hohlkugeln aus sulfoethylcellulose (sec) auf basis von polyelektrolyt-komplexen

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Hohlkugeln aus Sulfoethylcellulose (SEC) auf Basis von Polyelektrolyt- Komplexen THOMASROSE,BURTNEUMANN,HEIKOTHIELKING, WOLFGANGKOCHUNDKLAUS-DIETERVORLOP * 1 Problemstellung In der Biotechnologie werden schon seit langer Zeit Enzyme oder ganze Zellen immobilisiert. Eine besondere Form der Immobilisierung stellt der Einschluß bzw. die Verkapselung von biologischem Nutzmaterial dar [1, 2]. Neben dem Schutz und der Ru ¨ ckhaltung des Nutzmaterials kann mit verkapsel- ten Systemen auch deren kontrollierte Freisetzung realisiert werden. Hohlkugeln ero ¨ ffnen durch ihren flu ¨ ssigen Kern besonders interessante Anwendungsmo ¨ glichkeiten. Fu ¨r ihren Einsatz in der Praxis sollten neben der Biokompatibi- lita ¨ t und Sterilisierbarkeit der Kugelmaterialien auch deren einfache und preiswerte Herstellung in konstanter Produkt- qualita ¨ t und eine gute Modifizierbarkeit gewa ¨ hrleistet sein. Eine große Zahl mo ¨ glicher Materialien wurde bereits auf ihre Eignung zur Mikroverkapselung hin unter- sucht [3, 4]. Zur Herstellung von Hohlkugeln gilt dabei Cellulosederivaten ein besonderes Interesse. Insbesondere von DAUTZENBERG wurde in der Vergangenheit Natrium- Cellulosesulfat intensiv untersucht [5, 6]. Mit Sulfoethylcel- lulose (SEC) steht ein anderes interessantes Cellulosederi- vat zur Verfu ¨ gung, das sich problemlos auch im technischen Maßstab in reproduzierbarer Qualita ¨ t herstellen la ¨ ßt [7]. Ziel ist die Herstellung mechanisch stabiler Hohl- kugeln auf Basis von Polyelektrolyt-Polyelektrolyt-Komple- xen unter Verwendung von Sulfoethylcellulose als Polyan- ion zur besonders schonenden Mikroverkapselung von Zellen, Enzymen und anderem Nutzmaterial. 2 Experimentelles SEC ist ein wasserlo ¨sliches Polyanion, das in heterogener Reaktion, z. B. durch eine Michael-Addition von Vinylsul- fonsa ¨ ure an wasserunlo ¨ sliche Cellulose (Zellstoff), entsteht. Durch die Wahl der Reaktionsbedingungen la ¨ ßt sich das Polymer in weiten Bereichen modifizieren [7]. Zur Herstellung der Hohlkugeln wird z. B. eine wa ¨ ßrige Lo ¨ sung der anionischen SEC in die wa ¨ ßrige Lo ¨ sung eines kationischen Polyelektrolyten wie Polydiallyldime- thylammoniumchlorid (PDADMAC) oder Poly-[b-(1,4)-2- amino-2-desoxy-D-glucopyranose] (Chitosan) eingetropft (s. Abb. 1). Das Chitosan wurde in einer 1 %igen Essigsa ¨ ure- lo ¨ sung gelo ¨ st und die Lo ¨ sung anschließend durch Filtration von unlo ¨slichen Bestandteilen befreit. Vor dem Eintropfen in Chitosan wurde der pH-Wert beider Polymerlo ¨ sungen auf 3,5 eingestellt. Vermischt man die SEC-Lo ¨ sung vorher mit dem zu verkapselnden Nutzmaterial und tropft diese Lo ¨ sung bei Raumtemperatur in das Vernetzungsmittel ein, so ent- steht an der Oberfla ¨che des Tropfens durch ionische Wech- selwirkungen eine feste Membran (Polyelektrolyt-Polyelek- trolyt-Komplex), die nach dem Abreagieren der SEC den Kern mit dem Nutzmaterial umschließt [8]. Bei flu ¨ ssigem Nutzmaterial entsteht eine Hohlkugel. Fu ¨ r die Versuche zur Optimierung der Kapselsta- bilita ¨ t wurden mit einer Spritze mit Kanu ¨ le (Durchmesser 1,2 mm) aus einer Ho ¨ he von 10 cm jeweils 10 ml der SEC- Lo ¨ sung in 200 ml der bei 300 – 500 UpM geru ¨ hrten Vernet- zerlo ¨ sung eingetropft. Die Kugeln haben einen Durchmes- ser von etwa 2,5 mm. Kleinere Hohlkugeln bis 100 lm lassen sich z. B. mit dem Strahlschneiderverfahren [9] herstellen. Fu ¨ r praktische Anwendungen spielt die mechani- sche Stabilita ¨ t der gebildeten Hohlkugeln eine wichtige Rolle. Als Maß wird die Kraft verwendet, die aufgewendet werden muß, um die Hohlkugel zum Zerplatzen zu bringen. Dazu werden nacheinander 10 Hohlkugeln auf einer Kraft- meßdose zerdru ¨ ckt und die aufgewendete Kraft aufgezeich- net. 3 Ergebnisse und Diskussion Die mechanische Stabilita ¨ t der Hohlkugeln ha ¨ ngt von der Polymerkonzentration, dem Substitutionsgrad, der Mol- masse des Polyanions bzw. des Polykations und der Reakti- ons- bzw. Vernetzungszeit ab. Die Vernetzungszeit ist die .............................................................................................................. * Dipl.-Chem. T. ROSE , Dipl.-Chem. B. NEUMANN, Prof. Dr. K .-D. VORLOP , Institut fu ¨r Technologie, Bundesforschungsanstalt fu ¨ r Landwirtschaft (FAL), Bundesallee 50, D-38116 Braun- schweig; Dr. H . THIELKING, Dr. W. KOCH ,WOLFF WALSRODE AG, Postfach 1515, D-29655 Wals- rode. Abbildung 1. Bildung von Hohlkugeln aus Sulfoethylcellulose (SEC) und Polydiallyldimethylammoniumchlorid (PDADMAC) oder Chi- tosan. 107 Mikroverkapselung Chemie Ingenieur Technik (72) 1+2 I 2000 S. 107–110 ª WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69469 Weinheim, 2000 0009-286X/2000/0102-0107 $17.50 +.50/0

