hochviskose medien in blasensäulen: hydrodynamik und stoffaustausch

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Synopse 1407 Hochviskose Medien in Blasensaulen : Hydrodynamik und Stoffaustausch" Adrian Schumpe und Akash N. Patwari** Blasensaulen werden vielfach bei aeroben Fermentationsprozessen eingesetzt, wobei manche Kulturbruhen hohe Viskositat und ein stark nicht-Newtonsches Flieljverhalten aufweisen. Der Bedarf an zuverlassigen Regeln fur die Auslegung und die Maljstabsvergrolje- rung von Turm-Fermentern fur derartige Betriebsbedingungen hat bereits zahlreiche Untersuchungen an viskosen Modellmedien ange- regt. Die Ubereinstimmung der mitgeteilten Stoffiibergangszahlen ist allerdings schlecht [I]. Die meisten Messungen liegen fur Saulen von 14cm Durchmesser vor. MeRwerte fur eine Saule von 30,5 cm Durchmesser deuten an, dalj Gasanteile und Stoffubergangszahlen mit steigendem Saulendurchmesser abnehmen [2]. Ziel dieser Arbeit ist es, die Einflusse des Saulendurchmessers und der Flussigkeitseigenschaften auf die Ausbildung der Stromungsart und die GroRe der Gasanteile und Stoffubergangszahlen zu erfassen. Hierzu wurden Messungen nach der dynamischen Methode [l] in Losungen von Glycerin, Carboxymethylcellulose (CMC) und Po- lyacrylamid (PAA) in Saulen von 6cm und 14cm Durchmesser durchgefuhrt. Zusatzlich werden Literaturdaten fur Saulen bis 30,5 cm Durchmesser beriicksichtigt. Die Gasanteile nehmen bei heterogener Blasenstromung als Funk- tion der Viskositat ab, bis durch Koaleszenz Blasen von der GroDe des Saulendurchmessers D, gebildet werden. Der Ubergang zur Kolbenblasen-Stromung ist daher stark durchmesserabhangig. Bei D,=6cm treten Kolbenblasen schon in Wasser auf; bei D, = 30,5 cm erfolgt der Stromungsumschlag erst bei Viskositaten uber 100mPa s. Bei ausgebildeter Kolbenblasen-Stromung ist der Gasan- teil von der Viskositat unabhangig und fur alle Losungen etwa gleich grol3, sofern man die in einigen Medien akkumulierenden sehr kleinen Blasen rnit Durchmessern unter 1 mm in Abzug bringt. Der durch Kolbenblasen bedingte Gasgehalt hangt stark vom Sau- 0.3 0.2 'G.d 0.1 k,aDc DL 0 0 0.1 0.2 0.3 UG (C~*0,35/Fr)-' Abb. 1. Korrelation der Gasanteile bei Kolbenblasen-Stromung. * Vortrag von A. Schumpe auf dem Jahrestreffen der Verfahrens- Ingenieure, 25. bis 27. Sept. 1985 in Hamburg. ** Dr. A. Schumpe und Dr. A. N. Patwari, Univ. Oldenburg, Technische Chemie, Postfach 25 03, 2900 Oldenburg (derzeitige Anschrift von A. N. Putwuvi: CSIR, Hyderabad, 500009, In- dien). lendurchmesser ab. Eine Korrelation gelingt mit Hilfe der von Nicklin et al. 131 hergeleiteten Beziehung fur die Aufstiegsgeschwin- digkeit der Kolbenblasen: G + uL) + 0,35(gD,)O,' UB = - = C(u (1) UG EGSl (u~,~ Leerrohrgeschwindigkeit des Gases bzw. der Fliissigkeit, E ~ , ~ , Phasenanteil der Kolbenblasen, g Erdbeschleunigung). Nicklin et al. fanden fur Werte der rnit (uG + uL) gebildeten Reynolds-Zahl Re > 8 000 den Wert C = 1,2, der dem Geschwindigkeitsprofil turbu- lenter Rohrstromung entspricht. Fur kleine Reynolds-Zahlen wird ein Maximalwert von C = 2 erwartet ; Nicklin et al. fanden Werte bis 1,8. Sh 10' 10' 1sylL59.21 0.0~~ sc0.50 ~~0.18 Ga0.63 F,WZ Abb. 2. Stromung (Symbole wie in Abb. 1). Fur die vorliegenden Daten in hochviskosen Medien gilt : Re < 1500; die Werte des Faktors Cliegen meist deutlich uber 2. Dies lal3t sich auf unzureichende Reaktorhohen zur Ausbildung der Stromung zuruck- fuhren, wodurch es zur Beschleunigung von Blasen in der Schleppe vorhergehender Blasen kommt. Eine empirische Korrelation liefert c = 2 + 3,oe-O32Ih& Dabei ist h die mittlere Hohe der Meljstrecke zur Ermittlung des Gasgehaltes. Die Gln. (1) und (2) beschreiben den umfangreichen Datensatz rnit nur 6,3% mittlerem Fehler (Abb. 1). Die Stoffubergangszahlen wurden durch nichtlineare Regressions- rechnung zu folgender Kenngroljengleichung zusammengefant : Korrelation der Stoffubergangszahlen bei Kolbenblasen- (2) (a spezifische Phasengrenzflache, kL flussigkeitsseitiger Stoffuber- gangskoeffizient, DL Diffusionskoeffzient, eL Dichte der Flussig- keit, peff effektive Viskositat, cr Oberflachenspannung). GI. (3) be- schreibt 80 Meljwerte rnit 19% mittlerem Fehler (Abb. 2). Die Beziehung beinhaltet eine sehr geringe Abhangigkeit vom Saulen- durchmesser : k,a - D,o,o'. Der wesentlich starkere EinfluD des Saulendurchmessers auf den Gasanteil ist durch Kolbenblasen be- dingt, die nicht in gleichem Mane zur Stoffaustauschflache beitra- gen. Die Berechnung der effektiven Viskositat der pseudoplastischen Medien erfolgte nach dem Vorschlag von Nishikawa et al. [4] fur das effektive Schergefalle : jeff = 50 cm- uG . (4) 874 Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) Nr. 10, S. 874-875 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1985 0009-286x/85/1010-0874 $02.50/0

