zu unterstützen, die mit den Us
sanktionierten Staaten Sudan, Iran und Kuba Kon
takt haben. Neben weiteren Strafen darf BNP ein
Jahr lang nicht in US-Dollar verrechnen.
"Das US-amerikanische Recht ist bei Geschäften
oft dabei, ohne dass man es bemerkt", erläutert
Rainulf Pichner, Experte für Zoll- und Außenwirt
schaftsrecht der IHK Nürnberg für Mittelfranken.
Selbst wenn ein Flugzeug ohne Zwischenlandung
in den USA nur den US-Luftraum nutze, gelte der
Transport "als Lieferung aus den USA". Deshalb
sei man auch als Unternehmen ohne direktes US
Geschäft nicht vor US-Klagen gefeit.
Das US-Exportkontrollrecht enthält auch Rege
lungen für Ausfuhren aus Drittländern wie z.B.
aus Deutschland. Die US-Ausfuhrbestimmungen
("Export Administration Regulations" - EAR) geI
ten sowohl im zivilen Bereich als auch für Dual
use-Güter (Güter wie beispielsweise die Steue
rungstechnik für ein Kraftwerk, die sowohl zivil
als auch militärisch genutzt werden können). Die
Liste der Kriterien, bei denen es sich aus amerika
nischer Sicht um einen sogenannten Re-Export
von US-Gütern handelt, ist lang. Germany Trade
and Invest (G TA 1), die Gesellschaft der Bundes
republik Deutschland für Außenwirtschaft und
Standortmarketi ng, nen nt Regelfälle: Betroffen
sind beispielsweise Güter, die über die USA beför
dert werden. Eine Genehmigung der US-Behörden
kann auch bei in Deutschland hergestellten Gü
tern mit US-Anteil notwendig sein. Hier gilt eine
Mindestschwelle von 25 Prozent an US-amerika
nischen Vorprodukten. Die Genehmigungspflicht
sinkt auf eine Zehn-Prozent-Schwelle, wenn in
sogenannte terroristenunterstützende Staaten
geliefert wird.
Zuständige US-Behörde
Für die Genehmigung ist in diesen Fällen das Bu
reau of Industry and Security (BIS) in Washington
De zuständig, das dem US-Handelsministerium
zugeordnet ist. Knifflig wird es beispielsweise
bei deutscher Software, die mit US-Software "ge
bündelt" ("bundled") oder durch lizensierte US
Software-Patente programmiert wurde. Pichner
sieht hier erhebliche Schwierigkeiten, den ameri
kanischen Ursprungsanteil exakt zu klären.
Den exportierenden Unternehmen in Deutsch
land rät das GTAI zu einem vierstufigen Prozess:
Erstens Klassifizierung des (re-)exportierten
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Gutes, zweitens Klärung des Empfängerlandes,
drittens Kläru ng der Em pfängerinstitution oder
-person und viertens Prüfung des Einsatzfeldes
des Produkts oder der Dienstleistung.
Für die Klassifizierung gilt die US-Güterkontroll
liste ("Commerce Control List" - CCL) mit einer
"Export Control Classification Number" (ECCN).
Die ECCN entspricht weitgehend der deutschen
bzw. europäischen Ausfuhrlistennummer und
ist in fünf Produktgruppen und zehn Kategorien
gegliedert. Unterfällt ein Produkt den US-Aus
fuhrbestimmungen (EAR) und ist es nicht gelistet,
wird es mit EARgg gekennzeichnet. "EARgg-Güter
sind üblicherweise Verbrauchsgüter geringer
Technologiehöhe, wie z.B. Kugelschreiber oder
Büroklammern", führt das GTAI aus. Besteht bei
dem Empfängerland gemäß der Länderliste
(Commerce Country Chart) ein Kontrollgrund,
ist eine Lieferung grundsätzlich genehmi
gungspflichtig. Kontrollgründe sind neben
Waffen- oder Nuklear-Aspekten auch die
nationale Sicherheit, bei der außer Ka
nada jedes Empfängerland kontroll
pflichtig ist.