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Page 1: Hohlkugeln aus Sulfoethylcellulose (SEC) auf Basis von Polyelektrolyt-Komplexen

Hohlkugeln aus Sulfoethylcellulose(SEC) auf Basis von Polyelektrolyt-Komplexen

T H O M A S R O S E , B U R T N E U M A N N , H E I K O T H I E L K I N G ,

W O L F G A N G K O C H U N D K L A U S - D I E T E R V O R L O P *

1 Problemstellung

In der Biotechnologie werden schon seit langer Zeit Enzymeoder ganze Zellen immobilisiert. Eine besondere Form derImmobilisierung stellt der Einschluû bzw. die Verkapselungvon biologischem Nutzmaterial dar [1, 2]. Neben dem Schutzund der RuÈ ckhaltung des Nutzmaterials kann mit verkapsel-ten Systemen auch deren kontrollierte Freisetzung realisiertwerden. Hohlkugeln eroÈ ffnen durch ihren fluÈ ssigen Kernbesonders interessante AnwendungsmoÈ glichkeiten. FuÈ rihren Einsatz in der Praxis sollten neben der Biokompatibi-litaÈ t und Sterilisierbarkeit der Kugelmaterialien auch dereneinfache und preiswerte Herstellung in konstanter Produkt-qualitaÈ t und eine gute Modifizierbarkeit gewaÈ hrleistet sein.

Eine groûe Zahl moÈ glicher Materialien wurdebereits auf ihre Eignung zur Mikroverkapselung hin unter-sucht [3, 4]. Zur Herstellung von Hohlkugeln gilt dabeiCellulosederivaten ein besonderes Interesse. Insbesonderevon D AU T Z E N B E R G wurde in der Vergangenheit Natrium-Cellulosesulfat intensiv untersucht [5, 6]. Mit Sulfoethylcel-lulose (SEC) steht ein anderes interessantes Cellulosederi-vat zur VerfuÈ gung, das sich problemlos auch im technischenMaûstab in reproduzierbarer QualitaÈ t herstellen laÈ ût [7].

