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Arbeitseinheit i i Kognitionspsychologie IKONISCHES GEDÄCHTNIS (UNTERSUCHT AM PARADIGMA DER EINZELITEMAUSLESE)* Thomas Schulz

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Page 1: IKONISCHES GEDÄCHTNIS - leistungsstark · sult was explained by the difficulty to select items which are only par-tially analyzed while processing still continues. In the fourth

Arbeitseinheit iiKognitionspsychologie

IKONISCHES GEDÄCHTNIS

(UNTERSUCHT AM PARADIGMA

DER EINZELITEMAUSLESE)*

Thomas Schulz

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29/1983

IKONISCHES GEDÄCHTNIS

(UNTERSUCHT AM PARADIGMA

DER EINZELITEMAUSLESE)*

von

Thomas Schulz

Psychologisches Institut der Ruhr-Universität Bochum

Teil II des Forschungsberichts zum DFG-Projekt Schu 421/2,durchgeführt am Psychologischen Institut der UniversitätBonn. Die wesentlichen Ergebnisse wurden bereits auf der23. Tagung experimentell arbeitender Psychologen, Berlin1981, vorgetragen. - Ich danke Dipl.-Psych. R. Schwarz fürseinen produktiven Einsatz bei der Vorbereitung und Durch-führung der hier berichteten Experimente; Dr. 0. Neumann(jetzt Abtlg. Psychologie an der Universität Bielefeld) fürviele anregende Diskussionen zu diesem Thema sowie Dr. G.Reinert für Kritik an einer 1. Fassung dieses Berichts vomMärz 1982.

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Zusammenfassung

In fünf Experimenten wird die Frage untersucht, von welchen Aufgaben- ,charakteristiken der VIS-Effekt, d.h. die Abnahme des Teilberichtvorteilsbei der Auslese (Bericht) eines einzelnen Zeichens (bzw. hier Zeichen-paars), abhängig ist. Zur Erschwerung von 'Lese'-Strategien i.S. einernachträglichen räumlichen Organisation der Items wurde eine kreisförmigeReizanordnung verwendet.

Im 1. Experiment wurden Teil- und Ganzbericht unter verschiedenenHelligkeits- und Kontrastbedingungen überprüft. Die Ergebnisse wiesendeutliche Helligkeitsmaskierungseffekte i.S. der Kontrastreduktionshypo-these (ERIKSEN) auf, wenn diese auf die Erkennbarkeit des als Auslesein-dikator verwendeten Balkens bezogen wurde. Der Teilberichtsvorteil warauch unter günstigen Kontrastbedingungen statistisch nur für 50 msec nachEnde des Reizes abzusichern.

Im 2. Experiment wurde - bei vereinfachten günstigen Kontrastbedingun-gen - ein verkleinertes Reizfeld (ca. 3° statt vorher 4°) benutzt, um zuprüfen, ob der kurze Teilberichtsvorteil in Exp. 1 hierauf zurückzuführenwar. Jedoch war der Teilberichtsvorteil eher noch kurzlebiger. Auf Grundder Leistungen bei der Bedingung mit zeitlich vorgezogenem Indikatorbal-ken in beiden Experimenten wurde auch die Hypothese zu schlechter Erkenn-barkeit der Zeichen verworfen. - Es wurde stattdessen vorgeschlagen, denüblichen VIS-Effekt als Ergebnis von Lesestrategien, die hier nicht an-gewandt werden können, zu sehen.

Im 3. Experiment wurde der Teilberichtsvorteil für die Aufgabe, dieGleichheit/Ungleichheit der Paare zu beurteilen ('entdecken'), geprüft.,Hier zeigte sich (signifikant) nur ein Anstieg der fälschlichen Verschie-denmeldungen bis 50 msec Verzögerung im Vergleich zu einem früheren Maxi-mum dieser Rate beim Ganzbericht. Dies wurde auf die Schwierigkeit, teil-analysierte Zeichen während weiterlaufender Analyse zu selegieren, zu-rückgeführt.

Im 4. Experiment wurde vom Beobachter die Überprüfung auf Vorhanden-sein eines zu variablen Zeitpunkten in der Mitte der Anordnung erschei-nenden Zielreizes verlangt (Entdeckungs-/Suchaufgabe). Es zeigte sich -ähnlich dem Teilbericht in Exp. 3 - eine bis 50 msec wachsende Wahr-scheinlichkeit, den Zielbuchstaben fälschlicherweise im Reizfeld zu ent-decken. - Dies wurde als Beleg für die Ansicht gesehen, daß eine Reduk-tion der Verarbeitungsanforderungen vom VIS-Effekt nur Anzeichen derzeitlich erstreckten Verarbeitung selbst übrigläßt.

Entsprechend fand sich im 5. Experiment beim Entdecken von Paaren imReizfeld eine niedrigere fälschliche Entdeckungsrate mit verkürztem An-stieg.

Insgesamt werden die Ergebnisse als Beleg für die Ansicht betrachtet,daß die Annahme eines 'Ikonischen Gedächtnisses' auf Grund des VIS-Ef-fekts überflüssig und nutzlos ist und darüberhinaus zu Widersprüchenführt.

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Summary

In five experiments the tack characteristics of the VIS-effect, thatis lass of partial report superiority when selecting (reporting) singleitems (pairs in this study), are examined. In order to prevent Ss fromusing 'reading'-strategies, that is a spatial organization of the itemsafterwards, a circular display was used throughout.

In the first experiment partial- and whole report were examined withdifferent luminance- and contrast conditions. The results showed markedeffects of brightness masking in terms of ERIKSEN's luminance summationhypothesis if this hypothesis is related to the visibility of barwhich designates the item position to be reported. However, even underconditions of good visibility partial report superiority could be estab-lished statistically for only 50 msec.

In the second experiment - with favourable contrast conditions - asmaller display (about 3° instead of 4° as before) was used in order totest whether the skort partial-report superiority of Exp. 1 had been pro-duced by this specific condition. However, partial report superioritydeclined rather a bit faster. Because of the performance under pre-cueconditions the explanation by bad visibility of the letters was rejected.- In contrast, it was suggested to see the conventional VIS-effect as aresult of 'reading'-strategies which could not be used here.

In the third experiment partial report superiority for judging ('de-tecting') the equality/inequality of the pairs was tested. There was onlyan increase of the false-differents up to 50 msec delay - in contrast toan earlier end of this increase in the whole report condition. This re-sult was explained by the difficulty to select items which are only par-tially analyzed while processing still continues.

In the fourth experiment Ss had to search for a letter in the circulararrangement. The target-letter was shown with variable delay in the middleof the display. Similar to partial report in Exp. 3 an increasing proba-bility of false differents up to 50 msec showed up. This fact was lookedat as support for the interpretation that a reduction of processing Je-mands makes the VIS-effect vanish; only signs of the temporal extendedprocessing are left.

Correspondingly, a lowered false-differents rate with shortened in-crease was found in the fifth experiment demanding the search for (detec-tion of) item-pairs in the display, again with variable delay of target-pair exposure.

Altogether, the results are interpreted as supporting the view that theconcept of 'iconic memory' as based an partial report superiority is un-necessary, of no use and results in contradictions.

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1. Vorbemerkung

Die allgemeine Ausgangsfragestellung der im folgenden zu

schildernden Experimente (Exp. 7 und 8, 1-4 des Projekts,

hier: Exp. I -V) war die gleiche wie die der vorangehenden(Exp. 5-6), über die in Teil I dieses Berichts (SCHULZ,

1981) berichtet wurde: Wie lassen sich periphere Anteile

im Teilberichtsversuch, der als Indikator für das ikonische

Gedächtnis gilt, durch Veränderung der Aufgabenstellung

besser von den zentralen (Kurzzeitgedächtnis=KZS-) Anteilen

trennen? Ziel ist also, das 'Ikon' selbst zu isolieren.

Wie bisher werden wir aus Gründen theoretischer Klarheit

vom VIS statt dem ikonischen Gedächtnis sprechen, um damit

das Konstrukt zu bezeichnen, das aus dem Teilberichtsvorteil

(TB-Vorteil) und seinem Verfall binnen ca. 1 sec erschlos-

sen wird, und somit die Möglichkeit offen zu halten, das

VIS, d.h. den VIS-Effekt, auch anders als mit der Annahme

eines ikonischen Gedächtnisses erklären zu können. Bisher

haben nämlich unsere Bemühungen nicht zum Erfolg im Sinne

einer solchen Isolation geführt. Auf Grund der Befunde zum

Teilberichtsvorteil (TB-Vorteil) bei visuellen Elementar-

zeichen und beim Vergleich von Strichlängen sind wir vor-

läufig zu dem Schluß gekommen, daß der übliche VIS-Effekt,

nämlich der Verlust des TB-Vorteils binnen ca. 1 sec, nicht

notwendig mit dem Konzept des ikonischen Speichers erklärt

werden muß, sondern durch die Zunahme von Output-Interferenz

beim automatischen Verarbeiten ('Auslesen') zustandekommt.

Wie dies im einzelnen vorzustellen ist, soll hier nicht

weiter erörtert werden, da dies bereits in SCHULZ (1980 b)

und ausführlicher (1981) geschehen ist.

Wir werden allerdings versuchen, die Interpretationser-

gebnisse dieser vorangegangenen Arbeiten bis zur Diskussion

unbeachtet zu lassen; denn nicht nur könnten naheliegende

Interpretationsalternativen sonst übersehen werden, so daß

ein solches Vorgehen wissenschaftsstrategisch unklug wäre

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(SCHULZ, MUTHIG & KOEPPLER, 1981), sondern es wäre auch un-

redlich, Ergebnisse experimenteller Realisationen zunächst

nicht auf die Überlegungen zu beziehen, die vor ihrer Reali-sation angestellt wurden.

2. Fragestellung der vorliegenden Experimente

Die bisherigen Experimente waren alle mit einer matrixför-

migen Anordnung von Zeichen (Buchstaben, visuelle Positionen,

Strichpaare, geometrische Elementarkonfigurationen) durch

geführt worden. Nachdem nun in diesen Experimenten (vgl.

SCHULZ, 1980a, b; 1981) Widersprüche zum klassischen Konzept

des ikonischen Gedächtnisses (vgl. etwa COLTHEART, 1980a)

aufgetaucht waren, lag es - unabhängig von den oben ange-

deuteten theoretischen Alternativen - nahe, als methodische

Variation statt der matrixförmigen Anordnung eine kreisför-

mige Anordnung der Zeichen (Elemente), wie sie m.W. erstma-

lig von ERIKSEN & STEFFY (1964) benutzt wurde, zu verwenden.

Weiterhin waren bisher als Selektions(Hinweis-)signal. aku-

stische Indikatoren verwandt worden. AVERBACH & CORIELL

(1961) hatten aber den VIS-Effekt im Prinzip (s.u.) auch

mit der Verwendung visueller Indikatoren, nämlich durch Dar-

bietung eines Balkens über/unter dem zu reproduzierenden

Buchstaben - allerdings bei einer matrixförmigen Zeichenan-

ordnung - erzielt. Schließlich hatten ESTES & TAYLOR (1964)

die sogenannte Entdeckungsaufgabe eingeführt - mit der ex-

pliziten Begründung, daß damit die Kurzzeitgedächtnis(KZG-)

belastung des Beobachters sehr niedrig bleiben sollte.

ESTES & TAYLOR begründen die Wahl der kreisförmigen Anord-

nung damit, daß die retinale Abbildungsschärfe für alle

Elemente einer solchen Anordnung - bei Fixation des Mittel-

punkts - gleich gut (bzw. gleich schlecht, s.u.) sei. Lei-

der geben ESTES & TAYLOR auf die nun naheliegende Frage

nach dem Gesichtswinkel keine explizite Antwort, aber man

kann vermuten, daß, selbst wenn der von ihnen benutzte Bild-

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schirm sehr klein war, die Zeichen (in ihrem Fall: Buchsta-

ben) außerhalb von 1°, d.h. para-foveal. (vgl. BOUMA, 1978),

abgebildet wurden. In einer folgenden Arbeit geben die

Autoren nämlich für matrixförmige Zeichenanordnungen einen Win-kel von 7°9' an (ESTES & TAYLOR, 1965). Bei ERIKSEN & STEFFY

(1964) hingegen betrug .der Gesichtswinkel für die gesamte

kreisförmige Anordnung nur 1°30'.

Nun untersuchten ESTES & TAYLOR (1964, 1965) nicht die

TB-Aufgabe, sondern gingen das SPERLING'sche Problem der

Trennung von Wahrnehmbarkeits- und Gedächtnisspanne - heute

als 'encoding' vs. 'short-term memory' (Kapazitäts-)Problem

bekannt - dadurch an, daß die Beobachter (Vpn) zu entschei-

den hatten, welcher von zwei vorher vereinbarten Buchstaben

('Zielbuchstabe') im Darbietungsfeld vorhanden war ('forced

choice'). M.a.W., ähnlich wie beim Ganzbericht (GB) haben

die Vpn das ganze Darbietungsfeld zu durchsuchen (vgl. WOLFF,

1977), jedoch nicht alle Elemente zu berichten, sondern nur

über das Vorhandensein bestimmter Elemente bzw. Eigenschaf-

ten. Hierin ähnelt die Aufgabe wiederum den Aufgaben vom

Typus des visuellen Suchens (vgl. PRINZ & RÜBENSTRUNK, 1979);

und welche (Eigenschaften der) Elemente dafür entscheidend

sind, hängt u.a. von der Figuralwahrnehmungstheorie ab, die

für valide gehalten wird. Diese Fragen haben wir hier nicht

zu untersuchen. Es mag hier genügen festzuhalten (vgl. SCHULZ,

1980a), daß die ESTES-Aufgabe wahrscheinlich im Vergleich

zum GB weniger Anforderungen an eine wie auch immer zu de-

finierende Verarbeitungskapazität stellt, sofern unter GB

die vollständige Identifikation der Zeichen verlangt wird.

Dies vermutlich, weil die Anforderungen an das Reaktions-

system geringer sind. Beruht allerdings der übliche VIS-

Effekt allein auf dieser Differenz in den Anforderungen (vgl.

die 'output'-Interferenz-Hypothese, diskutiert bei SCHULZ,

1980a, b; 1981), so wird man bei Verwendung der Entdeckungs-

aufgabe von ESTES keinen VIS-Effekt erwarten. Vielleicht ist

dies einer der Gründe, warum ERIKSEN & STEFFY (1964) keinen

VIS-Effekt fanden, hatten ihre Vpn doch nur über das Vor-

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liegen von X oder 0 an einer Stelle im Darbietungsfeld zu

entscheiden - von mutmaßlichen Decken- und anderen Störef-

fekten in dieser Untersuchung einmal abgesehen (vgl. SCHWARZ,

.1979). Ziel der hier zu berichtenden Experimente war nun,

diese Ansätze zur Reduktion kognitiver Faktoren in der Teil-

berichtsaufgabe zu kombinieren. Die Logik dieser überle-

gung besteht darin, daß - die Reduktion kognitiver Faktoren

sozusagen die visuell-sensorischen Faktoren am Teilberichts-

Paradigma übrigläßt. Ist nun das ikonische Gedächtnis, wie

seine konzeptuellen Schöpfer behaupten (SPERLING, 1960;

NEISSER, 1967; COLTHEART, 1980a ), ein Speicher für unver-

arbeitetes visuelles Reizmaterial, so dürften solche Maß-

nahmen an der Charakteristik des VIS-Effekts, nämlich dem

schnellen Verlust einer ursprünglichen TB-Überlegenheit,

nichts ändern.

Die Aufgabe, die wir dem Beobachter in Exp. I und II

stellen wollen, ist zunächst die konventionelle Berichts-

aufgabe mit dem wesentlichen Bestimmungsstück, daß es nur

um ein einziges Zeichen, genauer gesagt um eine abgehobenePosition, im Darbietungsfeld geht, die durch einen (visuel-

len) Hinweisreiz angezeigt wird. Das Vorbild für diese Art

des TB-Hinweisreizes ist die Studie von AVERBACH & CORIELL

(1961), die eine Matrix von 2 x 8 Buchstaben (ca. 2°x 7°)

zeigten und durch einen schwarzen Balken (ca. 1° x 12' *)

im Abstand von ca. 30' * den zu berichtenden Buchstaben in-

dizierten.

Wir wollen also die Vorteile der kreisförmigen Anordnung

(gleiche retinale Empfindlichkeit) mit denen der Einzel -

Itemauslese verbinden. Zu den letzteren wäre auszuführen,

daß sie zunächst in der wesentlich geringeren Anforderung

an das Reaktionssystem (siehe oben) zu liegen scheinen:

Die Vp hat nur ein einziges Item zu benennen, so daß eine

bestimmte Art von Reaktionsinterferenz (vgl. NEUMANN,1980)

ausgeschlossen scheint: Es müssen nicht etwa wie beim klas-

sischen TB ä la SPERLING mehrere Zeichen in eine Reihenfolge

Die Maße wurden aus den Autorenangaben geschätzt.