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Synopse 1407

Hochviskose Medien in Blasensaulen : Hydrodynamik und Stoffaustausch"

Adrian Schumpe und Akash N. Patwari**

Blasensaulen werden vielfach bei aeroben Fermentationsprozessen eingesetzt, wobei manche Kulturbruhen hohe Viskositat und ein stark nicht-Newtonsches Flieljverhalten aufweisen. Der Bedarf an zuverlassigen Regeln fur die Auslegung und die Maljstabsvergrolje- rung von Turm-Fermentern fur derartige Betriebsbedingungen hat bereits zahlreiche Untersuchungen an viskosen Modellmedien ange- regt. Die Ubereinstimmung der mitgeteilten Stoffiibergangszahlen ist allerdings schlecht [I]. Die meisten Messungen liegen fur Saulen von 14cm Durchmesser vor. MeRwerte fur eine Saule von 30,5 cm Durchmesser deuten an, dalj Gasanteile und Stoffubergangszahlen mit steigendem Saulendurchmesser abnehmen [2]. Ziel dieser Arbeit ist es, die Einflusse des Saulendurchmessers und der Flussigkeitseigenschaften auf die Ausbildung der Stromungsart und die GroRe der Gasanteile und Stoffubergangszahlen zu erfassen. Hierzu wurden Messungen nach der dynamischen Methode [l] in Losungen von Glycerin, Carboxymethylcellulose (CMC) und Po- lyacrylamid (PAA) in Saulen von 6cm und 14cm Durchmesser durchgefuhrt. Zusatzlich werden Literaturdaten fur Saulen bis 30,5 cm Durchmesser beriicksichtigt. Die Gasanteile nehmen bei heterogener Blasenstromung als Funk- tion der Viskositat ab, bis durch Koaleszenz Blasen von der GroDe des Saulendurchmessers D , gebildet werden. Der Ubergang zur Kolbenblasen-Stromung ist daher stark durchmesserabhangig. Bei D,=6cm treten Kolbenblasen schon in Wasser auf; bei D , = 30,5 cm erfolgt der Stromungsumschlag erst bei Viskositaten uber 100 mPa s. Bei ausgebildeter Kolbenblasen-Stromung ist der Gasan- teil von der Viskositat unabhangig und fur alle Losungen etwa gleich grol3, sofern man die in einigen Medien akkumulierenden sehr kleinen Blasen rnit Durchmessern unter 1 mm in Abzug bringt. Der durch Kolbenblasen bedingte Gasgehalt hangt stark vom Sau-

0.3

0.2

'G.d

0.1 k,aDc DL

0 0 0.1 0.2 0.3

UG ( C ~ * 0 , 3 5 / F r ) - '

Abb. 1. Korrelation der Gasanteile bei Kolbenblasen-Stromung.

* Vortrag von A . Schumpe auf dem Jahrestreffen der Verfahrens- Ingenieure, 25. bis 27. Sept. 1985 in Hamburg.