Ziel ist die Herstellung mechanisch stabiler Hohl-kugeln auf Basis von Polyelektrolyt-Polyelektrolyt-Komple-xen unter Verwendung von Sulfoethylcellulose als Polyan-ion zur besonders schonenden Mikroverkapselung vonZellen, Enzymen und anderem Nutzmaterial.

2 Experimentelles

SEC ist ein wasserloÈ sliches Polyanion, das in heterogenerReaktion, z. B. durch eine Michael-Addition von Vinylsul-fonsaÈ ure an wasserunloÈ sliche Cellulose (Zellstoff), entsteht.Durch die Wahl der Reaktionsbedingungen laÈ ût sich dasPolymer in weiten Bereichen modifizieren [7].

Zur Herstellung der Hohlkugeln wird z. B. einewaÈ ûrige LoÈ sung der anionischen SEC in die waÈ ûrige LoÈ sungeines kationischen Polyelektrolyten wie Polydiallyldime-thylammoniumchlorid (PDADMAC) oder Poly-[b-(1,4)-2-amino-2-desoxy-D-glucopyranose] (Chitosan) eingetropft(s. Abb. 1).

Das Chitosan wurde in einer 1 %igen EssigsaÈ ure-loÈ sung geloÈ st und die LoÈ sung anschlieûend durch Filtration

von unloÈ slichen Bestandteilen befreit. Vor dem Eintropfenin Chitosan wurde der pH-Wert beider PolymerloÈ sungenauf 3,5 eingestellt.

Vermischt man die SEC-LoÈ sung vorher mit demzu verkapselnden Nutzmaterial und tropft diese LoÈ sungbei Raumtemperatur in das Vernetzungsmittel ein, so ent-steht an der OberflaÈ che des Tropfens durch ionische Wech-selwirkungen eine feste Membran (Polyelektrolyt-Polyelek-trolyt-Komplex), die nach dem Abreagieren der SEC denKern mit dem Nutzmaterial umschlieût [8]. Bei fluÈ ssigemNutzmaterial entsteht eine Hohlkugel.

FuÈ r die Versuche zur Optimierung der Kapselsta-bilitaÈ t wurden mit einer Spritze mit KanuÈ le (Durchmesser1,2 mm) aus einer HoÈ he von 10 cm jeweils 10 ml der SEC-LoÈ sung in 200 ml der bei 300 ± 500 UpM geruÈ hrten Vernet-zerloÈ sung eingetropft. Die Kugeln haben einen Durchmes-ser von etwa 2,5 mm. Kleinere Hohlkugeln bis 100 lm lassensich z. B. mit dem Strahlschneiderverfahren [9] herstellen.

FuÈ r praktische Anwendungen spielt die mechani-sche StabilitaÈ t der gebildeten Hohlkugeln eine wichtigeRolle. Als Maû wird die Kraft verwendet, die aufgewendetwerden muû, um die Hohlkugel zum Zerplatzen zu bringen.Dazu werden nacheinander 10 Hohlkugeln auf einer Kraft-meûdose zerdruÈ ckt und die aufgewendete Kraft aufgezeich-net.

3 Ergebnisse und Diskussion

Die mechanische StabilitaÈ t der Hohlkugeln haÈ ngt von derPolymerkonzentration, dem Substitutionsgrad, der Mol-masse des Polyanions bzw. des Polykations und der Reakti-ons- bzw. Vernetzungszeit ab. Die Vernetzungszeit ist die

..............................................................................................................

* Dipl.-Chem. T. R O S E , Dipl.-Chem. B. N E U M A N N,Prof. Dr. K .-D. V O R L O P, Institut fuÈ r Technologie,Bundesforschungsanstalt fuÈ r Landwirtschaft(FAL), Bundesallee 50, D-38116 Braun-schweig; Dr. H . T H I E L K I N G, Dr. W. KO C H , WOLFFWALSRODE AG, Postfach 1515, D-29655 Wals-rode.

Abbildung 1.Bildung von Hohlkugeln aus Sulfoethylcellulose (SEC) undPolydiallyldimethylammoniumchlorid (PDADMAC) oder Chi-tosan.

107M i k r o v e r k a p s e l u n gChemie Ingenieur Technik (72) 1+2 I 2000S. 107 ± 110 ã WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69469 Weinheim, 20000009-286X/2000/0102-0107 $17.50 +.50/0

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Zeit, die die eingetropften Kugeln in der VernetzerloÈ sungverbleiben, bevor sie entnommen und gewaschen werden.Das Ende der Vernetzung kann man dadurch erkennen,daû die Hohlkugeln zu schrumpfen beginnen. Die Vernet-zungszeiten haÈ ngen stark von den verwendeten Konzentra-tionen beider Polymere ab und liegen zwischen wenigenMinuten und mehreren Stunden.