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für das Reproduzierende (Sprechende) gebracht werden. Anders

ausgedrückt: Die Selektion einer Position aus der kreisför-

migen Anordnung bietet mutmaßlich eine optimale Kontrolle

auf Auslesestrategien, da keine Zeilen zum 'Lesen' vorhanden

sind (vgl. SCHULZ, 1977). So kann vermutet werden, daß die

Einzel -Itemauslese die KZS-Anteile beim TB (BONGARTZ &

SCHEERER, 1976) entscheidend senkt, wie auch aus dem Befund

abgeleitet werden könnte, daß alle VIS-Dauerschätzungen mit

dieser Technik anscheinend auf den Bereich von nur 1/4 sec

führen - im Gegensatz zu den sehr viel höher ausfallenden

Schätzungen bei Zeilenanordnungen mit mehreren Elementen pro

Zeile (vgl. SCHULZ, 1980 a) .

Schließlich liegt ein weiterer Vorteil der hier zu ver-

wendenden Anordnung in ihrer leichten Umfunktionierbarkeit

für die ursprünglich von ESTES & TAYLOR (1964) gestellte

Aufgabe, die 'Entdeckung' von Zeichen. Die Einführung sol-

cher Aufgaben wurde geplant, weil seit ESTES (s.o.) angenom-

men wird, daß Entdeckungsaufgaben vom 'forced-choice' -Typ,

wie visuelle Suchaufgaben (entscheide, ob Element X oder Y

('Zielreiz') im Darbietungsfeld vorhanden ist oder keines

der vereinbarten Zeichen), den minimalsten Verarbeitungsauf-

wand erfordern bzw. nur den für die encoding - (Wahrnehmungs-)

Stufe erforderlichen (für letztere Aufgabe sei ERIKSEN &

SPENCER, 1969, als Pionierarbeit erwähnt). Uns interessierte

hierbei zunächst vor allem der empirische Aspekt: Wenn es

ein 'sensorisches Ikon' im Sinne eines peripheren VIS gibt,

etwa als Basis für die Leistungen in Entdeckungsaufgaben,

so sollte sich dieses in einer Aufgabe ähnlich der ESTES'-

schen nachweisen lassen: Der Beobachter sollte über ein

Paar von Elementen mit zunehmender Verzögerung des Indika-

tors immer schlechter über dessen Gleichheit/Verschiedenheit

entscheiden können (Exp. III). Oder aber, es sollte ein sol-

cher Leistungsverlust für die Aufgabe, im Darbietungsfeld

einen zu variierendem Zeitpunkt gebotenen Zielreiz(-item)

zu entdecken, gefunden werden (Exp. IV, V). Die Ergebnisse

dieser Experimente müssen auf der Folie eines Basisexperi-

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ments, das die normale Berichts-(Identifikations-)Leistung

in der gleichen Anordnung von Elementen prüft (Exp. II),

bewertet werden.

Soweit zusammenfassend läßt sich also sagen: Wir wollen

am Einzelitemausleseparadigma verschiedene Aufgabenstellun-

gen durchspielen: Bericht (Identifikation) von Zeichen,

(visueller) Vergleich der Zeichen (Ja/Nein-Aufgabe) und

Entdeckung von Zeichen (Vergleich mit einem 'externen' Ziel-

reiz). Dabei wird davon ausgegangen, daß die 'kognitiven'

Anforderungen im Sinne einer Verarbeitungsanforderung in

dieser Reihenfolge abnehmen, oder aber leicht u-förmig sind,

in dem Sinne, daß die zweite Aufgabe möglicherweise weniger

Verarbeitungsanforderungen als die dritte stellt (Exp. V

stellt nur eine unwesentliche Variation der dritten Aufgabe

dar, die an Ort und Stelle diskutiert werden kann). Gleich

bleiben wird bei allen Aufgabevariationen die Manipulation

der Selektionsintention für den Beobachter: Die zu beurtei-

lende Position im Darbietungsfeld, das zu beurteilende Real',

oder aber der fragliche Zielreiz wird zu variierenden Zeit-

punkten mitgeteilt, um VIS-Effekte im Sinne einer Leistungs-

minderung entdecken zu können. Weitere Einzelheiten werden

zu Beginn an Ort und Stelle (Exp. I u. II) geschildert.

Die beiden wesentlichen theoretischen Reduktionsfaktoren

für die folgenden Experimente seien noch einmal wiederholt:

Zum einen Reduktion der KZG-Belastung durch Beschränkung

auf ein zu reproduzierendes/beurteilendes Item/Paar bzw.'Entdeckung' eines Items; und zum anderen Verwendung von

Anordnungen, die wegen fehlender Zeilengliederung nicht wie

beim 'Lesen' abgetastet werden können. Zusätzlich soll

durchgängig der GB-Kontrollversuch auch mit Variation des Indika-

torzeitpunkts durchgeführt werden (zur Begründung vgl. SCHULZ,

1980a und weiter unten), soweit dies konzeptuell möglich

ist (die Entdeckungsaufgabe ist als Aufgabe vom Typus des

Durchmusterns oder 'visuellen Suchens' im Prinzip eine GB-

Aufgabe, s.o.).

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Abschließend ist ein Problem anzusprechen, das den unmittel-

baren Anlaß für die Planung von Exp. 1 darstellte. Der be-

richteten Attraktivität des Paradigmas stehen nämlich einige

aus der Literatur, insbesondere bei NEISSER (1967), berich-

tete Schwierigkeiten gegenüber (vgl. etwa die 'schwachen'

Befunde von HABER & STANDING, 1969). Diese bestehen in der

Möglichkeit des Interferierens des bei diesem Paradigma u.W.

bisher ausschließlich verwendeten visuellen Indikators (Selek-tionssignals) mit dem zu selegierenden Element (Position im

Darbietungsfeld)(Nachweis für eine 2 x 7 Buchstabenmatrix bei

MERIKLE, 1976). Die eine Möglichkeit für eine verminderte

Erkennbarkeit des zu selegierenden Zeichens durch räumliche

und zeitliche Nähe eines visuellen Indikators (meist: ein

dicker Strich in Form eines Balkens) besteht in der Maskie-

rung vom Typus des Metakontrasts, wobei hierfür insbesondere

die Erklärung durch 'Laterale Inhibition' einen plausiblen

Hintergrund liefert (BRIDGEMAN, 1971; LEFTON, 1973 b; WEISSTEIN,

SZOG & OZOG, 1975); die andere Möglichkeit in verminderter

Lesbarkeit der Zeichen / Erkennbarkeit des Balkens durch

Rückwärts-/Vorwärtsmaskierung durch Licht (ERIKSEN, 1966;

SPENCER, 1969).

Wir vermuteten zunächst solche Störungen auf Grund der

Befunde von SCHWARZ (1979), der 8 Paare von Buchstaben (

Konsonanten), auf einem virtuellen Kreis von etwa 40 30' liegend,für 50 msec exponierte und direkt anschließend (also ISI=0)

einen schwarzen Balken von 30' Länge mit einem Abstand von

22' vom jeweiligen Buchstabenpaar das zu berichtende Paar

indizierte. Für diese Bedingung erhielt er eine mittlere Er-

kennensleistung von 23.9 % , während er in einem anderen Ex-

periment, in dem die ISIs 50, 100, 200 und 400 msec reali-

siert wurden, für ISI = 50 msec eine Leistung von 35.3% er-

hielt (SCHWARZ, 1979, Exp. 1). In diesem Experiment wurde im

übrigen auch erstmals eine GB-Bedingung realisiert - mit dem

Ergebnis, daß bereits bei einem ISI von 200 msec das GB -

Niveau (gleichbleibend ca. 21 %) erreicht wurde. Insoweitkönnte dieses Experiment schlicht als prinzipielle, wennauch

nicht optimale Bestätigung für die AVERBACH & CORIELL-Studie

angesehen werden (s. Diskussion Exp. 1).

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Uns interessierten jedoch die Gründe für die Beeinträchti-

gung bei ISI =0, da eine solche bei AVERBACH & CORIELL bei

Verwendung eines Balkenindikators nicht aufgetreten war; wie

auch nebenbei die vielleicht damit zusammenhängenden Gründe

für das nicht übermäßig hohe Leistungsniveau. Handelte es

sich uni eine Beeinträchtigung i.S. von Metakontrast durchden Balken öder um einfache Maskierung durch

Helligkeitssummation (ERIKSEN, 1966)? Gegen erstere Erklärung sprachen

die Berichte der Vpn, sie hätten den Balken gar nicht ge-

sehen; auch die Lage des Leistungsminimums bei ISI =0, was

allerdings in diesem Fall bereits einer Reizbeginndifferenz

(SOA) von 50 msec entspricht, also doch schon nahe dem Maxi-

mum der . Metakontrastwirkung liegen könnte. Für die zweite

Erklärung sprachen die Helligkeitsverhältnisse: ca. 8 cd/m 2

beim Darbietungsfeld mit schwarzen Buchstaben auf weißem

Grund gegenüber 1 cd/m 2 beim Balkenfeld, so daß Kontrastre-

duktion die Lesbarkeit der Buchstaben beeinträchtigt (s. Ab-

schnitt 3). Die Tatsache der relativ peripheren Abbildung derZeichen spricht wiederum nicht für Helligkeitsmaskierung:

Metakontrast soll in diesem Fall besonders leicht auftreten

(LEFTON, 1973a; vgl. aber auch BRIDGEMAN & LEFF, 1979).

Möglicherweise geben aber die Helligkeitsverhältnisse doch den

Ausschlag, da WEISSTEIN et al. (1975) in einem solchen Fall

(d.h. Leuchtdichte 1 = ein Vielfaches von Leuchtdichte 2)

beim typischen Metakontrastparadigma, dem WERNER'schen Ring,

keine u-förmige Beeinträchtigungsfunktion mehr erhielten,

sondern die für Summation typische Leistungsverbesserung mit

wachsendem ISI (vgl. auch TURVEY, 1973, Exp. 18, p. 40).

Auf Grund dieser nicht ganz eindeutigen Lage wurde be-

schlossen, ein Kontrollexperiment zu den Leuchtdichtefakto-

ren durchzuführen, vor allem mit dem Ziel, die Bedingungs-konstellation zu finden, bei der für ISI =0 keine Beeinträch-

tigung nachzuweisen war. Diesem Experiment (Exp. I) sollten

dann das Hauptexperiment und die weiteren Experimente mit

den weiter oben besprochenen Aufgabenvariationen (Exp. II

- V) folgen.

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3. Experiment I

In Experiment I sollte geprüft werden, ob sich die Hellig-

keitsmaskierung im Sinne der Kontrastreduktionserklärung von

ERIKSEN (1966) a) durch Verwendung eines weißen Balkens auf

schwarzem Grund und b) durch Änderung der Leuchtdichterela-

tion zwischen Test- und Indikatorfeld vermeiden ließ.

Es ging also darum, durch Variation der Helligkeitsver-

hältnisse von Darbietungs- und Indikatorfeld die Erkennbar-

keit von Zeichen und Indikatorbalken zu maximieren und gleich-

zeitig möglichen Metakontrast durch den Indikatorbalken aus-

zuschließen. Nach den Ansätzen der ERIKSEN-Gruppe (ERIKSEN

& STEFFY, 1964; ERIKSEN, 1966), die im übrigen von ihm wei-

ter vertreten werden (ERIKSEN & SCHULTZ, 1978; ERIKSEN, 1980),

sollte man davon ausgehen, daß ein großer Teil der Maskie-

rungsphänomene auf Grund von'Kontrastreduktion durch Hellig-

keitssummation' (innerhalb des durch die Gültigkeit des

Bloch'schen Gesetzes gesteckten Zeitbereichs der sogenann-

ten 'Integration', vgl. ERIKSEN & SCHULTZ, a.a.O.) erklärt

werden kann.

Dieser Kontrastreduktionseffekt ist wie folgt zu verstehen:

Wenn etwa schwarze Buchstaben auf weißem Grund (Feld 1) ge-

zeigt werden und innerhalb der Integrationszeit (max. 100 -

300 ursec, vgl. SCHULZ, 1980a) ein schwarzer Balken auf wie-

derum weißem Grund (Feld 2), so summieren sich die Hellig-

keiten der Felder. Die Helligkeit an der Stelle, wo in Feld

1 die Buchstaben gezeigt wurden, wird an der gleichen Stelle

von Feld 2 größer sein, so daß der Helligkeitsunterschied

zwischen Buchstaben und Hintergrund geringer wird als er ur-

sprünglich in Feld 1 war. Der Kontrast zwischen Balken und

weißem Hintergrund wird - verglichen mit einer isolierten

Darbietung - freilich auch geringer sein, da die weiße Umge-

bung ja auch Summation erfährt. Das helle

Nachdarbietungsfeld maskiert die Buchstaben rückwärts, während der Bal-

ken vorwärts durch Licht des ersten Feldes maskiertwird. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß der

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- 1 0 -

indizierte Buchstabe -zusätzlich oder unabhängig - durch den

angrenzenden Balken Maskierung i.S. von Metakontrast erfährt

(zur Frage der Unabhängigkeit --bzw. möglicher Aufeinander-

folge - beider Maskierprozesse vgl. SCHEERER, 1973; TURVEY,

1973; NEUMANN, 1978; WOLFF, 1979).

Deshalb war eine Überlegung für Exp. I, durch ein dunkles

Balkenindikatorfeld die Kontrastreduktion (des Zielreizfeldes)

zu verhindern - entsprechend den Empfehlungen von ERIKSEN &

COLLINS, 1968; SPENCER, 1969 (zur günstigen Wirkung des dunk-

len Nachdarbietungsfeldes auch schon SPERLING, 1963). Hierzu

muß man sich klarmachen, daß die Balkenindikatortechnik eben

impliziert, daß das Nachdarbietungsfeld selbst zusätzliche

Information enthält (vgl. NEUMANN's Zusatzreiztechnik, 1978).

- Die andere Überlegung war, durch Variation des Lichtinten-

sitätsverhältnisses zwischen Zielreiz- und Indikatorfeld die

Chancen zu erhöhen, eine ideale, d.h. durch (Licht-) Maskierung

unbeeinträchtigte Bedingung zu finden. Daß dies in den Vor-

untersuchungen von SCHWARZ (1979) nicht gleich gelungen war,

führten wir auf die im Vergleich etwa zu KEELE & CHASE (1967)

und den Studien der ERIKSEN-Gruppe außergewöhnliche Größe

des Feldes zurück (4 o vs. 2 -2,5).

Es sind also zwei Faktoren unabhängig voneinander zu vari-

ieren, einmal das Beleuchtungsstärkeverhältnis von Testreiz-

und Indikatorbalkenfeld, gemessen an dem auffallenden Licht,

und zum anderen das effektive Leuchtdichtenverhältnis, reali-

siert durch Kontrastumkehrung, d.h. schwarzen Zeichen auf

weißem Grund gegenüber weißen Zeichen auf schwarzem Grund.

- Zu diesen zwei Faktoren kommt noch der übliche Faktor der

Indikatorverzögerung (D t bzw. ISI) und der Berichtsart

(TB vs. GB). Hierzu ist anzumerken, daß die mutmaßliche Er-

schwerung des Lesens i.S. von Auslese- bzw. Entnahme-(WOLFF,

1977) oder phonetischen Codierstrategien (NEUMANN, 1979) er-

warten läßt, daß die GB-Leistung bei einer kreisförmigen

Testreizanordnung erheblich geringer als bei einer matrix-

förmigen Anordnung ausfallen wird - wenn die Annahme stimmt,

daß die Verwendbarkeit dieser Strategien entscheidend ist.

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3.1 Versuchsbedingungen und -Durchführung

Für die Darbietungen wurden 80 weiße Tachistoskopkarten

(Bristolkarton) benutzt, auf denen 8 Buchstabenpaare auf ei-

nem virtuellen Kreis mit dem Durchmesser 4°18' angeordnet

waren. Es waren dies die gleichen Karten, die schon von

SCHWARZ (1979) benutzt worden waren, die den Nachteil hatten,

daß von den 8 Paaren jeweils 7 gleich waren. Da die Vpn,

dahingehend instruiert, daß Gleich- und Ungleichpaare gleich-

wahrscheinlich seien, diese Asymmetrie bei den SCHWARZ'schen

Versuchen anscheinend nicht bemerkt hatten, wurden die Kar-

ten für diesen Versuch beibehalten, da eine Änderung für die

Klärung der Maskierfrage nicht wesentlich erschien. - Die

Buchstaben waren schwarze Letrasetbuchstaben (Letraset 20 pt,

Helvetica Medium, Nr. 27). Ein Buchstabenpaar hatte die

Größe 26' x 52'; der Abstand zwischen den Buchstaben eines

Paares betrug 6', der Abstand der Paare voneinander 42'.Buchstabenpaare wurden verwendet, weil die gleichen Karten

auch für Experimente vom Typus des Vergleichens verwendet

worden waren (SCHWARZ, 1979) bzw. verwendet werden sollten (Exp.III) .