** Dr. A . Schumpe und Dr. A . N . Patwari, Univ. Oldenburg, Technische Chemie, Postfach 25 03, 2900 Oldenburg (derzeitige Anschrift von A . N . Putwuvi: CSIR, Hyderabad, 500009, In- dien).

lendurchmesser ab. Eine Korrelation gelingt mit Hilfe der von Nicklin et al. 131 hergeleiteten Beziehung fur die Aufstiegsgeschwin- digkeit der Kolbenblasen:

G + uL) + 0,35(gD,)O,' UB = - = C(u (1) UG

EGSl

( u ~ , ~ Leerrohrgeschwindigkeit des Gases bzw. der Fliissigkeit, E ~ , ~ ,

Phasenanteil der Kolbenblasen, g Erdbeschleunigung). Nicklin et al. fanden fur Werte der rnit (uG + uL) gebildeten Reynolds-Zahl Re > 8 000 den Wert C = 1,2, der dem Geschwindigkeitsprofil turbu- lenter Rohrstromung entspricht. Fur kleine Reynolds-Zahlen wird ein Maximalwert von C = 2 erwartet ; Nicklin et al. fanden Werte bis 1,8.

Sh

10'

10'

1sylL59.21 0 . 0 ~ ~ sc0.50 ~ ~ 0 . 1 8 Ga0.63 F ,WZ

Abb. 2. Stromung (Symbole wie in Abb. 1).

Fur die vorliegenden Daten in hochviskosen Medien gilt : Re < 1500; die Werte des Faktors Cliegen meist deutlich uber 2. Dies lal3t sich auf unzureichende Reaktorhohen zur Ausbildung der Stromung zuruck- fuhren, wodurch es zur Beschleunigung von Blasen in der Schleppe vorhergehender Blasen kommt. Eine empirische Korrelation liefert

c = 2 + 3,oe-O32Ih&

Dabei ist h die mittlere Hohe der Meljstrecke zur Ermittlung des Gasgehaltes. Die Gln. (1) und (2) beschreiben den umfangreichen Datensatz rnit nur 6,3% mittlerem Fehler (Abb. 1). Die Stoffubergangszahlen wurden durch nichtlineare Regressions- rechnung zu folgender Kenngroljengleichung zusammengefant :

Korrelation der Stoffubergangszahlen bei Kolbenblasen-

(2)

(a spezifische Phasengrenzflache, kL flussigkeitsseitiger Stoffuber- gangskoeffizient, D L Diffusionskoeffzient, eL Dichte der Flussig- keit, peff effektive Viskositat, cr Oberflachenspannung). GI. (3) be- schreibt 80 Meljwerte rnit 19% mittlerem Fehler (Abb. 2). Die Beziehung beinhaltet eine sehr geringe Abhangigkeit vom Saulen- durchmesser : k,a - D,o,o'. Der wesentlich starkere EinfluD des Saulendurchmessers auf den Gasanteil ist durch Kolbenblasen be- dingt, die nicht in gleichem Mane zur Stoffaustauschflache beitra- gen. Die Berechnung der effektiven Viskositat der pseudoplastischen Medien erfolgte nach dem Vorschlag von Nishikawa et al. [4] fur das effektive Schergefalle :

jeff = 50 cm- uG . (4)

874 Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) Nr. 10, S. 874-875 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1985 0009-286x/85/1010-0874 $02.50/0

Andere Ansatze fiihren nicht zu einer signifikant besseren Beschrei- bung der MeBwerte.

[3] Nicklin, D. J . ; Wilkes, J. 0. ; Duvidson, J . F. : Trans. Inst. Chem.

[4] Nishikawa, M . ; Kuto, H . ; Hushimoto, K.: Ind. Eng. Chem., Eng. 40 (1962) S. 61.

Process Des. Dev. 16 (1977) S. 133. Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft fur die finanzielle Unterstutzung dieser Untersuchung und der Henkel K G ~ fiir die uberlassung Chemikalien. ~ i ~ l , - ~ h ~ ~ , A , ~ ~ ~ h ~ i wirkte an den Experimenten mit. A . N. Putwnri dankt dem Deut-

Schliisselworte: Blasensaule, Gasanteil, Stoffiibergangszahl, Visko- Kolbenblasen-Stromung.

schen Akademischen Austauschdienst fur ein Stipendium. Eingegangen am 1. April 1985

[l] Schumpe, A . : Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) Nr. 6, S. 501/505. [2] Godbole, S. P. ; Schumpe, A . ; Shah, Y. T. ; Curr, N . L.: AIChE J .

30 (1984) S. 213.

Chem.-1ng.-Tech. 57 (1985) Nr. 10, S. 874-875 875