3.1 Hohlkugeln aus SEC und PDADMAC

FuÈ r die Bildung mechanisch stabiler Hohlkugeln muÈ ssenbeide Komponenten hinsichtlich ihrer Polymercharakteri-stik aufeinander abgestimmt sein. Hier haben sich eineSEC mit einer Molmasse von 132 600 g/mol und einem Sub-stitutionsgrad von 0,42 und ein PDADMAC mit einer Mol-masse von 60 800 g/mol als geeignet erwiesen.

Abb. 2 zeigt eine REM-Aufnahme eines Schnittesdurch die Kapselmembran. Die Innenseite der Kapsel befin-det sich links im Bild. Nach innen hin weist die Membraneine immer lockerer aufgebaute Struktur auf. Die Kapsel-membran waÈ chst ausgehend von der PrimaÈ rmembran, diesich sofort nach Kontakt des SEC-Tropfens mit der Vernet-zerloÈ sung bildet, nach innen, bis es zu einer Verarmung anSEC im Innern kommt oder bis der Diffusionswiderstand sogroû geworden ist, daû die aÈ uûere Komponente die Mem-bran nicht mehr durchdringen kann. Die 50 ± 60 lm dickeMembran umschlieût den fluÈ ssigen Kern der Hohlkugel.

Die Konzentrationen der PolymerloÈ sungenspielen bei der Bildung mechanisch stabiler Hohlkugelneine entscheidene Rolle (s. Abb. 3). Mechanisch stabileHohlkugeln von bis zu 7 N werden z. B. bei SEC-Konzentra-tionen von mehr als 2 % und Vernetzerkonzentrationen von4 % und mehr erhalten. Beim Eintropfen einer 1,5 %igenSEC-LoÈ sung in eine 2 bzw. 3 %ige PDADMAC-LoÈ sung wer-den keine Kapseln erhalten. SEC-LoÈ sungen mit einerKonzentration von mehr als 3,5 % sind bereits so viskos,daû sie nicht mehr eingetropft werden koÈ nnen.

Werden die Hohlkugeln statt in Wasser in einerphysiologischen KochsalzloÈ sung (0,9 % (w/w) NaCl) gela-

gert, fallen die StabilitaÈ ten um etwa 80 % geringer aus.Osmotische Effekte aufgrund des Donnan-GleichgewichtskoÈ nnen dafuÈ r nicht allein verantwortlich sein, da die Stabili-taÈ tsminderung auch auftritt, wenn innerhalb und auûerhalbder Kapsel isotonische VerhaÈ ltnisse eingestellt werden.

Die StabilitaÈ tsminderung ist fast reversibel. Abb. 4zeigt die StabilitaÈ t von Hohlkugeln, die entweder erst zehnTage in deionisiertem Wasser gelagert wurden und dann ineine physiologische KochsalzloÈ sung gegeben wurden odererst zehn Tage in physiologischer KochsalzloÈ sung lagenund dann in deionisiertes Wasser gegeben wurden. In einemanderen Versuch wurde die LagerungsloÈ sung uÈ ber 25 TagetaÈ glich gewechselt. Hier nahm die StabilitaÈ t der Hohlkugelnnach drei Wechseln der LagerungsloÈ sung um 25 % ab undblieb danach konstant.

Obwohl die erreichten mechanischen StabilitaÈ tenfuÈ r viele Anwendungen ausreichen, wurden Versuche zueiner weiteren Steigerung unternommen. Mit dem Aufbrin-gen zusaÈ tzlicher Schichten auf die Membran durch TraÈ nken

Abbildung 2.REM-Aufnahme des Schnittes einer SEC-Hohlkugel.

Abbildung 3.Mechanische StabilitaÈ t von SEC/PDADMAC-Hohlkugeln inAbhaÈ ngigkeit von den Konzentrationen der Polymere beiLagerung in deionisiertem Wasser.

Abbildung 4.Ønderung der mechanischen StabilitaÈ t beim Wechsel der La-gerungsloÈ sung (deion. Wasser / 0,9 %-ige NaCl-LoÈ sung) nach10 Tagen.