Ein solches Testreizfeld wurde für jeweils 50 msec im

Kanal 2 eines Gerbrands-Tachistoskops (3 TB 1) gezeigt.

Abb. 1 zeigt ein Beispiel für eine solche Karte (Testreizfeld).

Abb. 1

Auf Kanal 1 erschien bei Beginn jedes Durchgangs ein Adap-

tationsfeld (ca. 1 cd/m 2 ) für 1 sec, das ein Fixationskreuz

in der Mitte enthielt, sodann folgte das Zielreizfeld für

50 msec und anschließend mit variablem Abstand

das Indikatorfeld ebenfalls für 50 msec, das den Indi-

katorbalken (weiß auf schwarzem Grund /schwarz auf weißem

Grund) enthielt. Der Indikatorbalken war radial 22' vom in-

dizierten Buchstabenpaar entfernt und hatte eine Größe von

30' x 6'.

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12 -

Zum leichteren Austausch der weißen/schwarzen In.dikatorreizfelder

wurden für den Kanal 3 des Tachistoskops entsprechende Einschübe

angefertigt, auf denen sich drehbare Scheiben aus Pappe mit fest

markierten Stellen zur Einstellung für die Buchstabenpositionen

befanden, so daß innerhalb eines Blocks (s.u.) nur der Zeiger für

die zufällig variierende Position verstellt werden mußte. - Das

GB-Signal war ein graues Rechteck der Größe 47 1 x 3' , das zwischen

den Positionen 2 und 3 (entsprechend rechts oben, Nord-West-Nord)

gezeigt wurde.

Die zeitliche Variation des Indikatorreizes erfolgte in den

Stufen: -200, 0, 50, 250, 1000 msec, bezogen auf das Ende der

Darbietung des Testreizes. Die -200 msec-Bedingung* hat die Funk-

tion, die Schwierigkeit des Testreizes bei rechtzeitig erfolgender

Zuwendung zu überprüfen, da man nach ERIKSEN & ROHRBAUGH (1970b)

und ERIKSEN & HOFFMAN (1972) annehmen kann, daß die Zuwendungs-

reaktion binnen 150-200 msec erfolgt. Bei dieser Bedingung fanden

die Autoren nämlich mit Feldern der Größe 2- 2,5 ° fast 100 % -

Reproduktionsleistungen. Mit einer solchen Bedingung wird also mut-

maßlich die 'visuelle' Schwierigkeit der Aufgabe ohne Beteiligung

von Gedächtnisfaktoren irgendwelcher Art erfaßt; es handelt sich

also um eine Basiskontrollbedingung. Entsprechend stellt die Be-

dingung ISI =0 bereits eine vom unterstellten ikonischen Speicher

beeinflußte Bedingung dar, da mindestens weitere 150 msec vergehen,

ehe der Indikator mit der Repräsentation des Testreizes in Verbin-

dung gebracht wird. Die Bedingung 50 msec wurde gewählt, weil so-

wohl von überlegungen zur Zeitwahrnehmung her (NEUMANN, 1980 b )

wie Befunden mit anderen Paradigmen (COHENE, 1975; POLLACK, 1973;

RITTER, 1976) argumentiert werden kann, daß die Dauer eines iso-

lierten sensorisch-visuellen Gedächtnisses auf eine Zeitkonstante

zwischen 50- 100 msec hinausläuft. Dies ist z.B. der Zeitbereich

für die Schätzung des psychologischen Moments wie auch die kriti-

sche Zeit, bei der Metakontrast (NEUMANN, 1978) sein Maximum er-

reicht (dabei ist zu beachten, daß mit 50 msec Darbietungsdauer

ein ISI von 50 msec einer Reizbeginnverschiebung von

Realisiert wurde diese Bedingung durch Vertauschen der Zeitansteuerung vonKanal 2 und 3 des Tachistoskops, so daß im Falle des vorgezogenen Indika-tors das Indikatorfeld mit der sonst für Kanal 3 eingestellten Darbietungs-zeit + ISI angesteuert wurde (der ISI-Wert wurde entsprechend um die Dar-bietungszeit, also auf 150 msec, verkürzt).

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- 13

von 100 msec entspricht). Ein ISI von 250 msec ist in den

klassischen Studien (vgl. COLTHEART, 1980a, b; LONG, 1980 zsf.)

die Zeit, bei der der größte Teil der TB-Überlegenheit be-

reits verlorengegangen ist, und bei 1 sec ISI sollte schließ-

lich die TB-überlegenheit verschwunden sein.

Schließlich wurden folgende Helligkeitsbedingungen ge-

wählt: Das Testreizfeld konnte entweder maximal beleuchtet

sein (= 100) oder abgeschwächt (= 70) , das Indikatorfeld

wurde umgekehrt variiert, so daß die Helligkeitskontrastbe-

dingungen 100:70 und 70 : 100 realisiert wurden. Die Ein-

stellung 100 entspricht bei weißem Feld einer Leuchtdichte

von etwa 10 cd/m 2 (gemessen mit GOSSEN's Leuchtdichtmeßauf-

satz), die Einstellung 70 etwa 5 cd/m 2 . Da nun aber für das

Indikatorfeld sowohl weiß wie schwarz dargeboten wurde, sind

die in Tab. 1 gezeigten Kontrastwerte für die Relation zwi-

schen den Gesamtfeldern bzw. die Erkennbarkeit der Zeichen

realistisch:

Tab. 1

Die 2 x 2 x 5 (ISI) =40 Licht/Kontrast/ISI - Bedingungen

wurden mittels der Adaptation eines Rechnerprogramms (vgl.

SCHULZ, 1980 a, b) zufällig durch Ziehung der Zahlen 1 -4 und

1 - 5 auf 10 Fälle verteilt, 8 davon den möglichen 8 Posi-

tionen bei TB entsprechend, 2 davon für GB; d.h. 1/5 aller

Versuche waren GB-Durchgänge. Eine Licht/Kontrast/ISI-Kombi-

nation wurde aus Gründen der Durchführungsvereinfachung für

30 Darbietungen beibehalten. Zur weiteren Vereinfachung wur-

den die 80 verschiedenen Testreizkarten in Blöcke von je 20

zufällig angeordneten Karten aufgeteilt, deren Reihenfolge

unter sich zufällig variierte.

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Die Vp hatte in den insgesamt 20 x 30 Darbietungen die Aufga-

be, das durch den Balken des Indikatorfeldes indizierte Paar

zu benennen, bei GB-Signal soviel Paare wie möglich. Die Vp

wurde in ca. 25 Darbietungen bei Beginn des Versuchs mit der

Aufgabe vertraut gemacht. Der gesamte Versuch wurde in 2-3

Sitzungen (max. 4 h) absolviert. Für jede Stunde erhielt die

Vp eine Vergütung von 5,-- DM. 6 Vpn im Alter von 19- 28

Jahren (alle weiblich) nahmen teil; von diesen Vpn hatten

bereits 2 Erfahrung in TB-Experimenten.

3.2 Ergebnisse

Zunächst wurde die Anzahl der korrekten Nennungen /Anzahl der

Durchgänge x 100(% -korrekt) für die 4 Bedingungen (Kontrast,

Indikatorfeldlicht, Balkenverzögerung, Berichtsart) varianz-

analysiert (die TB-Leistungen wurden dabei auf 2=100%, die

GB-Leistungen auf 16=100% bezogen). Signifikant sind die

Haupteffekte: Berichtsart und ISI (p <= 0.001 jeweils) und die

Interaktionen Kontrast x ISI, Berichtsart x ISI (p<0.001

jeweils) sowie Kontrast x ISI x Berichtsart (p < 0.001).

Die für diese Effekte relevanten Mittelwerte sind in Tab. 2

dargestellt. Die Bedingung schwarzer Hintergrund hat einen

Tab. 2

schwachen, wie erwartet günstigen, jedoch insignifikanten

Effekt.

Abb. 2

Deskriptiv (Abb. 2) ist also ein VIS-Effekt zu verzeich-

nen: Der TB-Vorteil bei ISI =0,50 unter der Bedingung 70/100

ist bei 250 und 1000 msec ISI nahezu verschwunden (eine

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Varianzanalyse unter Ausschluß von ISI= -200, 0,50 läßt

keinen Effekt mehr signifikant werden). Nimmt man zunächst

einmal an, daß das Leistungstief für die Bedingung 100/70bei ISI=0 auf Helligkeitsmaskierung o.ä. beruht (vgl. Ein-

führung), so läßt sich diese Kurve als Sonderfall, der demVIS-Konzept nicht widerspricht, auffassen. Zu diskutierenwären dann im folgenden neben der Berechtigung dieser Inter-pretation die Frage, welche Speicherdauer aus den Daten zu

erschließen ist, sowie Fragen des generellen Leistungsni-

veaus, ausgehend von den Leistungen unter der Kontrollbedin-

gung ISI = -200.

Dazu ist zunächst generelles betreffend des Antwortver-

haltens der Vpn festzuhalten: Unter TB-Instruktion wurden im

allgemeinen 2 Buchstaben (1 Paar) genannt, manchmal auch nur

einer. Unter den Leistungstiefbedingungen (100/70 bei ISI=0)

erfolgte oft serienweise gar keine Antwort. Unter GB-Instruk-

tion nannten 5 der 6 Vpn im allgemeinen 3 - 4 Paare, eine

meist nur 2-3 Paare von den insgesamt 8 Paaren. Dabei ist

ein deutlicher Übungsgewinn i.S. der Zunahme von Nennungen

zu verzeichnen. Diese Quoten sprechen für ein eher konserva-

tives Antwortkriterium (vgl. SCHULZ, 1980b,1981); jedoch istzu bedenken, daß mit 8 - 10 Buchstaben die Berichtskapazität

des KZS-Systems bzw. Arbeitsgedächtnisses nahezu erreicht

sein dürfte (BADDELEY, 1976). - Nicht alle dieser Nennungen

waren natürlich richtig; insbesondere ist an den TB-Nennun-

gen zu sehen , daß benachbarte Buchstaben(paare) bis zu2 - 3 Paaren entfernt genannt werden (s.u.).

Zur statistisch korrekten Interpretation der Leistungs-

kurven in Abb. 2 (bzw. Tab. 2 ) sind noch folgende Anmerkungen

zu machen: Unter allen 2 x 2 (Bericht x Kontrast)Bedingungen

ist der Leistungsverlust von -200 auf 0 msec Verzögerung sig-

nifikant. Ohne die Bedingung -200 ist der Haupteffekt 'Be-

richt' nicht mehr signifikant, wohl aber noch die Interaktion

Kontrast x Verzögerung wie auch Bericht x Kontrast x Verzö-

gerung. Die 'Erholung' (ISI 0 auf 50) vom hohen Verlust (ISI

-200 auf 0) ist also sowohl berichtsspezifisch auf den TBwie auf den Kontrast 100/70 beschränkt.

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Der Abfall von ISI -200 auf 0 ist unter TB für die beiden

Kontrastbedingungen unterschiedlich, aber auch unter GB (sig-

nifikante Interaktion Bericht x Kontrast x Verzögerung unter

Ausschluß von ISI (50, 250, 1000)). Umgekehrt wird bei Aus-

schluß von ISI (-200, 0) der Kontrasthaupteffekt signifikant,

sowie die Interaktion mit dem Berichtsfaktor. Während zumin-dest für die Verzögerungszeiten 50, 250 msec die Bedingung

100/70 der 70/100 Bedingung unter TB deutlich überlegen ist,

ist sie dies unter GB nur unwesentlich. Rein formal ist hier

der übliche VIS-Effekt zu verzeichnen (Bericht x ISI):

Während die Leistungen unter TB weiter sinken, bleiben sie

unter GB eher gleich, wenn auch die Tendenz zum Anstieg der

Leistung auf 1000 msec ISI bei allen Bedingungen außer TB

bei 100/70 nicht zu übersehen ist. Statistisch sind die Lei-

stungen unter 1000 msec ISI alle als gleich zu betrachten.

Es bleibt deshalb zu prüfen, ob der Anstieg von 250 auf

1000 msec ISI unter TB (70/100) von den eher gleichbleiben-

den Leistungen unter 100/70 und GB zu unterscheiden ist.

Dies ist nicht der Fall (Varianzanalyse unter Ausschluß von

-200, 0,50 ISI ergibt als einzigen n.s. (p= 5,5 % ) Trend

eine Überalles-Verbesserung von ISI 250 auf 1000).

3.3 Diskussion

Gehen wir zunächst auf die Frage ein, ob aus den Befunden

geschlossen werden kann, daß - im Gegensatz zu AVERBACH &

CORIELL (1961), KEELE & CHASE (1967) etwa - der Auslesevor-

teil, der durch das VIS bedingt sein soll, nur gut 50 msec

währt. Zunächst wäre dagegen der Einwand möglich, daß die

Leistungen bei 131=0 (unter der mutmaßlich nicht durch Mas-

kierung beeinträchtigten Kontrastbedingung 70/100) zu nie-

drig sind, um einen Auslesevorteil zu sichern, der deutlich

länger als 50 msec dauert. Im übrigen sind knapp 40% bei

ISI=50 unter 70/100 nur dann etwas niedrig, wenn man be-

denkt, daß 7 der 8 Paare gleich waren (vgl. AVERBACH &

CORIELL, 1961, Abb. 4; KEELE & CHASE, 1967, wo die TB-Leistun-

gen bei 10 cd/m 2 sehr ähnlich aussehen).

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Nun hat dieses Argument zwei Seiten: Einmal kann damit ge-

meint sein, daß Randbedingungen der Anordnung die Aufgabe

so erschwert haben, daß von vornherein nicht 100% der Reiz-

information im hypothetischen Speicher angelangt sind; zum

anderen,.-daß der Verlust aus dem Speicher durch besondere

Bedingungen. ungewöhnlich hoch ist. Es ist jedoch nicht so

recht einzusehen, warum dies hier der Fall sein sollte, zu-

mal gerade bei der Einzelauslesetechnik ja weniger Versu-

chung für die Vp besteht, Items 'per default' (BONGARTZ &

SCHEERER, 1976) für das Kurzzeitgedächtnis einzulesen, da

der Indikator ja nur ein Item(-paar) bezeichnen wird, so daß

keine Gefahr der Outputinterferenz beim Reproduzieren be-

steht. Von daher müßte man zu der ersteren Annahme des un-

vollständigen Speicherinhalts neigen. Obwohl diese Annahme

von der sehr viel höheren Leuchtdichte (238 cd/m 2 = 70 ft•l)

bei AVERBACH & CORIELL her plausibel ist, spricht doch gegen

sie, daß die Leistungen bei ISI = -200 so gut sind (besser

als bei ISI = -100 bei A & C) . Dieser Leistungsvorteil könnte

allerdings aus der Möglichkeit resultieren, die indizierte

Position noch rechtzeitig während der Darbietung fixieren zu

können. Bei einer angenommenen Latenzzeit von minimal 150 msec

für eine Saccade (BOUMA, 1978) besteht diese Möglichkeit im

Prinzip. Zwingend ist sie jedoch auch nicht, da schon ERIKSEN

& COLLINS (1969, Exp. II) zeigten, daß auch ein um 400 msec

vorgezogener Indikator die Leistung in einer 1.8° großen,ra-

dialen Anordnung nur unwesentlich (um wenige Prozent) gegen-

über einem nur um 100 msec vorgezogenen Indikator verbesser-

te. Auf der anderen Seite reagiert die vorliegende, ca. 40

große Anordnung vielleicht viel empfindlicher auf die Mög-

lichkeit einer rechtzeitigen Saccade, da bei Fixation der

Mitte die Zeichen wirklich schon fast peripher (BOUMA, 1978)

abgebildet werden. Wenn diese Überlegung stimmt, so ist ein-

mal bei kleinerem Radius ein schwächerer Unterschied zwischen

-200 und ISI =0 Bedingung zu erwarten (vgl. Exp. II), zum

anderen müßte dies bedeuten, daß der TB-GB-Unterschied bei

ISI = -200 allein auf Reproduktionsbegrenzungen (i.S. von

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SPERLING, 1960) zurückgeht. Ein Rückgang der GB-Leistung bei

ISI =0 dürfte dann nur auf die verschlechterte Chance, wenig-

stens eines der Zeichen genau zu fixieren, zurückgehen. Die

GB-Leistungen bei ISI =0 müßten also unabhängig von den Kon-

trastbedingungen sein. Nach Tab. 2 ist dies offensichtlich

nicht der Fall.Dies wirft die Frage auf, ob der GB - möglicherweise sogar

proportional dem ursprünglichen GB/TB-Verhältnis - abnimmt,

d.h. sowohl Reproduktionserschwerung (KZG-Kapazitätsbegren-

zung) wie Kontrastverhältnisse widerspiegelt. Wir müßten also

die erwartete GB-Differenz wie folgt bestimmen:

(TBo - TB-200 ) x GB-200 /TB-200 = E (GBdiff(0-200) )

Ist die beobachtete Differenz größer, so würde dies für zusätz-

liche (Reproduktions-) Interferenz sprechen (GB/TB wäre als

Faktor zu klein) und/oder gegen einen Verarbeitungsvorteil

durch die -200-Bedingung (die Differenz

TBo - TB

-200 unter-

schätzt die GB-Differenz); ist die Differenz kleiner als er-

wartet, so spricht dies für einen Verarbeitungsvorteil, bei

dem gleichzeitig anzunehmen wäre, daß die Reproduktionsinter-

ferenz mangels 'Masse' nicht stärker abnimmt ('floor'-Effekt).