Bei den Empfängern sind zu
sätzlich die Sanktionsrege
lungen des "Office of Foreign
Assets Control" (OFAC) zu be
achten, wenn das Land einem
US-Embargo unterliegt. Darüber
hinaus ist u.a. zu überprüfen, ob an dem Export
oder der Transaktion "Parteien" beteiligt sind, die
sich etwa auf der Denied Persons List (US-DPL)
finden. Allein auf dieser Liste sind rund 500 Per
sonen aufgeführt, denen durch das BIS befristet
oder unbefristet die Exportprivilegien entzogen
wurden. Die US-Behörde definiert in der "US-En
tity List" zusätzlich Personen und Unternehmen,
die ein erhebliches Risiko für die Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen oder Trägertechno
logien darstellen. Zu beachten ist auch die "Spe
cially Designated Nationals List" mit Personen
oder Unternehmen, gegen die Wirtschaftssankti
onen verhängt wurden.
International agierende Konzerne haben vor die
sem Hintergrund große Compliance-Abteilungen,
die die Regeltreue auch der Re-Exporte im Blick
haben. Zunehmend werden auch deren kleine
und mittlere Zulieferer aufgefordert, spezielle
Erklärungen abzugeben, stellt Pichner fest. Mitt
lerweile bekomme er pro Jahr rund 100 Anfragen
zum Re-Exportrecht der USA.
"Der Arm des Oktopus wird immer länger", kons
tatiert der US-Rechtsexperte Hans-Michael Kraus
von Smith, Gambrell & Russeli, der mit der Nürn
berger Kanzlei Rödl & Partner zusammenarbei
tet. Er sieht in den letzten Jahren eine "deutliche
Sensibilisierung" deutscher Mittelständler, denn
die Zahl der Fälle, in denen sich US-Gerichte für
Exportfälle selbst für zuständig erklären, habe
deutlich zugenommen. So ermögliche der 2010
verschärfte "Foreign Account Tax Compliance
Act" (Facta) den US-Gerichten, alle in den USA
Steuerpflichtigen besser zu kontroll ieren. Letzt
lich könne zum Beispiel der "Chef einer Sparkasse
vor ein US-Provinzgericht gezerrt werden", wenn
diese ein Konto für einen US-Bürger führt, auf
dem es zu Unregelmäßigkeiten kommt.
Vorsicht auch in China geboten
Problematisch kann es laut Kraus auch werden,
wenn deutsche Unternehmen in China ihre oft
mals halbstaatlichen Geschäftspartner groß zum
Essen einladen. Denn in der Praxis seien viele Mit
telständler, die in China aktiv sind, auch in den
USA präsent. Dann greife sowieso das US-Recht
und damit der "Foreign Corrupt Practices Act"
(FCPA), der den Kreis der verbotenen Empfänger
("Foreign Officals") sehr weit definiert. Als sol
che gelten nicht nur Staatsbedienstete, sondern
auch Privatpersonen oder Unternehmen, die im
Auftrag des Staates handeln. In China seien Un
ternehmen häufig in irgendeiner Weise mit dem
Staat verbunden, warnt Kraus.
Welchen Einfluss das derzeit zwischen der EU
und den USA verhandelte Transatlantische Frei
handelsabkommen (TIIP) auf die unterschied
lichen Rechtsbegriffe haben wird, ist für die
Außenwirtschaftsexperten Kraus und Pichner
derzeit noch nicht absehbar. Auf jeden Fall se
hen sie auf die Wirtschaft einen höheren Kon- ~
trollaufwand zukommen, der Beratungsbedarf ~ werde größer werden.
&J www.export.gov/ecr
www.gtai.de
Thomas Tjiang ~ N >. 0>
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