108 W I S S E N S C H A F T L I C H E K U R Z M I T T E I L U N G E NChemie Ingenieur Technik (72) 1+2 I 2000

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der Hohlkugeln in SEC-LoÈ sung und anschlieûendes Vernet-zen mit PDADMAC-LoÈ sung wird zwar ein StabilitaÈ tsgewinnerreicht, dieser steht jedoch mit maximal 1 N in keinemVerhaÈ ltnis zum experimentellen Aufwand.

Eine AbhaÈ ngigkeit der mechanischen Kugelstabi-litaÈ t vom pH-Wert konnte fuÈ r den physiologisch interessan-ten Bereich nicht gefunden werden. Membranausschluû-grenzen und der Einfluû der Temperatur wurden bishernicht untersucht.

3.2 Hohlkugeln aus SEC und Chitosan

Bei Verwendung von Chitosan als kationisches Vernet-zungsmittel fiel nach einer Vorauswahl die EntscheidungfuÈ r ein Produkt mit einer Molmasse von 6000 g/mol undeinem Deacetylierungsgrad von 88 %. Die gebildetenKapseln besitzen eine sehr elastische Membran. Auchhier ist die mechanische StabilitaÈ t der Hohlkugeln vonden Konzentrationen der PolymerloÈ sungen abhaÈ ngig (s.Abb. 5).

Mit zunehmender SEC-Konzentration nimmt diemechanische StabilitaÈ t der Kapseln zu, waÈ hrend die Stabili-taÈ t der Kapseln in Bezug auf die Chitosan-Konzentration einMaximum durchlaÈ uft, welches sich mit steigender SEC-Konzentration zu hoÈ heren Chitosan-Konzentrationen hinverschiebt. Aufgrund der ViskositaÈ t koÈ nnen keine SEC-LoÈ sungen mit hoÈ heren Konzentrationen als 3,5 % eingesetztwerden. Die stabilsten Kapseln (4,4 N) ergaben sich beieiner SEC-Konzentration von 3,5 % und einer Chitosan-Konzentration von 8,0 %.

Auch bei den SEC/Chitosan-Hohlkugeln fallendie StabilitaÈ ten geringer aus, wenn fuÈ r die Lagerung stattdeionisiertem Wasser eine physiologische KochsalzloÈ sung(0,9 % NaCl) verwendet wird. Die StabilitaÈ tsminderung faÈ llthier aber mit 25 % wesentlich geringer aus als bei den SEC/PDADMAC-Kugeln.

Anders als bei der Bildung der SEC/PDADMAC-Hohlkugeln spielt der pH-Wert bei Verwendung von Chito-san als Vernetzungsmittel eine wichtige Rolle, da Chitosan(pKs 6,3) nur nach Protonierung der Aminogruppen alsPolykation vorliegt und mit SEC einen Polyelektrolyt-Poly-

elektrolyt-Komplex bilden kann. Die stabilsten Kapselnwerden erhalten, wenn das Chitosan bei pH 3,5 geloÈ stund eingetropft wird. Die erhaltenen Kapseln sind bei Lage-rung im sauren pH-Bereich am stabilsten (s. Abb. 6). BeipH > 8 loÈ sen sich die Kapseln auf.

4 Ausblick

Mit Sulfoethylcellulose, die leicht aus dem nachwachsendenRohstoff Cellulose hergestellt werden kann, steht ein inweiten Bereichen modifizierbares Polymer zur besondersschonenden Mikroverkapselung von Nutzmaterial in derBiotechnik oder der Umwelttechnik zur VerfuÈ gung. Als Ver-netzungsmittel koÈ nnen das aus dem nachwachsenden Roh-stoff Chitin hergestellte Chitosan oder PDADMAC verwen-det werden, wobei die mit dem synthetischen Vernetzungs-mittel PDADMAC hergestellten Kapseln eine noch um 40 %hoÈ here mechanische StabilitaÈ t aufweisen.

Hohlkugeln auf Basis von Sulfoethylcellulose las-sen aufgrund der leichten Anpassung an die verschieden-sten Anforderungen (mechanische Eigenschaften, GroÈ ûe,Membranausschluûgrenze, ...) interessante Anwendungenerwarten.