Wir prüfen die Abnahme getrennt für beide Kontrastbedin-

gungen: Einem derart erwarteten GB-Verlust von 34.6 bzw. 21.8%

(nämlich 80.73/50.70 x 0.429(=GB/TB bei ISI - 200)) steht ein

tatsächlicher Verlust von 26.8 bzw. 15.1 % Einheiten gegen-

über (vgl. Tab. 2). Die GB-Leistung verhält sich also fast

genauso, wie es nach einer Deutung der Begrenzung von GB-Lei-

stungen auf Grund eines kapazitätsbeschränkten KZG-Systems zu

erwarten ist (vgl. z.B. COLTHEART, 1980a ). Allerdings fällt

die Abnahme systematisch etwas geringer als hochgerechnet

aus, womit nach dem oben Gesagten die Verarbeitungs-/Abbil-

dungsvorteilhypothese gestützt wird.

Die in Relation zu TB- und Kontrastbedingungen symmetrische

Abnahme der GB-Leistungen widerspricht allerdings - zumindest

auf den ersten Blick - der konventionellen Ansicht (COLT-

HEART, 1980a), nach der sich Helligkeits/Energie-Variationenin der GB-Leistung (-variabilität) gar nicht widerspiegeln

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dürften. Dabei muß man bedenken, daß durch den oben verwandten

Algorithmus der TB-Vorteil ja schon berücksichtigt ist, so

daß unser Symmetriebefund wirklich besagt, daß die Erkennbar-

keits(Helligkeits-)unterschiede in stark verkleinertem Maß-

stab noch bei den GB-Leistungen durchschlagen. Konkreter aus-

gedrückt, ist das Phänomen zu konstatieren, daß die ungünsti-

ge Kontrastbedingung auch den GB (bei ISI =0) [deutlich] ver-

schlechtert - daß dies nicht so stark, wie rechnerisch erwar-

tet, ausfällt, ist für diesen Interpretationsschritt ohne

Belang, weil dies ja auch für die günstigere Kontrastbedin-

gung gilt.

So bleibt es - auch auf den zweiten Blick - dabei, daß die

GB-Bedingungen nach diesen Befunden auf 'visuelle' Faktoren

ansprechen, d.h. im Widerspruch zur klassischen Konzeption

des VIS stehen, womit ich nicht ausschließen möchte, daß sol-

che Befunde mit Zusatzexplikationen in das klassische Konzept

integriert werden können. Man kann diesen Befund z.B. so deu-

ten, daß bei Bed. 100/70 die Balkenerkennbarkeit leidet, aber kei-

neswegs die Erkennbarkeit des Testreizes, wie nach ERIKSEN zu

erwarten wäre; denn sonst müßte der GB mehr leiden, insbesondere

auch bei der dunkleren Testreizdarbietung (70/100).

Hier muß die Frage aufgegriffen werden, ob es sich wirk-

lich, wie bisher unterstellt, bei der Leistungsminderung,

die bei ISI =0 unter der Kontrastbedingung 100/70 beobachtet

wurde, um Helligkeitsmaskierung handelt. Gegen diese Erklä-

rung scheint zu sprechen, daß diese Minderung bei einer Reiz-

beginnverschiebung (SOA) von 50 msec (entsprechend ISI =0)

auftritt, da ja der Zielreiz selbst 50 msec andauert. Auch

angesichts des großen Gesichtswinkels, d.h. der peripheren

Lage von Balken und auch Buchstaben, wäre die entsprechende

Annahme von Metakontrast durch den Balken nicht unplausibel.

Gegen eine reine Helligkeitsmaskierungserklärung scheint auch

die Tatsache der geringen Wirksamkeit des dunklen Indikator-

feldes zu sprechen. Betrachtet man außerdem die aus der Kon-

trastreduktionshypothese folgende Erkennbarkeit von Buchsta-

ben und Balken zusammen (vgl. Tab. 1), so ist man geneigt,

die Leistungen als allein abhängig von der Erkennbarkeit des

1

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- 20 -

Balkens anzusehen, was auch genau den Beobachtungen der Vpn

entspricht, die über seine mangelnde Erkennbarkeit klagten.

Demgegenüber ist die absolute Helligkeit und der Kontrast,

i.Ggs. zu den Überlegungen der ERIKSEN-Gruppe, wie auch von

KEELE & CHASE (1967), relativ unwichtig. Als Interaktion von

zwei Feldern beschrieben (vgl. MICHAELS & TURVEY, 1979) las-

sen sich die Befunde auch wie folgt deuten: Bei hellem

Zielreizfeld und dunklem Indikatorfeld (100/70) hat eine Vor-

wärtsmaskierung des Indikators durch Licht stattgefunden;

deshalb war es auch gleichgültig, ob das Indikatorfeld

schwarz oder weiß war. Da der Balken nur für 50 msec darge-

boten wurde (i.Ggs. zu meist höheren Zeiten für Maskierreize

in der Literatur, vgl. KAHNEMAN, 1968; jedoch auch LEFTON,

1973 b), wird der Balkenkontrast die kritische Variable; bei

der Bedingung 100/70 kann der Balken nicht 'gesehen' werden.

Umgekehrt, wenn der Balken gesehen wird (Bed. 70/100), so

übte er vielleicht eine Metakontrastwirkung i.S. lateraler

Maskierung (BOUMA, 1978) aus. Daß das Leistungstief bei unse-

ren Daten dann bei einem SOA von 50 msec (ISI =0) erscheint,

würde nach dieser Überlegung nur daran liegen, daß sich fast

noch maximale Helligkeitsmaskierung und leichter Metakontrast

mischen (vgl. auch NEUMANN, 1978): Wäre ein SOA von 0 reali-

siert worden, so hätten wir dort auf Grund von Helligkeits-

maskierung das absolute Leistungstief gefunden; wäre ande-

rerseits auch ein SOA von etwa 150 msec realisiert worden,so

hätten wir dort auch für die Bed. 70/100 eine Leistungsmin-derung festgestellt, die sich so nur noch in einem schwachen,

insignifikanten Anstieg der Leistung von ISI = 250 nach 151 =

1000 zeigt. Bei ISI = 250 wären also noch die letzten Reste

des schwachen Metakontrasts zu verzeichnen.

Kommen wir auf die zu Beginn der Diskussion gestellte Fra-

ge zurück: Ist das Datenbild auf überdurchschnittlichen Ver-

lust oder auf Unvollständigkeit der Reizrepräsentation vor

Beginn der Auslese zurückzuführen, so spricht einiges für die

zweite Möglichkeit: 'Vollständig' ist die Repräsentation nur

bei um 200 msec vorgezogenem Indikator, möglicherweise wegen

der entsprechend genauen Fixation. Denn auch bei günstiger

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Kontrastbedingung beträgt die Leistung bei ISI =0 nur 40 %,

und selbst wenn man annimmt, die höhere Leuchtdichte hätte

ohne Helligkeitsmaskierung (des Balkens) in der 100/70-Be-

dingung zu entsprechenden Leistungen, d.h. ca. 53 %, geführt,

so ist das, gemessen an sonstigen TB-Leistungen, recht wenig.

Ob dies nur an unseren besonderen Bedingungen (8 Zeichen-

paare, großer Radius, Auswahl aus 20 Konsonanten möglich)

liegt, können wir an dieser Stelle (noch) nicht klären. Mir

will jedoch scheinen, als ob alle solche [Hilfs-]Erklärungendarauf hinauslaufen würden, das Konzept des vollständigen

Ikons durch Verarbeitungs-/Auslesestrategieannahmen aufzu-

weichen. Argumentiert man z.B. mit dem großen Radius der Ab-

bildung, d.h. der nicht rein fovealen Abbildung, so muß man

erklären, wieso dies bei den SPERLING'schen Zeilenanordnun-

gen von etwa 3°x 6° keine Rolle spielt (vgl. Schulz,1980 a).

Was macht hier die Auslese so schwierig, daß nach der Auslese

das Ikon vielleicht schon verblaßt ist? Wenn man annimmt, daß

in einer Zeilenanordnung die 'richtige', d.h. indizierte

Zeile schneller zur Verfügung steht, ist dann die logische

Konsequenz dieser Annahme nicht, daß die Zeichen in einer

Anordnung oft eher zur Verfügung stehen als ihr Ort in der

Anordnung (vgl. WOLFF, 1977; SCHULZ, 1980a, 1981)? Ähnlich

ergeht es dem Verteidiger des Ikons, wenn er einwendet, daßes leichter ist, den richtigen aus 3 als aus 20 Buchstaben

zu finden: Wenn das Ikon vollständig ist und zum Zeitpunkt

der Auslese zur Verfügung steht, so kann es das Problem der

Identifikation des Zeichens zu diesem Zeitpunkt gar nicht

mehr geben. Die Annahme, eine verbesserte Ratewahrscheinlich-

keit mache die Auslese leichter, kann sinnvoll nur auf dem

Hintergrund einer Rekonstruktionstheorie der Wahrnehmung ge-

macht werden (vgl. SCHULZ, 1980a, b), widerspricht also dem

Begriff vom vollständigen Ikon.

Nun könnte man argumentieren, daß diese Überlegungen so-

zusagen zweitrangig seien; entscheidend sei nämlich nicht

die Dauer des TB-Vorteils, die in der Tat von vielen Neben-

faktoren abhänge, sondern der Zeitpunkt des Asymptotenbeginns.

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Es erscheint möglich, daß bei langsamem Transfer vom VIS

in das KZG-System zwar einige Zeit nach Verschwinden des

Reizes immer noch aus dem VIS ausgelesen wird, aber der

langsame Transfer verhindert, daß noch eine TB-Überlegen-

heit entsteht. In diesem Fall wäre also immer noch ein

auslesbarer TB-Vorteil vorhanden, würde aber nicht mehr

für eine TB-Überlegenheit ausreichen (vgl. schon TREISMAN,

RUSSEL & GREEN, 1975; Daten einer Voruntersuchung in

SCHULZ, 1980a sowie die Diskussion in SCHULZ, 1981).

In diesem Fall müßte die VIS-Dauer aus dem Beginn der

Asymptote in der TB-Kurve geschätzt werden, woraus sich

in den vorliegenden Daten ein länger andauerndes Ikon

(etwa bis 250 msec) ergibt. Läßt man sich auf diese Argu-

mentation ein, so wird das VIS allerdings ein höchst un-

funktionelles Konzept: Man kann dann zwar noch seine Exi-

stenz behaupten, die Hypothese von seiner im Vergleich

zum KZG hohen Kapazität beibehalten; nur wird dies alles

ein wenig unsinnig, weil dieses VIS offensichtlich nicht

immer richtig genutzt werden kann; denn an der Tatsache,

daß die direkte Aufforderung, a//es Verfügbare zu berich-ten (GB), hier bei 250 msec ISI genauso effizient ist,

kommt man nicht vorbei. Anders gesagt: Im Falle unter-

stellter Transferschwierigkeiten läßt sich zwar das VIS

noch plausibel machen, aber nur logisch, nicht funktio-

nell; es ist dann anscheinend vom übrigen System abge-

koppelt. Dies ist alles ziemlich umständlich, läßt sich

aber vermeiden, wenn man das Konzept vom ikonischen

Speicher ganz aufgibt und versucht, TB-Kurven durch Zu-

nahme von Output-Interferenz zu erklären (vgl. SCHULZ,

1981).* Für diese Daten werden wir das im Anschluß an

die Darstellung von Exp. II tun.

* Dies bedeutet nicht, daß die Existenz von Persistenzerscheinungenbestritten wird - im Gegenteil -, es wird nur deutlich zwischenTB-Vorteil und Persistenz unterschieden (vgl. COLTHEART, 1980 b).

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Zusammenfassend ist über die Ergebnisse von Exp. I festzu-

halten: Es wurde ein TB-Vorteil gefunden, der, soweit nicht

von Maskierung beeinträchtigt, gut 50 ursec andauert; wenn

man ein Asymptotenkriterium anlegt, auch länger. Sowohl die

Zulassung eines solchen Kriteriums wie auch die erstere

Schätzung führen zu Schwierigkeiten mit dem bisherigen iko-

nischen Speicherkonzept. Bei den vorliegenden Versuchsbe-

dingungen könnte dieses Konzept aber vielleicht noch mit

Zusatzannahmen über den Einfluß peripherer Abbildung und

Auslesbarkeit, allgemein gesprochen der Aufgabenschwierig-

keit; aufrechterhalten werden. Für das folgende Experiment

sollte deshalb eine Anordnung verwendet werden, die vor

allem die Aufgabenschwierigkeit qua peripherer Abbildung

herabsetzt und Maskierung vermeidet.

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4. Experiment II

Die Planung dieses Experiments erfolgte vor Abschluß der Aus-

Wertung von Exp. I. Hauptsächlich deswegen, weil das Reizma-

terial aus Exp. 1, das aus der Arbeit von SCHWARZ (1979) über-

nommen worden war, die Eigenheit aufwies, daß jeweils nur

eins der acht Buchstabenpaare ein Paar aus verschiedenen Buch-

staben war, mithin die Chance für eine korrekte Verschieden-

meldung (vgl. Exp. III) nur 1/8 betrug, bei Rateverhalten

der Vp also keine genaue Schätzung der Trefferrate zu erwar-

ten war, da die Vpn über diesen Sachverhalt nicht informiert

waren.

4.1 Versuchsmaterial und -Bedingungen

Aus dem obengenannten Grund wurden neue Darbietungskarten

hergestellt. Als weitere Änderung wurde dabei die Anzahl der

Paare von acht auf sechs reduziert, um eine Reduktion des

Sehwinkels (für den Durchmesser des virtuellen Kreises) ohne

Verkleinerung der Buchstaben erreichen zu können. Dies wurde

auf Grund des generellen Leistungsniveaus in den Experimen-

ten von SCHWARZ (1979) sowie in Exp. I für notwendig gehal-

ten. Bei gleicher Buchstabengröße wurde hierdurch ein Seh-

winkel von 3° 18' erreicht. Von den sechs Buchstabenpaaren

waren nunmehr jeweils die Hälfte Gleichpaare. Ein typisches

Feld zeigt Abb. 3.

Abb. 3

In Exp. II wurde ausschließlich ein schwarzes Indikator-

feld benutzt. Als Beleuchtungsbedingung wurde die Einstel-

lung 100/100 gewählt, so daß maximale Sichtbarkeit des Ziel-

reizfeldes gegeben war, ohne die Erkennbarkeit des Indika-

torbalkens zu verschlechtern, da ja bei dunklem Indikator-

feld der größte Teil des Lichts nicht reflektiert wird, so

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daß die Balkenerkennbarkeit mindestens so gut wie die in

Tab. 1 (letzte Zeile) sein muß - bei verbesserter Zielreiz-

erkennbarkeit; Der Balken (30' x 6') war weiß und hatte

damit für sich genommen die maximale Leuchtdichte. Schließ-

lich wurden in weiterer Abänderung für GB 6 weiße Balken

auf schwarze►-Grund benutzt. An der Prozedur wurde dieVerteilung der GB-Darbietungen geändert; diese erfolgte nun-

mehr testweise zufällig und in Blocks. 6 Vpn nahmen an dem

Versuch teil, davon 4, die bereits am Exp. 1 teilgenommen

hatten.

4.2 Ergebnisse

Abbildung 4 zeigt die Leistungen in diesem Experiment ge-

mittelt. Auch hier ist ein TB-Vorteil nur bis 50 ursec sicht-

bar, wie auch die statistische Analyse bestätigt. Außerdem

finden sich hier keine Anzeichen für ein Leistungsminimum im

Bereich ISI =0, so daß anscheinend keine Maskierung aufge-

treten ist. Das Leistungsniveau ist jedoch praktisch dassel-

be wie in Exp. I (vgl. Tab. 2 vs. 3).