Die Arbeiten werden im Rahmen des Projektes ¹Kapselsystemeauf Basis nachwachsender Rohstoffe zur biologischen SchaÈ d-lingsbekaÈ mpfungª von der Fachagentur Nachwachsende Roh-stoffe e. V. gefoÈ rdert (FKZ 96 NR 187).

Eingegangen am 8. Juli 1999 [K 2592]

Literatur

[1] V O R L O P, K .-D.; K L E I N, J.New Developments in the Field of Cell Immobiliza-tion ± Formation of Biocatalysts by IonotropicGelation, in: Enzyme Technology (Hrsg.: L A F F E RT Y, R .M .) Springer, Berlin 1983, S.219/235.

Abbildung 5.Mechanische StabilitaÈ t von SEC/Chitosan-Hohlkugeln in Ab-haÈ ngigkeit von den Konzentrationen der Polymere bei La-gerung in deionisiertem Wasser.

Abbildung 6.AbhaÈ ngigkeit der mechanischen StabilitaÈ t von SEC/Chitosan-Hohlkugeln (3 % SEC in 9 % Chitosan) vom pH-Wert der La-gerungsloÈ sung (CitronensaÈ ure/Phosphat-Puffer).

109M i k r o v e r k a p s e l u n gChemie Ingenieur Technik (72) 1+2 I 2000

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[2] K L E I N, J.; V O R L O P, K .-D.Immobilization Techniques, in: Cells in Compre-hensive Biotechnology (Hrsg.: M O O -YO U N G, M .),Pergamon Press, Oxford 1985, Vol. II, S. 203/224.

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[4] P R O KO P, A .; H U N K E L E R , D.; P O W E R S, A . C.; W H I T E S E L L , R . R .;W A N G, T. G.Water Soluble Polymers for Immunoisolation II:Evaluation of Multicomponent MicrocapsulationSystems, Advances in Polymer Science 136 (1998)S. 53/73.

[5] D AU T Z E N B E R G, H .; L OT H , F.; F E C H N E R , K .; M E H L I S, B.; P O M -

M E R E N I N G, K .Preparation and Performance of Symplex Capsules,Makromolekulare Chemie, Suppl. 9 (1985) S. 203/210.

[6] YA O, S.; C H O, M .; B U C H H O L Z , R .Umweltfreundliches Herstellungsverfahren vonCellulosesulfat fuÈ r die Immobilisierung von Mikro-organismen und Enzymen in der Biotechnik,Chem.-Ing.-Tech. 65 (1993) 9, S. 1124/1125.

[7] EuropaÈ ische Patentschrift Nr. EP 319,867, 1989,Preparation of Sulfoethyl Cellulose with GoodSolution Properties (Erfinder: H E R Z O G, D., B A L S E R , K .,S Z A B L I KO W S K I , K ., WOLLF WALSRODE AG).

[8] D AU T Z E N B E R G, H .; J A E G E R , W.; K Ú T Z , J.; P H I L I P P, B.; S E I D E L ,C H .; S T S C H E R B I N A , D.Polyelectrolytes: Formation, Characterization andApplication, Hanser Publishers, Munich 1994, S.299.

[9] P R Û û E , U.; F OX , B.; K I R C H H O F F, M .; B R U S K E , F.; B R E F O R D, J.;V O R L O P, K .-D.Neues Strahlschneiderverfahren zur HerstellungkugelfoÈ rmiger Partikel aus viskosen PolymerloÈ sun-gen, Chem.-Ing. Tech. 70 (1998) 1/2, S. 103/107.

Optimierung der Produktionrekombinanter Proteine mit hybridenModellen*

E Z E Q U I E L F R A N C O - L A R A , N O R B E R T V O L K U N D

A N D R E A S L Û B B E R T * *

1 Problemstellung

Bei der Entwicklung neuer Produktionsprozesse fuÈ r rekom-binante Proteine und zur Verbesserung des Kosten/Nutzen-VerhaÈ ltnisses laufender Verfahren sind Optimierungen derProzeûfuÈ hrung unerlaÈ ûlich. Um kostspielige trial-and-error-Verfahren zur Optimierung der ProzeûfuÈ hrung zu ver-meiden, muû primaÈ r das verfuÈ gbare a priori-Prozeûwissensystematisch genutzt werden. Dazu muû es so formuliert

werden, daû es numerischen OptimierungsrechnungenzugaÈ nglich ist.