Abb. 4 / Tab. 3

4.3 Diskussion

Zu diesem Experiment für sich genommen ist wohl zweierlei

nur erst einmal festzuhalten. Trotz physikalisch günstigerer

Bedingungen (Sehwinkel, Helligkeit) währt der TB-Vorteil

nicht lange, und das Leistungsniveau ist nur bei

der Kontrollbedingung -200 relativ hoch. Betrachtet man jedoch die Lei-

stungen bei etwa SPENCER (1969), KEELE & CHASE (1967, 3,7 ft

•1 Bedingung) und ERIKSEN & ROHRBAUGH (1970a) sowie die Lei-

stungssenkung auf ca. 50 % durch Verwendung eines visuellen.

Indikators bei MERIKLE (1976), so erscheinen die Leistungen

bei ISI =0 nicht mehr so besonders niedrig. Als Ursache für

die mutmaßlich hier trotzdem etwas niedrigeren Leistungen

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bleibt eigentlich nur die Tatsache übrig, daß SPENCER (wie diemeisten Untersuchungen in der ERIKSEN-Gruppe) nur vier Buch-

staben als Zeicheninventar benutzte gegenüber 20 Konsonanten

in unserem Fall, so daß seine Vpn schon durch Zufall mehr als

unser GB-Niveau erreichen konnten. Eine GB-Bedingung wurde ja

im übrigen bei ihm (und anderen) nicht realisiert. - Zu beach-

ten ist natürlich, daß eine solche Erklärung nur für kreis-

förmige Anordnungen gelten kann; auch die Leistungen von

SPENCER's Vpn liegen ja im Ausgangsniveau unter denen derAVERBACH & CORIELL -Studie. Wir vermuteten zunächst, daß die

kreisförmige Anordnung 'Lese'-Strategien erschwert (1977sprachen wir vom 'Lesecode'). D.h. die kreisförmige Anord-

nung verhindert, daß 'automatisch', d.h. wie beim Lesen aus-

gelesen werden kann. Nach der Erklärung, die wir (1980b, 1981)

versuchsweise für den konventionellen VIS-Effekt (SPERLING,

1960) gegeben haben, müßte dies freilich zu einem lange an-

dauernden TB-Vorteil führen, da ja dann das KZG-System nicht

'vollgeladen' wird. Genau das Gegenteil ist aber in unseren

Daten der Fall. Die Auflösung des Widerspruchs ist durch die

Überlegungen zur Theorie des Lesens möglich, die NEUMANN (1979)

und Wolff (1977) angestellt haben: Lesen ist die übersetzung

einer visuellen Konfiguration in einen phonetischen Code, wo-

bei die Position der Teile der Konfiguration verarbeitungs-

mäßig später repräsentiert ist als die (der) Konfiguration

selbst, d.h. sie wird zurückerschlossen. Bietet man also

Buchstaben in kreisförmiger Anordnung tachistoskopisch dar,so kann zwar die phonetische Umsetzung (wie üblich?)erfolgen,

aus den Codes kann jedoch, anders als bei Buchstabenfolgen,

nicht die Position zurückerschlossen werden.

Die unangenehme Folge ist, daß zwar viele Buchstaben re-präsentiert sind, die das KZG-System belasten, für ihre kor-rekte Nennung jedoch mühsam ihre Position im visuellen Feld

zurückverfolgt werden muß; denn anders als beim SPERLING

Teilbericht impliziert ein korrekt genanntes Item bei der

Einzelitemauslese immer eine korrekt wahrgenommene Position.

Die Frage, wieweit das VIS dann einfach als Speicher für

visuelle Positionen konzipiert werden könnte, wollen wir hier

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nicht weiter verfolgen; es sei nur angemerkt, daß dies inso-

fern nicht notwendig ist, als die korrekte Position auch aus

dem Zurückverfolgen der Verarbeitungswege erschlossen werden

könnte, also nicht aus einer Repräsentation des Netzhautbil-

des, sondern einer Rekonstruktion dessen, was mit ihr passiert

ist (vgl. SCHULZ, 1981). Hier interessiert zunächst die Kon-

sequenz dieser überlegungen, nämlich daß eine niedrige Lei-stung mit schneller Abnahme (im TB) - jedenfalls im Vergleich

zu anderen TB-Aufgaben - vorhergesagt wird. Einen rapiden

Verlust der überschußinformation wird man insbesondere dann

vorhersagen, wenn, wie wir annehmen, ein ikonischer Speicher

überhaupt nicht existiert, sondern die TB-Überlegenheit bis

50 msec nur darauf beruht, daß der Weg der Reizverarbeitung

gerade für die Zeit noch zurückverfolgt werden kann, die der

Reiz ungefähr selbst für die ganze Verarbeitung gebraucht

hat. D.h. es existiert nicht eine Spur von der Repräsenta-

tion des Reizes, sondern eine 'Spur', die der Reiz auf dem

Weg seiner Verarbeitung hinterlassen hat (vgl. SCHULZ, 1981).

Eine solche Auffassung würde auch plausibel machen, daß,

gleichgültig ob wir das Aufhören der TB-Überlegenheit oder

die TB-Asymptote als Dauer-Kriterium wählen, ausgerechnet

Exp. I die eher längere Schätzung des VIS liefert. Das ist

nach unseren Überlegungen zu erwarten, weil in Exp. I längere

Aufsuchprozesse sowohl für die Zeichen wie für den Balken

anzunehmen sind. Man beachte dabei, daß auch die konventio-

nelle Theorie vom Ikonischen Gedächtnis durchaus Auslese-

schwierigkeiten in Rechnung stellt (vgl. COLTHEART, 1980a,

1975). Sie tut das jedoch, um zu erklären, wann kein oder.

ein nur minimaler TB-Vorteil auftritt, etwa beim TB von nach

Kategorien geordneten Zeichen (SPERLING, 1960). Die konven-

tionelle Theorie würde also vorhersagen, daß der TB-Vorteil

in Exp. T geringer sein und/oder entsprechend schneller ab-

nehmen sollte, was bei uns keineswegs der Fall ist.

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Weiter läßt sich einwenden, daß die Verwendung von 50 % Gleich-

paaren in Exp. II, und erst recht von 87,5% in Exp. I, die

Aufgabe so erleichtert hat, daß man relativ bessere Leistun-

gen als bei AVERBACH & CORIELL (1961), KEELE & CHASE (1967)

sowie SPENCER (1969) erwarten sollte; bei Berücksichtigung

der anderen, erschwerenden Faktoren zumindest gleich gute.

Fflr diesen Vergleich wäre es demnach angebrachter, die TB-

Kurven in Einheiten der Anzahl reproduzierter Items anzuge-

ben, und sodann noch die verbesserte Ratewahrscheinlichkeit

durch Gleichpaare zu berücksichtigen. Letzterer Faktor ist

aber nicht so hoch wie man intuitiv vermuten könnte:Bei einer

Auswahl aus 20 Konsonanten ist p für den 1. korrekten Buch-

staben = 0.05, die Wahrscheinlichkeit, daß der 2. gleich ist,

beträgt 0.5, also ist pg (1 Paar korrekt) = 0.05 + 0.05 -

0.05 x 0.5 = 0.075. Diese Rechnung ist nur insofern unplau-

sibel, als wir annehmen, daß ein globales Urteil über die

Gleichheit verarbeitungsmäßig früh vorliegt, so daß die glei-

chen Paare effizienter 'geraten' werden können (vgl. SCHULZ,

1981), während im Falle des Ausbleibens des globalen Gleich-

eindrucks weiter verarbeitet wird, so daß die Ratewahrschein-

lichkeit genau genommen nur für den letzteren Fall gilt. -

Generell gilt für Verarbeitungsargumente beim Konzept des

Ikonischen Gedächtnisses allerdings, daß sie sich nur auf

die Zeit vor der Auslese beziehen dürfen, sonst wäredas Auszulesende ja noch nicht fertig. Verarbeitungsdifferenzen der

angesprochenen Art dürften also keinen Einfluß auf das VIS

haben. In dem Moment, wo der Verteidiger des 'Ikons' den Be-

griff der Auslese in einen der Verarbeitungsschwierigkeit

verwandelt, hat er das Konzept implizit schon aufgegeben.

Nach diesen beiden Experimenten herrscht jedoch der Ein-

druck vor, daß Verarbeitungsunterschiede bei der Konstituie-

rung des Inhaltes des VIS dessen Dauercharakteristiken ver-

ändern. Daher werden wir weiter unsere Erklärung (1980, 1981)

vorziehen: Die Dauer des VIS (TB-Vorteils) bestimmt sich

nach der Zahl der zum Indikatorzeitpunkt verarbeiteten Mars,

die das Antwort-System (KZG) bedrängen. Wenn nicht viele

verarbeitet worden sind, ist der Andrang gering, und das

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wenige bleibt lange erhalten. Buchstaben werden jedoch schnell

verarbeitet, so daß der Andrang groß ist. Können sie qua Ver-

arbeitung leicht organisiert werden (Leseanordnung), ist ihre

Position leichter zurückzuerschließen als bei kreisförmiger

Anordnung, so daß bei letzterer der Verlust steiler ist. Um-

gekehrt ist bei stark parafovealer Abbildung (Exp. I) die

visuelle Verarbeitung mutmaßlich schwieriger. Folglich ist der

Andrang geringer, und der TB-Vorteil fällt etwas größer und

andauernder aus. Es kann hier eingewandt werden, daß das Er-

gebnis der -200-Kontrollbedingungen gegen die Hypothese der

schwierigeren visuellen Verarbeitung spricht; denn hier sind

ja die Leistungen in Exp. II schwächer.

In der Tat könnte dies die Annahme der 'visuellen' Erleich-

terung in Exp. II widerlegen: Vielleicht ist es leichter, in

einem größeren Durchmesser richtig zu 'treffen' als in einem

kleineren, d.h. die schon in der Diskussion zu Exp. I erwo-

gene Annahme, daß in der ISI =--200-Bedingung eine Sakkade zur

gewünschten Position erfolgreich war, würde damit wiederum

bekräftigt. Dies heißt nun allerdings, daß zu konstatieren

wäre, daß auf der einen Seite die Kontrollbedingung in Exp.

zu leicht war, auf der anderen Seite jedoch die Leistungen

gerade unter der Bedingung schlechter sind, in der (ohne

Sakkade!) alles besser abgebildet wird. So betrachtet läßt

sich der Verlust von ca. 80 % auf 40 % in Exp. II als der

"reinere" Verlust interpretieren: Es ist eher ein Verlust,

der auf Verarbeitungsfaktoren zurückgeführt werden kann,

während das hohe Ausgangsniveau in Exp. I allein auf geome-

trische Abbildungsfaktoren zurückgeführt werden könnte, so

daß sich die Frage stellt, zu welchem Anteil die 50% Diffe-

renz in Exp. I auf diesen Faktor zurückgeht. Von der Lei-

stung bei 151 =0 her betrachtet, ist die Frage, wieso bei

beiden Experimenten (nur) 40 % erreicht werden, obwohl die

visuellen (Abbildungs-)Bedingungen (ohne Sakkade) in Exp.II

besser sind. Auch würde man von daher eher die länger dau-

ernde TB-Überlegenheit in Exp. II vorhersagen, von der aber,

auch auf Grund der eher besseren GB-Leistungen in Exp. II,

nicht die Rede sein kann. Eher ist das Gegenteil der Fall.

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Uns scheint, daß die 'Lese'-Erklärung des TB-Effekts besser

als der 'Ikon'-Ansatz mit dieser Lage fertig werden kann:

In Exp. I wird relativ zu Exp. II gar nichts verarbeitet,

bevor der Balkenindikator erscheint; daher die enorme Ver-besserung durch frühzeitigen Indikator. Die relativ engere

Lage der Zeichen in Exp. II ermöglicht demgegenüber eine

bessere Vorverarbeitung, auch im Sinne einer räumlichen Or-

ganisation. Der Indikator hat auf die Leistungsgüte

so großen Einfluß wie in Exp. I: Der frühe (vorgezogene) In-

dikator kann nur nützen, wenn er sehr genau trifft, was in

Exp. I leichter ist; der ISI =0-Indikator trifft auf ein

enges, bereits vorverarbeitetes Feld, das jedoch nicht so

gut räumlich durchorganisiert ist wie Zeilenanordnungen, so

daß die Leistungen entsprechend niedriger bleiben. - Dem

widersprechen nicht die relativ besseren GB-Leistungen in

Exp. II; diese stützen vielmehr die Annahme, daß die weniger

periphere Abbildung mehr Verarbeitung 'per default' ermög-

licht. Dieses Mehr an Verarbeitung bedeutet aber eben auch

nach unserem Ansatz eine potentiell größere Belastung für das

KZG-System, so daß der TB-Vorteil eher schneller enden wird.

Gegen unsere Befunde wäre der generelle Einwand möglich,

daß unsere Beobachter einfach nicht genügend geübt waren, um

höhere und damit den älteren Befunden mehr entsprechende Er-

gebnisse zu liefern. Dagegen spricht jedoch nicht nur die

Tatsache, daß vier der sechs Beobachter bereits am Exp. I

teilgenommen hatten, sondern spezifisch die Null-Korrelation

der einzelnen Parameter bei den einzelnen Beobachtern: Gerade

die drei Beobachter, die TB(0)-Leistungen über 50% liefern

(CH, KR und KU), zeigen TB-Vorteile, die zwischen ISI = 0

und 1000 msec Dauer variieren und Asymptotenbeginn ihrer

TB-Kurve zwischen 50 und 250 msec. Allenfalls könnte man

dann argumentieren, daß CH die einzige typische A & C Vp

ist: Ihre TB-Leistung bei ISI =0 ist 65%, ihr TB-Vorteil

reicht bis 50 msec, die Asymptote beginnt bei 250 msec.

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Sieht man den Asymptotenbeginn als ausschlaggebend fürdie VIS-Dauer an, so ist natürlich die Erhebung einer

GB-Kontrolle überflüssig. Auf die prinzipielle Schwie-

rigkeit dieses Kriteriums haben wir schon unter 3.3.

(Diskussion Exp. I) verwiesen: Das VIS wird zu einerpetitio principii ohne Funktion. Bezogen auf den Unter-

schied zwischen zufällig verteilten OB-Darbietungen und

GB-Blockdarbietungen zugunsten letzterer, wird diese

Schwierigkeit besonders deutlich: Bei zufällig verteil-

ten GB-Darbietungen (wie in Exp. I durchgängig) kann es

bis zur Verarbeitung des Indikators keinen Verarbei-

tungsunterschied bezüglich des Dargebotenen zwischen GB

und TB geben. Sinkt nun die Leistung bei TB unter die

GB-Leistung, so kann dies nur damit erklärt werden, daß

die bis dahin stattgehabte Verarbeitung bei TB plötzlich

nicht mehr genutzt werden kann. Da alle anderen Bedin-

gungen ja auch unter GB vorliegen, kann es nur der Ent-

nahmeprozeß sein, der das prinzipiell Entnehmbare unent-

nehmbar macht; vielleicht, weil die Reste des Entnehmba-

ren durch den Versuch der Entnahme vernichtet werden -

wie ein Fußabdruck im Sand, der beim Zugreifen zerbrö-

selt.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß Exp. II als zwei-

ter Versuch einer AVERBACH & CORIELL/SPENCER-Replika-

tion unter erschwerten visuellen Verarbeitungsbedingungen

einen TB-Vorteil bis 50 msec ISI zeigt, keine Anzeichen

von Helligkeitsmaskierung (geringe Anzeichen von Metakon-

trast i.S. der Diskussion zu Exp. I) und einen annähern-

den Beginn der TB-Asymptote bei 250 msec.

Im Gegensatz zu den bisherigen Untersuchungen können

wir auf Grund der GB-Kontrollbedingung das Verschwinden

der TB-Überlegenheit als Kriterium für die Dauer des VIS-

Effekts einsetzen. In diesem Fall gelangen wir zu einer

Schätzung von ca. 50 msec, jedenfalls deutlich unter 250

msec. Setzt man hingegen das Ausnutzenkönnen einer 'Spur'

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als Kriterium an, nämlich den Beginn des asymptotischen

Verlaufs, so gelangt man zu der bisherigen Schätzung von

250 msec Dauer. Bei der Bewertung dieses Widerspruchs

sollte allerdings nicht übersehen werden, daß KEELE &

CHASE (1967) für ihre vergleichbare Leuchtdichtebedingung

(3.7 ft.l) auch einen Asymptotenbeginn bei ca. 50 msec

erhielten. Gerade aber weil in dieser Untersuchung die

GB-Kontrolle fehlt, ist er zu relativieren; denn an un-

seren Ergebnissen wird ja deutlich, daß man nicht zu dengleichen Ergebnissen kommt, je nachdem ob man das VIS

auf das Schwächerwerden der Persistenz (GB) oder auf das

Verblassen einer relativ vollständigen Repräsentation

(TB in konventioneller Interpretation als 'Ikon'-Indika-

tor) gründet (vgl. APPELMAN, 1980; COLTHEART, 1980 b ) .

Insofern glauben auch wir, daß die VIS-Effekt-Änderungen,

die durch Variation physikalischer Parameter (Leuchtdichte/

Wellenlänge) entstehen, nicht genügend durchschlagend

sind, um von einer 'retinalen' VIS-Theorie (LONG, 1980)

erklärt werden zu können (ADELSON & JONIDES, 1980).

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5. Experiment III

In diesem Experiment sollte der erneute Versuch unternommen

werden, mit einer Vergleichsaufgabe den VIS-(TB-)Effekt zu

erzielen. Bisher ist es uns weder beim Vergleich von Strich-

längen (SCHULZ, 1980 b ) noch beim Vergleich von Buchstaben

eines Paares (SCHULZ, 1981) gelungen, einen Unterschied zwi-

schen TB und GB aufzuweisen - jedenfalls in der Größenord-

nung, wie er für die konventionellen Berichtsexperimente ty-

pisch ist.

5.1 Hypothesen

Ein TB-Vorteil bei der Entdeckung von Gleichheit/Ungleich-

heit von Elementen eines Displays wird u.E. grundsätzlich

vom klassischen Konzept des ikonischen Gedächtnisses vor-

hergesagt: Die unverarbeitete sensorische Abbildung des pro-

ximalen Reizes sollte wie eine Gedächtnisspur mit zunehmen-

der Zeit an Stärke verlieren, d.h. bei zunehmender Indika-

torverzögerung wird die Beurteilung der Gleichheit/Ungleich-

heit immer ungenauer, da das 'Bild' verwischt bzw. inzwi-

schen 'verrauscht' ist (Hiervon müßte der TB durch die Mög-

lichkeit, sich auf einen Ausschnitt zu konzentrieren, stär-

ker betroffen sein).

Als Störfaktoren, die dafür verantwortlich gemacht werden,

daß mit der Vergleichsaufgabe kein TB-Vorteil zu erzielen ist,

können Charakteristika der Vergleichsaufgabe geltend gemacht

werden (vgl. im einzelnen SCHULZ, 1980b; 1981). Das erste

Argument würde behaupten, daß es sich bei der Vergleichsauf-

gabe in Wirklichkeit um eine Klassifikationsaufgabe handelt,

für die schon SPERLING (1960) keinen TB-Vorteil fand (vgl.

auch COLTHEART, 1980a ) . Nach dieser Überlegung nimmt der

Vergleich zu viel Zeit im Vergleich zur einfachen Reproduk-

tion in Anspruch; deshalb kann wie bei der Kategorisierung

die Überschußinformation nicht rechtzeitig ausgenutzt wer-

den. Das zweite Argument baut auf diesem ersten auf, kann

aber unabhängig betrachtet werden. Hiernach

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wird vermutet, daß der Vergleich nicht an der ikonischen Re-

präsentation erfolgen kann, sondern für den Vergleich erst

eine Transformation etwa-in einen 'visuellen Code' (POSNER,

1969; COLTHEART, 1980a) notwendig ist, der per definitionem

länger als 1 sec zur Verfügung steht und auf einer Abstrak-

tion aus der schon aus der überschußinformation ausgelesenen

Information beruht.

In diesem Fall wäre die ikonische Repräsentation nicht

verwertbar, und es entstünde die Frage, wieso dies bei der

Reproduktionsaufgabe der Fall sein sollte; denn sicher er-

folgt auch das bewußte Sprechen (Reproduzieren) nicht direkt

aus dem ikonischen Gedächtnis heraus (vgl. COLTHEART, 1975,

1980a) . Ein hier nicht weiter zu diskutierender Ausweg, der

freilich das Konzept vom ikonischen Gedächtnis überflüssig

macht (vgl. SCHULZ, 1980b, 1981), ist die Annahme, daß iko-

nisches Gedächtnis und visueller Code hinsichtlich der Re-

präsentationsform ein und dasselbe sind (WOLFF, 1977). Hier

interessiert diese Überlegung nur hinsichtlich möglicher

Konsequenzen: Der visuelle Code ist dann der Inhalt des iko-

nischen Gedächtnisses und geht über einen Bereich von mehre-

ren Sekunden nicht verloren (WALKER, 1978). Unterscheiden

würden sich lediglich die Prozesse bei Gleich- und Verschieden-

Paaren, entsprechend etwa den Überlegungen von

KRUEGER (1978). Die Entdeckung der Gleichheit kann da-

nach auf Grund einer globalen Analyse erfolgen, die weniger

Zeit kostet als die Überprüfung eines Paares, das 'auf den

ersten Blick' ungleich erscheint, aber vielleicht ja doch

nicht ist (dies hängt ja von den angelegten figuralen Krite-

rien ab, vgl. KOLERS, 1972 ! ). Eine Wirkung des ISI-Parame-

ters wird man nach dieser überlegung am ehesten für die Ver-

schieden-Paare erwarten, also nicht für die korrekten Gleich-

Urteile (Korrekte Zurückweisungen in Termini der TSD bzw.

als Komplement die FA-Rate). Einen TB-Vorteil wird man selbst-

verständlich, da der ganze Prozeß bereits auf abstrahierter

Information beruht, überhaupt nicht erwarten. - Alternativ

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kann man sich vorstellen, daß bei der Analyse des Gesehenen

auf Grund globaler Merkmale verschiedene Zeichen (Buchsta-

ben) eine gewisse Schwellenwahrscheinlichkeit überschreiten,

dann eine Zuordnung des Indikators zu einem dieser Zeichen

erfolgt (oder auch zu einer Stelle, für die noch keine Hypo-

these vorhanden ist) und nunmehr geprüft wird, ob der zweite

Buchstabe des entsprechenden Paares der gleiche oder ein an-

derer war. Die Prüfung auf Verschiedenheit wird nun dadurch

erschwert, daß bereits von verschiedenen Lokationen mehrere

Hypothesen bestehen, so daß, wenn kein globaler Gleichein-

druck von der indizierten Stelle von vornherein vorlag, die

Wahrscheinlichkeit groß ist, daß ein anderer, falscher Buch-

stabe zugeordnet wird, der zudem in unseren Karten dem frag-

lichen nie gleich sein kann (dies entspricht den Überlegun-

gen zur Positions- oder Lokationsunsicherheit als eigentli-

cher Quelle des Teilberichtseffekts, wie sie von TOWNSEND

(1973) sowie MEWHORT & CAMPBELL (1978) experimentell ge-

stützt wurden). Danach würde man die FA-Rate als das für

ISI-Variation empfindliche Maß einschätzen: Je länger die

Darbietung des Displays vorbei ist, desto schwieriger wird

es, die Position noch genau zu behalten bzw. nach unserer

Theorie (1981) den Weg des 'Reizes' zurückzuverfolgen (Dies

gilt nach den Überlegungen unter 4.3 besonders für den TB).*

Nach einer dritten Überlegung kann man annehmen, wenn man

als Grundlage für 'visuelle Verarbeitung' etwa die Autokor-

relationstheorie von UTTAL (1975) ansetzt, daß Gleich-Paare

in der Zeit weniger Veränderung bezüglich ihrer Gleichheit

durch 'Verrauschen' (zufälliger Informationsverlust) erleiden

als Ungleich-Paare, die sich dann, in einigen Fällen zumin-

dest, noch unähnlicher werden. Von daher wird man erwarten,

daß mit wachsendem ISI korrekte Verschiedenmeldungen eher

variieren (Trefferrate) werden als korrekte Gleichmeldungen.

Zusätzlich könnte man aus der Annahme, daß ein Globalprozeß beteiligtist, ableiten, daß beim GB zumindest die ersten Antworten/Urteile die-jenigen sein werden, die sich auf Stellen hoher subjektiver Sicherheitbeziehen, so daß eine leicht verbesserte Rate korrekter

Gleich-Erkennungen(also eine niedrigere FA-Rate) zu erwarten wäre (vgl.APPELMAN,1980, Exp.

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36 -

Danach haben wir drei Theorien, von denen zwei eine ISI -

Abhängigkeit der Trefferrate, eine eine Abhängigkeit der

FA-Rate vorhersagt. Diese letztere Positionsunsicherheits-

theorie sagt außerdem einen Unterschied zwischen TB und GB

bezüglich der FA-Rate vorher. Allerdings sind Kombinationen

der drei Theorien denkbar, die zu entsprechenden, zunächst

widersprüchlichen, Vorhersagen führen würden, die nur durch

ein genauer ausgearbeitetes Prozeßmodell auflösbar erschei-

nen, bei dem zudem die Analyse jeder einzelnen Antwort not-

wendig erschiene, was zunächst künftigen Experimenten vor-

behalten bleiben muß.

5.2 Bedingungen und Durchführung

Im wesentlichen wurden die Bedingungen wie in Exp. II ver-

wandt. Für jede ISI-Bedingung wurde in 40 Darbietungen ge-

prüft. Die ISI-Abfolge war weiterhin für jede Vp verschie-

den, und wie bisher wurde die Position zufällig bestimmt.

Die Anzahl der TB- zu GB-Durchgängen betrug 1 :3; außerdem

wurden 50 GB-Durchgänge im Block durchgeführt. Die Vp wurde

abweichend von Exp. T / II instruiert, die Gleichheit der wie

bisher indizierten Buchstaben eines Paares durch ein abge-stuftes Urteil zu beurteilen: '5' bedeutete 'sicher ungleich','4' 'wahrscheinlich ungleich', '3' 'eher gleich', '2'

'wahrscheinlich gleich' und '1' 'sicher gleich'. Die gleichen

Vpn wie in Exp. II waren auch in diesem Experiment Beobach-

ter.

5.3 Auswertung und Ergebnisse

Es wurde versucht, die T rating'-Daten nach der TSD auszuwer-

ten, was jedoch für einzelne Bedingungen und Vpn nicht mög-

lich war, da die Urteilsstufen nicht häufig genug verwendet

wurden, so daß keine d*-Schätzung nach dem Rechner-Programm(vgl. SCHULZ, 1980 b) möglich war. Faßt man die Werte,

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soweit berechenbar, zu Mittelwerten zusammen (die dann auf

unterschiedlichen N's beruhen), so ergibt sich Tab. 4. In

Abb. 5 sind diese Werte zur Illustration dargestellt. Man

sollte sich jedoch nicht durch Abb. 5 täuschen lassen:

Deckt man den negativen Teil der x-Achse ab, so sieht man,

daß so gut wie kein VIS-Effekt vorhanden ist; und eine

Varianzanalyse der TB-GB-Differenzen, die auf die durch die

niedrigen GB-Leistungen artifiziell erhöhte TB-GB- Differenz

bei ISI =0,50 gut ansprechen müßte, zeigt (ohne die Bed.

-200) keinen signifikanten Effekt.

Tab. 4, Abb. 5

Abgesehen von dem schon vertrauten Effekt der 'pre-cue' -

Bedingung (ISI = -200) wird der andere in den Daten verbor-

gene Effekt erst durch eine Analyse der Treffer- und

Falschalarm(FA)-Raten aufgedeckt (Treffer =Urteil '5-4' bei Un-

gleichpaar, FA= Urteil '5-4' bei Gleichpaar). Die Variation

der Trefferrate erweist sich als nicht signifikant, die

höchste Differenz liegt zwischen TB(-200) und GB(-200) mit

p(Hit) =0.948 vs. 0.730. Bei der Analyse der FA-Raten wird

der Faktor ISI und die Interaktion ISI x TB/GB signifikant.

Deshalb sind die FA-Raten in Tab. 5 getrennt für TB und GB

dargestellt.

Tab. 5

Einzelvergleiche zeigen, daß die signifikante Interaktion

nur auf dem zusätzlichen Anstieg der FA-Rate unter TB zwi-

schen ISI =0 und 50 msec beruht. Während also unter TB die

FA-Rate statistisch bedeutsam bis ISI = 50 ansteigt, tut sie

dies unter GB nur bis ISI =0; der Abfall von ISI = 250 nach

1000 msec ist für beide Bedingungen gleich (an der Signifi-

kanzgrenze).

11111111111111

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- 38 -

5.4 Diskussion

Da sich von, den Variablen Treffer- und FA-Rate nur die letz-

tere als signifikant mit den Bedingungen variierend erweist,

können von den drei besprochenen Möglichkeiten sowohl die

`global to lacal'-Erklärung wie die (ihr verwandte) Autokor-

relationserklärung vorläufig ad acta gelegt werden. Unsere

Vermutung ist, daß Ansätze dieser Art ein früheres Stadium

der Verarbeitung betreffen, das hier allenfalls in der Phase

ISI = -200 bis 0 msec angesprochen ist. Diese Vermutung wird

gestützt durch den positiven Effekt, den das frühe Signal

auch auf die Treffer-Rate hat (auch wenn dieser mangels wei-

terer Trefferratenvariation nicht signifikant wird). Da in

diesem frühen Bereich Treffer- und FA-Rate deutlich vari-

ieren, ist hier auch ein entsprechend markanter Sensitivi-

tätseffekt (d*) (Abb. 5) zu verzeichnen. Die Darstellung in

diesem Maß läßt freilich auch eine andere, theoretisch nicht

inkompatible konventionellere Interpretation zu: Der. Effekt

zwischen 151 = -200 und 0 msec (unter TB-Bedingung) ist, wie

in den vorhergehenden Experimenten, als Aufmerksamkeitszu-

wendungseffekt zu verstehen. Der Unterschied zwischen IST =

-200 und 151 msec entspricht ja theoretisch genau dem

Wechsel zwischen fokussierter und verteilter Aufmerksamkeit,

wie er von SPERLING & MELCHNER (1978) als Aufmerksamkeits-

operationscharakteristik an Hand von Sensitivitätsmaßen be-

schrieben worden ist. Diese Variation folgt der simplen Re-

gel: Je konzentrierter, desto besser (die Frage ist allein,

ob diese Konzentration ein visueller (retinaler) oder ein

Verarbeitungskapazitätsfaktor ist (vgl. NEUMANN, 1978 a).

Für uns ist hier wichtiger zu beantworten, ob denn die auf

das TB/GB -Ausgangsverhältnis relativierten Änderungen (in

der FA-Rate) dem entsprechen. Wenn wir von der Schätzung

ausgehen, daß unter GB im Schnitt zwei Paare beurteilt wer-

den, so wäre nach einer TB-FA-Rate von o.13 (bei -200) für

GB eine FA-Rate von 0.13 + 0.13 zu erwarten, was der beob-

achteten recht nahe kommt (GB, -200) (vgl, auch im folgen-

den jeweils Tab.5). Danach kann man nun den erwarteten

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TB-Anstieg von -200 auf 0 msec (ISI) ausrechnen: Das TB/GB-

Verhältnis beträgt 0.131/0.296 = 0.443, die Differenz zwischen

GB(-200) und GB(0) 0.165; der erwartete TB-Anstieg in derFA-Rate wäre demnach 0.165 x 0.443 =0.073, d.h. für TB(0)

würden wir eine FA-Rate von 0.131 +0.073 =0.204 erwarten,

wenn die FA-Wahrscheinlichkeit für die Elemente konstant

bliebe. Die beobachtete Rate beträgt jedoch 0.341, und so

muß man eine Änderung des Prozesses für TB vermuten. Ähnli-

ches gilt, in abgeschwächter Form, dann natürlich auch für

die TB-Differenz von 0 auf 50 msec ISI.

Nun könnte man argumentieren, dies sei grundsätzlich keine

andere Überlegung als die, die schon immer (COLTHEART,

1980a ) für den Aufweis des Ikonischen Gedächtnisses benutzt

worden ist: Man muß nur zeigen, daß im TB andere Prozesse

involviert sind als im GB. Lassen wir diese Argumentation

gelten, so bleibt aber festzuhalten, daß wir dies 1. nur für

die FA-Rate zeigen können und 2. nur für einen Bereich von

ganzen (besser gesagt: knappen) 50 msec. Will man auf diese

Weise das Konzept des ikonischen Gedächtnisses als Gedächt-

nis für visuelle Positionen retten, so hat man 1. die Schwie-

rigkeit, nach den hier bisher vorliegenden Ergebnissen, die-

sen Speicher nur für 50 msec konzipieren zu können, und 2.

muß man - was mir bedeutsamer erscheint - erklären, wieso

die als Indikator für das Positionsgedächtnis benutzte

FA-Rate schon bei 131 = -200 msec unter TB deutlich höher ist

als unter GB.

Eine alternative Erklärung kann m.E. von der schon ein-

leitend vorgestellten Überlegung ausgehen, daß in der klas-

sischen SPERLING-Aufgabe viel weniger Positionsunsicherheit

auftritt, da die Position durch Verwendung von '

Lese'-Strategien zurückerschlossen werden kann. Deshalb vermuten wir,

daß bei einer Kreisanordnung bei verteilter Aufmerksamkeit

(TB) immer vom Mittelpunkt aus abgetastet wird, d.h. es gibt

(in unserem Fall) 6 Vor-/Rückwärtsbewegungen, die für eine

korrekte Positionszuordnung alle gespeichert werden müßten.