VollstaÈ ndig mechanistisch begruÈ ndete mathema-tische Prozeûmodelle sind fuÈ r diesen Zweck zwarwuÈ nschenswert, in der Praxis jedoch nicht in der zur VerfuÈ -gung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand erreichbar.Um auf das gesamte verfuÈ gbare Know-how auch dann nichtverzichten zu muÈ ssen, wenn es noch nicht in Form strengmathematischer Modelle vorliegt, wurden hybride Modelleentwickelt [1]. Diese erlauben die Prozeûkomponenten,uÈ ber die nur heuristische Kenntnisse vorliegen, in Formvon Regeln zu beschreiben und mit Rechnern zu verarbei-ten. Liegen Daten aus vorangehenden ProduktionslaÈ ufenvor, koÈ nnen diese uÈ ber die Einbindung von black-box-Modellen zur Verbesserung der quantitativen Prozeûbe-schreibung beitragen. Hier erweisen sich kuÈ nstliche neuro-nale Netze als wesentlich leistungsfaÈ higer als die traditionellverwendeten Ingenieurkorrelationen. NatuÈ rlich werden dieAspekte des Prozesses, die man genau versteht, in hybridenModellen weiterhin mit Hilfe mathematischer Teilmodellebeschrieben.

Diese Methodik der hybriden Prozeûbeschrei-bung wird hier am Beispiel der Optimierung der Fermenta-tion eines rekombinanten Escherichia coli zur Produktiondes viralen HuÈ llproteins VP1 des murinen Polyomavirus,einem Virus der Maus, demonstriert. In diesem konkretenFall wurde ein Protein erzeugt, das mit einem Enzym Dihy-drofloatreductase fusioniert ist. VP1 kann in groûer Mengemit Hilfe genetisch modifizierter Escherichia coli-Bakteriengewonnen werden [2].

Als Strategie zur Optimierung der ProzeûfuÈ hrungwurde die von G A LVA N AU S K A S et al. [3] im Zusammenhangmit der AntikoÈ rperproduktion vorgeschlagene iterativeMethodik ausgebaut und durch die Anwendung hybriderModelle erweitert.

2 Optimierung der Produktiondes viralen HuÈ llproteins mitrekombinanten E. coli

Das Bakterium Escherichia coli ist als Wirtsorganismus fuÈ rdie Produktion rekombinanter Proteine interessant, weil be-sonders viele Erfahrungen uÈ ber die EinfuÈ gung fremderGene in sein Genom vorliegen und weil das gewuÈ nschteFremdprotein schnell und mit hoher ProduktivitaÈ t expri-miert werden kann. Bei der VP1-Erzeugung produziertE. coli nicht nur natives (biologisch aktives) Protein. Eserzeugt auch denaturiertes Protein, das in den sogenannten¹inclusion bodiesª abgelagert wird.

Bei der Proteinproduktion ist zu entscheiden, obdas Zielprodukt das native oder das denaturierte Proteinsein soll. Tritt das Produkt in denaturierter Form auf, muûes in einem weiteren Prozeûschritt neu gefaltet werden,damit es seine biologische Wirksamkeit wiedergewinnt. Die-ser Prozeûschritt beeinfluût die Wirtschaftlichkeit des Ge-samtverfahrens erheblich. Die Menge und das VerhaÈ ltnisvon nativem zu denaturiertem Protein wird entscheidenddurch die ProzeûfuÈ hrungsbedingungen waÈ hrend derFermentation beeinfluût.

..............................................................................................................

* Vortrag von E . F R A N C O -L A R A auf der DECHEMA-Jahrestagung '99, 17. Jahrestagung derBiotechnologen, 27./29. April 1999 inWiesbaden.

** M. Sc. E . F R A N C O -L A R A , Dr.-Ing. N. V O L K , Prof. Dr.rer. nat. A . L Û B B E RT, Institut fuÈ r Bioen-gineering, Martin-Luther UniversitaÈ t Halle-Wittenberg, D-06099 Halle/Saale.

110 W I S S E N S C H A F T L I C H E K U R Z M I T T E I L U N G E NChemie Ingenieur Technik (72) 1+2 I 2000

S. 110 ± 114 ã WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69469 Weinheim, 20000009-286X/2000/0102-0110 $17.50 +.50/0