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In den Wahrnehmungsprozeß beim TB würde also keineswegs nur

ein sensorischer Abbildungsprozeß eingehen, sondern ganz we-

sentlich ein Prozeß, der wohl am besten als Rekonstruktion

der Operationen oder des Programms, das zur Abtastung not-

wendig war, bezeichnet wird. Man kann sogar noch weiter

gehen und vermuten, daß die Steuerung dieses Programms auch

keineswegs durch sensorische Abbilder erfolgt, sondern, wie

schon NEISSER (1967) vermutete, durch präattentive Prozesse,

die wir inzwischen unter dem Namen 'globale' Verarbeitung

kennen: Wenn der Abtastweg beschrieben wird, so ist nicht

die Verbindung zwischen Buchstaben, sondern zwischen Einhei-

ten anzugeben, aus denen nach näherer (lokaler) Verarbeitung

noch Buchstaben werden können. Die Erinnerung besteht darin,

die Sequenz der Anwendung von Regeln auf den input zu erin-

nern, kurzum, sich auf die Wahrnehmungstätigkeit zu besin-

nen. - Beim TB wird nach dieser Vorstellung eine globale

Wegestruktur erstellt, bei vorgezogenem Signal wie bei spä-

terem Signal. Bei GB (zufällig verteilt) wird zwar ebenfalls

zuerst diese Struktur erstellt, da ja die Anforderung noch

nicht bekannt ist. Nur kann bei vorgezogenem (und frühem)

GB-Signal diese Verarbeitung zugunsten lokaler Verarbeitung

(besser: der Erstellung einer Teilstruktur) abgebrochen wer-

den. Wegen dieser Abbruchsmöglichkeit unter GB, die bei TB

grundsätzlich nicht angeraten ist, liegen die FA-Raten bei

GB von vornherein niedriger und stabilisieren sich früher.

Daß unter GB trotzdem das gleiche FA-Ratenniveau wie un-

ter TB erreicht wird, liegt unserer Vermutung nach daran,

daß mehr berichtet werden soll, als wirklich sicher vorhan-

den ist. Auch hier zeigt sich also wieder die Möglichkeit,

TB und GB in künftigen Experimenten nur durch die Selektions-

unsicherheit zu unterscheiden, nicht aber durch die Anzahl

der zu berichtenden Items (vgl. APPELMAN, 1980, Exp. III).

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6. Experiment IV

Im vorab geschilderten Exp. III wurde in einer Vergleichs-

aufgabe ein nur sehr schwacher VIS-Effekt gefunden, der,

statistisch gesehen, an der Signifikanzschwelle liegt. Wenn,

ungeachtet unserer Einwände (5.1 ), die geringe Ausprägung

des VIS-Effekts auf die Verwendung einer Vergleichsaufgabe,die die Beurteilung der Gleichheft von Zielreizpaaren ver-

langt, zurückgeführt wird, so kann man fragen, ob dieser Be-

fund auch dann eintritt, wenn nicht diese Beurteilung, son-

dern der Vergleich mit einem noch zu definierenden Zielreiz

verlangt wird.

Auf diese Weise wird zwar nicht die Vergleichsoperation

ausgeschaltet, aber es wird eine Aufgabe vom Typus des Ent-

deckens (ESTES & TAYLOR, 1964) bzw. der 'Suche am Reiz'

hergestellt. Da die Untersuchungen mit diesen

Aufgaben bisher wenig Verarbeitungsbeschränkungen aufgezeigt

haben (ERIKSEN & SPENCER, 1969; SHIFFRIN & GEISLER, 1973;

SHIFFRIN, GARDNER & ALLMEYER, 1973), gibt es keinen Grund

anzunehmen, daß der Verarbeitungszustand der Reizrepräsenta-

tion für diesen Vergleich (der 'Code') nicht ikonisch wäre:

Die Leistungen in einer solchen Aufgabe sollten schlicht vom

Verblassen der sensorischen (ikonischen) Repräsentation ab-

hängig sein. Wir befinden uns damit in Widerspruch zu den

Annahmen von COLTHEART (1980a ), der von vornherein eine

Parallelität von ikonischer Weiterverarbeitung und 'visuel-

len Code' fordert. Dies tut er unserer Meinung nach auf

Grund empirischer Befunde (POSNER, 1969), ohne den Wider-

spruch, der sich damit zum Konzept des Ikonischen Gedächt-

nisses ergibt, wirklich zu sehen (eine Möglichkeit, diesem

Widerspruch zu entgehen, ist die Annahme, daß 'visueller

Code' und ikonischer Code dasselbe sind, vgl. WOLFF, 1977;

SCHULZ, 1980 b , 1981).

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Wohl kann man aber aus der Annahme, daß visuelle Verarbei-

tung kapazitätsunbeschränkt ist, ableiten, daß mit einer

Entdeckungsaufgabe generell kein VIS-Effekt zu erzielen ist

(SCHULZ, 1980a), spezifisch, daß es keinen TB-Vorteil und

Verfall dieses Vorteils geben kann, da die Kapazitätsgren-

zen (des KZS) nicht erreicht werden. Die einschlägige Auf-

gabe wurde von TOWNSEND (1973) überprüft: Sie erhielt bei

Verwendung von Buchstaben als Indikatoren im TB (die mit

dem Buchstaben an der entsprechenden Position verglichen wer-

den sollten) keinen Leistungsabfall für den Bereich von 0

bis 450 msec. Leider führte sie keinen GB-Kontrollversuch

durch, so daß die Frage nach dem Ausbleiben des VIS-Effekts

nicht vollständig beantwortet werden kann.

Mit Exp. IV soll ein Teil dieser Untersuchung nachgeholt

werden. Wenn nämlich die TB-Anforderung nicht zu einem Lei-

stungsverlust führt, so könnte dies ja seine Ursache in der

Minimalisierung der sowieso schon minimalen Anforderungen

einer solchen Aufgabe, die nur einen einzigen Vergleich for-

dert, , haben. D.h. es könnte gerade die übliche Entdeckungs-

aufgabe, die das 'Durchsuchen' der ganzen Reizrepräsentation

verlangt, sein, die einen Leistungsverlust mit wachsender

Verzögerung des Vergleichselements zeigt. Was man normaler-

weise im TB findet, wäre bei der Entdeckungsaufgabe sozusa-

gen in den GB verschoben (vgl. 2.). In unserer Entdeckungs-

aufgabe soll also der Zielreiz nicht wie sonst vor dem Durch-

gang bekanntgegeben werden, sondern zu variierenden Zeit-

punkten in unmittelbarer zeitlicher Nähe des Displays. Die-

se Variation hat nur Sinn, wenn das Zeichen selbst auch

innerhalb des bekannten Inventars von Darbietung zu Darbie-

tung variiert wird. Durch letzteres Merkmal ergibt sich,

daß es sich wohl um Suche mit 'variierender Zuordnung' i.S.

von SCHNEIDER & SHIFFRIN (1977) handelt.

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6.1 Hypothesen

Für den Prozeß des Vergleichens und die Frage der Ausnutzung

einer ikonischen Repräsentationsform ergeben sich folgende

Möglichkeiten

1. Die Zeichenanordnung (wie bisher ) wird gezeigt und ver-

bleibt für t sec im ikonischen Bereich. Im Verlauf dieses'Verblassens' wird der Zielreiz gezeigt. Trifft er eine

noch intakte ikonische Repräsentation an, so kann auf der

ikonischen Ebene verglichen werden, die ja per definitionen

'visuell' ist. Man wird eine Abnahme von d' oder einem

Äguivalent (etwa Treffer- Falschalarmrate) mit zuneh-

menden ISI erwarten.

2. Der Prozeß beginnt wie oben, jedoch ist ein Vergleich auf

ikonischem Niveau unmöglich; beide 'Reize' müssen deshalb

erst in einen visuellen Code transformiert werden. Dies

gelingt um so besser, je frischer die ikonische Repräsen-

tation ist. Beim Zielreiz ist sie per definitionem immer

frisch, d.h. eine genaue Repräsentation dieses Reizes ist

immer vorhanden, nicht aber eine vom Display. Wird ein

'falscher' (nicht-enthaltener) Zielreiz gezeigt, so kann

dies zu Fehlern Anlaß geben: Der Zielreiz (Z) aktiviert

Repräsentationen ähnlicher Zeichen, jedoch nicht unbe-

dingt identischer; die Folge ist, daß die Wahrscheinlich-keit, 'Ja' unter r Z zü sagen (FA-Rate), steigt. Ist der

Zielreiz jedoch im Display vorhanden, so wird er mit ho-

her Wahrscheinlichkeit eine Auffrischung der ikonischen

Repräsentation der tatsächlich vorhandenen Entsprechung

bewirken. Die Treffer-Rate [p('Ja'/Z)] wird also

gleichbleibend hoch bleiben. Es ist zu beachten, daß wir Tref-

fer- und FA-Raten jetzt-.anders als bisher (in Exp. III

und vorhergehenden Arbeiten) definiert haben, wo p(ungleich/)

der Treffer- und p(ungleich/) der FA-Rate entsprach!

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'Aus diesen Überlegungen können spezielle Folgerungen fürden Fall abgeleitet werden, daß der Zielreiz dem Displaykurz (-200 msec) vorausgeht: - Ist ein Vergleich auf ikoni-schem Niveau möglich, so könnte dieser in einer solchenBedingung immer vorgenommen werden, die FA-Rate solltealso niedrig sein und mit zunehmender Verzögerung anstei-gen; die Trefferrate darf aber aus den oben (Pkt. 2) ge-nannten Gründen nicht wesentlich höher als bei spätererZielreizdarbietung ausfallen. Ist dieser Vergleich jedochnicht möglich, so muß die FA-Rate ab 151 =0 praktischkonstant bleiben, da außer bei der Vorexpositionsbedin-gung immer erst eine schematische (PHILLIPS,1974) Repräsentation des Displays erstellt werden muß, die sichzeitlich mit der Transformation des Zielreizesüberschneidet.

6.2 Bedingungen und Durchführung

Die Randbedingungen waren die gleichen wie in Exp. II undIII. Die Hauptänderung bestand in der Anfertigung der va-riablen Zielreize. In der Mitte des Displays, an der Posi-tion des Fixationskreuzes, wurde ein weißer Zielbuchstabeauf schwarzem Grund gezeigt. Um das Auswechseln des Zielrei-zes von Darbietung zu Darbietung zu ermöglichen, wurden dieseauf eine besondere e Scheibe vor der Hintergrundscheibe mon-

tiert. Die Zielbuchstaben waren von der gleichen Art wie dieDisplaybuchstaben. Sie wurden - wie bisher der Balkenindi-kator - im Kanal 3 des Tachistoskops gezeigt (was den Umstandbedingte, spiegelverkehrte Versionen benutzen zu müssen).

Jede der 5 ISI-Bedingungen wurde wiederum in Blöcken 40-mal realisiert. Die Vpn wurden instruiert, mit '5' bei Si-cherheit über das Vorliegen von Z bzw. mit '1' bei sicheremNichtvorliegen zu antworten. Es nahmen die 6 Vpn von Exp.IIIteil.

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6.3 Ergebnisse

Für die Berechnung der Raten wurden die Darbietungen mit

'unsicher'-Urteilen berücksichtigt. Die Treffer-Rate bewegt

sich mit n.s. Variation um 0.75 (Mittelwert). Die FA-Rate

variiert signifikant mit dem ISI. Signifikant ist jedoch

nur der Anstieg von -200 auf 0 ursec Verzögerung (vgl. Tab.

6). Eine Nicht-Berücksichtigung der 'unsicher'-Urteileändert strukturell nichts.

Tab. 6

6.4 Diskussion

Nach diesen Ergebnissen ist der unter 5.1, Pkt. 2 beschrie-

bene Prozeß als wahrscheinlich anzusehen. Ein visueller Ver-

gleich auf der Basis einer ikonischen Repräsentation ist

auch bei einer visuellen Such-/Entdeckungsaufgabe nicht mög-lich. Danach würde sich zwar das Konzept vom VIS als ikoni-

schem Speicher aufrechterhalten lassen; jedoch enthält dieser

Speicher keine 'visuelle' Information, jedenfalls nicht im

Sinne eines visuellen Vergleichs, so daß am ehesten die Al-

ternative plausibel erscheint, die auch schon in SCHULZ

(1981) erörtert wurde: Der Inhalt des VIS, soweit. sich die-

ses mit strengen Methoden aufweisen läßt, besteht nicht aus

visuellen Repräsentationen von Zeichen, sondern einzelnen,

mutmaßlich unverbundenen Merkmalen, mit denen man nichts

anfangen kann, außer sie weiterzuverarbeiten. Diese Reprä-

sentationsform hat mit dem positiven Nachbild, das man

'sieht", nichts zu tun, sie ist nicht bewußtseinszugänglich,

jedenfalls nicht unter bisher bekannten Bedingungen. Zur

Frage der pre-cue Bedingung ist - nicht inkompatibel mit den

schon angeführten Überlegungen - darauf hinzuweisen, daß die.

Leistungsverbesserung bei ISI = -200 hier nicht auf

visueller Konzentration wie bisher zurückgeführt werden kann.

Vielmehr bedeutet der Effekt im Falle des Exp. IV, daß es

für das erfolgreiche Absuchen des Displays von Vorteil ist,

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wenn der Zielreiz, also das zu Suchende, kurz vor der Darbie-

tung erscheint. Es kann sich dabei eigentlich nur um einen

Abstimmeffekt . ('tuning') handeln (neuerdings zsf. EGETH, 1977),

so daß von daher vielleicht auch unsere Vermutung, daß der

Zielreiz eine verblassende Repräsentation wieder aktivieren

kann, plausibel wird. Wir brauchen jedoch dafür nicht die

alte Frage, ob es sich dabei nun um einen Wahrnehmungs- oder

Aufmerksamkeitseffekt handelt, neu aufzuwerfen; denn wir hat-

ten ja als alternative Vorstellung zur Erklärung der Ergeb-

nisse von Exp. III schon formuliert, daß 'Schemata' bzw.

Regeln/Strategien/Programme für die Behandlung des In-

puts bereitgestellt werden. Zwischen einer solchen Formulie-

rung und der klassischen des 'perceptual tuning' oder deren

modernisierter Version von der Veränderung der Bandbreite

visueller Kanäle etwa besteht dabei m.E. der Unterschied

mehr im sprachlichen Repertoire ('mentalistisch' vs. mate-

riell/neurophysiologisch) als in der Erklärungs-/Vorhersage-

leistung; denn das Entscheidende an einer solchen, Überle-

gung ist, daß die Veränderung des Wahrnehmungssystems nichtdurch den aktuellen Reiz, sondern durch die Erwartung, d.h.aktive Steuerung, von 'innen' nach 'außen' erfolgt. Bei der

Entdeckungsaufgabe vom Typus der visuellen Suche wie hier,

wird eine Repräsentation ('Schema', NEISSER, 1976) an den

'Reiz' herangetragen. Prozessual besteht daher vielleicht

gar kein Unterschied zur Vergleichsaufgabe (Exp. III), nur

daß bei dieser das Schema aus dem einen Reiz selbst entnom-

men werden muß.

Nun schließen diese Überlegungen nicht aus, daß der In-

put, ganz unabhängig von solchen Erwartungseffekten, einem

(passiven) Verfall mit der Zeit unterliegt. Davon ist aber

in den Daten von Exp. IV keine Spur. Damit werden m.E. zwei

wesentliche Annahmen gestützt: Einmal zeigt sich, daß tat-

sächlich, wie wir (1980, 1981) vermuteten, ein Zusammenhang

zwischen KZS-Kapazitätsanforderungen und VIS-Effekt besteht:

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- 47

Reduziert man diese Anforderungen wesentlich durch den über-

gang auf ,eine Entdeckungsaufgabe, so bleiben die Verlustan-

zeichen Dies ist zu, erwarten, wenn man wie wir annimmt,

daß der übliche VIS-Effekt in Wirklichkeit nicht durch

einen VIS-Speicher sondern durch die zunehmende KZS-Belastung

bedingt ist, die mit fortschreitender phonologischer Über-

setzung des input-Materials entsteht (vgl. SCHULZ, 1981). -

Zum anderen wird die Annahme gestützt, daß der Rest von

VIS-Effekt, wie . er in Exp. I - III zu finden ist, wesentlich auf

den Verlust visueller Position, genau gesagt, auf die zu-

nehmende Zuordnungsschwierigkeit von Lokationen zu ermittel-

ten Merkmalen und Einheiten zurückgeht. Auch die Aufgabe in

Exp. IV erfordert natürlich diese Leistung; denn falsch kom-

binierte Merkmale könnten ja einen nicht enthaltenen Buch-

staben ergeben, der p('Z'/-Z) erhöht. So gesehen läßt sich al-

so durchaus eine Veränderung in unserer Art von GB-Aufgabe

(Entdeckung) zeigen. Bei der normalen GB-Aufgabe wird jedoch

die Konstanz der Leistung über die Zeit damit erklärt, daß

die Leistung nie die eigentlich mögliche Höhe erreicht, weil

die Antwort-Interferenz, d.h. die KZS-Kapazität, dies ver-

hindert. Hier werden aber gar keine Anforderungen an letztere

gestellt, es sei denn, man nimmt an, alle Items werden gleich

in einen 'Sprechplan' (NEUMANN, 1980a) übersetzt.

7. Experiment V

7.1 Hypothesen

Wenn die bisher angestellten überlegungen richtig sind, dann

darf sich keine wesentliche Änderung der Ergebnisse einstel-

len, wenn statt eines Zielbuchstabens ein Paar von Zielbuch-

staben benutzt wird, in der Form, wie es auch in den bisher

benutzten Anordnungen selbst enthalten ist.

Entsprechend den Überlegungen zum Vergleichsexperiment

(Exp. III) läßt sich vorhersagen, daß ein solcher (Entdek-

kungs-)Vergleich auf globalerer Ebene als bei einem einzelnen

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Buchstaben vorgenommen werden kann. Erstens' wird nämlich das

Gleichpaar als Zielreiz schneller 'als solches erkannt (ERIKSEN& ERIKSEN, 1979). Zweitens wird auch die Gleichheit einessolchen Paares mit dem entsprechenden Gleichpaar im Display

schneller erkannt werden (i.S. der schnelleren'same'-Entscheidung, vgl. KRUEGER, 1978).*. Letzteren Vorgang stellt

man sich sinnvollerweise in zwei Stufen vor: Ein Gleichpaar

im Vorlagereiz wird als solches eher aus dem Vorlagereiz

hervorstechen (1. obige Annahme), so daß es anschließend so-

fort auf seine Gleichheit mit dem Zielreizpaar verglichen

werden kann (dazu die 2. Annahme). Bei Gleichheit des Ziel-

reizpaares wird also die zu vergleichende Paarmenge - zeit-

lich gesehen - auf die Hälfte reduziert: Gleichpaare auf der

Zielreiz- und der Vorlagereizseite kommen sich sozusagen auf

halbem Wege entgegen (vgl. die 'interaktiven' Ansätze von

BROADBENT (1977), NEISSER (1976)). Gleichpaare haben unserer

Ansicht nach hinsichtlich ihrer Identität zusätzlich einen

Verarbeitungsvorteil, da sie verdoppelte Evidenz liefern,

weil ihre Gleichheit vor der Identität ermittelt wird.

Nach dem Gesagten sind also hohe Raten richtiger Gleich-

entdeckung bzw. niedrige FA-Raten im Falle von Gleichpaar-

zielreizen zu erwarten. Im Falle eines Ungleichpaares als

Zielreiz ist die Aufgabe schwieriger, es gilt jedoch noch

immer das zu Exp. IV gesagte: Ein tatsächlich im Vorlage-

reiz vorhandenes gleiches Ungleichpaar wird leichter zu ent-

decken sein, als umgekehrt sein Fehlen mit Sicherheit zube-

merken. Im Schnitt müßte also die FA-Rate gegenüber Exp. IV

verringert sein, jedoch nach wie vor empfindlicher als die

Trefferrate reagieren.

Wir diskutieren hier nicht die scheinbaren Widersprüche in denBefunden zu beiden Annahmen (vgl. EGETH & SANTEE, 1981; KRUEGER& SHAPIRO, 1980), die sich u.E. aus den verschiedenen Aufgabe-stellungen (Reaktionszeit vs. Korrektrate; Erkennung eines Ein-zelzeichens aus einem Paar etc.) ergeben.

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Auf Grund der angenommenen Dominanz globaler Prozesse bei

einer solchen Aufgabe wird man in diesem Experiment auch

keine Andeutung eines VIS-Effekts i.S. eines Anstiegs der

FA-Rate über ISI =0 hinaus erwarten.

7.2 Versuchsbedingungen und Durchführung

Aus den vorhandenen 60 Karten wurden darin enthaltene Gleich-

und Ungleichpaare ausgewählt, so daß zu jeder Karte ein

Gleich- oder Ungleichpaar, das paßte oder nicht paßte, vor-

handen war; im letzteren Fall war keiner der beiden Paar-

buchstaben irgendwo im Vorlagereiz enthalten. Die ausgewähl-

ten 36 Paare (davon 10 Gleichpaare) wurden, wie die Einzel-

buchstaben in Exp. IV, fotografisch in ihr Negativ (weiß auf

schwarzem Grund) umgewandelt und wie in Exp. IV radial grup-

piert, so daß das in Frage stehende Paar durch Drehung im

Sichtfenster (in der Mitte des Darbietungsfeldes) sichtbar

gemacht werden konnte. Das faktisch im Versuch durch die

Selektion aus dem bereits erwähnten Rechnerprogramm reali-

sierte Verhältnis von passenden zu nicht passenden Paaren

betrug 51 : 49. Die übrigen Bedingungen waren die gleichen

wie in Exp. IV. Die Anzahl der Darbietungen pro ISI (in

Blocks) betrug wie bisher 40.

6 Vpn nahmen teil, davon 4, die schon an Exp. IV teilgenom-

men hatten. Sie wurden in gleicher Weise wie bisher bezahlt.

1

7.3 Ergebnisse

Für die sinngemäß definierte Trefferrate [p('Z' / Z)] ergibt

sich ein signifikanter Verzögerungseffekt (p =0.008, F(4,20)

= 4.81), ebenso für die entsprechend definierte FA-Rate

[p('Z' / - Z)], (p=0.011, F(4,20) = 4.43) .

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- 50

Tab. 7a zeigt die entsprechenden Mittelwerte. Signifikant

ist jeweils nur der Unterschied zwischen ISI = -200 und

ISI = 0.

Tab. 7a

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß der Trefferraten-

effekt nicht mehr signifikant wird, wenn die Durchgänge, in

denen die Beobachter mit '3' (= 'unsicher') antworteten, in

der Bezugsmenge nicht mitgezählt werden. - Wird als Maß die

in früheren Arbeiten und Exp. III definierte Trefferrate

[p(ungleich/ ungleiche)] benutzt, so wird der Effekt ebenfalls signifikant

(F (4,20) = 5.32, p = 0.005) , mit der gleichen Struktur der-

art, daß nur der 'Verlust' von -200 nach 0 rnsec statistisch

bedeutsam ist (vgl. Tab. 7b). Der entsprechende FA-Ratenef-

fekt verfehlt das Signifikanzniveau (Mx = 0.233) mit jedoch

der gleichen Tendenz ([p(FA), -200] =0.18; [p(FA),0]=0.31).

Tab. 7b

7.4. Diskussion

Es scheint so, als ob die vorweg formulierte Hypothese ge-

stützt wird: Der Vergleich von Buchstabenpaaren ist - zumin-

dest für die Bedingung ISI=-200 - in der Hinsicht leichter,

daß kaum Paare (seien sie in sich selbst gleich oder ungleich!)

unpassenden Paaren zugeordnet werden: Die FA-Rate [p('Z'/-Z)]

ist hier extrem niedrig. Aber auch die mittlere FA-Rate ist

tendentiell niedriger als in Exp. IV (0.176 gegen 0.279, vgl.

Tab. 6). Es scheint also einen Global-Vorteil zu geben. Daß

dieser nicht stärker (d.h. signifikant) in der [p(ungleich/=)] -Rate

durchschlägt, hat u.E. zum einen datentheoretische Gründe:

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51 -

Einige Vpn benutzten die Beurteilungsstufen so extrem, daß

die Schätzungen für dieses Maß nur sehr unzuverlässig sind,

d.h. hier gehen Kriteriumseffekte ein (wir glauben, daß essich dabei nicht um Kriteriumseffekte im Sinne der Signalent-

deckungstheorie handelt). Zum anderen haben wir bisher mit

[p(ungleich/=)] ja die Fähigkeit definiert, innerhalb des Dargebotenen

eine Zeichenwiederholung nicht irrtümlich zu entdecken. Bei

der in Exp.. IV und V gestellten Aufgabe geht es jedoch darum

zu bemerken, ob das Zeichen im Indikatorreiz wiederholt wird

- unabhängig davon, ob es sich selbst im Darbietungsfeldreiz

wiederholt. Wenn aber, wie weiter oben (5.4) vermutet, der

Grund für die Empfindlichkeit der FA-Rate bei Ausleseexperi-

menten in der Positionsunsicherheit liegt, so ist nicht ver-

wunderlich, daß eben dieses Maß bei einer Aufgabe, bei der

es nicht darauf ankommt, die Lokalisation im 'Reiz' festzu-

halten, unempfindlicher wird. In Exp. IV und V ist die Auf-

gabe eben nur, 'cue'-Zeichen und Zeichenmenge aus dem Darbie-

tungsfeld auseinanderzuhalten, im Grunde eine nur zeitliche

Diskriminationsleistung - vor allem, wenn man globale Verar-

beitungsstufen unterstellt (vgl. NEUMANN, 1-9-n3 b).

Festzuhalten bleibt, daß in Exp.' IV und V mit keinem Maß

eine Abhängigkeit vom Indikatorzeitpunkt außer der 'pre-cue'-

Bedingung festzustellen war. Damit ist auch diese Möglich-

keit, ein besonderes ikonisch-visuelles Gedächtnis aufzuzei-

gen, ohne Erfolg geblieben. Die gefundenen Abhängigkeiten

fügen sich hingegen leicht in den Rahmen einer visuellenVer-

arbeitungstheorie, wie sie vom Autor 1980, 1981 und hier in

den Abschnitten 4/5 formuliert worden ist. Speziell für die

beiden letzten Experimente reicht zur Erklärung die Annahme

einer begrenzten visuellen Verarbeitungskapazität i.S. des

Ansatzes von SPERLING & MELCHNER (1978) sowie die Annahme

globaler visueller Verarbeitungsstufen als Vorstufe detail-

lierter Merkmalsverarbeitung völlig aus.

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Was letzteren Punkt angeht, so ist selbstkritisch nur zu

vermerken, daß, in künftigen Experimenten Gleich- und Ungleich-

paare (als geize) r in 'd ien Bedingungen getrennt werden sollten,

um Hypothesen über globale Verarbeitung genauer prüfen zu

können (eine getrennte Auswertung an unseren Daten wurde

nicht vorgenommen; sie wäre auf Grund der insgesamt nicht

übermäßig vielen Durchgänge nicht zuverlässig genug).

8. Résumé

In den vorgestellten 5 Experimenten ging es um die Auslese

aus kreisförmigen Reizanordnungen bei gleichzeitiger GB-

Kontrolle (soweit möglich). Die Reizanordnung sollte die

Verwendung von 'Lese'-Strategien, d.h. den Rückschluß auf

die räumliche Position eines Items aus dem vorhergehenden

Erfassen der Zeichensequenz verhindern. Dies hat sie in der

Tat anscheinend getan. Mag man diese Ergebnisse in der Aus-

lese (TB) noch auf besondere Schwierigkeit der Aufgabe (eben

'Auslese') zurückführen, so kommt man mit dem Konzept vom

Ikonischen Gedächtnit doch in Schwierigkeiten, da die GB-

Kontrolle erkenn läßt, daß der TB-Vorteil wirklich deut-

lich nur 50 msec währt, wenn auch die TB-Kurve länger aus-

läuft. Die in den anschließenden Experimenten gestellte Auf-

gabe,indizierte Elemente zu vergleichen bzw. die Elemente

mit dem Indikator selbst zu vergleichen, zeigt noch weniger

'Verlust', und dessen Struktur zeigt sich abhängig vom ver-

wendeten Leistungsmaß: Nur, wo Information über die genaue

räumliche Position des Items eine Rolle spielt, zeigt sich

ein solcher in Form der (FA-)Verwechslungsrate. Nirgendwo

geht er jedoch über 250 msec hinaus, vielmehr folgt er den

Hypothesen über 'globale' und 'lokale' Analysestufen, indem

er in Exp. V nicht nur deutlich abnimmt, sondern entspre-

chend sein Max statistisch gesehen, nicht erst bei 50

msec (Exp. III/IV), sondern schon bei 0 msec hat.

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Der normale VIS-Effekt muß also etwas mit dem 'Lesen' zu tun

haben. Am Ende verhält es sich vielleicht damit wie mit der dm

'Stroop'-Effekt (NEUMANN, 1980 SCHULZ,1979): Ein hoher

TB-Vorteil und sein mehr oder weniger schneller Verlust sind

die Auswirkungen einer naheliegenden Operation, die nicht un-

terdrückt werden kann, nämlich des 'Lesens'.

Der Rest an 'Verlust', den wir fanden, insbesondere in den

Experimenten III-V, hat dagegen etwas mit der 'visuellen'

Analyse zu tun, und er kann vielleicht wirklich als 'Nach-

klingen' interpretiert werden. Nur, daß dieses Nachklingen

eben vom Andauern der Verarbeitung abhängig ist, und nicht

von der Persistenz des Produkts der Verarbeitung, die noch

zu leisten ist.

9. Anmerkung zur Veröffentlichung als Institutsbericht

Als die erste vollständige schriftliche Fassung dieses Be-

richts im März 1982 abgeschlossen wurde, rechneten wir mit

der Möglichkeit des offiziellen Ablebens des Ikon. Inzwi-

schen hat R.N. HABER (Behavioral and Brain Sciences 1983, 6,

1-11) das Ikon, das er seinerzeit mit getauft hatte, begra-

ben wollen. Er ist jedoch, wie an den Kommentaren (a.a.0.,

pp. 11 - 54) abgelesen werden kann, wenig unterstützt worden.

- Ohne das an dieser Stelle diskutieren zu wollen, sei soviel

gesagt: HABER überzeugt die Leser (Kommentatoren) nicht, weil

es Persistenz und Teilberichtseffekt zweifellos gibt, und das

Ikon auf den ersten Blick eine plausible Erklärung für beides

liefert.

Diese derzeitige aktuelle Lage hat uns motivier, den vor-

liegenden Bericht ohne gravierende Änderungen einer größeren

Verbreitung zuzuführen in der Hoffnung, daß erneut klar. wer-

de, daß plausible Erklärungen bei näherem Hinsehen oft nicht

einmal das eine, geschweige denn das ändere sind.

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Tab. ; Licht- und Kontrastverhältnisse in Exp. 1

Indikator- Kontrast Balken-feld (Feld) arttätseinstellung)

Balken-kontrast

Licht (Intensi-

100 : 70 weiß 2 : 1 schwarz mittel

100 : 70 schwarz 10 : 1 weiß schlecht

70 : 100 weiß 1 : 2 schwarz gut

70 : 100 schwarz 5 : 1 weiß sehr gut

Tab. 2: Ergebnisse

ISI

Exp. I

-200

(% richtig reproduzierte Buchstaben)

0 50 250 1000 msec

100/70 90.43 9.70 43.54 31.94 30.91

TB HeIlig-ke it

70/100 90.43 39.73 29.98 22.83 29.88

100/70 39.78 13.03 25.44 26.15 29.21

GBHeilig-ke it

70/100 37.71 22.57 24.88 24.25 30.18

SE (TB/GB x Helligkeit x ISI) = 1.92

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Tab. 3: Ergebnisse Exp. II (% richtig reproduzierte Buchstaben)

ISI -200 0 50 250 1000 ursec

TB

81.5

41.6 32.8 24.1 29.6

41.9

GB (verteilt) 35.0 34.9 26.2 28.8 34.5 31.9GB (Block)

40.0 35.7 36.2 34.2 38.9

37.0

SE (TB/GB x = 2.33

Tab. 4: Experiment III d*-Werte (in Klammern: Anzahl der Vpn beifehlenden Werten)

ISI -200 0 50 250 1000 (ursec)

TB 6.07(4) 1.90(5) 1.77(4) 1.47 1.53

GB

1.43 0.54 0.67 1.10 1.65

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Tab. 5: Ergebnisse Exp. III (FA-Rate)

• SE (TB/GB x ISI) = 0.043SE (ISI) = 0.042

Tab. 6: Experiment IV Falschalarmrate (p('Z'/-Z))

(in Klammern: Werte ohne Berücksichtigung der '3'-Urteile)

SE = 0.039

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Tab. 7a: Experiment V Trefferrate p('Z'/Z)

(alle. Urteile berücksichtigt)

SE = 0.O43

Falschalarmrate p('Z'/-Z)(alle Urteile berücksichtigt)

SE = 0.032

Tab. 7b: Experiment V Trefferrate p(ungleich/ungleich)(alle Urteile berücksichtigt)

SE = 0.055

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JJNN SS

GC BB

LL VVXX

Abb. 1

TTHN LR

VV SPCG

Abb . 3

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